1681 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Justizausschusses


über die Regierungsvorlage (1638 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Rechtsan­waltsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Disziplinarstatut 1990 geändert werden (Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetz 1999)


Die Anforderungen der modernen Dienstleistungsgesellschaft haben den internationalen Trend zur Gründung von Rechtsanwaltsgesellschaften verstärkt. In mehreren EU-Mitgliedstaaten gibt es bereits Rechtsanwalts-Kapitalgesellschaften, so etwa in der Bundesrepublik Deutschland, wo jüngst auch in die Bundesrechtsanwaltsordnung gesetzliche Sondervorschriften für Rechtsanwalts-GmbHs aufgenommen worden sind. Zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit wird auch der österreichischen Rechtsanwaltschaft die Berufsausübung in Form der Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter gleichzeitiger Wahrung der Unabhängigkeit der rechtsanwaltlichen Berufsausübung und der Rechts­schutzinteressen der rechtsuchenden Bevölkerung ermöglicht. Mit der Rechtsanwalts-GmbH und der ebenfalls vorgesehenen Beseitigung des Verbots der Gründung von Kanzleiniederlassungen wird auch ein wesentlicher Schritt sinnvoller Deregulierung des rechtsanwaltlichen Berufsrechts getan. Die Berufs­ausübung durch Rechtsanwalts-GmbHs macht auch eine entsprechende Sonderregelung für die Berufshaftpflichtversicherung der Rechtsanwälte erforderlich. Bei dieser Gelegenheit wird auch die Mindestversicherungssumme für den Einzelanwalt deutlich angehoben.

Weiters sollen ua. genauere gesetzliche Grundlagen für satzungsmäßige Verbesserungen in der anwalt­lichen Alters-, Berufsunfähig­keits- und Hinterbliebenenversorgung der Rechtsanwälte sowie für die Bildung von Einrichtungen der Krankenversicherung im Sinne des § 5 GSVG geschaffen werden. Nicht zuletzt wird in die Rechtsanwaltsordnung auch eine Richtlinienbefugnis des Österreichischen Rechts­anwaltskammertags betreffend die Festlegung von Pflichten im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften und die Schaffung von verbindlichen Einrichtungen zur Sicherung und Überwachung dieser Pflichten eingefügt.

Im Rechtsanwaltstarifrecht sollen vor allem die gesetzliche Bemessungsgrundlage für Ansprüche auf Leistung von Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt verringert und eine Pauschalhonorarregelung für Ehescheidungen nach § 55a EheG eingeführt werden. Im RechtsanwaltsprüfungsG wird ein eigenes Prüfungsfach “Grundzüge des Europarechts” vorgesehen. Im Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter werden vor allem die Bestimmungen über die Verjährung geändert und im Bereich der einstweiligen Maßnahmen eine Sonderregelung zum Schutz anvertrauten fremden Vermögens getroffen.

Der Justizausschuß hat diese Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 17. März 1999 in Verhandlung genommen.

An der Debattte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Martin Graf, Mag. Terezija Stoisits, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Thomas Barmüller, Dr. Michael Krüger,  Mag. Johann Maier und die Ausschußobfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek.

Bei der Abstimmung wurde der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf mit Mehrheit angenommen.

Weiters fand ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Fekter und Dr. Johannes Jarolim die mehrheitliche Zustimmung des Justizausschusses. Dieser Entschließungsantrag war wie folgt begründet:

“Die internationale Entwicklung führt auch im Bereich der rechtsanwaltlichen Berufsausübung vermehrt zu Formen grenzüberschreitender und interdisziplinärer Zusammenarbeit.


Im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Rechtsanwaltschaft müssen die erforderlichen legislativen Schritte gesetzt werden, damit die österreichischen Rechtsanwälte an dieser Entwicklung teilnehmen können. Hiefür bietet sich die bevorstehende Umsetzung der Richtlinie 98/5/EG zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat an.”

Hingegen fand ein vom Abgeordneten Dr. Martin Graf eingebrachter Entschließungsantrag nicht die Zustimmung des Ausschusses.

Außerdem hat der Justizausschuß mehrheitlich folgende Ausschußfeststellung beschlossen:

Der Justizausschuß geht auf Grund der im Zusammenhang mit den Beratungen der Regierungsvorlage des Rechtsanwalts-Berufsrechts-Änderungsgesetzes 1999 (1638 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP) abgegebenen schriftlichen Erklärung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags davon aus, daß dieser Richtlinienänderungen vornehmen wird, die eine bessere Information der Klienten über den zu erwartenden Honoraranspruch des Rechtsanwalts gewährleisten, eine angemessene Honorarverrechnung auch unter dem Tarif zulassen sowie zu einer weiteren Liberalisierung im Bereich der rechtsanwaltlichen Werbung führen.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Justiausschß den Antrag, der Nationalrat wolle

1.  dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1638 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen und

2.  die beigedruckte Entschließung annehmen.

Wien, 1999 03 17

                              Mag. Johann Maier                                               Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau

Anlage

Entschließung

Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat im Rahmen der bis März 2000 vorzunehmenden Umsetzung der Richtlinie 98/5/EG zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat Vorschläge vorzulegen, die es Rechtsanwälten ermöglichen, interdisziplinäre und internationale Gesellschaften einzugehen.