1600 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten


über die Regierungsvorlage (1433 der Beilagen): Übereinkommen über die Markierung von Plastiksprengstoffen zum Zweck des Auf­spürens samt Anhang und Erklärung der Republik Österreich


Durch das Übereinkommen sollen terroristische Sprengstoffattentate erschwert werden, indem alle Plastiksprengstoffe in Hinkunft für alle Vertragsstaaten verpflichtend mit einer Markiersubstanz, die ihre Entdeckung vor allem in Gepäckstücken von Reisenden erleichtert, zu versehen sind. Weiters führt die Markierung im Zuge der Ermittlungen nach Sprengstoffanschlägen zu einer leichteren Feststellbarkeit der Herkunft des Sprengstoffes und kann somit – über die Feststellung des Weitergabeweges – einen wertvollen Beitrag zur Täterausforschung leisten. Welche Sprengstoffe von der Markierungspflicht erfaßt und welche Markierungssubstanzen zu verwenden sind, ergibt sich aus dem ”Technischen Anhang” des Übereinkommens. Zur Überwachung des Übereinkommens wird eine Kommission bei der ICAO gebildet (Art. V).

Durch die Ratifikation des Übereinkommens über die Markierung von Plastiksprengstoffen zum Zweck des Aufspürens werden im Bereich der Großgepäckskontrolle auf Flughäfen auf Grund der ohnehin bestehenden Verpflichtungen aus der ICAO-Mitgliedschaft Österreichs, ab 2002 das Großgepäck einer 100% Kontrolle zu unterziehen, voraussichtlich keine Zusatzkosten entstehen. Hinsichtlich der Kontrollen an den Grenzüber­gängen ist mit Kosten von sieben bis zehn Millionen Schilling (7 bis 10 Millionen Schilling) zu rechnen.

Das Übereinkommen über die Markierung von Plastiksprengstoffen zum Zweck des Aufspürens ist ein gesetzändernder und gesetzesergänzender Staatsvertrag und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Einer Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz bedarf es nicht, da in dem Übereinkommen keine Angelegenheiten geregelt werden, die in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder fallen. Im innerstaatlichen Rechtsbereich ist das Übereinkommen einer unmittelbaren Anwendung nicht zugänglich und daher durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen (Art. 50 Abs. 2 B-VG). In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß Art. IV Abs. 2 des Übereinkommens für bestimmte Maßnahmen eine Umsetzungsfrist von drei Jahren, Abs. 3 für andere eine Umsetzungsfrist von fünfzehn Jahren ab dem Zeitpunkt des innerstaatlichen Inkrafttretens vorsehen. Für eine Änderung des Anhanges des Übereinkommens sieht Art. VII Abs. 3 ein Verfahren vor, wonach vom Rat der ICAO vorgeschlagene Änderungen des Anhanges in Kraft treten, wenn nicht innerhalb einer Frist von neunzig Tagen ab Notifikation der Änderung durch den Rat fünf oder mehr Vertragsstaaten durch eine an den Rat gerichtete schriftliche Notifikation Einspruch erheben. Da der Anhang integrierender Bestandteil des Überein­kommens ist, bedürfte jede Änderung der Anhänge – als Änderung des Übereinkommens – grundsätzlich der Befassung des Nationalrates gemäß Art. 50 B-VG. Eine Befassung des Nationalrates mit den jeweiligen Änderungen erscheint jedoch insofern problematisch, als die – kurze – Widerspruchs­frist von neunzig Tagen in der Regel einen zu kurzen Zeitraum darstellen wird, um das Verfahren nach Art. 50
B-VG durchzuführen. Da das vom Übereinkommen vorgesehene Verfahren somit für eine Genehmigung von Änderungen durch den Nationalrat praktisch keinen Raum läßt, müßte aus österreichischer Sicht in allen Fällen Einspruch erhoben werden, um eine Befassung des Nationalrates gemäß Art. 50 B-VG zu ermöglichen. Dies hätte aber unter Umständen die Blockierung des Änderungsvorschlages auf internationaler Ebene zur Folge. Um ein solches Ergebnis zu vermeiden, wie auch aus Gründen der Vereinfachung des Verfahrens, erscheint die Erhebung von Art. VII Abs. 3 in den Verfassungsrang als die zweckmäßigste Lösung. Auf diese Weise könnte verhindert werden, daß Österreich durch die völkerrechtlich bedenkliche automatische Erhebung von Einsprüchen auch solche Änderungen behindert oder zu Fall bringt, die von Österreich akzeptiert werden könnten. Art. VII Abs. 3 des Übereinkommens ist daher als verfassungsändernd bzw. verfassungsergänzend zu genehmigen und bedarf somit einer Behandlung gemäß Art. 50 Abs. 3 B-VG.


Der Ausschuß für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 27. Jänner 1999 in Verhandlung genommen.

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Brigitte Tegischer, Herbert Scheibner und Hans Helmut Moser sowie der Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl das Wort.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des gegenständ­lichen Staatsvertrages zu empfehlen. Weiters wurde einstimmig beschlossen, den vorliegenden Staats­vertrag gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen. Ferner wurde mit einstimmigem Beschluß empfohlen, gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG die nicht deutschsprachigen Fassungen des Protokolls durch Auflage zur Einsichtnahme während der Amtsstunden im Bundesministeriums für Inneres kundzumachen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuß für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1.  Der Abschluß des Staatsvertrages: Übereinkommen über die Markierung von Plastiksprengstoffen zum Zweck des Aufspürens samt Anhang und Erklärung der Republik Österreich, dessen Art. VII Abs. 3 verfassungsändernd bzw. verfassungsergänzend ist (1433 der Beilagen) wird genehmigt.

2.  Gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG ist dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.

3.  Gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG ist dieser Staatsvertrag hinsichtlich seiner Fassungen in französischer, spanischer, russischer und arabischer Sprache dadurch kundzumachen, daß sie zur öffentlichen Einsichtnahme während der Amtsstunden im Bundesministerium für Inneres aufgelegt werden.

Wien, 1999 01 27

                             Helmut Dietachmayr                                                              Anton Leikam

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann