1807 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Unterrichtsausschusses


über den Antrag 622/A der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz (BGBl. Nr. 242/1962) in der geltenden Fassung geändert wird


Die Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen haben den gegenständlichen Antrag am 5. November 1997 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“Zu 1:

Der Einsatz eines ausgebildeten Zweitlehrers bzw. einer Zweitlehrerin in Integrationsklassen sollte die Norm sein, von der lediglich – nach verantwortungsvoller Beurteilung der konkreten pädagogischen Einzelsituation – abgewichen werden kann, wenn dies den Erfolg der Integration nicht beeinträchtigt.

Zu 2:

Analog zu den bereits geltenden Bestimmungen über die Aufgaben der Volksschule (§ 9 Abs. 2 SchOG) wird in dieser Formulierung der zusätzliche Bildungsauftrag der Hauptschulen (die soziale Integration behinderter Kinder) besonders betont, wodurch die besondere Wichtigkeit der sozialen Integration zum Ausdruck gebracht werden soll.

Zu 3:

Damit die Förderung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf sichergestellt ist, ist sonder­pädagogische Unterstützung in der Regel unverzichtbar. Die Zuteilung der Ressourcen (Stundenzuteilung der sonderpädagogischen Lehrkraft) erfolgt über den Bescheid, daß eine Schülerin bzw. ein Schüler sonderpädagogischen Förderbedarf hat. Da nicht von vornherein angenommen werden kann, daß der sonderpädagogische Förderbedarf von SchülerInnen mit Sinnes- und Körperbehinderungen beim Übertritt in die folgende Schulform wegfällt, soll der diesbezügliche Bescheid aus der Volksschule übernommen werden. Für jene SchülerInnen, für die eine Lehrplanabweichung ausreichend erscheint, soll diese Möglichkeit jedoch eingeräumt werden.

Zu 4:

Eine ,Kann‘-Bestimmung birgt die Gefahr in sich, daß die behinderten SchülerInnen weiterhin in Leistungsgruppen aufgeteilt werden, was dem Sinn sozialer Integration fundamental widerspricht. Bei entsprechenden Maßnahmen zur inneren Differenzierung ist die Trennung weder notwendig, noch erwünscht.

Zu 5:

Für die Ermöglichung eines zeitweisen gemeinsamen Unterrichtes von nicht behinderten SchülerInnen mit SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist keine eigene gesetzliche Regelung nötig. Darüber hinaus soll eine Weiterführung des Integrationsmodelles in Form von kooperativen Klassen nicht gefördert werden, da diese sich in allen evaluierten Versuchen als wenig geeignet und erfolglos erwiesen haben.

Zu 6:

Die Aufgabe sonderpädagogischer Zentren sollte vordringlich in der Unterstützung von Integration bestehen, daher sollten sie nach Möglichkeit an Schulen mit integrativer Erfahrung eingerichtet werden. Sonderschulen stellen jedoch geradezu das Gegenteil von Integration dar, haben dementsprechend keine integrative Erfahrung und können die Forderung nach Integration daher nicht immer glaubwürdig vertreten. Daher wird die enge Definition von sonderpädagogischen Zentren als ,Sonderschulen‘ erweitert.


Zu 7:

Siehe Begründung zu Punkt 1.

Zu 8:

Siehe Begründung zu Punkt 3.

Zu 9:

Nimmt man die Integration von SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ernst und will sie unter fairen Bedingungen in allen Schularten ermöglichen, besteht kein Grund, für Integrationsklassen an allgemeinbildenden höheren Schulen abweichende Bestimmungen vorzuschlagen. Daher sollen für die Festlegung der KlassenschülerInnenzahlen in Integrationsklassen der AHS dieselben Regeln gelten, wie sie bislang aus guten Gründen für die Volksschulen festgelegt waren (vgl. § 9 Abs. 1 SchOG). Aus Gründen der Wichtigkeit einer fairen Regelung für das Gelingen von Integration sei hier der Kommentar zum Schulunterrichtsgesetz aus Jonak/Kövesi (6. Auflage) zitiert: ,Die Schulversuche gemäß § 131a des Schulorganisationsgesetzes haben ergeben, daß der Anteil der behinderten Kinder in Integrationsklassen im Regelfall vier Kinder nicht übersteigen soll.‘ (S 532, Anm. 4).

Die in der Regierungsvorlage vorgeschlagene Regelung [,… im Durchschnitt (bezogen auf das Bundes­land) mindestens fünf Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf …‘] stellt einen eklatanten Wider­spruch zu allen bisherigen Erfahrungen und Empfehlungen zu einer sinnvollen und menschenwürdigen Integration dar.

Die in der Regierungsvorlage zur letzten Gesetzesnovelle in den Erläuterungen angeführte Begründung für eine Erhöhung der Anzahl zu integrierender Schüler pro Klasse ist nicht nachvollziehbar und atmet den Geist der Ausgrenzung. Gleiches gilt für die vorgeschlagene Regelung, daß die Führung von Integrationsklassen kein Grund für die Überschreitung der KlassenschülerInnenhöchstzahl gemäß Abs. 1 darstellen könne. Es ist nicht einzusehen und keinesfalls ,unbillig‘, daß Integration nicht ein ebenso wichtiger Grund für die Überschreitung der KlassenschülerInnenhöchstzahl gemäß Abs. 1 darstellt, wie alle anderen relevanten Gründe. Daher entfällt der entsprechende und unserer Ansicht nach diskri­minierende letzte Satz der Regierungsvorlage.

Zu 10:

Um in allen jenen Schulformen, die durch das vorliegende Gesetz nicht erfaßt sind, soziale Integration zumindest in Form von spezifischen Schulversuchen zu ermöglichen und um für Kinder mit sonder­pädagogischem Förderbedarf die allgemeine Schulpflicht zu ermöglichen, wird der § 131a auf weitere Schulformen erweitert.”

Der Unterrichtsausschuß hat den gegenständlichen Antrag in seiner Sitzung am 6. Mai 1999 in Verhand­lung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuß war Abgeordnete Maria Schaffenrath.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Dieter Antoni, Maria Schaffenrath, Dipl.-Ing. Leopold Schöggl, Mag. Karl Schweitzer, Dr. Gertrude Brinek sowie die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag keine Mehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1999 05 06

                                Brunhilde Fuchs                                                           Mag. Dr. Josef Höchtl

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann