1601 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten


über den Antrag 965/A(E) der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend Fehlentwicklungen in der Fremdenpolitik


Der am 27. November 1998 im Nationalrat eingebrachte Entschließungsantrag war wie folgt eingeleitet:

Die österreichische Bevölkerung erreichte mit Jahresende 1997 einen Stand von 8 075 425 Personen, wovon 734 340 legale ausländische Mitbürger waren. Die Zahl der Ausländer steigt ständig. Neben diesen vom Österreichischen Statistischen Zentralamt ausgewiesenen Zahlen befinden sich nach Expertenschätzungen noch mehrere hunderttausend Ausländer illegal in Österreich, sodaß rund eine Million Fremde in Österreich leben.

Österreichweit ist bereits jede achte Person Ausländer. In Wien ein Fünftel der Bevölkerung. 1998 sind 19 600 ausländische Kinder in österreichischen Schulen. Jedes vierte in Wien geborene Kind ist das von ausländischen Eltern. Allein 484 Millionen Schilling wurden im Jahre 1997 für Notstandshilfe inklusive Sozialversicherungsabgaben an Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft ausgegeben.

Die Folgen des hohen Ausländeranteils sind:

1. Arbeitsmarkt:

–   neuzugewanderte – überwiegend – Billig- und Billigstlohnarbeitskräfte verdrängen österreichische Arbeitnehmer und langjährig in Österreich beschäftigte Gastarbeiter;

–   tausende Ausländer werden zu Arbeitslosen- und Notstandshilfebeziehern.

2. Wohnungsmarkt:

–   weitere Verknappung der Wohnungen und steigende Wohnungspreise.

3. Negative Auswirkungen im Bereich des Schulwesens:

–   vor allem in Ballungszentren sind in Volks- und Hauptschulen inländische Kinder bereits in der Minderheit;

–   Verminderung der Qualität des Unterrichts und negative Auswirkungen auf den Lernerfolg der Kinder;

–   Österreicher sind gezwungen ihre Kinder in Privatschulen zu schicken;

–   Verschärfung des Problems durch den durch die Bundesregierung forcierten Familiennachzug.

4. Einbürgerung:

–   Explosionsartiges Ansteigen der Einbürgerungen:

                                                                                                             1989                 1996                 1997

     Einbürgerungen in Österreich................................................... 7 305               15 627              15 792

Mit dem neuen Staatsbürgerschaftsgesetz, ab 1. Jänner 1999, gelten folgende Erleichterungen:

–   Verkürzung der Wartefrist für die Staatsbürgerschaftsverleihung kraft Rechtsanspruch von 30 auf 15 Jahre.

–   Herabsetzung der Wartefrist von zehn auf vier Jahre bei ”besonders berücksichtigungswürdigen Gründen”.

–   Keine bundeseinheitliche Regelung für den Nachweis der Kenntnisse der deutschen Sprache als Integrationsvoraussetzung und keine Prüfung der deutschen Sprache. (Entsprechende Kenntnisse der deutschen Sprache sind nicht in Form einer Prüfung nachzuweisen, sondern sind von der jeweiligen Behörde nach den Lebensumständen des Betroffenen zu beleuchten.)

–   Keine ausreichenden Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Scheinehen.

5. Ausländerzuzug:

–   Trotz des hohen Ausländeranteils kein Abgehen von der Familienzusammenführung (Schätzungen zufolge warten 150 000 Fremde auf Familienzusammenführung).

–   Erhöhung der Beschäftigungsbewilligungen von 4 500 für 1998 auf 5 500 für 1999 trotz erhöhter Arbeitslosigkeit im Inland.

–   Studenten unterliegen nicht der Quotenpflicht.

–   Aufenthaltsverfestigung.

–   Seit dem Bürgerkrieg in Bosnien sind 95 000 Bosnier nach Österreich geflüchtet; davon sind 70 000 in Österreich geblieben (haben also eine Aufenthaltsbewilligung und eine Arbeitsbewilligung bekommen).

–   Derzeit befinden sich noch etwa 2 200 der bosnischen Flüchtlinge in Bundesbetreuung.

–   Die von Bund und Ländern in den Jahren 1992 bis 1998 getragenen Gesamtkosten für die Betreuung der bosnischen Kriegsflüchtlinge und die Rückkehrhilfe machten 5 Milliarden Schilling aus.

6. Fremdenkriminalität:

–   1997 beträgt allein der Prozentanteil der fremden Tatverdächtigen an allen Tatverdächtigen bei den Verbrechen 30,9%.

     Besonders hoch war der Anteil der Fremden zum Beispiel bei den Delikten Mord (31,0%), Körper­verletzung mit tödlichem Ausgang (33,3%), bewaffneter, gewerbsmäßiger Bandendiebstahl (54,6%), räuberischer Diebstahl (35,1%), Bandenbildung (60,3%), Raubmord an Passanten (80%), Kreditkarten­betrug (65,3%).

     (Wobei jedoch die zur seriösen Relativierung der fremden Tatverdächtigen notwendigen statistischen Daten über nur vorübergehend aufhältige Fremde in Österreich fehlen und Aussagen zur Fremden­kriminalität nur hinsichtlich der geklärten Fälle gemacht werden können.)

–   27% der Inhaftierten in den Gefängnissen sind Ausländer, in manchen Haftanstalten auch bis 40%.

7. Illegale Einwanderung und Schlepperei:

–   Explosionsartiges Ansteigen der illegalen Einwanderung (gegenüber dem Vorjahr Steigerung von 26%).

–   Ein Drittel der Migranten gibt Österreich bereits als bevorzugtes Zielland an.

–   Schlepperei ist das lukrativste Geschäft der organisierten Kriminalität (Verdoppelung der aufge­griffenen Schlepper).

                                                                                                                  illegale Einreise                        Schlepper

     1994.................................................................................................................... 6 332                                   854

     1995.................................................................................................................... 9 925                                1 307

     1996.................................................................................................................. 10 043                                1 282

     1997.................................................................................................................. 11 432                                1 741

     1998 (ersten drei Quartale).................................................................. zirka 13 000                mehr als 2 000

–   Durch ”Sondersituationen” wie jüngst am Brenner hervorgerufene Migrationsströme.

     Dieser neue Migrationsstrom wurde offenbar durch die Ankündigung der italienischen Regierung ausgelöst, die jedem illegal Aufhältigen, der ein Arbeitsverhältnis in Italien nachweisen kann, die nachträgliche Legalisierung durch eine Aufenthaltsbewilligung versprach. Verschärft wird diese Situation durch den Entschluß des mittlerweile von Grünen und Sozialdemokraten regierten Deutschland, bis zum Jahresende 200 000 bis 300 000 Illegale bzw. Ausländer, deren Aufenthalts­genehmigungen in diesen Wochen auslaufen, aus Deutschland abzuschieben. Diese treten nunmehr verstärkt die ”Flucht” an und kommen dabei auf ihrem Weg oder auch mit Endstation nach Österreich.

8. Asyl:

–   Zunahme der Asylanten um 56% im ersten Halbjahr 1998.

     Asylanträge                                                                                     1998                              1997

     Jänner.......................................................................                          724                             468

     Februar.....................................................................                          706                             487

     März.........................................................................                          804                             475

     April.........................................................................                          703                             558

     Mai...........................................................................                          681                             396

     Juni...........................................................................                          909                             505

     Juli............................................................................                       1 112                             564

     August.....................................................................                       1 281                             650

     September................................................................                       2 050                             629


     Oktober....................................................................                       1 750                             718

     Summe......................................................................                     10 720                          5 450

     (Aus der Migrationsstatistik des Bundesministeriums für Inneres)

–   Österreich ist bevorzugtes Zielland für Flüchtlinge.

–   Jeder dritte Kosovo-Albaner möchte in Österreich bleiben.

–   Vorläufige Aufenthaltsberechtigung.

9. Schubhaft:

–   Mangelnder Vollzug der Schubhaft:

     – Zuwenig Schubhaftplätze;

     – Freipressung durch Hungerstreik;

     – Widerstand gegen die Ausreise;

10. EU-Osterweiterung:

–   Gefahr einer gigantischen Einwanderungswelle nach Österreich (laut Meinungen von Wirtschafts­forschern ist EU-weit mit einem Migrationspotential von 700 000 Zuwanderern zu rechnen).

–   Import von Kriminalität aus dem Osten.

–   Ausweitung der kriminellen Netze durch den vernachlässigten Grenzschutz der meisten osteuro­päischen Staaten.

–   Anwachsen der organisierten Kriminalität.

–   Weitere Belastung des Arbeitsmarktes.

Wie diese Beispiele zeigen, ist die Lage unzureichend und es besteht dringender Handlungsbedarf. Nach einer jahrelangen Fehlentwicklung, auf die die Freiheitliche Partei immer wieder hingewisen hat, müssen endlich Reaktionen folgen und Maßnahmen gesetzt werden.

Die neue deutsche Regierung hat anläßlich ähnlicher Probleme die Zeichen der Zeit klar erkannt und in diesem Zusammenhang hat der neue deutsche Innenminister Otto Schily klare Worte, die in Österreich vermißt werden, gesprochen: ”Deutschland kann einen weiteren Zuzug von Ausländern nicht mehr verkraften … Die Grenzen der Belastbarkeit durch Zuwanderung ist überschritten … Die Zuwanderungs­quote müßte auf Null verringert werden.”

Auch für Österreich gilt dasselbe: ”Das Boot ist voll”, die Grenze der Belastbarkeit durch die Zuwande­rung ist überschritten.

Durch die kurzsichtige Fremdenpolitik der SPÖ und ÖVP sind insbesondere in den Ballungszentren unzumutbare Lebensverhältnisse entstanden und die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher ständig zu kurz gekommen. Der Innenminister analysiert zwar von Zeit zu Zeit die Verhältnisse und gibt Handlungsbedarf im Sinne der Einschränkung der Zuwanderung zu, aber leider bleibt es nur bei Analysen und Ankündigungen (wie zB umfassende Schubhaftreform, Rückführung der bosnischen Kriegs­flüchtlinge …). Offensichtlich ist er nicht gewillt, sich gegen den linken Teil seiner Partei, der sich nicht an den faktischen Verhältnissen, sondern an ideologischen Aspekten und utopischen Träumereien orientiert, durchzusetzen.

Der Ausschuß für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Antrag in seiner Sitzung am 27. Jänner 1999 in Verhandlung genommen.

Als Berichterstatterin für den Ausschuß fungierte Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé.

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Herbert Scheibner, Wolfgang Jung, Dr. Helene Partik-Pablé, Franz Lafer und Dr. Elisabeth Hlavac sowie der Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl das Wort.

Bei der Abstimmung fand der gegenständlichen Entschließungsantrag nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuß für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1999 01 27

                           Emmerich Schwemlein                                                            Anton Leikam

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann