1979 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Gesundheitsausschusses


über die Regierungsvorlage (1758 der Beilagen): Bundesgesetz über die Niederlassung und die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs von klinischen Psychologen und Gesund­heitspsychologen aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Psychologengesetz)


Im Zusammenhang mit dem Beitritt Österreichs zum EWR kommt unter anderem die Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (89/48/EWG), zur Anwendung.

Die Richtlinie gilt (sofern keine Einzelrichtlinie für den Bereich eines Berufs besteht) für alle Angehörigen eines Mitgliedstaates, die als Selbständige oder abhängige Beschäftigte einen reglemen­tierten Beruf in einem anderen Mitgliedstaat ausüben.

Die Bestimmungen der Richtlinie 89/48/EWG sind daher auf klinische Psychologen und Gesundheits­psychologen, die eine entsprechende Berufsberechtigung in einem Mitgliedstaat des EWR besitzen (Reglementierung des Berufs durch direkte oder indirekte Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder durch eine zweijährige Berufsausübung in einem Mitgliedstaat) und nunmehr in Österreich eine Berufsberechtigung erlangen wollen, anzuwenden.

Die Umsetzung der Richtlinie erfordert legistische Maßnahmen, da die innerstaatliche Gesetzeslage dem Inhalt der Richtlinie im Hinblick auf die Berufsgruppe nicht zur Gänze entspricht.

Würde die Richtlinie nicht, unvollständig oder unzureichend durchgeführt oder werden die Bestim­mungen der Richtlinie von den einzelstaatlichen Behörden nicht korrekt angewandt, so ist Artikel 3, der das Anerkennungsverfahren grundsätzlich definiert, nach Auffassung der Kommission ausreichend klar, präzise und bedingungslos formuliert, um unmittelbare Wirkung zu entfalten. Das heißt, Artikel 3 begründet ein Recht auf Anerkennung, auf das sich Einzelpersonen vor der einzelstaatlichen Verwaltungs­behörde unmittelbar berufen können. Die unmittelbare Wirkung des Artikels 3 bedeutet jedoch nicht, daß in den Fällen, in denen die Richtlinie unkorrekt durchgeführt oder angewandt wird, der Migrant automatisch das Recht hat, seinen Beruf in dem Aufnahmestaat auszuüben. Der Migrant wäre in diesem Fall berechtigt, von der zuständigen Behörde eine Entscheidung zu verlangen, die bestätigt, daß er das Recht hat, in dem Aufnahmestaat den betreffenden reglementierten Beruf aufzunehmen und auszuüben. Die Tatsache, daß einige Bestimmungen der Richtlinie direkte Wirkung haben, kann den Mitgliedstaaten nicht als Rechtfertigung für die Nichtumsetzung dienen.

Eine Berufszulassung auf Grund der unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie wäre daher nur in den Bereichen möglich, in denen keine qualitativen Unterschiede der Berufsgruppe im Vergleich zu den österreichischen Voraussetzungen für die Berufsausübung gegeben sind. Außerdem würde eine nur faktische Umsetzung, ohne legistische Maßnahme für entsprechende nationale Durchführungsvorschrif­ten, den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts nicht entsprechen und Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eröffnen. Die EU-Kommission fordert ausdrücklich nationale Umsetzungen der Richtlinie.

Nach Überprüfung der Gleichwertigkeit konnten im Zeitraum von 1994 bis 1996 vom Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales im Rahmen einer EWR-konformen Vollziehung der Richtlinie sieben Anträge von EWR-Staatsangehörigen auf Anerkennung der Berufszugangsberechtigung in Österreich im Sinne einer Berufszulassung positiv abgeschlossen werden (fünf klinische Psychologen, davon drei aus Deutschland, einer aus den Niederlanden und einer aus Schweden; weiters zwei Gesundheitspsychologen aus Deutschland).

Auf Grund internationaler Kontakte und des zwischenstaatlichen Erfahrungsaustausches mit anderen Mitgliedstaaten zeichnet sich ab, daß nach einer Anlaufzeit von einigen Jahren nach Inkrafttreten von EWR-rechtlichen Bestimmungen eine Zunahme der Migration erfolgt.

Somit kommt es auch der Forderung der EU-Kommission entgegen, in diesen Bereichen ausdrückliche nationale Umsetzungen vorzunehmen.


Weiters kann jedoch nicht allgemein von einer Gleichwertigkeit der im Ausland erworbenen Qualifikation der im Bereich des Gesundheitswesens tätigen Psychologen ausgegangen werden, insbesondere mangels vergleichbarer gesetzlicher Regelungen in den anderen Mitgliedstaaten des EWR.

Vor einer Berufszulassung in Österreich ist daher notwendigerweise jeweils die Gleichwertigkeit der Qualifikation im Rahmen einer individuellen Überprüfung der Einzelansuchen festzustellen.

Bestehen aber wesentliche Mängel im Vergleich zu den in Österreich geforderten Voraussetzungen für die Zulassung zur Berufsausübung, sind mangels Gleichwertigkeit der Qualifikation des Antragstellers Ausgleichsmaßnahmen im Sinne der Richtlinie, wie Eignungsprüfungen oder Anpassungslehrgänge, anzubieten, die im Einklang mit der Richtlinie stehen.

Für das Erfordernis von Ausgleichsmaßnahmen, wie die genannten Anpassungslehrgänge oder Eignungs­prüfungen, besteht derzeit jedoch keine Rechtsgrundlage, da die Richtlinie mangels ausreichender Bestimmtheit diesbezüglich nicht unmittelbar anwendbar ist.

Es bedarf daher einer entsprechenden Rechtsgrundlage, die die Richtlinie konkretisiert bzw. für die innerösterreichische Anwendbarkeit entsprechend umsetzt, sodaß sich ein Bescheid zur Festlegung der konkreten Ausgleichsmaßnahmen darauf stützen kann.

Festzuhalten ist dabei, daß dem Antragsteller eine Wahlmöglichkeit zwischen Anpassungslehrgang oder Eignungsprüfung als Ausgleichsmaßnahme einzuräumen ist.

Die nähere Ausgestaltung der Ausgleichsmaßnahmen wird durch eine Verordnung festgehalten, um flexibler auf allfällige Änderungsnotwendigkeiten reagieren zu können.

Der vorliegende Gesetzentwurf orientiert sich an den umgesetzten EWR-rechtlichen Bestimmungen der Rechtsanwälte – das EWR-Rechtsanwaltsgesetz, BGBl. Nr. 21/1993 – und an den Anpassungen des BDG 1979 an die EWR-Regelungen, BGBl. Nr. 389/1994.

Festzuhalten ist, daß im Hinblick auf das Psychologengesetz, BGBl. Nr. 360/1990, selbst keine Änderungen erforderlich sind, da das Psychologengesetz von Anfang an die Berufszulassung nicht an die österreichische Staatsbürgerschaft gebunden und den grundsätzlichen Zugang zur Berufsausübung bzw. Ausbildung für Ausländer sowie Anrechnungsmöglichkeiten für gleichwertige ausländische Aus- oder Fortbildungen vorgesehen hat.

Der Gesundheitsausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 10. Juni 1999 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Klara Motter, Theresia Haidlmayr, Dr. Elisabeth Pittermann sowie der Ausschußobmann Dr. Alois Pumberger und die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit angenommen.

Zwei Abänderungsanträge der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen fanden nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem vorgelegten Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1999 06 10

                                Ing. Erwin Kaipel                                                            Dr. Alois Pumberger

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann