2077 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Wirtschaftsausschusses


über den Antrag 367/A der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 geändert wird


Die Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen haben am 13. Dezember 1996 den gegen­ständlichen Initiativantrag im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

“Allgemeiner Teil

Die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs ist gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 8 des Bundes-Verfassungsge­setzes in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache.

Das am 1. April 1992 in Kraft getretene Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz, BGBl. Nr. 147/1992, sah eine weitgehende Deregulierung des Rechts zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, insbesondere auch des Ausverkaufsrechts, vor.

So wurde das Ausverkaufsgesetz 1985, BGBl. Nr. 51, aufgehoben und im UWG in den §§ 33a ff (Unterabschnitt 4a ,Ankündigung von Ausverkäufen‘) lediglich solche Bestimmungen aufgenommen, die sogenannte ,echte‘ Ausverkäufe wegen Geschäftsauflassung, Umbaus und ähnlichem zum Gegenstand hatten. Gemäß § 33a Abs. 2 UWG fallen Bekanntmachungen und Mitteilungen über Saisonschlußver­käufe, Saisonräumungsverkäufe, Inventurverkäufe und dergleichen nicht unter die Bestimmungen betreffend die Ankündigung von Ausverkäufen und unterliegen daher keinerlei zeitlichen Beschränkun­gen, sondern nur den allgemeinen, den fairen Wettbewerb schützenden Regelungen des UWG.

In der Praxis hat sich allerdings herausgestellt, daß eine derart liberale Rechtslage im Bereich der Saisonschlußverkäufe und dergleichen vor allem den spezifischen Problemen im Bereich des Handels mit Saisonwaren, insbesondere jedoch in der Textil- und Schuhhandelsbranche, nicht ausreichend Rechnung trägt. So werden entsprechende Abverkäufe von Saisonwaren meist frühzeitig, vielfach bereits zu Beginn der jeweiligen Saison durchgeführt.

Dies bewirkt, daß Saisonwaren viel früher und in wesentlich größerem Umfang zu niedrigeren Preisen beworben und auch verkauft werden als in der Vergangenheit. Umsatzeinbußen im ansonsten sehr starken Weihnachtsgeschäft sowie im Geschäft vor der Haupturlaubszeit im Sommer sind die Folge. Daraus resultieren enorme wirtschaftliche Probleme in den Branchen, die mit Saisonwaren handeln und auf Grund des saisonal bedingten oftmaligen Sortimentwechsels von Schlußverkaufsaktionen usw. besonders betroffen sind.

Die erlittenen Umsatzeinbußen gehen mit dem drohenden Verlust von Arbeitsplätzen in den betroffenen Branchen mit allen negativen Folgewirkungen einher und führen auch zu Mindereinnahmen etwa im Bereich der Umsatzsteuer.

Da sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit Inkrafttreten des Wettbewerbs-Deregulierungsge­setzes vor nunmehr über vier Jahren gewandelt haben und die Liberalisierung im Bereich Saisonschluß­verkäufe und dergleichen damals nicht vorhersehbare negative Auswirkungen auf einzelne Branchen des Handels gezeitigt hat, erscheint eine entsprechende Gesetzeskorrektur erforderlich.

In den letzten Jahren hat sich der Wettbewerb insbesondere im Bereich des Handels unter anderem dadurch zunehmend verschärft, daß vor allem von großen und marktbeherrschenden Unternehmen in verstärktem Maße von Lockvogelwerbung bzw. irreführender Niedrigpreiswerbung begleitete Verkäufe zum oder unter dem Einstandspreis durchgeführt werden. Dies bedeutet vor allem für kleinere und mittlere Betriebe des Einzelhandels eine zunehmende Bedrohung ihrer wirtschaftlichen Existenzfähigkeit.

Um eine Stärkung vor allem der für Österreich so wichtigen Wettbewerbsfähigkeit der Klein- und Mittelbetriebe zu erreichen, erscheint das Verbot derartiger Preiskampfmethoden dann erforderlich, wenn sie betriebswirtschaftlich nicht notwendig sind, um erhebliche wirtschaftliche Nachteile vom Unter­nehmen abzuwehren.

Im Bereich der sogenannten ,echten‘ Ausverkäufe erscheint hingegen ein weiterer Deregulierungsschritt dadurch möglich, daß die Ankündigung von Ausverkäufen in der Zeit vom Beginn der vorletzten Woche vor Ostern bis Pfingsten künftig nicht nur in besonders schwerwiegenden Fällen, sondern bei Vorliegen jedes zulässigen Ausverkaufsgrundes bewilligt werden kann, da die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des bestehenden weitergehenden Verbots zu bezweifeln ist.

Besonderer Teil

Zu Z 1:

Der Entwurf sieht in seiner Z 1 im Rahmen des I. Abschnitts ,Zivilrechtliche und strafrechtliche Bestimmungen‘ des UWG neue Regelungen betreffend Saisonschluß- und Sonderverkäufe vor.

Anläßlich der Aufhebung des Ausverkaufsgesetzes 1985 und des Einbaus jenes Teils der ausvekaufsrecht­lichen Bestimmungen in das UWG, der die bewilligungspflichtigen ,echten‘ Ausverkäufe regelte, durch das Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz im Jahre 1992 erschienen die bis dahin geltenden Regelungen über Saisonschlußverkäufe und dergleichen entbehrlich. Im § 33a Abs. 2 UWG in der Fassung des Wettbewerbs-Deregulierungsgesetzes ist ausdrücklich festgehalten, daß Bekanntmachungen und Mittei­lungen über Saisonschlußverkäufe, Saisonräumungsverkäufe, Inventurverkäufe und dergleichen und im bezüglichen Geschäftszweig und zu bestimmten Jahreszeiten allgemein übliche Sonderverkäufe (zB ,Weiße Woche‘, ,Mantelwoche‘) nicht unter die Bestimmungen der §§ 33a bis 33e UWG fallen.

Damit wollte der Gesetzgeber den Gewerbetreibenden die Wahl des Zeitpunktes für Sommer- und Winterräumungsverkäufe und dergleichen selbst überlassen und eine größere Flexibilität in diesem Bereich ermöglichen.

Tatsächlich hat seit der Liberalisierung eine ständige Vorverlegung des Beginns von Saisonabverkäufen durch einzelne Mitbewerber stattgefunden, die oft bereits zu Beginn der jeweiligen Saison einschlägige Ankündigungen und Verkaufsaktionen durchführen. Als Folge hievon sind in diesem Ausmaß nicht vorhersehbare wirtschaftliche Schwierigkeiten insbesondere in solchen Branchen zu verzeichnen, die mit Saisonwaren handeln, da der Zeitraum, in dem zu kaufmännisch kalkulierten Preisen verkauft werden kann, laufend verkürzt wurde und wird. Auch ist für den Konsumenten nicht mehr erkennbar, ab welchem Zeitpunkt ein saisonbedingter Sortimentwechsel stattfindet.

Angesichts der in manchen Branchen bereits bedrohlich gewordenen wirtschaftlichen Situation erscheint die Einführung gewisser Restriktionen bei der Ankündigung von Saisonschlußverkäufen und dergleichen, wie sie etwa auch in der Bundesrepublik Deutschland existieren, gerechtfertigt.

§ 9b des Entwurfs löst dieses Problem nicht durch Rückkehr zur Rechtslage vor dem Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz, die entsprechende verwaltungsbehördliche Bewilligungen erforderlich machte und Verwaltungsstrafen bei Übertretung der einschlägigen Vorschriften normierte. Vielmehr sieht die neue Bestimmung die Einführung eines Werbeverbots für Saisonschlußverkäufe und dergleichen sowie für diese vorwegnehmende spezielle Verkaufsaktionen vor, wenn diese Verkäufe im Zeitraum von vier Wochen vor dem zweiten Samstag im Jänner oder im Juli stattfinden. Hiedurch soll ein unvertretbar früher Beginn einschlägiger Ausverkäufe vermieden werden. Im Fall des Zuwiderhandelns bestehen Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche.

§ 9b des Entwurfs bewirkt somit zwar eine teilweise Rücknahme der 1992 eingeleiteten Liberalisierung im Bereich des Rechts zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, beschränkt den gesetzlichen Eingriff jedoch auf das unbedingt nötige Ausmaß.

So ist durch den Verzicht auf behördliche Bewilligungen für einschlägige Ankündigungen (betreffend Saisonschlußverkäufe u. dgl.) sowie auf Verwaltungsstrafbestimmungen eine zusätzliche Belastung sowohl der Gewerbetreibenden als auch der Verwaltungsbehörden vermieden worden. Die Beschränkung der Bestimmung auf die Einräumung von Klagsmöglichkeiten hinsichtlich Unterlassung und Schadener­satz stellt ein Anknüpfen an die bestens bewährte Tradition des UWG dar, wodurch eine weitgehende Selbstregulierung des Marktes gewährleistet erscheint.

Aus verfassungsrechtlichen Erwägungen (Gleichheitsgrundsatz) kam eine Beschränkung des Werbever­bots betreffend Saisonschlußverkäufe und dergleichen auf einzelne Branchen nicht in Betracht.

Zu Z 2:

Die Z 2 des Entwurfs sieht die Aufnahme des Verbots des Verkaufs zum oder unter dem Einstandspreis in dem neuen § 9d UWG vor. Eine ähnliche Regelung war bis zu ihrer Aufhebung durch den Verfassungs­gerichtshof mit Erkenntnis vom 15. Juni 1990, G 56/89, ÖBl. 1990, 222, im § 3a des Nahversorgungs­gesetzes (NVG) enthalten.

§ 9d UWG enthält allerdings kein so strenges Verbot wie der seinerzeitige § 3a des Nahversorgungsge­setzes (NVG). Dies ergibt sich daraus, daß das Verbot nur auf solche Fälle der Preiserstellung einge­schränkt ist, die betriebswirtschaftlich nicht notwendig sind, um erhebliche wirtschaftliche Nachteile vom Unternehmen abzuwehren. Auch wurde die im § 3a Abs. 2 NVG enthalten gewesene, jedoch zu einer sehr strengen Interpretation führende demonstrative Aufzählung von Spezialtatbeständen nicht übernommen. Damit erscheint die Verfassungskonformität der Bestimmung gewährleistet.

Vom Verbot des Verkaufs zum oder unter dem Einstandspreis sind daher – auch ohne nähere Anführung – nicht nur die im alten § 3a Abs. 2 NVG ausdrücklich angeführten Fälle (Verkäufe nach den Vorschriften des Ausverkaufsrechts, bei drohendem Verderben von Waren, bei beschädigten oder veralteten Waren sowie im Falle der Preiserstellung in Anpassung an die von Mitbewerbern offenbar zulässigerweise geforderten Preise oder in Befolgung von Rechtsvorschriften) ausgenommen, sondern auch Handlungen von Unternehmern, die laut dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nicht dem Verbot des Verkaufs zum oder unter dem Einstandspreis unterfallen dürfen, nämlich Verkäufe, um allgemeine Liquiditätsschwierigkeiten zu beheben, ein ,Sitzenbleiben auf dem Lager‘ zu verhindern (weil die Ware nicht so rasch abgesetzt werden kann wie erwartet) oder sonstige unternehmerische Fehldispositionen und Ähnliches zu korrigieren. Ein weiterer Fall, der einen Verkauf zum oder unter dem Einstandspreis rechtfertigen würde, wäre sicherlich auch die Verringerung des Wiederbeschaffungspreises einer Ware.

Es wird daher – einer bewährten Tradition des UWG folgend – der Rechtsprechung im Einzelfall obliegen, eine Grenzziehung zwischen wettbewerbswidrigem und wettbewerbskonformen Verhalten im Falle von Verkäufen zum oder unter dem Einstandspreis vorzunehmen. Aus diesem Grunde wurde auch von der ausdrücklichen Normierung einer Beweislastumkehr zulasten des Beklagten, etwa im Falle des erheblichen Unterschreitens des Preises für dieselbe oder eine vergleichbare Ware abgesehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu verschiedenen Tatbeständen des UWG (vgl. zB OGH zu ,Persil-Megapearls‘ WBl. 1995, 250) trifft den Beklagten dann die Beweislast, wenn der Kläger mangels genauer Kenntnis der Tatumstände unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten hat, wogegen dem Beklagten diese Kenntnis zur Verfügung steht und es ihm daher leicht möglich und nach Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben.

Das Ziel der neuen Bestimmung ist neben der Gewährleistung des lauteren Wettbewerbs natürlich auch die Sicherung der Nahversorgung, wie dies bereits bei der Vorgängerbestimmung des § 3a NVG der Fall war. § 9d soll somit dem Schutz der kleineren leistungsfähigen, aber nicht marktstarken Händler, aber auch dem Konsumentenschutz (Erhaltung eines ausreichenden Distributionsnetzes, der Markttransparenz und des Schutzes vor verschleiernden Preismanipulationen) dienen.

Die Ansiedlung der Bestimmung im UWG bei gleichzeitiger Einschränkung auf Handlungen zu Zwecken des Wettbewerbs legt ebenfalls eine verfassungskonforme Interpretation nahe, die keinen unverhältnis­mäßigen Eingriff in das Grundrecht der Erwerbsausübungsfreiheit bedeutet.

Um eine praktikable Anwendung der Bestimmung zu gewährleisten, sieht der Entwurf vor, daß bei der Ermittlung des Einstandspreises nur die auf Grund der geltenden Rechtslage (vgl. § 1 UWG und § 1 NVG) zulässigen Rabatte bzw. sonstigen Preisnachlässe berücksichtigt werden dürfen.

Es entspricht der Systematik des UWG, daß bei Zuwiderhandeln gegen das Verbot neben Unterlassungs- auch Schadenersatzansprüche eingeräumt werden.

Zu Z 3 bis 5:

Die Z 3 bis 5 des Entwurfs beinhalten Anpassungen von Zitierungen in den §§ 14, 18 und 21. Im § 14 erfolgt weiters eine Richtigstellung der mittlerweile veralteten Bezeichnung Bundeskammer der gewerb­lichen Wirtschaft in Wirtschaftskammer Österreich.

Zu Z 6:

Die Z 6 des Entwurfs betrifft den Bereich der sogenannten ,echten‘ Ausverkäufe. Bisher durfte eine entsprechende Bewilligung für die Ankündigung von Ausverkäufen in der Zeit vom Beginn der vorletzten Woche vor Ostern bis Pfingsten nur dann erteilt werden, wenn es sich um die Fälle des Todes des Gewerbetreibenden, um Elementarereignisse oder andere ebenso rücksichtswürdige Fälle handelte. Da die Gefahr einer mißbräuchlichen Ankündigung eines Ausverkaufs in dem genannten Zeitraum im Vergleich zur Vorweihnachtszeit nur gering erscheint, ermöglicht es § 33c Abs. 3 des Entwurfs, daß ,echte‘ Ausver­käufe, wie solche wegen Einstellung des Gewerbebetriebs, Auflassung einer bestimmten Warengattung oder Übersiedlung des Geschäfts, auch für die Zeit vom Beginn der vorletzten Woche vor Ostern bis Pfingsten bewilligt werden können.


Damit erfolgt im Bereich der sogenannten ,echten‘ Ausverkäufe ein weiterer Schritt in Richtung Deregulierung.

Weiters wurde im Rahmen des letzten Satzes des § 33c Abs. 3 eine sprachliche Verbesserung vorge­nommen.”

Der Wirtschaftsausschuß hat den Initiativantrag in seiner Sitzung am 31. März 1998 in Verhandlung genommen und vertagt. Der Ausschuß setzte seine Beratungen am 7. Juli 1999 fort.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Helmut Haigermoser die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Ing. Wolfgang Nußbaumer und Ingrid Tichy-Schreder.

Die Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen brachten einen Abänderungsantrag ein.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag in der Fassung des Abänderungsantrages nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Zum Berichterstatter für das Haus wurde Abgeordneter Karlheinz Kopf gewählt.

Weiters traf der Wirtschaftsausschuß mit Stimmenmehrheit folgende Ausschußfeststellung:

“Die Regierungsparteien lehnen den gegenständlichen Antrag insbesondere deshalb ab, da in der Kartellgesetznovelle 1999 im § 35 der ,sachlich nicht gerechtfertigte Verkauf von Waren unter dem Einstandspreis‘ als Mißbrauchstatbestand verankert wurde und damit den Unternehmen bereits eine Handhabe gegeben wurde, gegen sachlich nicht gerechtfertigte Preisregelungen in dieser Art vorzugehen. Es ist daher eine solche Regelung im UWG nicht notwendig.”

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1999 07 07

                                  Karlheinz Kopf                                                            Ingrid Tichy-Schreder

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau