202 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Gesundheitsausschusses


über die Regierungsvorlage (151 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz geändert wird (AMG-Novelle 1996)

Wurde durch die im Zuge der EWR-Rechtsreform ergehende AMG-Novelle 1993 mit der Einführung des Mehrstaaten- bzw. Konzertierungsverfahrens ein erster Schritt im Hinblick auf die „Europäisierung“ der Arzneimittelzulassung gesetzt, so ist es Gegenstand vorliegender Novelle, das auf einer Weiterentwicklung dieser ursprünglichen EU-Gemeinschaftszulassungsverfahren beruhende Future System im österreichischen Arzneimittelrechtssystem zu etablieren.

Der im Rahmen des Future Systems auf der Grundlage

         –   der Richtlinie 93/39/EWG zur Änderung der Richtlinien 65/65/EWG, 75/318/EWG und 75/319/EWG betreffend Arzneimittel,

         –   der Richtlinie 93/40/EWG zur Änderung der Richtlinien 81/851/EWG und 81/852/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Tierarzneimittel,

         –   der Richtlinie 93/41/EWG zur Aufhebung der einzelstaatlichen Maßnahmen betreffend das Inverkehrbringen technologisch hochwertiger Arzneimittel, insbesondere aus der Biotechnologie, und

         –   der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Schaffung einer Europäischen Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln

verwirklichte, sich gegenüber bisherigen Genehmigungsverfahren auf Gemeinschaftsebene insbesondere durch seine Bindungswirkung auszeichnende Regelungskomplex bezieht sich auf den Gesamtbereich der Produktevaluierung und -überwachung und schafft mit dem Aufbau zentraler gemeinschaftsrechtlicher Entscheidungsstrukturen wesentliche Ansatzpunkte für einen „freieren“ Arzneimittelverkehr im Europäischen Binnenmarkt.

Neben Maßnahmen zur Umsetzung von EU-Vorgaben (vgl. dezentrales Verfahren) bzw. Einführung von unmittelbar geltendem EU-Recht (vgl. zentrales Verfahren) macht die Etablierung des Future Systems auf Grund des über nationale Ansätze hinausgehenden Regelungszusammenhangs Bestimmungen erforderlich, die die praktische Anwendbarkeit im innerstaatlichen Bereich sichern. So werden beispielsweise die österreichischen Vorschriften über die Fachinformation dem Inhalt der EU-,,SPC“ (der Summary of Product Characteristics) angepaßt, um unter Vermeidung von Duplizitäten im Bereich der Produktinformation entsprechenden Implementierungsverpflichtungen nachzukommen.

In vergleichbarer Weise wird durch eine Erweiterung des Regelungsinhaltes des § 5 den rechtlichen Auswirkungen von im dezentralen bzw. zentralen Verfahren ergangenen Entscheidungen auf nationales Arzneimittelrecht unter Bedachtnahme auf Rechtsqualität und Ziel der im Future System zusammengefaßten EU-Normierungen Rechnung getragen.

In einem weiteren wesentlichen Punkt dieses Gesetzesvorhabens wird der Bereich der Arzneimittel-überwachung den im Zusammenhang mit dem Future System für die Zulassung von Arzneimitteln getroffenen Pharmacovigilanzbestimmungen angepaßt. Die diesbezüglichen Änderungen sind nicht in erster Linie inhaltlicher Natur, sondern vorwiegend dazu bestimmt, vor allem die formalen Aspekte des EU-Meldesystems für unerwünschte Arzneimittelwirkungen im nationalen Recht zu etablieren.


Weitere Bestimmungen dieses Entwurfes zielen darauf ab, das für radioaktive Arzneimittel vorgesehene System von Sondervorschriften der EU-Radiopharmakarichtlinie (89/343/EWG) anzupassen und besondere Kontrollpflichten im Zusammenhang mit der Einfuhr von Arzneispezialitäten aus dem EU-Ausland vorzusehen.

Daneben wird ua. der Arzneimittelbegriff durch Erweiterung des Ausnahmekatalogs des § 1 Abs. 3 gegenüber dem Bereich der Tierkosmetika sowie den in der Komplementärmedizin verwendeten Stoffe und Zubereitungen abgegrenzt, die Zulassungsbefreiung für bestimmte Tierarzneimittel erweitert und durch gewisse formale Anpassungen den sich aus der Rechtsfortentwicklung ergebenden Änderungsnotwendigkeiten entsprochen.

Über die Erweiterung der Bezugsmöglichkeiten des hausapothekenführenden Arztes im Hinblick auf das EU-Ausland hinaus bildet die Übernahme einiger Bestimmungen von zwei Richtlinien betreffend immunologische Tierarzneimittel bzw. Erreger von Tierkrankheiten in das österreichische Tierseuchengesetz einen weiteren Schwerpunkt der Novellierungsarbeiten.

Es handelt sich dabei zum einen um die Richtlinie zur Festlegung zusätzlicher Vorschriften über immunologische Tierarzneimittel, die es den Mitgliedstaaten freistellt, eine Chargenprüfung durchzuführen, sofern nicht eine von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats erteilte Chargenfreigabe vorliegt.

Zum anderen handelt es sich um die Richtlinie über die tierseuchenrechtlichen und gesundheitlichen Bedingungen für den Handel mit Erzeugnissen tierischen Ursprungs in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in die Gemeinschaft, die festlegt, daß die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen haben, daß der Handel mit Krankheitserregern strengen Regeln unterliegt.

Der Gesundheitsausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 20. Juni 1996 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Alois Pumberger, Klara Motter, Mag. Walter Guggenberger, Dr. Günther Leiner, Theresia Haidlmayr, Dr. Stefan Salzl, Mag. Johann Maier sowie die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz Dr. Christa Krammer.

Die von den Abgeordneten Klara Motter sowie Theresia Haidlmayr eingebrachten Abänderungsanträge fanden nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mit Mehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (151 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1996 06 20

                               Manfred Lackner                                                           Dr. Alois Pumberger

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann