1370 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über den Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Vereinheitlichung aller Pensionsrechte und Neudefinition der unselbständigen Erwerbsarbeit [474/A(E)]
Die Abgeordneten Dr. Volker Kier, Dr. Hans Peter Haselsteiner und Genossen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 5. Juni 1997 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
“Die im geltenden Arbeitsrecht festgeschriebene Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten sowie öffentlich Bediensteten ist historisch gewachsen und entspricht in keinster Weise den Anforderungen des 20. Jahrhunderts. Die geltende Rechtslage spiegelt in vielen Bereichen das Obrigkeitsdenken früherer Zeiten wider und ist von einem ständisch gegliederten Bild der Gesellschaft geprägt. Dies erzeugt nicht nur eine Vielzahl von Ungerechtigkeiten sondern ist überdies auch mobilitätshemmend, fort- und weiterbildungsfeindlich und strukturkonservativ.
Da jede Analyse des Arbeitslosigkeitsbefundes auf seine strukturellen Ursachen hin zeigt, daß die mobilitätsfeindlichen Unterschiede in den einzelnen Teilarbeitsrechten, die Fesselung durch zeitabhängig erworbene Ansprüche – die zudem im Selbstkündigungsfall verloren gehen – und die sozialrechtlichen Verschlechterungen beim Wechsel zwischen den verschiedenen Bereichen der unselbständigen Erwerbsarbeit wesentliche Mitursachen darstellen, ist eine umfassende Reform des Arbeitsrechtes eine der Grundvoraussetzungen für eine positive Trendwende am Arbeitsmarkt. Es erscheint daher unerläßlich, ein für alle unselbständig Erwerbstätigen geeignetes einheitliches Rahmenarbeitsrecht zu schaffen. Dieses muß genügend Spielraum offenlassen, so daß auf berufsbildbedingte Sonderheiten eingegangen werden kann.
Die Anachronismen in den individuellen arbeitsrechtlichen Positionen sowie in den Entlohnungsschemata, in der Gestaltung der Sozialversicherungsbeiträge der Höhe und dem Grunde nach und letztlich in den davon ableitenden Ansprüchen bis hin insbesondere zu den Pensionen haben zu einer Spaltung innerhalb der Gesellschaft geführt. Im Sozialbericht 1995 ist zB nachzulesen, daß die durchschnittliche Pension, die über eine der gesetzlichen Sozialversicherungsanstalten zur Auszahlung gelangt, bei 10 984 S, der durchschnittliche monatliche Ruhebezug der Bundesbeamtinnen (ohne Post und ÖBB) jedoch bei 31 900 S liegt; ein Vergleich der Aktivbezüge zeigt im übrigen ein ähnliches Mißverhältnis.
In der Altersversorgung wird im ASVG-Bereich zwar das Lebensstandardsicherungsprinzip angewendet – dennoch sind die Beiträge, wie auch die Ansprüche über Höchstbeitrags- und Höchstbemessungsgrundlagen gedeckelt und somit Höchstgrenzen fixiert (Höchstbeitragsgrundlage ASVG: 40 800 S, Höchstpensionen: 27 573 S). Im System der Ruhegenüsse in der Beamtenversorgung gibt es solche Höchstgrenzen nicht, was dazu führt, daß Beamte zwar nur 14% der Pensionsbezieher darstellen, aber 29% des gesamten Pensionsvolumens (1995: knapp 100 Milliarden Schilling) verbrauchen. Obwohl die öffentlich Bediensteten nur 6% der Beiträge an das volkswirtschaftliche Pensionskonto leisten, sind die Zuzahlungen des Bundes mit 14 718 S pro Pensionsfall höher als die durchschnittliche ASVG-Pension. Allein zwischen 1992 und 1995 sind die Aufwendungen bei den Beamtenpensionen um 16,1% gestiegen – gegenüber einer Steigerung von nur 12,4% bei den übrigen Pensionsempfängern.
Eine Vereinheitlichung aller Pensionsrechte ist daher nicht nur angesichts der evidenten Gefährdung der nachhaltigen Finanzierung dringend notwendig, sondern auch zur Herstellung einer angemessenen Symmetrie zwischen der Aufbringung der Finanzierung und dem Kreis der Pensionsempfänger unabdingbar. Es müssen daher die auch im Liberalen Forum längste vorhandenen Vorschläge zur Schaffung einer einheitlichen Grundpension für alle von der Regierung aufgegriffen und umgesetzt werden. Zusätzlich sollten nach Vorstellung der Antragsteller/innen sozialpolitisch auskömmliche Höchstpensionen sowie einheitliche Beitragssätze zur Anwendung kommen – eine darüber hinausgehende Lebensstandardsicherung ist der privaten Initiative und Vorsorge zu überantworten.
Eine Neudefinition der unselbständigen Erwerbsarbeit angesichts der Situation am Arbeitsmarkt ist unabdingbar und die Notwendigkeit einer Harmonisierung der Pensionssysteme angesichts deren baldiger Unfinanzierbarkeit daher dringend erforderlich.”
Der Ausschuß für Arbeit und Soziales hat den Antrag 474/A(E) in seiner Sitzung am 25. Juni 1998 in Verhandlung genommen. Nach der Berichterstattung durch den Abgeordneten Dr. Volker Kier wurde einstimmig beschlossen, den gegenständlichen Entschließungsantrag zu vertagen.
Die Beratungen des Ausschusses für Arbeit und Soziales wurden nach Eröffnung der Sitzung vom 2. Juli 1998 unterbrochen.
Am 7. Juli 1998 wurde diese unterbrochene Sitzung wieder aufgenommen und neuerlich unterbrochen.
Am 16. Juli 1998 wurde die unterbrochene Sitzung neuerlich aufgenommen. Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Antrag keine Mehrheit.
Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuß für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 1998 07 16
Heidrun Silhavy Annemarie Reitsamer
Berichterstatterin Obfrau