1114 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht und Antrag

des Gleichbehandlungsausschusses


betreffend den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Ver­fassungsgesetz (B-VG) geändert wird

Im Zuge seiner Beratungen über das Frauen-Volksbegehren (716 der Beilagen) hat der Gleichbehand­lungsausschuß am 1. April 1998 auf Antrag der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Mag. Dr. Maria Theresia Fekter mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 Geschäfts­ordnungsgesetz einen Selbständigen Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird, vorzulegen.

Dieser Antrag war wie folgt begründet:

“Der Europäische Gerichtshof hat in der Entscheidung vom 17. Oktober 1995 die ,automatische‘ Bevorzugung von Frauen durch eine Quotenregelung im öffentlichen Dienst zwar als nicht vereinbar mit der Gleichbehandlungsrichtlinie der Europäischen Union (76/207 EWG) erkannt, doch hat er gleichzeitig betont, daß Maßnahmen der Förderung von Frauen zulässig sind.

Es steht auch außer Streit, daß es notwendig ist, Maßnahmen zu ergreifen um die tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau herbeizuführen und faktische Benachteiligungen zu beseitigen.

Die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten hat daher bereits vor der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes einen Entwurf zu einer Neufassung des Art. 7 B-VG ausarbeiten lassen, der vom Bundeskanzleramt am 18. Mai 1995 zur Begutachtung versandt wurde. Der nunmehrige Antrag schreibt fest, daß Bund, Länder und Gemeinden sich zur tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern bekennen. Ausdrücklich wird auch betont, daß Maßnahmen zur Herbeiführung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern zulässig sind.

Durch diese Ergänzung wird klargestellt, daß durch diese Novelle – entgegen den Bedenken im Begutachtungsverfahren – der Gleichheitsgrundsatz keineswegs durchbrochen werden soll. Selbstver­ständlich ist eine unsachliche Diskriminierung von Männern weiterhin genauso verboten wie eine unsachliche Diskriminierung von Frauen, doch besteht kein Zweifel, daß angesichts der tatsächlichen Schlechterstellung von Frauen deren Förderung mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist.”

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Rosemarie Bauer, Edith Haller, Mag. Doris Kammerlander, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Maria Schaffenrath, Dr. Gertrude Brinek, Heidrun Silhavy, Edeltraud Gatterer, die Bevollmächtigte des Frauenvolksbegehrens Dr. Gabriele Christa Pölzlbauer, die Obfrau Dr. Elisbeth Hlavac sowie die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer das Wort.

Zur Berichterstatterin für das Haus wurde Abgeordnete Heidrun Silhavy gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1998 04 01

                                 Heidrun Silhavy                                                             Dr. Elisabeth Hlavac

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau

Anlage

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundes-Verfassungsgesetz, zuletzt geändert durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl.  I Nr. 87/1997, wird wie folgt geändert:

1. Art. 7 Abs. 2 und 3 lauten:

“(2) Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau. Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten sind zulässig.

(3) Amtsbezeichnungen können in der Form verwendet werden, die das Geschlecht des Amtsinhabers oder der Amtsinhaberin zum Ausdruck bringen. Gleiches gilt für Titel, akademische Grade und Berufsbezeichnungen.”

2. Der bisherige Abs. 3 erhält die Bezeichnung “Abs. 4”.