1308 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Wirtschaftsausschusses


über den Antrag 813/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Jakob Auer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird


Die Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Jakob Auer und Genossen haben am 18. Juni 1998 den gegen­ständlichen Initiativantrag im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“Zu Z 1 (§ 2 Abs. 1 Z 25):

Körperschaften des öffentlichen Rechts oder sonstige juristische Personen, die einen Zweck im Sinne der §§ 35, 37 und 38 Bundesabgabenordnung erfüllen (gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke), dürfen unter bestimmten Voraussetzungen in Zukunft selbst Speisen verabreichen und Getränke ausschenken.

Zu Z 2 (§ 50 Abs. 1 Z 9, 10 und 11):

Mit der neuen Z 11 des § 50 Abs. 1 GewO 1994 wird es den Gastgewerbetreibenden ermöglicht, ohne bürokratische Hindernisse ihr Gastgewerbe bei Veranstaltungen uä. auszuüben.

Zu Z 3 (§ 79a Abs. 4):

Es wäre rechtspolitisch nicht ganz unbedenklich, wenn Nachbarn auch dann die Kosten des Verfahrens zu tragen hätten, wenn sie einen Antrag auf Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen hinsichtlich einer gewerblichen Betriebsanlage gestellt haben. Mit dieser Regelung wird vorgesehen, daß im Falle eines erfolgreichen Antrages keine Kostentragungspflicht für den Nachbarn entsteht.

Zu Z 4 (§ 144 Abs. 10 und 11):

Es soll Gastgewerbetreibenden in Hinkunft zum einen das Nebenrecht eingeräumt werden, ihre Gäste von Aufnahmestellen des öffentlichen Verkehrs oder von ihrer Unterkunft zu ihrem Gastgewerbebetrieb sowie zu Aufnahmestellen des öffentlichen Verkehrs oder zu ihrer Unterkunft zu befördern. Zum anderen sollen künftig solche Beförderungen für Gastgewerbetreibende auch mit einer Gästewagen-Konzession möglich sein, und zwar unabhängig davon, ob in der betreffenden Gemeinde ein Standort eines Taxi-Gewerbes begründet ist.

Zu Z 5 (§ 148 Abs. 1):

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis Zl. 96/04/0214 vom 27. Mai 1997 ausgesprochen, daß auch ein dem § 148 Abs. 1 GewO 1994 zu unterstellender Gastgartenbetrieb unter den Voraussetzun­gen des § 74 GewO 1994 genehmigungspflichtig und daher gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. ,erforderlichen­falls‘ – wenn auch nicht hinsichtlich der durch § 148 Abs. 1 GewO 1994 festgelegten Betriebszeiten – unter Auflagen zu genehmigen ist. Das bedeutet, daß der Betrieb eines solchen Gastgartens nur genehmigt werden kann, wenn durch die gleichzeitige Vorschreibung allenfalls erforderlicher Auflagen sichergestellt ist, daß, ausgehend von den im Gesetz festgelegten Betriebszeiten, die im § 74 Abs. 2 Z 1 bis 5 GewO 1994 genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwir­kungen vermieden werden können.

Dies könnte zu dem Mißverständnis führen, daß in die durch § 148 Abs. 1 GewO 1994 garantierten Betriebszeiten auch hinsichtlich der in dieser Bestimmung umschriebenen Immissionsart Lärm (,lautes Sprechen, Singen und Musizieren‘) durch Auflagen im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid eingegriffen werden kann.

Um allfällige Vollziehungsschwierigkeiten hintanzuhalten, wird eine dem Sinn und der Zielsetzung des § 148 Abs. 1 GewO 1994 entsprechende ausdrückliche Klarstellung in das Gesetz aufgenommen.

Zu Z 6 (§ 148 Abs. 3):


§ 148 Abs. 3 GewO 1994 entfällt – es bedarf keiner gesonderten gewerberechtlichen Bewilligung mehr für die Tätigkeit von Gastgewerbetreibenden bei Veranstaltungen.

Zu Z 7 (§ 346 Abs. 1):

Verwaltungstechnische Gründe sprechen dafür, daß Nachsichten von den Zulassungsvoraussetzungen für Prüfungen, die nicht vor einer vom Landeshauptmann zu bestellenden Kommission abzulegen sind, in erster Instanz von den Bezirksverwaltungsbehörden und nicht vom Landeshauptmann entschieden werden. Gleiches gilt für Nachsichten von der Geschäftsführerbestellung bei Fortbetriebsrechten.”

Der Wirtschaftsausschuß hat die gegenständliche Vorlage in seiner Sitzung am 25. Juni 1998 in Verhand­lung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Kurt Heindl, Maria Rauch-Kallat, Mag. Doris Kammerlander, Helmut Haigermoser, Jakob Auer, Dr. Volker Kier, Obfrau Ingrid Tichy-Schreder und Mag. Franz Steindl.

Die Abgeordneten Jakob Auer, Dr. Kurt Heindl und Genossen brachten einen Abänderungsantrag ein und begründeten diesen wie folgt:

“Zu Z 7 (§ 365a Abs. 5):

Bei der Schaffung der Regelung des § 39 Abs. 4 im Rahmen der Gewerbeordnungsnovelle 1997 wurde davon ausgegangen, daß die Parteien im Verwaltungsverfahren die Sozialversicherungsnummer bekannt­geben (vgl. § 365a Abs. 4) und die Dienstgeberkontonummer von Arbeitnehmern, die zu Geschäftsführern bestellt werden, aus der Bescheinigung des Sozialversicherungsträgers über die vom Dienstgeber erstat­tete Meldung ersichtlich ist. In der Praxis haben sich jedoch Probleme ergeben, weil die Parteien die Sozialversicherungsnummer oft nicht bekanntgeben und die Dienstgeberkontonummer der Melde­bestätigung des Sozialversicherungsträgers nicht immer entnommen werden kann. Die Gewerbebehörde soll daher die Möglichkeit erhalten, die genannten Daten vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger abzufragen, wenn sie hievon auf dem ursprünglich gedachten Weg keine Kenntnis erlangt hat oder wenn sie ihr bekanntgegebene Daten überprüfen will.

Zu Art. II:

Es soll Gewerbetreibenden, die eine Konzession für das Gästewagen-Gewerbe besitzen, das Recht eingeräumt werden, ihre Gäste ohne örtliche Beschränkung von Aufnahmestellen des öffentlichen Verkehrs oder von ihrer Unterkunft zu ihrem Gastgewerbebetrieb sowie zu Aufnahmestellen des öffentlichen Verkehrs oder zu ihrer Unterkunft zu befördern.”

Bei der Abstimmung wurde der Initiativantrag 813/A unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Jakob Auer, Dr. Kurt Heindl und Genossen mit Stimmen­mehrheit angenommen.

Weiters beschloß der Wirtschaftsausschuß mit Stimmenmehrheit folgende Ausschußfeststellung:

“Der Wirtschaftsausschuß geht davon aus, daß bei Veranstaltungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 25 GewO 1994 das Einvernehmen zwischen den Veranstaltern und den örtlichen Gastgewerbetreibenden gesucht wird.”

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1998 06 25

                              Mag. Franz Steindl                                                         Ingrid Tichy-Schreder

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau

Anlage

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 und das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert werden


Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 30/1998, wird wie folgt geändert:

1. Im § 2 Abs. 1 wird nach Z 24 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 25 angefügt:

       “25. die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken im Rahmen und Umfang von Veranstaltungen im Sinne des § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 durch Körper­schaften des öffentlichen Rechtes sowie sonstige juristische Personen, die im Sinne der §§ 34 ff BAO gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich tätig sind, und durch deren Dienststellen. Diese Veranstalter haben die §§ 149 bis 151 sowie die einschlägigen gesundheits-, lebensmittel-, wasser- und abfallrechtlichen Vorschriften einzuhalten.”

2. Im § 50 Abs. 1 wird in der Z 9 das Wort “und” durch einen Strichpunkt und in der Z 10 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und es wird folgende Z 11 angefügt:

       “11. vorübergehend aus Anlaß einzelner besonderer Gelegenheiten (Volksfeste, Wohltätigkeitsver­anstaltungen, Ausstellungen, Märkte, Sportveranstaltungen, größere Baustellen u. dgl.) außerhalb der Betriebsräume und allfälligen sonstigen Betriebsflächen des Standortes ihres Gastgewerbes Speisen verabreichen und Getränke ausschenken.”

3. Dem § 79a Abs. 4 wird folgender Satz angefügt:

“Der Nachbar ist nicht gemäß § 76 Abs. 1 AVG zur Kostentragung verpflichtet, wenn auf Grund seines Antrages andere oder zusätzliche Auflagen vorgeschrieben wurden.”

4. Dem § 148 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

“Im Rahmen eines Verfahrens zur Genehmigung einer Betriebsanlage oder ihrer Änderung, das sich auch oder nur auf einen Gastgarten erstreckt, der die Voraussetzungen des ersten oder zweiten Satzes erfüllt, dürfen in Ansehung des Gastgartens keine Auflagen für den Lärmschutz vorgeschrieben werden und ist auch die Versagung der Genehmigung dieses Gastgartens aus Gründen des mit seinem Betrieb ursächlich im Zusammenhang stehenden Lärms unzulässig.”

5. § 148 Abs. 3 entfällt.

6. § 346 Abs. 1 erster Satz lautet:

“(1) Für die Erteilung der Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zu einer Prüfung im Sinne des § 22 Abs. 1 Z 3 (§ 28 Abs. 6), wenn die Prüfung nicht vor einer vom Landeshauptmann zu bestellenden Kommission abzulegen ist, für die Erteilung der Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zur Meisterprüfung sowie für die Erteilung der Nachsicht vom Erfordernis von der Bestellung eines Geschäftsführers (§ 41 Abs. 4) ist die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig.”

7. Nach § 365a Abs. 4 wird folgender Abs. 5 eingefügt:

“(5) Die Gewerbebehörden sind zur Abfrage folgender Daten aus dem Datenbestand des Haupt­verbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger mittels automationsunterstützter Datenüber­mittlung befugt:

           1. Sozialversicherungsnummern der im Abs. 4 genannten natürlichen Personen und

           2. Dienstgeberkontonummern von nach diesem Bundesgesetz zu bestellenden Geschäftsführern, die Arbeitnehmer sind.”

Artikel II


Das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996, BGBl. Nr. 112, wird wie folgt geändert:

§ 3 Abs. 1 Z 4 lautet:

         “4. für die Beförderung der Wohngäste (Pfleglinge) und der Bediensteten von Gastgewerbebetrieben mit Beherbergung von Gästen, von Heilanstalten, von Erholungsheimen u. dgl. durch die Kraft­fahrzeuge dieser Unternehmen vom eigenen Betrieb zu Aufnahmestellen des öffentlichen Verkehrs und umgekehrt sowie für die Beförderung der nicht in Beherbergung genommenen Gäste von Gastgewerbebetrieben gemäß § 124 Z 8 GewO 1994 durch Kraftfahrzeuge dieser Unternehmen vom eigenen Betrieb zu Aufnahmestellen des öffentlichen Verkehrs und umgekehrt oder von ihrer Unterkunft und umgekehrt (Gästewagen-Gewerbe).”

Artikel III

Dieses Bundesgesetz tritt hinsichtlich Art. I Z 1, 2, 3, 4 und 5 und Art. II mit 1. Juni 1998, hinsicht­lich der restlichen Bestimmungen mit der Kundmachung in Kraft.

 

Minderheitsbericht

der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer, Helmut Haigermoser, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen

gemäß § 42 Abs. 4 GOG-NR

zum Antrag 813/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Jakob Auer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird


Mit 25. November 1997 kam der Verwaltungsgerichtshof zu dem Erkenntnis, daß die Veranstaltung eines dreitägigen Festes durch die Feuerwehr nicht gestattet sei. Die Verhängung einer Verwaltungsstrafe gegen den Kommandanten einer Feuerwehr ist somit für rechtmäßig erklärt worden. Zur Lösung dieses Umstandes, der zweifelsohne nicht im Sinne allgemeiner gesellschaftspolitischer Interessen liegen kann, wurde nunmehr von den Koalitionsparteien ein entsprechender Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird, eingebracht. So sind künftig die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken im Rahmen und Umfang von Veranstaltungen im Sinne des § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 durch Körperschaften des öffentlichen Rechtes sowie sonstige juristische Personen, die im Sinne der §§ 34 ff BAO gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich tätig sind, und durch deren Dienststellen, keine Tätigkeiten im Sinne der Gewerbeordnung und diese daher nicht anzuwenden. Somit können Feuerwehren künftig an höchstens drei Tagen im Jahr gastgewerbliche Betätigungen durchführen, ohne mit den Bestimmungen der Gewerbeordnung in Konflikt zu geraten. Grundsätzlich unterstützen die unterfertigten Abgeordneten im Bewußtsein um die herausragende Bedeutung, die den Freiwilligen Feuerwehren im speziellen und den gemeinnützigen Vereinen im allgemeinen auf Grund ihrer zumeist ehrenamtlichen und von Idealismus getragenen Tätigkeiten im Sinne der Allgemeinheit zuzumessen ist, die zu beschließende Änderung der Gewerbeordnung.

Andererseits jedoch ist anzumerken, daß eine derartige Gesetzesänderung einen entsprechenden Ausgleich für die von einer Beschlußfassung betroffenen Gastgewerbetreibenden im Sinne einer vom Gesetzgeber zu gewährleistenden Chancengleichheit beinhalten müßte. Dieses Versäumnis nehmen die unterfertigten Abgeordneten zum Anlaß, einmal mehr auf jene Belastungen hinzuweisen, die der heimischen Gastronomie unter anderem durch die nach wie vor abzuführende Getränkesteuer erwachsen und fordern daher zum wiederholten Male ihre Abschaffung. Der dadurch entstehende Entfall an Einnahmen aus der Einhebung der Getränkesteuer ist durch einen gleichzeitigen und aufkommens­adäquaten Ersatz über den Finanzausgleich auszugleichen. Die Streichung der Getränkesteuer wird nicht zuletzt auf Grund der Tatsache gefordert, daß eine Unterstützung durch Abgeordnete der ÖVP sicher zu sein scheint, zumal unter anderem Wirtschaftskammerpräsident Abgeordneter zum Nationalrat Maderthaner dazu folgendes feststellte: “Die anachronistische Getränkesteuer verteuert alkoholische Getränke, Babynahrung und Speiseeis um durchschnittlich 10 Prozent. (…) Daher fordern wir, die Getränkesteuer endlich abzuschaffen und den Ausfall im Finanzausgleich zu ersetzen.”

In eben diese Kerbe schlägt der EU-Abgeordnete Rübig, wenn er im Europäischen Parlament in einem Antrag zum Ausdruck bringt, daß “Wettbewerbsverzerrungen wie die Einhebung von antiquierten und den Tourismus schädigenden nationalen Sondersteuern auf Dienstleistungen rasch abzuschaffen seien.”

Mit Abschaffung der Getränkesteuer wäre eine merkliche Entlastung für die heimischen Gastgewerbe­treibenden sichergestellt, sowie die Konkurrenz- und Überlebensfähigkeit dieser Branche massiv verbessert. Die den Gastgewerbetreibenden im Antrag 813/A bzw. einem entsprechenden Abänderungs­antrag gebotene Entschädigung in Form einer Berechtigung zur Beförderung von Gästen ohne örtliche Beschränkung bei Vorliegen einer Konzession für das Gastwagen-Gewerbe sowie in Form des Entfalles einer eigenen Genehmigung bei Veranstaltungen außerhalb der Betriebsräume kann angesichts der tatsächlich bestehenden Belastungen für die heimische Gastronomie lediglich eine “Feigenblattfunktion” darstellen.


Aus den genannten Gründen lehnen die unterfertigten Abgeordneten den gegenständlichen Antrag ab.

Wien, 25. Juni 1998

Ing. Wolfgang Nußbaumer, Helmut Haigermoser, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und Genossen