1721 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Nachdruck vom 20. 5. 1999

Regierungsvorlage


ABKOMMEN


zwischen der Republik Österreich und der Portugiesischen Republik
über Soziale Sicherheit

Die Republik Österreich

und

die Portugiesische Republik

in dem Wunsche, unter Bedachtnahme auf Artikel 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 auf dem Gebiet der Sozialen Sicherheit zwischen den beiden Staaten über die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und 574/72 hinausgehend Personen zu schützen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder beider Staaten geschützt sind oder waren,

sind übereingekommen, folgendes Abkommen zu schließen:

Abschnitt I

Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1

(1) In diesem Abkommen bedeuten die Ausdrücke

           a) “Verordnung”

               die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates über die Anwendung der Systeme der Sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der zwischen den beiden Vertragsstaaten jeweils geltenden Fassung;

          b) “Durchführungsverordnung”

               die Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der Sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der zwischen den beiden Vertragsstaaten jeweils geltenden Fassung.

(2) In diesem Abkommen haben andere Ausdrücke die Bedeutung, die ihnen nach der Verordnung und der Durchführungsverordnung oder den innerstaatlichen Rechtsvorschriften zukommt.

Artikel 2

(1) Dieses Abkommen gilt für Personen, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung erfaßt sind.

(2) Dieses Abkommen gilt ferner für folgende Personen, die nicht vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung erfaßt sind:

           a) Personen, für die die Rechtsvorschriften eines oder beider Vertragsstaaten gelten oder galten;

          b) Personen, die Familienangehörige oder Hinterbliebene der in Buchstabe a genannten Personen sind.

Artikel 3

Dieses Abkommen gilt für die Rechtsvorschriften, die vom sachlichen Geltungsbereich der Verordnung erfaßt sind.

Artikel 4

(1) Die Staatsangehörigen eines Vertragsstaates, die außerhalb des Gebietes eines Staates wohnen, für den die Verordnung gilt, stehen bei Anwendung der Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaates den Staatsangehörigen dieses Vertragsstaates gleich.

(2) Absatz 1 berührt nicht die Rechtsvorschriften der beiden Vertragsstaaten betreffend die Versicherung von Personen, die bei einer amtlichen Vertretung eines der beiden Vertragsstaaten in einem anderen Staat als einem Staat, für den die Verordnung gilt, oder bei Mitgliedern einer solchen Vertretung beschäftigt sind.

Artikel 5

(1) Für die im Artikel 2 Absatz 2 genannten Personen finden im Verhältnis zwischen den beiden Vertragsstaaten die Verordnung, die Durchführungsverordnung und die zu ihrer Durchführung getroffenen Vereinbarungen entsprechend Anwendung, soweit in diesem Abkommen nichts anderes bestimmt ist.

(2) Artikel 3 der Verordnung gilt in bezug auf die im Artikel 2 Absatz 2 genannten Personen nur für die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten sowie für die Familienangehörigen und Hinterbliebenen dieser Personen.

Abschnitt II

Besondere Bestimmungen

Artikel 6

Für die im Artikel 2 Absatz 2 genannten Personen gelten nicht:

           a) Titel III Kapitel 6 der Verordnung mit Ausnahme des Artikels 67;

          b) Artikel 72 der Verordnung in bezug auf das Karenzurlaubsgeld nach den österreichischen Rechtsvorschriften;

           c) Titel III Kapitel 8 der Verordnung.

Artikel 7

Für die im Artikel 2 Absätze 1 und 2 genannten Personen, die außerhalb des Gebietes eines Staates wohnen, für den die Verordnung gilt, und für die im Artikel 2 Absatz 2 genannten Personen, die im Gebiet eines Staates wohnen, für den die Verordnung gilt, findet in bezug auf

           a) Kinderzuschüsse zu Alters- und Invaliditätsrenten,

          b) Waisenrenten mit Ausnahme von Waisenrenten aus der Versicherung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten

Titel III Kapitel 3 der Verordnung entsprechend Anwendung.

Abschnitt III

Verschiedene Bestimmungen

Artikel 8

In jenen Fällen, in denen die Vertragsstaaten anstelle der nach den Artikeln 93 bis 96 der Durchführungsverordnung vorgesehenen Kostenerstattung eine Erstattung auf der Grundlage eines Pauschbetrages oder einen Verzicht auf eine Erstattung vereinbaren, können die zuständigen Behörden beider Vertragsstaaten folgendes vereinbaren:

           a) die Bezeichnung des Trägers des Wohnortes als zuständiger Träger;

          b) Maßnahmen zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Belastung, die sich für einen Träger oder für eine Verbindungsstelle aus der Erstattung auf der Grundlage eines Pauschbetrages oder aus dem Verzicht auf eine Erstattung ergeben würde.

Artikel 9

Streitigkeiten zwischen den Vertragsstaaten über die Auslegung oder die Anwendung dieses Abkommens sollen, soweit möglich, durch die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten beigelegt werden.


Abschnitt IV


Übergangs- und Schlußbestimmungen

Artikel 10

Für die Feststellung und Neufeststellung von Leistungen nach diesem Abkommen gelten die Artikel 94 und 95 der Verordnung sowie die Artikel 118 und 119 der Durchführungsverordnung mit Inkrafttreten dieses Abkommens entsprechend.

Artikel 11

(1) Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation oder der Annahme. Die Ratifikations- oder Annahmeurkunden sind so bald wie möglich in Lissabon auszutauschen.

(2) Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des dritten Monats nach Ablauf des Monats in Kraft, in dem die Ratifikations- oder Annahmeurkunden ausgetauscht werden.

(3) Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Jeder Vertragsstaat kann es unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten schriftlich auf diplomatischem Weg kündigen.

(4) Im Falle der Kündigung gelten die Bestimmungen dieses Abkommens für erworbene Ansprüche weiter.

Artikel 12

Mit Inkrafttreten dieses Abkommen treten außer Kraft:

           a) das Abkommen vom 18. April 1985 zwischen der Republik Österreich und der Portugiesischen Republik im Bereich der Sozialen Sicherheit samt Schlußprotokoll;

          b) die Vereinbarung vom 14. Mai 1987 zur Durchführung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Portugiesischen Republik im Bereich der Sozialen Sicherheit.

ZU URKUND DESSEN haben die Bevollmächtigten beider Vertragsstaaten dieses Abkommen unterzeichnet.

Geschehen zu Wien, am 16. Dezember 1998 in zwei Urschriften in deutscher und portugiesischer Sprache, wobei beide Texte in gleicher Weise authentisch sind.

Für die Republik Österreich:

Dr. Christian Prosl

Für die Portugiesische Republik:

Alvaro José Costa de Mendonça e Moura


Vorblatt

Problem:

Die Beziehungen zwischen Österreich und Portugal im Bereich der sozialen Sicherheit werden durch die diesbezüglich maßgebenden Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und 574/72 geregelt. Allerdings bleibt für bestimmte Personengruppen, die von diesen EWG-Verordnungen nicht erfaßt werden, das geltende bilaterale Abkommen über soziale Sicherheit zwischen beiden Staaten weiterhin anwendbar, was vor allem in administrativer, aber auch in sozialpolitischer Hinsicht problematisch ist.

Ziel und Inhalt:

Durch das vorliegende Abkommen, das an die Stelle des geltenden bilateralen Abkommens tritt, werden Regelungen in Ergänzung zu den EWG-Verordnungen im Bereich der sozialen Sicherheit entsprechend dem geltenden Abkommen vorgesehen und zur Rechtsvereinheitlichung insbesondere die Regelungen dieser EWG-Verordnungen für die hievon nicht erfaßten Personengruppen für entsprechend anwendbar erklärt.

Alternativen:

Keine.

Kosten:

Mehrkosten von rund 260 000 Schilling im Zeitraum 2000 bis 2003.

EU-Konformität:

Gegeben.

Erläuterungen


Allgemeiner Teil

1. Allgemeine Überlegungen

Das vorliegende österreichisch-portugiesische Abkommen über soziale Sicherheit hat gesetzändernden und gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodaß eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2
B-VG nicht erforderlich ist. Das Abkommen enthält keine verfassungsändernden oder verfassungs­ergänzenden Bestimmungen. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B‑VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten geregelt werden, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen.

Das vorliegende Abkommen ersetzt das derzeit in Kraft stehende österreichisch-portugiesische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 18. April 1985, BGBl. Nr. 104/1987 (im folgenden als “geltendes Abkommen” bezeichnet).

Hinsichtlich der von den EWG-Verordnungen im Bereich der sozialen Sicherheit nicht geregelten Detailbereiche bzw. der von diesen EWG-Verordnungen nicht erfaßten Personen stehen keine EG-Vor­schriften in Kraft. Durch die entsprechende Anwendung der EWG-Verordnungen auf diesen Personen­kreis wird auch für diese eine EG-konforme Regelung erreicht.

2. Werdegang des Abkommens

Als Folge des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) bzw. des EU-Beitritts ist Österreich bestrebt, mit allen EG-Mitgliedstaaten bzw. EWR-Staaten (im folgenden als “EG/EWR-Staaten” bezeichnet) neue Abkommen unter Bedachtnahme auf das EG-Recht zu schließen. Die diesbezüglichen Besprechungen mit Portugal wurden bereits im Dezember 1993 aufgenommen, konnten aber im Hinblick auf innerstaatliche portugiesische Probleme erst im Dezember 1998 mit der Unterzeichnung des Abkommens abgeschlossen werden.

3. Das Abkommen im allgemeinen

Mit dem Inkrafttreten des EG-Rechts für Österreich auf Grund des Inkrafttretens des EWR-Abkommens sind für die Beziehungen zwischen beiden Staaten im Bereich der sozialen Sicherheit seit 1. Jänner 1994 die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, sowie die Verordnung (EWG) Nr. 574/72 über die Durchführung dieser Verordnung maßgebend.

Nach Art. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 tritt diese Verordnung im Rahmen ihres persönlichen und sachlichen Geltungsbereiches an die Stelle der zwischen den EG/EWR-Staaten geschlossenen bilateralen Abkommen. Der persönliche Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (Art. 2) umfaßt im wesentlichen nur die Arbeitnehmer und Selbständigen, die Staatsangehörige eines EG/EWR-Staates sind, sowie deren Familienangehörige und Hinterbliebene. Das geltende österreichisch-portu­giesische Abkommen bleibt daher hinsichtlich der von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personengruppen (im Verhältnis zu Portugal insbesondere hinsichtlich türkische Staatsangehörige, da sich der Geltungsbereich des geltenden österreichisch-portugiesischen Abkommens am jeweiligen Geltungs­bereich des Europäischen Abkommens über soziale Sicherheit, BGBl. Nr. 428/1977, orientiert) weiterhin anwendbar. Im Hinblick auf Unterschiede zwischen dem “alten” bilateralen Abkommensrecht und dem EG-Recht, die sich zum einen in Einzelfällen für die Betroffenen positiv oder negativ auswirken können, zum anderen aber zu einer kaum zu bewältigenden administrativen Belastung der mit der Anwendung betrauten Versicherungsträger führen, ist Österreich – wie die meisten anderen betroffenen europäischen Staaten – bemüht, durch den Abschluß neuer bilateraler Abkommen das EG-Recht im Bereich der sozialen Sicherheit insbesondere für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen entsprechend zur Anwendung zu bringen. Dadurch wird – entsprechend den zuletzt getroffenen bilateralen Abkommen – auch im Verhältnis zu Portugal eine Ausdehnung des bisherigen Anwendungs­bereiches der bilateralen Beziehungen auf die Staatsangehörigen von Drittstaaten erreicht.

Dieser Ausdehnung kommt insbesondere im Bereich der anzuwendenden Rechtsvorschriften (Vermeidung von Doppelversicherungen bzw. des Fehlens eines Versicherungsschutzes) sowie im Bereich der Kranken- und Unfallversicherung hinsichtlich der möglichen Sachleistungsgewährung während eines vorübergehenden Aufenthaltes im anderen Vertragsstaat Bedeutung zu. Im Bereich der Pensionsversicherung hat sie im Hinblick auf die geringe Fluktuation von Erwerbstätigen zwischen den beiden Staaten keine wesentliche Bedeutung.

Das vorliegende Abkommen hat daher primär eine Rechtsvereinheitlichung im Verhältnis zu Portugal zum Ziel, dehnt darüber hinaus aber auch die bilateralen Beziehungen im erforderlichen Ausmaß auf die Staatsangehörigen von Drittstaaten aus und enthält in Detailbereichen, hinsichtlich derer das EG-Recht einen Gestaltungsspielraum zuläßt, die erforderlichen Regelungen.

Das vorliegende Abkommen entspricht damit im wesentlichen den anderen in letzter Zeit mit EG‑ bzw. EFTA-Staaten geschlossenen neuen “Ergänzungsabkommen”, zB mit Island (BGBl. Nr. 62/1996), Schweden (BGBl. III Nr. 72/1997), Deutschland (BGBl. III Nr. 138/1998), Liechtenstein (BGBl. III Nr. 151/1998) und Norwegen (BGBl. III Nr. 202/1998).

Wie die genannten Abkommen ist auch das vorliegende Abkommen in vier Abschnitte gegliedert:

–   Abschnitt I enthält allgemeine Bestimmungen, die im wesentlichen den sachlichen und persönlichen Geltungsbereich, den Grundsatz der Gleichbehandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen und die entsprechende Anwendung des EG-Rechts im zweiseitigen Bereich auf die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personengruppen betreffen.

–   Abschnitt II sieht hinsichtlich der einzelnen Zweige der sozialen Sicherheit ergänzende Regelungen vor.

–   Abschnitt III enthält Regelungen betreffend die Kostenerstattung sowie die Beilegung von Streitigkeiten.

–   Abschnitt IV enthält Übergangs- und Schlußbestimmungen.

4. Finanzielle Auswirkungen

Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen des Abkommens ist zunächst darauf hinzuweisen, daß das Abkommen primär im Sinne einer Rechtsvereinheitlichung für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten österreichischen und portugiesischen (nicht erwerbstätigen) Staatsangehörigen sowie für türkische Staatsangehörige anstelle der geltenden Abkommensregelungen die Regelungen der Verordnung anwendbar macht.

Der Ausdehnung der bilateralen Beziehungen auf die Staatsangehörigen von anderen Drittstaaten kommt – worauf bereits in den allgemeinen Bemerkungen unter Punkt 3 hingewiesen wurde – primär im Bereich der anzuwendenden Rechtsvorschriften sowie im Bereich der Kranken- und Unfallversicherung Bedeutung zu, wobei sich daraus aber kein finanzieller Mehraufwand ergibt.

Hinsichtlich des Bereiches der Pensionsversicherung ist zu berücksichtigen, daß im Hinblick auf die geringe Fluktuation von Erwerbstätigen zwischen den beiden Vertragsstaaten die Anzahl der zwischenstaatlichen Pensionsfälle sehr gering ist. So gab es im Dezember 1997 38 Überweisungsfälle nach Portugal. Die durchschnittliche Höhe der zwischenstaatlichen Pensionen betrug 2 500 S.

Im Hinblick auf die bisherige geringe Neuzugangszahl (5 bis 10 Personen jährlich) kann hinsichtlich der neu einbezogenen Drittstaatsangehörigen mit einem Neuzugang mit Inkrafttreten des Abkommens sowie einem weiteren Neuzugang alle zwei Jahre gerechnet werden.

Bei einem Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens mit 1. Jänner 2000 kann daher für den Zeitraum 2000 bis 2003 mit einem finanziellen Mehraufwand bei den Pensionsleistungen in der Höhe von 260 000 Schilling gerechnet werden.

Besonderer Teil

Zu Art. 1:

Dieser Artikel enthält die erforderlichen Begriffsbestimmungen, insbesondere betreffend die beiden EWG‑Verordnungen im Bereich der sozialen Sicherheit Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 (Abs. 1).

Durch die Übernahme der in diesen beiden Verordnungen verwendeten Begriffe (Abs. 2) werden Interpretationsprobleme bei der Anwendung des vorliegenden Abkommens vermieden. Die bisher lediglich auf der Rechtssprache Deutschlands beruhende deutsche Textfassung der beiden Verordnungen hat zur Folge, daß in dem vorliegenden Abkommen von der österreichischen Rechtssprache abweichende Begriffe verwendet werden. So ist insbesondere darauf hinzuweisen, daß zB “Pension” oder “Pensionist” im Rahmen des EG-Rechts als “Rente” oder “Rentner” bezeichnet werden.

Zu Art. 2:

Dieser Artikel regelt den persönlichen Geltungsbereich des vorliegenden Abkommens. Für das Verständnis des Abkommens sind dabei zwei Personengruppen zu unterscheiden:


–   Personen, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (Art. 2) erfaßt sind (Abs. 1). Dazu zählen insbesondere Arbeitnehmer und Selbständige, die Staatsangehörige eines EG/EWR-Staates sind, sowie deren Familienangehörige und Hinterbliebene; darüber hinaus auch Hinterbliebene von Arbeitnehmern oder Selbständigen unabhängig von der Staatsangehörigkeit dieser Erwerbstätigen, sofern die Hinterbliebenen EG/EWR-Staatsangehörige sind. Den EG/EWR-Staatsangehörigen sind Staatenlose und Flüchtlinge gleichgestellt.

–             Personen, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßt sind (Abs. 2). Hiezu zählen zum einen EG/EWR-Staatsangehörige, die nicht als Arbeitnehmer, Selbständige oder Familienangehörige bzw. Hinterbliebene anzusehen sind. Zum anderen fallen darunter alle Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Nicht-EG/EWR-Staates besitzen, unabhängig davon, ob diese dem System eines Vertragsstaates als Arbeitnehmer, Selbständiger oder als Nichterwerbstätiger unterliegen oder deren Familienangehörige bzw. Hinterbliebene sind.

Zu Art. 3:

Dieser Artikel legt den sachlichen Geltungsbereich des Abkommens fest, indem auf den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (Art. 4) verwiesen wird. Hinsichtlich von Einschränkungen betreffend einzelne Leistungen der sozialen Sicherheit siehe insbesondere Art. 6 des vorliegenden Abkommens.

Zu Art. 4:

Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 sieht die Gleichbehandlung der von der Verordnung erfaßten Personen (siehe diesbezüglich die Erläuterungen zu Art. 2 des vorliegenden Abkommens) nur hinsichtlich jener Personen vor, die im Gebiet eines EG/EWR-Staates wohnen. Im Unterschied dazu ist Österreich bestrebt, eine Gleichbehandlung der Staatsangehörigen unabhängig von ihrem Wohnort vorzusehen.

In Abs. 1 wird daher festgelegt, daß die Staatsangehörigen der beiden Vertragsstaaten über die Regelung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 hinausgehend auch dann gleich zu behandeln sind, wenn sie in einem Nicht-EG/EWR-Staat wohnen. Diese Regelung betrifft gleichermaßen Staatsangehörige, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfaßt sind, als auch (nicht erwerbs­tätige) Staatsangehörige der beiden Vertragsstaaten, die außerhalb des Geltungsbereiches der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 stehen.

Zur Vermeidung ungewollter Auswirkungen wird ergänzend vorgesehen (Abs. 2), daß der Gleichbehand­lungsregelung keine Wirkung hinsichtlich der nationalen Regelungen betreffend die Ver­sicherung der bei einer amtlichen Vertretungsbehörde eines Vertragsstaates in einem Nicht-EG/EWR-Staat beschäftigten Personen (in Österreich § 3 Abs. 2 lit. f ASVG) zukommt. Dadurch wird ausge­schlossen, daß portugiesische Staatsangehörige, die zB bei der österreichischen Botschaft in Tokio beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in Österreich unterliegen.

Zu Art. 5:

Abs. 1 legt für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen (siehe diesbezüglich die Erläuterungen zu Art. 2 des vorliegenden Abkommens) fest, daß die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/
71 und Nr. 574/72 sowie die zu ihrer Durchführung getroffenen Vereinbarungen entsprechend anzuwen­den sind. Hinsichtlich von ergänzenden Einschränkungen siehe Art. 6 des vorliegenden Abkommens.

Auf die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen sind daher neben den beiden Verordnungen insbesondere die Beschlüsse der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer sowie auch die mit Portugal gleichzeitig mit dem Abkommen geschlossene Kostenerstattungsvereinbarung anzuwenden.

Im Hinblick darauf, daß nach Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 sämtliche Personen gleich zu behandeln sind, die vom persönlichen Geltungsbereich der Verordnung erfaßt werden, eine entsprechende Anwendung auf sämtliche von der Verordnung nicht erfaßten Personen (dazu zählen insbesondere auch die Staatsangehörigen von Nicht-EG/EWR-Staaten) aber von beiden Vertragsstaaten nicht beabsichtigt ist, wird im Abs. 2 die Anwendung der Gleichbehandlungsregelung des Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 auf die (nicht erwerbstätigen) Staatsangehörigen der beiden Vertragsstaaten, Flüchtlinge und Staatenlose bzw. deren Familienangehörige und Hinterbliebene eingeschränkt. Hinsichtlich der Gleichbe­handlung der Staatsangehörigen, die in einem Nicht-EG/EWR-Staat wohnen, siehe die Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 1 des vorliegenden Abkommens.

Zu Art. 6:

Dieser Artikel schränkt die in Art. 5 Abs. 1 des vorliegenden Abkommens festgelegte Anwendung des EG-Rechts im zwischenstaatlichen Bereich der sozialen Sicherheit ein. Danach finden die leistungs­rechtlichen Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 betreffend Leistungen bei Arbeitslosig­keit (Titel III Kapitel 6) mit Ausnahme des Art. 67 betreffend die Zusammenrechnung der Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten (lit. a) sowie betreffend Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern und für Waisen (Titel III Kapitel 8 – lit. c) auf die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen grundsätzlich keine Anwendung (hinsichtlich von Detailregelungen in dem zuletzt genannten Bereich siehe Art. 7 des vorliegenden Abkommens). Der Grund für den Ausschluß dieser beiden Bereiche liegt darin, daß zum einen hinsichtlich der Leistungen bei Arbeitslosigkeit von beiden Vertragsstaaten die Anwendung insbesondere des Art. 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (Aufrechterhaltung des Leistungsanspruches bei einer Beschäftigungssuche außerhalb des zuständigen Staates) auf die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen nicht beabsichtigt ist bzw. zum anderen die Anwendung des Titels III Kapitel 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 auf die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen, die in einem EG/EWR-Staat wohnen, nicht problemlos übertragen werden kann (siehe diesbezüglich auch die Erläuterungen zu Art. 7 des vorliegenden Abkommens).

Darüber hinaus ist auch der Ausschluß der Regelung betreffend die Zusammenrechnung der Versiche­rungs- oder Beschäftigungszeiten bzw. der Zeiten einer selbständigen Tätigkeit [Art. 72 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71] für den Anspruch auf Karenzurlaubsgeld nach den österreichischen Rechtsvor­schriften (§§ 26 ff AlVG) für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen vorgesehen (lit. b). Im Unterschied zur Systematik des österreichischen Rechts zählt das Karenz­urlaubsgeld aus der Sicht des EG-Rechts im Hinblick auf die sozialpolitische Zielsetzung dieser Leistung zu den Familienleistungen. Wiewohl die diesbezüglichen leistungsrechtlichen Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (Titel III Kapitel 7) auch für die von der Verordnung nicht erfaßten Personen gelten sollen (Art. 5 Abs. 1 des vorliegenden Abkommens), ist unter Bedachtnahme auf die bisherige Rechtslage (im Verhältnis zu Portugal ist diesbezüglich Anhang VII Punkt B Abs. 2 zum Europäischen Abkommen über soziale Sicherheit maßgebend) die hinsichtlich des Karenzurlaubsgeldes vorgesehene Einschränkung der Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erforderlich.

Zu Art. 7:

Titel III Kapitel 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 enthält lediglich einen Koordinierungsmechanis­mus für Leistungen an Personen, die in einem EG/EWR-Staat wohnen. Auch für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erfaßten Personen (siehe diesbezüglich die Erläuterungen zu Art. 2 des vorliegenden Abkommens), die in einem Nicht-EG/EWR-Staat wohnen, ist daher die Gewährung von Kinderzu­schüssen zu Alters- und Invaliditätspensionen, von Familienbeihilfen an Pensions- und Rentenbezieher, von Waisenpensionen und von Familienbeihilfen an Waisen in der Verordnung nicht geregelt. Darüber hinaus läßt der Koordinierungsmechanismus des Titels III Kapitel 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (zuständig ist grundsätzlich nur der Wohnortstaat, der für die Leistungsberechnung auch sämtliche in anderen EG/EWR-Staaten zurückgelegte Versicherungszeiten zu übernehmen hat) auch eine entspre­chende Anwendung dieses Kapitels auf die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Personen, die in einem EG/EWR-Staat wohnen, nicht problemlos zu.

Entsprechend den bisher von Österreich in den Abkommen über soziale Sicherheit verfolgten Grund­sätzen wird daher wie in den anderen Ergänzungsabkommen auch im Verhältnis zu Portugal für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht geregelten Fälle vorgesehen, daß Kinderzuschüsse und Waisenpensionen in entsprechender Anwendung des Kapitels betreffend die Pensionsversicherung [Titel III Kapitel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71] festzustellen sind. Danach sind die in beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten für die Erfüllung der nach den jeweiligen Rechts­vorschriften vorgesehenen Anspruchsvoraussetzungen (zB Wartezeit nach § 236 ASVG) zusammenzu­rechnen [Art. 45 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71]. In der Folge ist der nach der “Pro-rata-temporis-Berechnungsmethode” gebührende Betrag sowie bei Erfüllung der Anspruchsvoraus­setzungen auch ohne Zusammenrechnung der Versicherungszeiten auch der nur nach nationalem Recht gebührende Betrag zu errechnen [Art. 46 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71]. Als Leistung gebührt der jeweils höhere dieser beiden Beträge.

Regelungen betreffend die Familienbeihilfen sind im Hinblick auf die bisherige Rechtslage (Art. 13 bis 18 des geltenden Abkommens), nach der für die in Betracht kommenden Personengruppen grundsätzlich ebenfalls keine Regelungen bestehen, für die von der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfaßten Fälle nicht vorgesehen.

Zu Art. 8:

Art. 36 Abs. 3 und Art. 63 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 enthalten die Ermächtigung für die zuständigen Behörden [in Österreich: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales – siehe Anhang 1 zur Verordnung (EWG) Nr. 574/72], von den nach dem EG-Recht an sich vorgesehenen Kostenerstattungen für die von einem Staat aushilfsweise gewährten Sachleistungen der Kranken- und Unfallversicherung [Kostenerstattung in Höhe des tatsächlichen Betrages oder in bestimmten Fällen durch Pauschbeträge – Art. 93 bis 96 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72] abweichende Erstattungsverfahren zu vereinbaren. Als solche abweichende Erstattungsverfahren kommen insbesondere die Festlegung von Pauschbeträgen auch in Fällen, in denen nach dem EG-Recht eine Erstattung der tatsächlichen Kosten vorgesehen ist, oder ein Kostenerstattungsverzicht in Betracht.


Bei einer solchen abweichenden Kostenerstattungsvereinbarung ist aber darauf Bedacht zu nehmen, daß nach der Systematik des EG-Rechts jener Träger, der für die aushilfsweise Sachleistungsgewährung einen Pauschbetrag erhält, als zuständiger Träger gilt [zB Art. 93 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72].

Darüber hinaus muß berücksichtigt werden, daß ohne ergänzende Regelung zB bei einem Kostenerstattungsverzicht die als aushelfende Träger des Aufenthalts- oder Wohnortes in Betracht kommenden Träger [in Österreich die Gebietskrankenkassen – siehe Anhang 3 zur Verordnung (EWG) Nr. 574/72] einseitig belastet werden können, da diese keine Erstattung der für im anderen Staat anspruchsberechtigte Personen erbrachten Sachleistungen erhalten. Zum anderen hätten alle übrigen Krankenversicherungsträger (in Österreich zB die Sozialversicherungsträger für selbständig Erwerbs­tätige), deren Anspruchsberechtigte im anderen Staat Leistungen in Anspruch nehmen, keine Kosten zu erstatten.

Für den österreichischen Rechtsbereich enthält bereits § 7 des Sozialrechts-Ergänzungsgesetzes (SV‑EG), BGBl. Nr. 154/1994, die erforderlichen Ermächtigungen, im Rahmen der Kostenerstattungsverein­barungen den aushelfenden Träger des Wohnortes als zuständigen Träger zu bezeichnen (lit. a) bzw. entsprechende Maßnahmen zur Vermeidung von außergewöhnlichen Belastungen treffen zu können (lit. b).

Die vorliegende Bestimmung des Art. 8 sieht diese innerstaatliche Regelung nunmehr als bilaterale Regelung vor.

Zu Art. 9:

Dieser Artikel enthält die in zwischenstaatlichen Abkommen übliche Streitbeilegungsregelung.

Zu Art. 10:

Die in diesem Artikel zitierten Regelungen der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 sind Übergangsregelungen, die insbesondere festlegen, welche Auswirkungen das EG-Recht auf vor seinem Inkrafttreten für den jeweils in Betracht kommenden Staat zurückgelegte Versicherungszeiten bzw. eingetretene Versicherungsfälle hat.

Durch die vorliegende Regelung treten die Rechtswirkungen der genannten Übergangsbestimmungen der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 mit dem Inkrafttreten dieses Abkommens ein, sodaß insbesondere die im Art. 94 Abs. 6 und Art. 95 Abs. 6 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vorgesehene Zweijahresfrist für die Antragstellung betreffend die rückwirkende (Neu‑)Feststellung von Leistungen erst mit diesem Zeitpunkt zu laufen beginnt.

Zu Art. 11:

Dieser Artikel enthält die üblichen Schlußbestimmungen insbesondere betreffend das Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens.

Zu Art. 12:

Durch diese Bestimmung werden das geltende Abkommen vom 18. April 1985, BGBl. Nr. 104/1987, sowie die geltende Vereinbarung vom 14. Mai 1987 zur Durchführung des Abkommens, BGBl. Nr. 227/1987, formell außer Kraft gesetzt.