2066 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Justizausschusses
über die Regierungsvorlage (1902 der Beilagen): Bundesgesetz über Änderungen des Aktiengesetzes, des Handelsgesetzbuchs und des Börsegesetzes zur Erleichterung des Rückerwerbs eigener Aktien – Aktienrückerwerbsgesetz (AReG)
Derzeit ist der Rückkauf eigener Aktien nur in bestimmten Fällen – so etwa zur Abwehr eines schweren Schadens von der Gesellschaft – möglich. Österreichische Aktiengesellschaften können nicht – wie international verbreitet – den Rückkauf eigener Aktien als Finanzierungsinstrumentarium und als Mittel zur Erhöhung des Kurswertes einsetzen.
Eine liberalere Regelung des Rückkaufs eigener Aktien, unabhängig von einem bestimmten Zweck oder einer bestimmten Erwerbsart, kann zur Belebung des Börsehandels, zur Steigerung der Akzeptanz der Aktie als Anlageform und damit letztlich zu einer erhöhten Emissionsneigung führen. Börsenotierten österreichischen Aktiengesellschaften soll ein in der internationalen Praxis anerkanntes Instrumentarium zur Steuerung ihrer Kapitalstruktur zur Verfügung gestellt werden.
Auf Grund einer Ermächtigung der Hauptversammlung soll in Zukunft der Rückkauf eigener Aktien bis zu einem Anteil von 10% des Grundkapitals ohne bestimmte Zweckvorgabe möglich sein. Ausgeschlossen soll aber der Zweck des Handels in eigenen Aktien sein, um eine kontinuierliche Kursbeeinflussung oder Spekulationsgeschäfte zu unterbinden.
Der Justizausschuß hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 6. Juli 1999 in Verhandlung genommen.
An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller, Dr. Michael Krüger, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Dr. Josef Trinkl und die Ausschußobfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek.
Die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Dr. Johannes Jarolim brachten einen Abänderungsantrag ein, der wie folgt begründet war:
“Die in der Regierungsvorlage vorgeschlagene Fassung eines neuen Abs. 9 des § 82 BörseG soll durch eine konkretere Determinierung der Verordnungsermächtigung ergänzt werden. Diese vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz und nach Anhörung der Bundes-Wertpapieraufsicht zu erlassende Verordnung soll sohin – auch unter Bedachtnahme auf die Veröffentlichungskosten sowie deren Angemessenheit und Zweckmäßigkeit – unter anderem Form und Inhalt der Veröffentlichungen festlegen.
Der zweite Satz des neuen Abs. 9 soll sicherstellen, daß geplante oder schon beschlossene Stock Option-Pläne den Marktteilnehmern bei der Veröffentlichung des Rückkaufprogramms oder des Wiederverkaufprogramms offengelegt werden müssen. Diese Transparenzverpflichtung soll verhindern, daß etwa der Zeitpunkt des Rückkaufs gezielt zur Kursbeeinflussung im Interesse der Optionsberechtigten eingesetzt wird.”
Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage in der Fassung des Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen.
Zu Art. I beschloß der Justizausschuß folgende Ausschußfeststellung:
Voraussetzung für einen Aktienrückkauf nach § 65 Abs. 1 Z 9 AktG in der Fassung der Regierungsvorlage ist die Börsenotierung der Aktien. Die vorgeschlagene weite Definition der Börsenotierung entspricht § 78 Abs. 1 Z 4 VAG und wird in der neuen Z 9 des § 65 Abs. 1 AktG wörtlich wiederholt. Dennoch sind Zweifel darüber aufgetaucht, ob auch eine Notierung an der Brüsseler EASDAQ oder am Neuen Markt in Frankfurt vom Begriff des “geregelten Handels an einem Wertpapiermarkt” erfaßt ist.
Der Justizausschuß stellt daher unter Hinweis auf § 25 Wertpapieraufsichtsgesetz im Zusammenhalt mit Artikel 16 der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (93/22/EWG) und der von der Kommission veröffentlichten Liste der geregelten Wertpapiermärkte klar, daß sowohl eine Notierung an der EASDAQ als auch am Neuen Markt in Frankfurt von der Definition des Entwurfs erfaßt ist.
Auch die NASDAQ in New York ist ohne Zweifel angesichts der strengen Regulierung und Aufsicht durch die SEC (Securities and Exchance Commission) als geregelter Markt im Sinn der Definition des Entwurfs anzusehen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuß den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 1999 07 06
Mag. Gisela Wurm Mag. Dr. Maria Theresia Fekter
Berichterstatterin Obfrau
Anlage
Bundesgesetz über Änderungen des Aktiengesetzes, des Handelsgesetzbuchs und des Börsegesetzes zur Erleichterung des Rückerwerbs eigener Aktien – Aktienrückerwerbsgesetz (AReG)
Der Nationalrat hat beschlossen:
Artikel I
Änderungen des Aktiengesetzes
Das Aktiengesetz 1965, BGBl. Nr. 98, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 125/1998, wird wie folgt geändert:
1. § 65 wird wie folgt geändert:
a) in Abs. 1 wird am Ende der Z 8 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 9 angefügt:
“9. auf Grund einer höchstens 18 Monate geltenden Ermächtigung der Hauptversammlung, wenn die Aktien der Gesellschaft an einer Wertpapierbörse im Inland, in einem Vertragsstaat oder sonstigen Vollmitgliedstaat der OECD amtlich notieren oder an einem anderen anerkannten, geregelten, für das Publikum offenen und ordnungsgemäß funktionierenden Wertpapiermarkt in einem dieser Staaten gehandelt werden.”;
b) folgender Abs. 1a wird eingefügt:
“(1a) Der zu veröffentlichende Beschluß der Hauptversammlung nach Abs. 1 Z 9 hat den Anteil der zu erwerbenden Aktien am Grundkapital, der zehn vom Hundert nicht übersteigen darf, die Geltungsdauer der Ermächtigung sowie den niedrigsten und den höchsten Gegenwert festzulegen, weiters die Pflicht zur Veröffentlichung des jeweiligen Rückkaufprogramms und insbesondere dessen Dauer. Auf Erwerb und Veräußerung ist § 47a anzuwenden, wobei Erwerb und Veräußerung über die Börse oder durch ein öffentliches Angebot diesem Erfordernis genügen. Die Hauptversammlung kann eine andere Art der Veräußerung beschließen; § 153 Abs. 3 und 4 ist in diesem Fall sinngemäß anzuwenden. Die Hauptversammlung kann den Vorstand auch ermächtigen, die eigenen Aktien ohne weiteren Hauptversammlungsbeschluß einzuziehen. Der Handel in eigenen Aktien ist als Zweck des Erwerbs eigener Aktien ausgeschlossen.”;
c) in Abs. 2 wird das Zitat “Abs. 1 Z 1, 4, 5 und 8” durch das Zitat “Abs. 1 Z 1, 4, 5, 8 und 9”, das Zitat “Abs. 1 Z 1, 4, 5, 6 und 8” durch das Zitat “Abs. 1 Z 1, 4, 5, 6, 8 und 9” und das Zitat “Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6 und 8” durch das Zitat “Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8 und 9” ersetzt;
d) in Abs. 3 wird das Zitat “Abs. 1 Z 1” durch das Zitat “Abs. 1 Z 1 und 9” ersetzt;
e) in Abs. 4 werden die Zitate “Abs. 1 oder 2” jeweils durch die Zitate “Abs. 1, 1a oder 2” ersetzt.
2. In § 65a Abs. 1 wird das Zitat “§ 65 Abs. 1 oder 2” durch das Zitat “§ 65 Abs. 1, 1a oder 2” ersetzt.
3. In § 66 Abs. 2 wird das Zitat “§ 65 Abs. 1 oder 2” durch das Zitat “§ 65 Abs. 1, 1a oder 2” ersetzt.
4. In § 192 Abs. 3 hat die Z 2 zu lauten:
“2. zu Lasten des aus der Jahresbilanz sich ergebenden Bilanzgewinns, einer freien Rücklage oder einer Rücklage gemäß § 225 Abs. 5 zweiter Satz HGB eingezogen werden.”
Artikel II
Änderung des Handelsgesetzbuchs
Das Handelsgesetzbuch, dRGBl. S. 219/1897, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 49/1999, wird wie folgt geändert:
Dem § 229 Abs. 1 sind folgende Sätze anzufügen:
“Werden Aktien zur Einziehung gemäß § 65 Abs. 1 Z 7 oder 9 AktG erworben, so kann der Nennbetrag oder, falls ein solcher nicht vorhanden ist, der rechnerische Wert dieser Aktien in der Vorspalte offen von dem Posten Nennkapital abgesetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerb nicht zur Einziehung erfolgt ist, aber in dem Beschluß über den Rückkauf die spätere Veräußerung von einem Beschluß der Hauptversammlung abhängig gemacht worden ist. Im Fall der Absetzung des Nennbetrags oder des rechnerischen Wertes vom Nennkapital ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Nennbetrag oder dem rechnerischen Wert dieser Aktien und ihren Anschaffungskosten mit den nicht gebundenen Kapitalrücklagen und den freien Gewinnrücklagen (§ 224 Abs. 3 A. II Z 2 und III Z 3) zu verrechnen. § 192 Abs. 5 AktG ist anzuwenden.”
Artikel III
Änderungen des Börsegesetzes 1989
Das Börsegesetz 1989, BGBl. Nr. 555, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxx/ 1999, wird wie folgt geändert:
1. In § 48 Abs. 1 Z 6a wird das Zitat “§§ 82 Abs. 4 und 6 bis 8” durch das Zitat “§§ 82 Abs. 4 und 6 bis 9” ersetzt.
2. Nach § 82 Abs. 8 wird folgender Abs. 9 angefügt:
“(9) Jeder Emittent von Aktien, die zum amtlichen Handel oder zum geregelten Freiverkehr zugelassen sind, hat das Rückkaufprogramm gemäß § 65 Abs. 1a AktG sowie dessen Dauer und ein allfälliges Wiederverkaufprogramm, jeweils unmittelbar vor deren Durchführung, gemäß Abs. 8 zu veröffentlichen. Falls der Emittent seinen leitenden Angestellten oder seinen Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern Aktienoptionen im Rahmen von Stock Option-Plänen eingeräumt hat oder einzuräumen plant, ist dies in der Veröffentlichung bekanntzugeben; es ist das Ausmaß der eingeräumten oder geplanten Optionen für die genannten Personengruppen anzuführen. Der Emittent hat auch die beim Rückkauf oder Wiederverkauf eigener Aktien durchgeführten Transaktionen an der Börse und außerhalb der Börse zu veröffentlichen. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz und nach Anhörung der Bundes-Wertpapieraufsicht durch Verordnung den Inhalt und die Form der in diesem Absatz vorgesehenen Veröffentlichungen festzusetzen; dabei ist auf die berechtigten Interessen der Emittenten und der Anleger sowie auf die internationalen Standards entwickelter Kapitalmärkte Bedacht zu nehmen. Bei der Regelung der Veröffentlichung betreffend die durchgeführten Transaktionen, insbesondere bei der Regelung der Häufigkeit und der Fristen für diese Veröffentlichungen, ist überdies auf die Bedeutung der Transaktionen für den Handel in den betroffenen Aktien Bedacht zu nehmen.”
Artikel IV
Verweisungen
(1) Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
(2) Soweit in anderen Bundesgesetzen und Verordnungen auf Bestimmungen verwiesen wird, die durch dieses Bundesgesetz geändert werden, erhält die Verweisung ihren Inhalt aus den entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.
Artikel V
Übergangsbestimmung und Vollziehungsklausel
(1) Die Gesellschaft darf eigene Aktien auch auf Grund eines Hauptversammlungsbeschlusses im Sinne des § 65 Abs. 1 Z 9 AktG erwerben, der vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes gefaßt wurde, sofern der Beschluß veröffentlicht worden ist.
(2) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind hinsichtlich der Art. I und II der Bundesminister für Justiz, hinsichtlich des Art. III der Bundesminister für Finanzen und hinsichtlich des Art. V der Bundesminister für Justiz und der Bundesminister für Finanzen betraut.