1129 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
betreffend den Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1996 (III-111 der Beilagen)
Der gegenständliche Bericht enthält neben einem Vorwort der Bundesministerin und einer Zusammenfassung die Abschnitte Sozialbericht und Tätigkeitsbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Die statistischen Daten zur Arbeitsmarktlage, zur Sozialversicherung, zur Einkommensverteilung sowie betreffend die Sozialausgaben, die Angelegenheiten der behinderten Menschen und das Sozialbudget sind in einem eigenen Datenband enthalten.
Im Vorwort stellt die Bundesministerin Eleonora Hostasch für Arbeit, Gesundheit und Soziales fest, daß Österreichs Sozialausgaben mit einem Anteil von rund 29% am Bruttoinlandsprodukt knapp über dem Durchschnitt der Europäischen Union liegen. Seit 1980 ist die Sozialquote der EU deutlich stärker gestiegen als in Österreich; dies ist zum Teil auf die vergleichsweise geringe Arbeitslosigkeit in Österreich zurückzuführen. Weiters wird im Vorwort darauf hingewiesen, daß die im Auftrag der EU europaweit durchgeführte Erhebung über die Haushaltseinkommen ergeben hat, daß in Österreich die Sozialleistungen überwiegend den sozial Schwächsten zugute kommen und ein effizientes Instrument zur Bekämpfung von Armutsrisken sind. Die Bundesministerin bringt im Vorwort zum Ausdruck, daß das umlagenfinanzierte Pensionssystem sich in der Vergangenheit bestens bewährt hat. Mit etappenweisen Anweisungen unterschiedlicher Pensionssysteme wird das Vertrauen in den Generationenvertrag und die Altersversorgung auf gutem Niveau abgesichert werden. Flankierend zu den Reformschritten sind bedarfsorientierte Ausgleichsmaßnahmen für Frauen sowie arbeitsrechtliche und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zu setzen. Die Bundesministerin bekennt sich im Vorwort auch zu einer breiten und fairen Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung und zu gleichwertigen arbeits- und sozialrechtlichen Standards für alle unselbständig Erwerbstätigen. Abschließend stellt die Bundesministerin fest, daß der österreichische Weg wie auch andere Modelle europäischer Sozialstaaten sich nicht als Belastung, sondern ganz im Gegenteil als Vorteil Europas im globalen Wettbewerb erweisen werden.
Im Abschnitt Zusammenfassung wird zur Arbeitsmarktlage festgestellt, daß sich 1996 die Wohnbevölkerung um 12 800 (Vorjahr: 17 000) auf 8 059 000 Personen erhöht hat. Das unselbständige Arbeitskräfteangebot (Beschäftigte und vorgemerkte Arbeitslose) war mit 3 278 000 um 6 000 geringer als 1995. Die unselbständige Beschäftigung sank im Jahre 1996 um 21 000 (Vorjahr: 3 000) auf 3 047 000, wobei der Anteil der ausländischen Beschäftigten an allen Beschäftigten 9,9% (Vorjahr: 9,8%) betrug. Außerdem waren im Jahresdurchschnitt 1996 rund 150 000 Personen – davon 72% Frauen – geringfügig beschäftigt (Monatsverdienst von weniger als 3 600 S).
Dem Arbeitsmarktservice wurden 1996 rund 223 000 offene Stellen gemeldet. Davon konnten 167 000 durch das Arbeitsmarktservice besetzt werden, dessen Marktanteil sich gegenüber dem Vorjahr um 2,5%-Punkte auf 46% erhöht hat.
Die Erwerbsquote sank auf 69,2% (Vorjahr: 69,5%). Dieser Rückgang ist auf die Senkung der Männererwerbsquote um 0,5%-Punkte auf 76,2% und eine Abnahme der Erwerbsquote der Frauen um 0,3%-Punkte auf 61,4% zurückzuführen.
1996 waren insgesamt 709 000 Personen (Vorjahr: 687 000), hiebei 418 000 Männer (Vorjahr: 405 000) und 291 000 Frauen (Vorjahr: 282 000) zumindest einmal arbeitslos. Der Jahresdurchschnittsbestand an (beim Arbeitsmarktservice) vorgemerkten Arbeitslosen betrug 230 000 (Anstieg um 15 000 Personen). Die Arbeitslosenquote stieg von 6,6% auf 7%. Nach EU-Kriterien lag sie bei 4,4% (Vorjahr: 3,9%). Die Arbeitslosenquote der Frauen betrug 7,3% und jene der Männer 6,9%, wobei bei beiden Geschlechtern ein Anstieg von je 0,5%-Punkte festzustellen ist. Im Hinblick auf den hohen Anteil der Ausländerbeschäftigung in den Saisonbranchen Bau- und Fremdenverkehr lag die Arbeitslosenquote der ausländischen Beschäftigten bei 8,4% und jene der inländischen bei 6,9%.
Von den 709 000 insgesamt von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen waren 91 000 Männer (Vorjahr: 83 000 Männer) und 89 000 Frauen (Vorjahr: 82 000 Frauen) über sechs Monate arbeitslos. Von diesen Langzeitarbeitslosen waren 1996 rund 73 000 länger als ein Jahr ohne Beschäftigung, um 1 300 mehr als im Jahr zuvor.
Deutlich über dem Durchschnitt liegen die Arbeitslosenquoten in Kärnten, Steiermark, im Burgenland und in Wien. Knapp 70% aller Langzeitarbeitslosen entfallen auf die drei Bundesländer Niederösterreich, Steiermark und Wien.
Die Analyse der berufsspezifischen Arbeitslosenquote zeigt, daß in den Produktionsberufen die Arbeitslosigkeit um 3,5% anstieg, hingegen in den Saisonberufen nur ein Anstieg von 1,9% gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen war. Die bereits in der Vergangenheit zu beobachtende tendenziell ungünstige Entwicklung in den Dienstleistungsberufen setzte sich auch 1996 durch einen Anstieg um 3,9% fort.
Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich in fast allen Altersgruppen die Zahl der Arbeitslosen, lediglich bei den 19- bis 29jährigen (–1 000) und bei den 50- bis 55jährigen (–3 000) konnten Rückgänge verzeichnet werden. Bei den 30- bis 39jährigen (+12 000) und den 40- bis 49jährigen gab es einen deutlichen Anstieg.
Die mittlere Höhe (Median) der monatlichen Leistungen an Arbeitslose (Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe inkl. allfälliger Familienzuschläge) betrug im Jahre 1996 8 660 S (Vorjahr: 8 600 S). Das mittlere Arbeitslosengeld der Männer betrug 9 900 S (Vorjahr: 9 900 S), das der Frauen 7 400 S (Vorjahr: 7 400 S). Diese Unterschiede ergeben sich hauptsächlich aus den niedrigeren Löhnen bzw. Gehältern der Frauen sowie aus dem Umstand, daß die Frauen einen höheren Anteil an Teilzeitbeschäftigten aufweisen. Knapp 60% der arbeitslosen Frauen mußten mit einem Arbeitslosengeld auskommen, das unterhalb des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende in der Pensionsversicherung (1996: 7 887 S) lag oder diesen erreichte. Bei den Männern lag der vergleichbare Anteil unter 20%. Die mittlere Höhe der Notstandshilfe betrug für Männer 8 100 S (Vorjahr: 8 000 S) und für Frauen 6 300 S (Vorjahr: 6 200 S). 30% der notstandshilfebeziehenden Frauen mußten 1996 mit einer monatlichen Leistung von höchstens 4 900 S auskommen.
Die vorläufigen Gebarungsergebnisse der Sozialversicherungsträger für das Jahr 1996 weisen Gesamtausgaben von 394,89 Milliarden Schilling (+4,2%) und Gesamteinnahmen von 393,52 Milliarden Schilling (+4,7%) auf. Die Einnahmen bestanden zu 79% aus Beiträgen für Versicherte, der Bund bezahlte 1996 17%. Das vorläufige Ergebnis der Krankenversicherungsträger weist für 1996 Einnahmen von 114,3 Milliarden Schilling (+3,5%) und Ausgaben von 114,7 Milliarden Schilling (+1,8%) aus. In der Pensionsversicherung betrugen die Einnahmen 265,9 Milliarden Schilling und jene der Unfallversicherung 13,229 Milliarden Schilling (+8,4%). Die Ausgaben der Pensionsversicherung im Jahre 1996 betrugen 266,9 Milliarden Schilling (+5%) und jene der Unfallversicherung 13,265 Milliarden Schilling.
Die Anzahl der in der Krankenversicherug bestehenden Versicherungsverhältnisse betrug 5,42 Millionen (+0,4).
Pensionsversichert waren 1996 knapp über drei Millionen Personen, wobei die Zahl der Pensionen in Relation zu den Aktiven gegenüber 1995 weiter anstieg, sodaß 1996 auf 1 000 Beitragszahler 616 Pensionsempfänger (Vorjahr: 601) kamen.
Die höchstmögliche Eigenpension (ohne Zulagen und Zuschüsse und Höherversicherungsleistungen) betrug 1996 brutto 27 573 S (Vorjahr: 26 521 S), die höchste Witwenpension betrug 16 544 S (Vorjahr: 15 913 S) monatlich.
Das durchschnittliche Zugangsalter bei der Alterspension betrug für Frauen 56,7 (Vorjahr: 58 Jahre) und Männer 58,2 (Vorjahr: 60,4) Jahre. Im Zeitraum von 1970 bis 1996 erhöhte sich das durchschnittliche Pensionsabgangsalter der Männer von 76,2 auf 78,7 und jenes der Frauen von 77,7 auf 81,4.
Die durchschnittliche Alterspension des Neuzugangs 1996 betrug in der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter bei den Männern 11 714 S (Vorjahr: 11 257 S) und bei den Frauen 6 533 S (Vorjahr: 6 392 S). In der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten betrug dieser Wert für Männer 19 627 S (Vorjahr: 18 893 S) und für Frauen 12 791 S (Vorjahr: 12 087 S).
Ab 1. Jänner 1996 wurden die Richtsätze für Ausgleichszulagen um 2,3% erhöht. Der Richtsatz für Alleinstehende betrug im Jänner 1996 7 887 S (Vorjahr: 7 710 S) jener für Ehepaare mit gemeinsamen Haushalt 11 253 S (Vorjahr: 11 000 S). Im Dezember 1996 bezogen 264 841 Personen, das sind 14,1% (Vorjahr: 14,8%) der Pensionsbezieher eine Ausgleichszulage.
Im Abschnitt Zusammenfassung wird hinsichtlich der Entwicklung und Verteilung des Volkseinkommens darauf hingewiesen, daß der Lohnanteil am Volkseinkommen im Jahre 1996 wieder zurückging. Die bereinigte Netto-Lohnqote fiel von 57,4% im Jahr 1976 auf 47,8% im Jahr 1995. Die Nettorealeinkommen je Arbeitnehmer sanken 1996 um 2,2%. Das monatliche Medianeinkommen aller unselbständig Beschäftigten lag 1996 bei 20 400 S (Vorjahr: 19 900 S), das der Arbeiter bei 18 400 S (Vorjahr: 17 900 S), das der Angestellten bei 22 500 S (Vorjahr: 22 000 S) und das der Beamten bei 24 700 S (Vorjahr: 24 300 S).
Zur Armut wird in der zusammenfassenden Darstellung darauf hingewiesen, daß je nach verwendeter Gewichtung für die Haushaltsmitglieder im Haushaltspanel zwischen 11% bis 14% der Bevölkerung armutsgefährdet in dem Sinne ist, daß die Hälfte des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens unterschritten wird. Bei Berücksichtigung nicht monetärer Armutsindikatoren beträgt die Armutsquote in Österreich 5%. Ein Vergleich mit andern EU-Staaten zeigt, daß die Einkommensarmutsgefährdungsrate in Österreich signifikant unter dem Durchschnitt liegt. Weiters wird darauf hingewiesen, daß bei den heute armen Menschen in vielen Fällen die Ausstattung mit Konsumgütern und Einkommen über jener der Durchschnittshaushalte der 70er Jahre liegt.
Der Ausschuß für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales in seiner Sitzung am 1. April 1998 in Verhandlung genommen. Berichterstatterin im Ausschuß war die Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Ridi Steibl, Mag. Walter Guggenberger, Mag. Dr. Josef Trinkl, Sigisbert Dolinschek, Karl Öllinger, Dr. Volker Kier, Edith Haller, Karl Donabauer, Reinhart Gaugg, Edeltraud Gatterer, Josef Meisinger sowie die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch.
Bei der Abstimmung hat der Ausschuß für Arbeit und Soziales mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des Berichtes zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuß für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1996 (III-111 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.
Wien, 1998 04 01
Dr. Elisabeth Pittermann Dr. Gottfried Feurstein
Berichterstatterin Obfraustellvertreter