1658 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
betreffend den Bericht der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage 1997 (III-172 der Beilagen)
Der gegenständliche Bericht enthält neben einem Vorwort der Bundesministerin und einer Zusammenfassung die Abschnitte “Sozialbericht” und “Tätigkeitsbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales”. Die statistischen Daten betreffend den Arbeitsmarkt, die Einkommen, die Sozialversicherung sowie die Sozialausgaben sind in einem eigenen Datenband enthalten.
Im Vorwort weist die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales darauf hin, daß auf Grund erhöhter Wettbewerbsintensität, neuer Unternehmensstrategien und des Vernetzungspotentials der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien in einem relativ kurzen Zeitraum vielfältige neue Arbeitsformen entstanden sind, welche wachsende soziale Risken brachten und auch Auswirkungen auf das System der sozialen Sicherheit haben. Bundesministerin Eleonora Hostasch betont, daß Österreich die durch diese Entwicklungen entstandenen Herausforderungen rechtzeitig erkannt hat und in den Jahren 1996 bis 1998 die Voraussetzungen bzw. Maßnahmen geschaffen hat, um atypische Arbeitsformen in den Sozialversicherungsschutz einzubeziehen. Damit wurde das Solidaritätsprinzip gestärkt, der soziale Schutz auf eine stetig wachsende Anzahl von atypischen Beschäftigten ausgeweitet und gleichzeitig die Basis der Finanzierung der Sozialversicherung verbreitet. Mit dem Maßnahmenpaket zur Pensionsreform wurde das Umlagesystem gestärkt. “Einen Meilenstein” dieser Pensionsreform bilden nach Auffassung der Bundesministerin die Harmonisierungsschritte zur Angleichung unterschiedlicher Pensionssysteme. Weitere Eckpunkte sind die Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters in sozial verträglicher Form, innovative Ansätze für ältere Arbeitnehmer, neue Arbeitszeitmodelle und eine deutliche Erhöhung der Beiträge für Kindererziehungszeiten sowie die begünstigte Möglichkeit zur Selbstversicherung für Pflegepersonen.
Durch die Pensionsreform wurden im Hinblick auf die erleichterte Einbeziehung praktisch jeder Erwerbsarbeit in den Sozialschutz, der Verbesserung für Kindererziehungszeiten, der begünstigten Versicherungsmöglichkeit für Pflegepersonen sowie auf Grund der flankierenden arbeitsrechtlichen und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, wichtige Beiträge zur Verringerung bzw. Vermeidung von Armutsrisken, vor allem für Frauen geleistet. Ferner weist die Bundesministerin darauf hin, daß die Bundesregierung gemäß den vier Säulen und den 19 Leitlinien des Luxemburger Beschäftigungsgipfels, mit dem im April 1998 der Europäischen Kommission übermittelten Aktionsplan für Beschäftigung folgende Ziele verfolgt: neue, zusätzliche Arbeit zu schaffen, das Niveau der Arbeitslosigkeit deutlich zu verringern, zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern beizutragen, das bewährte Ausbildungs- und Beschäftigungssystem im Interesse dynamischer Strukturanpassung flexibel, innovativ und durchlässig zu gestalten und auch eine neue Kultur der Selbständigkeit zu fördern. Über diese vier Säulen hinaus wird Österreich ein Bündel von Maßnahmen vorsehen, wie zB die Bekämpfung der Schwarzarbeit, Investitionen in Foschung und Technologie, Infrastrukturpolitik. Schließlich weist die Bundesministerin darauf hin, daß Jugendbeschäftigung und Verbesserung der Berufsausbildung der Jugendlichen zentrale Anliegen der Bundesregierung sind. Für diejenigen Jugendlichen, welche auf dem freien Lehrstellenmarkt nicht unterkommen, wurde für die Jahre 1998 und 1999 ein Auffangnetz geschaffen, nachdem 1997 durch ein Förderungsprogramm des Arbeitsmarktservice bereits eine wesentliche Verbesserung der Situation erreicht werden konnte.
Im Abschnitt Zusammenfassung wird darauf hingewiesen, daß im Berichtsjahr die Wohnbevölkerung in Österreich im Jahresdurchschnitt 8 072 000 betrug, was gegenüber 1996 eine Zunahme von 13 800 bedeutet. Die Zahl der Ausländer wuchs im zweiten Quartal von 728 000 auf 732 500 (inklusive EWR-Ausländer). Der Anteil der Ausländer an der gesamten Wohnbevölkerung lag bei 9,1%. Die Erwerbsquote blieb gegenüber 1996 mit 69,2% gleich. Während die Männererwerbsquote um 0,1%-Punkte auf 76,1% sank, erhöhte sich die Frauenerwerbsquote um 0,2%-Punkte auf 61,6%. Die österreichische Erwerbsquote lag deutlich über dem EU-Durchschnitt (67,5%). Auch die Beschäftigungsquote (ist Anteil der beschäftigten Personen im Alter von 15 bis 64 Jahren an der Bevölkerung in diesem Alter) lag in Österreich mit 67,2% über dem EU-Durchschnitt von 60,1%.
1997 waren insgesamt 705 000 Personen (411 000 Männer und 294 000 Frauen) zumindest einmal arbeitslos, was gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang von 4 000 bedeutete. Der Jahresdurchschnittbestand an Arbeitslosen erhöhte sich auf 233 000 (plus 3 000). Die Arbeitslosenquote stieg geringfügig von 7% auf 7,1% (4,4% nach EU-Kriterien). Die Arbeitslosenquote bei Inländern lag mit 6,9% nach wie vor deutlich unter jener der Ausländer (8,4%), wobei es zwischen in- und ausländischen Frauen kaum Unterschiede (Inländerinnen 7,4%, Ausländerinnen 7,3%), jedoch zwischen in- und ausländischen Männern beträchtliche Unterschiede gab (Inländer 6,6%, Ausländer 9,1%). Auf 20% der Personen mit den längsten Arbeitslosigkeitsperioden entfiel die Hälfte der Gesamtlast der Arbeitslosigkeit. Deutlich über dem Durchschnitt liegen die Arbeitslosenquoten nach wie vor im Burgenland, Kärnten, der Steiermark und in Wien.
Die mittlere Höhe (Median) der monatlichen Leistungen an Arbeitslose (Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe inklusive allfälliger Familienzuschläge) betrug im Jahr 1997 8 500 S. Das mittlere Arbeitslosengeld lag bei 8 900 S, die mittlere Notstandshilfe 7 300 S.
Die Zahl der Lehrstelleneintritte stieg 1997 um 8,3% auf 40 000. die Gesamtzahl der Lehrstellensuchenden lag bei 44 000, denen 42 000 offene Lehrstellen gegenüberstanden.
Die durchschnittliche abgeschlossene Laufzeit der vom Arbeitsmarktservice 1997 besetzten offenen Stellen (212 000) betrugt 29 Tage und verkürzte sich gegenüber dem Vorjahr um vier Tage. Rund 72% der offenen Stellen konnten innerhalb von 30 Tagen besetzt werden.
Das vorläufige Ergebnis der Sozialversicherungsträger für das Jahr 1997 weist Gesamtausgaben von 407,7 Milliarden Schilling aus, denen Gesamteinnahmen in Höhe von 408,8 Milliarden Schilling gegenüberstehen. Die Einnahmen aus Beiträgen der Versicherten betrugen 321,7 Milliarden Schilling. Der Bund bezahlte 1997 Beiträge von rund 86 Milliarden Schilling.
Im Jahr 1997 waren 5,1 Millionen beitragsleistende Personen krankenversichert. Dazu kommen noch rund 2,7 Millionen mitversicherte Angehörige. 1997 waren somit 8 Millionen Personen (99% der Bevölkerung) krankenversichert. Zur Finanzierung der Spitäler leistete die Sozialversicherung insgesamt einen Beitrag von 46,4 Milliarden Schilling.
Im Berichtsjahr waren knapp über 3 Millionen Personen pensionsversichert, wobei es zu einem Anstieg um rund 22 600 Versicherungsverhältnissen kam. Die Zahl der Pensionen erhöhte sich um 27 200, so daß die Belastungsquote von 616 im Jahr 1996 auf 620 im Jahr 1997 zunahm.
Die höchstmögliche ASVG-Eigenpension (ohne Zulagen und Zuschüsse) betrug 1997 brutto 28 540 S, die höchstmögliche Witwenpension 17 124 S monatlich. Die durchschnittliche Alterspension der Männer betrug in der gesetzlichen Pensionsversicherung 14 457 S, die der Frauen betrug 8 368 S. Der Gesamtbezug einer Frau mit zwei Pensionsansprüchen liegt mit 14 600 S in etwa auf dem Durchnittsniveau der Männer mit einem Pensionsanspruch (13% aller BezieherInnen einer Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung erhielten zumindest eine weitere Pensionsleistung).
In den Jahren 1980 bis 1997 stiegen die Pensionen in der gesetzlichen Pensionsversicherung um rund 79% an und lagen trotz der Nichtvalorisierung im Jahr 1997 um einiges höher als die Steigerung des Preisniveaus (der Preisindex für Pensionisten stieg im angegebenen Zeitraum um 67%). Der Ausgleichszulagenrichtsatz stieg von 1980 bis 1997 um 126% (für Alleinstehende) bzw. um 125% (für Verheiratete).
Gegenüber 1996 sind die Pensionsneuzuerkennungen um rund 8 200 Personen gesunken. Die durchschnittliche Neuzugangspension (ohne Zulagen und Zuschüsse) eines Arbeiters betrug 10 959 S, die einer Arbeiterin 6 468 S. Bei den Angestellten lagen diese Werte bei 19 941 S bzw. 12 609 S.
In der Zusammenfassung des Sozialberichtes wird auch zum Ausdruck gebracht, daß ein Viertel der unselbständig Beschäftigten jede Woche das ganze Jahr über Überstunden erbringt. Zwei Drittel der unselbständig Beschäftigten leisten zumindest gelegentlich Überstunden. Das Ausmaß der in Freizeit abgegoltenen Überstunden hat sich in den letzten zwei Jahren bei 8% der Überstundenleistenden erhöht, bei 55% ist es gleichgeblieben und bei 5% wurde es sogar reduziert. Männer machen in der Regel häufiger und mehr Überstunden als Frauen.
1997 waren im Jahresdurchschnitt 412 000 Frauen und 86 000 Männer teilzeitbeschäftigt, was eine Zunahme bei teilzeitbeschäftigten Personen um 5% innerhalb eines Jahres bedeutet. Weiters gab es 1997 165 000 geringfügige Beschäftigungsverhältnisse. Zwei Drittel der gemeldeten geringfügig Beschäftigten (Frauenanteil 73%) sind Arbeiter, ein Drittel Angestellte. Die meisten geringfügig Beschäftigten gibt es im Handel, gefolgt von den unternehmensbezogenen Dienstleistungen und dem Beherbergungs- und Gaststättenwesen.
1997 waren nach der Arbeitskräfteerhebung 59 000 Männer und 75 000 Frauen befristet beschäftigt (mehr als 60% davon hatten ein Angestelltenverhältnis).
Zwischen 20.00 und 22.00 Uhr sind in Österreich zirka 480 000 Personen regelmäßig beruflich aktiv. Regelmäßige Nachtarbeit (zwischen 22.00 und 6.00 Uhr) leisten 220 000 Männer und 90 000 Frauen. Jeder Fünfte unselbständig Erwerbstätige (369 000 Männer und 255 000 Frauen) kann Gleitzeit in Anspruch nehmen. 199 000 unselbständig beschäftigte Männer und 51 000 Frauen hatten Rufbereitschaft.
Die Sozialausgaben betrugen im Jahr 1996 insgesamt 714 Milliarden Schilling oder 29,5% des Bruttoinlandsproduktes. Von 1980 bis 1995 stieg die Sozialquote in Österreich um 2,6%-Punkte, während der Anstieg im EU-Durchschnitt 4,3%-Punkte betrug.
61% aller Sozialtransfers entfallen auf die Haushalte in den drei unteren Einkommensdezilen und 7% auf die oberen drei Einkommensdezilen. Die unteren 30% der Haushalte erhalten mehr Sozialtransfers als die oberen 70%. Mehr als die Hälfte aller Sozialtransfers entfällt auf Pensionistenhaushalte.
In der Zusammenfassung wird schließlich auch darauf hingewiesen, daß rund 420 000 Personen (5,2% der Bevölkerung) als arm einzustufen sind. Von diesen Personen hat jeweils ein Viertel ein gewichtetes Pro-Kopf-Einkommen von unter 5 000 S bzw. 5 000 S bis 6 000 S und zirka die Hälfte eines von 6 000 S bis 7 000 S. Das durchschnittliche österreichische Pro-Kopf-Einkommen beträgt hingegen 15 000 S.
Das Volkseinkommen stieg im Jahr 1997 nominell um 3,4% und real um 1,4%. Die bereinigte Nettolohnquote fiel von 54,3% im Jahr 1980 auf 45,9% im Jahr 1997.
Die gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten sanken in den beiden letzten Jahren um 0,5%. Die relativen industriellen Lohnstückkosten, die sich schon 1996 um 2,25% gegenüber dem gewichteten Durchschnitt der Handelspartner verbilligten, sanken 1997 nochmals um 5%.
Das monatliche Medianeinkommen der männlichen Arbeiter lag 1997 bei 20 500 S, jenes der Arbeiterinnen bei 12 600 S. Männliche Angestellte hatten ein Medianeinkommen von 30 000 S, weibliche Angestellte von 17 000 S. Das Medianeinkommen der männlichen Beamten lag bei 29 200 S, jenes der weiblichen bei 27 700 S.
Der Ausschuß für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Bericht (III-172 der Beilagen) in seiner Sitzung am 11. März 1999 in Verhandlung genommen.
Berichterstatterin im Ausschuß war die Abgeordnete Sophie Bauer.
An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Dr. Gottfried Feurstein, Reinhart Gaugg, Ridi Steibl, Dr. Volker Kier, Mag. Dr. Josef Trinkl, Karl Öllinger, Josef Meisinger und Franz Hums sowie die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch.
Bei der Abstimmung wurde der Bericht III-172 der Beilagen mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen.
Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuß für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht (III-172 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.
Wien, 1999 03 11
Sophie Bauer Annemarie Reitsamer
Berichterstatterin Obfrau