1804 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Unterrichtsausschusses


über den Antrag 600/A(E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend den sukzessiven Ersatz des Ziffernnotensystems durch pädagogisch sinnvolle Systeme der Leistungsrückmeldung


Die Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 2. Oktober 1997 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“Österreich ist einer der letzten europäischen Staaten, dessen schulisches Beurteilungssystem noch immer fast ausschließlich auf Ziffernnoten aufgebaut ist. Dabei hat sich die – wissenschaftlich breit abgesicherte – Erkenntnis, daß ,Noten‘ eine denkbar schlechte Form der Leistungsbeurteilung sind, durchaus bereits bis Österreich durchgesprochen: In schöner Regelmäßigkeit wird in Studien, Symposien, Diskussionen festgestellt, welche negativen Folgen mit dem ,Notenkult‘ verbunden sind:

Ziffernbenotung orientiert sich im wesentlichen an der Gruppennorm und nicht an der Sachnorm, das heißt bewertet wird nicht das Können des Einzelnen, sondern das Verhältnis zum Stand der Klasse.

Noten täuschen Objektivität vor, wo doch alle Untersuchungen bestätigen, daß gleiche Leistungen von verschiedenen Lehrern völlig unterschiedlich bewertet werden.

Noten helfen nicht, denn sie beinhalten keine Analyse der Fehlerursachen und geben keine Hinweise für bessere Lernstrategien.

Noten sind eher leistungshemmend als -fördernd, denn die gehäufte Rückmeldung von Mißerfolgen und der erniedrigende Vergleich mit den Klassenkameraden hemmt die Leistungsbereitschaft der langsamer lernenden Schüler.

Schließlich werden Noten oft als Disziplinierungsinstrument eingesetzt. Die Note als ,Waffe in der Hand des Lehrers, um seine Schüler in Schach zu halten …‘ ist in Österreichs Klassenzimmer leider tägliche Realität.

Alternativen Formen der Leistungsbeurteilung bzw. -rückmeldung ist in Österreich dasselbe Schicksal beschieden, wie allen ideologisch umkämpften pädagogischen Innovationen: Sie fristen ein Schattendasein in Form von Schulversuchen oder auf Grund der Initiative mutiger Landesschulräte in einzelnen Bundesländern und haben somit eher Ventilfunktion als Vorbereitungscharakter zur Übernahme in das Regelschulwesen.

Dabei zeigen die Ergebnisse – vor allem in vielen Grundschulen –, daß alternative Formen der Leistungsbeurteilung, wie ,verbale Beschreibung‘, ,Pensenbücher‘, ,direkte Leistungsvorlage‘ und ähnliches nicht nur zu einer verbesserten Motivation der SchülerInnen und zu einem intensiveren Austausch mit den Eltern führen, sondern insgesamt positive Auswirkungen auf den Unterricht mit sich bringen: LehrerInnen werden zu einer gründlicheren Reflexion der eigenen Ziele, einem genauerem Beobachten der SchülerInnen und in der Folge zu einer verstärkten Individualisierung des Lehrangebotes gebracht.

Gerade ein positives Bekenntnis zu schulischer Leistung und ihrer gerechten Beurteilung erfordert daher eine sukzessive Ergänzung des Ziffernnotensystems durch pädagogisch sinnvolle Systeme der Leistungs­rückmeldung.”

Der Unterrichtsausschuß hat den gegenständlichen Antrag in seiner Sitzung am 6. Mai 1999 in Verhand­lung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuß war Abgeordnete Maria Schaffenrath.

An der Debatte beteiligten sich der Abgeordnete Johann Schuster sowie die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1999 05 06

                            Dr. Gertrude Brinek                                                        Mag. Dr. Josef Höchtl

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann