278 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Finanzausschusses


über den Antrag 258/A der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny, DKfm. Dr. Günter Stummvoll und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Übertragung von Kapitalbeteiligungen des Bundes an die ÖIAG und Novelle zum ÖIAG-Gesetz (ÖIAG-Gesetz und ÖIAG-Finanzierungsgesetz-Novelle 1996)

Dem gegenständlichen Antrag ist folgende Begründung beigegeben:

Allgemeiner Teil

Das Koalitionsübereinkommen sieht Umstrukturierungs- und Privatisierungsschritte bei der Austria Tabakwerke AG und der Österreichischen Salinen AG vor. Zur Umsetzung dieses Zieles ist nunmehr die Übertragung der Anteile beider Gesellschaften an die ÖIAG vorgesehen.

Die ÖIAG ist derzeit gemäß ÖIAG-Gesetz in der Fassung der Novelle 1993 beauftragt, die in ihrem Eigentum stehenden Beteiligungen an industriellen Unternehmungen in angemessener Frist mehrheitlich abzugeben (§ 1 Abs. 4 ÖIAG-Gesetz) und hat diesen Auftrag bereits größtenteils erfüllt.

Die ÖIAG verfügt durch die bisher durchgeführten Privatisierungsmaßnahmen über ein gebündeltes und umfangreiches Privatisierungs-Know-How; es bietet sich daher an, die ÖIAG auch mit der Privatisierung weiterer Anteilsrechte an Kapitalgesellschaften, die derzeit im Eigentum des Bundes stehen, zu beauftragen, wobei der ÖIAG zunächst die Anteilsrechte an der Austria Tabakwerke AG (ATW) und an der Österreichischen Salinen AG (Salinen AG) übertragen werden sollen.

Besonderer Teil

Zu Artikel I:

Artikel I enthält die Bestimmungen über die Übertragung der Anteilsrechte des Bundes an der ATW und an der Salinen AG in das Eigentum der ÖIAG.

Zu § 1:

Durch diese Gesetzesanordnung gehen die Anteilsrechte des Bundes an der ATW und der Salinen AG ohne weitere gesellschaftsrechtliche oder privatrechtliche Maßnahmen in das Eigentum der ÖIAG über.

Die gesetzliche Bestimmung, daß die Anteilsrechte zum Zwecke der Restrukturierung und Privatisierung übertragen werden, ermöglicht eine Privatisierung von bis zu 100% und räumt der ÖIAG die größtmögliche Flexibilität bei der Entscheidung darüber ein, in welchen Schritten und in welchem Ausmaß die Anteilsrechte privatisiert werden und wie hoch ein etwa im Eigentum der ÖIAG verbleibender Anteil sein soll; bei der Entscheidung darüber hat die ÖIAG auf die Wahrung österreichischer Interessen Bedacht zu nehmen. Letztlich hat über den Umfang der Privatisierung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 ÖIAG-Gesetz die Hauptversammlung, das ist nach § 3 Abs. 3 ÖIAG-Gesetz der Bundesminister für Finanzen, nach vorangegangener Berichterstattung an die Bundesregierung zu entscheiden.

Aus dem gesetzlich angeordneten Eigentumsübergang ergibt sich, daß das Eigentum an den von ATW und Salinen AG ausgestellten Zwischenscheinen bzw. ausgegebenen Aktien, einschießlich Globalaktien ohne Indossament und körperliche Übergabe übergeht; der Bund ist mit Wirksamkeit des Gesetzes zur Übergabe verpflichtet.

Durch den letzten Satz wird klargestellt, daß die Bestimmungen des ÖIAG-Gesetzes über die Privatisierung auch auf die erst jetzt hinzukommenden Beteiligungen anzuwenden sind; dies bedeutet vor allem, daß die ÖIAG bei der Privatisierung der ATW und Salinen AG auf die im ÖIAG-Gesetz festgelegten Privatisierungsgrundsätze Bedacht nehmen muß, nämlich darauf, daß österreichische Industriebetriebe und industrielle Wertschöpfung, soweit wirtschaftlich vertretbar, erhalten bleiben (§ 1 Abs. 4 ÖIAG-Gesetz), aber auch, daß die ÖIAG darauf hinzuwirken hat, daß bei der ATW und ihren Tochtergesellschaften sowie bei der Salinen AG die zur Herstellung möglichst günstiger Voraussetzungen für die Privatisierung erforderlichen Maßnahmen gesetzt werden (§ 2 Abs. 1 ÖIAG-Gesetz); dies schließt auch das Recht der ÖIAG mit ein, zur Erreichung dieser Ziele gegenüber der ATW und der Salinen AG Weisungen zu erteilen und Richtlinien zu erlassen.

Die vorliegende Bestimmung schließt aber umgekehrt auch aus, daß die ÖIAG mit der ATW und der Salinen AG ein Konzernverhältnis begründet und gegenüber diesen Gesellschaften eine einheitliche Leitung entwickelt.

Zu § 2:

Anstelle der Bewertung der übertragenen Aktien gemäß den §§ 202 HGB und 6 Z 14 lit. d EstG tritt zur Vereinfachung der Nennbetrag des Grundkapitals. Damit soll eine klare und einfach zu bestimmende Grundlage für Bilanzierung und Besteuerung geschaffen und eine Steuerpflicht für Veräußerungserlöse herbeigeführt werden, die über den Nennbetrag des Grundkapitals, abzüglich Privatisierungsaufwendungen, hinaus erzielt werden.

Die Anordnung, daß in der ÖIAG-Bilanz eine nicht gebundene Kapitalrücklage in Höhe der Nennbeträge der übertragenen Anteilsreche zu bilden ist, entspricht den geltenden Bestimmungen des HGB.

Zu Artikel II:

Artikel II enthält eine Novellierung des Bundesgesetzes, mit dem finanzielle Beziehungen zwischen dem Bund und der ÖIAG geregelt werden.

Die neu in das zitierte Gesetz aufzunehmende Bestimmung ordnet an, daß die Erlöse aus der Privatisierung der Anteilsrechte an der ATW und an der Salinen AG, sowie die von ATW und Salinen AG ausgeschütteten Dividenden, von der ÖIAG zur Rückzahlung von Zinsen und Tilgungen von Anleihen, Darlehen und Krediten zu verwenden sind, welche die ÖIAG mit Bundeshaftung aufgenommen hat. Durch diese Rückzahlungen der ÖIAG verringert sich die Verpflichtung des Bundes, der ÖIAG die Ausgaben für derartige Zinsen und Tilgungen zu ersetzen. Damit kommt zum Ausdruck, daß diese Privatisierungen gewissermaßen auf Rechnung des Bundes erfolgen, der Privatisierungserlös nach Abzug aller Spesen wirtschaftlich dem Bund zugute kommen soll und nicht die ÖIAG stärkt; denn die bei der ÖIAG aktivierte Refundierungsverpflichtung des Bundes geht in dem Ausmaß unter, in dem die ÖIAG einen Netto-Privatisierungserlös erzielt. Die Verpflichtung der ÖIAG zur Rückzahlung von Zinsen und Tilgungen erstreckt sich auch auf Anleihen, Darlehen und Kredite, welche die ÖIAG im Wege der Umschuldung mit Haftung des Bundes gemäß Artikel II § 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem finanzielle Beziehungen zwischen dem Bund und der ÖIAG geregelt werden, aufgenommen hat.

Die ÖIAG ist jedoch berechtigt, von den Privatisierungserlösen ihre mit der Privatisierung verbundenen Aufwendungen sowie die auf Veräußerungsgewinne allenfalls entfallenden Steuern abzuziehen.

Der letzte Satz der neuen Bestimmung bringt zum Ausdruck, daß die ÖIAG, wie dies in § 3 Abs. 3 ÖIAG-Gesetz in der geltenden Fassung vorgesehen ist, verpflichtet ist, nach Übertragung der Anteilsrechte an der ATW und an der Salinen AG durch den Bund in angemessener Frist ein Privatisierungskonzept für diese Unternehmen vorzulegen.

Zu Artikel III:

Artikel III des vorliegenden Gesetzesentwurfes enthält eine Novellierung des geltenden ÖIAG-Gesetzes.

Zu Ziffer 1:

Durch die im Strukturanpassungsgesetz 1996 enthaltene Novelle zum Bundesministeriengesetz 1986 wurde angeordnet, daß die Zuständigkeit für Angelegenheiten der ÖIAG und deren Beteiligungen auf den Bundesminister für Finanzen übergeht.

Die vorliegende Bestimmung trägt dieser Kompetenzverschiebung Rechnung und stellt klar, daß die bisher dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr zustehenden Kompetenzen nunmehr auf den Bundesminister für Finanzen übergegangen sind.

Zu Ziffer 2:

Nach der früher geltenden Rechtslage gehörten dem Aufsichtsrat der ÖIAG je ein Vertreter des Bundesministers für Finanzen und des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr an; durch die Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986 im Strukturanpassungsgesetz 1996 ist die alleinige Zuständigkeit für die ÖIAG nun auf den Bundesminister für Finanzen übergegangen; demzufolge werden nunmehr zwei Aufsichtsratsmitglieder der ÖIAG vom Bundesminister für Finanzen nominiert.

Zu Ziffer 3:

Den neu hinzukommenden Privatisierungsaufgaben der ÖIAG soll durch zusätzliche von der Bundesarbeitskammer und der Wirtschaftskammer Österreich nominierte Sachverständige entsprochen werden.

Zu Ziffer 4:

Auf die Vorgänge des Artikels I § 1 findet die Befreiungsbestimmung des § 7 Abs. 2 ÖIAG-Gesetz Anwendung; diese soll um alle anderen bundesgesetzlichen Abgaben, insbesondere um die Grunderwerbssteuer, erweitert werden.

Zu Ziffer 5:

Die ÖIAG hat im Zuge von seit 1994 durchgeführten Privatisierungen Anlegern einen Treuebonus zugesagt, der bei Einhalten bestimmter Behaltefristen gewährt wird. Es soll klargestellt werden, daß der Treuebonus steuerlich gleich behandelt wird, wie eine Anschaffungskostenminderung. Im Sinne der Regelung des § 4 Abs. 2 lit. a der Bundesabgabenordnung gilt die Befreiung ab der Veranlagung 1996.

Zu Ziffer 6:

Die ÖIAG hat gemäß § 1 Abs. 4 ÖIAG-Gesetz in der Fassung der Novelle 1993 die Pflicht, die ihr unmittelbar gehörenden Beteiligungen an industriellen Unternehmungen in angemessener Frist mehrheitlich abzugeben. Eine Privatisierungsverpflichtung gemäß Artikel I § 1 des vorliegenden Bundesgesetzes hat die ÖIAG auch hinsichtlich der neu übertragenen Beteiligungen an der ATW und an der Salinen AG. Die Bildung eines Konzernverhältnisses zwischen der ÖIAG und den Unternehmungen, welche ihr unmittelbar oder mittelbar mehrheitlich gehören, wird zudem gemäß § 2 Abs. 1 des genannten Gesetzes ausdrücklich ausgeschlossen.

Aus diesem Grund ist ein Konzernabschluß kein geeignetes Instrument, um über die Erfüllung des gesetzlichen Auftrages an die ÖIAG Rechenschaft zu legen. Das entsprechende Instrument dafür ist vielmehr der Einzelabschluß, zu dessen Erstellung die ÖIAG nach HGB weiterhin verpflichtet ist.

Der Finanzausschuß hat den gegenständlichen Antrag in seiner Sitzung am 3. Juli 1996 in Verhandlung gezogen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten DKfm. Holger Bauer, Dipl.-Vw. Dr. Alexander Van der Bellen, Mag. Reinhard Firlinger und Eleonora Hostasch sowie der Bundesminister für Finanzen Mag. Viktor Klima.

Bei der Abstimmung wurde der Initiativantrag 258/A unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny und DKfm. Dr. Günter Stummvoll einstimmig angenommen.

Dem Abänderungsantrag, der sich auf Artikel III Ziffer 6 bezieht, waren folgende Erläuterungen beigefügt:

Im Sinne der vorliegenden Erläuterungen und in Berichtigung  eines Schreibfehlers soll für die ÖIAG die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses bereits für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 1995 beginnen, entfallen.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1996 07 03

                         Mag. Herbert Kaufmann                                                       Dr. Ewald Nowotny

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann

 

Bundesgesetz über die Übertragung von Kapitalbeteiligungen des Bundes an die ÖIAG und Novelle zum ÖIAG-Gesetz (ÖIAG-Gesetz und ÖIAG-Finanzierungsgesetz-Novelle 1996)


Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

§ 1. Die Anteilsrechte des Bundes an der Austria Tabakwerke Aktiengesellschaft, vormals Österreichische Tabakregie, Wien, und der Österreichischen Salinen Aktiengesellschaft, Wien, gehen zum Zweck der Umstrukturierung und Privatisierung in das Eigentum der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft (ÖIAG) über. Im übrigen sind die Bestimmungen des ÖIAG-Gesetzes, BGBl. Nr. 204/1986, in der Fassung des BGBl. Nr. 973/1993, über die Privatisierung der der ÖIAG unmittelbar gehörenden Beteiligungen an industriellen Unternehmungen, auf diese Anteilsrechte anzuwenden.

§ 2. Als Anschaffungskosten der übertragenen Aktien gilt der Nennbetrag des Grundkapitals; in gleicher Höhe ist eine nicht gebundene Kapitalrücklage zu bilden.

Artikel II

Artikel II § 2 des Bundesgesetzes, mit dem finanzielle Beziehungen zwischen dem Bund und der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft geregelt werden, BGBl. Nr. 421/1991, in der Fassung des BGBl. Nr. 973/1993, wird um einen Absatz 5 ergänzt, der wie folgt lautet:

,,(5) Die von der Austria Tabakwerke Aktiengesellschaft, vormals Österreichische Tabakregie und von der Österreichischen Salinen Aktiengesellschaft ausgeschütteten Dividenden und die Erlöse aus der Veräußerung von Anteilsrechten an diesen Gesellschaften sowie die aus der bestmöglichen Zwischenveranlagung solcher Erlöse stammenden Erträge verringern nach Maßgabe ihres Zufließens die Refundierungsverpflichtung des Bundes nach Abs. 2. Von den ausgeschütteten Dividenden und den Erlösen aus der Veräußerung sind die mit der Vorbereitung und mit der Durchführung der Veräußerung verbundenen Aufwendungen sowie die allfälligen Steuern und Abgaben abzuziehen. Die ÖIAG ist verpflichtet, auf die Erzielung von Veräußerungserlösen nach Maßgabe des von der Hauptversammlung beschlossenen Privatisierungskonzepts für diese Unternehmen hinzuwirken.“

Artikel III

Das Bundesgesetz über die Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft und über eine Änderung des Arbeitsverfassungs- sowie des ÖIAG-Anleihegesetzes, BGBl. Nr. 204/1986, in der Fassung des BGBl. Nr. 973/1993, wird wie folgt geändert:

1. In § 3 Abs. 3 und 4 sowie in  § 4 Abs. 1 werden die Worte ,,Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr“ jeweils durch die Worte ,,Bundesminister für Finanzen“ ersetzt.

2. § 4 Abs. 2 lautet:

,,(2) Dem Aufsichtsrat haben zwei Vertreter des Bundesministers für Finanzen anzugehören.“

3. § 5 Abs. 2 lautet:


,,An den Sitzungen des Privatisierungsausschusses können je zwei von der Bundesarbeitskammer und der Wirtschaftskammer Österreich nominierte Sachverständige teilnehmen; dasselbe gilt für Sitzungen des Aufsichtsrates, soweit Fragen der Privatisierung behandelt werden.“

4. § 7 Abs. 2 lautet:

,,(2) Vorgänge zwischen dem Bund und der Gesellschaft sind von den bundesgesetzlichen Abgaben befreit.“

5. § 7 wird um einen Absatz 3 ergänzt, der wie folgt lautet:

,,(3) Als Anschaffungskosten der Anteilsrechte, die im Zuge einer nach § 1 erfolgenden Veräußerung erworben werden, gelten die dafür aufgewendeten Beträge, abzüglich einer für das zeitweilige Unterlassen der Weiterübertragung von der ÖIAG erhaltenen Zahlung.“

6. § 9 lautet:

,,§ 9: Die Bestimmungen über die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses (§§ 244 bis 267 HGB) sind auf die ÖIAG für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 1995 beginnen, nicht anzuwenden.“

7. § 12 lautet:

,,§ 12: Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

         a)  der Bundesminister für Justiz, soweit durch dieses Bundesgesetz Bestimmungen des AktG 1965 und des HGB betroffen werden,

         b)  der Bundesminister für Arbeit und Soziales hinsichtlich des § 2 Abs. 3 und des § 10,

         c)  hinsichtlich der übrigen Bestimmungen der Bundesminister für Finanzen.“

Artikel IV

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

         a)  der Bundesminister für Justiz hinsichtlich des Artikel III Z 6,

         b)  hinsichtlich der übrigen Bestimmungen der Bundesminister für Finanzen.

Artikel V

Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. August 1996 in Kraft.