1460 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Rechnungshofausschusses
|
1 |
betreffend den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG zur Prüfung rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit Genehmigung und teilweisem Bau (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) der “ennsnahen Trasse” und daraus resultierende finanzielle Belastungen des Bundes; aussichtslose Klagsführungen des Bundes gegen Bürger/innen, die gegen diese rechtswidrigen Vorgänge Widerstand geleistet haben
Der Ständige Unterausschuß des Rechnungshofausschusses hat den im Titel erwähnten Bericht gemäß § 32e Abs. 4 erster Satz GOG vorgelegt.
Berichterstatterin im Ausschuß war Abgeordnete Dr. Sonja Moser-Starrach.
Der Rechnungshofausschuß hat den gegenständlichen Bericht am 29. Oktober 1998 in Verhandlung genommen.
An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch, Georg Wurmitzer, Othmar Brix, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und der Ausschußobmann Andreas Wabl.
Der Rechnungshofausschuß hat gemäß § 32e Abs. 4 zweiter Satz GOG mit Stimmenmehrheit beschlossen, den Bericht des Ständigen Unterausschusses als Verhandlungsgegenstand dem Nationalrat vorzulegen. Weiters beschloß der Rechnungshofausschuß mit Stimmenmehrheit dem Hohen Hause die Kenntnisnahme dieses Berichtes zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Rechnungshofausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle
1. den angeschlossenen Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend “Rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit Genehmigung und teilweisem Bau (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) der ennsnahen Trasse und daraus resultierende finanzielle Belastungen des Bundes; aussichtslose Klagsführungen des Bundes gegen Bürger/innen, die gegen diese rechtswidrigen Vorgänge Widerstand geleistet haben” zur Kenntnis nehmen,
2. diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 1998 10 29
Dr. Sonja Moser-Starrach Ute Apfelbeck
Berichterstatterin Obmannstellvertreterin
Bericht des Ständigen Unterausschusses
des Rechnungshofausschusses
gemäß § 32e Abs. 4 GOG
zur Prüfung “Rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit Genehmigung und teilweisem Bau (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) der ennsnahen Trasse und daraus resultierende finanzielle Belastungen des Bundes; aussichtslose Klagsführungen des Bundes gegen Bürger/innen, die gegen diese rechtswidrigen Vorgänge Widerstand geleistet haben”
Am 3. Februar 1998 hat ein Viertel der Mitglieder des Nationalrates gemäß § 32e Abs. 2 GOG das Verlangen auf Prüfung der im Titel genannten Angelegenheiten gestellt.
Dazu ist dem Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses von Gesetzes wegen die Frist gesetzt, dem Rechnungshofausschuß bis zum 31. Oktober 1998 einen Bericht zu erstatten.
Dem Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses gehören
von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs
die Abgeordneten Otmar Brix, Hannelore Buder, Kurt Eder, Josef Edler, Mag. Kurt Gaßner und Dr. Günther Kräuter;
von der Österreichischcn Volkspartei
die Abgeordneten Hermann Kröll, Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch, Dr. Sonja Moser-Starrach, Franz Stampler und Georg Wurmitzer;
von der Freiheitlichen Partei Österreichs
die Abgeordneten Ute Apfelbeck, Mag. Reinhard Firlinger, Mag. Dr. Udo Grollitsch und Dipl-Ing. Leopold Schöggl;
von den Liberalen Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller
und
von den Grünen Abgeordneter Andreas Wabl
an.
Vorsitzende dieses Ständigen Unterausschusses ist die Abgeordnete Apfelbeck, Stellvertreter sind die Abgeordneten Brix, Wabl und Mag. Barmüller; Schriftführer sind die Abgeordneten Stampler und Dr. Kräuter.
Zur Durchführung der gegenständlichen Prüfung bestand im Ständigen Unterausschuß Einvernehmen, den Präsidenten des Nationalrates gemäß § 39 Abs. 2 GOG zu ersuchen, durch den Stenographendienst eine auszugsweise Darstellung der Verhandlungen abfassen zu lassen.
Am 27. Februar 1998 erfolgte in der ersten Sitzung des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses zu dem gegenständlichen Verlangen die Wahl eines Obmannstellvertreters sowie zweier Schriftführer.
In seiner zweiten Sitzung am 24. März 1998 faßte der Ständige Unterausschuß Beschlüsse betreffend die weiteren Sitzungstermine sowie die Aufteilung der Kapitel und Ladung von Auskunftspersonen.
Der Ständige Unterausschuß befaßte sich mit der konkreten Prüfung, und zwar der Themen “Allgemeines” und “Enteignungsverfahren” erstmals am 22. April 1998.
Weitere Sitzungen fanden statt am
13. Mai 1998 (Ladung von Auskunftspersonen),
5. Juni 1998 (“Wasserrecht” und “Enteignungsverfahren”),
10. Juni 1998 (Ladung von Auskunftspersonen),
|
2 |
30. Juni 1998 (“EU‑Verfahren” und “Naturschutz”),
30. September 1998 ( “Enteignungsverfahren”, Anhörung bislang wegen Verhinderung noch nicht erschienener Auskunftspersonen) und am
29. Oktober 1998 (Abschlußsitzung).
Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und der Bundesminister für Land‑ und Forstwirtschaft wurden gemäß § 40 Abs. 1 GOG um die Einleitung von Erhebungen und schriftliche Äußerung in Berichtsform in der Angelegenheit “Ennsnahe Trasse” auf Grund des gegenständlichen Verlangens in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich sowie die Steiermärkische Landesregierung um die Vorlage eines Berichtes über die Kapitel Enteignung, Wasserrecht, EU‑Verfahren und Naturschutz im Zusammenhang mit der Projektierung der Ennsnahen Trasse an den Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses ersucht.
Des weiteren übermittelte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten auf Ersuchen des Ständigen Unterausschusses eine Kopie des Berichtes der Finanzprokuratur vom 12. Mai 1998 betreffend Stand und Kosten der Prozesse gegen Baustellenbesetzer im Bereich der Ennsnahen Trasse der B 146 Ennstal Straße.
Im Schreiben der Steiermärkischen Landesregierung wurde darauf hingewiesen, daß in wasserrechtlichen und straßenbaurechtlichen Angelegenheiten bzw. damit verbundenen Enteignungsverfahren im Zusammenhang mit der Projektierung der Ennsnahen Trasse keine Zuständigkeit der Landesregierung bestünde. Für diese Bereiche sei ausschließlich der Bund zuständig. Die vom Ständigen Unterausschuß beantragte Berichterstattung in diesen Angelegenheiten durch die Steiermärkische Landesregierung sei daher nicht möglich. Naturschutz sowie damit im Zusammenhang stehende EU‑Verfahren seien wiederum ausschließliche Angelegenheiten des Landes.
Diese Problematik wurde in der Präsidiale behandelt mit dem Ergebnis, daß der Präsident des Nationalrates die Steiermärkische Landesregierung ersuchte, trotz der schwierigen Kompetenzlage bei der Aufklärung des Sachverhalts nach besten Kräften mitzuwirken, was auch geschah, denn die Beamten der Steiermärkischen Landesregierung sowie die Mitglieder der Steiermärkischen Landesregierung, die als Auskunftspersonen geladen wurden, sind dem Ausschuß für Fragen zu den einzelnen Themenbereichen ausführlich zur Verfügung gestanden und haben sich bemüht, den Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses bei seinen Aufgaben zu unterstützen.
Als Auskunftspersonen waren geladen
zu den Kapiteln “Allgemeines” und “Enteignungsverfahren”:
BM Dr. Farnleitner
LR Ing. Ressel
SC Dr. Freudenreich (BMwA, in Ruhe)
MR Dr. Neuhaus (BMwA)
OR Mag. Nemec (BMwA)
HR Dr. Gobiet (Landesbaudirektion, Steiermark)
HR Dr. Rupprecht (Rechtsabteilung 3, Steiermark)
OLR Dipl.-Ing. Bauer (Landesbaudirektion, Steiermark)
ORR Dr. Funovits (Rechtsabteilung 3, Steiermark)
MR Dr. Hrazdera (BMwA, in Ruhe)
zum Kapitel “Wasserrecht”:
BM Mag. Molterer
LR Pöltl
HR Dr. Rupprecht (Rechtsabteilung 3, Steiermark)
HR Dipl.-Ing. Frisch (Fachabteilung 2b, Straßen‑ und Brückenbau)
Dr. Wienerroither (BMLF, Rechtsabteilung)
HR Dr. Schurl (UVS)
HR Dipl.-Ing. Saurer (Fachabteilung 3a, Wasserwirtschaft)
Dr. Rudolf Pfusterer (BH Liezen, in Ruhe)
zum Kapitel “EU‑Verfahren” und “Naturschutz”:
StS Dr. Wittmann
LR Dr. Hirschmann
HR Univ.-Prof. Dr. Wielinger (Landesamtsdirektor, Steiermark)
HR Dr. Wippel (Naturschutzabteilung, RA 6, Steiermark)
Alle geladenen Auskunftspersonen sind zu den Terminen bzw. Ersatzterminen erschienen.
Erhebungsberichte der Bundesministerien und Feststellungen auf Grund der Ausschußberatungen
Aus den vorgelegten Erhebungsberichten der betroffenen Bundesministerien gemäß § 40 Abs. 1 GOG und auf Grund der Beratungen des Unterausschusses ergibt sich hinsichtlich der Projektierung der Ennsnahen Trasse folgender Sachverhalt bzw. können folgende zusätzliche Feststellungen getroffen werden:
Allgemeines und Enteignungen:
Ursprünglich war seitens der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, in den 70er Jahren die Errichtung einer Schnellstraßenverbindung (S 8 Ennstal Schnellstraße) zwischen der A 10 Tauern Autobahn bei Altenmarkt im Pongau und der A 9 Pyhrn Autobahn bei Liezen geplant. Schon damals wurden die Planungen im engen Einvernehmen mit den Gemeinden und Interessenvertretungen durchgeführt; sie führten im Jahre 1977 zur Genehmigung eines Generellen Projektes mit ennsnaher Trassenführung für den Abschnitt zwischen Espang (westlich von Stainach) und Liezen. In der Folge konzentrierte sich die Detailplanung auf den Abschnitt Trautenfels – Weißenbach und Weißenbach – Liezen, und es kam zur Erlassung einer Verordnung gemäß § 4 Abs. 1 BStG für den erstgenannten Abschnitt.
Im Rahmen der Bundesstraßengesetz‑Novelle 1986 erfolgte jedoch die Streichung der S 8 aus dem Bundesstraßengesetz und die Einführung der Bundesstraße B 146 zwischen Trautenfels und Liezen. Großes Augenmerk wurde von Beginn an darauf gelegt, daß die betroffenen Gemeinden, Interessenvertretungen und der Naturschutzbeirat des Landes in die einzelnen Schritte des Planungsprozesses miteinbezogen wurden. Das Zivilingenieurbüro Zinthauer/Reiter wurde mit weiteren Planungen, verbunden mit einer Kosten‑Nutzen-Untersuchung durch den Zivilingenieur Dr. Snizek, beauftragt, wobei die verschiedensten Lösungen wie Planfall 2 (verschiedene ennsnahe Trassenführungen), Planfälle 4 (Kombinationsvarianten mit Bestandsausbau) und Bestandsausbau (Varianten) untersucht wurden.
Die Kosten‑Nutzen‑Untersuchung kam zu dem Ergebnis, daß eine objektive Entscheidung zwischen einer ennsnahen und einer bestandsnahen Trasse nicht möglich sei und auch durch die Anwendung eines formalen Verfahrens nicht herbeigeführt werden könne. Vielmehr müsse entschieden werden, ob der Entlastung der Wohnbevölkerung oder der Schonung von Natur und Landschaft der Vorzug eingeräumt werden soll.
Nach Abschluß der Planungen legte die steiermärkische Bundesstraßenverwaltung das Generelle Projekt 1986 vor, das das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Erlaß vom 14. November 1988 zustimmend zur Kenntnis nahm und auch dem Detailprojekt für die Ennsnahe Trasse am 14. August 1989 seine Zustimmung gab. Das Anhörungsverfahren gemäß § 4 Abs. 5 BStG wurde eingeleitet und das Projekt in den betroffenen Gemeinden zur Einsichtnahme aufgelegt. Im Rahmen dieses Anhörungsverfahrens hatten sich alle vom Verkehr auf der bestehenden B 146 stark betroffenen und belasteten Gemeinden (Stainach, Wörschach, Weißenbach bei Liezen und Liezen) sowie das Land Steiermark für die geplante Trasse ausgesprochen, während die nichtbetroffenen Gemeinden Aigen im Ennstal und Lassing sich dagegen wandten. Nach intensivem Meinungsaustausch und einer sorgfältigen Abwägung der für und gegen die Trassenführung vorgebrachten Argumente wurde die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 7. September 1990 betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der B 146 Ennstal Straße erlassen. Der Verfassungsgerichtshof hat das Zustandekommen der Verordnung mit Erkenntnis vom 4. Oktober 1992, Zahl V 62/91‑15 ua. als verfassungskonform bestätigt. Die Verordnung ist gemäß § 4 Abs. 1 Bundesstraßengesetz nach wie vor aufrecht und, so wie jede Verordnung, für die Verwaltung bindend.
Um zu veranschaulichen, welche Verkehrslawine sich tagtäglich durch das Ennstal wälzt, seien folgende Daten genannt: Im Bereich um Stainach betrug der durchschnittliche tägliche Verkehr 1997 14 200 Fahrzeuge mit einem Schwerverkehrsanteil von 16%. Gegenüber 1996 wurde eine Verkehrssteigerung um zirka 3% verzeichnet. Im Bereich Liezen betrug der durchschnittliche tägliche Verkehr 1997 21 400 Fahrzeuge, was gegenüber 1996 einen Zuwachs von zirka 2% bedeutet.
Auch der Rechnungshof hat in seinem Tätigkeitsbericht über das Verwaltungsjahr 1993 (III‑6 der Beilagen) das Vorhaben B 146 geprüft. Er beurteilte das angewendete Verfahren zur Trassenfindung als weitgehend offenen Planungsprozeß, weil eine Vielzahl der teils unterschiedlichen Lösungs‑ und Verbesserungsvorschläge behandelt und teilweise auch berücksichtigt wurde. Die Problembehandlung erfolgte geordnet und unter Einbeziehung von Fachleuten und Betroffenen, die auch an der Gewichtung und Beurteilung der einzelnen Trassenauswirkungen mitarbeiteten. Der Rechnungshof anerkannte die frühzeitige Berücksichtigung des Naturschutzes im Rahmen der Trassenfindung.
Die Steiermärkische Landesregierung hat mit Zustimmung des Naturschutzbeirates mit Bescheid vom 18. Februar 1988, Zahl 6‑375/IV Bu 92/53‑88 die naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung vom Landschaftsschutzgebiet Mittleres Ennstal für die Ennsnahe Trasse der B 146 zwischen Stainach und Liezen erteilt. Der Naturschutzbeirat des Landes Steiermark hatte sich zuvor mit Zweidrittelmehrheit für die Ennsnahe Trasse ausgesprochen und für die Erlassung eines Naturschutzbescheides durch die Landesregierung votiert, und zwar mit der Auflage, daß begleitende naturschonende Maßnahmen verfügt werden. Der Bescheid enthielt sodann auch als Auflage diverse landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen mit einem Grundbedarf von zirka 50 ha. Für das 15 km lange Bauvorhaben waren rund 45 ha Grund für die Trasse selbst und rund 50 ha für die in der naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung als Auflage vorgesehene und somit zu erfüllende landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen einzulösen. Die Grundeinlöseverhandlungen im westlichen Teil des Bauvorhabens (Raum Stainach) bis zur Sallabergbrücke und ein Stück darüber hinaus konnten zunachst zügig abgeschlossen werden. Die steiermärkische Bundesstraßenverwaltung kam mit den betroffenen Grundeigentümern zu einer Einigung, so daß die Grundflächen freiwillig und einvernehmlich abgetreten wurden. Auch den für die Errichtung der Wanne Stainach erforderlichen Grund konnte die Bundesstraßenverwaltung bereits im Jahre 1991 erwerben. 28 ha, mehr als die Hälfte aller betroffenen Grundflächen, konnten in Form gütlicher Übereinkommen eingelöst werden. Da östlich des Raumes Stainach bei den Grundeinlösungsverhandlungen jedoch keine gütliche Übereinkunft mit allen betroffenen Grundeigentümern erreicht werden konnte, stellte die steiermärkische Bundesstraßenverwaltung Enteignungsanträge auf der rechtlichen Grundlage des Bundesstraßengesetzes an den LH als Bundesstraßenbehörde I. Instanz, der jedoch keinen Bescheid erließ. Die steiermärkische Bundesstraßenverwaltung brachte daraufhin einen Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG ein, womit die Zuständigkeit zur Durchführung der Enteignungsverfahren ex lege auf das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten überging. Da die betroffenen Grundeigentümer auch nicht bereit waren, die für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen erforderlichen Flächen abzutreten, dehnte die steiermärkische Bundesstraßenverwaltung die Enteignungsanträge auf diese Flächen aus, um die Auflagen der Naturschutzbehörde erfüllen zu können. Die Bundesstraßenverwaltung nahm dabei den argumentierbaren und begründbaren Standpunkt ein, daß das Naturschutzprojekt ein integrierender Bestandteil des Straßenprojektes sei und die für die landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen erforderlichen Flächen somit Bestandteile der geplanten Bundesstraße darstellten, weshalb eine Enteignung dieser Flächen nach dem Bundesstraßengesetz zulässig sei. Die Bundesstraßenbehörde schloß sich dieser Auffassung an und erließ entsprechende Bescheide. Allerdings hob der Verfassungsgerichtshof diese Enteignungsbescheide mit Erkenntnis vom 18. März 1993, Zahl B 930/92‑20 ua. mit der Begründung auf, daß die Anwendung der Enteignungsbestimmungen des Bundesstraßengesetzes auf die Enteignung von Grundflächen zur Erfüllung von Auflagen im Naturschutzbescheid, der auf einem Landesgesetz basiert, verfassungswidrig sei. Weitere Enteignungsbescheide hob der Verwaltungsgerichtshof auf, weil darin zwischen den für den Straßenbau und den für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen enteigneten Flächen nicht eindeutig unterschieden worden sei (Erkenntnisse vom 20. Jänner 1994, Zahl 93/06/0093, und vom 17. März 1994, Zahlen 93/06/0226 und /0227, sowie vom 26. Jänner 1995, Zahl 93/06/0070,0071,0071, und vom 23. Februar 1995, Zahl 93/06/0069, 93/06/0091). Bezüglich der Rückzahlung bzw. Rückübereignung wurden in vier Fällen, in welchen der Verfassungsgerichtshof die Enteignung für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen aufgehoben hat, mit den betroffenen Grundeigentümern gütliche Übereinkommen auf Rückgabe der Grundflächen getroffen. Seitens anderer betroffener Grundeigentümer wurde in keiner Weise der Wunsch auf Rückübereignung der Grundflächen geäußert.
In einer Sondersitzung des Steiermärkischen Landtages am 9. Juli 1993 wurde beschlossen, Volksbefragungen in den betroffenen Gemeinden durchzuführen sowie die Prüfung von Alternativtrassen in Auftrag zu geben. Weiters verständigte man sich darauf, daß die Grundeinlösungen bis zum Abschluß der Prüfung von Alternativtrassen ausgesetzt werden sollten. Zu diesem Zeitpunkt war rund ein Drittel der benötigten Flächen eingelöst. Die Volksbefragungen in den betroffenen Gemeinden brachten folgendes Ergebnis:
Datum Ort Stimmberechtigte Beteiligung Für Ennstrasse
27. 11. 1994 Pürgg‑Trautenfels 712 39% 61%
14. 11. 1993 Stainach 1 636 71% 94%
27. 11. 1994 Wörschach 906 71% 86%
27. 11. 1994 Weißenbach 898 52% 56%
29. 11. 1993 Liezen 5 250 60% 65%
72% der abgegebenen Stimmen entfallen somit auf die Befürworter des Ausbaues der Ennsnahen Trasse.
Wasserrecht:
Abschnitt Stainach – Maitschern (km 54,920 bis km 58,000) und Sallabergbrücke S 3 (km 55,785)
Im Oktober 1991 konnte mit dem Bau der Sallabergbrücke S 3 (km 55,785) begonnen werden, wobei es sich hiebei nicht um ein Brückenbauwerk über ein Gewässer, sondern um eine Brücke über die zukünftige Ennsnahe Trasse handelt. Eine wasserrechtliche Bewilligung für diesen Trassenabschnitt nach § 38 WRG war nach Auskunft des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung als Wasserrechtsbehörde vom 8. März 1991 (AV Zahl 334 St 175‑91/27) auf Grund der ihr vorliegenden Projektunterlagen nicht erforderlich. Mit der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 wurde § 38 WRG 1959 (besondere bauliche Herstellungen im Hochwasserabflußgebiet) dahingehend geändert, daß Anlagen im HQ30‑Bereich (Schutz vor dem sogenannten 30jährlichen Hochwasserereignis) jedenfalls einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedürfen. Erst im Zuge eines Hochwasserereignisses im Sommer 1992 stellte sich heraus, daß die Brücke im Hochwasserabflußgebiet des über 2 km entfernten Grimmingbaches liegt. Weitere hydraulische Untersuchungen ergaben, daß im Bereich Stainach – Maitschern (km 54,920 bis km 58,000), in dem die Sallabergbrücke liegt, Hochwässer des Grimming‑ und des Leistenbaches ausufern. Die wasserrechtliche Bewilligung durch die Bezirkshauptmannschaft Liezen wurde daher mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 9. April 1993, Zahl 30‑E17‑90, nachgeholt. Mit Berufungsbescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 14. Mai 1993, Zahl 3‑30 St 181‑93/1, wurden drei Berufungen zurück‑ bzw. abgewiesen. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1996, Zahl 93/07/0082, wurde der Berufungsbescheid des Landeshauptmannes wegen Unzuständigkeit aufgehoben, weil infolge des Vorliegens eines wasserrechtlichen Bewilligungstatbestandes nach § 41 WRG der Landeshauptmann der Steiermark Wasserrechtsbehörde I. Instanz ist. Das neuerliche Wasserrechtsverfahren für den Abschnitt Stainach – Maitschern vor dem Landeshauptmann der Steiermark als Wasserrechtsbehörde I. Instanz ist mittlerweile abgeschlossen worden. Der Abschnitt Stainach – Maitschern mit der Sallabergbrücke wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 20. April 1998, GZ 3‑30.40‑236‑98/11, bewilligt. Berufungen gegen diesen Bescheid sind seit 2. Juni 1998 im Bundesministerium für Land‑ und Forstwirtschaft als 2. Instanz anhängig.
Wanne Stainach (km 53,770 bis km 54,920)
Den für die Errichtung der Wanne Stainach erforderlichen Grund konnte die Bundesstraßenverwaltung bereits im Jahre 1991 erwerben. Die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung des Abschnittes “Wanne Stainach” der B 146 Ennstalbundesstraße hat der Landeshauptmann als Wasserrechtsbehörde mit Bescheid vom 21. April 1992, Zahl 3‑34 St 175‑92/60, erteilt. Das Bundesministerium für Land‑ und Forstwirtschaft hat diesen Bescheid mit Berufungsbescheid vom 16. Februar 1993, Zahl 411.241/10‑I 4/92, bestätigt. Im ordentlichen Rechtsweg war die Bewilligung daher rechtskräftig und es konnte im März 1993 mit dem Bau begonnen werden. Gegen diesen Berufungsbescheid wurde Verwaltungsgerichtshofbeschwerde und ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eingebracht, dem jedoch mit Beschluß des VwGH keine Folge gegeben wurde. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juli 1995, Zahl 93/07/0047, wurde der Berufungsbescheid des Bundesministers für Land‑ und Forstwirtschaft wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Ungeprüft geblieben sei, ob nicht auch eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht nach § 41 WRG vorliegen könnte, welche für die Frage der Parteistellung von Personen bedeutsam wäre. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft war als Berufungsbehörde somit verhalten, die Berufungsvorbringen unter Berücksichtigung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes einer neuerlichen unfassenden rechtlichen und fachlichen Prüfung zu unterziehen. Im Zuge dieses Verfahrens wurden drei Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen eingeholt und hierüber jeweils das Parteiengehör gewahrt. Mit Berufungsbescheid des Bundesministeriums für Land‑ und Forstwirtschaft vom 4. Mai 1998, Zahl 411.241/13‑I 4/98, wurden die Berufungen gegen den Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 21. April 1992 betreffend die Wanne Stainach im wesentlichen abgewiesen. Der Bewilligungsbescheid war lediglich insoweit zu ergänzen, als
– drei Einwendungen von Parteien des erstinstanzlichen Verfahrens ab‑ statt zurückzuweisen und zwei weitere Einwendungen von Verfahrensparteien abzuweisen waren;
– die Bauvollendungsfrist auf Grund der Dauer des Berufungsverfahrens zu verlängern war und
– die im Spruch angeführten Gesetzesbestimmungen richtigzustellen waren.
Der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Gegen den Berufungsbescheid des BMLF wurde innerhalb offener Frist Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht.
Drei Wiederaufnahmeanträge betreffend die Wanne Stainach wurden mit drei Bescheiden des Bundesministeriums für Land‑ und Forstwirtschaft vom 27. April 1998 abgewiesen. Die Bescheide sind in Rechtskraft.
Abschnitt Stainach – Liezen (km 58,000 bis km 69,003) (“Gesamttrasse”)
Mit der Wasserrechtsgesetz‑Novelle 1990 wurde § 38 WRG dahin gehend geändert, daß Anlagen im HQ30-Bereich (Schutz vor dem sogenannten 30jährlichen Hochwasserereignis) jedenfalls einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedürfen.
Im März 1991 wurden von der steiermärkischen Bundesstraßenverwaltung Untersuchungen vorgelegt, nach denen trotz der Wasserrechtsgesetz‑Novelle 1990 keine wasserrechtliche Bewilligung für die “Gesamttrasse” notwendig wäre, weil die Straße außerhalb des HQ30‑Abflußbereiches gelegen wäre. Die Wasserrechtsabteilung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung gelangte sohin nach dem damaligen Kenntnisstand zu dem Ergebnis, daß die Gesamttrasse keiner wasserrechtlichen Bewilligung nach § 38 WRG bedarf. Ein im Frühjahr 1993 von den Professoren Radler und Mader vorgelegtes Gutachten kam jedoch zu dem Schluß, daß der Ist-Zustand der Ennsregulierung nicht dem Regulierungsbescheid entspricht, gewisse Auflagen der Bescheide über die Ennsregulierung nicht erfüllt sind und somit nicht den Schutz vor dem sogenannten 30jährlichen Hochwasserereignis gewährleistet. Die Republik Österreich, Bundeswasserbauverwaltung, verfolgte jedoch nunmehr auf Grund eines Paradigmenwechsels einen sog. “naturnahen Wasserbau” und gab an, die seinerzeitige wasserrechtliche Bewilligung für die Ennsregulierung nicht vollständig konsumieren zu wollen, da sich die ökologische Bewertung von Regulierungen geändert habe. Auf Grund neuerer Überlegungen war man in der Bundeswasserbauverwaltung zu dem Ergebnis gekommen, daß landwirtschaftliche Grundstücke nicht mehr hinsichtlich einer so hohen Hochwasserhäufigkeit geschützt werden sollten. Durch die Verfolgung geänderter Richtlinien des Flußbaues, landwirtschaftliche Grundstücke nicht mehr in dem Ausmaß wie bisher zu schützen und durch die Novellierung des Wasserrechtsgesetzes 1990 wurde die Einholung einer wasserrechtlichen Bewilligung für den mittleren und östlichen Teil der Ennsnahen Trasse gemäß § 38 WRG erforderlich. Erst ab diesem Zeitpunkt ist man in die Bewilligungspflicht gekommen. Der Landeshauptmann der Steiermark als Wasserrechtsbehörde I. Instanz beauftragte daraufhin die steiermärkische Bundesstraßenverwaltung, um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung gemäß § 38 WRG für die Gesamttrasse Stainach–Liezen anzusuchen. Dies konnte seitens der steiermärkischen Bundesstraßenverwaltung erst am 7. März 1994 geschehen, weil das bestehende Projekt der neuen Situation (Lage der geplanten Trasse im Hochwasserabflußgebiet der Enns) angepaßt werden mußte. Der Landeshauptmann der Steiermark als Wasserrechtsbehörde erteilte mit Bescheid vom 4. Mai 1995, Zahl 3‑34 St 175‑95/191, die beantragte Bewilligung für den Bereich km 58,000 bis km 69,033 (für den Teilabschnitt km 53,770 bis km 58,000 lagen bereits Bescheide für alle Anlagenteile vor). Mit Berufungsbescheid des Bundesministeriums für Land‑ und Forstwirtschaft vom 2. Oktober 1996, Zahl 411.241/05‑I 4/96, wurden die Berufungen gegen den Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark abgewiesen. Am 19. Dezember 1996 wurden gegen den Berufungsbescheid des BMLF Beschwerden betreffend die Gesamttrasse der B 146 Ennstalbundesstraße beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, die derzeit noch anhängig sind.
Generell ist festzuhalten, daß die Regelung des § 38 WRG vor der Novellierung des Wasserrechtsgesetzes 1990 wie folgt lautete: “Wasserrechtlich bewilligungspflichtig sind Maßnahmen in jenen Bereichen, die häufig überflutet werden.” In der Judikatur der Höchstgerichte, vor allem des Verwaltungsgerichtshofes, war von einer Überflutung längstens alle fünf Jahre die Rede. Es ging also um Bereiche, die tatsächlich alle zwei bis drei Jahre von Hochwässern betroffen waren und wo entsprechende Maßnahmen gesetzt werden mußten, an welche sich die Leute wirklich erinnern konnten. Diese Maßnahmen sollten unter wasserrechtlicher Bewilligungspflicht stehen. Das Projekt der B 146 wurde bei der Wasserrechtsbehörde bereits 1989 eingereicht, also zu einem Zeitpunkt, als die ursprüngliche Rechtslage galt, und es konnte sich niemand daran erinnern, daß es in diesem Bereich der Regulierung je Überflutungen gegeben hatte.
Ennsbrücken S 6 (km 58,2), S 9 (km 61,4) und Döllacher Brücke S 14 (km 65,4)
Die wasserrechtlichen Bewilligungen für die Ennsbrücken wurden vom Landeshauptmann der Steiermark als Wasserrechtsbehörde mit den Bescheiden vom 8. März 1993, Zahlen 3‑34 St 175‑93/90, 91 und 92 erteilt. Diese Bescheide blieben unbekämpft und sind in Rechtskraft erwachsen.
EU‑Verfahrcn und Naturschutz
Im Dezember 1995 hat das Land Steiermark mit der EU‑Kommission auf Grund der LIFE‑Verordnung EWG Nr. 1973/92 einen Vertrag über die Sicherung und Förderung von Feuchtgebieten im Steirischen Ennstal abgeschlossen. Der Vertrag betraf unter anderem auch die sogenannten Roßwiesen, welche von der Ennsnahen Trasse berührt werden.
Dieser Vertrag und Anzeigen des WWF sowie später der Bürgerinitiative NETT und von Global 2000 waren der Anlaß für Schreiben der EU‑Kommission vom 12. März und 20. Mai 1996. Darin wurde Österreich die Nichtbeachtung der Vogelschutzrichtlinie (Nr. 79/409/EWG) und der Fauna‑Flora‑Habitatrichtlinie (Nr. 92/43/EWG) durch Nichtausweisung unter anderem der Roßwiesen als NATURA-2000‑Gebiet vorgeworfen, ein Vertragsverletzungsverfahren in Aussicht gestellt und gleichzeitig ersucht, bis zur Klärung der Angelegenheit keine einschlägigcn Genehmigungen mehr zu erteilen.
In einem weiteren Schreiben vom 11. September 1996 führte die EU‑Kommission aus, die Steiermark habe ihre Verpflichtungen aus dem LIFE‑Vertrag verletzt und wies auf das Bestehen von Alternativtrassen hin. Österreich antwortete zeitgerecht am 16. Oktober 1996, die vorliegenden Informationen seien nicht geeignet zu belegen, daß die Roßwiesen die Qualifikation als NATURA 2000‑Gebiet erfüllten; überdies treffe es nicht zu, daß die untersuchten Trassenvarianten bezüglich ihrer Leistungsfàhigkeit mit der Ennsnahen Trasse vergleichbar seien. Die EU‑Kommission bekräftigte in ihrem Schreiben vom 4. April 1997 ihre Kritik und räumte eine Frist zur Stellungnahme bis Jahresende 1997 ein. Die Republik Österreich hat daraufhin nochmals ihren Standpunkt vorgetragen und zur Unterstützung fünf Gutachten einholen lassen:
– Generelle Studie über eine Südvariante der Ennsnahen Trasse von km 60,881 bis km 65,030, verfaßt von Zivilingenieur Zinthauser: Diese Trasse vermeidet die Roßwiesen, rückt aber näher an die Siedlungsgebiete in den Orten Fischern und Döllach heran und nimmt hofnahe landwirtschaftlich genutzte Grundflächen in Anspruch.
– Variantenbeurteilung nach EU‑Naturschutzrichtlinien, verfaßt unter der Leitung von Dozent Dr. Gepp: Die Ennsnahe Trasse schneidet am schlechtesten ab, etwas besser noch bei Führung in Teilbereichen am Südufer. Aus Sicht des Naturschutzes ist der Bestandsausbau am günstigsten.
– Abschätzung der Immissionen von Luftschadstoffen, verfaßt unter der Leitung von Prof. Dr. Pischinger: Die Planfälle Bestandsausbau und Ennsnahe Trasse ergeben – gegenüber dem Bestand – geringere Belastungen. Höhere Belastungen bringt der Bestandsausbau im Bereich der Tunnelportale und Lüfterbauwerke (die Ennsnahe Trasse hätte keine derartigen Anlagen).
– Umweltmedizinisches Gutachten, verfaßt von Dr. Christoph König und Dr. Gerd Oberfeld: Bezüglich Lärm- und Schadstoffbelästigung der Bevölkerung ist der Ennsnahen Trasse der Vorzug zu geben, auch gegenüber dem bestandsnahen Ausbau (mit Untertunnelungen). Dies gilt sowohl für die Bauzeit als auch für die neue Straße unter Verkehr.
– Hydrogeologisches Gutachten, verfaßt vom Team Erhart–Schippek, Mascha und Partner: Aus hydrogeologischer Sicht, aber auch aus Sicht des Grundwasserschutzes ist der Ennsnahen Trasse der Vorzug zu geben. Die bei bestandsnahem Ausbau anzulegenden Unterflurtrassen würden in Grundwasserströme eingreifen.
Mittlerweile wurde von der Steiermärkischen Landesregierung am 8. Juni 1998 ein Beschluß gefaßt, in dem die Roßwießen im südöstlichen Bereich des Wörschacher Moores als NATURA 2000‑Gebiet festgelegt wurde. Die Notifikation der Ausweisung der Roßwiesen als NATURA 2000‑Gebiet an die EU‑Kommission erfolgte am 17. Juni 1998. Nach der Einschätzung des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes ist nunmehr der Hauptgrund dieses Vertragsverletzungsverfahrens weggefallen. Es obliegt jetzt der Europäischen Kommission, eine diesbezügliche Einschätzung zu treffen; eine formelle Mitteilung der Europäischen Kommission über eine Einstellung des gegenständlichen Vertragsverletzungsverfahrens liegt allerdings noch nicht vor. Seitens des steiermärkischen Straßenbauressorts hat man um eine Verlängerung der naturschutzrechtlichen Bewilligung, die mit 31. Oktober 1998 ausläuft, angesucht, nachdem die zuständige Rechtsabteilung 6 auf Anfrage das Erfordernis einer neuerlichen Genehmigung verneint hat.
Schadenersatzprozesse gegen Demonstranten:
Zu Ostern sowie im Juni und Juli 1993 fanden im Bereich der Wanne Stainach Baustellenbesetzungen statt, die eine vorübergehende Einstellung der Bauarbeiten zur Folge hatten. Die bauausführende Firma machte auf Grund des Bauvertrages Schadenersatz geltend und erstattete auch Anzeige an die Staatsanwaltschaft. Die Polizeieinsätze gegen die Demonstranten wurden von der Bezirkshauptmannschaft Liezen als Sicherheitspolizeibehörde verfügt.
Diese Baustellenbesetzungen und ‑behinderungen wurden weder bei der Behörde als Veranstaltung angemeldet noch von ihr genehmigt. Der Bezirkshauptmann erließ daraufhin eine Verordnung, wonach das Bauareal binnen gewisser Frist zu räumen sei, was nur zum Teil von den Baustellenbesetzern befolgt wurde. Jene, die diese Sperrzone nicht beachteten, wurden zu Verwaltungsstrafen verurteilt, die aus formalen Gründen wieder aufgehoben wurden.
Nach eingehenden Erhebungen bezüglich Schadenshöhe und Identität der Demonstranten erteilte die steiermärkische Bundesstraßenverwaltung, Landesbaudirektion, der Finanzprokuratur am 14. September 1994 den Auftrag zur Einbringung von Schadenersatzklagen gegen insgesamt 19 Personen (Gesamtstreitwert rund 470 000 S). Eine Weisung des Finanzministeriums an die Finanzprokuratur ist nicht erfolgt und wäre kompetenzrechtlich auch nicht möglich gewesen.
Zur Vermeidung eines Verfahrens wurden die betroffenen Personen vorab von der Finanzprokuratur eingeladen, den entstandenen Schaden zu begleichen. Diesem Ersuchen ist jedoch niemand nachgekommen.
Die Klagen mußten wegen der Wohnorte der Beklagten und wegen des Streitwertes im Einzelfall bei fünf Gerichten eingebracht werden. Elf Beklagte wurden deshalb belangt, weil sie mit Traktoren die Baustellenzufahrt zur “Wanne Stainach” am 5. und 6. Juli 1993 blockiert hatten. Sieben Beklagte müssen sich dafür verantworten, daß sie am 14. April 1993, am 7. Juni 1993 bzw. am 9. Juni 1993 sich entweder an Baufahrzeuge angekettet, Barrikaden auf der Baustelle vor dem Einfahrtstor errichteten oder Menschenketten auf der Baustelle gebildet und dadurch die Bauarbeiten behindert hatten, wodurch der Republik Österreich die geltend gemachten Schadensbeträge entstanden sind. Die Klagen gegen drei Personen wurden bisher rechtskräftig abgewiesen, in einem Fall, weil die Teilnahme des Beklagten an der Demonstration nicht erwiesen sei, in zwei Fällen, weil das Berufungsgericht der Aufassung war, die Beklagten hätten in Ausübung ihres Demonstrationsrechts gehandelt und keine Schädigungsabsicht gehabt, außerdem sei der Schaden sehr gering gewesen. Die übrigen Verfahren sind in Rechtsmittelinstanzen anhängig.
Festzuhalten ist, daß es sich bei den beklagten Parteien zum Teil um Personen handelt, die außerhalb der betroffenen Region leben.
Während der Demonstrationen zu Ostern und im Sommer 1993 waren sowohl im Bereich der Sallabergbrücke als auch der Wanne Stainach Wasserrechtsverfahren bereits eingeleitet:
– Für die Sallabergbrücke hatte das Amt der Steiermärkischen Landesregierung als Wasserrechtsbehörde mit Berufungsbescheid vom 14. Mai 1993 die wasserrechtliche Bewilligung der Bezirkshauptmannschaft Liezen bestätigt.
– Für die Wanne Stainach hatte das Bundesministerium für Land‑ und Forstwirtschaft die wasserrechtliche Bewilligung des Landeshauptmannes mit Berufungsbescheid vom 16. Februar 1993 bestätigt.
Zum Zeitpunkt der Demonstrationen waren die Bescheide somit – unbeschadet der späteren Anrufung der Höchstgerichte – rechtskräftig.
Schlußfolgerungen dcs Unterausschusses:
Auf Grund der Beratungen des Unterausschusses kommt der Ständige Unterausschuß des Rechungshofausschusses zu folgendem Ergebnis:
Dem Auftrag folgend, daß im Rahmen dieses Ausschusses die Vorgangsweise der entscheidungsverantwortlichen Beamten und zuständigen Ressortpolitiker im Zusammenhang mit der Planung der Ennsnahen Trasse zu prüfen ist, wurden diese Personen – zum Teil mehrmals – als Auskunftspersonen zu den einzelnen Themenbereichen geladen und sind dem Ausschuß Rede und Antwort gestanden.
Hinsichtlich der Fraktionsexperten kam es zu einer geschäftsordnungsrechtlichen Frage, die während einer Sitzung des Ständigen Unterausschusses aufgetreten ist. Ein von den Klubdirektoren erarbeiteter einvernehmlicher Vorschlag zur Klärung dieser Frage fand die Zustimmung der Präsidialkonferenz:
Der Ständige Unterausschuß des Rechnungshofausschusses hatte einstimmig den Beschluß gefaßt, Fraktionsexperten im Verhältnis 1:1:1:1:1 den Sitzungen beizuziehen. Strittig war, ob ein solcher Fraktionsexperte an ihn gerichtete Fragen von Abgeordneten im Rahmen der Ausschußberatungen beantworten kann.
Obwohl die Ladung von Dr. Hlauser (rechtsfreundlicher Vertreter eines Teils der Grundbesitzer) – von der Fraktion der Grünen als Auskunftsperson beantragt – vom Ausschuß mehrheitlich abgelehnt wurde, unternahm der Vertreter der Grünen dennoch den Versuch, Dr. Hauser als Fraktionsexperten gegen den Beschluß des Ausschusses zu Wort kommen zu lassen.
Die Präsidiale kam zu dem Ergebnis:
Der Beschluß auf Beiziehung von Fraktionsexperten zu den Ausschußberatungen ist explizit in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen, muß jedoch als Beschluß im Sinne des § 37 Abs. 5 GOG interpretiert werden, wonach Personen, die weder gemäß § 37 Abs. 1 bis 4 (Präsidenten, Abgeordnete, Bundesräte und Bevollmächtigte eines Volksbegehrens) noch nach § 18 Abs. 1 (Mitglieder der Bundesregierung und Staatssekretäre) oder § 20 Abs. 1 und 5 (Präsident des Rechnungshofes und Mitglieder der Volksanwaltschaft) zur Teilnahme an einer Sitzung des Ausschusses berechtigt sind, nur auf Grund einer Genehmigung des Präsidenten des Nationalrates anwesend sein dürfen.
Solche Personen sind typischerweise die Beamten der Parlamentsdirektion und die Bediensteten der parlamentarischen Fraktionen. Letztere werden vom Klubvorsitzenden dem Prasidenten bekanntgegeben und erhalten hierauf einen Ausweis, der diese Genehmigung des Präsidenten wiedergibt. Bei Fraktionsexperten, die vom Ausschuß in einem bestimmten Verhältnis in abstrakter Weise beschlossen werden, werden dem Präsidenten die Namen bekanntgegeben, der über die Parlamentsdirektion die notwendigen Verfügungen treffen läßt, daß diese Personen den Zutritt zu den Ausschußlokalen erhalten. Im Gegensatz zu den Klubsekretariaten erhalten diese nur für individualisierte Ausschußsitzungen Zutritt. Diesen Fraktionsexperten stehen also nur dieselben Rechte zu wie den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der parlamentarischen Klubs, nämlich das Recht auf Anwesenheit, während der Ausschußverhandlungen im Ausschußlokal und auf interne Beratung der Abgeordneten jener Fraktion, von der sie nominiert wurden. Jedenfalls kommt ihnen aber kein Rederecht zu, weshalb auch von Abgeordneten an diese keine Fragen zur Beantwortung im Rahmen der Ausschußberatungen gestellt werden können.
Die diesen Bericht unterstützenden Fraktionen machen insbesondere auf ein rechtliches Problem aufmerksam und weisen auf das Fehlen einer entsprechenden rechtlichen Regelung hin:
Einer Lösung bedarf nämlich ein Problem, das erstmalig in der Praxis bei den Enteignungsverfahren für die Ennsnahe Trasse in dieser Form aufgetreten ist: Für den Bau einer Straße können auf der rechtlichen Grundlage des Bundesstraßengesetzes Enteignungen vorgenommen werden; falls in einer allenfalls erforderlichen naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung jedoch Auflagen vorgeschrieben sind, wie zB die Bereitstellung von Grundflächen für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen, so besteht derzeit keine Möglichkeit, diese mittels Bundesrecht auch zu erfüllen. Hier besteht eine Diskrepanz, die im Sinne des Natur‑ und Umweltschutzes zu beseitigen wäre.
Sowohl BM Dr. Farnleitner als auch LR Ing. Ressel sprachen sich für eine Novellierung des Bundesstraßengesetzes aus, um die Realisierung eines Vorhabens zu ermöglichen, das vor allem zum Nutzen der betroffenen Menschen umgesetzt werden soll – andernfalls müsse es in manchen Bereichen auf Grund der derzeit geltenden Rechtslage de facto zu einem Baustopp kommen:
Da die für landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen, deren Umsetzung als Auflage im naturschutzrechtlichen Bewilligungsbescheid vorgeschrieben war, notwendigen Grundstücke nur teilweise im Wege einer gütlichen Übereinkunft erworben werden konnten, wurden die Enteignungsanträge nach dem Bundesstraßengesetz auch auf diese Grundflächen ausgeweitet, im Bestreben, eben diese Auflagen des Naturschutzbescheides zu erfüllen. Argumentiert und begründet wurden diese Enteignungen damit, daß das Naturschutzprojekt ein integrierender Bestandteil des Straßenprojektes sei und die für die landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen erforderlichen Flächen somit Bestandteile der geplanten Bundesstraße darstellten.
Im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten wurde über diese Frage der Enteignungen für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen in Juristenkreisen intensivst diskutiert, wobei die verschiedensten Rechtsmeinungen zur Sprache gekommen sind. Schließlich hat man sich darauf geeinigt, daß der Standpunkt, landschaftspflegerische Flächen unter § 3 Bundesstraßengesetz zu subsumieren, sehr wohl argumentierbar sei. Im Laufe der Beratungen kam es zu unterschiedlichen Meinungen über die Frage einer Weisungserteilung.
Der Verfassungsgerichtshof hob jedoch die nach dem Bundesstraßengesetz vorgenommenen Enteignungen auf, weil dieses Bundesgesetz nicht für eine Länderzuständigkeit herangezogen werden könne. Der VfGH stellte unter anderem in einem Erkenntnis fest, daß es denkunmöglich sei, naturschutzrechtliche Auflagen auf der Grundlage bundesstraßenrechtlicher Enteignungsregelungen zu verwirklichen. Der Ausdruck “denkunmöglich” bedeutet jedoch nach Auskunft MR Dr. Neuhaus keineswegs, daß vom Antragsteller oder von der Behörde willkürlich vorgegangen wurde, sondern diese Formulierung besagt lediglich, daß von der Behörde eine dem Verfassungsgerichtshof unrichtig erscheinende Rechtsanwendung vorgenommen wurde. Der Verfassungsgerichtshof wendet diesen Ausdruck nachweislich in seinen Entscheidungen immer wieder an, ohne jedoch damit die betroffene Behörde diskriminieren oder rügen zu wollen.
Auch der Rcchnungshof beurteilte es in seinem Tätigkeitsbericht über das Verwaltungsjahr 1993 (III‑6 der Beilagen) als unbefriedigend, daß die Bundesstraßenverwaltung bei der Verwirklichung der von der Naturschutzbehörde auferlegten landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen zu Bundesstraßenbauten von der Einwilligung der Grundeigentümer abhängig ist.
Der seitens der Opposition apodiktisch erhobene Vorwurf der Rechtswidrigkeit in Zusammenhang mit den verschiedenen durchgeführten Verfahren entbehrt jeder Grundlage und kann so nicht im Raum stehengelassen werden:
|
3 |
Nicht nur, daß bei diesem Projekt insbesondere durch die überschneidenden Rechtsmaterien sehr schwierige Rechtsfragen auftraten und man vor Rechtsproblemen stand, für die es noch keinen Präzedenzfall gab, so änderte sich noch dazu die komplizierte Rechtslage während der langen Dauer der Verfahren in vielen wichtigen Aspekten. Eine Auskunftsperson formulierte in diesem Zusammenhang treffend, daß, wenn man anläßlich einer Aufhebung durch die Höchstgerichte automatisch Rechtswidrigkeit der handelnden Organe in der Beurteilung von Rechtsfragen erblickt, man sich die Berufungsinstanzen “eigentlich ersparen könnte”. Trotz der oben angeführten widrigen Umstände wurden die Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Der Instanzenzug wurde in vielen Fällen zur Gänze ausgeschöpft, was bei solch komplexen Verfahren zwangsläufig zur Folge hatte, daß die Verfahrensdauer extrem in die Länge gezogen wurde, und zwar zu Lasten einer verkehrsgeplagten Bevölkerung, die seit Jahrzehnten zu Recht auf eine spürbare Verbesserung ihrer Lebensqualität wartet. Die Ausschöpfung des Instanzenzuges hat aber auch dazu geführt, daß sich während dieser Zeit die Rechtslage substantiell geändert hat.
Nimmt man in diesem Fall eine Güterabwägung zwischen dem Recht des Einzelnen auf Erhebung von Rechtsmitteln einerseits und dem Recht der Mehrheit der Bevölkerung auf Realisierung eines Projektes andererseits vor, so kann man im konkreten Fall von einer Unausgewogenheit zu Lasten der Mehrheit der Bevölkerung, die das Straßenbauvorhaben befürwortet, sprechen. In diesem Spannungsverhältnis standen ebenso die Entscheidungsträger auf Verwaltungs‑ sowie auf politischer Ebene.
Die Verwaltung hat stets auf der Rechtsgrundlage der nach wie vor aufrechten Verordnung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 7. September 1990 betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der B 146 Ennstal Straße, deren Zustandekommen der Verfassungsgerichtshof als verfassungskonform bestätigt hat, gehandelt und auch weiterhin zu handeln. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist eine Verwaltungsbehörde an Gesetze und Verordnungen, die sie zu vollziehen hat, gebunden.
Im Hinblick auf die Enteignung von Grundflächen für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen konnte man bis zu den Erkenntnissen des Verfassungs‑ und Verwaltungsgerichtshofes davon ausgehen, daß rechtens gehandelt worden ist. Bis dahin konnten schlüssig mehrere Rechtsmeinungen vertreten werden, die begründbar und argumentierbar waren. Sowohl das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten als auch das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung IIa, haben in ihrer Gegenschrift bzw. Äußerung zur Behauptung, daß die Enteignung von Flächen, die für die Erfüllung von landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen benötigt werden, unzulässig sei, folgendes vorgebracht:
“Zur Verwirklichung der im Bescheid der Naturschutzbehörde beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. Februar 1988, Zahl 6‑375/IV BU 92/53‑1988, vorgeschriebenen landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen hat die Bundesstraßenverwaltung ein Projekt erstellt, für dessen Ausführung sie ua. die im angefochtenen Bescheid gesondert ausgewiesenen Grundflächen benötigt. Daß der naturschutzrechtliche Bescheid diese Flächen nicht genauer umschreibt, kann der Bundesstraßenverwaltung nicht angelastet werden. Die Bundesstraßenverwaltung mußte zur Kenntnis nehmen, daß die Beschwerdeführerin nicht bereit ist, den für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen erforderlichen Grund freiwillig abzutreten. Da jedoch der Straßenbau auf einem gesetzlichen Auftrag basiert (siehe VwGH, Erk. vom 11. Oktober 1990, 90/06/0091), und da die Bundesstraßenbehörde und Bundesstraßenverwaltung an die Verordnung über die Festlegung der Trasse der B 146 gebunden sind, war die Enteignung für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen zur Herstellung der neuen Straße im Sinne des § 17 Bundesstraßengesetz notwendig. Darüber hinaus handelt es sich bei diesen Begleitmaßnahmen auch um Anlagen zum Schutze der Nachbarn im Sinne des § 3 BStG, für die – als Bestandteile der Bundesstraße – ein Enteignungsrecht gemäß § 17 BStG besteht.”
Erst die Erkenntnisse des VfGH und VwGH stellten eindeutig klar, daß das Bundesstraßengesetz keine ausreichende gesetzliche Grundlage bietet, um für Zwecke des Naturschutzes zu enteignen. Das bedeutet, daß derzeit jedes Straßenbauvorhaben, das mit Naturschutzauflagen verbunden ist, von vornherein blockierbar ist.
Der Ausschuß unterstützt die Bemühungen der Steiermärkischen Landesregierung als ersten Schritt – um die festgefahrene Situation wieder in Schwung zu bringen –, eine Landesstraßenumfahrung Stainach voranzutreiben:
Die Steiermärkische Landesregierung hat sich für eine Landesstraßenumfahrung Stainach ausgesprochen, um vorerst die unzumutbare Verkehrssituation der Marktgemeinde Stainach durch den Bau einer Umfahrung erheblich zu verbessern. Der genaue Verlauf der Umfahrung ist derzeit in Planung und wird in Zusammenarbeit mit allen Betroffenen festgelegt. Alle Betroffenen, Interessierten und Bürger‑Initiativgruppen wurden in einen Dialog in einer völlig neuen Form einer Bürgerbeteiligung (Open Space) einbezogen.
Laut Prognosen werden in vier Jahren 15 500 Fahrzeuge tagtäglich durch Stainach fahren, das als einzige Gemeinde in diesem Abschnitt der B 146 noch über keine Umfahrung verfügt. Die Verwirklichung der geplanten Umfahrung Stainach wäre schon in vier Jahren möglich. Nach Fertigstellung der Enns‑Trasse wird sie Teil davon sein, zudem wird Stainach dann auch schon einen sinnvollen Zubringer haben, sodaß auch dann Gäste und Kunden rasch und direkt nach Stainach kommen können.
Ziel der Steiermärkischen Landesregierung bleibt jedoch weiterhin die Verwirklichung der Enns‑Trasse. Der Grundsatzbeschluß der Steiermärkischen Landesregierung zur Landesstraßenumfahrung Stainach lautet wie folgt:
– Am Neubau der verordneten Trasse der B 146 im Abschnitt Stainach – Liezen wird festgehalten.
– In die Umfahrung Stainach sind die bisher von der Bundesstraßenverwaltung errichteten Bauwerke Wanne Stainach und Sallabergbrücke einzubeziehen.
– Die Verbindung von der verordneten Trasse zur bestehenden Bundesstraße wird östlich von Stainach als Landesstraße, ohne die bestehenden Freizeitanlagen zu beeinträchtigen, geführt und sind bei der Einbindung in Stein entsprechende Lärmschutzmaßnahmen zu setzen. In die Planung ist die betroffene Bevölkerung einzubinden.
– Innerhalb der künftigen Bundesstraßenbau‑Programme ist die Realisierung von Lärmschutzmaßnahmen im Bereich Wörschach und Weißenbach zu bedecken.
– Zur Umsetzung der provisorischen Umfahrung Stainach als Landesstraßenumfahrung und intensiven Bearbeitung der weiteren Schritte zur Realisierung der verordneten Trasse der B 146 wird eine Projektgruppe, gebildet aus Vertretern der betroffenen Fachabteilungen, Rechtsabteilungen, des Umweltanwaltes und einem Projektleiter, unverzüglich eingesetzt.
Nach Auskunft von LR Ressel wird die Generalplanung betreffend die Umfahrung Stainach im Herbst abgeschlossen sein; erst dann werde man genau beurteilen können, wieviele Grundbesitzer vom Bau der Umfahrung Stainach betroffen sind bzw. wieviele Grundstücke konkret gebraucht werden. Derzeit weiß man, daß etwa zehn bis fünfzehn Grundstücke im Bereich der Trasse liegen, wobei Optionsverträge mit allen betroffenen Grundstücksbesitzern – mit einer Ausnahme – abgeschlossen wurden. Über das Ausmaß der benötigten Flächen kann erst nach Abschluß der Generalplanung konkret Auskunft gegeben werden. Ebenfalls nach Abschluß der Generalplanung kann mit den Verfahren begonnen werden. Mit der Ausschreibung des Baues sei Ende 1999 zu rechnen, wenn keine weiteren Probleme in den Verfahren auftreten. Das Land wird die Finanzierung dieser Umfahrung Stainach in Höhe von voraussichtlich rund 130 Millionen Schilling übernehmen.
In den Abschnitt Stainach – Maitschern, für den nun ein Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark I. Instanz vorliegt, würde die von der Steiermärkischen Landesregierung angestrebte Umfahrungsspange einmünden. Auf Grund der beim Bundesministerium für Land‑ und Forstwirtschaft anhängigen Berufungen ist dieser Abschnitt derzeit wasserrechtlich nicht rechtskräftig bewilligt. Seitens des Bundesministeriums für Land‑ und Forstwirtschaft werden diese Berufungen vordringlich behandelt. Der Grund dafür, daß die Wasserrechtsverfahren im Bereich der Ennstal Bundesstraße insgesamt eine gewisse Dauer haben, ist auf die Vernetztheit dieses Projektes, für welches zeitgleich und zeitlich überschneidend mehrere Verfahren durchzuführen sind und waren, die in rechtlichem und faktischem Zusammenhang standen. Außerdem mußten die Verfahren selbstverständlich sorgfältig durchgeführt werden.
Die Fraktionen erkennen die prekäre Verkehrssituation, vor allem für die betroffene Bcvölkerung und die lokal ansässige Wirtschaft, und unterstützen als Sofortmaßnahme und als Teillösung im Sinne einer möglichst raschen Entlastung der verkehrsgeplagten Bevölkerung den Bau der Umfahrung Stainach. Die Verkehrslösung muß so gestaltet sein, daß einerseits für die betroffene Bevölkerung eine Verbesserung ihrer Lebensqualität erzielt wird, andererseits die auch bei größtem Bemühen nicht vermeidbare Beeinträchtigung der Natur möglichst gering gehalten wird. Unter Einbeziehung der bereits errichteten Bauteile wird die Landesstraßenumfahrung Stainach seitens der Steiermärkischcn Landesregierung verwirklicht, wobei die Kosten in Höhe von 130 Millionen Schilling nach eigenen Angaben das Land Steiermark trägt. Weiters befürworten und begrüßen die Fraktionen ausdrücklich den politischen Willen der Steiermärkischen Landesregierung, am Neubau der verordneten Trasse der B 146 im Abschnitt Stainach – Liezen festzuhalten.
Resümee:
1. Bei dieser Region handelt es sich um eine in bezug auf die Verkehrsinfrastruktur benachteiligte Region, was vor allem zu Lasten der dort lebenden Menschen sowie der regionalen Wirtschaft geht. Eine Studie im europaweiten Regionenvergleich hat ergeben, daß diese Region neben Gallizien punkto verkehrsmäßiger Infrastruktur im letzten Viertel gelegen ist.
2. Die Politik, aber auch die Mehrheit der dort lebenden Menschen, die besonders darunter leiden, daß der gesamte Verkehr bis dato durch die Ortschaften geführt wird, befürworten daher den Bau der verordneten Ennsnahen Trasse. Hier geht es nicht nur um Verkehrsbelastung, sondern auch um die Sicherheit der dort ansässigen Bevölkerung, vor allem der Kinder. Zugleich können mit dem Bau der Ennsnahen Trasse die infrastrukturellen Chancen der Region aufgewertet und verbessert werden.
3. Die Umsetzung des Straßenbauvorhabens war auf Grund einer kompetenzrechtlich zersplitterten, äußerst schwierigen Rechtslage vorzunehmen. Ein besonderes rechtliches Problem entstand dadurch, daß Enteignungen, die zur Erfüllung der Auflagen eines Naturschutzbescheides, der auf Landesrecht basiert, vorgenommen werden mußten, mittels Bundesrecht nicht durchgeführt werden konnten, wie die Erkenntnisse der Höchstgerichte zeigten.
Dieser Fall der Ennsnahen Trasse zeigt klar auf, daß es zurzeit bei Straßenbauvorhaben keine Rechtsgrundlage gibt, Grundflächen für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen zu enteignen, die als Auflagen eines Naturschutzbescheides vorgesehen sind. Alle Straßenbauvorhaben, die von Naturschutzauflagen begleitet sind, sind betroffen, womit der eigentliche Sinn und Zweck dieser Maßnahmen zum Schutz der Natur ad absurdum geführt wird.
4. Die exzessive Erhebung von Rechtsmitteln verlängerte die Dauer der Verfahren beträchtlich, wodurch die ohnehin schon komplizierte Rechtslage noch schwieriger wurde, da innerhalb dieses Zeitraumes wesentliche Änderungen in den maßgeblichen Rechtsbereichen vorgenommen wurden.
5. Finanzielle Belastungen des Bundes, die aus angeblich rechtswidrigen Vorgängen resultieren, hat es nicht gegeben. Dem Bund sind deshalb keine finanziellen Belastungen erwachsen, weil es im Rahmen der Verfahren keine rechtswidrigen Vorgänge gegeben hat. Naturgemäß sind jedoch solche Kosten entstanden, die anfallen, wenn Bürger in einem Rechtsstaat von Rechtsmitteln Gebrauch machen.
6. Was die “aussichtslosen Klagsführungen” des Bundes gegen Bürger/innen anbelangt, so ist zu sagen, daß der baudurchführenden Firma durch die vorübergehende Einstellung der Bauarbeiten nachweislich ein Schaden entstanden ist, den diese gegen die Republik Österreich geltend machte. Deshalb beauftragte die steiermärkische Bundesstraßenverwaltung die Finanzprokuratur zur Einbringung von Schadenersatzklagen gegen insgesamt 19 Personen. Bisher wurden die Klagen gegen drei Personen rechtskräftig abgewiesen, die übrigen Verfahren sind in Rechtsmittelinstanzen anhängig. Eine abschließende Beurteilung ist deshalb zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.
7. Die Behörden waren bemüht, die Verfahren auf Grund der Gesetze durchzuführen. Pauschale Vorwürfe der Rechtswidrigkeit entbehren jeder Grundlage.
8. Bemühungen der Steiermärkischen Landesregierung, diese für die Bevölkerung unhaltbare Situation zu lösen, werden unterstützt; insbesondere das Vorhaben, die Landesstraßenumfahrung Stainach unter größtmöglicher Einbeziehung der Bevölkerung zu realisieren, sowie das Festhalten am Neubau der verordneten Trasse der B 146 sind zu begrüßen.
Wien, 1998 10 29
Dr. Sonja Moser-Starrach Ute Apfelbeck
Berichterstatterin Obfrau
Minderheitsbericht
der Abgeordneten Andreas Wabl, Mag. Dr. Udo Grollitsch, Karl Smolle
gemäß § 42 Abs. 4 GOG-NR
zum Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses
gemäß § 32e Abs. 4 GOG-NR
zur Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Andreas Wabl, Mag. Thomas Barmüller, Ute Apfelbeck und Genossen auf Prüfung rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit Genehmigung und teilweisem Bau (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) der “Ennsnahen Trasse” und daraus resultierende finanzielle Belastungen des Bundes; aussichtslose Klagsführungen des Bundes gegen Bürger/innen, die gegen diese rechtswidrigen Vorgänge Widerstand geleistet haben.
A. Einleitung
In der 109. Sitzung des Nationalrates am 25. Februar 1998 hat ein Viertel der Mitglieder des Nationalrates gemäß § 32e Abs. 2 GOG-NR das Verlangen auf Prüfung rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit Genehmigung und teilweisem Bau (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) der “Ennsnahen Trasse” und daraus resultierende finanzielle Belastungen des Bundes; aussichtslose Klagsführungen des Bundes gegen Bürger/innen, die gegen diese rechtswidrigen Vorgänge Widerstand geleistet haben, gestellt. Maßgebend für das Verlangen war der Umstand, daß seit mehr als zwei Jahrzehnten dieses Straßenbauprojekt insbesondere im Bundesland Steiermark Öffentlichkeit und Politik beschäftigt, daß einerseits zahlreiche Verfahren und Bescheide von den Höchstgerichten aufgehoben wurden und daß andererseits politische Auseinandersetzungen vor Ort zu Konflikten zwischen Exekutive und Bevölkerung führten. Außerdem lag durch das Vorgehen der Behörde und der politischen Verantwortungsträger der Verdacht nahe, daß der politische Wille in verfassungs- und rechtswidriger Weise durchgesetzt werden sollte.
B. Beratungen und Beschlüsse des Ständigen Unterausschusses
Der Ständige Unterausschuß nahm seine Beratungen über den Prüfungsauftrag am 24. März 1998 auf.
Weitere Sitzungen fanden am 22. April 1998, 13. Mai 1998, 5. Juni 1998, 30. Juni 1998 und 30. September 1998 statt.
Am 13. Mai wurden folgende Anträge einstimmig zum Beschluß erhoben:
a) Antrag der Abgeordneten Andreas Wabl und Mag. Dr. Udo Grollitsch:
Es wird beantragt, das Finanzministerium zu ersuchen, einen Bericht über die Klagen gegen Ennstrassen-Gegner durch die Finanzprokuratur und die damit verbundenen Kosten für die Republik Österreich dem Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses zu übermitteln.
b) Antrag der Abgeordneten Georg Wurmitzer und Kollegen:
Es wird beantragt, die Steiermärkische Landesregierung um die Vorlage eines Berichtes über die Kapitel Enteignung, Wasserrecht, EU‑Verfahren und Naturschutz im Zusammenhang mit der Projektierung der Ennsnahen Trasse an den Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses zu ersuchen.
c) Antrag der Abgeordneten Otmar Brix und Georg Wurmitzer auf Ladung von Fraktionsexperten im Verhältnis 1 : 1 : 1 : 1 : 1.
Der Unterausschuß hat folgende Auskunftspersonen angehört:
BM für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner;
BM für Land- und Forstwirtschaft Dr. Wilhelm Molterer;
Staatssekretär im BKA, Dr. Peter Wittmann;
LR Dr. Gerhard Hirschmann;
LR Ing. Hans-Joachim Ressel (Straßenbau und Finanzwesen);
LR Erich Pöltl (Landwirtschaft Stmk.);
Dipl.‑Ing. Friedrich Bauer (im Zuge der mittelbaren Bundesverwaltung für den Landeshauptmann im Enteignungsverfahren);
MR Dr. Walter Neuhaus (Bearbeiter in der zweiten Instanz der Enteignungsverfahren);
MR i. R. Dr. Leopold Hrazdera (Verhandlungsleiter der Enteignungsverfahren; nach Ablehnung eines Videobandes mit entsprechenden Aussagen);
SC Dr. Friedrich Freudenreich (AR‑Vorsitzender ASAG 5/1987‑12/1992);
ORR Dr. Johann Funovits (Rechtsabteilung 3, Steiermärkische Landesregierung);
HR Dr. Manfred Rupprecht (Rechtsabteilung 3, Steiermärkische Landesregierung);
HR Dr. Gerhard Wielinger (Landesamtsdirektor);
HR Dr. Wolfgang Gobiet (Vorstand Fachabteilung IIa, Gesamtverkehr und Koordination);
OR Mag. Kurt Nemetz (Nachfolger von Dr. Hrazdera);
HR Dipl.-Ing. Bruno Saurer (Amt der Stmk. Landesregierung, FA 2a, Wasserwirtschaft);
HR Dr. Peter Schurl (RA 3, Verhandlungsleiter Wasserrechtverfahren);
HR Dieter Frisch (Amt der Stmk. Landesregierung, FA 2b);
HR Dr. Helmut Wippel (Amt der Stmk. Landesregierung, RA 6).
C. Verfahren des Ständigen Unterausschusses
Trotz ausführlicher Diskussion in der Präsidiale über die andauernden Schwierigkeiten im Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses scheint offensichtlich die feste Absicht der Koalitionsparteien zu bestehen, die Kontrollarbeit des Ausschusses durch Blockade und Obstruktion zu behindern.
Von den von der SPÖ und ÖVP gestellten Ausschußmitgliedern wurde die Ladung folgender Auskunftspersonen mit der Begründung abgelehnt, daß deren Aussage zur Wahrheitsfindung nicht erforderlich sei:
BK Mag. Viktor Klima (vorm. Finanzminister);
EU-Agrarkommissär Dr. Franz Fischler (vorm. Landwirtschaftsminister);
BM Dr. Wolfgang Schüssel (vorm. Wirtschaftsminister);
LH Waltraud Klasnic (als ehem. Ref. f. Straßenbau und Wirtschaft);
LH a. D. Dr. Josef Krainer (ehem. Straßenbauref.);
LR a. D. DI Franz Hasiba;
Univ.-Prof. Dr. Siegfried Radler;
Dr. Eric Egerer (Umweltforum);
Dr. Heinrich Vana (Rechtsanwalt);
Barbara Stangel (Bürgerinitiative Schönes Ennstal);
Dr. Herwig Hauser (Rechtsberater u. dam. Obmann von NETT);
HR Dr. Alois Oswald (Umweltanwalt der Stmk.);
Univ.-Prof. Dr. Reinhard Rack;
Univ.-Prof. Dr. Bernhard Raschauer;
V.-Ass. Dr. jur. Rudolf Feik;
Alfred Praschl (Gemeindesekr. v. Aigen im Ennstal);
VA Ingrid Korosec (Volksanwaltschaft);
HR Dr. Martinek (Wirtschaftsministerium);
Dr. Baumann (Finanzprokuratur).
Die Ablehnung der angeführten Auskunftspersonen zeigt, daß von seiten der Koalitionsparteien wenig Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Unterausschusses bestand, zumal auch genau jene Personen dem Ausschuß vorenthalten wurden, die im gegebenen Zusammenhang die politische Verantwortung zu tragen hatten und haben. Dazu kommt noch, daß zwei geladene Vertreter des Landes Steiermark, nämlich Landesrat Dr. Gerhard Hirschmann und Landesamtsdirektor Univ.-Prof. Dr. Gerhard Wielinger, bei der Befragung durch die Mitglieder des Unterausschusses nicht bereit waren, Auskünfte zu erteilen, soweit sie sich auf Naturschutzangelegenheiten bezogen. Dieser Haltung ist zu entnehmen, daß die genannten Auskunftspersonen nicht daran interessiert waren, die Kontrollaufgaben des Unterausschusses zu unterstützen. Diese unverständliche Mißachtung des Nationalrates veranlaßte den Präsidenten des Nationalrates, mit Schreiben vom 10. Juli 1998 die Frau Landeshauptmann der Steiermark, Waltraud Klasnic, um Unterstützung zu ersuchen. Das genannte Schreiben lautet wie folgt:
“Sehr geehrte Frau Landeshauptmann!
In der Sitzung des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses betreffend das Prüfungsverlangen “Ennsnahe Trasse” am 30. Juni 1998 haben Herr Landesrat Dr. Gerhard Hirschmann und Herr Landesamtsdirektor Hofrat Universitätsprofessor Dr. Gerhard Wielinger als Auskunftspersonen gemäß § 40 des Geschäftsordnungsgesetzes teilgenommen, es im Zuge ihrer Befragung jedoch abgelehnt, Auskünfte zu erteilen, soweit sie sich auf den selbständigen Wirkungsbereich des Landes (Naturschutzangelegenheiten) bezogen.
Die Mitglieder des Rechnungshof-Unterausschusses haben den Eindruck gewonnen, daß es den oben genannten Persönlichkeiten – ungeachtet der kompetenzrechtlichen Überlegungen – möglich gewesen wäre, dieses Gremium des Nationalrates bei seinen Aufgaben stärker zu unterstützen, als dies der Fall war.
Ich darf daher – entsprechend den Erörterungen in der Präsidialkonferenz – zum Ausdruck bringen, daß es allen Fraktionen des Nationalrates ein Anliegen ist, daß auch Mitglieder der Steiermärkischen Landesregierung und höchste Landesbeamte an der Erfüllung von Kontrollaufgaben der gesetzgebenden Körperschaften des Bundes im Interesse der Republik nach besten Kräften mitwirken.
Mit dem Ersuchen um die diesbezügliche Unterstützung verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen”
Eine Reaktion auf dieses Schreiben ist trotz Urgenz bis jetzt nicht erfolgt.
Es ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, daß die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Nationalrates für eine zielführende Tätigkeit dieses Ständigen Unterausschusses nicht ausreichen, da die von den Regierungsparteien gestellte Mehrheit der Ausschußmitglieder zur Verhinderung effektiver Untersuchungen mißbraucht wird.
Es ist daher unbedingt erforderlich, die Geschäftsordnung durch klare Regelungen betreffend das Verfahren des Ständigen Unterausschusses zu ergänzen. Dadurch muß der Ständige Unterausschuß in die Lage versetzt werden, besondere Akte der Gebarungsüberprüfung bezüglich eines bestimmten Vorganges in einer der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegenden Angelegenheit der Bundesgebarung (Art. 122 Abs. 1 B-VG) tatsächlich durchzuführen. Er tritt in Erfüllung dieser Aufgabe an Stelle des sonst als Hilfsorgan des Nationalrates fungierenden Rechnungshofes, wobei ihm zur Erfüllung dieser Aufgabe auch alle sonst dem Rechnungshof zukommenden Befugnisse übertragen werden müssen (zB insbesondere die in §§ 2, 3 und 4 RHG genannten Prüfungsbefugnisse). Seine Prüfungsbefugnis muß sich daher auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit sowie der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit erstrecken und darf sich nicht auf die bloß ziffernmäßige Nachprüfung beschränken. Eine erfolgreiche Erfüllung seiner Aufgaben wäre auch nicht denkbar, wenn die Akteneinsicht Beschränkungen unterläge. Die der Überprüfung durch den Ständigen Unterausschuß des Rechnungshofausschusses unterliegenden Stellen müssen daher verhalten werden, Anfragen ohne Verzug vollinhaltlich und unmittelbar zu beantworten, alle abverlangten Auskünfte zu erteilen, Akten (im Original) vorzulegen und jedem Verlangen zu entsprechen, das zum Zwecke der Durchführung der Kontrolle gestellt wird.
Die diesbezüglich im Minderheitsbericht vom 1. Juli 1997 zum Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses, Zu 789 der Beilagen XX. GP, vorgebrachte Kritik muß daher vollinhaltlich aufrechterhalten bleiben.
In dieses Bild paßt auch der Umstand, daß obwohl in der Ausschußsitzung vom 30. September 1998 offenkundig geworden war, daß die Ladung weiterer Auskunftspersonen, nämlich von MR Dr. Martinek (BMwA) und Dr. Baumann (Finanzprokuratur) zur Aufklärung des Sachverhaltes unbedingt erforderlich ist, die Ladung dieser Personen jedoch ohne Begründung abgelehnt wurde. Daraus ist zu ersehen, daß seitens der Koalitionsparteien an der lückenlosen Aufklärung der in diesem Zusammenhang erheblichen Fragen – offenkundig, um die politische und rechtliche Mitverantwortung für die verfassungs- bzw rechtswidrigen Vorgänge zu verschleiern – kein Interesse besteht.
D. Prüfung rechtswidriger Vorgänge im Zusammenhang mit Genehmigung und teilweisem Bau (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) der “Ennsnahen Trasse” und daraus resultierende finanzielle Belastungen des Bundes; aussichtslose Klagsführungen des Bundes gegen Bürger/innen, die gegen diese rechtswidrigen Vorgänge Widerstand geleistet haben
1. Naturschutz und EU-Richtlinien
Die steirische Naturschutzbehörde hat 1988 für den Bau der B 146, “Ennsnahe Trasse” eine Ausnahmegenehmigung im Landschaftsschutzgebiet “Mittleres Ennstal” erteilt. Dies geschah entgegen der schriftlich dargelegten Meinung der Fachbeamten und im Wissen darüber, daß eine gleichwertige umweltschonendere Alternativvariante (Bestandsausbau) existiert.
Grund dafür war eine politische Weisung (Aktenvermerk des damaligen Abteilungsleiters Hofrat Dr. Dattinger) des zuständigen Landesrates Prof. Jungwirth. Der Bescheid wird von Univ.-Prof. Dr. Raschauer als rechtswidrig qualifiziert, ist aber bis heute die naturschutzrechtliche Grundlage für den Straßenbau im Landschaftsschutzgebiet.
Im Jahre 1994 mußte das Projekt vollkommen umgeplant werden, weil bis dahin die Hochwassersituation (siehe Kapitel Wasserrecht) sachlich falsch und rechtswidrig behandelt worden war. Dieses neue “Detailprojekt 1994” liegt jetzt dem aktuellen Wasserrechtsverfahren zugrunde, unterscheidet sich aber vom 1988 naturschutzrechtlich genehmigten Projekt so stark, daß nach Meinung wissenschaftlicher Gutachter – Univ.-Prof Dr. Weber, Universität Innsbruck und ARGE Freiland/Mader – ein neues Naturschutzverfahren durchgeführt werden muß. Auftraggeber für diese Gutachten war der steirische Umweltanwalt Dr. Alois Oswalt (Beilage 1).
Ein neues Naturschutzverfahren wird von der Steiermärkischen Landesregierung aber abgelehnt, obwohl das “Projekt 1994” neue Brücken von bis zu 130 m Länge, eine ganze Kaskade von Querdämmen zwischen Straße und Enns, neue Rohrdurchlässe durch den Ennsdamm und viele andere durch die alte Bewilligung nicht gedeckte neue Bauanlagen im Landschaftsschutzgebiet enthält (Beilage 5).
Dies könnte zu einer neuen Rechtswidrigkeit führen.
Die naturschutzrechtliche Bewilligung aus dem Jahre 1988 muß, um nicht zu verfallen, im Oktober 1998 neuerlich verlängert werden. Diese Verlängerung würde also ein Straßenprojekt betreffen, welches aus wasserrechtlichen Gründen – Hochwassersicherheit – gar nicht gebaut werden kann!
Europäisches Naturschutzrecht:
Seit 1. Jänner 1995 gelten die Vogelschutz- und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union für Österreich. Die Vogelschutzrichtlinie hat “unmittelbare Wirkung” dh. in Gebieten, in welchen geschützte Vögel (nach Anhang I der Vogelschutzrichtlinie) vorkommen, darf deren Bestand nicht durch Eingriffe gefährdet werden (“Verschlechterungsverbot”).
Obwohl am Südrand des Wörschacher Moores (Roßwiesen) der Wachtelkönig nachgewiesen ist, hielt die Steiermärkische Landesregierung trotzdem an der Straßentrassierung durch dieses Gebiet fest. Erst die mehrfache intensive Intervention der Europäischen Kommission bei der Bundesregierung, bewirkt durch eine Beschwerde von österreichischen Naturschutzverbänden in Brüssel, brachte die Landesregierung dazu, die Roßwiesen als “NATURA 2000”-Gebiet zu nominieren (Beilage 4).
Außerdem wurde in den Roßwiesen das EU-Naturschutzprojekt “LIFE” mit Förderungsgeldern aus Brüssel durchgeführt.
Trotzdem hält die Steiermärkische Landesregierung aber an der geplanten Straßenführung durch die Feuchtgebiete an der Enns fest. Ein Straßenbau durch ein nach EU-Recht verbindlich festgelegtes und gefördertes Schutzgebiet ist aber nicht möglich, wie mehrere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes betreffend gleichartige Probleme in anderen EU-Mitgliedsstaaten zeigen. Auch hier ist die mit Oktober 1998 nötige Verlängerung des naturschutzrechtlichen Bescheides von 1988 ein gravierendes Problem! Mit einem positiven Verlängerungsbescheid würde die steirische Naturschutzbehörde RA 6 den Bau einer Straße durch ein von ihr selbst an die Kommission nominiertes “NATURA 2000”-Gebiet genehmigen.
Wie in den Wasserrechts- und Enteignungsverfahren (siehe dort) ist auch hier die akute Gefahr gegeben, daß politisch motiviertes rechtswidriges Vorgehen durch darauffolgende höchstgerichtliche Entscheidungen (hier durch den EUGH) gestoppt wird und unabsehbare Schäden die Folge sind.
Was die wirklichen Absichten der Steiermärkischen Landesregierung im Zusammenhang mit der naturschutzrechtlichen Bewilligung der “Ennsnahen Trasse” sind, konnte in den Unterausschußsitzungen nicht restlos geklärt werden, da sowohl der zuständige Landesrat Dr. Hirschmann als auch Hofrat Dr. Wielinger wichtige Auskünfte unter Berufung auf die Landeskompetenz in Sachen Naturschutz verweigerten und auch Frau Landeshauptmann Klasnic dieser Haltung nicht widersprochen hat.
2. Wasserrechtliche Genehmigung
Der politische Druck, die wasserrechtliche Bewilligung um jeden Preis zu erteilen, hat offensichtlich die zuständigen Beamten veranlaßt, wider besseres Wissen einen Bescheid zu verfassen, um ein politisch akkordiertes Projekt zu ermöglichen (Beilage 2).
Die Aussagen der Auskunftspersonen im Unterausschuß ergaben nämlich folgenden Sachverhalt:
Im Herbst 1991 wäre die terminisierte naturschutzrechtliche Bewilligung für die B 146 “Ennsnahe Trasse” ersatzlos ausgelaufen, wenn kein Baubeginn gesetzt worden wäre.
Außerdem bestimmte die Wasserrechtsgesetznovelle 1990 erstmals, daß Baumaßnahmen im Hochwasserbereich der Enns (HQ 30) einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen. Diese war aber für den Straßenbau nicht vorhanden, und da betroffene Grundstücke in privatem Eigentum von Bauern standen, war ein Wasserrechtsverfahren auch nicht rasch genug durchführbar.
In dieser rechtlich aussichtslosen Situation entschloß man sich einfach dazu, mit dem Bau ohne wasserrechtliche Genehmigung zu beginnen. So entstand die Sallaberger Brücke als “Schwarzbau” im Ennstal. In weiterer Folge legte sich die steirische Wasserrechtsbehörde (RA 3) auf die Behauptung fest, daß das gesamte Straßenprojekt der Ennsnahen Trasse mit vielen Brückenbauwerken über Nebenbäche, großen Dammbauten und hunderte Meter langen “wasserdichten Wannen” nicht im Hochwasserbereich (HQ 30) der Enns liege.
Diese unrichtige Fiktion wurde in den Wasserrechtsverhandlungen jahrelang konsequent durchgezogen. Die Behörde stützte sich dabei ausschließlich auf die falsche Behauptung, daß der “konsensgemäße” Ausbauzustand der Enns entsprechend den rechtskräftigen Bescheiden einen Hochwasserschutz entsprechend HQ 30 biete. Bei der Beurteilung des Projektes durch die Wasserrechtsbehörde seien nicht die tatsächlich in der Natur vorhandenen Hochwasserverhältnisse, sondern nur der fiktive “konsensmäßige Ausbau” maßgeblich (diese Rechtsansicht hat der Verwaltungsgerichtshof in der Folge als eindeutig unrichtig qualifiziert!).
Der für die Enns zuständige Wasserrechtsexperte der Landesregierung und Verhandlungsleiter wußte aber, daß für einen großen Ennsabschnitt (Stainach bis Wörschach) ein solcher Konsens überhaupt nicht besteht. Dies wurde ihm sogar in dem von der Bundesstraßenverwaltung beauftragten “Doppelgutachten” von Zottel und Erber aktenkundig mitgeteilt.
Trotzdem stellte die steirische Wasserrechtsbehörde wissentlich unrichtige positive Bewilligungsbescheide für die B 146 “Ennsnahe Trasse” aus, indem sie sich auf einen “konsensgemäßen” hochwassersicheren Ausbau der Enns berief, der aber weder tatsächlich gegeben, noch durchgehend bescheidmäßig festgelegt war!
Diese Vorgangsweise führte zu ungenehmigten Bauführungen (Schwarzbau Sallaberger Brücke) großen Bürgerdemonstrationen mit Baustellenbesetzungen, Exekutiveinsätzen mit bis zu 500 Beamten und dadurch zu großen finanziellen Schäden für die öffentliche Hand.
Der Verwaltungsgerichtshof hob in weiterer Folge die falschen Wasserrechtsbescheide auf. Nachdem dadurch die Sachlage klar geworden war, mußte das gesamte Straßenprojekt 1994 völlig umgeplant (jetzt: Detailprojekt 1994) und neu verhandelt werden. Die alte Planung war ja von falschen Voraussetzungen bezüglich der Hochwassersituation ausgegangen, die den Planern von der Wasserrechtsbehörde vorgegeben worden waren. Allein die Planungskosten für das neue Projekt liegen in Millionenhöhe, Schäden durch die Bauverzögerung und das in den errichteten Bauwerken unverzinst gebundene Kapital gar nicht gerechnet!
Das Ergebnis der Ausschußberatungen zeigt eindeutig, daß die Steiermärkische Wasserrechtsbehörde wissentlich von einer unrichtigen Rechtsauffassung ausgangen ist. Dies wird insbesondere durch folgende Aussagen der zuständigen Beamten belegt:
Die entscheidende Äußerung tätigte in diesem Zusammenhang der zuständige Beamte:
“Man habe selbstverständlich gewußt, daß es flußabwärts Bereiche gibt, die wasserrechtlich nicht bewilligt wurden.”
Zum Knackpunkt sei es gekommen, als die Flußbauverwaltung mitteilte, daß nicht ausgebaut wird. Von diesem Augenblick an war für den gesamten Bereich eindeutig wasserrechtliche Bewilligungspflicht gegeben. Die Information betreffend diese Tatsache wurde in dieser Form an die Bundesstraßenverwaltung zwecks teilweiser Umprojektierung weitergegeben.
Eine weitere Aussage stellte klar, daß die Republik Österreich einen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 13. April 1976 für den Abschnitt Liezen–Wörschach km 159,9 bis km 167,0 aus Gründen der Vorflut‑ und Hochwasserschutzverbesserung besitzt. Weiters besitzt die Republik Österreich einen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 24. Juli 1981 für den Abschnitt Stainach–Trautenfels km 170,4 bis km 174,1 mit derselben Begründung.
Der dazwischen liegende Abschnitt Wörschach–Stainach, die sogenannte Räumwanne, von km 167,0 bis km 170,4 verfügt derzeit über keine wasserrechtliche Bewilligung, es wurde allerdings um eine nachträgliche Bewilligung angesucht.
3. Enteignungen
Sämtliche Enteignungen, welche 1992/1993 durchgeführt wurden, wurden von den Höchstgerichten aufgehoben.
Die Stellungnahmen der Auskunftspersonen ergeben folgenden Sachverhalt:
3.1. Verfahren: Für den Bau der B146 “Ennsnahe Trasse” wurden große Grundflächen benötigt, die im Eigentum von Bauern standen, aber nicht verfügbar waren, da die Landwirte zu keiner Ablöse bereit waren. Von Anfang an war klar, daß für die Enteignung von Grundstücken, die direkt für den Straßenbau benötigt werden, zumindest theoretisch eine Rechtsgrundlage vorhanden ist. Die Grundstücke aber, die für die Erfüllung der Naturschutzauflagen (landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen) zum Straßenprojekt benötigt werden, waren das allen Beteiligten bekannte rechtliche Problem. Die Rechtsvertretung der von Enteignung bedrohten Bauern und der zuständige Jurist des Wirtschaftsministeriums vertraten dieselbe Meinung in dieser Frage. Dieser Beamte stellte in einem Aktenvermerk eindeutig fest, daß für die Enteignung von Flächen für Naturschutzmaßnahmen keine rechtliche Basis vorhanden sei. Diese Ansicht wurde in der Folge durch die Höchstgerichte bestätigt – alle Enteignungsbescheide wurden behoben!
Trotz der eindringlichen schriftlichen Warnung des zuständigen Beamten wurden die Enteignungen wissentlich rechtswidrig durchgezogen. Diese Vorgangsweise gegen die Ennstaler Bauern war rechtspolitisch sehr bedenklich, führte zur Verhärtung der Fronten im Ennstal und zu breitem Widerstand der Bevölkerung mit allen bekannten Eskalationen. Außerdem sind natürlich große finanzielle Schäden (Verfahrenskosten) entstanden.
Eine definitive Aufklärung darüber, wieso entgegen der schriftlichen Beurteilung durch den zuständigen Beamten trotzdem enteignet wurde, konnte nicht erfolgen, weil im Unterausschuß die Ladung des damaligen Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Schüssel und des MR Dr. Martinek (BMwA) als Auskunftspersonen von ÖVP und SPÖ abgelehnt wurden.
Nachdem klar geworden ist, daß die gesetzlichen Grundlagen einer Enteignung nicht vorhanden sind, wurde über “andere” Möglichkeiten nachgedacht. Der zuständige Beamte führte in diesem Zusammenhang aus, daß er seine Stellungnahme abgab, selbstverständlich nicht alle denkbaren Rechtsschulen vertreten konnte. Er habe seiner Meinung Ausdruck verliehen, er habe jedoch nie behauptet, daß das die absolute rechtliche Wahrheit sei.
Etwa zwei Jahre später habe man sich im Enteignungsverfahren bezüglich Ennstal befunden. Dabei sei es eine wichtige Aufgabe gewesen – die sehr ernst genommen wurde – den naturschutzrechtlichen Bescheid zu erfüllen. Es mußte für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen Grund beschafft werden. Man habe daher versucht, mit den betroffenen Grundeigentümern zu einer Einigung zu gelangen, daß die Grundflächen freiwillig und einvernehmlich abgetreten werden. In einigen Fällen sei dies gelungen und man habe die Zustimmung der Betroffenen erhalten. In einigen Fällen sei dies jedoch nicht gelungen, und man stand vor dem Problem, entweder das Verfahren abbrechen zu müssen oder einen argumentierbaren und begründbaren Standpunkt einzunehmen und das Straßenbauprojekt und das landschaftspflegerische Begleitprojekt als Einheit zu sehen und die Enteignung auch für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen zu beantragen, was schließlich auch geschehen sei.
Er führte weiters aus, daß es betreffend seine spätere Auffassung, daß eine Enteignung für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen rechtlich durchaus vertretbar wäre, keinerlei Vorbesprechungen gegeben habe. Es habe an Ort und Stelle insofern eine Zwangssituation bestanden, als man entscheiden habe müssen, welches Argument vorzubringen sei, um zu begründen, daß die Grundflächen, die für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen aufgebracht werden sollten, damit die Bundesstraßenverwaltung dem Naturschutzbescheid entsprechen kann, enteignet werden müssen. Die entsprechende Begründung sei im Protokoll der damaligen Enteignungsverhandlung nachzulesen.
Beide Standpunkte zur Frage der Enteignungsmöglichkeit für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen seien argumentierbar. Seitens seiner Abteilung sei man bestrebt gewesen, die Auflagen des Naturschutzbescheides zu erfüllen. Da dies auf andere Weise nicht möglich gewesen sei, habe man sich für die Argumentationslinie, die in den Verhandlungsprotokollen nachzulesen ist, entschieden. Seines Wissens hätten die anderen Kollegen und auch der Verhandlungsleiter keinerlei Weisungen bekommen. Dennoch erging an den zuständigen Verhandlungsleiter die Weisung, die Enteignungen durchzuführen. Dieser stellte im Zusammenhang mit der Frage nach der Weisung, die er laut seinem eigenen Aktenvermerk bekommen habe, fest, “daß prinzipiell jede Behörde an Weisungen gebunden ist, die vom Vorgesetzten ergehen. Darüber hinaus ist es für den betreffenden Beamten bereits verbindlich, wenn der Vorgesetzte diesem gegenüber eine entsprechende Ansicht in der Sache äußert. Denn eine Behörde ist von ihrem gesamten Aufbau her an die Rechtsansicht des Vorgesetzten gebunden”. Daher bedürfe es im Einzelfall keiner schriftlichen oder direkten Weisung. Im konkreten Fall sei die Weisung in der Form ergangen, daß sein Dienstvorgesetzter zu ihm gesagt habe, daß er die Enteignungen “selbstverständlich durchzuführen habe”. Das habe er als Weisung aufgefaßt.
Dieser konnte jedoch vom Ausschuß nicht angehört werden, da seine Ladung als Auskunftsperson von den Regierungsparteien abgelehnt wurde.
3.2. Devolution: Die Steiermärkische Landesregierung als Bundesstraßenverwaltung (damals zuständig als Landesrat Waltraud Klasnic und LH Dr. Krainer) stellte den Devolutionsantrag mit dem Inhalt, daß die Enteignung der Ennstaler Bauern nicht von der Landesregierung (wegen deren “Säumigkeit”), sondern vom Wirtschaftsministerium durchgeführt werden sollte. Dieser Antrag der Landesregierung wurde also mit der eigenen Säumigkeit begründet. Mit diesem Schritt wurde politisch erreicht, daß die Steiermärkische Landesregierung nicht gegen die eigenen Bauern vorgehen mußte.
Den Bauern wurde dadurch aber der Instanzenzug und jede Berufungsmöglichkeit genommen, da sofort die letzte Instanz – der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten – die Enteignungen durchführte!
Eine letzte Klärung dieser Frage war nicht möglich, weil die Ladung von Dr. Schüssel (damals Wirtschaftsminister), Dr. Krainer und Waltraud Klasnic (damals LR für Verkehr und Wirtschaft) von ÖVP und SPÖ abgelehnt wurde!
Der zuständige Beamte führte im Zusammenhang mit den Vorgängen rund um den Devolutionsantrag aus, daß dieser nach geltender Rechtslage vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung als Bundesstraßenverwaltung gestellt worden sei. Er sei der Bundesstraßenbehörde beim Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten vorgelegt worden, die darüber zu entscheiden beziehungsweise weiter vorzugehen hatte.
Da er der Bundesstraßenverwaltung und nicht der Behörde im Ministerium angehöre, könne er nicht sagen, warum der Antrag gestellt wurde.
Ein weiterer Beamter hält fest, daß der Devolutionsantrag im Jahre 1991 gestellt worden sei, weil die Bundesstraßenverwaltung den Eindruck gehabt habe, daß die Behörde erster Instanz auf Grund der Schwierigkeiten, die sich vor Ort ergaben, nicht weiterkomme.
Damit wurde klargestellt, daß sich die Steiermärkische Landesregierung der rechtlichen Problematik sehr wohl bewußt war, sich jedoch scheute, die Verantwortung zu übernehmen.
4. Gelder der Republik Österreich befinden sich ohne Rechtstitel auf Privatkonten
Im Verlauf der Ausschußberatungen stellte sich heraus, daß trotz Aufhebung der Enteignungen durch Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof die Abwicklung der Enteignungsentschädigungen und der Rückübereignungen noch nicht erfolgt ist.
Auf die Frage nach dem Verbleib der Enteignungsentschädigungen antwortete der zuständige Beamte:
Die Bundesstraßenverwaltung könne nicht einem Bauern einen Brief schreiben und verlangen, daß das Geld sofort zurückgeschickt wird. Das entspreche nicht der Rechtsordnung. Es müsse vielmehr eine Form wie im Fall Kettner gewählt werden. – Mehr könne er dazu nicht sagen.
Des weiteren sei nochmals darauf hingewiesen, daß es durch die Aufhebung seitens des Verfassungsgerichtshofes beziehungsweise des Verwaltungsgerichtshofes zu keiner automatischen Rückübereignung komme. Vielmehr bedürfe es dafür eines sogenannten “contrarius actus”, also eines Bescheides der Verwaltungsbehörde. Einen solchen Bescheid habe es nicht gegeben, daher habe für die Bundesstraßenverwaltung keine Rechtsgrundlage bestanden, um von den betroffenen Grundeigentümern das Geld zurückzuverlangen.
Er führt weiter aus, daß man in jenen Fällen, in welchen der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, daß die Enteignung von Grundflächen für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen unzulässig sei, mit den betroffenen Grundeigentümern in Kontakt getreten sei. In vier Fällen sei es zum Abschluß von Übereinkommen gekommen, gemäß welchen die betreffenden Grundeigentümer die Entschädigungen, die sie bereits erhalten hatten, zurückzuzahlen hatten.
In weiterer Folge habe der Verwaltungsgerichtshof – offenbar auch für die betroffenen Grundeigentümer überraschend – auch jene Teile der Enteignungsbescheide aufgehoben, welche sich unmittelbar auf die Trasse bezogen. Man habe es seitens des Ministeriums unterlassen, mit den Betroffenen in Kontakt zu treten, weil die Sache noch in Fluß war und man daher keinen Druck bezüglich Rückzahlung der Entschädigungen ausüben wollte.
Als sich im Sommer 1993 immer deutlicher zeigte, daß die Enteignungsverfahren mit großen Schwierigkeiten verbunden sind, kam es zur politischen Einigung zwischen Bundesminister Dr. Schüssel und Landeshauptmann Dr. Krainer, mit den Enteignungsverfahren vorerst nicht fortzufahren. Es wurden keine weiteren Bescheide erlassen und keine weiteren Verhandlungen geführt.
5. Beeinflussung von Sachverständigen
Im Zuge der Verhandlungen wurde offenkundig, daß die Parteien in der Causa “Ennsnahe Trasse” in ihrer Rechtsfindung massiv behindert wurden, da ein Sachverständiger laut seinen Angaben von der Behörde massiv unter Druck gesetzt wurde und ihm wirtschaftliche Nachteile angedroht wurden. Dies verletzt das durch die Verfassung garantierte Recht auf ein faires Verfahren. Die beschuldigte Behörde hat in diesem Ausschuß einen weiteren Brief vorgelegt, in dem der oben genannte Sachverständige kundtut, daß er von niemandem unter Druck gesetzt worden sei und daß das Gutachten, welches er erstellt hatte, nicht mehr von ihm vertreten werden kann (Beilage 3).
6. Politischer Versuch der Einschüchterung durch Klagen
In der Auseinandersetzung um das gegenständliche Bauvorhaben haben politische Verantwortliche nicht davor zurückgeschreckt, gegen Bauern und Umweltaktivisten mit Hilfe der Finanzprokuratur (Rechtsanwalt der Republik) umfassende Klagen einzubringen; zum Teil in der Größenordnung von mehreren 100 000 Schilling gegen Schüler und Studenten. Die Republik verlor sämtliche Klagen. Der Ausschuß konnte nicht feststellen, von wem die Initiative zur Einbringung dieser Klagen erfolgte, da die Ladung des zuständigen Beamten Dr. Baumann als Auskunftsperson von der Mehrheit des Unterausschusses abgelehnt worden ist. Ein Brief des Landesrates Erich Pöltl (ÖVP-Landwirtschaft) vermittelte den Eindruck, daß Bundeskanzler Mag. Klima als damaliger Finanzminister den Prozeß gegen die betreffenden Personen angestrengt hatte. Erich Pöltl forderte in diesem Brief Klima auf, die Verfahren einzustellen.
Der Brief lautete wie folgt:
“Sehr geehrter Herr Bundesminister!
In meiner Funktion als Agrarreferent des Landes Steiermark darf ich Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, um Ihre Unterstützung in nachstehender Angelegenheit bitten:
Die Finanzprokuratur hat gegen Ennstaler Bauern, die gegen den Bau der sogenannten “Ennsnahen Trasse” demonstriert und hiebei angeblich die Baustellenzufahrt an der B 146 Ennstalstraße, Wanne Stainach, mit Traktoren behindert hätten, eine Forderung im Namen der Republik Österreich in vorläufiger Höhe von rund 200 000 S erhoben.
Die Betroffenen haben diese Forderung inzwischen mit der Begründung abgelehnt, daß die Grundenteignungen für die Trasse durchgeführt worden seien, obwohl die wasserrechtliche Entscheidung noch nicht rechtskräftig war und darüber hinaus für den gesamten verordneten Trassenverlauf die erforderliche Grundablöse für alle Grundstücke bis dato nicht vorliege. Ohne zweite wasserrechtliche Bewilligung für den gesamten Trassenverlauf sei daher derzeit ein Anspruch für die Republik Österreich nicht konsumierbar, weil das erforderliche Grundeigentum nicht erwirkt wurde und daher der Wasserrechtsbescheid mit Vorbehalt des Grundeigentums erteilt werden mußte. Das bedeute, daß die Republik Österreich derzeit nicht in der Lage sei, das gesamte Projekt zu verwirklichen.
Dazu darf ich darauf hinweisen, daß die Wasserrechtsverfahren für die Wanne Stainach und über den gesamten Trassenverlauf derzeit beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft anhängig sind.
Damit die seit Jahren ohnehin sehr emotional geführte Auseinandersetzung über den Trassenverlauf nicht weiter eskaliert und eine Befriedung der Situation eintreten kann, sowie insbesondere aus Gründen der Bewahrung der betroffenen Bauern vor finanziellem Schaden, darf ich Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister, um Ihre Einflußnahme zur Einstellung des Forderungsverfahrens ersuchen.
In Erwartung Ihrer geschätzten Rückäußerung verbleibe ich
mit den besten Grüßen”
E. Zusammenfassung
Trotz der eklatanten Behinderung der Ausschußuntersuchungen sowohl durch die von SPÖ und ÖVP gestellten Ausschußmitglieder als auch die Unwilligkeit einiger Vertreter der Steiermärkischen Landesregierung an der Arbeit des Unterausschusses konstruktiv mitzuwirken, hat der Ausschuß doch einige beachtliche Ergebnisse gebracht:
Naturschutz:
Der Vorstand der Steiermärkischen Naturschutzbehörde (Rechtsabteilung 6 des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung) offenbarte im Rahmen seiner Aussage vor dem Unterausschuß am 30. Juni 1998, daß unabhängig von der bekannten rechtlichen Position seiner Abteilung betreffend Naturschutz die wesentlichen Fragen nicht aus rechtlicher Sicht, sondern von politischer Seite beantwortet wurden und brachte damit implizit zum Ausdruck, daß das gesamte Verfahren betreffend die “Ennsnahe Trasse” von Anfang an durch politische Einflußnahmen dominiert worden sei.
Für den Herbst 1998 ist mit einem neuerlichen naturschutzrechtlichen Konflikt zu rechnen.
Nach wie vor beschäftigt man sich mit einem alten Bescheid aus dem Jahre 1988, der die im Jahre 1994 erfolgten gravierenden Projektänderungen nicht abdeckt. Trotz anderslautender fachlicher und juristischer Gutachten hält man am 88er-Projekt fest, um den steirischen Umweltanwalt aus dem Verfahren auszuschließen. Darüber hinaus zeichnet sich ein weiterer Konflikt mit der EU-Naturschutzkommission ab. LR Ressel will nach wie vor durch die Roßwiesen (das steirische Wachtelkönigrevier) bauen.
Wasserrecht:
Der Vorstand der Steiermärkischen Wasserrechtsbehörde (Rechtsabteilung 3 der Steiermärkischen Landesregierung) gab im Rahmen seiner Auskunftserteilung ebenfalls zu erkennen, daß politische Einflußnahmen die Vorgangsweise immer dominiert hätten, zumal Straßenbauvorhaben stets politische Entscheidungen voraussetzten.
Durch weitere Aussagen von Auskunftspersonen in der Causa wasserrechtlicher Bescheiderlassung stellte sich klar heraus, daß der für die Enns zuständige Wasserrechtsexperte der Steiermärkischen Landesregierung und Verhandlungsleiter wissentlich unrichtige positive Bewilligungsbescheide ausstellte. Darüber hinaus übte man massiven Druck auf den Sachverständigen Sackl aus und verletzte dadurch das durch die Verfassung garantierte Recht auf ein faires Verfahren.
Enteignung:
Der für das Enteignungsverfahren im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zuständige Verhandlungsleiter gab im Zuge der Auskunftserteilung eindeutig zu verstehen, daß in seiner Dienststelle die Tendenz bestanden habe, daß enteignet werden solle. Die Bundesstraßenverwaltung und Bundesstraßenbehörde seien in der gleichen Sektion und beinahe in der gleichen Abteilung “beheimatet”, daher sei eine andere Entscheidung seines Erachtens gar nicht möglich gewesen. Im konkreten Fall sei die Weisung in der Form ergangen, daß sein Dienstvorgesetzter Ministerialrat Dr. Herbert Martinek zu ihm gesagt habe, daß er die Enteignungen “selbstverständlich durchzuführen habe”.
In der Folge wurde dann nicht nur rechtswidrig für den Straßenkörper enteignet, sondern man stützte sich rechtswidrig auf den § 17 des Bundesstraßengesetzes 1971 um ÖKO-Flächen für die landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen zu enteignen. Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 18. März 1993, B 930/92, ua. dazu ausgeführt, daß es denkunmöglich sei, naturschutzrechtliche Auflagen auf der Grundlage bundesstraßenrechtlicher Enteignungsregelungen zu verwirklichen und führt dazu aus, der in diesen Enteignungen liegende Eingriff in das Eigentum leide an einem rechtlichen Mangel, der einem gesetzlosen Eingriff gleichkomme.
Mit dem am 14. Juli 1995 zugestellten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurden die letzten noch gültigen Enteignungsbescheide zur Gänze aufgehoben. An diesem Erkenntnis wird sich die Bundesstraßenverwaltung auch in künftigen Enteignungsverfahren zu orientieren haben.
Das Höchstgericht stellt dazu fest:
“… nachdem die Ennstrasse weder im Naturschutzrecht noch im Wasserrecht über rechtliche Grundlagen verfügt, darf keine weitere Enteignung vorgenommen werden, und zwar wegen der offensichtlich notwendigen Umplanung des Straßenbauprojektes.”
Die Erkenntnisse der Höchstgerichte wiegen umso schwerer, als in einem internen Aktenvermerk des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten dieselbe Rechtsmeinung vertreten wurde. Daraus ergibt sich ganz eindeutig der Tatbestand, daß durch die vorgenommenen Enteignungen das verfassungsgesetzlich gewährleisete Eigentumsrecht wissentlich verletzt wurde. Entgegen den Behauptungen im Bericht der Ausschußmehrheit muß daher der Vorwurf der eklatanten Rechtswidrigkeit aufrechterhalten werden.
Politische Wertung:
Auf Grund der Ergebnisse des Unterausschusses ist eindeutig erwiesen, daß das Projekt Ennsnahe Trasse sich seit Erlassung der Trassenverordnung auch nach innerstaatlicher Rechtslage (Naturschutz, Wasserrecht, Enteignung) als nicht durchsetzbar erweist. Zur Ennsnahen Trasse ist eine wirtschaftlich ebenbürtige Alternative, die umweltverträglich ist, vorhanden. Sie wurde von der Steiermärkischen Landesregierung 1994 offiziell geplant und bindet die bereits realisierten Bauwerke (Wanne Stainach, Sallaberger Brücke) mit ein. Der nun modifizierte Umfahrungsabschnitt Stainach stellt dann einen möglichen Beginn einer rechtskonformen Verkehrslösung dar, wenn die sog. “Ressel-Tangente” Teil des Alternativkonzeptes wird.
Von Anfang an bestand der politische Wille, durch das Mittlere Ennstal eine große Transitroute als Verbindung zwischen Pyhrn und Tauernautobahn zu bauen. Das von Anfang an umstrittene Projekt sollte gemeinsam durch Behörden und Gebietskörperschaften, vom Ministerium über Landesregierung und Landtag bis zu Gebietsbauämtern und Gemeinden durchgezogen werden. Den verantwortlichen Politikern, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene, ist vorzuwerfen, durch politische Einflußnahme auf Beamte bestehende Gesetze ignoriert zu haben; der dadurch entstandene finanzielle Schaden ist enorm. Denn durch diese Vorgangsweise wurden zigmillionen an Steuergeldern nicht nur für sinnlose Planungen, sondern sogar für Bauausführungen aufgewendet, die jetzt als Planungsruinen und Denkmäler der Verschwendung die Landschaft verunstalten. Symbol für dieses Rechtsdesaster ist die “Sallaberger Brücke”, die von den Medien als “Betonklotz im Nichts” bezeichnet wurde.
|
|
Bild der unvollendeten “Sallaberger Brücke”
Die Verantwortung dafür trifft alle jene Politiker, die die Bedenken gegen den Ausbau der “Ennsnahen Trasse” jahrelang ignoriert und auch die Meinung der Bevölkerung mißachtet haben!
Zusammenfassend kann als Ergebnis der Arbeit des Unterausschusses festgehalten werden, daß es trotz mannigfacher Behinderungen gelungen ist, aufzuzeigen, wie die Verantwortlichen im Bund und im Land Steiermark
– mit dem Geld der Steuerzahler umgehen,
– wie gering sie die Meinung der Bevölkerung achten,
– die Bürgerrechte der Bevölkerung mißachten,
– wie leichtfertig sie mit Enteignungen vorgehen,
– welchen geringen Stellenwert der Umweltschutz für sie hat,
– und wie sie letztlich das Bekenntnis zur parlamentarischen Kontrolle zur leeren Worthülse verkommen haben lassen.
Beilagen:
1. Schreiben der Bürgerinitiative NETT vom 4. Mai 1998,
2. Bescheid des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Mai 1993,
3. Schreiben des Ingenieurbüros Hydroconsult vom 21. Jänner 1998,
4. Schreiben des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. Juni 1998,
5. Protokoll der Regierungssitzung der Steiermärkischen Landesregierung GZ 6-50 E 2/439-1998.
Wien, am 29. Oktober 1998
Mag. Dr. Udo Grollitsch, Karl Smolle, Andreas Wabl
Beilage 1
DIE BÜRGER-INITIATIVE DER ENNSTALER –
VEREIN NETT – NEIN ZUR ENNSNAHEN TRANSIT-TRASSE
Wien, 4. Mai 1998/8/fö
Herrn
LR Ing. Joachim Ressel
Landhaus
8010 Graz
Betrifft: B 146 Ennstalstraße – Detailprojekt 1994
fehlende naturschutzrechtliche Bewilligung
Sehr geehrter Herr Landesrat!
Wie wir erfahren haben, wurde bisher um die naturschutzrechtliche Bewilligung gemäß § 6 Stmk NSchG für das Detailprojekt 1994 (Zinthauer) der “Ennsnahen Trasse” nicht angesucht.
Der vorliegende Bescheid vom 18. Februar 1988, GZ 6-375/IVBU92/53 bewilligt nur Baumaßnahmen auf Grund der mit dem amtlichen Sichtvermerk versehenen Projektunterlagen (Plf 2.2/N), welche mittlerweile überholt sind.
Die aus wasserrechtlichen Gründen im Jahr 1994 vorgenommenen Projektänderungen sind aus naturschutzrechtlicher Sicht gravierend:
Genau in jenem Bereich, wo ursprünglich die “landschaftspflegerische Begleitplanung” realisiert werden sollte (30-m-Streifen zwischen Enns und Trasse) ist nun die Bildung von Hochwasser-Sammelbecken vorgesehen, wobei 21 Querdämme von einer mittleren Länge von 27 m und einer maximalen Höhe von 2,3 m einen großräumigen ennsparallelen Hochwasserabfluß verhindern sollen. Für das Landschaftsbild bedeutet dies eine optische Verbreiterung des Straßenbandes und eine “sägezahnartige” Struktur.
Über die 21 Querdämme hinaus sieht das Detailprojekt 1994 die Errichtung von sechs zusätzlichen Flutbrücken und wesentliche Verlängerungen der übrigen Brücken vor, weiters einen Rastplatz, eine Wirtschaftswegüberführung und weitere Kunstbauten.
Die darin begründeten Mehrkosten sollen bei zirka ATS 120 Mio. liegen.
In einer im Auftrag des Umweltanwaltes im Juni 1994 erstellten Studie von DI Dr. Helmut Mader und der Bürogemeinschaft für Landschaftsplanung “Freiland” wurden die Detailprojekte 1988 und 1994 vergleichend gegenübergestellt. Die Studie gelangt zu dem Ergebnis, daß das Detailprojekt 1994 sowohl aus technischer als auch aus landschaftsökologischer Sicht eine Vielzahl wesentlicher Abänderungen enthält.
Ein ebenfalls im Auftrag des Umweltanwaltes durch Univ.-Prof. Dr. Karl Weber, Ordinarius für öffentliches Recht an der Universität Innsbruck am 7. Juli 1994 ausgefertigtes Rechtsgutachten gelangt zu dem Ergebnis, daß die 1994 erfolgten Projektänderungen von der naturschutzrechtlichen Bewilligung vom 18. Februar 1988 nicht gedeckt sind. Es handelt sich dabei – so der Gutachter – um bewilligungspflichtige Änderungen.
Schon der Umstand, daß mangels Verfügbarkeit der Grundflächen im Zwischendammbereich die Erfüllung der Auflage Nr. 9 des Bescheides vom 18. Februar 1988 (landschaftspflegerische Begleitplanung) unmöglich ist, bedeutet laut Schreiben von Univ.-Prof. Dr. Bernhard Raschauer vom 27. Mai 1993, daß von der naturschutzrechtlichen Bewilligung nicht mehr rechtmäßig Gebrauch gemacht werden kann und von der Projektwerberin um eine neue Bewilligung – nicht bloß um eine Verlängerung – angesucht werden müßte. Dieser Aspekt tritt insoweit durch das Detailprojekt 1994 in den Hintergrund, als dieses anstelle der “landschaftspflegerischen Begleitplanung” in weiten Bereichen die Bildung von Hochwassersammelbecken vorsieht. Nicht nur die Rechtslage, sondern die vorgenommene Projektänderung selbst steht der Erfüllung der genannten Auflage nunmehr entgegen.
Rechtliche Konsequenzen:
Nachdem die Bauführung über den Bereich “Sallabergerbrücke” nicht hinausgediehen ist, das Detailprojekt 1994 somit bisher nicht umgesetzt wurde, stellt das Unterlassen der Antragstellung noch keine Rechtsverletzung dar. Sollte die Bundesstraßenverwaltung jedoch beabsichtigten, das Detailprojekt 1994 (Zinthauer) zu verwirklichen, wie gerade von Ihnen in der jüngsten Vergangenheit wiederholt öffentlich angekündigt wurde, bedürfte es nach der klaren Sach- und Rechtslage einer naturschutzrechtlichen Bewilligung dieses Projektes.
Die schon vernommene Meinung, die Projektänderungen seien bloß “geringfügig” und nicht bewilligungspflichtig, ist durch die erwähnten Gutachten widerlegt und offenbar gesetzwidrig. Daß die Errichtung der zahlreichen zusätzlichen Bauwerke aus naturschutzrechtlicher Sicht nicht einfach vernachlässigbar ist, sollte bei gesetzestreuer und sachbezogener Betrachtung eigentlich außer Diskussion stehen.
Nachdem Sie, sehr geehrter Herr Landesrat, seit dem Ressortwechsel wiederholt und glaubwürdig versichert haben, daß sämtliche Verfahren betreffend die verordnete Ennstal-Bundesstraße nunmehr ordnungsgemäß durchgeführt werden müssen, bitten wir Sie darauf hinzuwirken, daß die naturschutzrechtliche Bewilligungspflicht für das Detailprojekt 1994 – sofern dessen Realisierung angestrebt wird – jedenfalls beachtet wird.
Mit freundlichen Grüßen
Für den Verein NETT:
(Dr. Herwig Hauser, Rechtsvertreter)
3 Beilagen:
Studie Mader-Freiland (Juni 1994)
Rechtsgutachten Weber (7. 7. 1994)
Brief Raschauer (27. 5. 1993)
cc. Hofrat Dr. Oswald, Umweltanwalt des Landes Steiermark
Beilage 2
AMT DER STEIERMÄRKISCHEN LANDESREGIERUNG –
RECHTSABTEILUNG 3
GZ.: 3-30 St 181-93/1 Graz, am 14. 05. 1993
Betrifft: B 146 Ennstalbundesstraße, Abschnitt Stainach–Maitschern, Baumaßnahmen im Hochwasserabflußbereich des Grimming- und Leistenbaches, wasserrechtliche Bewilligung,
Berufung
Bescheid
Spruch
Gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) 1991, BGBl. Nr. 51, wird die Berufung der Gemeinde Aigen i. E., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Wolfgang Berger, Dr. Christine Kolbitsch, Dr. Heinrich Vana und Dr. Karl Zerner gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes Liezen vom 9. 4. 1993, GZ.: 3.0-E 17-90, als unzulässig zurückgewiesen, die Berufungen des Erich Zeiringer und der Elfriede Conc, beide vertreten durch die oa. Anwälte, gegen den oa. Bescheid als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Liezen vom 9. 4. 1993, GZ.: 3.0-E 17-90, wurde der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, die wasserrechtliche Bewilligung für mehrere Baumaßnahmen im Zuge der Errichtung der B 146 Ennstalbundesstraße, Abschnitt Stainach–Maitschern, im Hochwasserabflußbereich des Grimming- und Leistenbaches erteilt. Die Einwendungen der Gemeinde Aigen i. E. wurden zurückgewiesen, jene von Frau Elfriede Conc und Herrn Erich Zeiringer als unbegründet abgewiesen. Die Bewilligung stützt sich auf die §§ 38 und 41 WRG 1959.
In ihrer rechtzeitigen, umfangreichen, inhaltlich jedoch weitgehend leeren Berufung – sie bringt seitenweise Wiederholungen und Auflistungen von Unterlagen, welche die Wasserrechtsbehörde I. Instanz den Berufungswerbern angeblich nicht ausgehändigt haben soll – macht die Gemeinde Aigen i. E. geltend, daß ihr zu Unrecht die Parteistellung im Verfahren verweigert worden sei, Erich Zeiringer und Elfriede Conc Verfahrensmängel infolge mangelhafter Begründung des Bescheides, mangelhaftes Parteiengehör infolge fehlender Projektunterlagen sowie offensichtlich auch Unzuständigkeit der Behörde I. Instanz vor.
Bemerkenswert ist jedoch, daß der Berufungsantrag zum gesamten Berufungsvorbringen in völligem Widerspruch steht, da eine Sachentscheidung, nämlich die Abweisung der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung, begehrt wird.
Die Berufungsbehörde hat erwogen:
1) Zur Zurückweisung der Berufung der Gemeinde Aigen i. E.:
Die Zulässigkeit der Einbringung eines Rechtsmittels ergibt sich unter anderem daraus, daß Parteistellung des Berufungswerbers vorliegt. Denn nur wer Partei des Verfahrens ist, ist grundsätzlich auch zur Erhebung einer Berufung berechtigt.
Gemäß § 102 Abs. 1 lit. d sind Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen, nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches, Parteien. Da im Gegenstand weder ein Verfahren nach § 111a noch nach 31c Abs. 3 vorliegt und die Gemeinde andere in § 102 aufscheinende Merkmale für eine Parteistellung gar nicht geltend macht und im übrigen, wie dem Akt zu entnehmen ist, auch objektiv nicht vorliegen, hatte die Behörde ausschließlich zu prüfen, ob § 13 Abs. 3 zutrifft.
Gemäß § 13 Abs. 3 WRG 1959 dürfen das Maß und die Art der Wasserbenutzung keinesfalls soweit gehen, daß Gemeinden, Ortschaften oder einzelnen Ansiedlungen das für die Abwendung von Feuersgefahren, für sonstige öffentliche Zwecke oder für Zwecke des Haus- und Wirtschaftsbedarfes ihrer Bewohner erforderliche Wasser entzogen wird. § 13 Abs. 3 stellt somit ausschließlich auf Wasserbenutzungsanlagen und aufgrund der Bestimmung des § 32 Abs. 6 WRG auf Einwirkungen auf Gewässer ab. Das vorliegende Verfahren behandelt jedoch ausschließlich Maßnahmen im Hochwasserabflußbereich von Gewässern sowie von schutzwasserbaulichen Maßnahmen. Diese sind somit durch § 13 Abs. 3 nicht erfaßt, sodaß die Behörde I. Instanz zu Recht die Parteistellung der Gemeinde Aigen i. E. verneint hat. Dies bedeutet jedoch gleichzeitig, daß ihr ein Berufungsrecht nicht zusteht und ihre Berufung daher als unzulässig zurückzuweisen war.
Die Berufungsbehörde sieht sich noch zu folgenden sachlichen Erwägungen veranlaßt:
Das Gemeindegebiet von Aigen wird, wie der Behörde amtsbekannt ist, derzeit zum überwiegenden Teil aus Quellen, im geringfügigen Ausmaß aus Grundwasserbrunnen mit den erforderlichen Trink- und Nutzwasser versorgt. Auch diese liegen mehrere Kilometer grundwasserstromaufwärts der geplanten Straßentrasse. Abgesehen davon, daß die Versorgungslage derzeit völlig ausreichend ist, stehen noch unzählige andere Quellen für eine allfällige Einbeziehung in die Wasserversorgungsnetze der verschiedenen Genossenschaften zur Verfügung. Eine Gemeindewasserleitung besteht nämlich überhaupt nicht. Die Behörde I. Instanz, welche natürlich die sachlichen Gegebenheiten der Wasserversorgung des Gemeindegebietes von Aigen amtswegig ebenso kennt, ist daher, ohne besondere sachliche Abwägungen anzustellen, zu Recht davon ausgegangen, daß die bestehende oder zukünftige Wasserversorgung von Aigen i. E. denkunmöglich beeinträchtigt werden könnte.
2) Zu den Berufungen Erich Zeiringer und Elfriede Conc:
Die Berufungswerber machen Verfahrensmängel zunächst insoferne geltend, als der Bescheid der Behörde I. Instanz in seiner Begründung lediglich das Ergebnis der Ortsverhandlung und erst auf Seite 41 eine rechtliche Begründung enthalte.
Hiezu ist festzustellen, daß sich die Behörde I. Instanz in ihrer Entscheidung korrekterweise nicht nur mit subjektiv-öffentlichen Rechten, sondern auch mit dem öffentlichen Interesse des Vorhabens auseinanderzusetzen hatte. Auf die Fragen einer etwaigen Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses im Sinne des § 105 WRG 1959 hatte die Behörde von Amts wegen einzugehen und mußte sich die Auseinandersetzung darüber ebenfalls in der Bescheidbegründung niederschlagen. Dazu kommt naturgemäß die Beschreibung der einzelnen Maßnahmen, welche in der Begründung des Bescheides ebenfalls aufzunehmen sind.
Die belangte Behörde hat sich mit den Einwendungen der Berufungswerber durch die Aufnahme der diesbezüglichen gutächtlichen Äußerungen der Amtssachverständigen ausreichend auseinandergesetzt und ist dies auch in schlüssiger Weise nachzuvollziehen.
Die beiden Berufungswerber haben anläßlich der Ortsverhandlung ohne fachkundige Untermauerung behauptet, durch die Baumaßnahmen im Hochwasserabflußbereich des Grimming- und Leistenbaches würde für ihre Grundstücke eine Verschlechterung der Hochwassersituation eintreten.
Hiezu wurde vom wasserbautechnischen Amtssachveständigen in schlüssiger, auch für die Berufungsbehörde zweifelsfrei nachvollziehbarer Art und Weise dargelegt, daß bei keiner einzigen Situation einer Hochwasserhäufigkeit auf Grund der gleichzeitig vorgesehenen schutzwasserbaulichen Maßnahmen eine Verschlechterung gegenüber dem derzeitigen Zustand für die betroffenen Grundstücke eintritt. Vielmehr würden bei bestimmten Häufigkeiten sogar Verbesserungen eintreten.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann den Ausführungen eines Amtssachverständigen allein mit laienhaften Äußerungen in wirksamer Weise nicht entgegnet werden. Wie bereits oben erwähnt, liegt lediglich eine Äußerung des rechtskundigen Vertreters der Berufungswerber, nicht jedoch eine solche eines Fachkundigen aus dem Bereich des Wasserbaues vor. Die Vorlage eines derartigen Gutachtens wurde zwar angekündigt, jedoch nicht eingereicht. Die Beibringung einer derartigen fachkundigen Gegenäußerung wäre im Sinne des § 42 AVG bereits anläßlich der Ortsverhandlung am 25. 1. 1993 möglich und im übrigen auch erforderlich gewesen. Weder bei der Ortsverhandlung noch später haben die Berufungswerber behauptet, daß sich der wasserbautechnische Amtssachverständige bei der Beurteilung der Abflußsituationen auf Unterlagen gestützt habe, die nicht vorgelegen seien. Selbst wenn man das großzügige Gewähren einer zusätzlichen Frist für die Abgabe einer fachkundigen Äußerung akzeptiert, wären die Berufungswerber verpflichtet gewesen, zumindest bis zum Ablauf dieser Frist ein entsprechendes Gegengutachten einzubringen.
Die Berufungswerberin Conc behauptet weiter, durch die vorgesehenen Maßnahmen würde die Wasserqualität ihres Fischteiches beeinträchtigt werden. Auch dieser Behauptung liegt keine fachkundige Beurteilung zugrunde. Demgegenüber wurde auf Grund der Feststellungen des Amtssachverständigen, daß bei einem Abfließen von verunreinigten Straßenwässern über die Dammböschungen in die Grundwasserteiche Zeiringer und Schachner eine unmittelbare Verunreinigung des Grundwassers drohe, Auflage 13) vorgeschrieben. Diese lautet, daß die Straßenoberflächenwässer im Bereich des Schachnerteiches derart abzuleiten sind, daß sie nicht in den Grundwasserteich abfließen können. Durch diese Auflage ist somit sichergestellt, daß eine Beeinträchtigung der Qualität des Wassers im Schachnerteich (und in gleicher Art im übrigen auch im Zeiringerteich) durch Straßenabwässer verhindert wird.
In diesem Zusammenhang sieht sich jedoch die Berufungsbehörde veranlaßt zu bemerken, daß die Nutzung eines Grundwasserteiches als Fischteich grundsätzlich unzulässig ist und, sofern eine Bewilligung überhaupt vorliegt, wohl nur durch die besondere Situation der verschiedenen Grundwasserhorizonte im Bereiche dieses Ennstalabschnittes erklärt werden könnte.
Zur Frage der behaupteten Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Liezen für das ggst. Verfahren ist festzustellen, daß sich die Berufungsbehörde mit dieser Frage bereits in einem eigenen Verfahren auseinandergesetzt hat. Die Berufungsbehörde hat nämlich nach Inkrafttreten der WRG-Novelle 1990 in einem amtswegigen Verfahren geprüft, ob das ggst. Straßenbauvorhaben zwischen Trautenfels und Liezen in seiner Gesamtheit oder zumindest teilweise im HQ30-Bereich der Enns und somit im Zuständigkeitsbereich des Landeshauptmannes liegt. Auf Grund der fachkundigen Untersuchungsergebnisse der Zivilingenieure Dipl.-Ing. Zottel und Dipl.-Ing. Erber wurde durch die erkennende Behörde festgestellt, daß, sieht man von einigen speziellen Bauwerken wie Ennsbrücken ab, keine Baumaßnahmen im HQ30-Bereich der Enns beabsichtigt sind. Dies deshalb, da die Enns durchgehend derart reguliert ist, daß eine Abfuhr von Hochwässern bis zu einer 30-jährigen Häufigkeit gewährleistet ist. Die Behauptung der Berufungswerber, welche sie durch das “Gutachten” des Dipl.-Ing. Arbeithuber untermauern, die Enns ufere auch bei geringeren Häufigkeiten zumindest teilweise aus, geht insofern ins Leere, als die Behörde vom konsensgemäßen und nicht einem zufälligen Istbestand der Regulierung auszugehen hat. Wenn daher, wie in der bereits oben erwähnten Untersuchung von Zottel – Erber nachgewiesen wird, daß der derzeitige Bestand in einigen wenigen Teilen nicht mehr dem Rechtsbestand entspricht, so hat die Wasserrechtsbehörde letzteren im Sinne der §§ 50 und eventuell auch 138 WRG 1959 wiederherstellen zu lassen. Dies wurde im übrigen auch bereits in die Wege geleitet.
Es ist daher festzustellen, daß rechtlich gesehen die Enns auf ein HQ30-Ereignis ausgebaut ist, sodaß Maßnahmen, welche im Vorland getroffen werden sollen, einer Bewilligungspflicht nach § 38 WRG 1959 nicht unterliegen. Eine Zuständigkeit des Landeshaptmannes im Sinne des § 99 Abs. 1 lit. a liegt daher für das ggst. Projekt nicht vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.
Hinweis:
Es besteht jedoch die Möglichkeit, binnen sechs Wochen gegen diesen Bescheid Beschwerde beim Verwaltungs- und/oder Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde muß von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Ergeht an:
1) die Gemeinde Aigen i. E., Herrn Erich Zeiringer, Frau Elfriede Conc alle zu Handen Dr. Wolfgang Berger, Dr. Christine Kolbitsch, Dr. Heinrich Vana und Dr. Karl Zerner, Taborstraße 10/Stg. 2, 1020 Wien,
2) die Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, p. A. Amt der Stmk. Landesregierung, Fachabteilungsgruppe Landesbaudirektion Fachabteilung IIb, im Hause,
3) die Bezirkshauptmannschaft in 8940 Liezen, unter Anschluß des do. Aktes,
4) die Baubezirksleitung in 8940 Liezen,
5) die Fachabteilungsgr. LBD., FA IIIa, als wasserwirtschaftliches Planungsorgan, Stempfergasse 5–7, 8010 Graz.
Für den Landeshauptmann Dr. Schurl eh.
F.d.R.d.Ausf.:
Beilage 3
|
HYDROCONSULT – INGENIEURBÜRO FÜR KULTURTECHNIK UND WASSERWIRTSCHAFT WASSERBAUSOFTWARE |
Dipl.-Ing. Dr. techn. Bernhard SACKL Allg. beeid. ger. Sachverständiger f. Wasserbau A-8045 GRAZ, St. Velter Straße 11a Tel.: 0316/69 47 77-0, fax: 0316/69 47 775 |
Graz, am 22. 1. 1998
sa
Betrifft: Ennstalstraße B 146.
Ihr Schreiben vom 19. 1. 1998
Ich habe Ihre Unterlagen erhalten, kopiert, und sende die Originale mit heutiger Post retour. Dazu folgende Kurzstellungnahme:
• Die Stellungnahme des BMLF (Dr. Wienerroither) ist in weiten Bereichen fachlich völlig unverständlich und unrichtig.
• Die neuerlichen Untersuchungen durch Kratzer/Visotschnig müßten genauer analysiert werden. Es werden einige Fehler, die im ursprünglichen Projekt gemacht wurden, zugegeben, einige korrigiert, auf einige wird nicht eingegangen. Z.B.: Die sehr maßgebliche Tiefstelle der Schienen-OK der ÖBB wurde im neuen Gutachten neu vermessen und deutlich höher als ursprünglich angenommen. Dadurch ergibt sich auch eine völlig andere Retentionswirkung.
Typisch für die Stellungnahme des BMLF vom 14. 1. 1998 (siehe S. 12): “Weiters wurde vom PSV die Schienenoberkante zu tief angenommen”. – Tatsächlich wurde die OK ja nicht von mir “angenommen”, sondern diese Werte aus dem ursprünglichen Projekt “Grimmingbach” (Visotschnig) entnommen.
Weitere Vorgangsweise:
Wie ich Ihnen schon angedeutet habe, wurde auf mich nach Erstellung meines letzten Gutachtens massiver Druck durch die RA 3 und FA Ia ausgeübt. Dies gipfelte in äußerst geschäftsschädigendem Verhalten einiger Beamter. Da ich bei zahlreichen wasserrechtlichen Verfahren, wo es um die Bewilligung von durch mein Büro erstellten Projekten geht, mit diesen Leuten zu tun habe, bin ich diesen Repressalien immer wieder ausgesetzt. Obwohl es nicht meiner Einstellung entspricht, bin ich auf Grund dieser Abhängigkeit gezwungen, einen weiteren offiziellen Auftrag für eine Stellungnahme oder ein Gutachten in dieser Angelegenheit abzulehnen und bitte um Ihr Verständnis. Sollten Sie einen anderen Gutachter beiziehen, stelle ich mich gerne beratend zur Verfügung.
Da ich aber andererseits zu den neuen Gutachten Kratzer/Visotschnig in irgendeiner Form Stellung beziehen muß, werde ich dies auf “privater Ebene” tun und die Stellungnahmen gleichlautend an das Amt der Steierm. Landesreg., das BMLF, die Büros Kratzer und Visotschnig und an Sie senden.
Bitte rufen Sie mich zurück.
Mit besten Grüßen
B. Sackl
Beilage 4
AMT DER STEIERMÄRKISCHEN LANDESREGIERUNG
RECHTSABTEILUNG 6
Referat für
National- und Naturparke
Bearbeiter: Dr. Forster/Abs.
Tel: (0316) 877-3163
Fax: (0316) 877-4314
E-Mail: post@rao-n1.stmk.gv.at
Bei Antwortschreiben bitte Geschäftszeichen (GZ) anführen
GZ: 6-54 B 16/36-1998 Graz, am 19. Juni 1998
Ggst.: B 146 Ennsnahe Trasse, Frage der Abweichung des vorliegenden Straßenprojekts vom Naturschutzbescheid, Stellungnahme
Zu den übermittelten Schreiben (Dipl.-Ing. Egerer: 23. Mai 1998; WWF: 16. 6. 1998) darf nachstehende Stellungnahme abgegeben werden:
1. Beide Schreiben vermeinen, daß das “veränderte Projekt 1994” für die B 146 im Abschnitt Stainach/Liezen einer neuerlichen naturschutzrechtlichen Bewilligung bedarf. Die Verfasser beider Schreiben stützen diese Ansicht auf eine Stellungnahme des Büros Freiland, auf ein Rechtsgutachten von Univ.-Prof. Dr. Weber als auch auf ein Schreiben von Univ.-Prof. Dr. Raschauer.
Bereits 1994 befaßte sich die Naturschutzbehörde mit der oben wieder aufgeworfenen Frage, ob die derzeit vorliegenden, dem aktuellen Stand entsprechenden Pläne für einen Ausbau der B 146 im ennsnahen Bereich in einem solchen Ausmaß von jenem Projekt abweichen, das der naturschutzrechtlichen Bewilligung zugrunde gelegen war, so daß nicht mehr gesagt werden kann, es sei dasselbe Projekt, daß also das derzeit in Planung vorliegende Projekt durch die naturschutzrechtliche Bewilligung aus 1988 nicht gedeckt ist.
Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage gelangte die Naturschutzbehörde zur Rechtsansicht, daß die bekanntgegebenen “Änderungen” (Detailplanung, landschaftspflegerische Begleitplanung) von der naturschutzrechtlichen Bewilligung aus 1988 umfaßt sind.
Begründend ist dazu nachstehendes auszuführen:
Mit dem Bescheid vom 18. 2. 1988 wurde die Bewilligung für die Errichtung einer Bundesstraßenanlage (Umfang: rund 15 km Länge, Kronenbreite: rund 11 m, Dammkörper, Brücken, Unterflurstück, Überführungen etc.) unter Auflagen erteilt. Die Bewilligung wurde rechtskräftig. Auf Grund des Auflagenpunktes 9) hat die Konsenswerberin in weiterer Folge eine Detailplanung als auch einen landschaftspflegerischen Begleitplan der Naturschutzbehörde überreicht, sie hat darüber hinaus Änderungen schriftlich bekanntgegeben.
Die relevante Rechtslage nach dem Verwaltungsverfahrensrecht besagt Folgendes:
Die Bindungswirkung von Bescheiden besteht so lange, aber auch nur so lange, als der “maßgebliche Sachverhalt”, welcher Gegenstand des Bescheides gewesen ist, aufrecht bleibt. Ändert sich dieser maßgebliche Sachverhalt, wird ein Bescheid gegenstandslos. Änderungen der Sachlage haben aber nur insoweit Auswirkungen auf die Bestandskraft des Bescheides, als sie den “maßgeblichen Sachverhalt” betreffen. Dies wird am folgenden Beispiel erläutert:
8010 Graz • Karmeliterplatz 2 • DVR 0087122 • UID ATU37001007
Kunden- und Parteienverkehr: Montag bis Freitag 8 bis 12 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung
Es wurde ein Bauverfahren über ein Bauwerk durchgeführt, in dem eine gewerbliche Betriebsanlage eingerichtet werden soll. Zum Zeitpunkt des Bauverfahrens liegt nur eine Planung hinsichtlich dieser Betriebsanlage vor. Änderungen in diesen Planungen haben dann – aber auch nur dann – Auswirkungen auf die baurechtliche Genehmigung, wenn sie jene Punkte betreffen, die im Bauverfahren den maßgeblichen Sachverhalt dargestellt haben, also zB Änderungen, durch die die Brandgefahr erhöht wird. Sonstige Änderungen – zB solche hinsichtlich der von der Betriebsanlage ausgehenden Emissionen – sind für das Bauverfahren irrelevant (sind aber von Bedeutung für das Gewerberechtsverfahren).
Wie auch Prof. Weber zutreffend unter Berücksichtigung der Judikatur des VwGH ausführt, durchbricht nicht jede Änderung des Sachverhalts die Grenzen der Rechtskraft, sondern nur eine rechtlich bedeutsame. Er schließt sich ferner auf Seite 4 seines Gutachtens der Rechtsansicht von Davy an, welcher von qualifizierten Erfordernissen für die rechtliche Relevanz von Abweichungen für eine neuerliche Bewilligung ausgeht:
“Weicht die Ausführung so stark vom Genehmigungsbescheid ab, daß eine andere als die entschiedene Sache vorliegt, ist sie … konsenslos.”
Vor dem Hintergrund dieser Aussage, die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gedeckt ist, ist in Anbetracht des Umstandes, daß der Straßenbaukörper in der Gesamtheit auch trotz der geringfügigen Änderungen nach wie vor derselbe geblieben ist – gleiche Linienführung, gleiche Länge, gleicher Baukörper, annährend gleiches Volumen –, von Identität der Sache auszugehen.
Ferner sei ausgeführt: Im Auflagenpunkt 9) des Bescheides aus 1988 wird bestimmt, daß für die gesamte Trasse eine entsprechende, obige Auflagen berücksichtigende Detailplanung zu erstellen ist, die auch eine fachlich einwandfreie, landschaftspflegerische Begleitplanung zu beinhalten hat.
Dadurch, daß die Naturschutzbehörde mit dem Auflagenpunkt 9) der Bundesstraßenverwaltung die Erstellung einer Detailplanung aufgetragen hat, ergibt sich, daß sich die naturschutzrechtliche Bewilligung nicht nur auf jene Unterlagen, die der Naturschutzbehörde im Bewilligungsverfahren vorgelegen waren, beziehen kann. Der Bescheid geht also davon aus, daß im Naturschutzverfahren gar nicht über alle Planungsdetails abgesprochen werden konnte, sondern, daß sich – dem Wesen einer Detailplanung entsprechend – Änderungen zwischen den dem Naturschutzverfahren zugrunde gelegten Planunterlagen und der endgültigen Planung ergeben mußten.
Zu den im Aktenvermerk der NETT vom 17. 6. 1994 angeführten Punkten:
a) Zur Behauptung, im vorliegenden Projekt seien 21 Querdämme enthalten, die im alten Projekt überhaupt nicht vorhanden waren:
Dazu hat die Bundesstraßenverwaltung ausgeführt, daß Querdämme als solche immer geplant gewesen seien, daß aber die genaue Zahl und Lage dieser Querdämme etwas sei, was im Stadium der generellen Planung, welches dem Naturschutzverfahren zugrunde gelegt worden ist, noch nicht in allen Einzelheiten feststehen konnte. Derartiges müsse der Detailplanung vorbehalten bleiben.
Rechtlich ist diesbezüglich auf die Bedeutung des Auflagenpunktes 9) zu verweisen.
b) Zur Behauptung, zahlreiche neue Rohrdurchlässe mit einem Querschnitt von 60 bis 100 cm durch die Querdämme und durch den Ennsdamm stellten eine Abweichung dar:
Von der Bundesstraßenverwaltung wurde darauf hingewiesen, daß diese Rohrdurchlässe ebenfalls ein Element der Detailplanung seien, daß die Planung dieser Durchlässe notwendig geworden sei, um Eventualitäten der Hochwassersituation zu beherrschen.
Rechtlich ist dazu auszuführen, daß es sich dabei um Teile der Detailplanung handelt, die von dem in der Auflage 9) enthaltenen Auftrag, eine Detailplanung zu erstellen, umfaßt sind.
c) Zum Vorbringen, im vorliegenden Projekt seien sechs Stahlbetonbrücken mit Pfeiler und Widerlagern vorgesehen, solche Flutbrücken seien im alten Projekt nicht vorhanden gewesen:
Dazu wurde ausgeführt, daß diese Bauwerke sich innerhalb des Straßendammes auf ein Teilstück von zirka 150 m Länge, bei einer Gesamtstraßenlänge von 15 km erstrecken und daß es sich hiebei um Punkte aus der Detailplanung handelt.
d) Zum Vorbringen, 3 im ursprünglichen Projekt vorhandene Brücken seien durch die nunmehrige Planung auf ein Vielfaches ihrer ursprünglichen Länge vergrößert worden:
Dazu hat die Bundesstraßenverwaltung ausgeführt, daß die vorliegende Planung Ausdruck der Berücksichtigung der landschaftspflegerischen Begleitplanung sei. In dieser sei Kritik an der in früheren Planungsstadien vorgesehenen Gestaltung der Brücken erhoben worden. Es sei daher im Sinne der Vorschläge aus der landschaftspflegerischen Begleitplanung eine Änderung vorgenommen worden, die zu einer Verlängerung der Brücken geführt habe.
Zu dem wurde von der Bundestraßenverwaltung folgendes bemerkt:
“Die vorliegende Planung ist als Vorschlag zu verstehen, wie den Vorgaben aus der landschaftspflegerischen Begleitplanung entsprochen werden könnte: Sollte die Naturschutzbehörde der Auffassung sein, eine andere Gestaltung der Brücken würde das Landschaftsbild besser schonen, könnte dem ohne weiteres entsprochen werden.”
Rechtlich ist dazu auszuführen, daß im Auflagenpunkt 9) ausdrücklich ein Auftrag für eine landschaftspflegerische Begleitplanung erteilt worden ist, daher können Planungsänderungen, die in Erfüllung dieser Auflagen erfolgt sind, nicht als Änderungen des dem Naturschutzbescheid zugrundeliegenden maßgeblichen Sachverhalts verstanden werden.
e) Zum Vorbringen, der geplante Rastplatz Stainach sei in der ursprünglichen Planung nicht enthalten gewesen:
Dieses Vorbringen trifft zu, diese Änderung ist durch die vorliegende Bewilligung nicht gedeckt. Die Bundesstraßenverwaltung hat diesbezüglich mitgeteilt, daß der geplante Rastplatz aus der Straßenplanung herausgenommen wird.
Zusammenfassend ist auszuführen, daß drei der zur Begründung der Behauptung eines wesentlichen Abweichens und einer Überschreitung der naturschutzrechtlichen Bewilligung vorgebrachten Punkte tatsächlich Ausdruck der Detailplanung sind. Aus der Auflage 9) des Bescheides geht jedoch ausdrücklich hervor, daß die Naturschutzbehörde davon ausgegangen ist, daß der Planungsprozeß noch nicht abgeschlossen sein kann. Daher können alle Änderungen, die in jenem Rahmen liegen, den der naturschutzrechtliche Bescheid vorgezeichnet hat, nicht als Änderungen des maßgeblichen Sachverhaltes angesehen werden. Der 4. Punkt “Brückenvergrößerungen” ist als Erfüllung einer Vorschreibung in der Auflage 9) zu qualifizieren, kann daher ebenfalls nicht als eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts angesehen werden.
Gegen das Gutachten Weber müssen erhebliche Einwände erhoben werden.
Prof. Weber fragt nämlich nicht, was ist der genaue Gegenstand des seinerzeitigen naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahrens gewesen, um damit die nunmehr vorgesehenen Planungsänderungen zu vergleichen. Vielmehr geht er von den Feststellungen im Gutachten Mader aus und qualifiziert diese ohne rechtliche Bezugsgröße. Er nimmt ohne jede Begründung an, Sache des naturschutzrechtlichen Verfahrens und damit Bewilligungsgegenstand sei eine exakte Planung gewesen, die der Naturschutzbehörde ein vollständiges Bild vom Aussehen der geplanten Straße in allen Details vermittelt habe und diese Planung – und nur diese – sei vom Bewilligungsbescheid umfaßt.
Genau dies ist nicht der Fall gewesen, wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist.
Weil das Gutachten gerade auf jene Fragen nicht eingeht, deren Beantwortung wesentlich für die Beurteilung der anstehenden Frage gewesen sind, kann die Äußerung von Prof. Weber nicht geteilt werden.
Das Schreiben von Herrn Univ.-Prof. Dr. Raschauer vom 27. 5. 1993 ist der Naturschutzbehörde bekannt. Das Schreiben von Raschauer bezieht sich, entgegen der Ansicht des WWF, nicht auf den Auflagenpunkt 9), sondern hat die Auflage Nr. 3) zum Gegenstand. Es steht nicht fest, daß die erforderlichen Flächen nicht verfügbar sind.
2. Für den Bau der B 146 liegt eine aufrechte naturschutzrechtliche Bewilligung, befristet bis 31. 10. 1998, vor. Sollte die Bundesstraßenverwaltung einen Fristverlängerungsantrag für die B 146 einbringen, so hätte auf Grund der Ausweisung der Roßwiesen zum NATURA 2000 Gebiet eine Prüfung nach Art. 6 der FFH-Richtlinie zu erfolgen.
3. Zur Forderung auf Verzicht des wasserrechtlichen Konsens Stainach/Maitschern bis zum Abschluß aller Verfahren kann die Naturschutzbehörde keine Stellungnahme abgeben.
Für die Steiermärkische Landesregierung:
Der Abteilungsvorstand:
i.V.
(Dr. Gerolf Forster)
Ergeht an:
Herrn Architekt Dipl.-Ing. Eric Egerer, Elisabethstraße 9, 2340 Mödling,
Herrn Mag. Stefan Moidl, WWF Österreich, Ottakringer Straße 114–1162, 1162 Wien,
Das Büro Landesrat Dr. Hirschmann, 8010 Graz-Landhaus (4-fach).
Beilage 5
REGIERUNGSSITZUNG
GZ.: 6-50 E 2/439 – 1998
Ggst.: Umsetzung der EU-Richtlinien
Vogelschutzrichtlinie und Fauna-Flora-Habitatrichtlinie;
NATURA 2000: Gebietserweiterung
des Wörschacher Moores bis zur Enns,
inklusive Roßwiesen;
Beschlußfassung
AV:
Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union kommen im Bereich des Naturschutzes die Richtlinien, 79/409/EWG, Richtlinie des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten sowie die Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen auf die Steiermark zur Umsetzung zu.
Vogelschutzrichtlinie:
Ziel der Vogelschutzrichtlinie ist, für sämtliche wildlebende Vogelarten in der Gemeinschaft “eine ausreichende Vielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten oder wiederherzustellen”.
Die Mitgliedstaaten “erklären insbesondere die, für die Erhaltung dieser Arten, zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten.
Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, “geeignete Maßnahmen und die Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirkt”, in den Schutzgebieten zu vermeiden.
Dies bedeutet, daß der jeweilige Staat und in diesem Fall das Bundesland Steiermark verpflichtet ist, bei Auftreten der im Anhang I – und da wiederum speziell der prioritären Arten – besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich deren Lebensräume anzuwenden, worunter auch die Ausweisung von besonderen Schutzgebieten zu verstehen ist.
Fauna-Flora-Habitatrichtlinie:
Die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie gibt genauso wie die Vogelschutzrichtlinie einen Mindeststandard vor, der eingehalten werden muß. Die Richtlinie hat zum Ziel “zur Sicherung der Artenvielfalt, durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten …” beizutragen. Dabei soll ein günstiger Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse bewahrt und wiederhergestellt werden.
Der Anhang I enthält die natürlichen Habitat-Typen von gemeinschaftlichem Interesse, zu deren Schutz die Ausweisung besonderer Schutzgebiete erforderlich ist.
Innerhalb dieses Anhanges sind besondere Lebensräume, die von herausragender Bedeutung sind, als besonders prioritär gekennzeichnet. Zumindest bei Vorliegen bzw. Auffinden solcher Gebiete ist Österreich und damit das Bundesland Steiermark verpflichtet, diese Gebiete unter den erforderlichen Schutz zu stellen.
Im Anhang II werden die Arten von gemeinschaftlichem Interesse aufgezählt, für deren Lebensräume die Ausweisung von Schutzgebieten erforderlich ist. Kriterien sind einerseits die potentielle oder tatsächliche Bedrohung bzw. die Seltenheit bestimmter Arten. Auch hier ist bei Übereinstimmung mit dem Anhang II eine Ausweisung von Schutzgebieten zwingend vorgesehen.
Sowohl die Vogelschutzrichtlinie, als auch die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie haben als gemeinsames Ziel die Errichtung eines europaweiten Netzwerkes, welches sich “NATURA 2000” nennt.
Bei der Sitzung der EU-Arbeitsgruppe in Wien sowie beim Biogeographischen Seminar in Salzburg ergab sich, daß von den bis dato für NATURA 2000 genannten Gebieten für den Bereich “südöstliches Alpenvorland” bzw. für die kontinentale, biogeographische Region kein repräsentatives Gebiet innerhalb Österreichs vorhanden ist. Für die Ausweisung bzw. Nennung solcher Gebiete kommen auf Grund der natürlichen Lage hauptsächlich das Burgenland sowie die Steiermark in Betracht.
Gemäß Art. 23d Abs. 5 BVG sind die Länder “verpflichtet”, Maßnahmen zu treffen, die in ihrem selbständigen Wirkungsbereich zur Durchführung von Rechtsakten im Rahmen der europäischen Integration erforderlich werden; kommt ein Land dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach und wird dies von einem Gericht im Rahmen der Europäischen Union gegenüber Österreich festgestellt, so geht die Zuständigkeit zur Erlassung von solchen Maßnahmen, insbesondere zur Erlassung der notwendigen Gesetze, auf den Bund über. Eine gemäß dieser Bestimmung vom Bund getroffene Maßnahme, insbesondere ein solcherart erlassenes Gesetz oder eine solcherart erlassene Verordnung, tritt außer Kraft, sobald das Land die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat.
Über Auftrag des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Rechtsabteilung 6, Naturschutz, wurden vom INL unter Leitung von Doz. Dr. Gepp 3 zusätzliche Gebiete, darunter die Roßwiesen, hinsichtlich ihrer naturräumlichen Wertigkeit untersucht:
Das betroffene Gebiet befindet sich im Landschaftsschutzgebiet Nr. 44. Das Wörschacher Moos mit seinen Randzonen ist ebenfalls als biogenetisches Reservat anerkannt.
Von besonderer Bedeutung im Hinblick auf die EU-Richtlinien haben sich an Habitattypen die Einstufung unter Code 7110 naturnahe lebende Hochmoore, 91E0 Restbestände von Erlen- und Eschenwäldern an Fließgewässern, 6430 feuchte Hochstaudenfluren sowie 7230 kalkreiche Niedermoore ergeben, die von besonderer Bedeutung, für die Aufnahme in das Netzwerk NATURA sprechen. Ebenso wurden entsprechend Anhang I der Vogelschutzrichtlinie (insgesamt 38 Vogelarten) und Anhang I und II der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten nachgewiesen, welche eine Erweiterung des bereits vorgeschlagenen NATURA 2000-Gebietes Wörschacher Mooses bis zu den Ennsufern, inklusive der Roßwiesen, entsprechend den Zielsetzungen der EU verpflichtend vorsehen.
Das Wörschacher Moos wurde mit Regierungssitzungsbeschluß vom 18. 12. 1995, GZ.: 6-50 E 2/48-95 als NATURA 2000-Gebiet genehmigt.
Aus obgenannten Gründen wird daher der
Antrag
gestellt, die Steiermärkische Landesregierung wolle folgenden Beschluß fassen:
1. Der vorliegende Bericht betreffend die Erweiterung des genannten NATURA 2000-Gebietes Wörschacher Moor (darin enthalten die Roßwiesen) wird zur Kenntnis genommen.
2. Seitens des Bundeslandes Steiermark wird, im Hinblick auf die Umsetzungsverpflichtungen der EU-Richtlinien, für das Netzwerk NATURA 2000 die Erweiterung mit folgenden Grenzen nachgenannt:
Wörschacher Moos in Verlängerung der Nord-/Südachse des bereits vorgeschlagenen Natura 2000 Gebietes an der Ost- und Westseite, nach Süden, wodurch, sowie von der EU verlangt, die Roßwiesen umfaßt sind. Die südliche Grenze bildet der südliche Erlen-/Eschensaum an der Südseite des Ennsufers.