1101 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Gesundheitsausschusses


über die Regierungsvorlage (656 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittel­gesetz 1975 geändert wird


Neben dem Lebensmittelgesetz 1975 (LMG 1975) und seinen Verordnungen gelten auf dem Gebiet des Lebensmittelrechtes auch EG-Verordnungen und Entscheidungen (unmittelbare Geltung). Da diese Bestimmungen unmittelbar gelten, scheint eine Novellierung des § 35 Abs. 1 LMG 1975 (Zuständigkeit hinsichtlich der Überwachung bzw. Vollziehung) sowie § 74 LMG 1975 (Verwaltungsstrafen) erforderlich.

Weiters ist vorgesehen, die im § 74 LMG 1975 vorgesehenen Geldbeträge (seit 1975 in Geltung) zu erhöhen.

Kompetenzgrundlage, auf die sich die vorgesehene Novelle des Lebensmittelgesetzes stützt, ist Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG.

Der Gesundheitsausschuß hat die erwähnte Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 13. März 1998 in Verhandlung genommen.

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Anna Huber, Klara Motter, Dr. Gabriela Moser, Johann Schuster, Georg Schwarzenberger, Mag. Johann Maier, Franz Koller und die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer das Wort.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Anna Huber, Dr. Erwin Rasinger und Genossen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

“Kompetenzgrundlage, auf die sich die vorgesehene Novelle des Lebensmittelgesetzes stützt, ist Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG.

Neben dem Lebensmittelgesetz 1975 (LMG 1975) und seinen Verordnungen gelten auf dem Gebiet des Lebensmittelrechtes auch EG-Verordnungen und Entscheidungen (unmittelbare Geltung). Da diese Bestimmungen unmittelbar gelten, scheint eine Ergänzung des § 10  und eine Novellierung des § 35 Abs. 1 LMG 1975 (Zuständigkeit hinsichtlich der Überwachung bzw. Vollziehung) sowie § 74 LMG 1975 (Verwaltungsstrafen) erforderlich.

Weiters ist vorgesehen, die im § 74 LMG 1975 vorgesehenen Geldbeträge (seit 1975 in Geltung) zu erhöhen.

Kosten:

Der mit der Durchführung von Genehmigungs-, Zulassungs- oder Anmeldeverfahren derzeit absehbare Aufwand wird mit den dem Bundeskanzleramt zur Verfügung stehenden Kreditmitteln abzudecken sein, so daß mit keiner zusätzlichen finanziellen Belastung des Bundes zu rechnen ist.

Durch die im § 35 vorgesehene Zuständigkeitsverschiebung von der Bezirksverwaltungsbehörde als erster Instanz auf den Landeshauptmann wird zumindest keine zusätzliche Kostenbelastung der Länder, die die Kosten des Personal- und Amtssachaufwandes der mittelbaren Bundesverwaltung zu tragen haben, bewirkt. Diese Lösung ist potentiell kostensparend, da sie den Ländern erspart, entsprechende Kapazitäten in den Bezirksverwaltungsbehörden einzurichten. Diese Ansicht wurde auch in der Stellungnahme des Rechnungshofes in dem zu diesem Teil bereits erfolgten Begutachtungsverfahren geteilt; in dieser Stellungnahme wird ausgeführt, daß ,unter dem Gesichtspunkt der vom Rechnungshof wahrzunehmenden Interessen weder gegen den Inhalt noch gegen die im Vorblatt zu den Erläuterungen enthaltene Darstellung der finanziellen Auswirkungen Einwände bestehen‘.


§ 10 Abs. 3 und 4 eröffnen die Möglichkeit, die zur innerstaatlichen Durchführung von unmittelbar anwendbarem Recht der Europäischen Gemeinschaft erforderlichen näheren Durchführungsmaßnahmen zu erlassen.

Die in unmittelbar anwendbarem Recht der Europäischen Gemeinschaft vorgesehenen Genehmigungs-, Zulassungs- oder Anmeldeverfahren sind vom Bundeskanzler (Abs. 3) bzw. vom Landeshauptmann (Abs. 4) zu vollziehen.

Die Abs. 5 und 6 betreffen die Vollziehung.

Die Vertretung Österreichs in dem im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebens­mittel (vgl. § 10 Abs. 5 Z 4) eingerichteten Regelungsausschuß wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten, Referat für den gewerblichen Rechtsschutz, wahrgenommen.

Wenn keine Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit in mittelbarer Bundesverwaltung existieren, sind die Bezirksverwaltungsbehörden (§ 2 AVG) zuständig.

Gemäß § 35 Abs. 1 LMG 1975 obliegt die Überwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln dem Landeshauptmann. Bei der EG-,Bioverordnung‘ ist aber nicht nur eine reine Überwachungstätigkeit vorgesehen, sondern auch ein ,aktives Tätigwerden‘ der zuständigen Behörde. Es ist – auch gemäß Ansicht der Länder – sinnvoll, die Vollziehung einschlägiger EG-Verordnungen in erster Instanz dem Landeshauptmann – und nicht den über keine einschlägigen Erfahrungen auf dem Gebiet des Lebensmittelrechts verfügenden Bezirksverwaltungsbehörden – aufzutragen.

Die nunmehr im Begutachtungsverfahren von den Ländern geäußerten Bestrebungen, auch den Bundes­minister in erster Instanz in die Vollziehung der ,Bioverordnung‘ einzubinden, ist aus mehreren Gründen nicht zweckmäßig. Eine über die bereits im LMG 1975 verankerte Zuständigkeitskonzentration beim Bundesminister hinausgehende Regelung erscheint aus Gründen der Verwaltungsökonomie unzweck­mäßig, zumal die Lebensmittelaufsicht in den Ländern auf Grund ihrer Kontrolltätigkeit einen näheren und damit besseren Zugang zum Betriebsgeschehen hat. Grundsätzlich ist es die Ausnahme, daß die oberste Verwaltungsbehörde (Bundesminister) erste Instanz und sohin einzige Instanz ist.

Auch im Interesse der Klarheit für den Normunterworfenen wurde nunmehr eine taxative Aufzählung der EG-Vorschriften (Zuständigkeit hinsichtlich Verfahren – siehe Abs. 3 und 4, Vollziehung siehe Abs. 5/Ergänzung durch Verordnung nach Abs. 6) vorgenommen.

Zu den Strafbestimmungen:

–   Erhöhung der Geldbeträge:

Die im § 74 LMG 1975 vorgesehenen Geldstrafen (Höchstbeträge) sind seit 1975 unverändert in Geltung; es ist vorgesehen, diese erstmals nach mehr als zwei Jahrzehnten zu erhöhen.

–   Verstöße gegen unmittelbar anwendbares EG-Recht:

Gemäß § 74 Abs. 6 soll nunmehr auch die Bestimmung aufgenommen werden, daß zu bestrafen ist, wer den in § 10 Abs. 3 bis 5 genannten Vorschriften zuwiderhandelt. Dadurch (taxative Aufzählung der
EG-Vorschriften) ist mit genügender Klarheit bestimmt, welche Normen betroffen sind.”

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages in der diesem Bericht beigedruckten Fassung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Zur Berichterstatterin für das Haus wurde Abgeordnete Anna Huber gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1998 03 13

                                    Anna Huber                                                                Dr. Alois Pumberger

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann

Anlage

Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelgesetz 1975 geändert wird


Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Lebensmittelgesetz 1975, BGBl. Nr. 86, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 21/1997, wird wie folgt geändert:

1. § 10 wird wie folgt ergänzt:

“(3) Bei nachstehendem unmittelbar anwendbarem Recht der Europäischen Gemeinschaft sind Genehmigungs-, Zulassungs-, Untersagungs- oder Anmeldeverfahren vom Bundeskanzler durchzuführen:

           1. Verordnung (EG) Nr. 258/97 vom 27. Jänner 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (ABl. Nr. L 43/1 vom 14. 2. 1997) samt Änderungsverordnungen und Durchführungsvorschriften;

           2. Verordnung (EWG) Nr. 2082/92 vom 14. Juli 1992 über Bescheinigungen besonderer Merkmale von Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln (ABl. Nr. L 208 vom 24. 7. 1992) samt Änderungs­verordnungen und Durchführungsvorschriften.

(4) Bei nachstehendem unmittelbar anwendbarem Recht der Europäischen Gemeinschaft sind Genehmigungs-, Zulassungs-, Untersagungs- oder Anmeldeverfahren vom Landeshauptmann durchzu­führen:

            – Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel (ABl. Nr. L 198 vom 22. 7. 1991) samt Änderungsverordnungen und Durchführungsvorschriften.

Der Landeshauptmann hat dem Bundeskanzler alle Informationen über seine Vollzugstätigkeit gemäß diesem Absatz zu übermitteln, die dieser zur Information der anderen Landeshauptmänner oder zur Weiterleitung an die Kommission der Europäischen Gemeinschaft benötigt.

(5) Das nachstehende unmittelbar anwendbare Recht der Europäischen Gemeinschaft ist samt Änderungsverordnungen und Durchführungsvorschriften im Rahmen dieses Bundesgesetzes zu vollziehen:

           1. Verordnung (EWG) Nr. 1898/87 vom 2. Juli 1987 über den Schutz der Bezeichnung der Milch und Milcherzeugnisse bei ihrer Vermarktung (ABl. Nr. L 182 vom 3. 7. 1987);

           2. Verordnung (EG) Nr. 2991/94 vom 5. Dezember 1994 mit Normen für Streichfette (ABl. Nr. L 316 vom 9. 12. 1994);

           3. Verordnung (EG) Nr. 1813/97 vom 19. September 1997 über Angaben, die zusätzlich zu den in der Richtlinie 79/112/EWG des Rates angeführten Angaben auf dem Etikett bestimmter aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellter Lebensmittel vorgeschrieben sind (ABl. Nr. L 257 vom 20. 9. 1997);

           4. Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. Nr. L 208 vom 24. 7. 1992) samt Änderungsverordnungen und Durchführungsvorschriften, sofern nicht das Patentamt gemäß Markenschutzgesetz 1970, BGBl. Nr. 260, in der jeweils geltenden Fassung, zuständig ist;

           5. Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 vom 29. Mai 1989 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen (ABl. Nr. L 160 vom 12. 6. 1989);

           6. Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 vom 26. Juni 1990 zur Schaffung eines Gemeinschaftsver­fahrens für die Festsetzung von Höchtmengen für Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs (ABl. Nr. L 224 vom 18. 8. 1990);

           7. Verordnung (EWG) Nr. 315/93 vom 8. Februar 1993 zur Festlegung von gemeinschaftlichen Verfahren zur Kontrolle von Kontaminanten in Lebensmitteln (ABl. Nr. L 37 vom 13. 2. 1993);


           8. Verordnung (EG) Nr. 2597/97 vom 18. Dezember 1997 zur Festlegung ergänzender Vorschriften für die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse hinsichtlich Konsum­milch (ABl. Nr. L 351 vom 23. 12. 1997).

(6) Der Bundeskanzler hat durch Verordnung die Liste der in Abs. 5 genannten Rechtsvorschriften um jene unmittelbar anwendbaren Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft zu ergänzen, die – wären sie österreichisches Recht – auf Grund des Kompetenztatbestandes ,Ernährungswesen einschließlich der Nahrungsmittelkontrolle‘ des Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG erlassen werden könnten. Der Bundeskanzler hat durch Verordnung aus der Auflistung gemäß Abs. 5 die dort genannten und zwischenzeitig außer Kraft getretenen Rechtsvorschriften zu streichen.”

2. § 35 Abs. 1 lautet:

“(1) Die Überwachung des Verkehrs mit den durch dieses Bundesgesetz erfaßten Waren obliegt dem Landeshauptmann; ihm obliegt auch die Überwachung der Einhaltung der in § 10 Abs. 3 bis 5 genannten Vorschriften.”

3. In § 74 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 wird jeweils “50 000 S” durch “100 000 S” ersetzt.

4. In § 74 Abs. 5 wird “25 000 S” durch “50 000 S” ersetzt.

5. § 74 Abs. 6 lautet:

“(6) Wer den Bestimmungen einer auf Grund des § 10 Abs. 3 bis 5 genannten Vorschrift oder einer in deren Vollziehung getroffenen behördlichen Anordnung zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungs­übertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 100 000 S zu bestrafen.”

6. Der bisherige § 74 Abs. 6 erhält die Absatzbezeichnung “(7)”.

7. Der bisherige § 74 Abs. 7 erhält die Absatzbezeichnung “(8)”.