1529 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Justizausschusses


über den Antrag der Abgeordneten Doris Bures, Dr. Walter Schwimmer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (958/A)

Die Abgeordneten Doris Bures, Dr. Walter Schwimmer und Genossen haben den Antrag 958/A am 26. November 1998 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“Zu Artikel I

Das Schlichtungsstellenverfahren richtet sich zwar gemäß § 39 Abs. 3 MRG grundsätzlich nach den Vorschriften des AVG, doch ist nach dem letzten Satz leg. cit. § 37 Abs. 2, Abs. 3 Z 1 bis 14 und 19 sowie Abs. 4 MRG sinngemäß anzuwenden. Im Effekt bedeutet die letztgenannte Verweisung eine sehr weitgehende Anwendbarkeit zivilprozessualer Regelungen im Schlichtungsstellenverfahren. Diese Konzeption fände jedoch – ohne Abhilfemaßnahme des Gesetzgebers – durch § 82 Abs. 7 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998 mit Ablauf des 31. Dezember 1998 ein jähes Ende, weil danach viele Einzelelemente dieser Verweisung insoweit außer Kraft träten, als sie von in § 82 Abs. 7 AVG im einzelnen angeführten Bestimmungen dieses Gesetzes abwichen. Einen von zwei möglichen Auswegen zur Aufrechterhaltung des Schlichtungsstellenverfahrens in der bisher gekannten Gestalt auch über den 31. Dezember 1998 hinweg weist § 82 Abs. 7 zweiter Satz AVG, wonach diese Derogationsregelung nicht gilt, wenn die abweichenden Bestimmungen nach dem 30. Juni 1998 kundgemacht worden sind. Im Hinblick darauf werden einige schon im geltenden Recht existente Regelungen über das Schlichtungsstellenverfahren in diesen Gesetzentwurf aufgenommen, um solcherart die spezifische Verfahrensart des Schlichtungsstellenverfahrens vor den Derogationswirkungen des § 82 Abs. 7 AVG zu bewahren. Dies bietet allerdings auch Gelegenheit zu einigen Klarstellungen und Änderungen gegenüber dem geltenden Recht. Nur auf diese sei im folgenden erläuternd eingegangen:

In § 39 Abs. 3 MRG wird entsprechend dem tatsächlichen Schwergewicht zunächst die Anwendbarkeit der verschiedenen Regelungen des § 37 MRG und erst subsidiär jene des AVG angeordnet. Bei der Verweisung auf Teile des § 37 MRG werden nun auch dessen Abs. 2a und dessen Abs. 3 Z 20a angeführt, deren bisher nur im Wege der Interpretation mögliche ,Übernahme‘ auch in Schlichtungsstellenverfahren im Gefolge der Wohnrechtsnovelle 1997, BGBl. I Nr. 22/1997, nun ausdrücklich vorgesehen werden soll. Die sanktionslose Soll-Bestimmung über die Beschleunigung des Verfahrens und seinen Abschluß innerhalb von drei Monaten wird eliminiert.

In § 39 Abs. 4 MRG soll klargestellt werden, daß Voraussetzung für die Exequierbarkeit einer Schlichtungsstellenentscheidung der ungenützte Ablauf der Frist zur Anrufung des Gerichts ist. In diesem Zusammenhang ist im übrigen darauf hinzuweisen, daß der zweite Satz des Abs. 4, wonach die Entscheidung der Gemeinde einen Exekutionstitel im Sinn des § 1 EO bildet, auch für Entscheidungen der Schlichtungsstellen über Einwendungen nach § 35 der Exekutionsordnung (die ja gemäß § 35 Abs. 2 letzter Satz EO ebenfalls bei der Schlichtungsstelle anzubringen sind) gilt, sodaß die Exekution auch solcher Entscheidungen ,den Gerichten überwiesen‘ (vgl. § 1 Z 10 EO) und kein Fall der Verwaltungsexekution ist.

Nach der vorgeschlagenen Neufassung des § 40 Abs. 1 MRG soll der Lauf der Frist zur Anrufung des Gerichts künftig in allen Fällen nur noch durch die Zustellung der Schlichtungsstellenentscheidung in Gang gesetzt werden. Entsprechend der allgemeinen Rechtsentwicklung im Zivil- und Zivilverfahrens­recht, im besonderen aber auch korrelierend zur Verlängerung der Frist zur Erhebung von Einwendungen gegen die gerichtliche Aufkündigung von Bestandverträgen sowie gegen Aufträge zur Übergabe oder Übernahme von Bestandgegenständen durch die Wohnrechtsnovelle 1997, BGBl. I Nr. 22/1997, soll diese Anrufungsfrist auf vier Wochen verlängert werden. Entsprechend der Judikatur wird klargestellt, daß gegen die Versäumung der Anrufungsfrist der Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig ist, die Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag dem Gericht obliegt und dieser Antrag unmittelbar bei Gericht einzubringen ist.

Im übrigen erklären sich Abweichungen der hier vorgeschlagenen Bestimmungen von den Regelungen des geltenden Rechts aus dem Bemühen um stringentere Formulierungen.

Zu Artikel II

Die Verlängerung der Frist zur Anrufung des Gerichts gegen eine Entscheidung der Schlichtungsstelle gemäß dem vorgeschlagenen § 40 Abs. 1 MRG wirkt bereits für alle jene Fälle, in denen die Frist zur Anrufung des Gerichtes zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch nicht zu laufen begonnen hat. Diese Übergangsbestimmung entspricht inhaltlich der korrespondierenden Regelung der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. Nr. 135/1983 (die ja ebenfalls eine Verlängerung von Rechtsmittel­fristen von 14 Tagen auf vier Wochen vorgesehen hatte), nämlich deren Art. XVII § 2 Z 7.”

Der Justizausschuß hat den vorliegenden Initiativantrag in seiner Sitzung am 2. Dezember 1998 in Verhandlung genommen.

Nach Berichterstattung durch die Abgeordnete Doris Bures  und Wortmeldungen der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Mag. Terezija Stoisits wurde der Antrag 958/A in der diesem Bericht beigeschlossenen Fassung einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuß den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1998 12 02

                                    Doris Bures                                                      Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau

Anlage

Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderungen des Mietrechtsgesetzes

Das Mietrechtsgesetz, BGBl. Nr. 520/1981, zuletzt geändert durch die Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 140/1997, wird wie folgt geändert:

1. § 39 Abs. 3 und 4 lautet:

“(3) Die Gemeinde hat nach Vornahme der erforderlichen Ermittlungen, wenn der Versuch einer gütlichen Beilegung des Streites erfolglos geblieben ist, über den Antrag nach § 37 Abs. 1 zu entscheiden. Auf das Verfahren sind § 37 Abs. 2, Abs. 2a, Abs. 3 Z 1 bis 14, 19 und 20a sowie Abs. 4 sinngemäß anzuwenden, im übrigen auch die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991.

(4) Die Entscheidung der Gemeinde kann durch kein Rechtsmittel angefochten werden. Sie bildet, wenn die Frist zur Anrufung des Gerichtes nach § 40 Abs. 1 abgelaufen ist, einen Exekutionstitel im Sinn des § 1 der Exekutionsordnung.”

2. § 40 Abs. 1 und 2 lautet:

“(1) Die Partei, die sich mit der Entscheidung der Gemeinde über den Antrag nach § 37 Abs. 1 nicht zufriedengibt, kann die Sache innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der Entscheidung bei Gericht anhängig machen. Durch die Anrufung des Gerichtes tritt die Entscheidung der Gemeinde außer Kraft. Sie tritt jedoch wieder in Kraft, wenn der Antrag auf Entscheidung des Gerichtes zurückgezogen wird. Die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Anrufungsfrist obliegt dem Gericht; der Wiedereinsetzungsantrag ist unmittelbar bei Gericht einzubringen.

(2) Das Gericht kann ferner von jeder Partei angerufen werden, wenn das Verfahren vor der Gemeinde nicht binnen drei Monaten zum Abschluß gelangt ist. Sobald ein solches Begehren bei Gericht eingebracht wurde, hat die Gemeinde das Verfahren einzustellen.”

Artikel II

Inkrafttreten; Übergangsbestimmung

1. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 1999 in Kraft.

2. § 40 Abs. 1 MRG ist in der Fassung dieses Bundesgesetzes anzuwenden, wenn die Frist zur Anrufung des Gerichtes zum Zeitpunkt des Inkraftretens dieses Bundesgesetzes noch nicht zu laufen begonnen hat.