193 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Verkehrsausschusses
über die Regierungsvorlage (174 der Beilagen): Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt
Die Verordnung (EWG) Nr. 1101/89 des Rates vom 27. April 1989 über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt in der jeweils geltenden Fassung, im folgenden EU-Strukturbereinigungsverordnung genannt, und die gestützt auf Artikel 6 und Artikel 10 dieser Verordnung erlassenen Durchführungsverordnungen, im folgenden EU-Durchführungsverordnungen genannt, enthalten Regelungen über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt. Mit dem Inkrafttreten des Vertrages über den Beitritt Österreichs zur EU sind die genannten Verordnungen auch in Österreich anzuwenden und somit ergänzende Regelungen zu deren Durchführung erforderlich. Vor der Erlassung dieser innerstaatlichen Rechtsvorschriften war die grundsätzliche Entscheidung über die künftige Gestaltung der Abwrackaktion auf EU-Ebene abzuwarten.
Die materiellen Inhalte der EU-Abwracknormen, deren Ziel ein Abbau von Überkapazitäten an Schiffsraum auf den EU-Wasserstraßen ist, lassen sich folgendermaßen kurz zusammenfassen:
Jeder Mitgliedstaat ist verpflichtet, einen sogenannten „Abwrackfonds“ einzurichten. Dieser Fonds wird durch Zahlungen des Schiffahrtsgewerbes, dh. der betroffenen Binnenschiffahrtsunternehmen, sowie allfällige Finanzbeiträge des Bundes und der Europäischen Union gespeist. Wesentlich sind in diesem Zusammenhang drei Verfahren:
Jahresbeiträge sind vom Schiffseigner jeweils zu Jahresbeginn für die gesamte aktive Flotte zu entrichten; über die ordnungsgemäße Bezahlung wird eine Bestätigung ausgestellt.
Abwrackprämien können vom Schiffseigner lukriert werden, wenn er Schiffsraum abwrackt, der zur aktiven Flotte zählt.
Sonderbeiträge sind vom Schiffseigner zu entrichten, wenn neuer Schiffsraum in Betrieb genommen wird, ohne daß eine entsprechende Äquivalenztonnage an altem Schiffsraum abgewrackt wird.
Gemäß Art. 10 der Verordnung (EWG) 1101/89 vom 27. April 1989 über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt haben die Mitgliedstaaten die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen; diese Maßnahmen müssen ua. eine laufende wirksame Überwachung der Einhaltung der Verpflichtungen der Unternehmen aus dieser Verordnung und der innerstaatlichen Durchführungsvorschriften sowie die Ahndung von Verstößen vorsehen. Mit dem vorliegenden Bundesgesetz soll die Rechtsgrundlage für die innerstaatlichen Durchführungsmaßnahmen, wie beispielsweise Einrichtung des Abwrackfonds, Festsetzungs- und Einhebungsverfahren der an den Fonds zu entrichtenden Zahlungen, Antrags- und Bewilligungsverfahren für Abwrackprämien und Anwendung der sogenannten „Alt- für Neu-Regelung“ gemäß Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1101/89 des Rates vom 27. April 1989 über die Strukturbereinigung in der jeweils geltenden Fassung in der Binnenschiffahrt, geschaffen werden.
Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung eines dem vorliegenden Entwurf entsprechenden Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG (Verkehrswesen bezüglich der Schiffahrt) und Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG (Bundesfinanzen).
Abgesehen von dem mit der Einrichtung des Abwrackfonds verbundenen Verwaltungsaufwand sind mit dem vorliegenden Erfüllungsgesetz keine unmittelbaren finanziellen Mehrbelastungen des Bundes verbunden. Ob Kosten aus der Haftung des Bundes entstehen, kann derzeit nicht vorhergesehen werden; die Verpflichtung zur Leistung von Finanzbeiträgen des Bundes ergibt sich aus unmittelbar verbindlichen EU-Rechtsnormen.
Der Verkehrsausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 19. Juni 1996 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin die Abgeordneten Peter Rosenstingl und Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch sowie der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst Dr. Rudolf Scholten.
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages der Abgeordneten Rudolf Parnigoni und Mag. Helmut Kukacka mit Mehrheit angenommen.
Dem erwähnten Abänderungsantrag war folgende Begründung beigegeben:
Zu § 2 Abs. 3:
Die geänderte Formulierung verdeutlicht, daß die Unterstützung des Fonds bei Wahrnehmung seiner Aufgaben durch die Wirtschaftskammer Österreich und den Fachverband der Schiffahrtsunternehmungen im Rahmen des gesetzlich festgelegten Wirkungsbereiches der genannten Körperschaften erfolgt.
Zu § 6:
Es wird klargestellt, auf welche Regelung des vorliegenden Bundesgesetzes die Strafbestimmungen Anwendung finden.
|
|
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 1996 06 19
Gabriele Binder Rudolf Parnigoni
Berichterstatterin Obmann
![]()
Bundesgesetz über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel I
Abwrackfonds
§ 1. (1) Zur Wahrnehmung der Aufgaben gemäß
|
|
1. der Verordnung (EWG) Nr. 1101/89 des Rates vom 27. April 1989 über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt (Amtsblatt der EG Nr. L 116 vom 28. April 1989) in der jeweils geltenden Fassung (Anlage 1), im folgenden „EU-Strukturbereinigungsverordnung“ genannt, und
|
|
2. der gestützt auf Artikel 6 und Artikel 10 der EU-Strukturbereinigungsverordnung erlassenen Durchführungsverordnungen in der jeweils geltenden Fassung (Anlage 1), im folgenden „EU-Durchführungsverordnungen“ genannt,
wird beim Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst ein Fonds öffentlichen Rechts mit der Bezeichnung „Österreichischer Abwrackfonds für die Binnenschiffahrt“ (im folgenden „Fonds“ genannt) und mit dem Sitz in Wien errichtet.
(2) Der Fonds besitzt Rechtspersönlichkeit und wird nach außen vom Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst vertreten.
(3) Die Verwaltung des Fonds und die Tragung der damit verbundenen zwingend erforderlichen Kosten obliegt dem Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst.
(4) Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen Richtlinien für die bei der Verwaltung des Fonds zur Anwendung kommenden Verrechnungsvorschriften zu erstellen.
Aufgaben des Fonds
§ 2. (1) Aufgaben des Fonds sind
1. die Erhebung der in der EU-Strukturbereinigungsverordnung und den EU-Durchführungsverordnungen vorgeschriebenen Beiträge,
2. die in diesen Verordnungen vorgesehene Verwendung dieser Beiträge sowie allfälliger Finanzbeiträge des Bundes und der Europäischen Union,
3. die Überwachung der Einhaltung der den Unternehmen bzw. Schiffseignern aus den genannten Verordnungen sowie aus diesem Bundesgesetz erwachsenden Verpflichtungen,
4. die Veranlassung der Abwrackung von Amts wegen, soweit sie in den genannten Verordnungen vorgesehen ist, und
5. die Erstellung von Berichten an das Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst über den Verlauf der Abwrackaktion gemäß Artikel 10 der EU-Strukturbereinigungsverordnung, insbesondere über die Finanzlage des Fonds, die Zahl der eingebrachten Abwrackanträge und die tatsächlich abgewrackte Tonnage.
(2) Die Wirtschaftskammer Österreich ist unverzüglich über alle Vorhaben betreffend die Rechtssetzung im Rahmen der Europäischen Union in Angelegenheiten der Verwaltung des Fonds zu unterrichten; ihr ist binnen angemessener Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(3) Die Wirtschaftskammer Österreich und der Fachverband der Schiffahrtsunternehmungen unterstützen den Fonds im Rahmen ihres Wirkungsbereiches bei der Wahrnehmung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben.
Verfahren
§ 3. (1) Anträge auf Abwrackprämien, Meldungen zur Ermittlung der in der EU-Strukturbereinigungsverordnung vorgesehenen Beiträge und Meldungen gemäß Artikel 8 der EU-Strukturbereinigungsverordnung sind beim Fonds einzubringen. Über die ordnungsgemäße Abwrackung ist dem Fonds eine Bestätigung einer anerkannten Klassifikationsgesellschaft oder eines Ziviltechnikers für Schiffstechnik vorzulegen; erfolgt die Abwrackung in einem Staat, in dem ein Fonds gemäß Art. 3 der EU-Strukturbereinigungsverordnung eingerichtet ist, kann die Bestätigung auch durch diesen Fonds erfolgen. Die Kosten für diese Nachweise trägt der Antragsteller.
(2) Die Erledigung von Anträgen gemäß Abs. 1, die Vorschreibung der Beiträge gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und die Veranlassung der Abwrackung von Amts wegen gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 hat durch Bescheid zu erfolgen.
(3) Das Verfahren vor dem Fonds richtet sich nach den für die Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung geltenden Bestimmungen und in Angelegenheiten der Verwaltungsvollstreckung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz.
Befreiung
§ 4. Der Fonds ist abgabenrechtlich wie eine Körperschaft öffentlichen Rechtes zu behandeln. Die durch dieses Bundesgesetz unmittelbar veranlaßten Schriften und Amtshandlungen sind von den Stempelgebühren und von der Bundesverwaltungsabgabe befreit.
Haftung und Kostentragung des Bundes
§ 5. (1) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, nach Maßgabe des § 66 BHG namens des Bundes die Haftung als Bürge und Zahler (§ 1357 ABGB) in einem jeweils im Bundesfinanzgesetz festgelegten Ausmaß für Kredite von Kreditinstituten zu übernehmen, die der Fonds aufnimmt, um seine Verpflichtungen, die sich aus der Durchführung der Bestimmungen der EU-Strukturbereinigungsverordnung und der EU-Durchführungsverordnungen ergeben, erfüllen zu können.
(2) Der Fonds hat sich für Kreditoperationen gemäß Abs. 1 der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur zu bedienen.
Strafbestimmungen
§ 6. Wer gegen Bestimmungen der EU-Strukturbereinigungsverordnung, der gestützt auf Artikel 6 und Artikel 10 dieser Verordnung erlassenen Durchführungsverordnungen oder gegen § 3 Abs. 1 dieses Bundesgesetzes verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser mit einer Geldstrafe bis zu 500 000 S zu bestrafen.
Vollziehung
§ 7. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst, hinsichtlich der §§ 1 Abs. 4, 4 und 5 Abs. 2 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen, betraut. Mit der Vollziehung des § 4 ist in Angelegenheiten der Stempelgebühren der Bundesminister für Finanzen und in Angelegenheiten der Bundesverwaltungsabgabe der Bundeskanzler betraut. Mit der Vollziehung des § 5 Abs. 1 ist der Bundesminister für Finanzen betraut.
Artikel II
Änderung des Bundesfinanzierungsgesetzes
Das Bundesfinanzierungsgesetz, BGBl. Nr. 763/1992, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996, wird wie folgt geändert:
In § 2 Abs. 3 wird das Zitat „BGBl. Nr. 201/1996“ durch das Zitat „BGBl. Nr. xxx/1996“ ersetzt.
Artikel III
Inkrafttreten
Dieses Bundesgesetz tritt mit Inkrafttreten des Vertrages über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union in Kraft. Abweichend hievon treten Artikel I § 6 und Artikel II mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
Anlage 1
Rechtsquellen der Europäischen Union:
– Verordnung (EWG) Nr. 1101/89 des Rates vom 27. April 1989 über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt (Amtsblatt der EG Nr. L 116/25 vom 28. April 1989) in der Fassung der
– Verordnung (EG) Nr. 844/94 des Rates vom 12. April 1994 (ABl. Nr. L 98/1 vom 16. April 1994),
– Verordnung (EG) Nr. 2812/94 der Kommission vom 18. November 1994 (ABl. Nr. L 298/22 vom 19. November 1994) und der
– Verordnung (EG) Nr. 3314/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 (ABl. Nr. L 350/8 vom 31. Dezember 1994).
– Verordnung (EG) Nr. 2819/95 des Rates vom 5. Dezember 1995 (ABl. Nr. 292/7 vom 7. Dezember 1995).
– Verordnung (EWG) Nr. 1102/89 der Kommission vom 27. April 1989 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr. 1101/89 (ABl. Nr. L 116/30 vom 28. April 1989) in der Fassung der
– Verordnung (EWG) Nr. 3685/89 der Kommission vom 8. Dezember 1989 (ABl. Nr. L 360/20 vom 9. Dezember 1989),
– Verordnung (EWG) Nr. 317/91 der Kommission vom 8. Februar 1991 (ABl. Nr. L 37/27 vom 9. Februar 1991),
– Verordnung (EWG) Nr. 3690/92 der Kommission vom 21. Dezember 1992 (ABl. Nr. L 374/22 vom 22. Dezember 1992) und der
– Verordnung (EG) Nr. 3433/93 der Kommission vom 15. Dezember 1993 (ABl. Nr. L 314/10 vom 16. Dezember 1993).
– Verordnung (EG) Nr. 3039/94 der Kommission vom 14. Dezember 1994 (ABl. Nr. L 322/11 vom 15. Dezember 1994).
– Verordnung (EG) Nr. 2839/95 der Kommission vom 8. Dezember 1995 über die Zuweisung des Beitrags der Gemeinschaft an die Abwrackfonds gemäß Verordnung (EWG) Nr. 1101/89 des Rates über die Strukturbereinigung in der Binnenschiffahrt für das Jahr 1995 (ABl. Nr. L 296/4 vom 9. Dezember 1995).