1396 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Verfassungsausschusses


über den Antrag 856/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992 geändert wird


Die Abgeordneten Dr. Andreas Khol sowie Dr. Peter Kostelka und Genossen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 17. Juli 1998 im Nationalrat eingebracht.

Der Verfassungsausschuß hat den erwähnten Antrag in seiner Sitzung am 15. September 1998 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Mag. Johann Ewald Stadler, Maria Rauch-Kallat, Mag. Dr. Heide Schmidt, Mag. Terezija Stoisits, Mag. Walter Posch, Dr. Irmtraut Karlsson, Mag. Cordula Frieser und Dr. Alois Mock.

Die Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Dr. Andreas Khol brachten zu Art. I Z 9 einen Zusatzantrag ein. Weiters brachten die Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen einen Abänderungsantrag ein, der wie folgt begründet war:

“Derzeit müssen Personen, die einen Wahlvorschlag unterstützen wollen, diese Unterstützungsunter­schrift vor einem Gemeindebediensteten leisten bzw. zum Gericht oder einem Notar gehen und dort ihre Unterschrift leisten. Dies stellt eine unverhältnismäßige Hürde dar, die auch zu persönlichen Nachteilen für die Unterstützter führen kann. Der neue Vorschlag sieht nun vor, daß zwar die Zahl der Unterstüt­zungserklärungen gleich bleibt, jedoch sind diese nicht mehr unmittelbar vor der Gemeindebehörde abzugeben, was in der Praxis eine nicht unwesentliche Erleichterung bei der Sammlung von Unter­schriften darstellt und es somit Parteien, die noch nicht im Parlament vertreten sind, ermöglicht, am demokratischen Meinungsbildungsprozeß teilzuhaben.”

Weiters brachten die Abgeordneten Maria Rauch-Kallat, Dr. Peter Kostelka und Mag. Terezija Stoisits zu § 52 und § 66 des gegenständlichen Initiativantrages einen Zusatzantrag ein. Schließlich wurde von den Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Maria Rauch-Kallat ein Entschließungsantrag eingebracht.

Bei der Abstimmung wurde der im Antrag 856/A enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung oder oberwähnten Zusatzanträge in der diesem Bericht beigedruckten Fassung teils einstimmig, teils mit Stimmenmehrheit angenommen.

Der Entschließungsantrag wurde mit Simmenmehrheit angenommen.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen fand nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Der Verfassungsausschuß stellt fest, daß die in § 25 Abs. 1 NRWO bzw. in § 13 EuWO jeweils normierte Frist von zehn Tagen zur Einsichtnahme in das Wählerverzeichnis grundsätzlich so angesetzt werden soll, daß diese Frist nur ein Wochenende umfaßt. Nur wenn der Fristenlauf nicht anders bewerkstelligt werden kann, soll sich die Einsichtnahme auch über zwei Wochenenden erstrecken.

Der Verfassungsausschuß hält weiters fest, daß die in § 42 Abs. 3 NRWO, in § 4 Abs. 4 Volksbegehren­gesetz, in § 7 Abs. 1 Bundespräsidentenwahlgesetz und in § 30 Abs. 3 EuWO jeweils normierten Verfahren zur Abgabe von Unterstützungserklärungen jedenfalls auch die schriftliche Übermittlung von Unterstützungserklärungen an die Gemeinde ermöglichen, wobei in derartigen Fällen die Gemeinde die Bestätigung vorbereitet und der Unterstützungswillige diese persönliche abholt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle


           1. dem angeschlossenen Gesetzentwurf (Anlage 1) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen,

           2. die beigedruckte Entschließung (Anlage 2) annehmen.

Wien, 1998 09 15

                                 Karl Donabauer                                                               Dr. Peter Kostelka

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage 1


Bundesgesetz, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Die Nationalrats-Wahlordnung 1992 – NRWO, BGBl. Nr. 471, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 30/1998, wird wie folgt geändert:

1. § 25 Abs. 1 lautet:

“(1) Am einundzwanzigsten Tag nach dem Stichtag ist das Wählerverzeichnis in einem allgemein zugänglichen Amtsraum durch zehn Tage zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. In Gemeinden, in denen Kundmachungen gemäß § 26 angeschlagen werden, kann der Einsichtszeitraum auf eine Woche verkürzt werden. In diesen Fällen beginnt der Einsichtszeitraum am vierundzwanzigsten Tag nach dem Stichtag. In Wien ist in jedem Gemeindebezirk mindestens eine Auflegungsstelle einzurichten.”

2. In den §§ 25 Abs. 2 und 3, 26 Abs. 1, 28 Abs. 1 und 2, 30 Abs. 1 und 33 ist jeweils das Wort “Einsichtsfrist” durch das Wort “Einsichtszeitraum” in der grammatikalisch richtigen Form zu ersetzen.

3. In § 26 Abs. 1 ist die Zahl “20 000” durch “10 000” zu ersetzen.

4. § 26 Abs. 2 lautet:

“(2) Solche Kundmachungen können auch in anderen Gemeinden angeschlagen werden; sie sind jedenfalls anzuschlagen, wenn es die zuständige Bezirkshauptmannschaft, in Städten mit eigenem Statut der Landeshauptmann, anordnet.”

5. § 60 Abs. 4 lautet:

“(4) Weiters kann die Bestätigung durch einen volljährigen Zeugen mit österreichischer Staatsbürgerschaft erfolgen, der über einen gültigen österreichischen Reisepaß verfügt, dessen Ausstellungsdaten bei sonstiger Nichtigkeit der Stimmabgabe auf der Wahlkarte einzutragen sind.”

6. In § 52 wird folgender Abs. 5 eingefügt; der bisherige Abs. 5 erhält die Bezeichnung Abs. 6:

“(5) Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten ist vorzusehen, daß in jeder Gemeinde, in Wien in jedem Bezirk, zumindest ein für körperberhinderte barrierefrei erreichbares Wahllokal vorhanden ist. Für blinde und schwer sehbehinderte Wähler sind nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten geeignete Leitsysteme vorzusehen.

7. In § 66 lauten die Absätze 1 und 2:

“(1) Das Wahlrecht ist persönlich auszuüben; körper- oder sinnesbehinderte Wähler dürfen sich von einer Person, die sie selbst auswählen können und gegenüber dem Wahlleiter bestätigen müssen, führen und sich bei der Wahlhandlung helfen lassen. Von diesen Fällen abgesehen, darf eine Wahlzelle jeweils nur von einer Person betreten werden.

(2) Als körper- oder sinnesbehindert gelten Personen, denen die Ausfüllung des amtlichen Stimmzettels ohne fremde Hilfe nicht zugemutet werden kann.

8. Der § 72 Abs. 4 entfällt, der folgende Abs. 5 erhält die Bezeichnung 4.


9. Die Anlage 3 lautet:

Anlage 3, Vorderseite


Anlage 3, Rückseite


Artikel II

Dieses Bundesgesetz tritt am 1. Jänner 1999 in Kraft.

Anlage 2

Entschließung

Der Bundesminister für Inneres wird ersucht, in Zusammenarbeit mit den Organisationen von blinden oder schwer sehbehinderten Personen zu prüfen, inwieweit diesen Personen bei Nationalratswahlen – wie bei anderen Wahlen – geeignete Hilfsmittel zur selbständigen Ausübung des Wahlrechts zur Verfügung gestellt werden können und gegebenenfalls entsprechende Gesetzentwürfe vorzubereiten.