157 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales


betreffend den Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die soziale Lage 1994 (III-4 der Beilagen)

Der gegenständliche Bericht enthält neben einem Vorwort des Bundesministers, der sozialpolitischen Vorschau und einer Zusammenfassung die Abschnitte

         –   Sozialbericht,

         –   Tätigkeit des Bundesministers für Arbeit und Soziales,

         –   Beiträge der Interessenvertretungen.

Die statistischen Daten zur Arbeitsmarktlage, zur Sozialversicherung sowie zur Einkommensverteilung sind in einem eigenen Datenband enthalten. Dieser enthält auch einen Anhang betreffend das Sozialbudget, Behindertenangelegenheiten und die Krankenhausfinanzierung.

Im Vorwort stellt der Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums fest, daß Österreich auch 1994 bewiesen hat, daß ein hoher Sozialstandard und internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft durchaus vereinbar sind. Eine wichtige Grundlage dafür ist eine Offensive und umfassende Beschäftigungspolitik, die auch in Zukunft Priorität haben muß. Weiters stellt der Bundesminister fest, daß in den letzten zehn Jahren trotz eines massiven Strukturwandels die Zahl der Beschäftigten in Österreich um 300 000 gestiegen ist. Auch im Berichtsjahr 1994 kam es zu einem Zuwachs von 16 000 beschäftigten Personen in Österreich. Österreich hat mit 4,4% (ILO-Kriterien) nach Luxemburg die niedrigste Arbeitslosenquote (EU-Durchschnitt: 11,8%) und die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit überhaupt. Am Schluß seines Vorwortes stellt Bundesminister Hums fest, daß es ein besonderes Anliegen sein muß, dafür zu sorgen, daß sozial Schwache nicht an die Armutsgrenze gedrängt werden. Ein Staat, der so wohlhabend ist wie Österreich, muß auch in Zukunft alles daran setzen, daß Armut wirkungsvoll verhindert wird und niemand in Armut leben muß.

Im Abschnitt Zusammenfassung wird zur Arbeitsmarktlage festgestellt, daß sich 1994 die Wohnbevölkerung um 38 000 (Vorjahr: 78 000) auf 8 030 000 Personen erhöht hat. Nach einer rezessionsbedingten Stagnation des Beschäftigungszuwachses im Jahre 1993 stieg die unselbständige Beschäftigung infolge des Konjunkturaufschwunges gegenüber 1993 um 16 000 (+0,5%) auf 3 071 000, wobei der Zuwachs bei den Frauen höher  war (+10 000) als bei den Männern (+6 000).

Im Jahresdurchschnitt sank der Bestand an offenen Stellen um 8% auf 30 000 ab. 64% der offenen Stellen konnten innerhalb von 30 Tagen besetzt werden.

Die Erwerbsquote sank gegenüber 1993 um 0,2 Prozentpunkte auf 71,3 Prozent. Dieser Rückgang ist allein auf die Senkung der Männererwerbsquote um 0,4 Prozentpunkte auf 78,4% zurückzuführen. Die Erwerbsquote der Frauen erhöhte sich um einen Zehntelprozentpunkt auf 63,6%.

1994 waren insgesamt 681 000 Personen (404 000 Männer, 277 000 Frauen) zumindest einmal arbeitslos. Der Jahresdurchschnittsbestand bei arbeitslosen Personen sank um 7 000 auf 215 000. Die Arbeitslosenquote sank von 6,8% auf 6,5%. Nach ILO-Kriterien lag sie wie erwähnt bei 4,4%. Die Arbeitslosenquote der inländischen Frauen betrug 6,7%, jene der ausländischen Frauen betrug 7,0%. Ebenso lag die Arbeitslosenquote der ausländischen Männer (8,6%) erheblich über jener der inländischen Männer (6,1%).

Von den 681 000 insgesamt von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen waren 90 000 Männer und 82 000 Frauen über sechs Monate arbeitslos, was gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg um rund
3 000 oder 2,1% bedeutet. Von diesen Langzeitarbeitslosen waren rund 75 000, somit 43,6% der Langzeitarbeitslosen länger als ein Jahr ohne Beschäftigung, was gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg um 6 000 oder 9% bedeutete. Die Langzeitarbeitslosigkeit konzentriert sich auf die Bundesländer Niederösterreich, Steiermark und Wien, auf die 70% aller Langzeitarbeitslosen entfallen. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an den Arbeitslosen betrug in Wien rund 40%, in Niederösterreich 28,1% und in der Steiermark 26,5%.

Der Jahresdurchschnittsbestand an Arbeitslosen ist im Berichtsjahr gegenüber dem vorangehenden Jahr mit Ausnahme von Tirol in allen Bundesländern leicht gesunken. Der Grund dafür war die in allen Bundesländern kürzere Dauer der Arbeitslosigkeit. Über dem Durchschnitt liegen die Arbeitslosenquoten nach wie vor in Kärnten (8,1%), Steiermark (8,1%), Burgenland (7,7%) und Wien (7,1%). In Niederösterreich entsprach sie dem Bundesdurchschnitt (6,5%). Am niedrigsten war die Arbeitslosenquote in Salzburg (4%). Unter dem Bundesdurchschnitt war auch Vorarlberg (5,7%), Tirol (5,6%) und Oberösterreich (5,4%).

Die Analyse der berufsspezifischen Arbeitslosenquote zeigt, daß in den Saison- und Produktionsberufen ein Rückgang zu verzeichnen war, während in den Dienstleistungsberufen die Arbeitslosigkeit leicht anstieg. Die Ursache dafür ist, daß es im Berichtsjahr eine anhaltend gute Baukonjunktur gab und die Sommersaison im Fremdenverkehr hingegen sehr schwach verlief (Ausnahme Städtetourismus), sodaß es zu einer gestiegenen Arbeitslosenzahl in den Fremdenverkehrsberufen kam.

Die mittlere Höhe (Median) der monatlichen Leistungen an Arbeitslose (Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe inklusive allfälliger Familienzuschläge) betrug im Jahre 1994 8 500 S (Vorjahr: 8 300 S). Das mittlere Arbeitslosengeld der Männer betrug 9 700 S (Vorjahr: 9 500 S), das der Frauen 7 300 S (Vorjahr: 7 000 S). Diese Unterschiede ergeben sich hauptsächlich aus den niedrigeren Löhnen bzw. Gehältern der Frauen sowie aus dem Umstand, daß die Frauen einen höheren Anteil an Teilzeitbeschäftigten aufweisen. Mehr als die Hälfte der arbeitslosen Frauen mußte mit einem Arbeitslosengeld auskommen, das unterhalb des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende in der Pensionsversicherung (1994: 7 500 S) lag oder diesen erreichte. Bei den Männern lag der vergleichbare Anteil unter 20%. Die mittlere Höhe der Notstandshilfe betrug für Männer 7 900 S (Vorjahr: 7 600 S) und für Frauen 6 100 S (Vorjahr: 6 000 S). 30% der Notstandshilfe beziehenden Frauen mußten 1994 mit einer monatlichen Leistung von höchstens 4 900 S auskommen, nur ein Drittel verfügt über mehr als 7 000 S.

Im Abschnitt über die Einkommenssituation von Arbeitslosen wird darauf hingewiesen, daß im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes im Mai 1995 das Arbeitslosengeld für Arbeitslose mit einem vorangegangenen Monatsverdienst von über 21 000 S gesenkt wurde. Um das zur Zeit höchstmöglichste Arbeitslosengeld von monatlich 12 500 S zu erhalten, ist ein Monatsverdienst von über 33 500 S erforderlich.

Die vorläufigen Gebarungsergebnisse der Sozialversicherungsträger für das Jahr 1994 weisen Gesamtausgaben von 360,39 Milliarden Schilling (das sind 16% des Bruttoinlandsproduktes) und Gesamteinnahmen von 358,64 Milliarden Schilling auf. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Ausgaben mit 4,8% stärker als die Einnahmen mit 4,1%. Die Einnahmen bestanden zu 80% aus Versichertenbeiträgen und zu 14% aus Bundesbeiträgen. Die restlichen 6% entfallen auf sonstige Einnahmen wie Vermögenserträgnisse und Kostenbeiträge der Versicherten. 67% der Ausgaben der Sozialversicherung entfielen auf die Pensionsversicherung, 30% auf die Krankenversicherung und die restlichen 3% auf die Unfallversicherung.

Der Anteil der Bundesmittel an den Aufwendungen der Pensionsversicherung betrug 1994 24%. Die Zuwachsrate des Pensionsaufwandes lag 1994 unter jener des Beitragsaufkommens. Durch die neuerliche außertourliche Erhöhung der Ausgleichszulagenrichtsätze stieg der vom Bund zur Gänze zu ersetzende Aufwand für Ausgleichszulagen um 12% auf 11,3 Milliarden Schilling an. 1994 kamen auf jeweils 1 000 BeitragszahlerInnen 593 PensionsemfängerInnen (Vorjahr: 586).

Die höchstmögliche Eigenpension (ohne Zulagen und Zuschüsse) betrug 1994 brutto 26 521 S (Vorjahr: 25 614 S), die höchste Witwenpension betrug 15 912 S (Vorjahr: 15 368 S) monatlich. Die durchschnittliche Alterspension der Männer in der gesetzlichen Pensionsversicherung betrug im Dezember 1994 ohne Zulagen und Zuschüsse 13 382 S, jene der Frauen 7 578 S. Die durchschnittliche Invaliditätspension der Männer betrug 9 938 S, jene der Frauen 4 801 S. Der durchschnittliche monatliche Ruhebezug der BundesbeamtInnen (ohne Post und ÖBB) betrug 30 600 S.

Das durchschnittliche Zugangsalter bei der Alterspension betrug für Frauen 58,4 Jahre und für Männer 60,8 Jahre. Die durchschnittliche Alterspension des Neuzugangs 1994 betrug in der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter bei den Männern 11 015 S (Erhöhung gegenüber dem Vorjahr 13,1%) und bei den Frauen 6 267 S (Erhöhung gegenüber dem Vorjahr 19,1%). In der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten betrug dieser Wert für die Männer 18 135 S (Erhöhung gegenüber dem Vorjahr 3,9%) und für die Frauen 11 387 S (Erhöhung gegenüber dem Vorjahr 10,6%). In der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft betrug dieser Wert für Männer 14 275 S (Senkung gegenüber dem Vorjahr
–1,8%) und für Frauen 8 764 S (Senkung gegenüber dem Vorjahr –2%). In der Sozialversicherungsanstalt der Bauern betrug die durchschnittliche Alterspension des Neuzugangs 1994 bei den Männern 13 238 S (Erhöhung gegenüber dem Vorjahr 2,9%) und bei den Frauen 8 274 S (Erhöhung gegenüber dem Vorjahr 8,7%).


Mitte Juli 1994 erhielten 208 000 Frauen und 27 000 Männer, das sind 14,5% aller männlichen und weiblichen Bezieher einer Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung, noch mindestens eine weitere Pensionsleistung aus der gesetzlichen Pensionsversicherung oder eine Beamtenpension. 14% der im Dezember 1994 von den Pensionsversicherungsträgern der unselbständigen ausbezahlten Leistungen wurden durch eine ausländische Teilleistung ergänzt (248 500 Pensionen).

Die Richtsätze für Ausgleichszulagen wurden ab 1. Jänner 1994 über die Pensionsanpassung von 2,5% hinaus um 7,1% erhöht. Durch diese neuerliche überdurchschnittliche Erhöhung des Richtsatzes betrug dieser für Alleinstehende ab 1. Jänner 1994 7 500 S (Vorjahr: 7 000 S), jener für Ehepaare mit gemeinsamem Haushalt 10 700 S (Vorjahr: 9 967 S). Ende 1994 bezogen 280 000 (Vorjahr: 274 000) Personen, das sind 15,5% (Vorjahr: 15,5%) der Pensionsbezieher eine Ausgleichszulage.

Im Abschnitt Zusammenfassung wird hinsichtlich der Entwicklung und Verteilung des Volkseinkommens darauf hingewiesen, daß der Lohnanteil am Volkseinkommen im Aufschwungjahr 1994 wieder zurückging. Die Brutto-Entgelte für unselbständige Arbeit nahmen 1994 nominell um 3,6% und real um 0,5% zu, während das Brutto-Inlandsprodukt im Berichtsjahr inflationsbereinigt um 3% stieg. Das monatliche Medianeinkommen (14 × jährlich) aller unselbständig Beschäftigten lag 1994 bei 19 200 S (Vorjahr: 18 000 S), das der Arbeiter bei 17 300 S (Vorjahr: 16 700 S), das der Angestellten bei 21 300 S (Vorjahr: 20 700 S) und das der Beamten bei 23 200 S (Vorjahr: 22 600 S). Hinsichtlich der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen weist der gegenständliche Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales darauf hin, daß unter Einbeziehung auch der Teilzeitbeschäftigten das mittlere Einkommen der Männer um 42% über jenem der Frauen liegt. Zirka ein Drittel dieser geschlechtspezifischen Disparität erklärt sich aus der höheren Teilzeitbeschäftigungsquote der Frauen. In den letzten 14 Jahren sind die mittleren Brutto-Verdienste der Frauen nominell um 97% und damit um zwölf Prozentpunkte stärker gestiegen als jene der Männer.

Der Ausschuß für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales in seiner Sitzung am 29. Mai 1996 in Verhandlung genommen. Berichterstatterin im Ausschuß war die Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Gottfried Feurstein, Sigisbert Dolinschek, Ridi Steibl, Dr. Volker Kier, Karl Öllinger, Mag. Walter Guggenberger, Mag. Herbert Haupt, Josef Meisinger, Eleonore Hostasch, Theresia Haidlmayr, Elfriede Madl, Dr. Elisabeth Pittermann und Mag. Dr. Josef Trinkl  sowie der Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Hums.

Bei der Abstimmung hat der Ausschuß für Arbeit und Soziales mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des Berichtes zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuß für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die soziale Lage 1994 (III-4 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1996 05 29

                        Dr. Elisabeth Pittermann                                                   Annemarie Reitsamer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obfrau