1113 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Gleichbehandlungsausschusses


über das Frauen-Volksbegehren (716 der Beilagen)


Die UnterzeichnerInnen des Frauen-Volksbegehrens fordern den Beschluß folgender bundes­gesetzlicher Maßnahmen:

Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist im Bundes-Verfassungsgesetz zu verankern. Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) verpflichtet sich damit zum aktiven, umfassenden Abbau der Benachteiligungen von Frauen.

Die tatsächliche Gleichberechtigung ist insbesondere durch folgende gesetzliche Maßnahmen herzustellen:

           1. Unternehmen erhalten Förderungen und öffentliche Aufträge nur, wenn sie dafür sorgen, daß Frauen auf allen hierarchischen Ebenen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung vertreten sind.

           2. Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ist anzustreben. Deshalb ist ein Mindesteinkommen von 15 000 S brutto, das jährlich dem Lebenskostenindex angepaßt wird, zu sichern.

           3. Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung sind arbeits- und sozialrechtlich der vollen Erwerbstätigkeit gleichzustellen.

           4. Keine Anrechnung des PartnerIneinkommens bei Notstandshilfe und Ausgleichszulage.

           5. Die Gleichstellung der Frauen muß auch durch staatliche Bildungsmaßnahmen gefördert werden. Die Bundesregierung hat geschlechtspezifische Statistiken zu den Themen Beruf und Bildung zu erstellen und jährlich zu veröffentlichen.

           6. Jeder Mensch hat das Recht, Beruf und Kinder zu vereinbaren. Daher hat der Gesetzgeber für die Bereitstellung ganztägiger qualifizierter Betreuungseinrichtungen für Kinder aller Altersstufen zu sorgen. Tagesmütter sind auszubilden und arbeits- und sozialrechtlich abzusichern.

           7. Zwei Jahre Karenzgeld für alle AlleinerzieherInnen.

           8. Gesetzlich garantierter Anspruch auf Teilzeitarbeit für Eltern bis zum Schuleintritt ihres Kindes mit Rückkehrrecht zur Vollzeitarbeit.

           9. Ausdehnung der Behaltefrist am Arbeitsplatz nach der Karenzzeit auf 26 Wochen.

         10. Jeder Mensch hat das Recht auf eine Grundpension, die nicht unter dem Existenzminimum liegen darf. Wenn ein/e Lebenspartner/in nicht erwerbstätig ist, hat der/die andere dafür Pen­sionsbeiträge zu zahlen. Kindererziehung und Pflegearbeit wirken pensionserhöhend.

         11. Keine weitere Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen, bevor nicht die tatsächliche Gleichberechtigung in allen Bereichen gegeben ist.

Der Gleichbehandlungsausschuß hat am 30. September 1997 das Frauen-Volksbegehren erstmals in Verhandlung genommen.

Gemäß § 41 Abs. 2 GOG wurden die Verhandlungen über das Frauen-Volksbegehren und über alle Anträge, die auf der Tagesordnung standen [545/A, 330/A(E), 370/A, 462/A(E), 463/A(E), 480/A(E), 503/A, 509/A(E), 510/A(E), 511/A(E), 512/A(E), 518/A(E), 531/A(E) und 532/A(E)], zusammengefaßt.

Nach den Berichterstattungen zu den einzelnen Verhandlungsgegenständen wurde die Einsetzung eines Unterausschusses zur Vorbehandlung aller Verhandlungsgegenstände einstimmig beschlossen.

Diesem Unterausschuß gehörten von der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion die Abgeordneten Doris Bures, Marianne Hagenhofer, Dr. Elisabeth Hlavac (Obfrau), Inge Jäger, Dr. Ilse Mertel, Annemarie Reitsamer, Heidrun Silhavy, Mag. Gisela Wurm, vom Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei die Abgeordneten Rosemarie Bauer (Obfraustellvertreterin), Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Edeltraud Gatterer, Katharina Horngacher, Ridi Steibl, vom Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs die Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr, Edith Haller, Elfriede Madl (Schriftführerin), Dr. Brigitte Povysil, Dipl.-Ing. Leopold Schöggl, vom Parlamentsklub Liberales Forum die Abgeordnete Maria Schaffenrath und vom Grünen Klub die Abgeordnete Mag. Doris Kammer­lander an.

Am 30. September 1997 nahm der Unterausschuß seine Verhandlungen auf und beschloß seine Beratungen in Teilen und darüber hinaus hinsichtlich folgender Themenbereiche durchzuführen: 27. November 1997 (Öffentliches Hearing), 3. Dezember 1997 (Verfassungsrecht), 14. Jänner 1998 (Arbeitsrecht und Vergabewesen), 4. Februar 1998 (Arbeitsrecht und Soziale Sicherheit), 10. März 1998 (Altersversorgung), 17. März 1998 (Bildung und Ausbildung), 20. März 1998 und 1. April 1998 (Gesamtanalyse).

Im Zuge dieser Beratungen wurden folgende Expertinnen und Experten gehört: Dr. Neda Bei (AK Wien), Mag. Dr. Regine Bendl (Institut für Absatzwirtschaft, Ordinariat Warenhandel, WU Wien), Mag. Irene Besenbäck, RA Dr. Brigitte Birnbaum, Brigitte Bitschnau-Canal, Dr. Peter Bussjäger (Amt der Vorarlberger Landesregierung, Landhaus), Univ.-Ass. Mag. Dr. Julia Eichinger (Institut für Arbeits- und Sozialrecht, Universität Wien), Ass.-Prof. Dr. Wolf-Dietrich Grussmann (Universität Salzburg), Mag. Ilse Hauder (AK Oberösterreich), Mag. Dr. Eleonore Hödl, Mag. Andrea Holzmann-Jenkins (Sozialökonomische Forschungsstelle), Dr. Brigitte Hornyik (Verfassungsgerichtshof), Mag. Gerhard Huemer (Wp-Abteilung der Wirtschaftskammer Österreich), Dr. Helmut Ivansits (AK Wien), Dr. Helene Klaar, Mag. Christoph Klein (AK Wien), MR Dr. Eva Knollmayer (BM für Wissenschaft und Verkehr), Mag. Iris Kugler, Mag. Ingrid Mairhuber, MMag. Gabriele Michalitsch (Institut für Volkswirt­schaftstheorie und -politik, WU Wien), Dr. Fritz Miklau (Sozialpolitische Abteilung der Wirtschafts­kammer Österreich), Mag. Ingrid Moritz (AK Wien), Dr. Gerda Neyer, Mag. Eva Ott (HBLA für wirtschaftliche Berufe und Tourismus), Dr. Eva Rossmann, Doz. Sieglinde Katarina Rosenberger (Universität Innsbruck, Institut für Politikwissenschaften), Mag. Christine Schiffbänker (Institut für Arbeits- und Sozialrecht, Universität Innsbruck), Direktor Gerhard Seidl (Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten), Dr. Monika Thum-Kraft (Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft), Ass.-Prof. Dr. Silvia Ulrich (Institut für öffentliches Recht, Universität Graz), Univ.-Prof. Dr. Gustav Wachter (Vorstand des Instituts für Arbeits- und Sozialrecht, Universität Innsbruck) sowie Mag. Georg Ziniel (AK Wien).

Nach einleitenden Stellungnahmen der genannten Expertinnen und Experten hatten die Mitglieder des Unterausschusses sowie die Bevollmächtigte des Volksbegehrens die Möglichkeit, sich direkt mit ihren Fragen an die Expertinnen und Experten zu wenden.

In diesen Beratungen ergriffen die Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Rosemarie Bauer, Edith Haller, Mag. Doris Kammerlander, Maria Schaffenrath, Ridi Steibl, Dr. Gertrude Brinek, Edeltraud Gatterer, Inge Jäger, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Heidrun Silhavy, Dr. Brigitte Povysil, Anna Elisabeth Aumayr, Katharina Horngacher, Elfride Madl, Mag. Gisela Wurm, Dr. Gottfried Feurstein, Dipl.-Ing. Leopold Schöggl, Marianne Hagenhofer, Doris Bures, Dr. Volker Kier, Dr. Helga Konrad, die Bevollmächtigte des Frauenvolksbegehrens Dr. Gabriele Christa Pölzlbauer, die Obfrau Dr. Elisabeth Hlavac sowie die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer und die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonore Hostasch das Wort.

In der Sitzung des Gleichbehandlungsausschusses am 1. April 1998 berichtete die Obfrau des Unter­ausschusses, Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac, über das Ergebnis der Unterausschußberatungen.

An der anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Rosemarie Bauer, Edith Haller, Mag. Doris Kammerlander, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Maria Schaffenrath, Dr. Gertrude Brinek, Heidrun Silhavy, Edeltraud Gatterer, die Bevollmächtigte des Frauenvolksbegehrens Dr. Gabriele Christa Pölzlbauer, die Obfrau Dr. Elisabeth Hlavac sowie die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer.

Die Abgeordneten Edeltraud Gatterer, Dr. Elisabeth Hlavac und Edith Haller haben einen Entschließungsantrag betreffend die Sicherstellung eines kontinuierlichen Zuganges zu aktuellen geschlechtsspezifischen Daten unter besonderer Berücksichtigung von Einkommensdaten eingebracht und wie folgt begründet:

“Wiewohl die geschlechtsspezifische Datenerhebung in Österreich umfassend durchgeführt wird, ist dennoch ein bedeutender Teil der Öffentlichkeit nicht zugänglich, da die Schwerpunktsetzung bei Auswertung und Veröffentlichung von Daten zu wenig in Richtung geschlechtsspezifische Betroffenheit erfolgt. Darüber hinaus wäre eine schnellere Anpassung an gesellschaftspolitische Veränderungen (Familienreform, soziale Lage) in Hinblick auf die geschlechtsspezifische Datenerhebung wünschenswert.

Weiters ist die Entwicklung der Einkommen von Frauen und von Männern ein wesentlicher Gradmesser für die individuelle Existenzsicherungsmöglichkeit, aber auch für den gesellschaftlichen Stellenwert der Frauenerwerbstätigkeit in unserem Land. Die Datenlage zur geschlechtsspezifischen Einkommens­entwicklung ist insofern ungenügend, als es entweder an Aktualität mangelt oder verschiedene aussagekräftige Daten wie die Arbeitszeit im Verhältnis zum Einkommen fehlen. Somit mangelt es vielfach an seriösen Möglichkeiten, politische Schlußfolgerungen zur Steuerung der geschlechts­spezifischen Einkommensentwicklung aus den vorliegenden Daten zu ziehen.

Im Rahmen des geplanten Bundesstatistikgesetzes sollten daher die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß die geschlechtsspezifischen Daten der Öffentlichkeit verbessert zugänglich gemacht und vermehrt Schwerpunkte im Bereich frauenrelevanter gesellschaftspolitischer Veränderungen gesetzt sowie die geschlechtsspezifische Einkommensentwicklung detaillierter (vor allem arbeitszeitbereinigt) und rascher zur Verfügung stehen.”

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Ferner haben die Abgeordneten Rosemarie Bauer, Dr. Elisabeth Hlavac und Edith Haller einen Entschließungsantrag betreffend Verteilung der Einkommen mit folgender Begründung eingebracht:

“Zwischen den Erwerbseinkommen von Frauen und Männern besteht ein erheblicher Unterschied. Die nicht arbeitszeitbereinigten Statistiken des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger über die Verteilung der beitragspflichtigen Einkommen der Unselbständigen zeigen über einen längeren Zeitraum hinweg eine Verringerung der Einkommensunterschiede auf. In den letzten drei Jahren hat sich laut dieser Daten die Einkommensschere wieder vergrößert. Die derzeit vorliegenden, zu wenig detaillierten Daten erlauben für sich genommen allerdings keine genauen Aussagen und Schlüsse.

Im Sinne des gleichstellungs- und sozialpolitischen Zieles der Verringerung und Beseitigung der geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede soll eine Studie Aufschluß geben über die Frage, wie sich in verschiedenen Bereichen und Berufen und für einzelne Gruppen die Unterschiede der Arbeits­verdienste entwickelt haben. Mögliche Faktoren, wie zB Arbeitszeitregelungen, Erwerbsverläufe, Qualifikationsstrukturen, Veränderungen der Wirtschafts- und Arbeitsmarktsituation, betriebliche und überbetriebliche Arbeitsbewertung, sollen beleuchtet werden.

Die erforderliche Datenerhebung, erfolgreiche ausländische Modelle der Arbeitsbewertung und die Prüfung der Übertragbarkeit von konkreten Anwendungsmöglichkeiten in Österreich sollen Teile der Studie sein.”

Weiters haben die Abgordneten Ridi Steibl, Dr. Elisabeth Hlavac und Edith Haller einen Entschlie­ßungsantrag betreffend Legung eines Erfahrungsberichtes über die Auswirkungen der neuen gesetzlichen Bestimmungen zu geringfügig Beschäftigten eingebracht und wie folgt begründet:

“Im November 1997 stieg die Zahl geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse auf einen bisherigen Höchststand von 171 837 an. 72% davon werden von Frauen ausgeübt. Diese Tendenz bringt die fortschreitende Flucht aus dem Sozialversicherungsrecht am österreichischen Arbeitsmarkt zum Ausdruck, wobei es zur Verdrängung regulärer Beschäftigungsverhältnisse durch sozial nicht abgesicherte Tätigkeiten kommt. Auch die InitiatorInnen des Frauenvolksbegehrens haben in ihrem Forderungskatalog die Einbeziehung geringfügig Beschäftigter in die Sozialversicherung gefordert.

Mit 1. Jänner 1998 wurde über das Inkrafttreten des Arbeits- und Sozialrechtsänderungsgesetzes 1997 dieser Entwicklung ein Riegel vorgeschoben. Für geringfügig beschäftigte ArbeitnehmerInnen wurde die Möglichkeit einer begünstigten Selbstversicherung in der Sozialversicherung geschaffen. Arbeit­geberInnen, die mehr als 1,5 geringfügig Beschäftigte anstellen, müssen für diese Sozialversicherungs­beiträge entrichten.

Mit diesen gesetzlichen Maßnahmen wird die Überführung von geringfügigen in reguläre Beschäftigungs­verhältnisse intendiert sowie die soziale Absicherung geringfügig beschäftigter ArbeitnehmerInnen beabsichtigt.

Unter diesen Aspekten sind auch jene sogenannten ,Homeservice-Projekte‘ zu sehen, welche seit einiger Zeit auch vom Arbeitsmarktservice gefördert werden. Ziel dieser Initiativen soll unter anderem sein, auch diese Beschäftigungsverhältnisse aus der Illegalität zu holen, neue Arbeitsplätze zu schaffen und Startmöglichkeiten für die Rückkehr in das Berufsleben zu bieten.

Die AntragstellerInnen regen die Beobachtung der Entwicklung am Arbeitsmarkt hinsichtlich der oben angeführten Zielsetzungen an, weshalb sie diesen Entschließungsantrag eingebracht haben.”

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek und Dr. Elisabeth Hlavac einen Entschließungs­antrag betreffend umfassende Gleichstellung von Frauen und Männern im Bildungsbereich sowie Förderung einer geschlechtsspezifischen Berufsorientierung eingebracht und wie folgt begründet:

“Hilfen und Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern zu entwickeln, das ist gegenwärtig eine vordringliche politische Aufgabe. Auch im heimischen Bildungssystem gilt es verschiedene Gleichbehandlungs-Aspekte – seit es für Lehrende oder Lernende – zu analysieren und neue Ziele zu setzen. So muß auf der Seite der Lehrenden beobachtet werden, daß die Frauen etwa bei den Volksschullehrern die deutlich stärkere Gruppe bilden (27 344 von 32 145 im Schuljahr 1996/97), während auf der Ebene der Universitäten und Hochschulen die Männer dominieren.

So betrug 1997 der Frauenanteil an den Universitäten bei den Assistentendienststellen 21,7% und bei den Professoren 3,9%, während bei den Studierenden der Anteil auf 46,7% und bei den Erstinskribierenden schon auf 55% angewachsen ist. Die Zahl der Uni-Absolventinnen erhöhte sich auf 45%, bei den Post-Graduate-Studien, die mit besonderen beruflichen Erfolgsaussichten verbunden sind, liegen die Frauen noch weit zurück.

Vergangenes Jahr wurde ,100 Jahre Frauen an der Universität‘ gefeiert, ein Anlaß, der auch dazu diente, Bilanz zu ziehen: An der Wiener Medizinischen Fakultät sind unter 61 Ordinariaten bloß zwei Frauen zu finden. Eine Auswertung aller Berufungsakten der Universitäten im Zeitraum 1994 bis Mitte 1995 zeigte, daß in 87% der Berufungsvorschläge keine Frau enthalten war. In sechs der zehn Fälle, in denen eine Frau im Dreiervorschlag war, wurde diese auch berufen. Dazu beigetragen haben mit Sicherheit auch die Initiativen, die seitens des Wissenschaftsministeriums in den vergangenen Jahren gesetzt wurden, wie etwa der Ausbau der Habilitations-Stipendien für Frauen, die Verankerung des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen an allen Universitäten im UOG ’93 sowie die Einsetzung von Frauen­förderungsplänen (Vorzug bei gleicher Qualifikation, bis 40% in Verwendungsgruppe erreicht ist); im UniStG wurde ebenso das Anliegen der Frauenförderung verstärkt berücksichtigt.

Darüber hinaus muß festgestellt werden, daß im neuen Fachhochschul-Studiensektor die technischen Studiengänge vor allem für Männer interessant sind. Hier sollten in Hinkunft auch Initiativen zu Studiengängen gesetzt werden, die einerseits Frauen beim Einstieg in technische Studienrichtungen fördern bzw. motivieren, andererseits bedarf es aber auch der Professionalisierung jener Berufsfelder, in denen vor allem Frauen wirken (vergleiche auch die im Fachhochschul-Entwicklungsplan genannten Bereiche). Eine engere Kooperation zwischen dem Unterrichts- und dem Wissenschaftsressort erscheint in diesem Zusammenhang notwendig.

Bei den Schülerinnen und vor allem bei deren Wahl von Lehrberufen ist festzustellen, daß viele nach wie vor aus traditionellen Rollenverhalten heraus und im Gegensatz zur Arbeitsmarktlage ,klassische Frauenberufe‘ anstreben – dies weil offenbar eine zielgruppenspezifische und arbeitsmarktorientierte Berufsberatung noch nicht entsprechend verankert ist. Eine Studie der Wirtschaftskammer hat gezeigt, daß nach wie vor 60% der weiblichen Lehrlinge nur drei Lehrberufe wählen: Einzelhandelskauffrau (1/3), Friseurin (14,3%) und Bürokauffrau (13,6%). Gleichzeitig zeigt sich, daß der Anteil der Mädchen bei den Lehrstellen höher ist als jener der Burschen. Das beweist, daß es hier zu einer Verschiebung bei den Präferenzen der Lehrberufe kommen muß, wenn auch die Mädchen mehrere Beschäftigungschancen finden sollen. Bundesministerin Elisabeth Gehrer ist es ein besonderes Anliegen, Mädchen für ungewöhnliche Berufe zu motivieren, zu interessieren und zu informieren. Dazu müssen Hemmschwellen, Barrieren, das klassische Rollendenken und tradierte Vorurteile abgebaut werden.

Mit einer Schulorganisationsgesetznovelle hat das Hohe Haus 1997 in den 3. und 4. Klassen der Hauptschule und der Allgemeinbildenden höheren Schule sowie den entsprechenden Stufen der Sonderschule den Unterrichtsgegenstand ,Berufsorientierung‘ als verbindliche Übung verankert. Damit sollen die Schülerinnen und Schüler frühzeitig über die Gegebenheiten des Arbeitsmarktes und Möglichkeiten der individuellen Berufswahl informiert werden. Der vor kurzem erlassene Lehrplan sieht dabei auch einen Schwerpunkt zur Situation von Frauen in der Arbeitswelt vor. Eine verstärkte Berufsorientierung sollte aber auch für die letzten beiden Schulstufen der mittleren und höheren Schulen verbindlich vorgesehen werden. Auch eine stärkere Förderung der Beratungsstellen der Österreichischen Hochschülerschaft, die zum Teil auch direkt an den Schulen Bildungsberatung betreiben, sollte ins Auge gefaßt werden.

Der bestehende Lehrplan der Allgemeinbildenden höheren Schulen und der Hauptschulen sieht bereits jetzt das Unterrichtsprinzip ,Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern‘ vor und gibt für die Umsetzung dieses übergreifenden Prinzips zahlreiche moderne inhaltliche Vorgaben. Für zahlreiche Schulformen werden derzeit Lehrpläne überarbeitet, um diesem wichtigen Ziel Rechnung zu tragen.

Auffällig ist auch das Wahlverhalten der Schüler betreffend Technisches/Textiles Werken: In manchen Schultypen bzw. Schularten wählen nur bis zu 3% der Mädchen Technisches Werken und dementsprechend wenig Burschen das Fach Textiles Werken. Damit werden geschlechtsspezifische Sozialisationserfahrungen verstärkt statt differenziert.

Mit zahlreichen Aktionen hat das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten in den letzten beiden Jahren den Blick auf geschlechtsspezifisch unterschiedliche Zugänge zum Lernen gelenkt und so eine bewußte Förderung von Mädchen und Frauen im Unterricht initiiert. Auf den ,Aktionsplan 2000‘ des BMUK, der 99 Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung ins Auge faßt, wurde bereits im Unterrichtsausschuß am 3. Dezember 1997 aufmerksam gemacht. Seine Zielsetzungen umfassen ua. schulrechtliche Veränderungen, Forschungsarbeiten zur Situation der Mädchen und Frauen im Bildungsbereich, Werbeaktionen für den Einstieg in technisch-naturwissenschaftliche Ausbildungen und die Verankerung entsprechender Schwerpunkte in der Lehrer/innenausbildung.”

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Edeltraud Gatterer einen Entschließungs­antrag  betreffend den weiteren Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen über Initiative des Bundes bis zum Jahr 2000 mit folgender Begründung eingebracht:

“600 Millionen Schilling werden in den Jahren 1999 und 2000 aus dem Bundesbudget zum weiteren Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden.

Diese Geldmittel bringen erneut zum Ausdruck, wie wichtig der Bundesregierung und dem Parlament ein zügiger Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen zur Erleichterung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Eltern, insbesondere für Frauen ist.

Bereits 1997 und 1998 hat die Bundesregierung den Bundesländern 600 Millionen Schilling zum Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung gestellt. Mit dieser Initiative konnten bisher rund 18 000 Kinderbetreuungsplätze geschaffen werden; darüber hinaus wurde damit auch Beschäftigung vor allem für Frauen geschaffen.

Dieser unzweifelhafte Erfolg hat die Bundesregierung bewegt, über eine weitere Ausschüttung von Bundesmitteln dem eingeschlagenen Weg Nachhaltigkeit zu verleihen und offensichtliche Lücken mit Bundeshilfe schneller zu schließen.

Eine weitere Ausschüttung an Bundesmitteln muß daher noch stärker Erfordernisse abdecken, deren Erfüllung durch die Bundesländer ohne diese Mittel erst längerfristig erfolgen könnte.”

Des weiteren haben die Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Rosemarie Bauer einen Entschließungs­antrag betreffend Anrechnung von Partnereinkommen auf die Notstandshilfe mit folgender Begründung eingebracht:

“Nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und der dazu ergangenen Notstandshilfeverordnung ist das Einkommen des Ehe- oder Lebenspartners nach Abzug von Freibeträgen auf die Notstandshilfe anzurechnen. Von dieser Anrechnung sind im besonderen Ausmaß Ansprüche auf Notstandshilfe von Frauen betroffen.”

Weiters haben die Abgeordneten Rosemarie Bauer, Dr. Elisabeth Hlavac und Edith Haller einen Entschließungsantrag betreffend Entwicklung eines Berufsbildes für Tageseltern eingebracht und wie folgt begründet:

“Eine wesentliche Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen und Männer ist eine ausreichende Zahl qualitätsvoller und bedürfnisgerechter Kinderbetreuungseinrichtungen. Eltern müssen sicher sein können, daß ihre Kinder bei außerhäuslicher Betreuung umfassend betreut und gefördert werden.

Besonders bei der Betreuung der Kleinkinder besteht ein vielfältiges Angebot. Eine Ergänzung hinsichtlich institutioneller Kinderbetreuungseinrichtungen durch Tageseltern ist jedoch notwendig. Was Eltern derzeit von der Betreuung ihrer Kinder durch Tageseltern erwarten können, ist aber bundesweit verschieden. Ausbildungserfordernisse für Tageseltern sind sehr unterschiedlich geregelt. Ebenso sind die Beschäftigungsformen derzeit sehr vielfältig.

Ziel ist es daher, daß die Tageseltern einen umfassenden sozialrechtlichen Schutz erhalten. Die Entwicklung eines Berufsbildes für Tageseltern und die Einbindung der Tageseltern in das System der sozialen Sicherheit ist unter anderem aus folgenden Gründen notwendig und sinnvoll:

           1. zur Schaffung und Entwicklung neuer, bedürfnisgerechter Arbeitsplätze für Frauen und Männer und

           2. zum Ausbau bedürfnisgerechter Kinderbetreuung mit bundesweit einheitlichen Standards auf hohem Niveau.”

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Katharina Horngacher einen Entschließungs­antrag betreffend Erstellung einer umfassenden Information von in Karenz befindlichen Personen über Unterstützungsmaßnahmen zum Wiedereinstieg ins Erwerbsleben mit folgender Begründung eingebracht:

“80% aller KarenzurlauberInnen wünschen sich den Wiedereintritt ins Erwerbsleben spätestens mit Eintritt des Kindes in den Kindergarten. Wunsch und Realität klaffen auf Grund mangelnder Rahmen­bedingungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie allerdings häufig auseinander. Darüber hinaus sind die verschiedenen Möglichkeiten der Gestaltung der Karenzzeit zuwenig bekannt, zum anderen fehlt eine breite Information der Öffentlichkeit über vielfältige Unterstützungsmaßnahmen zum Wiedereintritt ins Erwerbsleben nach der Geburt eines Kindes.

Die AntragstellerInnen regen die breite Information von KarenzurlauberInnen und WiedereinsteigerInnen über die breite Palette der Gestaltung der Karenzzeit sowie die verschiedenen Unterstützungsangebote anläßlich des Wiedereintritts ins Erwerbsleben an, weshalb sie diesen Entschließungsantrag eingebracht haben.”

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Dr. Gertrude Brinek einen Entschließungs­antrag betreffend Weiterentwicklung der gesetzlichen Pensionsversicherung in Richtung eigenständige Alterssicherung für Frauen eingebracht und wie folgt begründet:

“Das gegenwärtige österreichische Pensionsversicherungssystem sichert Frauen im Alter über zwei Wege ab: die über Erwerbsarbeit erworbene Eigenpension und/oder die von der Ehe abgeleitete Witwenpension.

Der Wandel in den Lebensformen führt dazu, daß die Ehe zunehmend ihre zentrale Funktion als Alters­sicherungsinstrument der Frauen verliert. Die gestiegene Erwerbsbeteiligung der Frauen schlägt sich zwar in steigenden Eigenpensionsansprüchen der Frauen nieder, hinsichtlich der Höhe der Eigenpensionen bleiben Frauen gegenüber Männern auf Grund von Versicherungslücken und niedrigen Bemessungs­grundlagen deutlich zurück. Das österreichische Pensionsversicherungssystem ist von hoher Qualität und bietet ausgezeichnete Voraussetzungen für eine dynamische Weiterentwicklung analog zu gesellschaft­lichen Veränderungen. Sowohl eine Behebung von Härtefällen als auch eine weitere zeitgemäße Fortentwicklung in Richtung eigenständige Pensionsansprüche ist im Rahmen unseres Pensionsversiche­rungssystems umsetzbar und wünschenswert.”

Schließlich haben die Abgeordneten Edith Haller und Genossen einen Entschließungsantrag betreffend Maßnahmen zur Umsetzung des Frauenvolksbegehrens eingebracht.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag der Abgeordneten Edeltraud Gatterer, Dr. Elisa­beth Hlavac und Edith Haller betreffend Sicherstellung eines kontinuierlichen Zuganges zu aktuellen geschlechtsspezifischen Daten unter besonderer Berücksichtigung von Einkommensdaten mit Stimmen­mehrheit angenommen.

Der von den Abgeordneten Rosemarie Bauer, Dr. Elisabeth Hlavac und Edith Haller eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Verteilung der Einkommen wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Ridi Steibl, Dr. Elisabeth Hlavac und Edith Haller betreffend Legung eines Erfahrungsberichtes über die Auswirkungen der neuen gesetzlichen Bestimmun­gen zu geringfügig Beschäftigten wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek und Dr. Elisabeth Hlavac betreffend umfassende Gleichstellung von Frauen und Männern im Bildungsbereich sowie Förderung einer geschlechtsspezifischen Berufsorientierung wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.

Weiters wurde der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Edeltraud Gatterer betreffend den weiteren Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen über Initiative des Bundes bis zum Jahr 2000 mit Stimmenmehrheit angenommen.

Ferner wurde der von den Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Rosemarie Bauer eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Anrechnung von Partnereinkommen auf die Notstandshilfe mit Stimmenmehrheit angenommen.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Rosemarie Bauer, Dr. Elisabeth Hlavac und Edith Haller betreffend Entwicklung eines Berufsbildes für Tageseltern wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.

Ferner wurde der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Katharina Horngacher betreffend Erstellung einer umfassenden Information von in Karenz befindlichen Personen über Unterstützungsmaßnahmen zum Wiedereinstieg ins Erwerbsleben mit Stimmenmehrheit ange­nommen.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Dr. Gertrude Brinek betreffend Weiterentwicklung der gesetzlichen Pensionsversicherung in Richtung eigenständige Alterssicherung für Frauen wurde mit Stimmenmehrheit angenommen.

Der von den Abgeordneten Edith Haller und Genossen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Maßnahmen zur Umsetzung des Frauenvolksbegehrens fand keine Ausschußmehrheit.


Die Bevollmächtigte des Volksbegehrens im Sinne des § 3 Abs. 4 lit. b des Volksbegehrengesetzes 1973 legt eine abweichende persönliche Stellungnahme vor. Diese ist dem Ausschußbericht als Anlage 10 angeschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle

           1. die beigedruckte Entschließung (Anlage 1),

           2. die beigedruckte Entschließung (Anlage 2),

           3. die beigedruckte Entschließung (Anlage 3),

           4. die beigedruckte Entschließung (Anlage 4),

           5. die beigedruckte Entschließung (Anlage 5),

           6. die beigedruckte Entschließung (Anlage 6),

           7. die beigedruckte Entschließung (Anlage 7),

           8. die beigedruckte Entschließung (Anlage 8),

           9. die beigedruckte Entschließung (Anlage 9)

annehmen.

Wien, 1998 04 01

                                 Heidrun Silhavy                                                             Dr. Elisabeth Hlavac

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau

Anlage 1

Entschließung

betreffend Sicherstellung eines kontinuierlichen Zuganges zu aktuellen geschlechtsspezifischen Daten unter besonderer Berücksichtigung von Einkommensdaten

Der Bundeskanzler wird ersucht, im Rahmen des geplanten Bundesstatistikgesetzes Vorkehrungen treffen zu lassen, daß die geschlechtsspezifischen Daten der Öffentlichkeit verbessert zugänglich gemacht und vermehrt Schwerpunkte im Bereich frauenrelevanter gesellschaftspolitischer Veränderungen gesetzt sowie geschlechtsspezifische Einkommensdaten künftighin rascher und konkreter der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.

Anlage 2

Entschließung

betreffend Verteilung der Einkommen

Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern eine Studie zur Einkommensentwicklung vorzulegen und geschlechtsunabhängige Kriterien zum Abbau der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern auszuarbeiten. Die Ergebnisse sind in den Bericht über die soziale Lage aufzunehmen.

Anlage 3

Entschließung

betreffend Legung eines Erfahrungsberichtes über die Auswirkungen der neuen gesetzlichen Bestimmungen zu geringfügig Beschäftigten

Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat im Bericht über die soziale Lage 1999 einen entsprechenden Evaluierungsbericht über die Weiterentwicklung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse sowie die Einbindung geringfügig Beschäftigter in die Sozialversicherung zu legen.

In diesem Zusammenhang sollen auch die Auswirkungen der vom AMS geförderten “Homeservice-Projekte” unter anderem auf Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze, Beschäftigungsstabilität und Wieder­einstiegschancen evaluiert werden.

Anlage 4

Entschließung

betreffend umfassende Gleichstellung von Frauen und Männern im Bildungsbereich sowie Förderung einer geschlechtsspezifischen Berufsorientierung

3

Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, geeignete Maßnahmen zu setzen, um Frauen-Karrieren an den Universitäten zu begünstigen, die Rolle der Gleichbehandlungsbeauftragten und der -arbeitskreise zu stärken, den Forschungsschwerpunkt “Frauen in Wissenschaft und Forschung” und Initiativen zum Einstieg von Frauen in technische Studienrichtungen zu fördern, die Beratungsstellen der Österreichischen Hochschülerschaft zum Zwecke effizienter, arbeitsmarktorientierter Beratung zu unter­stützen sowie entsprechende Frauenförderungsmaßnahmen (zB Mentoringprogramme) an Universitäten und Hochschulen zu entwickeln bzw. auszubauen.

Weiters wird der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr ersucht, bei der universitären Lehramts­ausbildung Schwerpunkte zur didaktischen Umsetzung der Berufsorientierung unter Einschluß frauen­spezifischer Überlegungen zu veranlassen.

Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, in enger Kooperation mit dem Bundes­ministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie dem Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, dem Nationalrat im dreijährigen Hochschulbericht über die Entwicklung von Bildung und Berufsausübung von Frauen zu berichten.

Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wird ersucht, die Ziele des Aktionsplans 2000 umzusetzen und bei der Überarbeitung der Lehrpläne in allen Schulformen das Unterrichtsprinzip “Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern” umfassend zu integrieren. Ebenso soll die Elternarbeit zur Sensibilisierung betreffend rollenspezifischer Benachteiligungen forciert und das Berufswahl- und Studienwahlverhalten von Mädchen deutlich erweitert und differenziert werden.

Weiters wird die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten ersucht, eine verstärkte Berufs- und Studienwahlorientierung mit frauenspezifischen Schwerpunktsetzungen auch für die beiden letzten Schulstufen der mittleren und höheren Schulen verbindlich vorzusehen. Ebenso wird die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten ersucht, Maßnahmen zu ergreifen, um dem unterschiedlichen Wahlverhalten von Burschen und Mädchen in den Gegenständen Textiles und Technisches Werken entgegenzuwirken.

Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wird ebenso ersucht, im Rahmen der Lehrer/innenbildung Schwerpunkte zu verankern, durch die Lehrerinnen und Lehrer befähigt werden, geschlechtshierarchische Arbeitsstrukturen abzubauen und ein partnerschaftliches Verhalten in allen Lebensbereichen zu fördern. Im Rahmen der Erwachsenenbildung sollen frauenspezifische Schwerpunkte unterstützt und ausgeweitet werden.

Anlage 5

Entschließung

betreffend weiteren Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen über Initiative des Bundes bis zum Jahr 2000

Der Nationalrat nimmt mit Wohlwollen zur Kenntnis, daß in den Jahren 1999 und 2000 weitere 600 Millionen Schilling aus Budgetmitteln zum Zwecke des beschleunigten Ausbaus von Kinder­betreuungseinrichtungen zur Verfügung gestellt werden.

Der Nationalrat ersucht daher die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie

           1. eine Evaluierung der bisherigen Vergaberichtlinien durchzuführen;

           2. auf Basis dieser Ergebnisse neue Richtlinien unter Berücksichtigung folgender Aspekte zu entwickeln:

               – Ausbau der Betreuungseinrichtungen für Kinder unter drei und über sechs bis zehn Jahren,

               – bedarfsgerechte Flexibilität der Betreuungseinrichtungen unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit von Beruf und Familie;

           3. um die Akzeptanz durch die Länder zu gewährleisten, vor Beschluß der Richtlinien, diese den Bundesländern zur Stellungnahme zu übermitteln;

           4. eine Verdoppelung des Bundeszuschusses durch die Länder und Gemeinden sicherzustellen.

Anlage 6

Entschließung

betreffend Anrechnung von Partnereinkommen auf die Notstandshilfe

Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, die derzeitige Anrechnung von Partnereinkommen auf die Notstandshilfe zu überprüfen und Vorschläge zu unterbreiten, um Härtefälle für BezieherInnen geringer Familieneinkommen auszuschließen.

Anlage 7

Entschließung

betreffend Entwicklung eines Berufsbildes für Tageseltern

Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten werden ersucht, die Voraussetzungen für die Entwicklung eines Berufsbildes “Tageseltern” und entsprechende Ausbildungsvorschriften dafür zu schaffen, dem Nationalrat bis Ende 1998 diesbezügliche Ergebnisse vorzulegen sowie Vorschläge über die Implementierung eines bundes­einheitlichen Berufsbildes vorzustellen.

Anlage 8

Entschließung

betreffend Erstellung einer umfassenden Information von in Karenz befindlichen Personen über Unterstützungsmaßnahmen zum Wiedereinstieg ins Erwerbsleben

Die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz wird ersucht, Karenz­urlauberInnen und darüber hinaus die Öffentlichkeit in adäquater Form über Möglichkeiten der Gestaltung der Karenzzeit sowie die verschiedenen Unterstützungsangebote anläßlich des Wiedereintritts ins Erwerbsleben in enger Kooperation mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und dem Arbeitsmarktservice effizienter und zielgruppenspezifischer zu informieren und den Betroffenen die notwendigen Informationen bereits in der Entscheidungsphase über die Karenz- und Wiedereintritts­gestaltung zugänglich zu machen.

Anlage 9

Entschließung

betreffend Weiterentwicklung der gesetzlichen Pensionsversicherung in Richtung eigenständige Alterssicherung für Frauen

Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, Versorgungsausgleichsmodelle für Härtefälle von Geschiedenen gemeinsam mit dem Bundesminister für Justiz zu erarbeiten und in Fortsetzung des im Rahmen der Pensionsreform 1997 eingeschlagenen Weges (Schließung von Versicherungslücken für Frauen, Höherbewertung der Kindererziehungszeiten) das österreichische Pensionsversicherungssystem in Richtung eigenständige Alterssicherung für Frauen weiterzuentwickeln.

Anlage 10

Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 1 GOG

der Bevollmächtigten des Volksbegehrens im Sinne des § 3 Abs. 4 lit. b des Volksbegehrengesetzes 1973 Frau Dr. Gabriele Christa Pölzlbauer


Die Beratungen im Gleichbehandlungsausschuß waren für mich als Vertreterin der UnterzeichnerInnen des Frauenvolksbegehrens in mehrfacher Hinsicht eine Enttäuschung. Zum einen wurde den Forderungen von 645 000 BürgerInnen in keinem einzigen Punkt auch nur ansatzweise entsprochen. Zum anderen wurden die Beratungen über weite Strecken auch nicht zielorientiert geführt. Eindeutige und klare Aussagen von Expertinnen wurden nicht widerlegt, sondern schlicht mißachtet; nicht Argumente waren der Grund für die Ablehnung, sondern der fehlende Wille. Keine der beiden Regierungsparteien hat für eine Umsetzung des Frauenvolksbegehrens gekämpft, das enttäuschende Ergebnis ist daher beiden anzulasten, wie zB:

–   ein wirkungsloser Antrag zur Ergänzung der Bundesverfassung (siehe Punkt 1);

–   die sprachlich umformulierte und ergänzte Änderung der Arbeitsverfassung hinsichtlich der Erlassung ohnehin bereits bestehender betrieblicher Förderpläne (siehe Punkt 2);

–   eine rein sprachliche Klarstellung im Bereich der Elternkarenz.

Die Entschließungsanträge sind insgesamt eine Alibihandlung, was insbesondere an den ersten zwei Entschließungsanträgen deutlich wird: Diese sind auf die Erhebung und Veröffentlichung geschlechtsspezifischer Daten gerichtet, also auf eine ohnehin bereits im Überfluß praktizierte und teils auch gesetzlich verankerte Praxis. Das Berichtspflichtgesetz aus 1992 verpflichtet zB die Bundes­regierung zur Berichtslegung über frauenspezifische Benachteiligungen; die Gleichbehandlungsgesetze statuieren weitere Berichtspflichten und die Frauenministerin läßt in regelmäßigen Abständen Frauenberichte erstellen. In Summe existiert also eher ein Datenüberfluß.

Zu den einzelnen Punkten:

1. Änderung des Art. 7 des B-VG:

Die UnterzeichnerInnen des Frauenvolksbegehrens fordern die Verankerung der Gleichstellung von Frauen und Männern im B-VG. Bund, Länder und Gemeinden sollen sich zum aktiven, umfassenden Abbau der Benachteiligung von Frauen verpflichten.

Der von den Regierungsparteien eingebrachte Antrag lautet:

Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau. Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten, sind zulässig.

Kritik:

Ein bloßes “Bekenntnis” zur Gleichstellung von Mann und Frau stellt keine Verpflichtung dar. Über den Vorschlag, das Wort “bekennen” durch “verpflichten” zu ersetzen, wurde nicht einmal beraten.

Die “Zulässigkeit” von “Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung” ist durch Art. 4 der UN-Konvention ohnehin bereits im Verfassungsrang und bedeutet ebenfalls keine Verpflichtung zur Herstellung der tatsächlichen Gleichstellung. Insgesamt stellt der Antrag daher einen rechtlich wirkungslosen Rückschritt hinter bereits vorgelegte Vorschläge und internationale Dokumente dar.

2. Forderung:

Betriebliche Frauenförderung

Die Aufstiegsmöglichkeiten der Frauen im Erwerbsleben sollten durch die Bindung der öffentlichen Aufträge und Förderungen an Frauenförderpläne gewährleistet sein.

Kritik:

Der Vorschlag der Regierungsparteien zur Änderung der Arbeitsverfassung im Bereich der Erlassung fakultativer betrieblicher Frauenförderpläne ist bloße Systemkosmetik. Eine gesetzliche Verankerung der Vergabe öffentlicher Aufträge unter Beachtung von Kriterien der Frauenförderung durch eine Änderung des Bundesvergabegesetzes wurde nicht vorgelegt.

Daher: Nichterfüllung des Frauenvolksbegehrens.

3. Forderung:

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, Mindesteinkommen von 15 000 S, um die Kluft zwischen Frauen- und Männerlöhnen zu verringern.

Kein Antrag im Ausschuß – daher Nichterfüllung des Frauenvolksbegehrens.

4. Forderung:

Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung sind arbeits- und sozialrechtlich der vollen Erwerbstätigkeit gleichzustellen – zB Überstundenzuschläge bei Teilzeitarbeit, Arbeitslosengeld, Karenzgeld beí geringfügig Beschäftigten.

Kein Antrag im Ausschuß – daher Nichterfüllung des Frauenvolksbegehrens.

5. Forderung:

Keine Anrechnung des PartnerIneinkommens bei Notstandshilfe und Ausgleichszulage. Hier sind vor allem armutsgefährdete Menschen betroffen.

Kein Antrag im Ausschuß – daher Nichterfüllung des Frauenvolksbegehrens.

6. Forderung:

Frauenförderung durch staatliche Bildungsmaßnahmen und jährliche Veröffentlichung von geschlechts­spezifischen Statistiken zB über Höhe der staatlichen Mittel für Frauenaus- und -weiterbildung.

Entschließungsantrag: Ministerien sollen verstärkt auf Frauenförderung achten; dieser Antrag erfüllt nicht die Forderung des Frauenvolksbegehrens.

7. Forderung:

Der Gesetzgeber möge für die Bereitstellung ganztägiger Betreuungseinrichtungen für Kinder aller Altersstufen sorgen.

54% der arbeitslosen Frauen zwischen 25 und 39 Jahren gelten als “schwer vermittelbar”. Weniger als die Hälfte der Kindergärten haben ganztags geöffnet. 600 Millionen Schilling reichen nicht aus, um den Bedarf zu decken. Laut Statistischem Zentralamt bestand 1995 bis zum Alter von 15 Jahren ein Bedarf von 139 999 ganztägigen Betreuungsplätzen. 1997 wurden zirka 9 000 Plätze geschaffen.

Entschließungsantrag erfüllt nicht die Forderung des Frauenvolksbegehrens.

8. Forderung:

Zwei Jahre Karenzgeld für Alleinerzieherinnen.

Diesbezüglich kein Entschließungsantrag, daher Nichterfüllung des Frauenvolksbegehrens.

9. Forderung:

Gesetzlich garantierter Anspruch auf Teilzeitarbeit für Eltern bis zum Schuleintritt ihres Kindes mit Rückkehrrecht zur Vollarbeitszeit.

Kein Entschließungsantrag, daher Nichterfüllung des Frauenvolksbegehrens.

10. Forderung:

Ausdehnung der Behaltefrist nach der Karenz auf 26 Wochen; häufige Kündigung nach der Karenz und kein Anspruch auf Arbeitslosengeld sind ua. Ursachen für die niedrige Geburtenrate in Österreich.

Kein Entschließungsantrag, daher Nichterfüllung des Frauenvolksbegehrens.

11. Forderung:


Grundpension

400 000 Frauen haben keine eigene Pension. 50% der Frauen über 60 leben an der Armutsgrenze.

Kein Entschließungsantrag, daher Nichterfüllung des Frauenvolksbegehrens.


 

Minderheitsbericht

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac, Inge Jäger, Doris Bures und Genossinnen


Vorwort:

An der Schwelle zum dritten Jahrtausend stellt die tatsächliche Gleichstellung von Frauen noch immer nicht die gesellschaftliche Realität dar, sondern nach wie vor ein politisches Ziel, das es zu erreichen gilt. Aus Sicht der SPÖ hat sich in der jüngeren Vergangenheit vieles verbessert, manches davon erscheint heute bereits selbstverständlich. In vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens bedarf es aber weiterhin konsequenter Anstrengungen, um für Frauen faire Voraussetzungen zu schaffen.

Kern der sozialdemokratischen frauenpolitischen Zielsetzungen ist es, für Frauen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen derart zu gestalten, daß sie existentiell auf eigenen Beinen stehen können. Um dieses Ziel der eigenständigen, von einer Partnerschaft unabhängigen Existenzsicherung für Frauen realisieren zu können, bedarf es einer tatsächlichen Chancengleichheit in allen Lebensphasen und in allen Lebensbereichen. Von der Ausbildung, über den Beruf bis hin zur Stellung im Alter gilt: Eigenständigkeit ist die Chance auf eine sichere Existenz.

In den vergangenen Jahren konnten viele politische Schritte gesetzt werden, die zum Teil sogar Meilensteine auf diesem Weg bilden. Trotzdem stellt die eigenständige Existenzsicherung für Frauen nach wie vor ein politisches Ziel dar, das es Schritt für Schritt – auch vor dem Hintergrund des sozialen Wandels unserer Gesellschaft – weiter zu verwirklichen gilt. Technologische Entwicklung und plötzlicher Wandel haben neue Probleme geschaffen und den alten neue Schärfe verliehen.

Wir erleben einen Wandel und eine Pluralisierung der gelebten Lebens- und Familienformen. Neben der traditionellen bürgerlichen Kernfamilie tritt eine Vielfalt von Formen des Zusammenlebens. Ein Teil dieser Entwicklung besteht in der sich ändernden Bedeutung der Ehe. Zum einen hat die Ehe ihren Status als quasi unauflösliche Form des Zusammenlebens verloren, zum anderen stellt die Ehe heute weitest­gehend keine Voraussetzung für das Zusammenleben mehr dar. Die Scheidungshäufigkeit ist im Ansteigen begriffen, unterschiedliche Formen von Lebensgemeinschaften nehmen zu. Der Trend deutet in Richtung Lebensabschnittbeziehungen. Die Bedeutung der Ehe als eine Form der ökonomischen Absicherung von Frauen gehört somit jedenfalls zunehmend der Geschichte an.

Bereits in der Ausbildung wird der Grundstein für spätere Lebenschancen gelegt. So hat der Bildungsstand Auswirkungen auf die beruflichen Entwicklungschancen, auf die mögliche Entwicklung des Einkommens und vor allem auf das Risiko, arbeitslos zu werden. Die Frauen haben in den vergangenen Jahren die verbesserten Bildungschancen genutzt und stark aufgeholt. Anderseits liegt aber trotzdem der Anteil von Frauen ohne abgeschlossene Berufsausbildung immer noch deutlich über jenem der Männer und entscheiden sich Mädchen nach wie vor zu einem hohen Anteil für typisch weibliche Berufe, die noch dazu häufig Sackgassen auf dem Arbeitsmarkt darstellen.

Für immer mehr Frauen ist die Berufstätigkeit zu einem selbstverständlichen Bestandteil ihres Lebens geworden. Trotz höherer schulischer Ausbildung und besserer beruflicher Qualifikation im allgemeinen, ist allerdings der Frauenanteil in schlechten Wirtschaftsklassen bzw. in Krisenbranchen weiterhin groß. Frauen sind im besonderen Maße vom Strukturwandel am Arbeitsplatz betroffen und überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit bedroht. Aber Frauen haben nicht nur größere Schwierigkeiten ihre schulische Qualifikation umzusetzen, oft hindert sie auch eine gläserne Decke daran, ihre Qualifikationen für ihren beruflichen Aufstieg zu nützen. Anderseits sind Frauen jedoch flexibler: sie arbeiten Teilzeit, nehmen unregelmäßige Arbeitszeiten eher in Kauf, oder unterbrechen – meist kindbedingt – ihre Berufslaufbahn öfter. Dabei handelt es sich jedoch um eine Flexibilität, die nicht zu ihrem Vorteil ausfällt. Frauen arbeiten immer häufiger in untypischen, nicht existenzsichernden Beschäftigungsverhältnissen, und in der Folge ist die soziale Absicherung vieler Frauen im Falle von Krankheit, Arbeitslosigkeit oder im Alter unbefriedigend.

Die sich verändernde gesellschaftliche Rolle für Frauen durch ihre steigende Erwerbsbeteiligung steht in krassem Widerspruch zur sich nur schleppend verändernden Rollenaufteilung in Haushalt und Familie. Eheschließung und/oder die Geburt eines Kindes stellen auch für Frauen schon lange keinen selbstverständlichen Grund mehr dafür dar, den Beruf aufzugeben. Obwohl ein hoher und weiter wachsender Anteil der Frauen mit Kindern einer beruflichen Tätigkeit nachgeht, ist Versorgungsarbeit nach wie vor hauptsächlich Sache der Frauen, auch der berufstätigen. Aus den unterschiedlichen Zeitbudgets, die Männern und Frauen zur Verfügung stehen, leiten sich in der Folge häufig entscheidende Start- und Wettbewerbsnachteile von Frauen gegenüber ihren männlichen Berufskollegen ab. Die Vereinbarkeit von Kind und Beruf ist auch heute noch ein Problem, mit welchem sich fast nur Frauen auseinandersetzen müssen.

Unterschiedliche Lebensbedingungen in frühen Lebensphasen setzen sich später im Alter – häufig verschärft – fort. Unser derzeitiges Pensionssystem orientiert sich an der idealtypischen männlichen Normalbiographie also einer durchgehenden Beschäftigung vom Eintritt ins Berufsleben bis zur Pensionierung. Die durchschnittliche Frauenbiographie, die sich aus dem weiblichen Lebens­zusammenhang ergibt und von Brüchen gekennzeichnet ist, führt zu einer schlechten Alterssicherung eines viel zu großen Teiles der weiblichen Bevölkerung.

Rahmenbedingungen zur eigenständigen Existenzsicherung von Frauen zu schaffen, stellt aus sozialdemokratischer Sicht einen wichtigen Baustein auf dem Weg in eine gerechte Gesellschaft dar. Unser Ziel ist es, den Frauen in unserer Gesellschaft Chancen zu eröffnen, die es ihnen erlauben, selbständig leben zu können, selbst zu bestimmen, wie sie leben wollen und mit entsprechendem Selbstbewußtsein ihren Weg zu gehen. Diesem politischen Auftrag stellen wir uns offensiv. Aus diesem Grund begrüßt die SPÖ alle Intiativen, die Schritte auf dem Weg zur tatsächlichen Gleichstellung zum Inhalt haben. Aus unserer Sicht unterstreichen die im Frauenvolksbegehren enthaltenen Punkte im wesentlichen wichtige Positionen der SPÖ, auch wenn wir nicht immer bis ins Detail übereinstimmen.

Gerade die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, wie wichtig es ist, auch über das politische Instrument eines Volksbegehrens die Anliegen der Frauen wieder auf die Tagesordnung der öffentlichen Debatte zu setzen. So konnten unter sozialdemokratischer Federführung gemeinsam mit dem Koalitionspartner wichtige Schritte für die Existenzsicherung von Frauen erzielt werden. Unter anderem wurde die Einbeziehung der geringfügig Beschäftigten in die Sozialversicherung durchgeführt und kam es zu einer Verstärkung der Anrechnung der Kindererziehungszeiten sowie der Möglichkeit des Zuverdienstes während der Karenzzeit. Ebenso konnte durch die Beschlußfassung der begünstigten Weiterversicherung für Pflegepersonen eine Möglichkeit der Pensionslückenschließung für Frauen erreicht werden. Zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie wurden vom Bund 600 Millionen Schilling aus Bundesmitteln zur Förderung von Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung gestellt und weitere 600 Millionen Schilling werden bereitgestellt werden. All diese Maßnahmen dienen sicherlich der Verbesserung der Situation der Frauen in Österreich. Darüber hinaus ist aus sozialdemokratischer Sicht aber noch ein Bündel von Maßnahmen zur eigenständigen Existenzsicherung von Frauen notwendig und umzusetzen.

Die im Zusammenhang mit dem Frauenvolksbegehren beschlossenen Anträge, welche die SPÖ gemein­sam mit dem Koalitionspartner ÖVP erarbeitet hat, stellen daher aus sozialdemokratischer Sicht nur einen weiteren Schritt zur Schaffung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für die existentielle Absicherung der Frauen dar und können sicher nicht als Schlußpunkt, sondern höchstens als erste Etappe der Umsetzung von frauenpolitischen Forderungen gesehen werden.

Die Position der SPÖ zu den einzelnen Forderungen des Frauenvolksbegehrens:

“Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist im Bundes-Verfassungsgesetz zu verankern. Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) verpflichtet sich damit zum aktiven, umfassenden Abbau der Benachteiligungen von Frauen.”

Es ist offensichtlich, daß die im Bundes-Verfassungsgesetz verankerte rechtliche Gleichstellung von Frauen und Männern nicht ausreicht, den tatsächlichen Benachteiligungen von Frauen effektiv entgegenzutreten. Die vorhandene Benachteiligung ist aus einer Vielzahl statistisch erfaßter Zahlen ablesbar. Etwa 52% der österreichischen Bevölkerung sind Frauen. Der Anteil der Frauen an der Erwerbstätigkeit beträgt knapp 42%. 62,7% der Frauen zwischen 15 und 60 Jahren sind berufstätig. Auf den Führungsebenen sind Frauen jedoch mit einem verschwindenden Anteil vertreten, während sie im Bereich der zuarbeitenden und ausführenden Tätigkeiten überrepräsentiert sind. Arbeitnehmerinnen verdienen bis zu 40% weniger als ihre männlichen Kollegen. Weitere Indikatoren für die vorhandene mittelbare und unmittelbare Diskriminierung sind die höhere Arbeitslosenquote von Frauen, die geringe Stabilität der Arbeitsverhältnisse sowie die wachsende Altersarmut von Frauen.

Es steht außer Streit, daß es notwendig ist, Maßnahmen zu ergreifen, um die tatsächliche Gleichstellung von beiden Geschlechtern herbeizuführen und faktische Benachteiligungen von Frauen zu beseitigen. Im Bereich der beruflichen Gleichstellung von Frauen hat die Gesetzgebung durch den Ausbau des Diskriminierungsschutzes und das Ergreifen gezielter Förderungsmaßnahmen zur beschleunigten Verbesserung der Situation von Frauen auf Defizite reagiert.

Die Konkretisierung des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes ist ein wichtiger Schritt zur Weiter­entwicklung der Gleichstellung von Frauen und Männern. Die SPÖ fordert, daß es sich der Staat zur ausdrücklichen Aufgabe macht, in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen, in denen Frauen benachteiligt sind, von der Kindererziehung über die Berufsausbildung bis hin zum beruflichen Aufstieg, Maßnahmen zur Gleichstellung zu ergreifen. Uns geht es daher um die Gleichstellung im weitesten Sinn, um soziale, wirtschaftliche, politische, kulturelle Gleichstellung, um Gleichstellung in der Bildung, Schutz vor Gewalt etc. Die SPÖ will ein Signal geben, daß Maßnahmen zur Förderung von Frauen nicht nur geduldet werden, sondern vom Staat ausdrücklich gewünscht und angestrebt werden.

Der mit der ÖVP erzielte Kompromiß zur Änderung des Bundesverfassungsgesetzes stellt ein wichtiges Signal in Richtung umfassende Gleichstellung dar. Österreich, das heißt, Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur Gleichstellung von Frauen und Männern als Teil einer gerechteren Gesellschaft. Eine weitergehende Formulierung, die die Aufgaben des Staates, die tatsächliche Gleichstellung zu fördern, vorsah, fand nicht die Zustimmung der ÖVP.

“Unternehmen erhalten Förderungen und öffentliche Aufträge nur, wenn sie dafür sorgen, daß Frauen auf allen hierarchischen Ebenen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung vertreten sind.”

Es ist ein Faktum, daß Frauen in der Berufswelt weiterhin diskriminiert werden. Auffallend ist, daß Frauen mit gleicher Berufsausbildung wie Männer in der beruflichen Hierarchie eine Stufe unterhalb der Männer angesiedelt zu finden sind. Frauen sind im Bereich einfache und mittlere Angestelltentätigkeit überrepräsentiert: ein Drittel der Frauen beginnt ihre Berufslaufbahn mit einer solchen Qualifikations­stufe, ein Viertel als Hilfsarbeiterin. Frauen sind in allen höheren Berufspositionen unterrepräsentiert. In den höchsten Berufspositionen sind sie mit einem Prozentanteil von nur 4,6% extrem unterrepräsentiert. Die weibliche Berufslaufbahn ist daher geprägt durch “Nicht-Karriere”.

Die öffentliche Hand ist einer der wichtigsten Auftraggeber für die österreichische Wirtschaft. Schon heute muß bei der Auswahl von Förderungswerbern oder privaten Auftragnehmern verschiedenen Kriterien Genüge getan werden. Die Einführung eines zusätzlichen Kriteriums in Hinblick auf betriebliche Gleichstellung von Frauen ist für die SPÖ überaus sinnvoll und notwendig. Es ist hinlänglich bekannt, daß sich die betriebliche Frauenförderung in Österreich in einem Dornröschenschlaf befindet. Eine breite Palette von Möglichkeiten zur Förderung der Chancengleichheit im Betrieb (Frauenförder­pläne, Betriebsvereinbarungen, Frauenausschüsse etc.) steht Unternehmungen schon heute offen. Durch den vorliegenden Antrag auf Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes hat nunmehr der Betriebsinhaber auch in privaten Unternehmen mit seinem Betriebsrat Frauenförderpläne zu beraten. Frauen nicht zu fördern bedeutet für Betriebe eine Verschwendung menschlicher Kreativität und Effektivität.

Im Bereich der öffentlichen Hand ist es aus sozialdemokratischer Sicht von besonderer Bedeutung Frauenförderung durchzuführen. Aus diesem Grund haben sich auch die sozialdemokratischen Regierungsmitglieder dazu entschlossen, für ihre Ressorts Weisungen zu erteilen, welche die öffentliche Auftragsvergabe mit Frauenförderungsmaßnahmen verbinden. Bei gleichwertigen Angeboten erhält jener Bieter den Zuschlag, der Maßnahmen in Richtung Chancengleichheit der Geschlechter setzt.

Aus sozialdemokratischer Sicht wäre auch noch sinnvoll zu prüfen, ob innerstaatliche Rechtsnormen so gestaltet werden können, daß im Einklang mit EU-Rechtsnormen Unternehmen, die gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen haben, unter Anwendung der Prinzips der Verhältnismäßigkeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen werden können. Für diesen Prüfungsauftrag war jedoch der Koalitionspartner nicht zu gewinnen.

“Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist anzustreben. Deshalb ist ein Mindesteinkommen von 15 000 S brutto, das jährlich dem Lebenskostenindex angepaßt wird, zu sichern.”

Die österreichischen Arbeitnehmerinnen verdienen deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen: der Einkommensnachteil der unselbständig beschäftigten Frauen in Österreich liegt bei knapp 30%. Bei den Arbeitern errreicht das Einkommensminus der Frauen rund 35%, bei den Angestellten fast 40%. 1995 gab es in Österreich 240 000 Personen, die bei Annahme einer Vollzeitbeschäftigung weniger als 12 000 S brutto verdienten, davon waren 160 000 Frauen.

Genauere Daten gibt es nicht, aber nach groben Schätzungen des Hauptverbandes der Sozialversiche­rungsträger verdienen gegenwärtig etwa 160 000 Männer und mehr als 320 000 Frauen unter 15 000 S (ohne Lehrlinge, ohne Teilzeitbeschäftigte).

Tatsache ist, daß Frauen auch bei gleicher Qualifikation und gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit und vergleichbaren Belastungen nach wie vor weit weniger verdienen als Männer. Die von Frauen geleistete Arbeit wird minder bewertet. Werden Tätigkeiten vorwiegend oder ausschließlich von Frauen ausgeführt, werden sie in der gesellschaftlichen Bewertung geringer eingestuft und geringer entlohnt. Qualifikationen und die höhere Belastbarkeit, die für Frauenarbeitsplätze typisch sind, zählen nicht.

Um in diesen Bereich treffsicherer behandeln zu können, sollen nunmehr auf Grund eines Entschließungs­antrages verbesserte Daten mit Schwerpunktsetzung auf frauenrelevante, gesellschaftspolitische Veränderungen sowie geschlechtsspezifische Einkommensdaten rascher und konkreter zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus soll die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales gemeinsam mit den Sozialpartnern geschlechtsunabhängige Kriterien zum Abbau der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern ausarbeiten.

Die Forderung nach einem 15 000-S-Mindesteinkommen ist aus unserer Sicht in erster Linie an die Wirtschaft unter dem Motto “weg von den Niedrigstlöhnen” gerichtet. Sie ist gerechtfertigt, weil niedrige Löhne nicht die strukturellen Probleme der österreichischen Wirtschaft lösen.

Die Forderung nach höheren Löhnen für Frauen richtet sich insofern aber auch an die Gewerkschaften, da Fraueninteressen insbesondere bei den Lohnverhandlungen verstärkt berücksichtigt werden müssen. Eine solidarischere und einheitlichere Lohnpolitik der Gewerkschaften insgesamt sollte danach trachten, gegen das Auseinandergehen der Lohnschere innerhalb der und zwischen den einzelnen Branchen anzukämpfen.

Die vom Frauenvolksbegehren geforderte staatliche Ausgleichszahlung im Falle von Einkommen, die unter dem Mindesteinkommen liegen, entspricht jedoch nicht den gesellschaftspolitischen Vorstellungen der sozialdemokratischen Partei.

In den geltenden Gleichbehandlungsgesetzen ist festgelegt, daß eine Verletzung des Gleichbehandlungs­gebotes vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer des anderen Geschlechts, der die gleiche oder die gleichwertige Arbeit verrichtet, dafür mehr bezahlt bekommt. Es ist also derzeit schon rechtlich klargestellt, daß sich das Gleichbehandlungsgebot nicht nur auf völlig idente Arbeitsvorgänge, sondern auch auf vergleichbare Arbeiten bezieht. Betriebliche Einstufungsregelungen und Kollektivverträge haben bei der Normierung der Entlohnungskriterien den Grundsatz des gleichen Lohns nicht nur für gleiche Arbeit, sondern auch für Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, zu beachten. In diesem Zusammenhang wäre erforderlich, daß durch eine Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes die Gleichbehandlungsanwältin bessere Kontrollmöglichkeiten für das Gleichbehandlungsgebot erhält. Für eine derartige Maßnahme war jedoch die ÖVP nicht zu gewinnen.

“Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung sind arbeits- und sozialrechtlich der vollen Erwerbstätigkeit gleichzustellen.”

1993 wurde bereits ein bedeutender Schritt zur Verbesserung der arbeitsrechtlichen Situation Teilzeit­beschäftigter gesetzt. Ein allgemeines Benachteiligungsverbot Teilzeitbeschäftigter gegenüber Vollzeit­beschäftigten wurde eingeführt. Hinsichtlich beschäftigungswirksamer Folgen nicht abschätzbar ist derzeit die Forderung nach einer Gleichstellung von Teilzeitbeschäftigung mit Vollzeitbeschäftigung bei der Überstundenentlohnung. Eine sorgfältige Prüfung ist daher vonnöten, die auch im engen Verbund mit der Flexibilisierung der Arbeitszeit insgesamt zu betrachten ist.

In bezug auf arbeitsrechtliche Bestimmungen Teilzeitbeschäftigter sind nicht die gesetzlichen Grund­lagen problematisch, sondern die tatsächliche Einhaltung der Bestimmungen durch die ArbeitgeberInnen. Hier kommt zunehmend eine Situation ans Licht, die uns überdeutlich klarlegt, daß immer häufiger von gesetzlichen Bestimmungen abgewichen wird und eine Aushöhlung des Arbeitsrechtes in bestimmten Bereichen droht. Ein erster Versuch diese Flucht aus dem Arbeitsrecht hintanzuhalten wurde mit den neuen Regelungen zu den Werkverträgen und freien Dienstverträgen in Angriff genommen. Diese Zielsetzung muß aus Sicht der SPÖ auch im Hinblick auf eine Neugestaltung des Arbeitnehmer- und Einkommensbegriffes weiter verfolgt werden.

Hinsichtlich der geringfügig Beschäftigten ist ebenfalls bereits ein wesentlicher Schritt zur sozialen Absicherung für Frauen gelungen. Geringfügig Beschäftigte wurden in die Sozialversicherungspflicht einbezogen. Um zu überprüfen, ob diese getroffenen gesetzlichen Maßnahmen den richtigen Personen­kreis erreichen und auch von den Frauen in entsprechendem Ausmaß angenommen werden, wird die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Form eines Entschließungsantrages ersucht, einen diesbezüglichen Evaluierungsbericht zu legen.

“Keine Anrechnung des Partnereinkommens bei Notstandshilfe und Ausgleichszulage.”

Zwischen 1990 und 1996 wurden fast 36 000 Anträge auf Notstandshilfe weiblicher Arbeitsloser “mangels Notlage” abgelehnt. Eine in ihrer Größenordnung unbekannte Zahl an Notstandshilfeanträgen wird von arbeitslosen Frauen wegen Aussichtslosigkeit gar nicht eingebracht. Keine Notstandshilfe zu bekommen, bedeutet gleichzeitig keine Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung erwerben zu können, was sich letztlich in der Pensionsberechtigung und Pensionshöhe widerspiegelt.

Die individuelle Existenzsicherung ist ein grundlegendes Ziel der sozialdemokratischen Frauenpolitik. Die Einkommenslage des Lebenspartners führt dazu, daß Frauen in ihrer eigenständigen Existenz­sicherung beschnitten werden. Die Forderung nach Entkoppelung von Notstandshilfebezug und Ausgleichszulagenbezug vom Partnereinkommen ist daher aus Sicht der SPÖ untrennbar mit der Forderung nach einer eigenständigen Alterssicherung verbunden.

Um Härtefälle – die hauptsächlich Frauen treffen – bei der Anrechnung des Partnereinkommens zu beseitigen, wird die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales durch einen Entschließungs­antrag ersucht, neue Berechnungsmodelle bei der Notstandshilfe vorzulegen.

“Die Gleichstellung der Frauen muß auch durch staatliche Bildungsmaßnahmen gefördert werden. Die Bundesregierung hat geschlechtsspezifische Statistiken zu den Themen Beruf und Bildung zu erstellen und jährlich zu veröffentlichen.”

Schulische Bildung und Ausbildung sind in hohem Maß Grundlagen und Voraussetzung für die Erreichung der Gleichstellung der Frauen in unserer Gesellschaft. Die Chancen auf ein existenzsicherndes Einkommen, auf ökonomische Unabhängigkeit und auf eigenständige Pension werden für Frauen dadurch ebenso vergrößert, wie das Bedürfnis nach sozialer und gesellschaftlicher Anerkennung befriedigt.

Obwohl Mädchen und jungen Frauen inzwischen formal alle Schultypen und Ausbildungswege offen stehen, schlägt sich das bisher noch nicht entscheidend in ihrer Berufswahl nieder. Die Bildungsstatistik zeigt, daß sich die Muster der geschlechtsspezifischen Schul- und damit auch künftigen Berufswahl nicht wesentlich verändert haben. Besonders im Lehrberuf wird dies deutlich. 83% der weiblichen Lehrlinge konzentrieren sich auf drei Ausbildungswege.

Der Anteil der Frauen ohne einen über die Pflichtschule hinausgehenden Schulabschluß hat sich zwar in den letzten zehn Jahren um 11% verringert, 1991 betrug er aber immer noch 50,6% – bei den Männern ist er nur mehr ein Drittel. Die weibliche Akademikerquote ist nur halb so hoch wie die der Männer. Heute maturieren mehr Frauen als Männer und etwa gleich viele Männer und Frauen beginnen ein Studium. Das heißt, die Frauen holen auf, aber die Abbruchrate ist bei ihnen höher.

Ausgehend von dieser kurz und unvollständig skizzierten Situation ist es leicht nachzuvollziehen, daß im Bildungs- und Berufsbildungsbereich für Frauen noch sehr viel zu tun ist. Alle Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft müssen dieser Problematik verstärkt Aufmerksamkeit schenken und umsetzbare Maßnahmen entwickeln.

Die SPÖ hat dazu konkrete Vorschläge, die wir initiieren, unterstützen, vorantreiben bzw. mit Vertre­terInnen anderer relevanter Institutionen (wie AMS, Gewerkschaft, Wirtschaft, einzelnen Betrieben etc.) entwickeln werden. Einige dieser Maßnahmen seien beispielhaft erwähnt:

–   verstärkte, effiziente Information für Mädchen vor der Berufswahl bzw. Ausbildungsentscheidung;

–   weiterer Abbau geschlechtsspezifischer Lehrinhalte, Rollenklischees etc. schon in der Pflichtschule;

–   konkrete zielgruppenorientierte Maßnahmen für Mädchen, um sie zu nichttraditioneller Berufswahl zu motivieren;

–   Erhöhung der Motivation von Betrieben, weibliche Lehrlinge in zukunftsträchtigen Berufen auszubilden und diese weiter zu beschäftigen;

–   betriebliche Weiterbildungsangebote für Frauen (diese müssen auf Bedürfnisse von Frauen hinsichtlich Finanzierbarkeit und Zeiteinteilung zugeschnitten werden);

–   Wiedereinstiegs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen müssen bedarfsorientiert und finanziell abgesichert sein;

–   Frauenförderung im Betrieb durch spezielle Frauenförderpläne.

Der gemeinsam mit der ÖVP initiierte Entschließungsantrag beauftragt die zuständigen Bundesminister im Bereich Bildung und Berufsausübung verstärkt frauenspezifische Schwerpunkte zu setzen.

“Jeder Mensch hat das Recht, Beruf und Kinder zu vereinbaren. Daher hat der Gesetzgeber für die Bereitstellung ganztägiger qualifizierter Betreuungseinrichtungen aller Altersstufen zu sorgen. Tagesmütter sind auszubilden und arbeits- und sozialrechtlich abzusichern.”

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein zentrales Anliegen der Sozialdemokratischen Partei. Aus diesem Grund wurde bereits im vergangenen Jahr und wird auch in Zukunft der Bund 600 Millionen Schilling pro Jahr für den Ausbau von zusätzlichen Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung stellen. Die Länder – in deren Verantwortung die Kinderbetreuung liegt – sind aufgefordert, diese Summe zu verdoppeln. Durch diese 1,2 Milliarden Schilling können zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen werden. Bei der Verteilung dieser Gelder soll schwerpunktmäßig auf Kinderbetreuungseinrichtungen für unter dreijährige und für sechs- bis zehnjährige Kinder Rücksicht genommen werden. Ebenso muß eine bedarfsgerechte Flexibilisierung der Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Ganztägigkeit) gegeben sein.

Um diese Ziele zu forcieren, hat die SPÖ gemeinsam mit der ÖVP einen entsprechenden Entschließungsantrag an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie gerichtet.

Viele Frauen arbeiten heute als Tagesmütter ohne entsprechende Ausbildung und ohne arbeits- und sozialrechtliche Absicherung. Eine Reihe von Trägerorganisationen bietet ihnen darüber hinaus – wenn überhaupt – nur Werkverträge bzw. geringfügige Beschäftigungsverhältnisse an. Damit sind die so beschäftigten Betreuungspersonen nicht abgesichert, für die betreuten Kinder und Eltern gibt es keine Garantie, daß die Betreuung ein Mindestmaß an Qualität bietet. Ziel der SPÖ ist es daher, ein bundesweit einheitliches Angebot von Tageseltern mit standardisierter Ausbildung und verpflichtender berufs­begleitender Fortbildung und Supervision aufzubauen, welche eine rasche und dennoch qualifizierte, flexible und kostengünstige Lösung des Kinderbetreuungsdefizites anbieten und als Angestellte ihrer Trägerorganisationen den Arbeitsmarkt entlasten: einerseits wird dadurch den Kindesmüttern der berufliche Wiedereinstieg durch die Lösung des Betreuungsproblems ermöglicht, anderseits erhalten die Tagesmütter selbst einen qualifizierten Arbeitsplatz. Und nicht zuletzt: Eltern können sicher sein, daß ihre Kinder kontrollierbar gut betreut werden. Darüber hinaus sollen Modelle erarbeitet werden, welche zum Übertritt vom Beruf Tageseltern in verwandte Bereiche (Kindergartenhelferin, Heimhilfe, Familienhilfe) ermöglichen und dem Beruf Tageseltern auch eine Langzeitperspektive geben.

Durch einen Entschließungsantrag wird daher die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten ersucht, Voraussetzungen für ein Berufsbild Tageseltern zu erarbeiten und ein bundeseinheitliches Berufsbild vorzustellen.

“Zwei Jahre Karenzgeld für alle Alleinerzieherinnen.”

Alleinerzieherinnen haben per Definition keine weitere Betreuungsperson zur Verfügung, mit der die Kinderbetreuung geteilt werden könnte. Die Neuregelung des Elternkarenzurlaubes, der für eine Betreuungsperson im Höchstausmaß von 1,5 Jahren Karenzurlaub vorsieht, benachteiligt Allein­erzieherinnen gegenüber Elternpaaren, denen bei Teilung des Karenzurlaubs zwei Jahre zur Verfügung stehen. Für die Altersgruppe der bis dreijährigen Kinder mangelt es zudem bundesweit an Kinder­betreuungseinrichtungen.

Während Ehefrauen mit Kindern nur zu 60% erwerbstätig sind, sind es alleinstehende Mütter zu 80%. Von den ledigen Müttern mit Kindern unter 15 Jahren sind 90% berufstätig.

Die Sozialdemokratische Partei befürwortet daher die Forderung nach zwei Jahren Karenzurlaubsgeld­bezug für Alleinerzieherinnen. Die SPÖ hat im Rahmen der Verhandlungen zum Frauenvolksbegehren immer wieder ihre Position gegenüber der ÖVP klargestellt und zwei Jahre Karenzurlaubsgeldbezug für Alleinerzieherinnen gefordert. Darüber hinaus fordert die SPÖ auch die Möglichkeit der Gewährung des Karenzurlaubsgeldzuschusses für jene Frauen, die den Namen des Kindesvaters nicht angeben können oder auch nicht angeben wollen. Beide Forderungen wurden von der ÖVP nicht akzeptiert und konnte ihnen daher im Rahmen der Umsetzung des Frauenvolksbegehrens nicht entsprochen werden.

Die SPÖ wird aber weiterhin vehement auf Erfüllung dieser Forderungen drängen.

“Gesetzlich garantierter Anspruch auf Teilzeitarbeit für Eltern bis zum Schuleintritt ihres Kindes mit Rückkehrrecht zur Vollzeitarbeit.”

Alle ExpertInnen waren sich einig, daß in Österreich die Frauen nach der Geburt von Kindern ihre Berufstätigkeit überdurchschnittlich lange unterbrechen. Das führt zu Problemen beim Wiedereinstieg und bei der Alterssicherung. Teilzeitarbeit mit Rückkehrrecht zur Vollzeitarbeit ist eine Möglichkeit in einer schwierigen Familienphase Beruf und Betreuungspflichten zu verbinden.

Schon im Gleichbehandlungspaket 1993 wurde seitens der sozialdemokratischen Frauenministerin die Forderung nach einem Recht auf Teilzeitarbeit für Eltern bis zum Schuleintritt erhoben. Die Berechtigung dieser Forderung hat sich auf Grund der Entwicklung am Arbeitsmarkt sowie der weiter anhaltenden ungenügenden Versorgung von Kinderbetreuungsplätzen weiter verstärkt. Darüber hinaus sieht die SPÖ aber auch Handlungsbedarf für jene Frauen, die ihre Berufstätigkeit auf Grund von Pflegeverpflichtungen einschränken müssen. Auch für jene Frauen, die nahe Angehörige pflegen und aus diesem Grund ihre Berufstätigkeit einschränken, sollte dieser Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit gegeben sein.

Ein entsprechender Antrag auf Änderung des Arbeitsvertrags-Anpassungsgesetzes zur Verankerung des Rechtsanspruches für ArbeitnehmerInnen mit nicht nur vorübergehenden Betreuungspflichten von nahen Angehörigen wurde jedoch von der ÖVP abgelehnt.

“Ausdehnung der Behaltefrist am Arbeitsplatz nach der Karenzzeit auf 26 Wochen.”

Eine längere Behaltefrist garantiert den tatsächlichen Wiedereinstieg ins Erwerbsleben. Die derzeitige vierwöchige Behaltefrist ist eindeutig zu kurz, um den Frauen die Möglichkeit der Wiedereinarbeitung in den Betrieb zu ermöglichen. Im Jahresdurchschnitt 1996 waren 30,3% der KarenzgeldbezieherInnen arbeitslos. Die Zahl der Frauen, die nach dem Karenzurlaub arbeitslos werden, ist kontinuierlich im Steigen begriffen. Zurückzuführen ist dieser Anstieg aus unserer Sicht unter anderem auch auf die sehr kurze Behaltefrist, die es der Dienstnehmerin oft unmöglich macht, sich innerhalb dieser kurzen Frist wieder einzuarbeiten. Es wäre daher nur recht und billig, Frauen von seiten der Unternehmen einen längeren Zeitraum zur Einarbeitung zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grund hat die SPÖ einen entsprechenden Antrag auf Verlängerung der Behaltefrist auf 26 Wochen vorbereitet, der jedoch von der ÖVP keine Unterstützung fand.

“Jeder Mensch hat das Recht auf eine Grundpension, die nicht unter dem Existenzminimum liegen darf. Wenn ein/e Lebenspartner/in nicht erwerbstätig ist, hat der/die andere dafür Pensionsbeiträge zu zahlen. Kindererziehung und Pflegearbeit wirken pensionserhöhend.”

Nach unserem derzeitigen Pensionssystem bekommt jemand de facto nur dann eine lebensstandard­sichernde Pension, wenn er vom Eintritt in das Berufsleben bis zur Pensionierung durchgehend beschäftigt war und ein hohes Einkommen hatte. Das entspricht der männlichen Normalbiographie. Frauen, deren Erwerbsleben von Brüchen gezeichnet ist, sind somit real stark benachteiligt. Frauen verdienen auch um zirka ein Drittel bis zu 40% weniger als ihre männlichen Kollegen und erwerben zudem durch Unterbrechungen auf Grund von Versorgungsarbeiten meist auch zu wenig Versicherungs­zeiten, um im Alter eine existenzsichernde Pension zu bekommen.

Die SPÖ fordert daher, das Pensionssystem in Richtung einer durchgehenden Pflichtversicherung derart weiterzuentwickeln, daß jede Frau eine eigenständige, vom Familienstand unabhängige, armuts­vermeidende und lebensstandardsichernde Pension bekommt. Die Diskussion, welches Modell letzt­endlich eine eigenständige Altersabsicherung für Frauen am zielführendsten ist, läuft derzeit. Grund­sätzlich steht die SPÖ jedoch zum Modell der Pflichtversicherung, welches eine eigenständige Alterssicherung für Frauen und Männern garantiert.

In einem gemeinsam mit der ÖVP formulierten Entschließungsantrag wird daher die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales ersucht, zunächst gemeinsam mit dem Bundesminister für Justiz für Härtefälle bei Geschiedenen Versorgungsausgleichsmodelle zu erarbeiten und als Ziel aller pensions­rechtlichen Veränderungen die eigenständige Alterssicherung für Frauen zu erarbeiten.

Nicht zielführend erscheint es uns, Modelle einzuführen, die keinen eigenständigen Pensionsanspruch mit sich bringen, sondern bei denen sich wiederum der Anspruch nur vom Mann ableiten läßt (wie die meisten Splittingmodelle).

“Kein weiteres Anheben des Pensionsalters für Frauen, bevor nicht die tatsächliche Gleich­berechtigung in allen Bereichen gegeben ist.”

Im Dezember 1990 hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, daß das unterschiedliche Pensions­anfallsalter für Frauen und für Männer dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht. In diesem Sinn hat der Gesetzgeber die unterschiedlichen Altersgrenzen – unter Rücksicht auf den Vertrauensschutz, dem gerade im Pensionsrecht besondere Bedeutung zukommt – bis zum Jahr 2018 verfassungsrechtlich abgesichert und eine stufenweise Angleichung der Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Versicherten ab dem Jahr 2019 durch Bundesverfassungsgesetz vorgesehen. Eine vorzeitige Anhebung dieses Pensionsantrittsalters kommt aus Sicht der SPÖ nicht in Frage.


 

Minderheitsbericht

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

der Abgeordneten Rosemarie Bauer, Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Edeltraud Gatterer, Katharina Horngacher, Ridi Steibl


Präambel:

Die Österreichische Volkspartei unterstützt voll und ganz das Ziel des Frauenvolksbegehrens, nämlich die Verbesserung der Situation der Frauen in Österreich, insbesondere durch die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die ÖVP hat aber starke Bedenken gegen die Art, wie dieses Ziel nach den Vorstellungen der Initiatorinnen des Frauenvolksbegehrens erreicht werden soll. Diese Bedenken wurden seit Beginn des Volksbegehrens geäußert und es wurde immer klar gemacht, daß einzelne Punkte des Frauenvolksbegehrens nicht durchgesetzt werden können. Maßnahmen, die dazu führen, daß Frauenarbeitsplätze für die Wirtschaft wesentlich teurer werden, führen zu einem Rückgang der Frauenarbeitsplätze und sind daher kontraproduktiv. Es sollten jedoch Rahmenbedingungen für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie geschaffen werden.

Fairerweise muß klargestellt werden, daß bereits im letzten Jahr viele Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie getroffen wurden und somit Teile des Frauenvolksbegehrens vorweggenommen wurden.

–   Die Möglichkeit des Verdienens während der Karenz (Teilzeitkarenz),

–   die Einbindung der geringfügig Beschäftigten in die Sozialversicherung,

–   die bessere Anrechenbarkeit der Kindererziehungszeiten auf die Pension und

–   die Förderung von Kinderbetreuungseinrichtungen durch weitere 600 Millionen Schilling aus  Bundesmitteln

sind Maßnahmen, die wesentlich zur Verbesserung der Situation der Frauen in Österreich beitragen.

Nichtsdestotrotz sieht auch die ÖVP die Notwendigkeit, noch mehr für die Frauen in Österreich zu tun. Daher hat die ÖVP produktiv am Unterausschuß zur Behandlung des Frauenvolksbegehrens teilge­nommen. In ihren sehr interessanten Beiträgen stellten auch die Experten aller Fraktionen fest, daß nicht alle Forderungen des Frauenvolksbegehrens – so wie sie gefordert werden – in der Realität umzusetzen sind. Vielmehr wurden zahlreiche Bedenken gegen einzelne Punkte geäußert.

Die Position der ÖVP zu den einzelnen Forderungen:

1.  Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist im Bundes-Verfassungsgesetz zu verankern. Die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) verpflichtet sich damit zum aktiven, umfassenden Abbau der Benachteiligungen von Frauen.

Die ÖVP vertrat immer die Auffassung, daß der Gleichheitsgrundsatz des Art. 7 Abs. 1 B-VG der Gleichbehandlung von Frauen und Männern Rechnung trägt.

Da diese Gleichstellung in der Realität noch nicht gegeben ist, sollen Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit, wie eine positive Diskriminierung von Frauen, möglich sein.

Die jüngste Diskussion über die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zeigte jedoch deutlich, daß eine gesetzliche Grundlage für die positive Diskiriminierung geschaffen werden sollte.

Daher hat die ÖVP gemeinsam mit der SPÖ einen Antrag ausgearbeitet, der ein Bekenntnis von Bund, Ländern und Gemeinden zur tatsächlichen Gleichstellung von Frau und Mann enthält. Insbesondere sollen durch diese spezielle Regelung Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern, insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten, zulässig sein.

2.  Unternehmen erhalten Förderungen und öffentliche Aufträge nur, wenn sie dafür sorgen, daß Frauen auf allen hierarchischen Ebenen entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung vertreten sind.

Die ÖVP bekennt sich zum Ziel, daß Frauen in allen hierarchischen Ebenen vertreten sein sollen. Als besonders wichtig wird das Durchstoßen der “gläsernen Decke” erachtet. Das Knüpfen von Förderungen und öffentlichen Aufträgen an einen 50%igen Frauenanteil auf allen Ebenen eines Betriebes ist jedoch sinnwidrig. Diese Forderung würde bewirken, daß zB eine Baufirma keine öffentlichen Bauaufträge (zB für eine Schule, Kindergarten oder Straßenbau) mehr bekommt, wenn nicht mindestens 50% der Poliere, Maurer und Lastwagenfahrer Frauen sind.

Das Versprechen der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer im Unterausschuß, Frauenförderpläne für Betriebe auszuarbeiten bzw. vorhandene zu unter­stützen, wird begrüßt. Es wurde mit der SPÖ ein Gesetzesantrag eingebracht, der vorsieht, daß Betriebsinhaber mit dem Betriebsrat über Maßnahmen der betrieblichen Frauenförderung bzw. der Vereinbarkeit von Betreuungspflichten und Beruf zu beraten haben. Die vom Frauenministerium auszuarbeitenden Frauenförderpläne werden eine Hilfe für die Unternehmer bei der Einführung von Maßnahmen der betrieblichen Frauenförderung darstellen.

Die ÖVP betrachtet die Auszeichnung von frauenfreundlichen Betrieben (derzeit in sechs Bundesländern Projekte dazu) als wesentlich effektiver als die Bestrafung von Betrieben, die nicht genügend Frauen angestellt haben. Hiebei verweist die ÖVP auf das Projekt “Familien-Audit” von Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein, das familienfreundliche (und somit frauenfreund­liche) Betriebe nach einem zugeschnittenen Kriterienkatalog prüft.

3.  Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ist anzustreben. Deshalb ist ein Mindesteinkommen von 15 000 S brutto, das jährlich dem Lebenskostenindex angepaßt wird, zu sichern.

Die Ungerechtigkeit, daß in einigen Bereichen Frauen immer noch kein gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit ausbezahlt wird, muß ein Ende haben. Für die ÖVP ist es völlig unannehmbar, wenn Frauen für gleichwertige Arbeit einen geringeren Lohn erhalten, Berufe mit hohem Frauenanteil an den Beschäftigten ein niedrigeres Lohnniveau aufweisen oder Frauen überproportional von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Die ÖVP fordert daher die Neubewertung der Arbeit und die Ausarbeitung von Kriterien zum Abbau der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern. In einem Entschließungsantrag wird daher die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales aufgefordert, diese Kriterien auszu­arbeiten. Ein weiterer Entschließungsantrag fordert den Bundeskanzler auf, im geplanten Bundesstatistik­gesetz Vorkehrungen zu treffen, daß die geschlechtsspezifischen Daten der Öffentlichkeit verbessert zugänglich gemacht, vermehrt Schwerpunkte im Bereich frauenrelevanter gesellschaftspolitischer Ver­änderungen gesetzt und geschlechtsspezifische Einkommensdaten zukünftig rascher und konkreter der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Ein Mindestlohn von 15 000 S brutto wäre erstrebenswert, kann aber nicht gesetzlich festgelegt werden. Lohnpolitik ist Sache der Kollektivvertragspartner. Auch zahlreiche Experten im Unterausschuß haben sich gegen einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn ausgesprochen. Ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn von 15 000 S würde zu einer Veränderung des gesamten Lohnsystems führen.

4.  Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung sind arbeits- und sozialrechtlich der vollen Erwerbstätigkeit gleichzustellen.

Geringfügige Beschäftigung wurde bereits der vollen Erwerbstätigkeit gleichgestellt. Diese Maßnahme ist sehr begrüßenswert. Wieweit diese Maßnahme von den Frauen angenommen wird, soll die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales evaluieren und in den Bericht über die soziale Lage 1999 aufnehmen.

5.  Keine Anrechnung des Partnereinkommens bei Notstandshilfe und Ausgleichszulage.

Das Partnereinkommen soll bei Notstandshilfe und Ausgleichszulage sehr wohl angerechnet werden. Die ÖVP setzt sich jedoch dafür ein, daß Härtefälle vor allem bei Familien vermieden werden. Daher wurde ein Entschließungsantrag eingebracht, der die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auffordert, die derzeitige Anrechnung von Partnereinkommen auf die Notstandshilfe zu überprüfen und Vorschläge zu unterbreiten, um Härtefälle für Bezieher geringer Familieneinkommen auszuschließen.

6.  Die Gleichstellung von Frauen muß auch durch staatliche Bildungsmaßnahmen gefördert werden. Die Bundesregierung hat geschlechtsspezifische Statistiken zu den Themen Beruf und Bildung zu erstellen und jährlich zu veröffentlichen.

Dieser Forderung kann voll und ganz zugestimmt werden. Die ÖVP hat daher gemeinsam mit der SPÖ einen Antrag ausgearbeitet, der vorsieht, daß der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr in enger Kooperation mit dem Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, dem Bundes­ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten sowie dem Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, dem Nationalrat im dreijährigen Hochschulbericht über die Entwicklung von Bildung und Berufsausübung von Frauen zu berichten hat. Weiters wird die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten ersucht, eine verstärkte Berufs- und Studienwahlorientierung mit frauen­spezifischen Schwerpunktsetzungen auch für die beiden letzten Schulstufen der mittleren und höheren Schulen verbindlich vorzusehen. Ebenso sollen im Rahmen der Lehrerinnenbildung Schwerpunkte verankert werden, durch die Lehrerinnen und Lehrer befähigt werden, geschlechtshierarchische Arbeits­strukturen abzubauen und ein partnerschaftliches Verhalten in allen Lebensbereichen zu fördern. Im Rahmen der Erwachsenenbildung sollen frauenspezifische Schwerpunkte unterstützt und ausgeweitet werden.

7.  Jeder Mensch hat das Recht, Beruf und Kinder zu vereinbaren. Daher hat der Gesetzgeber für die Bereitstellung ganztägiger qualifizierter Betreuungseinrichtungen für Kinder aller Altersstufen zu sorgen. Tagesmütter sind auszubilden und arbeits- und sozialrechtlich abzusichern.

Die flächendeckende Kinderbetreuung ist für die ÖVP der Schlüssel zur Harmonisierung von Beruf und Familie. Daher tritt auch die ÖVP für ausreichende Kinderbetreuungseinrichtungen im Rahmen des möglichen ein.

Diese Forderung wird von der ÖVP voll und ganz unterstützt. Daher wurde mit der SPÖ ein Antrag ausgearbeitet, der vorsieht, daß ein bundeseinheitliches Berufsbild für Tageseltern (Tagesmütter/Tages­väter) ausgearbeitet wird. Die Tageseltern, die diesem Berufsbild entsprechen, sind arbeits- und sozialrechtlich abzusichern.

Nachdem die Bundesregierung bereits 1997 und 1998 den Bundesländern 600 Millionen Schilling zum Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung gestellt hat, werden auch in den Jahren 1999 und 2000 weitere 600 Millionen Schilling aus Budgetmitteln zum Zwecke des beschleunigten Ausbaus von Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung gestellt. Diese 600 Millionen Schilling werden von den Ländern und Gemeinden verdoppelt. Hierbei soll besonders darauf geachtet werden, daß diese Mittel vor allem für den Ausbau der Betreuungseinrichtungen für Kinder unter drei und über sechs bis zehn Jahren und für Kinderbetreuungseinrichtungen, die der bedarfsgerechten Flexibilität unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entsprechen, verwendet werden. Weiters werden die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie aufgefordert, die Verdoppelung des Bundeszuschusses durch die Länder und die Gemeinden sicherzustellen.

Die Forderung der ÖVP nach einer steuerlichen Absetzbarkeit der Kinderbetreuung sowohl zu Hause als auch außerhäuslich wurde leider vom Koalitionspartner nicht unterstützt. Die steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuung würde nicht nur zu einem verstärkt in Anspruch genommenen Angebot der Kinderbetreuung führen, sondern auch zur Schaffung vieler Arbeitsplätze beitragen. Der Schwarzmarkt, der auf diesem Gebiet besteht, könnte wesentlich reduziert und zahlreiche Arbeitsplätze im “Unternehmen Haushalt” geschaffen werden.

Weiters begrüßt die ÖVP die bereits existierenden Projekte von Homeservice-Agenturen. Diese, in Kooperation mit dem AMS von gemeinnützigen Vereinen initiierten  Homeservice-Projekte unterstützen private Haushalte bei der Bewältigung von Kinderbetreuung und Hausarbeit. Diese Agenturen sind wichtig für die Schaffung neuer Arbeitsplätze, da sie die, im “Unternehmen Haushalt” geleistete Fremdarbeit, sozialrechtlich absichern. In einem Entschließungsantrag an die Bundesminsterin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird diese aufgefordert, die Auswirkungen der von AMS geförderten Homeservice-Projekte unter anderem auf Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze, Beschäftigungsstabilität und Wiedereinstiegschancen zu evaluieren.

8.  Zwei Jahre Karenzgeld für alle Alleinerzieherinnen.

Eine Bevorzugung der Alleinerzieherinnen ist abzulehnen.

9.  Gesetzlich garantierter Anspruch auf Teilzeitarbeit für Eltern bis zum Schuleintritt ihrer Kinder mit Rückkehrrecht zur Vollzeitarbeit.


Diese Maßnahme wäre familienpolitisch sehr wünschenswert. Die Kosten wären jedoch für die Wirtschaft beträchtlich. Da dieses Recht mehr von Frauen genützt würde, wäre ein Rückgang der Frauenarbeitsplätze die Folge. Somit würde die Umsetzung dieser Forderung den Frauen mehr schaden als nützen. Dieser Punkt wird daher von der ÖVP abgelehnt.

Unternehmen, die groß genug sind und sich diese Maßnahme leisten können, sollen dieses Recht in der Betriebsvereinbarung festlegen.

10.  Ausdehnung der Behaltefriste am Arbeitsplatz nach der Karenzzeit auf 26 Wochen.

Auch diese Maßnahme wäre familienpolitisch wünschenswert, ist jedoch aus den gleichen Gründen, wie der Anspruch auf Teilzeit, nicht realisierbar. So wie bei Teilzeitarbeit könnte diese Maßnahme auf freiwilliger Basis bei größeren Betrieben eingeführt werden. Eine Verpflichtung für alle Betriebe wäre vor allem für Klein- und Mittelbetriebe nicht finanzierbar und daher nicht im Interesse der Frauen.

11.  Jeder Mensch hat das Recht auf eine Grundpension, die nicht unter dem Existenzminimum liegen darf. Wenn ein/e Lebenspartner/in nicht erwerbstätig ist, hat der/die andere dafür Pensionsbeiträge zu zahlen. Kindererziehung und Pflegearbeit wirken pensionserhöhend.

Langfristiges Ziel muß sein, daß Kindererziehungszeiten pensionsbegründend wirken. Zur Zeit kann es bereits jedoch als Erfolg gewertet werden, daß im Rahmen der Pensionsreform beschlossen wurde, daß Kindererziehungszeiten besser angerechnet werden.

Zur schnellen Beseitigung von Härtefällen und als rasche Maßnahme schlägt die ÖVP den Versorgungsausgleich, das sogenannte Pensionssplitting, vor. Das Modell der ÖVP sieht vor, daß im Scheidungsfall, die während der Ehe erworbenen Pensionsleistungen fiktiv berechnet und zu gleichen Teilen unter besonderer Berücksichtigung der Anzahl der betreuten Kinder unabhängig vom Verschulden aufgeteilt werden. Dem abgebenden Ehepartner ist die Möglichkeit einzuräumen, die abgetretenen Leistungen wieder erwerben zu können.

Diese Maßnahme könnte rasch in die Tat umgesetzt werden und somit in Härtefällen zu einer Verbesserung der Situation von Frauen führen. Die SPÖ konnte für eine gesetzliche Grundlage zur raschen Umsetzung dieses Modells leider nicht gewonnen werden. Langfristig kann sich die ÖVP ein Kombinationsmodell aus Pflichtversicherung und Pensionssplitting vorstellen.

Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, Versorgungsausgleichsmodelle für Härtefälle von Geschiedenen und Alleinstehenden gemeinsam mit dem Bundesminister für Justiz zu erarbeiten und in Fortsetzung des im Rahmen der Pensionsreform 1997 eingeschlagenen Weges (Schließung von Versicherungslücken für Frauen, Höherbewertung der Kindererziehungszeiten) das österreichische Pensionsversicherungssystem in Richtung eigenständige Alterssicherung für Frauen weiterzuentwickeln.

12.  Keine weitere Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen, bevor nicht die tatsächliche Gleichberechtigung in allen Bereichen gegeben ist.

Eine Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen kommt für die ÖVP derzeit nicht in Frage.

 

Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander


Der gegenständliche Bericht des Gleichbehandlungsausschusses konnte aus folgenden Gründen nicht zur Kenntnis genommen werden:

1. Zum Vorgang

Das Frauenvolksbegehren umfaßte elf Punkte, die teils eine konkrete legistische Umsetzung zuließen, teils durch ihre Komplexität (zB Bildungsmaßnahmen, Grundpension, Mindesteinkommen) nur einen appellativen Charakter haben und eine parlamentarische Umsetzung in Form von Entschließungsanträgen zuließen. Die Anträge zum Frauenvolksbegehren, die die Mehrheit im Ausschuß fanden, beinhalten überwiegend Entschließungen zur Berichtser- und -abfassung, zur Evaluierung und Information. Damit wurde nicht nur dem Frauenvolksbegehren in keiner Weise Genüge getan, auch den während eines halben Jahres vorgetragenen fachlichen Meinungen und Darstellungen der Expertinnen und Experten in keiner Weise Rechnung getragen.

2. Artikel 7 B-VG-Änderung

Das zentrale Anliegen des Volksbegehrens war die Verankerung der Gleichstellung von Frauen und Männern im Bundes-Verfassungsgesetz: Damit sollten vier Ziele erreicht werden:

–   Die Verankerung einer Staatszielbestimmung zur tatsächlichen Gleichstellung:

     Mit dieser Staatszielbestimmung sollen die Beseitigung von Benachteiligungen von Frauen und die Förderung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter in allen gesellschaftlichen Bereichen als Verfassungsgrundsätze verankert werden.

–   Die Absicherung der gesetzlichen Frauenförderung auf Verfassungsebene:

     Damit sollen rechtliche Zweifel über die Zulässigkeit der Frauenförderung ausgeräumt werden und ein effektiver Einsatz der vorhandenen Regelungen gewährleistet werden.

–   Die Klarstellung der Bedeutung des Gleichheitsgrundsatzes:

     Damit soll die Bedeutung des Gleichheitsgrundsatzes für die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter einheitlich klargestellt werden.

–   Die Erfüllung von völkerrechtlichen Verpflichtungen:

     Die UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung von Frauen verpflichtet die Vertragsstaaten, den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau in ihre Verfassung aufzunehmen.

Der im Ausschuß beschlossene Gesetzestext läßt mehr im unklaren als er regelt: im ersten Satz wird von einem “Bekenntnis” zur tatsächlichen Gleichstellung gesprochen statt einer Verpflichtung von Bund, Land und Gemeinden. Der zweite Satz ist überhaupt verkorkst: Die “Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten” wird hier als Maßnahme zur Förderung der “Chancengleicheit” (was immer das ist) eingesetzt.

Das Ziel ist aber eine Verpflichtung zur Herstellung der Gleichstellung durch Maßnahmen der Bevorzugung und Förderung von Frauen. Der nun beschlossene Gesetzestext stellt einen Rückschritt dar, weil die tatsächliche Gleichstellung zum bloßen Bekenntnis verkommt. Bekenntnisformeln waren aber nicht das Ziel des Frauenvolksbegehrens.

3. Bindung der öffentlichen Auftragsvergabe an betriebliche Frauenförderung

In den Ausschußberatungen wurden von den Expertinnen und Experten verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung aufgezeigt: Vom “Brandenburger und Berliner Modell”, das eine Regelung für Gemeindevergaben unterhalb des Schwellenwertes vorsieht, über die Erweiterung der Eignungsprüfung, der Berücksichtigung von Frauenförderung als Zuschlagskriterium bis hin zur Vertragsspezifikation. In diesem Fall verpflichtet sich der Auftragnehmer im Leistungsvertrag auf die Anwendung eines betrieblichen Frauenförderprogrammes.

Die Grünen habe als einzige Fraktion konkrete Anträge zu diesem Kapitel vorgelegt, darunter auch einen Gesetzesantrag zur Änderung des Bundesvergabegesetzes durch Einbezug der Frauenförderung in den Leistungsvertrag, darüber hinaus Anträge zur verpflichtenden Berichtslegung für die Betriebe über frauenfördernde Maßnahmen.

Eine Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes im § 92b (Beratungen über betriebliche Frauenförderung bzw. Vereinbarkeit von Betreuungspflichten und Beruf zwischen Betriebsinhaber und Betriebsrat), die die Mehrheit im Ausschuß fand, ist für die Intention des Frauenvolksbegehrens entschieden zu wenig!

4. Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit – Mindesteinkommen von 15 000 S brutto

   Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung sind arbeits- und sozialrechtlich der vollen Erwerbstätigkeit gleichzustellen;

–   keine Anrechnung des PartnerIneinkommens bei Notstandshilfe/Ausgleichszulage.

Eine Entschließung, mit der die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales aufgefordert wird, eine Studie zur Einkommensentwicklung vorzulegen und geschlechtsunabhängige Kriterien zum Abbau der Lohnunterschiede zwischen Männer und Frauen auszuarbeiten als einzige Antwort auf die Problematik, daß gerade Frauen jene Bevölkerungsgruppe darstellen, die extrem armutsgefährdet ist, ist beschämend. Nach den letzten statistischen Daten hat sich die Situation der Frauen in Österreich kaum verbessert: Sie verdienen nach wie vor weniger als die Männer und sind verstärkt von prekären Arbeitsverhältnissen betroffen! Diese Problematik wurde ausreichend von den Expertinnen und Experten im Ausschuß dargestellt. Eine Lösung zeichnet sich nach Meinung der Expertinnen und Experten aber nur in einer Vielzahl von Ansätzen ab: Eine Anhebung der niedrigeren Einkommen, eine steuerliche Ent­lastung in den unteren Einkommensbereichen, Verbesserungen im Bereich der Teilzeitarbeit (Stichwort Normalarbeitszeit), eine Entkoppelung im Bereich der Notstandshilfe und der Ausgleichszulage vom PartnerInnenein­kommen.

Die Antworten des Ausschusses sind völlig unbefriedigend: Ein Evaluierungsbericht über die Weiter­entwicklung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse sowie deren Einbindung in die Sozial­versicherung und der Auftrag an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales, die derzeitige Regelung bei der Notstandshilfe und Ausgleichszulage zu überprüfen, lassen jeglichen Veränderungs­willen vermissen und tragen dem Verlangen des Frauenvolksbegehrens in keiner Weise Rechnung.

5. Bildungsmaßnahmen für Frauen, geschlechtsspezifische Statistiken zu Beruf/Bildung

Im Ausschuß wurde von den Expertinnen und Experten darauf verwiesen, daß, trotz formal gleichen Zugangs zur Bildung für Frauen und Männer, es deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede im Bildungsniveau gibt. 48 Prozent der Frauen weisen nur einen Pflichtschulabschluß auf. Eine der Ursachen liegt in der Vermittlung eines geschlechtsspezifischen Rollenbildes, das in den Schulen sowohl direkt im Unterricht (Lehrbücher!) oder auch indirekt (Auswahl der Schulfächer, Handarbeiten und Werken, geschlechtsspezifische Zuwendung und Unterstützung) seinen Niederschlag findet. Dieser Trend setzt sich bei der Berufswahl über die Studienauswahl bis hin zur Dotierung von Forschungsvorhaben und dem Zugang von Frauen zu den verschiedensten Bildungseinrichtungen fort. Es ist klar, daß die Umsetzung des Frauenvolksbegehrens in diesem Punkt ein Bündel an Maßnahmen und legistischen Voraussetzungen umfaßt, die auch nicht in einem halben Jahr alle auszuhandeln möglich sind.

Aber das Ersuchen an den Bundeskanzler, er möge geschlechtsspezifische Daten der Öffentlichkeit verbessert zugänglich machen, sowie ein sehr allgemeiner Entschließungsantrag an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr und die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, in ihren Ressorts verstärkt auf Frauenförderung zu achten, sind sehr zahnlose Instrumente gegen die Dis­kriminierung von Frauen im Bildungsbereich vorzugehen und stellen auch keinen verbesserten Zugang für Frauen zur Bildung und Ausbildung in Aussicht.

6. Ausreichend Kinderbetreuungseinrichtungen

–   Zwei Jahre Karenzgeld für AlleinerzieherInnen;

–   Anspruch auf Teilzeitarbeit für Eltern bis zum Schuleintritt ihres Kindes;

–   Ausdehnung der Behaltefrist am Arbeitsplatz nach der Karenzzeit auf 26 Wochen.

Kinderbetreuung ist zwar nicht ausschließlich Sache der Frauen, in Österreich gilt es aber nach wie vor als Aufgabe der Frauen. 46 000 Frauen in Österreich können derzeit keine Berufstätigkeit aufnehmen, weil zwischen 20 000 und 40 000 Kinderbetreuungsplätze fehlen. Nur 54% aller österreichischen Kindergärten haben ganztags geöffnet. Die Expertinnen und Experten im Ausschuß waren sich über diesen Mißstand einig, wie auch über die dringende Notwendigkeit hier Abhilfe zu schaffen. Der vorliegende Entschließungsantrag (600 Millionen, eine Evaluierung bestehender Kinderbetreuungs­einrichtungen) findet zwar unsere Zustimmung, reicht aber bei weitem nicht aus, den Bedarf nur einigermaßen zu decken.


Die Streichung der zwei Jahre Karenz für AlleinerzieherInnen – eine der Maßnahmen im Zuge des Sparpakets – stellt nach Ansicht der Expertinnen und Experten eine massive Benachteiligung für jene dar, die ohnehin in mehrfacher Hinsicht diskriminiert sind. Eine verbesserte Information für KarenzgeldbezieherInnen, die eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, und eine geringfügige Änderung des Mutterschutzgesetzes, wonach die Erwerbstätigkeit während der Karenzzeit nun vorübergehend auch über die Geringfügigkeitsgrenze hinausgehen darf, stellen in keiner Weise die Erfüllung des Frauenvolksbegehrens in diesem Punkt dar!

Bei der Behaltefrist, die im Zuge des Strukturanpassungsgesetzes 1996 gekürzt wurde, und dem Anspruch auf Teilzeitarbeit für Eltern bis zum Schuleintritt des Kindes fehlen überhaupt jegliche Umsetzungen.

Eine Unterstützung seitens des Unterausschusses über die Ausdehnung der Behaltefrist auf 26 Wochen war eine der Minimalwünsche, die seitens Frau Dr. Pölzlbauers vom Frauenvolksbegehren an die Abgeordneten herangetragen wurde. Im Unterausschuß gab es dazu durchaus lebhafte und interessante Debatten, umsomehr enttäuscht, daß hier kein Veränderungswillen für die Gleichstellung von Frauen, die nach wie vor die Last und Mühen der Kindererziehung durch verschlechterte Arbeitsmarktbedingungen tragen müssen, gezeigt wird.

Die Teilzeitarbeit für Eltern wurde von Vertretern der Arbeiterkammer und Funktionären der SPÖ bereits als Abbau der Hindernisse für die Berufstätigkeit von Frauen in den Medien versprochen. AK-Präsident Tumpel meinte dazu erst vor kurzem: “Wenn wir die Frauenerwerbsquote anheben, wird das Pensions­problem wesentlich entschärft.” Dieser Einsicht konnte sich offensichtlich und bedauerlicherweise die Mehrheit im Ausschuß nicht anschließen.

7. Individuelle Grundpension und keine weitere Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen, bevor nicht die tatsächliche Gleichberechtigung in allen Bereichen gegeben ist

In der Altersversorgung werden die Auswirkungen des traditionellen Familienmodells sowie die niedrigen Einkommen von Frauen während der Berufstätigkeit besonders deutlich. 50% der Frauen haben keine eigenständige Altersversorgung, jede zweite Frau ab 60 Jahre lebt an oder unter der Armutsgrenze! Das österreichische Pensionsversicherungssystem knüpft an der Erwerbsarbeit und am Tatbestand der Ehe an. Frauen sind durch die anhaltende und geschlechtsspezifische Arbeitsteilung (Betreuungsarbeit und Kindererziehung!) und die Einkommensunterschiede benachteiligt. Frauen erreichen eine existenz­sichernde Altersversorgung meist nur beim Zusammentreffen der Eigenpension und einer Witwenpension.

Reformvorstellungen können nur im Sinne einer eigenständigen Alterssicherung für Frauen entwickelt werden, entweder durch eine Grundpension (Grundsicherung und Versicherungszeiten durch Erwerbs­arbeit) oder eine Verbesserung der Pflichtversicherung, die Kindererziehungszeiten und Zeiten der Arbeitslosigkeit existenzsichernd in die Pension miteinbezieht.

Wir hoffen doch, daß es nicht eines Entschließungsantrages an die Bundesministerin für Arbeit, Gesund­heit und Soziales, das österreichische Pensionsversicherungssystem in Richtung eigenständige Alters­sicherung für Frauen weiterzuentwickeln, bedurft hat, damit die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales dieses in Angriff nimmt.

8. Zusammenfassung

Die über 640 000 UnterzeichnerInnen des Frauenvolksbegehrens haben sich unserer Einschätzung nach, konkrete Maßnahmen von der parlamentarischen Behandlung der ihnen wichtigen Anliegen erwartet. Man kann sagen, daß nicht ein einziger der genannten zwölf Punkte auch nur einigermaßen adäquat umgesetzt wurde, denn die beschlossenen Gesetzesänderungen sind minimal, verwässert und teilweise sinnlos und die vielen Entschließungsanträge sind für Regierungsparteien, denen ja auch die adressierten MinisterInnen angehören, kein adäquates Instrument zur Umsetzung. Es liegt der Verdacht nahe, daß die große Anzahl von Entschließungsanträgen ihren Grund primär darin hat, der Öffentlichkeit eine Bereitschaft zur Umsetzung des Frauenvolksbegehrens vorzutäuschen, die in Wirklichkeit in der Regierungskoalition in keiner Weise vorhanden ist.