1499 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Verkehrsausschusses
über die Regierungsvorlage (1220 der Beilagen): Zusatzprotokoll vom 26. März 1998 zum Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau vom 18. August 1948 samt Unterzeichnungsprotokoll
Österreich hat die Konvention über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau vom 18. August 1948 (in der Folge: “Donaukonvention” oder “Belgrader Konvention”) am 19. Dezember 1959 ratifiziert. Der Beitritt ist für Österreich am 7. Jänner 1960 wirksam geworden. Österreich hat auf Grund seiner geopolitischen Lage als Donauanrainerstaat und Transitstaat großes Interesse an der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Donau gegenüber anderen Verkehrsträgern und ist daher bemüht, die Bedeutung der Donaukonvention, welche in ihrem Art. 1 die Freiheit der Donauschiffahrt normiert, auch für die Zukunft aufrechtzuerhalten.
In diesem Zusammenhang tritt Österreich einerseits für den Beitritt Deutschlands zur Donaukonvention ein. Für die zukünftige Bedeutung der Donaukonvention ist zum einen der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland auf Grund der damit in Aussicht gestellten ausgewogenen Verbindung der Flußsysteme Donau und Rhein von entscheidender Wichtigkeit. Seit 1992 gibt es mit dem Main-Donau-Kanal eine durchgehende Schiffahrtsverbindung von der Nordsee zum Schwarzen Meer, als deren Drehscheibe der Bundesrepublik Deutschland entscheidende Bedeutung zukommt. Eine volle Beteiligung Deutschlands am Schiffahrtsregime auf der Donau ist daher wünschenswert. Deutschland ist seit 1957 in der Donaukommission durch einen Beobachter vertreten, bisher aber noch nicht Vertragsstaat der Donaukonvention. Beratungen über den Beitritt Deutschlands haben bereits 1990/91 begonnen. Die Donaukonvention enthält keinen Beitrittsartikel. Ausgehend von dem in Art. 2 der Konvention festgelegten Anwendungsbereich, der den schiffbaren Teil der Donau von Ulm bis zum Schwarzen Meer über den Arm von Sulina mit Zugang zum Meer durch den Sulina-Kanal umfaßt, ist jedoch davon auszugehen, daß nur Donaustaaten beitrittsberechtigt sind. Die Beratungen des Vorbereitungsausschusses für eine diplomatische Staatenkonferenz über die Donaukooperation, an denen Deutschland seit 1994 teilnimmt, haben die übereinstimmende Auffassung aller Donaukonventionsmitglieder bestätigt, den Beitritt aller Uferstaaten, die noch nicht Mitglied der Donaukommission sind, zur Donaukonvention zu ermöglichen.
Österreich tritt außerdem für eine Festschreibung des Vertragsparteienstatus Kroatiens und Moldovas ein, da eine Verwirklichung der dringenden Reform der Donaukonvention ohne eine Beteiligung Deutschlands, Moldovas und Kroatiens sehr unwahrscheinlich ist. Es wäre vielmehr zu befürchten, daß die Donaukommission zur völligen Bedeutungslosigkeit absinkt.
Kroatien hatte bereits im Dezember 1991 und im Juni 1992, zuletzt am 28. November 1996 die Zulassung als Vertragspartei der Donaukonvention beantragt. Zur Frage der vertraglichen Nachfolge Kroatiens in die Donaukonvention ist aus rechtlicher Sicht zu sagen, daß die im Zusatzprotokoll gewählte Vorgehensweise der Festschreibung des Vertragsparteienstatus von Kroatien und Moldova den völkerrechtlichen Prinzipien der Kontinuität der Staatennachfolge in Verträge entspricht, an der sich die Praxis der überwiegenden Zahl der Staaten seit Anfang der neunziger Jahre im Fall der bilateralen Verträge orientierte. Die Wiener Konvention über Staatennachfolge in Verträge, welche seit 6. November 1996 in Kraft ist, enthält zum Teil kodifiziertes Völkergewohnheitsrecht. Sie besagt in ihrem Art. 34, daß bei Abspaltung von einem Teil oder Teilen des Hoheitsgebietes eines Staates und der Gründung eines oder mehrerer unabhängiger Staaten vom Vorgängerstaat unabhängig vom Weiterbestehen des Vorgängerstaates alle jene Verträge weiter gelten, welche sich zum Zeitpunkt der Staatennachfolge für das gesamte oder einen Teil des Hoheitsgebietes des Vorgängerstaates in Kraft befinden, es sei denn, die betroffenen Staaten kommen anders überein oder es geht aus dem Vertrag oder in anderer Weise hervor, daß die Anwendung des Vertrages im Verhältnis zum Nachfolgestaat mit Ziel und Zweck desselben Vertrages unvereinbar wäre bzw. die Bedingungen für seine Durchführung wesentlich verändern würde. Hinsichtlich des Kontinuitätsprinzipes trifft die Konvention keine Unterscheidung zwischen bilateralen und multilateralen Verträgen. Es ist also von der Weitergeltung auch multilateraler Verträge in bezug auf die Nachfolgestaaten auszugehen.
Beide Ziele, der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland und die Außerstreitstellung der Nachfolge Kroatiens und Moldovas in die vertraglichen Verpflichtungen Ex-Jugoslawiens bzw. der ehemaligen UdSSR aus der Donaukonvention, werden durch gegenständliches Zusatzprotokoll und zugehöriges Unterzeichnungsprotokoll erreicht.
Das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen vom 18. August 1948 über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau, mit dem die Donaukonvention geändert wird, samt Unterzeichnungsprotokoll enthalten gesetzändernde Bestimmungen und bedürfen der Genehmigung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Die beiden Protokolle enthalten keine verfassungsändernden Bestimmungen. Sie regeln keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder und bedürfen daher nicht der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG. Sie haben nicht politischen Charakter und sind der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, so daß die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist.
Der Verkehrsausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 18. November 1998 in Verhandlung gezogen und nach einer Debatte, an der sich die Abgeordneten Dr. Susanne Preisinger, Karl Smolle und Josef Edler sowie der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem beteiligten, einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses des gegenständlichen Staatsvertrages zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem Abschluß des Staatsvertrages: Zusatzprotokoll vom 26. März 1998 zum Übereinkommen über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau vom 18. August 1948 samt Unterzeichnungsprotokoll (1220 der Beilagen) die Genehmigung erteilen.
Wien, 1998 11 18
Robert Sigl Rudolf Parnigoni
Berichterstatter Obmann