1145 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung
über den Antrag 695/A der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird
Die Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und Genossen haben am 25. Februar 1998 den gegenständlichen Antrag im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
“Aus einer Studie des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr über ,Studienförderung und Studieneinstiegsalter‘ vom Jänner 1998 ergibt sich, daß ältere Studienanfänger auf Grund ihrer häufig unterschiedlichen familiären und beruflichen Lebenssituation für einen Studienabschluß mehrere Semester länger brauchen als jüngere Studienanfänger und in viel höherem Maß ihr Studium abbrechen.
Hinsichtlich der Studien wählen über 30jährige Studienanfänger verstärkt philosophisch-humanwissenschaftliche oder rechtswissenschaftliche Studienrichtungen und weniger technisch-naturwissenschaftliche oder medizinische Studienrichtungen.
Aus den durchgeführten Untersuchungen ergibt sich auch eine unterschiedliche soziale Herkunft hinsichtlich der jüngeren und älteren Studienanfänger. Die Eltern älterer Studienanfänger sind häufiger Arbeiter, einfache Angestellte sowie kleinere Landwirte und Gewerbetreibende mit Pflichtschulbildung, Lehre oder Fachschulabschluß. Deutlich erhöht ist auch der Anteil derer, die erst über die Studienberechtigungsprüfung eine Studienzulassung erhalten.
Studienanfängern bis zum 30. Lebensjahr ermöglicht die Gewährung von Studienbeihilfe einen um knapp ein Semester rascheren Studienabschluß. Bei älteren Studienanfängern verkürzt die Gewährung von Studienbeihilfe die durchschnittliche Studiendauer um etwa drei Semester. Ältere Studienanfänger, die Studienbeihilfe beziehen, haben annähernd gleiche Studienerfolge zu verzeichnen wie jüngere Studienanfänger mit Studienbeihilfe.
Diese Gründe sprechen dafür, für Studierende, die erst nach längerer Berufstägigkeit ein Studium beginnen, die allgemein geltende Altersgrenze für den Bezug von Studienbeihilfe nicht, wie geplant, ab dem Studienjahr 1998/99 auf das 30. Lebensjahr abzusenken. Für Personen, die über einen längeren Zeitraum berufstätig waren und sich dadurch selbst erhalten haben, soll weiterhin eine höhere Ausbildung im zweiten Bildungsweg – je nach Dauer der Berufstätigkeit auch bis zum 35. Lebensjahr – ermöglicht werden. Neben der Berufstätigkeit sollen auch Zeiten der Pflege und Erziehung von Kindern bis zum dritten Lebensjahr berücksichtigt werden. Eine derartige Berücksichtigung von Erziehungszeiten ist bereits derzeit in § 19 Abs. 4 als Rechtfertigung für die Überschreitung der Studienzeit vorgesehen.
Im System der Studienförderung besteht mit den ,Selbsterhaltern‘ (§ 27) bereits eine Personengruppe, die auf Grund ihrer wirtschaftlichen Loslösung von den Eltern besonders behandelt wird. Es liegt daher nahe, rechtstechnisch an diesen Personenkreis hinsichtlich der Neufestsetzung des Höchstalters für ehemals Berufstätige anzuknüpfen. Auf Grund des relativ geringen für einen Selbsterhalt geforderten Jahreseinkommens (derzeit 88 000 S) ist gewährleistet, daß auch ehemals Teilbeschäftigte von der Erhöhung der Altersgrenze profitieren können. Dies wird besonders für Frauen, die wegen familiärer Verpflichtungen erst später eine höhere Bildung anstreben können, von Bedeutung sein.
Die neue Formulierung des § 6 Z 4 ermöglicht, daß sowohl Berufstätigkeit als auch die Erziehung von Kleinkindern die Altersgrenze erhöhen; doch auch bei insgesamt längeren Zeiten eines Selbsterhaltes muß das Studium längstens vor Vollendung des 35. Lebensjahres begonnen worden sein, um Anspruch auf Studienbeihilfe zu haben.
Kostenberechnung:
Die vorgesehene Neuregelung der Altersgrenze für den Bezug von Studienbeihilfe wird jährlich bis zu 270 Studienanfängern zwischen dem 30. und 35. Lebensjahr weiterhin den Bezug von Studienbeihilfe ermöglichen. Mehrkosten ergeben sich aus dieser Maßnahme nicht. Allerdings wird die erwartete Einsparung aus der geplanten Herabsetzung der Altersgrenze auf das 30. Lebensjahr nicht in vollem Umfang eintreten. Die Mindereinsparung beträgt für 1999 16,8 Millionen Schilling im Bereich BMWV, 4 Millionen Schilling im Bereich des BMUK und 0,8 Millionen Schilling im Bereich des BMAGS.”
Der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung hat den gegenständlichen Antrag in seiner Sitzung am 2. April 1998 in Verhandlung genommen.
Als Berichterstatter für den Ausschuß fungierte der Abgeordnete Dr. Johann Stippel.
An der sich an die Ausführungen des Berichterstatters anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Dr. Martina Gredler und Dipl.-Ing. Leopold Schöggl sowie der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem.
Die Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch brachten einen Abänderungsantrag zu Z 1 des Gesetzesvorschlages (§ 6 Z 4 Studienförderungsgesetz) ein, der wie folgt begründet war:
“Die Neufassung der lit. b soll bewirken, daß die Hälfte der Kindererziehungszeiten bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr zu einer Anhebung der Altersgrenze führt. Überdies sollen kürzere Erziehungszeiten nicht gänzlich verloren gehen. Für jedes Kind, das bis zum zweiten Lebensjahr betreut wurde, wird die Altersgrenze höchstens um jeweils ein Jahr angehoben.
Mit der Neufassung sind voraussichtlich keine nennenswerten Mehrkosten verbunden, weil sich die zusätzlichen Begünstigungen auf wenige Einzelfälle beschränken werden.
Die Kosten dieser Maßnahme sind durch die dem Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr zur Verfügung stehenden Mittel ohne Erhöhung der Budgetansätze abdeckbar.”
Weiters brachte die Abgeordnete Dr. Martina Gredler einen Abänderungsantrag ein, der die Streichung des § 6 Z 4 Studienförderungsgesetz sowie den Entfall der Z 2 des Gesetzesvorschlages zum Gegenstand hatte. Überdies brachte die Abgeordnete Dr. Martina Gredler einen Entschließungsantrag betreffend die Verstärkung der internationalen Mobilität der Studierenden durch eine Flexibilisierung des Studienförderungsgesetzes ein.
Bei der Abstimmung wurde der im Selbständigen Antrag 695/A enthaltene Gesetzesvorschlag in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch mit Stimmenmehrheit angenommen. Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Martina Gredler fand ebensowenig die Zustimmung der Ausschußmehrheit wie der von ihr eingebrachte Entschließungsantrag.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuß für Wissenschaft und Forschung somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 1998 04 02
Dr. Johann Stippel Dr. Michael Krüger
Berichterstatter Obmann
Anlage
Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 30, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 39/1998, wird wie folgt geändert:
1. § 6 Z 4 lautet:
“4. Das Studium, für das Studienbeihilfe beantragt wird, vor Vollendung des 30. Lebensjahres begonnen hat. Diese Altersgrenze erhöht sich für Selbsterhalter gemäß § 27
a) um ein weiteres Jahr für jedes volle Jahr, in dem sie sich länger als vier Jahre zur Gänze selbst erhalten haben, sowie
b) um die Hälfte der Zeit, die Selbsterhalter Kinder bis zum Ende des zweiten Lebensjahres gepflegt und erzogen haben, sofern sie dazu gesetzlich verpflichtet waren,
höchstens jedoch um insgesamt fünf Jahre.”
2. An § 78 wird folgender Abs. 11 angefügt:
“(11) Der § 6 Z 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1998 tritt mit 1. September 1998 in Kraft.”