154 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Justizausschusses
über die Regierungsvorlage (102 der Beilagen): Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Internationalen Gerichten
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat als Maßnahme bei Bedrohung oder Bruch des Friedens nach Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen mit seinen Resolutionen 827 (1993) und 955 (1994) Internationale Gerichte für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda geschaffen. Diese Maßnahmen sind für alle Staaten verbindlich und verpflichten sie, mit den Internationalen Gerichten zusammenzuarbeiten. Um den allgemeinen und besonderen Zusammenarbeitsverpflichtungen vollumfänglich nachkommen zu können, ist eine gesetzliche Grundlage erforderlich.
Zur Erfüllung der Verpflichtungen der Republik Österreich aus den oben angeführten Resolutionen wird die Einführung eines Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den Internationalen Gerichten vorgeschlagen. Der allgemeine Teil enthält Regelungen über das grundsätzliche Verhältnis zwischen den österreichischen Gerichten und Behörden einerseits und den Internationalen Gerichten andererseits sowie Bestimmungen über die Grundzüge des anzuwendenden Verfahrensrechtes.
Im besonderen Teil werden Rechtshilfe, Fahndung, Überstellung an das Internationale Gericht und Übernahme der Strafvollstreckung geregelt. Ergänzend dazu werden zivilrechtliche Bestimmungen sowie Vorschriften über selbständige Ermittlungstätigkeiten des Internationalen Gerichtes in Österreich vorgeschlagen.
Der Justizausschuß hat diese Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 23. Mai 1996 in Verhandlung genommen. An der sich an die Ausführungen des Berichterstatters anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Harald Ofner, Dr. Willi Fuhrmann, Dr. Walter Schwimmer, Mag. Thomas Barmüller, Peter Schieder und Mag. Doris Kammerlander sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek.
Von den Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Willi Fuhrmann, Dr. Harald Ofner, Mag. Thomas Barmüller und Mag. Doris Kammerlander wurde ein Abänderungsantrag zu § 26 mit folgender Begründung eingebracht:
Statt der in der Regierungsvorlage
zunächst vorgesehenen Verfassungsbestimmung kann auch mit einer
einfachgesetzlichen Regelung den sich aus der Resolution des Sicherheitsrates
der Vereinten Nationen 827 (1993), BGBl. Nr. 37/1995, ergebenden
völkerrechtlichen Verpflichtungen entsprochen werden. Diese Fassung steht
überdies mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober
1990, G 73/89-11, BGBl. Nr. 706/1990, in Einklang, der den – der
Verfassungsbestimmung der Regierungsvorlage vergleichbaren – § 268
ZPO als verfassungswidrig aufgehoben hat. Nach der Entscheidung des OGH vom 17.
Oktober 1995, 1 Ob 612/95 (verstärkter Senat), EvBl. Nr. 34/1996, erfassen
die im § 292 ZPO aufgezählten „bezeugten Tatsachen“ nicht
auch die (auf Grund von Beweiserhebungen) „festgestellten
Tatsachen“. In Fortentwicklung des Gedankens der §§ 292 und 293
ZPO sollen hier nicht nur die „bezeugten Tatsachen“, sondern auch
die auf Grund eines Beweisverfahrens in einer rechtskräftigen
Entscheidung festgestellten Tatsachen einen „vollen Beweis“
begründen.
Bei der Abstimmung wurde die gegenständliche Regierungsvorlage unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Willi Fuhrmann, Dr. Harald Ofner, Mag. Thomas Barmüller und Mag. Doris Kammerlander einstimmig angenommen.
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Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (102 der Beilagen) mit der beigedruckten Abänderung die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 1996 05 23
Wolfgang Großruck Mag. Dr. Maria Theresia Fekter
Berichterstatter Obfrau
Abänderung
zum Gesetzentwurf in 102 der Beilagen
§ 26 samt Überschrift lautet:
„Wirkung der Entscheidungen des Internationalen Gerichtes
§ 26. Ein rechtskräftiges Urteil des Internationalen Gerichtes begründet in Verfahren vor den österreichischen Gerichten bei Klagen des Opfers gegen den Verurteilten den vollen Beweis dessen, was darin auf Grund eines Beweisverfahrens festgestellt wurde. Der Beweis der Unrichtigkeit der Feststellungen ist zulässig.“