1149 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Gesundheitsausschusses
über den Entschließungsantrag 445/A(E) der Abgeordneten Klara Motter und Genossen betreffend Entkriminalisierung von Cannabis
Die Abgeordneten Klara Motter und Genossen haben diesen Entschließungsantrag am 17. April 1997 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
“In dem am 16. April 1997 vom Nationalrat beschlossenen Bundesgesetz über Suchtgifte, psychotrope Stoffe und Vorläuferstoffe sind die Produkte der Cannabispflanze ausdrücklich unter die Suchtgifte gemäß § 2 Abs. 1 SMG gestellt. Mit dieser in Abs. 4 ausdrücklich erfolgten Bestimmung wird den Regelungen der Einzigen Suchtgiftkonvention 1961 sowie dem bisher geltenden Suchtgiftgesetz 1951 Rechnung getragen.
In den vergangenen Jahrzehnten allerdings kam es, nicht zuletzt auf Grund wissenschaftlicher Erkenntnisse, zu einer geänderten Einschätzung, was die gesundheitliche Schädlichkeit sowie die Abhängigkeitsgefährdung durch den Gebrauch von Cannabisprodukten (Haschisch, Marihuana) betrifft, eine Erkenntnis, der zunehmend andere Länder Rechnung getragen haben. Die gesundheitliche Gefährdung durch Cannabisprodukte ist erwiesenermaßen deutlich niedriger als jene durch Alkohol oder Nikotin, die in Österreich ausschließlich den Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes unterliegen. Als Beispiel für eine bereits erfolgte Entkriminalisierung des Konsums von Cannabis seien die Niederlande, Spanien und Großbritannien, aber auch Deutschland auf Grund eines einschlägigen Bundesverfassungsgerichts-Erkenntnisses von 1994 genannt.
In diesem Zusammenhang muß man sich mit der oft vorgebrachten Argumentation, Cannabis sei als Einstiegsdroge zu bewerten, auseinandersetzen. Sie ist nämlich nur insofern von Richtigkeit, als durch das derzeit praktizierte Abdrängen des Verkaufs von Haschisch und Marihuana in den illegalen Markt die Nähe zu anderen, gefährlichen Drogen herbeigeführt wird. Aus diesem Grund ist die Trennung der Märkte auch so wichtig, eine Auffassung, der sich unter anderem auch die Polizeipräsidenten zahlreicher deutscher Großstädte angeschlossen haben, die für eine Abkehr vom bisherigen, über Jahrzehnte fehlgelaufenen Weg in der Drogenpolitik plädieren.
Aus diesem Grunde kann die Notwendigkeit, Besitz und Gebrauch kleinerer Mengen Cannabis zu kriminalisieren, nicht erkannt werden. Dies erscheint auch im Hinblick auf die Legalität anderer, weit gefährdender Rausch- und Suchtmittel (Alkohol, Nikotin) als gesundheitspolitisches Paradoxon, das den Staat diesbezüglich seiner Glaubwürdigkeit beraubt. Die grundrechtlich verankerte allgemeine Handlungsfreiheit muß auch die Freiheit zu ,unvernünftigem Verhalten‘ garantieren, weshalb der Staat seinen BürgerInnen die eigene Gefährdung nur mit zwingendem Grund verbieten darf. Mithin ist im Falle des Cannabiskonsums ein solcher Grund nicht gegeben, auch nicht im Hinblick auf einen volkswirtschaftlichen Schaden.”
Der Gesundheitsausschuß hat den gegenständlichen Entschließungsantrag 445/A(E) in seiner Sitzung am 2. April 1998 in Verhandlung genommen.
Berichterstatterin im Ausschuß war Abgeordnete Klara Motter.
An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil, Dr. Elisabeth Pittermann, Dr. Erwin Rasinger, Ridi Steibl, Mag. Walter Guggenberger, Theresia Haidlmayr, Klara Motter und der Ausschußvorsitzende Abgeordneter Dr. Alois Pumberger.
Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.
Zur Berichterstatterin für das Haus wurde Abgeordnete Ridi Steibl mit Stimmenmehrheit gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 1998 04 02
Ridi Steibl Dr. Alois Pumberger
Berichterstatterin Obmann