1636 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht und Antrag

des Wirtschaftsausschusses


über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird


Im Zuge der Beratungen über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz – WTBG, 1273 der Beilagen) hat der Wirtschaftsausschuß über Antrag der Abgeordneten Ingrid Tichy-Schreder und Dr. Kurt Heindl mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 des Geschäftsordnungsgesetzes einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der ein Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird, zum Inhalt hat.

Dieser Antrag war wie folgt begründet:

Mit Entschließung des Nationalrates vom 12. Juni 1997 wurde der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ua. ersucht, Maßnahmen zur Einführung eines qualifizierten Dienstleistungsberufes auf dem Gebiet der Buchhaltung vorzulegen, wobei dieser Beruf entweder im Bereich des Wirtschaftstreu­händerrechts und/oder des Gewerberechts zu schaffen wäre.

Die Regierungsvorlage des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes (1273 der Beilagen zu den Stenogra­phischen Protokollen des Nationalrates XX. GP) sieht die Einrichtung eines Dienstleistungsberufes durch die Bestimmungen der §§ 2, 13 und 24 ff auf dem Gebiet der Buchhaltung vor.

Gleichzeitig wird in der Gewerbeordnung 1994 der Beruf eines (einfachen) Buchhalters eingerichtet. Dieser gewerbliche Buchhalter wird unter die nicht bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe (§ 124 GewO 1994) eingereiht. Es besteht keine zwingende Notwendigkeit, Personen, welche einfache Buchhaltungstätigkeiten ausüben, einem strengen berufsrechtlichen Regime, so wie dies bei den Wirtschaftstreuhandberufen vorgesehen ist, zu unterwerfen.

Der Berechtigungsumfang des gewerblichen Buchhalters soll die Geschäftsbuchhaltung (pagatorische Buchhaltung) für Betriebe im Rahmen der doppelten Wertgrenzen des § 125 der Bundesabgabenordnung (statischer Verweis auf die derzeit geltenden Wertgrenzen) – nicht jedoch, wie dies für Selbständige Buchhalter vorgesehen ist, die kalkulatorische Buchhaltung, die Vertretungsrechte und sämtliche Beratungsleistungen betreffend das Buchhaltungs- und Belegwesen – umfassen.

Zur Geschäftsbuchhaltung zählen jedenfalls die Lohnverrechnung und die Erstellung der Saldenlisten. In den Berechtigungsumfang des gewerblichen Buchhalters fällt ebenfalls die (einfache) Einnahmen- und Ausgabenrechnung – somit auch der Abschluß der Bücher, welche ausschließlich auf Grund der Einnahmen- und Ausgabenrechnung geführt werden. Der Abschluß von Büchern (Bilanzen), welche auf Grund handelsrechtlicher Vorschriften geführt werden, obliegt ausschließlich den Ausübenden von Wirtschaftstreuhandberufen. Hier endet der Berechtigungsumfang der gewerblichen Buchhalter bei der Erstellung der Saldenlisten. Die gewerblichen Buchhalter haben keine Vertretungsbefugnis. Um den Stufenbau (vom gewerblichen Buchhalter zum Selbständigen Buchhalter) zu verdeutlichen, wird der Berechtigungsumfang der gewerblichen Buchhalter in der Gewerbeordnung geregelt.

Der gewerbliche Buchhalter hat sich zwecks Abgrenzung zum (höher qualifizierten) Selbständigen Buchhalter in der äußeren Bezeichnung und in allen Geschäftspapieren als solcher zu bezeichnen, weil der gewerbliche Buchhalter nicht einem strengen berufsrechtlichen Regime, vergleichbar dem der Selbständigen Buchhalter, unterliegt und nicht zum Abschluß einer Haftpflichtversicherung und zur Verschwiegenheit verpflichtet werden soll. Zweck dieser Abgrenzung sind konsumentenpolitische Gründe; insbesondere aus dem Umstand heraus, daß gewerbliche Buchhalter keine verpflichtende Haftpflichtversicherung abschließen müssen und keiner Verschwiegenheitspflicht unterliegen, soll auf Grund der vorgeschriebenen Bezeichnung eine für jeden Dritten leichte Unterscheidbarkeit zwischen dem (einfachen) gewerblichen Buchhalter und dem (qualifizierten) Selbständigen Buchhalter erreicht werden.


Der Befähigungsnachweis für den gewerblichen Buchhalter wäre – gemessen am Ausbildungsniveau der Absolventen von Wifi- und Bfi-Buchhalterkursen – durch Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten festzulegen. Jedenfalls ist denjenigen, die bereits zumindest einen Buchhalterkurs am Wifi oder Bfi erfolgreich absolviert haben, die Gewerbeausübung auch ohne weitere besondere Voraussetzungen zu ermöglichen.”

An der diesbezüglichen Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Helmut Peter, Ing. Monika Langthaler, Helmut Haigermoser, Kurt Eder, Mag. Franz Steindl, Dr. Kurt Heindl sowie die Ausschußobfrau Ingrid Tichy-Schreder und der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner.

Der Wirtschaftsausschuß beschloß weiters folgende Ausschußfeststellung:

”Der Ausschuß geht davon aus, daß der Befähigungsnachweis für den gewerblichen Buchhalter – gemessen am Ausbildungsniveau der Absolventen von Wifi- und Bfi-Buchhalterkursen – durch Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten festgelegt werden wird. Jedenfalls wäre denjenigen, die bereits zumindest einen Buchhalterkurs am Wifi oder Bfi erfolgreich absolviert haben, die Gewerbeausübung auch ohne weitere besondere Voraussetzungen zu ermöglichen.”

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1999 02 18

                              Mag. Franz Steindl                                                         Ingrid Tichy-Schreder

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau

Anlage

Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194/1994, zuletzt geändert duch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 116/1998, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 124 Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

       ”2a. Buchhalter (§ 134a);”

2. Nach § 134 wird folgender § 134a eingefügt:

”Buchhalter

§ 134a. (1) Einer Gewerbeberechtigung für das gebundene Gewerbe der Buchhalter (§ 124 Z 2a) bedarf es für die pagatorische Buchhaltung (Geschäftsbuchhaltung) einschließlich der Lohnverrechnung und der Erstellung der Saldenlisten für Betriebe im Rahmen der doppelten Wertgrenzen des § 125 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 9/1998 und der Einnahmen- und Ausgabenrechnung im Sinne des § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988. Gewerbliche Buchhalter sind zum Abschluß von Büchern (Erstellung von Bilanzen), ausgenommen im Rahmen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung, und zur Vertretung ihrer Auftrag­geber vor Behörden nicht berechtigt.

(2) Buchhalter haben sich im geschäftlichen Verkehr, auf Geschäftspapieren, auf Druckschriften und Verlautbarungen sowie in der äußeren Geschäftsbezeichnung und in sonstigen Ankündigungen als ”Gewerbliche Buchhalter” zu bezeichnen.”

3. Dem § 382 wird folgender Abs. 6 angefügt:

”(6) § 124 Z 2a und § 134a treten gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des Wirtschaftstreuhandberufs­gesetzes, BGBl. I Nr. xxx/1999, in Kraft.”