1916 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Gleichbehandlungsausschusses
über den Antrag 906/A(E) der Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen betreffend Maßnahmen zur Erleichterung der Väterkarenz
Die Abgeordneten Maria Schaffenrath und Genossen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 7. Oktober 1998 im Nationalrat eingebracht. Dieser Antrag war wie folgt begründet:
“Rund um das Karenzgeld tobt seit Sommer ein großkoalitionärer ideologischer Streit. Ministerin Prammer und Minister Bartenstein übertreffen einander mit medialen Ankündigungen. Ein Konsens scheint unerreichbar.
Die Klärung und Entscheidung der aufgeworfenen Fragen – Höhe und Dauer der Auszahlung des Karenzgeldes, BezieherInnenkreis, Kompetenz- und Finanzierungsfragen – aber sind essentielle gesellschaftspolitische Weichenstellungen für das nächste Jahrhundert.
Wir Liberale wollen eine tragfähige Lösung, die einerseits die Bartenstein’sche Spartengrundsicherung – bereinigt um die sozial unverträgliche Gießkanne – verwirklicht, anderseits wollen wir eine weitgehende Aufhebung all jener Regelungen, die es Männern erschwert, in Karenz zu gehen.
1997 waren in Österreich 115 720 Mütter, aber nur 1 068 Väter, also nicht einmal ein Prozent der Väter, in Karenz. Ausschlaggebend für dieses eklatante Mißverhältnis ist sicherlich die nach wie vor existierende Einkommensschere zwischen männlichen und weiblichen Berufstätigen, da der Besserverdienende (meistens der Mann) im Job bleibt, während die Schlechterverdienende (meistens eben die Frau) Karenz in Anspruch nimmt. Bekanntlich hängt das Karenzgeld nicht von der Höhe des Einkommens ab, das Fixum beträgt 5 565 S pro Monat. Vor allem finanzielle Aspekte entscheiden darüber, wer in Karenz geht. Wenn, wie bisher, der Verzicht auf Einkommen bei den Vätern um so viel höher liegt als bei den Müttern, wird sich an der gegenwärtigen Situation kaum etwas ändern. Das traditionelle Rollenverständnis verstärkt die Entscheidung, daß primär Frauen die Betreuungspflichten übernehmen.
Um diesem finanziellen Moment etwas entgegenzusetzen, wollen wir die Karenzzeit analog der Erwerbsarbeitslosigkeit behandelt wissen. 80% des Letztgehaltes – gesockelt nach unten, gedeckelt nach oben – während der Karenzzeit sind in dreierlei Hinsicht gerechtfertigt. Karenzzeiten entlasten den Arbeitsmarkt und somit das Budget aus der Arbeitslosenversicherung. Solange die Versicherungspflicht besteht, ist nicht einzusehen, warum Karenzzeiten nicht wie Zeiten der Erwerbsarbeitslosigkeit berechnet werden. Drittens und vor allem aber wäre das finanzielle Argument, welches die Männer (oftmals zu Recht) auf die Frage, warum sie nicht in Karenz gehen, ins Treffen führen, etwas entschärft.
Wenn wir in Österreich Gleichstellung ernst nehmen, so müssen wir zweigleisig die Weichen stellen: Erleichterung für Frauen, gleichberechtigt am Erwerbsarbeitsleben teilzuhaben, Erleichterungen für Männer, gleichberechtigt am Familienleben teilzuhaben. Das verlangt neben einer Neubewertung der Arbeit, vielfältigen Betreuungsangeboten, Möglichkeiten der Teilzeitkarenz, insbesondere eine ausgewogene Aufteilung der Karenz-Inanspruchnahme von Vätern und Müttern, damit es für ArbeitgeberInnen kein unterschiedliches Ausfallsrisiko gibt. Nur so kann erreicht werden, daß sich die Arbeitswelt insgesamt auf Vereinbarkeitsmöglichkeiten einstellt, anstatt die Frauen zunehmend vom Arbeitsmarkt zu verdrängen.
Und die Statistik ist alarmierend: Bei Männern in der Altersgruppe zwischen 25 und 39 ist die Erwerbsarbeitslosenrate rückläufig, bei den Frauen der gleichen Altersstufe bleibt sie jedoch konstant hoch.
Was den Karriereverlauf betrifft, so wirken sich Kinder einzig für Frauen nachteilig aus. Beruflich erfolgreiche Frauen verzichten deshalb zunehmend zur Gänze auf Kinder. Möglichkeiten der Teilzeitkarenz für beide Elternteile sowie die 80%-Regelung würden auch diesbezüglich Abhilfe schaffen. Eine Aufhebung der eingeschränkten Möglichkeiten für Väter, in Karenz zu gehen sowie finanzielle Abhilfen würden vielen Paaren Alternativen zum herkömmlichen Familienmuster eröffnen.
Derzeit besteht eine ganze Reihe von Hürden, die die Väterkarenz erschweren. Die Tatsache, daß Väterkarenz nur einen abgeleiteten Anspruch darstellt, das heißt, daß dem Vater nur dann Karenz gewährt wird, wenn die Mutter schriftlich auf ihren Karenzanspruch verzichtet, hat zweierlei psychologische Effekte: die damit staatlicherseits zum Ausdruck gebrachte Rollenzuordnung setzt die Mutter psychologisch unter Druck und stärkt dem Vater den Rücken in seiner Argumentation zur Nichtinanspruchnahme. Bis 1990 konnte das Karenzgeld überhaupt nur von der Mutter in Anspruch genommen werden. Das trägt sicher auch dazu bei, daß nur 0,9 Prozent der Väter in Karenz gehen. Eine weitere Hürde besteht darin, daß in Österreich während der Karenzzeit nur einmal zwischen den Eltern gewechselt werden kann. Noch dazu muß die genaue Aufteilung der jeweiligen Bezugsdauer bis spätestens vier Wochen nach der Entbindung mit dem/der ArbeitgeberIn abgeklärt und festgelegt werden. Auch die Möglichkeit der Teilzeitkarenz ist sehr unflexibel geregelt. Erstens gilt auch hier die gleiche Regelung von der Festlegung von spätestens vier Wochen nach der Entbindung und zweitens gibt es keine Möglichkeit der Aufteilung mit zeitlicher Unterbrechung. Wollen Eltern in Österreich Teilzeitkarenzgeld beziehen, können sie dies nur durchgehend ohne zeitliche Unterbrechung bis längstens zum vollendeten vierten Lebensjahr des Kindes tun.
Die Teilung der Karenzzeit aber ist eine Grundvoraussetzung, daß sich die traditionelle Rollenverteilung ändert und partnerschaftliche Teilhabe am Erwerbsleben wie an der Betreuungstätigkeit nicht länger eine Utopie bleibt.”
Der Gleichbehandlungsausschuß hat den Entschließungsantrag 906/A(E) in seinen Sitzungen am 10. Februar und 9. Juni 1999 in Verhandlung genommen.
An der Debatte am 10. Februar 1999 beteiligten sich die Abgeordneten Maria Schaffenrath, MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Maria Rauch-Kallat, Rosemarie Bauer, Heidrun Silhavy, Elfriede Madl und Dipl.-Ing. Leopold Schöggl sowie die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer.
Bei der Debatte am 9. Juni 1999 ergriff die Abgeordnete Edith Haller das Wort. Im Anschluß daran beschloß der Gleichbehandlungsausschuß auf Antrag der Vorsitzenden des Gleichbehandlungsausschusses Dr. Elisabeth Hlavac mit Stimmenmehrheit, dem Präsidenten des Nationalrates die Zuweisung dieser Vorlage an den Ausschuß für Arbeit und Soziales zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.
Wien, 1999 06 09
Inge Jäger Dr. Elisabeth Hlavac
Berichterstatterin Obfrau