1604 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Gleichbehandlungsausschusses


über den Gemeinsamen Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes, insbesondere über die Tätigkeit und Wahrnehmung der Anwaltschaft für Gleichbehand­lungsfragen, die Verfahren vor der Kommission und die sonstige Tätigkeit der Kommis­sion gemäß § 10a Gleichbehandlungsgesetz 1997, vorgelegt von der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und von der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales (III-168 der Beilagen)


Der gegenständliche Bericht, der im Nationalrat am 4. Jänner 1999 eingebracht wurde, besteht aus drei Teilen:

1. Bericht über Tätigkeit und Wahrnehmungen der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen

Die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen hat in ihrem Bericht hinsichtlich Beratung und Intervention folgende allgemeine Tendenzen festgestellt:

–   Die Zahl der Erstkontakte ist weiter angestiegen.

–   Die Anfragen aus fast allen Bundesländern (ausgenommen Niederösterreich) haben zugenommen.

–   Beratungsanfragen wegen Fällen von sexueller Belästigung sind gestiegen und stellen nun mit über 40% aller Anfragen zum Gleichbehandlungsgesetz zahlenmäßig einen Schwerpunkt der Beratungs­tätigkeit dar.

–   Die Beschwerden über Diskriminierungen bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses sind stark zurückgegangen, die Kontakte im Zusammenhang mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses aber gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

–   Anfragen bzw. Beschwerden über nicht geschlechtsneutral formulierte Stellenausschreibungen – auch unabhängig von Bewerbungen – erreichten die Gleichbehandlungsanwaltschaft häufiger als im Vorjahr. Ebenso scheint die Sensibilität gegenüber ausschließlich maskulinen Personenbezeichnungen gestiegen zu sein. Dies betrifft auch die Empörung über die Gestaltung von Formularen (Paßanträge usw.).

–   Die Anfragen von Personen außerhalb eines Betriebes (zB Beraterinnen/Angehörige) haben stark zugenommen. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft wird als Beratungseinrichtung zunehmend auch schon präventiv als Informationsstelle genützt, das heißt, ihr Bekanntheitsgrad als spezifische Servicestelle für Gleichbehandlungsfragen ist gestiegen.

–   Vor allem zum Tatbestand der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz sind – vermutlich im Zusammenhang auch mit der medialen Aufbereitung – wesentlich mehr Anfragen als in den vergangenen Berichtszeiträumen gestellt worden. Frauen und Männer informierten sich vor allem über die gesetzlichen Bestimmungen, über Fragen der Abgrenzung zu nicht rechtswidrigem Verhalten und über die Auswirkungen der Beweislastregelung.

Die Situation der Gleichbehandlungsanwaltschaft stellt sich wie folgt dar:

Im Berichtszeitraum hat es in der Gleichbehandlungsanwaltschaft in Wien und hinsichtlich der Regionalisierung keine personelle Veränderung gegeben.

Zum Zeitpunkt der Berichterstellung ist die Aufnahme einer weiteren juristischen Mitarbeiterin in Wien sowie die Installierung der ersten Regionalanwältin für Gleichbehandlungsfragen bereits fixiert.

Damit wird sich sowohl die Situation für die Mitarbeiterinnen der Gleichbehandlungsanwaltschaft in Wien als auch die Beratungssituation für Frauen in den westlichen Bundesländern wesentlich verbessern.

Für den Berichtszeitraum ist festzuhalten, daß die Beratungen über die sogenannte ”kleine” Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz, mit der die Voraussetzungen für die Regionalisierung der Gleichbehandlungs­anwaltschaft geschaffen wurden sowie wichtige Klarstellungen und Ergänzungen vorgenommen wurden, 1997 abgeschlossen werden konnten und das Gesetz mit Mai 1998 in Kraft trat.

2. Tätigkeitsbericht der Gleichbehandlungskommission

Durch die Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl. 45/1991, wurden die Angelegenheiten der Gleichbehandlungskommission per 1. Februar 1991 aus dem Wirkungsbereich des Bundesministe­riums für Arbeit und Soziales in jenen des Bundeskanzleramtes übertragen, wo die Kommission seither eingerichtet ist.

Im Jahr 1997 wurden bis zum Stichtag 31. Dezember 1997 30 Fälle vor der Kommission behandelt, 25 Einzelfälle und 5 Gutachten. 16 Anträge konnten einer Erledigung zugeführt werden, 14 Verfahren aus diesem Zeitraum sind noch anhängig, wurden aber in den Kommissionssitzungen bereits weitgehend bearbeitet.

Im berichtsrelevanten Zeitraum wurden 15 Anträge eingebracht, 4 durch die AK Wien, 8 von der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen, 2 von Rechtsanwälten, 1 Antrag wurde von der Bundes-Gleich­behandlungskommission abgetreten. Im Jahre 1997 endeten 4 Verfahren durch Antragsrückziehung, 7 durch Vorschläge, 4 durch Prüfungsergebnisse sowie 1 Fall durch Abtretung an die Bundes-Gleich­behandlungskommission wegen Unzuständigkeit. Von den 25 Einzelfällen wurden vor allem die Tat­bestände sexuelle Belästigung (in 15 Fällen) und Diskriminierung beim beruflichen Aufstieg (in 4 Fällen) im Sinne des § 2 Gleichbehandlungsgesetz behandelt.

14 Anträge wurden auf Einleitung eines Verfahrens gemäß § 6 GlBG (Verfahren im Einzelfall), 1 Antrag wurde auf Einleitung eines Verfahrens gemäß § 5 GlBG (Erstellung eines Gutachtens) gestellt.

Sitzungen der Gleichbehandlungskommission fanden am 9. Jänner, 23. Jänner, 26. Februar, 20. März, 14. April, 22. Mai, 25. Juni, 24. Juli, 9. Oktober, 19. November und 17. Dezember 1997 statt.

Die durchschnittliche Verfahrensdauer in den Einzelfällen betrug zirka zehn Monate.

3. Bericht über die Weiterentwicklung des Gleichbehandlungsgesetzes

Vierte Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz

Der Entwurf für die vierte Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz wurde im Jahr 1997 als Regierungs­vorlage in den Nationalrat eingebracht und Anfang 1998 vom Parlament beschlossen.

Durch diese Novelle, BGBl. I Nr. 44/1998, die am 1. Mai 1998 in Kraft getreten ist, wurden Verbesserungen bei der Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes durch die Gleichbehandlungsanwalt­schaft und die Gleichbehandlungskommission herbeigeführt.

Wichtigster Punkt der Novelle ist die Regionalisierung der Gleichbehandlungsanwaltschaft durch Einrichtung von Regionalbüros der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen und Bestellung von Regionalanwältinnen als Leiterinnen dieser Büros. Dadurch soll die praktische Durchsetzung der bestehenden rechtlichen Beschwerdemöglichkeiten in den Regionen erleichtert werden. Die Einrichtung der Regionalbüros und die Festlegung ihres örtlichen und fachlichen Wirkungsbereiches soll durch Verordnung des Bundeskanzlers erfolgen.

Darüber hinaus wird in der Novelle klargestellt, daß sexuelle Belästigung durch einen Dritten (Kollege, Kunde) und somit eine Diskriminierung auch dann vorliegt, wenn dem Arbeitgeber keine schuldhafte Unterlassung angemessener Abhilfe anzulasten ist.

Außerdem regelt die Novelle verfahrensrechtliche Angelegenheiten, wie insbesondere Ersatz der Fahrt- und Aufenthaltskosten für Auskunftspersonen und Festlegung der Zeitpunkte für die Aufhebung der Fristenhemmung für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Gleichbehandlungs­gesetz.

Die Novelle enthält weiters Änderungen betreffend Vorsitz und Entsendung der Mitglieder in die Gleichbehandlungskommission und eine Regelung über die Vertraulichkeit der Sitzungen der Gleichbe­handlungskommission.

Fünfte Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz

Im Herbst 1997 wurden zwischen dem Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales und dem Bundeskanzleramt (Büro der Frauenministerin und Gleichbehandlungsanwaltschaft) Gespräche über eine weitere – größere – Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz aufgenommen.

Der Gleichbehandlungsausschuß hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 10. Februar 1999 in Verhandlung genommen.


Vor Eingang in die Debatte beschloß der Ausschuß auf Antrag der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Rosemarie Bauer einstimmig gemäß § 28b Abs. 4 GOG, den gegenständlichen Bericht nicht endzuerledigen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Edith Haller, MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Rosemarie Bauer, Dr. Elisabeth Hlavac, Mag. Gisela Wurm, Maria Schaffenrath, Ridi Steibl, Dipl.-Ing. Leopold Schöggl, Dr. Ilse Mertel, Dr. Gertrude Brinek und Anna Elisabeth Aumayr sowie die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle den von der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz und von der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vorgelegten Gemeinsamen Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes, insbesondere über die Tätigkeit und Wahrnehmung der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen, die Verfahren vor der Kommission und die sonstige Tätigkeit der Kommission gemäß § 10a Gleichbehandlungsgesetz 1997 (III-168 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1999 02 10

                                    Doris Bures                                                                 Dr. Elisabeth Hlavac

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau