302 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Umweltausschusses


über den Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Karlheinz Kopf und Genossen betreffend Maßnahmen zur weiteren Verringerung der Ozonvorläufersubstanzen [211/A(E)]

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller, Karlheinz Kopf und Genossen haben den Entschließungsantrag am 23. Mai 1996 im Nationalrat eingebracht. Dem Antrag wurde die nachstehende Begründung entnommen:

„Im Jahre 1992 wurde vom Nationalrat das Bundesgesetz über die Information der Bevölkerung über hohe Ozonbelastungen (Ozongesetz, BGBl. Nr. 210/1992) beschlossen und in einer umfangreichen Entschließung des Nationalrates E-46-NR/XVIII. GP vom 2. April 1992 die Bundesregierung aufgefordert, ein Maßnahmenpaket zur Verringerung der Ozonvorläufersubstanzen umzusetzen. Mit verschiedensten Maßnahmen, die zum Teil in Österreich bereits frühzeitig gesetzt wurden, konnte insbesondere im Bereich der Kraft- und Heizwerke, der Industrie und beim Straßenverkehr die Bildung von Ozonvorläufersubstanzen wesentlich gesenkt werden. So führte die Einführung von strengen Abgaslimits ab 1986 für PKW und ab 1988 für LKW zu einer Reduktion des Ausstoßes von Ozonvorläufersubstanzen aus dem Kfz-Verkehr um knapp 40% bei den NMVOC und um etwa 10% bei den Stickoxiden, obwohl sich die Personenverkehrsleistung um mehr als 40% und die Güterverkehrsleistung um mehr als 80% gesteigert hat. Die NOx-Emissionen im Bereich der Kraft- und Heizwerke konnten von 1985 bis 1994 um 57%, die der Industrie um knapp 40% gesenkt werden. Maßnahmen wie Gaspendelleitungen bei Tankstellen oder die Inkraftsetzung der Lösemittelverordnung haben in den letzten Jahren ebenfalls wichtige Beiträge geleistet, um die Ozonvorläufersubstanzen zu reduzieren. Betrachtet man die Gesamtemissionen, so wurden seit 1985 die Stickoxidemissionen insgesamt um zirka 20% und die NMVOC-Emissionen seit 1988 um zirka 15% gesenkt.

Ein großräumiges und nachhaltiges Absenken der Ozonvorläufersubstanzen und somit auch eine Verminderung der Ozonkonzentrationen bei Sonneneinstrahlung in den Sommermonaten kann aber nur durch international akkordiertes Vorgehen erreicht werden. So belegen verschiedene nationale und internationale Studien, daß eine spürbare Senkung der Ozonbelastung in Mitteleuropa nur durch großräumige und langfristige Maßnahmen zur Absenkung der Emissionen von Ozonvorläufersubstanzen erreichbar ist. Dies kann man auch daraus erkennen, daß trotz aller innerstaatlichen Bemühungen Österreichs die durchschnittlichen Ozonkonzentrationen seit Beginn dieses Jahrzehnts nicht wirklich abgenommen haben, sondern eher konstant geblieben sind. Nur die Höhe der Spitzenbelastungen hat im Laufe des Jahrzehnts abgenommen. Erst bei einer 70%igen Reduktion der Emissionen an Ozonvorläufersubstanzen in ganz Europa könnte voraussichtlich das Überschreiten der Vorwarnstufe in ganz Österreich vermieden werden. Die Einhaltung des Vorsorgewertes für Gesundheitsschutzz von 120 mg/m3 (60 ppb) als Einstunden-Mittelwert in Österreich kann nur dann erreicht werden, wenn im internationalen Bereich – hauptsächlich in den Industriestaaten der nördlichen Hemisphäre – noch einschneidendere Reduktionsmaßnahmen vorgesehen werden.

Mit dem gegenständlichen Entschließungsantrag soll daher die Bundesregierung aufgefordert werden, nicht nur die in der Entschließung E-46-NR/XVIII. GP vom 2. April 1992 vom Nationalrat beschlossenen Maßnahmen weiterhin konsequent umzusetzen und auf diese Weise innerstaatlich den Weg der Reduktion von Ozonvorläufersubstanzen fortzusetzen, sondern auch international und vor allem im Rahmen der Europäischen Union weitergehende Maßnahmen zur Bekämpfung der Ozonkonzentrationen zu setzen.“


Der Umweltausschuß hat den Antrag in seiner Sitzung am 4. Juli 1996 in Verhandlung genommen. An der sich an die Ausführungen der Berichterstatterin anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr, Karlheinz Kopf, Ing. Monika Langthaler, Otmar Brix, Mag. Thomas Barmüller und Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller sowie der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein.

Die Abgeordnete Ing. Monika Langthaler brachte einen Entschließungsantrag zur Ozonproblematik in Österreich ein. Weiters brachten die Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Karlheinz Kopf einen Abänderungsantrag zum Entschließungsantrag 211/A(E) ein.

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Entschließungsantrag unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages des Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Karlheinz Kopf mit Stimmenmehrheit angenommen. Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Monika Langthaler fand nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle die beigedruckte Entschließung annehmen.

Wien, 1996 07 04

                              Brigitte Tegischer                                                         Mag. Karl Schweitzer

                                 Berichterstatterin                                                                         Obmann

 

Entschließung

           1.  Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst und der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie werden ersucht, sich im Rahmen der EU für weitere Schritte zur Her­absetzung der Emissionsgrenzwerte für die Abgase von Kfz, insbesondere für die Emissionen während der Kaltlaufphase bei PKW sowie für die Partikel- und NOx-Emissionen bei LKW, einzusetzen und die neuen strengeren Grenzwerte in Österreich möglichst rasch einzuführen.

           2.  Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird ersucht, sich dafür einzusetzen, daß in internationalen Vereinbarungen, insbesondere im Wiener Übereinkommen und im Genfer Abkommen über den Straßenverkehr, Mindeststandards für die Emissionen und die technischen Anforderungen (zB Geschwindigkeitsbegrenzer bei LKW und Omnibussen) von Kfz festgeschrieben werden, die dem EU-Standard entsprechen.

           3.  Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten und der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst werden ersucht, eine Änderung des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr herbeizuführen, sodaß eine Verweigerung der Einreise mit Kfz in das Bundesgebiet nicht nur aus Gründen der schwerwiegenden Gefährdung der Verkehrssicherheit, sondern auch wegen schwerwiegender Gefährdung der Umwelt ermöglicht wird.

           4.  Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird ersucht, für eine verstärkte Kontrolle des Vorhandenseins und der Funktionstüchtigkeit von Geschwindigkeitsbegrenzern bei LKW und Omnibussen Sorge zu tragen sowie eine Erhöhung des momentanen Strafrahmens bei rechtswidrigem Verhalten herbeizuführen.

           5.  Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird ersucht, sich dafür einzusetzen, daß Schnelltestverfahren für die Messung der Kfz-Abgase im laufenden Verkehr möglichst rasch entwickelt werden, damit diese Kontrollen ehestens angewendet werden können.

           6.  Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst eine Kennzeichnung schadstoffarmer Motorräder einzuführen.

           7.  Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird ersucht, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres auf die Länder einzuwirken, daß bestehende Tempolimits an ozonbelasteten Tagen besonders intensiv kontrolliert werden.

           8.  Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, im Ozongesetz vorzusehen, daß bei Erreichen der Ozonwarnstufe der Landeshauptmann ermächtigt wird, selektive Fahrverbote für einzelne Fahrzeuggruppen zu verhängen, wobei die Ausnahmeregelungen im Ozongesetz (BGBl. Nr.210/1992), die Schadstoffemission des Fahrzeuges und die Versorgungssicherheit der Bevölkerung zu berücksichtigen sind.

           9.  Der Bundeskanzler wird ersucht, im Einvernehmen mit den Ländern eine Siedlungsplanung und Raumordnung nach ökologischen Kriterien voranzutreiben, die hilft Verkehr zu vermeiden und die eine möglichst geringe Belastung durch den Verkehr bewirkt.

         10.  Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst und der Bundesminister für Finanzen werden ersucht, die Bestrebungen zur Durchsetzung der Kostenwahrheit im Verkehrsbereich auf EU-Ebene (Wegekostenrichtlinie, Anhebung der Maximalgrenze für die Straßenbenützungsgebühren, Anhebung der Mineralölsteuermindestsätze, Entfall der Flugverkehrsausnahmen) zu unterstützen.

         11.  Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst wird ersucht, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen und mit den Ländern und Gemeinden eine Verbesserung der Bedingungen für den nichtmotorisierten Individualverkehr sowie eine Optimierung des öffentlichen Verkehrs durch entsprechende Verkehrsplanung und Sicherstellung der Finanzierung zu erreichen.

         12.  Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, sich auf EU-Ebene für die verpflichtende Einführung und Verwendung emissionsarmer Kraftstoffe einzusetzen.

         13.  Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, sich im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst und dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft für die Festlegung von Emissionsgrenzwerten für landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge auf EU-Ebene einzusetzen und deren rasche innerstaatliche Umsetzung anzustreben.

         14.  Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft werden ersucht, eine rasche Verabschiedung und innerstaatliche Umsetzung der künftigen EU-Richtlinie betreffend die Bekämpfung der Emission von gasförmigen Schadstoffen und luftverunreinigenden Partikeln aus Verbrennungsmotoren, die für den Einbau in andere mobile Maschinen und Geräte als Kraftfahrzeuge bestimmt sind, zu erwirken.

         15.  Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, im Rahmen der Europäischen Union auf die Erlassung von Rechtsakten zur Begrenzung der Emissionen aus Lackieranlagen sowie des Gehalts an organischen Lösungsmittel in Anstrichen, Lacken, Farben und dergleichen nach dem Vorbild der Lackieranlagenverordnung (BGBl. Nr. 873/95) und der Lösungsmittelverordnung (BGBl. Nr. 872/95) hinzuwirken und sich auf EU-Ebene für eine Kennzeichnungspflicht für Produkte, die organische Lösemittel enthalten, einzusetzen.

         16.  Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, eine Studie zu beauftragen, die untersucht, in welchen noch nicht erfaßten Bereichen organische Lösemittel eingesetzt werden, und für diese Bereiche dann Reduktionsmaßnahmen vorzuschlagen.

         17.  Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie und der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten werden ersucht, mit den Ländern eine Vereinbarung über die Beschränkung der Emissionen von Warmwasseraufbereitungsanlagen, die keine Dampfkesselanlagen sind, zu schließen.

         18.  Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, im Förderungsprogramm des „Ökofonds“ einen Schwerpunkt bei der Reduktion von Ozonvorläufersubstanzen zu setzen und im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen eine ausreichende finanzielle Bedeckung sicherzustellen.

         19.  Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie und der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten werden ersucht, auf die Länder einzuwirken, daß in Ergänzung der bestehenden Art.-15a-B-VG-Vereinbarung über Schutzmaßnahmen betreffend Kleinfeuerungsanlagen Programme zur Wartung und Kontrolle von Kleinfeuerungsanlagen entwickelt und umgesetzt werden, um die Emissionen dieser Anlagen zu verringern.

         20.  Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales und dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie mit Verordnung nach § 82 Gewerbeordnung, sofern dies noch nicht erfolgt ist, dem Stand der Technik entsprechende Emissionsgrenzwerte (unter besonderer Berücksichtigung von VOC und NOx) für Emissionen aus Anlagen, insbesondere Druckereien, Zellstoff- und Papierindustrie, Spanplattenerzeugung, Rohölverarbeitung, Eisen- und Stahlerzeugung, Erzeugung von Nichteisenmetallen, Zementindustrie sowie Glasindustrie, festzuschreiben.

         21.  Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen auf die Länder einzuwirken, daß die ihnen für die Fern­wärmeförderung zur Verfügung gestellten Mittel möglichst rasch für konkrete Projekte eingesetzt sowie neue Fördermöglichkeiten für den Einsatz erneuerbarer Energieträger geschaffen werden.

         22.  Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, die bestehende Art.-15a-B-VG-Vereinbarung über die sinnvolle Verwendung von Energie im Hinblick auf die wärmetechnischen Anforderungen an Wohnungsbauten gemäß dem Stand der Technik weiterzuentwickeln und darüber hinaus mit den Ländern Übereinkommen zur thermischen Sanierung von Altwohnbauten mit Hilfe von Finanzierungsmodellen auf Contracting-Basis sowie über entsprechende Förderungsmodelle anzustreben.

         23.  Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie wird ersucht, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft eine Beschränkung der Ausnahmen vom Verbot der Verbrennung organischer Stoffe im Freien sowie Möglichkeiten für das Verbot des Betriebes von Rasenmähern, die mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden, an besonders belasteten Tagen zu prüfen und Initiativen für die legistische Umsetzung zu ergreifen.

         24.  Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wird ersucht, Gespräche mit der Elektrizitätswirtschaft über die Minimierung des Einsatzes von kalorischen Kraftwerken während der Sommermonate und der maximalen Ausnützung des vorhandenen Wasserkraftpotentials zu führen.

         25.  Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wird ersucht, weitere Reduktionspotentiale von Ozonvorläufersubstanzen aus der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und aus der Abwasserentsorgung zu ermitteln und entsprechende Maßnahmen zu prüfen.