1306 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht und Antrag

des Wirtschaftsausschusses


betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Starkstromwegegesetz 1968 und das Bundes­gesetz über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundes­länder erstrecken, geändert werden


Im Zuge der Beratungen über die Regierungsvorlage (1108 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirt­schafts- und -organisationsgesetz – ElWOG), das Bundesverfassungsgesetz, mit dem die Eigentums­verhältnisse an den Unternehmen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft geregelt werden, erlassen wird und das Kartellgesetz 1988 und das Preisgesetz 1992 geändert werden, hat der Wirtschaftsausschuß am 25. Juni 1998 auf Antrag der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Georg Oberhaidinger und Genossen mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 des Geschäftsordnungsgesetzes einen Selbständigen Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Starkstromwegegesetz 1968 und das Bundesgesetz über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, geändert werden, vorzulegen.

Diesem Antrag war folgende Begründung beigegeben:

1. Zielsetzung dieses, in inhaltlichem Zusammenhang mit der Regierungsvorlage 1108 der Beilagen stehenden Antrages gemäß § 27 Abs. 1 GOG ist es, Erzeugern von Strom aus Anlagen, die auf Basis der erneuerbaren Energieträger feste oder flüssige Biomasse, Biogas, Deponie- und Klärgas, geothermische Energie, Wind- und Sonnenenergie betrieben werden, ökonomische Erleichterungen für die Versorgung von Endabnehmern zu gewähren.

2. Gemäß der gegenwärtig geltenden Rechtslage sind folgende Vorschriften zu beachten:

2.1. Starkstromwegerecht

Das Starkstromwegerecht sieht grundsätzlich für alle Leitungsanlagen über 1 000 V eine Bewilligungs­pflicht vor. Ausgenommen davon sind:

–   Starkstromanlagen, die sich innerhalb des Geländes des Betreibers befinden;

–   Leitungsanlagen, die zu Eigenanlagen gehören (unabhängig von der Betriebsspannung).

2.2. Naturschutzrechtliche Vorschriften

Naturschutzrechtliche Vorschriften sehen in der Regel für Leitungsanlagen ab einer Spannung von 30 kV eine Bewilligungspflicht und für sonstige Anlagen eine Anzeigepflicht vor.

2.3. Sonstige Bewilligungen

Sonstige Bewilligungen sind allenfalls auch noch nach den wasserrechtlichen und forstrechtlichen Vor­schriften einzuholen. Ferner Gestattungsverträge mit Betreibern von bereits vorhandenen Einbauten in der Natur (Straßenerhaltern, Eisenbahnbetreibern, Bergbauberechtigten, andere EVUs und GVUs, Telekom usw.).

3. In der gegenwärtig in Verhandlung befindlichen Regierungsvorlage 1108 der Beilagen sind hinsichtlich dieser Anlagen bereits folgenden Maßnahmen vorgesehen:

In § 31 Abs. 3:

Die Ausführungsgesetze haben zu bestimmen, daß Betreiber von Verteilernetzen spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten des jeweiligen Ausführungsgesetzes die für die Abgabe an Letztverbraucher erforderlichen Strommengen aus Anlagen, die auf der Basis der erneuerbaren Energieträger feste oder flüssige Biomasse, Biogas, Deponie- und Klärgas, Wind und Sonne in einem steigenden Ausmaß zu beziehen haben (Abnahmepflicht). Im Jahr 2005 ist ein Anteil von drei Prozent dieser erneuerbaren Energieträger an der für die Abgabe an Letztverbraucher erforderlichen Strommenge zu erreichen.

In § 47 Abs. 3:

Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat durch Verordnung die Landeshauptmänner zu beauftragen, die Bestimmung von Mindestpreisen für die Einlieferung von elektrischer Energie aus Anlagen, die auf Basis der erneuerbaren Energieträger feste oder flüssige Biomasse, Biogas, Deponie- und Klärgas, Wind und Sonne betrieben werden, an seiner Stelle auszuüben. Die Landeshauptmänner haben bei der Ausübung dieser Befugnisse anstelle der im § 49 Abs. 3 Z 3 genannten Stellen die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft, die Kammer für Arbeiter und Angestellte und die Landwirtschaftskammer im jeweiligen Land zu hören. Sofern ein Landeshauptmann von seiner Ermächtigung zur Bestimmung dieser Mindestpreise binnen sechs Monaten nach der Delegierung nicht Gebrauch macht, geht die Zuständigkeit zur Bestimmung dieser Mindestpreise wieder auf den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten über. Die Zuständigkeit des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten bleibt solange aufrecht, als nicht eine diese Mindestpreise regelnde Bestimmung des Landeshauptmannes in Kraft tritt. Bei der Preisbestimmung sind die Wertigkeit der eingespeisten elektrischen Energie, Förderungen sowie der Beitrag des jeweiligen erneuerbaren Energieträgers zur Realisierung energie-, wirtschafts- und umweltpolitischer Zielsetzungen zu berücksichtigen.

4. Praktisch – technische und ökonomische Analyse

4.1. Belieferung von Stromkunden aus “Alternativanlagen” über ein eigenes Netz

Bei reinem Inselbetrieb ist die Qualität der gelieferten Elektrizität (Spannungs- und Frequenzstabilität, Blindleistung) ein Problem, da kleine Netze auf Lastschwankungen sehr stark reagieren. Jede, auch kleine Lastschwankung [verursacht durch veränderliche Erzeugung (zB Windrad) oder Abnahme] ist – verglichen mit der Gesamtkapazität des Netzes – bedeutend.

Unabhängig von diesen Problemen im Falle eines reinen Inselbetriebes ist davon auszugehen, daß Wirtschaftlichkeit in einem üblichen Umfeld nur dann erzielt werden kann, wenn zumindest mittlere Leistungen im Spiel sind (Beispiel: Die typische Nennleistung eines Windrades liegt bei einigen hundert kW). Damit ist die Spannungsebene jedenfalls nicht mit den im Starkstromwegerecht genannten 1 000 V zu begrenzen. Eine allfällige Ausnahmebestimmung müßte, um ökonomisch überhaupt sinnvoll zu sein, gleich wie im Starkstromwegerecht im obzitierten Fall unabhängig von der Betriebsspannung normiert werden.

Ökonomische Beurteilung:

Das am realistischsten erscheinende Szenario wäre der Betrieb von Anlagen, die durch Kraft-Wärme-Kopplung thermische und elektrische Energie für die Versorgung von Industrie- und Wohnkomplexen erzeugen, vorausgesetzt, daß eine ausreichende Versorgungssicherheit durch entsprechende Reserve- bzw. Zusatzversorgung gewährleistet ist.

4.2. Belieferung von Stromkunden aus “Alternativanlagen” über bestehende Netze

Qualität der Lieferung:

Das Problem, insbesondere bei Windkraftanlagen, ist die starke und unvorhersehbare Schwankung der Erzeugung, die vom Netz abgepuffert werden muß.

Zuordenbarkeit:

Bezüglich der Zuordenbarkeit von Verbrauch zur Einspeisung besteht kein wesentlicher Unterschied zu anderen Peagierungsfällen.

5. Zur Erreichung der unter Punkt 1 dargelegten Zielsetzungen sind in den bestehenden starkstromwegerechtlichen Regelungen die im gegenständlichen Antrag formulierten Änderungen des Starkstromwegegesetzes 1968 und des Bundesgesetzes erforderlich (Art. 1 Z 1 und 3; Art. 2 Z 1 und 2).

6. Hinsichtlich der in Art. 1 Z 2 und 4 und Art. 2 Z 3 und 4 vorgesehenen Änderungen ist auszuführen, daß die gegenständliche Novelle lediglich zum Anlaß genommen wurde, durch das Bundesministerien­gesetz bedingte Änderungen zu berücksichtigten.”

An der diesbezüglichen Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Mag. Doris Kammerlander, Dr. Volker Kier, Ing. Wolfgang Nußbaumer, Dipl.-Ing. Leopold Schöggl, Kurt Eder und Karlheinz Kopf.

Zum Berichterstatter für das Haus wurde der Abgeordnete Mag. Franz Steindl gewählt.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1998 06 10

                              Mag. Franz Steindl                                                         Ingrid Tichy-Schreder

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau

Anlage

Bundesgesetz, mit dem das Starkstromwegegesetz 1968 und das Bundesgesetz über elek­trische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, geändert werden


Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

                   Gegenstand

Artikel 1:   Änderung des Starkstromwegegesetzes 1968

Artikel 2:   Änderung des Bundesgesetzes über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken

Artikel 1

Änderung des Starkstromwegegesetzes 1968

Das Bundesgesetz vom 6. Februar 1968, BGBl. Nr. 70, über elektrische Leitungsanlagen, die sich auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken (Starkstromwegegesetz 1968), wird wie folgt geändert:

1. § 3 Abs. 2 lautet:

“(2) Ausgenommen von der Bewilligungspflicht sind elektrische Leitungsanlagen bis 1 000 V und, unabhängig von der Betriebsspannung,

           1. zu Eigenkraftanlagen gehörige elektrische Leitungsanlagen, sofern hierfür keine Zwangsrechte gemäß §§ 11 oder 18 in Anspruch genommen werden;

           2. Leitungsanlagen, die ausschließlich zur Ableitung der gemäß § 31 Abs. 3 Elektrizitätswirt­schafts- und -organisationsgesetz, BGBl. I Nr. xxx/1998, erzeugten Elektrizität dienen.”

2. In den §§ 24 und 25 wird die Bezeichnung “Bundesministerium für Bauten und Technik” durch die Bezeichnung “Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten” in der grammatikalisch jeweils korrekten Form ersetzt.

3. Als § 29 Abs. 3 wird eingefügt:

“(3) § 3 Abs. 2 und § 30 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1998 tritt mit 19. Februar 1999 in Kraft.”

4. § 30 lautet:

§ 30. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

           1. hinsichtlich des § 5 Abs. 4, § 17, § 20 lit. c und d, § 21, § 23 Abs. 2 sowie § 29 Abs. 2 der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz;

           2. im übrigen der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten.”

Artikel 2

Änderung des Bundesgesetzes über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken

Das Bundesgesetz vom 6. Februar 1968, BGBl. Nr. 71, über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken, wird wie folgt geändert:

1. § 3 Abs. 2 lautet:


“(2) Ausgenommen von der Bewilligungspflicht sind elektrische Leitungsanlagen bis 1 000 V und, unabhängig von der Betriebsspannung,

           1. zu Eigenkraftanlagen gehörige elektrische Leitungsanlagen, sofern hiefür keine Zwangsrechte gemäß §§ 9 oder 10 in Anspruch genommen werden;

           2. Leitungsanlagen, die ausschließlich zur Ableitung der gemäß § 31 Abs. 3 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, BGBl. I Nr. xxx/1998, erzeugten Elektrizität dienen.”

2. Der bisherige § 21 erhält die Absatzbezeichnung “(1)”, als Abs. 2 wird angefügt:

“(2) Die Länder haben die Ausführungsgesetze zu § 3 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1998 innerhalb von sechs Monaten vom Tag der Kundmachung dieses Bundesgesetzes an zu erlassen und spätestens mit 19. Februar 1999 in Kraft zu setzen. Diese Ausführungsgesetze finden auf Anlagen, die vor Inkrafttreten der jeweiligen Ausführungsgesetze der Länder bereits bestanden haben, keine Anwendung.”

3. § 22 lautet:

§ 22. Mit der Wahrnehmung der Rechte des Bundes gemäß Art. 15 Abs. 8 B-VG ist hinsichtlich der im Teil I dieses Bundesgesetzes enthaltenen Grundsatzbestimmungen der Bundesminister für wirtschaft­liche Angelegenheiten betraut.”

4. § 24 lautet:

§ 24. Mit der Vollziehung sind betraut:

           1. hinsichtlich der §§ 17, 18, 19, 20 und 23 der Bundesminister für Justiz;

           2. hinsichtlich des § 22 der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten.”