1179 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses


über die Regierungsvorlage (1085 der Beilagen): Zusatzabkommen zu dem in Paris am 2. September 1949 unterzeichneten Allgemeinen Abkommen über die Privilegien und Immunitäten des Europarates, abgeschlossen zwischen der Regierung der Republik Öster­reich und dem Europarat betreffend das Europäische Zentrum für lebende Sprachen samt Briefwechsel


Im Jahre 1994 hat der Ministerrat des Europarates auf österreichische und niederländische Initiative mit der Resolution (94) 10 die Errichtung des Europäischen Zentrums für lebende Sprachen (“European Centre for Modern Languages”, “Centre européen pour les langues vivantes”, in der Folge “Sprachen­zentrum”) mit Sitz in Graz beschlossen, das am 9. Mai 1995 offiziell eröffnet wurde. Rechtliche Grund­lage für das Sprachenzentrum ist das “Enlarged Partial Agreement on the European Centre for Modern Languages”, dem bisher 23 Staaten – darunter Österreich – beigetreten sind.

Das gesamteuropäisch konzipierte Zentrum, das im besonderen Ausmaß die Staaten Mittel- und Osteuropas in ihrer Entwicklung unterstützen soll, widmet sich als Einrichtung des Europarates vor allem der Fremdsprachenentwicklung in Lehre, Wissenschaft und Forschung – für den schulischen wie den universitären Bereich – auf der Ebene von Multiplikatoren (zB Lehrkräfte), international anerkannten Experten und Entscheidungsträgern. Die Finanzierung erfolgt durch die Vertragsparteien des Partial Agreements, wobei der österreichische Beitrag vom Bund, der Steiermark und der Stadt Graz bestritten wird (siehe Ministerratsbeschluß vom 20. September 1994, Punkt 9 des Beschl. Prot.159).

Zwar ist auf das Sprachenzentrum als Einrichtung des Europarates grundsätzlich das Allgemeine Abkommen über Privilegien und Immunitäten des Europarates vom 2. September 1949, BGBl. Nr. 127/1957 (Allgemeines Abkommen), anwendbar; es ist jedoch erforderlich, spezielle Regelungen für das Sprachenzentrum und seine Bediensteten (die teilweise vom Allgemeinen Abkommen nicht umfaßt sind) zu treffen, da hierfür die Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens nicht ausreichend sind. Diese Vorgangsweise wurde auch bei anderen vergleichbaren Einrichtungen des Europarates, zum Beispiel dem Zweiten Europäischen Jugendzentrum in Ungarn oder dem Europäischem Zentrum für Interdependenz und Solidarität in Portugal gewählt. Das Abkommen stellt somit ein Zusatzabkommen zum Allgemeinen Abkommen gemäß dessen Art. 20 dar.

Inhaltlich orientiert sich das Zusatzabkommen an bereits mit anderen in Österreich ansässigen internationalen Einrichtungen abgeschlossenen Abkommen. Allerdings ergeben sich einige Unterschiede, die in der spezifischen Struktur des Sprachenzentrums begründet sind. So verpflichtet sich Österreich beispielsweise, das für den Betrieb des Sprachenzentrums erforderliche Personal zu stellen.

Die im Zusatzabkommen vorgesehenen Befreiungen entsprechen den geltenden EG-rechtlichen Bestim­mungen, insbesondere im Bereich der Zoll- und Steuerbefreiung, wonach Befreiungen auf Grund der üblichen Vorrechte, die gemäß Sitzabkommen, bei denen eine internationale Organisation Vertrags­partei ist, gewährt werden können.

Aus dem Abschluß dieses Zusatzabkommens erwachsen dem Bund voraussichtlich weder Mehr­einnahmen noch Mehrausgaben. Die Bereitstellung von örtlichem Personal erfolgt bereits seit 1995 durch einen auf Grund des Erweiterten Teilabkommens nach österreichischem Recht gegründeten Verein, der vom Bund, dem Land Steiermark und der Stadt Graz finanziert wird.

Das vorliegende Zusatzabkommen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es enthält keine verfassungs­ändernden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendung im österreichischen Rechtsbereich zugänglich, sodaß die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2
B-VG nicht erforderlich ist. Da durch dieses Zusatzabkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.


Der Außenpolitische Ausschuß hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 8. Mai 1998 in Verhandlung genommen.

An der anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Wolfgang Jung, Dr. Walter Schwimmer sowie der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Dr. Wolfgang Schüssel.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Im vorliegenden Fall hält der Außenpolitische Ausschuß die Erlassung eines besonderen Bundesgesetzes gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages für entbehrlich.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuß den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluß des Staatsvertrages: Zusatzabkommen zu dem in Paris am 2. September 1949 unterzeich­neten Allgemeinen Abkommen über die Privilegien und Immunitäten des Europarates, abgeschlossen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Europarat betreffend das Europäische Zentrum für lebende Sprachen samt Briefwechsel (1085 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 1998 05 08

                                      Inge Jäger                                                                       Peter Schieder

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann