1843 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales


über den Antrag der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz geändert wird (1059/A)


Die Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen haben den gegenständ­lichen Initiativantrag am 21. April 1999 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Zu den Z 1 und 2 (§§ 5 Abs. 2 und 279):

Die Frist für einen Antrag einer Kammer der freien Berufe auf Ausnahme ihrer Mitglieder von der gesetzlichen Kranken- und/oder Pensionsversicherung soll vom 30. Juni 1999 auf den 1. Oktober 1999 verschoben werden. Im Zuge der Vorgespräche mit Vertretern der freien Berufe wurde deutlich, daß der Entscheidungsprozeß in den Kammern infolge der nicht zur Gänze festgelegten sozialversicherungs­rechtlichen Begleitregelungen – wie etwa die Möglichkeit der krankenversicherungsrechtlichen Absicherung von Pensionisten im Falle des opting-out aus einem Zweig der Sozialversicherung – und noch zu schaffender berufsrechtlicher Regelungen diesen Aufschub erforderlich macht.

Die für die Bescheiderlassung über einen Antrag nach § 5 GSVG vorgesehene Frist des § 5 Abs. 2 GSVG (vor dem 1. Jänner 2000) wird durch diese Maßnahme nicht verschoben.”

Der Ausschuß für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Antrag (1059/A) in seiner Sitzung am 12. Mai 1999 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuß war der Abgeordnete Dr. Josef Trinkl.

An der Debatte, an der sich die Abgeordneten Dr. Volker Kier, Mag. Herbert Haupt, Dr. Gottfried Feurstein, Franz Hums sowie die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch beteiligten, wurde von den Abgeordneten Annemarie Reitsamer und Dr. Gottfried Feurstein ein umfassender Abänderungsantrag eingebracht, der anstelle des Antrages 1059/A treten soll. Bei der Abstimmung wurde der oberwähnte Abänderungsantrag mit Stimmenmehrheit angenommen, wobei die bereits im ursprünglichen Gesetzentwurf enthaltenen Bestimmungen einhellige Zustimmung fanden.

Zu den Abänderungen und Ergänzungen wird folgendes bemerkt:

Zu den Z 1 bis 5 (§§ 5 Abs. 1 und 2, 273 Abs. 4 und 279):

Mit dem ASRÄG 1997, BGBl. I Nr. 139, wurde – neben der Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung – die grundsätzliche künftige sozialversicherungsrechtliche Zuordnung von Personen mit unselbständigem und selbständigem Erwerbseinkommen vorgenommen. Dabei war offensichtlich, daß die Möglichkeit der Kammern der freien Berufe, auf Grund eines Antrages eine Ausnahme ihrer Mitglieder von der gesetzlichen Sozialversicherung gemäß § 5 GSVG zu erwirken, weiterer begleitender gesetzlicher Maßnahmen bedarf, da im gesamten Vorhaben zur Einbeziehung aller Erwerbseinkommen in die Sozialversicherung die konkreten Vorgaben im Zusammenhang mit dem Rechtsinstitut des § 5 GSVG ausgespart waren.

Zur Erarbeitung der entsprechenden Grundsätze wurden mit Vertretern der freien Berufe umfangreiche Gespräche und Beratungen geführt, deren Ergebnisse sich im vorliegenden Gesetzesvorhaben sowie in dem derzeit in Begutachtung befindlichen Entwurf einer 24. Novelle zum GSVG niederschlagen.

Schwerpunkte der Beratungen waren

–   die Auslotung der maßgeblichen Kriterien für die Anerkennung der Gleichartigkeit oder annähernden Gleichwertigkeit von Leistungen einer kammereigenen Einrichtung gegenüber dem GSVG hinsichtlich der Krankenversicherung,

–   die noch ausständigen ergänzenden Regelungen hinsichtlich einer Ausnahme von der Krankenver­sicherung auf Grund des § 5 GSVG sowie

–   das opting-out hinsichtlich der Pensionsversicherung.

Im vorliegenden Gesetzesvorhaben sollen jene Regelungen getroffen werden, die als rechtliche Grundlage für einen Antrag nach § 5 GSVG unumgänglich notwendig sind und daher rückwirkend mit 1. Jänner 1998 in Kraft treten sollen.

Zu Z 3 (§ 5 Abs. 2):

Die Frist für einen Antrag einer Kammer der freien Berufe auf Ausnahme ihrer Mitglieder von der gesetzlichen Kranken- und/oder Pensionsversicherung soll vom 30. Juni 1999 auf den 1. Oktober 1999 verschoben werden. Im Zuge der Vorgespräche mit Vertretern der freien Berufe wurde deutlich, daß der Entscheidungsprozeß in den Kammern infolge der nicht zur Gänze festgelegten sozialversicherungs­rechtlichen Begleitregelungen – wie etwa die Möglichkeit der krankenversicherungsrechtlichen Absicherung von Pensionisten im Falle des opting-out aus einem Zweig der Sozialversicherung – und noch zu schaffender berufsrechtlicher Regelungen diesen Aufschub erforderlich macht.

Die für die Bescheiderlassung über einen Antrag nach § 5 GSVG vorgesehene Frist des § 5 Abs. 2 GSVG (vor dem 1. Jänner 2000) wird durch diese Maßnahme nicht verschoben.

Zu den Z 1, 2, 4 und 5 (§§ 5 Abs. 1, 273 Abs. 4 und 279 Abs. 3):

Durch das ASRÄG 1997 wird auch jenen kammerorganisierten Berufsgruppen, die bereits derzeit in der Pensionsversicherung nach dem GSVG pflichtversichert sind (es sind dies die Wirtschaftstreuhänder, die Tierärzte und die Dentisten), die Möglichkeit eines opting-out hinsichtlich der Pensionsversicherung eingeräumt, wenn sie einen Anspruch auf Leistungen haben, die den Leistungen des GSVG gleichartig oder zumindest annähernd gleichwertig sind, und zwar gegenüber einer Einrichtung einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (private Vorsorge) oder entweder aus einer verpflichtend abgeschlossenen Selbst­versicherung in der Krankenversicherung und Pensionsversicherung oder in der Krankenversicherung oder Pensionsversicherung. Ergänzend dazu sieht § 273 Abs. 4 GSVG für den einzelnen vor, eine bestehende Pensionsversicherung im Falle einer Ausnahme der Mitglieder seiner Berufsgruppe gemäß § 5 GSVG nach den Bestimmungen des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes fortzusetzen. Da für diese Gruppen ab dem 1. Jänner 2000 nicht mehr die für Mitglieder der Kammer der gewerblichen Wirtschaft maßgeblichen Bestimmungen, sondern jene für Versicherte nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (“neue Selb­ständige”) anzuwenden sind, wurde diese Regelung vorgesehen, um den verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in die Rechtslage zu gewährleisten.

Die dargestellte Rechtslage ermöglicht es den drei genannten Berufsgruppen, unter versicherungsmathe­matisch günstigen Voraussetzungen ein kapitalgedecktes Pensionsversicherungssystem aufzubauen. Dies deshalb, da einerseits von einer Ausnahme aus der Pensionsversicherung gemäß § 5 GSVG lediglich aktiv erwerbstätige Mitglieder einer Berufsgruppe erfaßt sein können, nicht jedoch Mitglieder der Berufs­gruppe, die bereits eine Pension nach dem GSVG beziehen. Andererseits würden Personen, die bereits maßgebliche Ansprüche in der gesetzlichen Pensionsversicherung erworben haben, von der Möglichkeit des § 273 Abs. 4 GSVG Gebrauch machen, sodaß somit jener Teil der Berufsgruppe im GSVG verbliebe, der bereits Leistungen bezieht, oder Ansprüche, die zu einem Leistungsbezug führen, erworben hat.

Im Zuge der eingangs genannten Gespräche mit Vertretern der freien Berufe wurde jedoch deutlich, daß die vorgesehene Regelung sowie die – analog zur Krankenversicherung – vorgesehenen ergänzenden Bestimmungen mehrere unerwünschte Konsequenzen hätten:

Durch die Einrichtung einer kapitalgedeckten Pensionsversorgung für die jüngeren Mitglieder einer Berufsgruppe würden innerhalb einer Berufsgruppe zwei verschiedene Pensionssysteme gelten, wodurch ein unerwünschter Entsolidarisierungsimpuls gegeben würde. Der dem Umlageverfahren der Sozial­versicherung zugrundeliegende Generationenvertrag wäre hinsichtlich der betreffenden Berufsgruppe nicht mehr erfüllt, da keine neuen Beitragszahler aus dieser Berufsgruppe nachrücken. Dies würde zu maßgeblichen Belastungen für die Versichertengemeinschaft führen.

Die Vorgespräche machten deutlich, daß die zur Gewährleistung des Vertrauensschutzes für die drei genannten Berufsgruppen vorgesehene Begünstigung im Spannungsfeld zwischen der sofortigen Einbeziehung aller bis zum 1. Jänner 1998 versicherungsfreien selbständigen Erwerbstätigkeiten in die Sozialversicherung und der unveränderten Rechtslage für die zu diesem Zeitpunkt nach dem FSVG (Ärzte, Apotheker, Patentanwälte) oder dem NVG 1972 bereits versicherten Berufsgruppen als unaus­gewogen angesehen werden muß.


Im Zuge der für die Ausgestaltung der begleitenden Bestimmungen zu § 5 GSVG geführten Beratungen wurde weiters erkannt, daß eine Verquickung zwischen gesetzlicher Pensionsversicherung und privaten Pensionsvorsorgesystemen, jeweils als eigenständige Absicherung – im Gegensatz zur Krankenversiche­rung –, wegen der diesem Zweig der Versicherung/Versorgung innewohnenden zeitlichen Komponente nicht möglich ist.

Die im ursprünglichen Konzept vorgesehene freie Wahlmöglichkeit im Falle einer Ausnahme einer Berufsgruppe aus der gesetzlichen Pensionsversicherung für den einzelnen zwischen privater Einrichtung der Kammer und Selbstversicherung in der Sozialversicherung würde einerseits die kammereigene Versorgungseinrichtung konterkarieren und bedürfte den Sozialversicherungsgesetzen entsprechende Überweisungsregelungen zwischen privatem System und öffentlich-rechtlichem System, um im anderen System allenfalls erworbene Ansprüche zusammenrechnen zu können.

Es sollen daher folgende Änderungen getroffen werden:

        1.   Durch die vorgeschlagene Änderung des § 5 Abs. 1 GSVG soll die Möglichkeit für eine Ausnahme aus der gesetzlichen Pensionsversicherung gemäß § 5 GSVG für jene freiberuflich tätigen Berufsgruppen ausgeschlossen werden, die am 1. Jänner 1998 in der gesetzlichen Sozial­versicherung pflichtversichert waren. Die Übergangsbestimmung des § 273 Abs. 4 GSVG kann somit entfallen.

        2.   Ergänzend dazu sollen für die durch die vorliegende Änderung betroffenen Berufsgruppen in einer Übergangsbestimmung modifizierte Beitragssatzregelungen vorgesehen werden. Diese sollen auch für die in § 3 Abs. 3 Z 3 und 4 GSVG in der am 31. Dezember 1999 geltenden Fassung genannten Berufsgruppen (Journalisten, bildende Künstler), die, ebenso wie die Dentisten, Tierärzte und Wirtschaftstreuhänder, bereits derzeit in der Pensionsversicherung pflichtversichert sind und als “neue Selbständige” in ein Beitragsschema mit höheren Beitragssätzen wechseln, gelten.

        3.   Entgegen den im ASRÄG 1997 vorgesehenen Möglichkeiten soll eine klare Trennung in der Pensionsversicherung zwischen gesetzlicher Sozialversicherung und privater Vorsorge im Falle des opting-out getroffen werden. Die Änderungen des § 5 Abs. 1 Z 1 und 2 GSVG sollen die entsprechenden grundsätzlichen Klarstellungen treffen. Eine weitere diesbezügliche Maßnahme soll durch die Änderung des § 14a GSVG im Rahmen der 24. Novelle zum GSVG erfolgen.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuß für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1999 05 12

                                   Sophie Bauer                                                              Annemarie Reitsamer

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau

Anlage

Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 560/1978, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 16/1999, wird wie folgt geändert:

1. § 5 Abs. 1 Z 1 und 2 lauten:

         “1. für die Kranken- und/oder Pensionsversicherung gegenüber einer Einrichtung dieser gesetzlichen beruflichen Vertretung oder

           2. für die Krankenversicherung aus einer verpflichtend abgeschlossenen Selbstversicherung in der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz oder diesem Bundesge­setz.”

2. Im § 5 Abs. 1 wird vor dem letzten Satz folgender Satz eingefügt:

“Hinsichtlich der Pensionsversicherung gilt dies nur dann, wenn die Berufsgruppe am 1. Jänner 1998 nicht in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung einbezogen war.”

3. Im § 5 Abs. 2 erster Satz wird der Ausdruck “30. Juni 1999” durch den Ausdruck “1. Oktober 1999” ersetzt.

4. § 273 Abs. 4 wird aufgehoben.

5. Nach § 278 wird folgender § 279 samt Überschrift angefügt:

“Schlußbestimmungen zum Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxx/1999

§ 279. (1) § 5 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1999 tritt rückwirkend mit 1. Jänner 1998 in Kraft.

(2) § 273 Abs. 4 tritt rückwirkend mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft.

(3) Abweichend von § 27 Abs. 1 Z 3 haben die im § 3 Abs. 3 in der am 31. Dezember 1999 geltenden Fassung genannten Personen, die ab 1. Jänner 2000 gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 in der Pensionsversicherung pflichtversichert sind, als Beitrag in den Jahren 2000 bis 2002 14,5%, im Jahr

2003............................................. 14,75%

2004............................................. 15%

2005............................................. 15,5%

2006............................................. 16%

2007............................................. 16,5%

2008............................................. 17%

2009............................................. 17,5%

2010............................................. 18%

2011............................................. 18,5%

2012............................................. 19%

2013............................................. 19,5%

2014............................................. 20% und ab dem Jahr

2015............................................. 20,25%

der Beitragsgrundlage zu leisten.”