313 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 30. 8. 1996

Regierungsvorlage


Bundesgesetz betreffend Medizinprodukte (Medizinproduktegesetz – MPG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

I. HAUPTSTÜCK

1. Abschnitt

Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt die Funktionstüchtigkeit, Leistungsfähigkeit, Sicherheit und Qualität, die Herstellung, das Inverkehrbringen, den Vertrieb, das Errichten, die Inbetriebnahme, die Instandhaltung, den Betrieb, die Anwendung, die klinische Bewertung und Prüfung, die Überwachung und die Sterilisation, Desinfektion und Reinigung von Medizinprodukten und ihres Zubehörs sowie die Abwehr von Risken und das Qualitätsmanagement beim Umgang mit Medizinprodukten und ihrem Zubehör.

2. Abschnitt

Begriffsbestimmungen

Allgemeine Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) „Medizinprodukte“ sind alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Stoffe oder andere Gegenstände, einschließlich der für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen bestimmt sind zur

        1.   Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten,

        2.   Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,

        3.   Untersuchung, Veränderung oder zum Ersatz des anatomischen Aufbaus oder physiologischer Vorgänge oder

        4.   Empfängnisregelung

und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologische Mittel noch metabolisch erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann. Dem neuen steht ein als neu aufbereitetes Medizinprodukt gleich.

(2) „Zubehör“ für Medizinprodukte sind Gegenstände, Stoffe, Zubereitungen aus Stoffen sowie Software, die selbst keine Medizinprodukte nach Abs. 1 sind, nach ihrer vom Hersteller ausdrücklich festgelegten Zweckbestimmung aber dazu bestimmt sind,

        1.   zusammen mit einem Medizinprodukt verwendet zu werden, damit dieses entsprechend der vom Hersteller des Medizinproduktes festgelegten Zweckbestimmung des Medizinproduktes angewendet werden kann, oder

        2.   die für das Medizinprodukt festgelegte Zweckbestimmung zu unterstützen.

Zubehör gilt als Medizinprodukt. Zubehör zu aktiven implantierbaren Medizinprodukten gilt selbst als aktives implantierbares Medizinprodukt.

(3) „Aktives Medizinprodukt“ ist jedes Medizinprodukt, dessen Betrieb von einer elektrischen Energiequelle oder einer anderen Energiequelle abhängig ist als der unmittelbar durch den menschlichen Körper oder die Schwerkraft erzeugten Energie. Ein Medizinprodukt, das zur Übertragung von Energie, Stoffen oder Parametern zwischen einem aktiven Medizinprodukt und dem Patienten eingesetzt wird, ohne daß dabei eine wesentliche Veränderung von Energie, Stoffen oder Parametern eintritt, gilt nicht als aktives Medizinprodukt.

(4) „Aktives implantierbares Medizinprodukt“ ist jedes Medizinprodukt, dessen Betrieb auf eine elektrische Energiequelle oder eine andere Energiequelle als der unmittelbar durch den menschlichen Körper oder die Schwerkraft erzeugten Energie angewiesen ist, und das dafür ausgelegt ist, ganz oder teilweise durch einen chirurgischen oder sonstigen medizinischen Eingriff in den menschlichen Körper oder durch einen medizinischen Eingriff in eine natürliche Körperöffnung eingeführt zu werden und dazu bestimmt ist, nach dem Eingriff dort zu verbleiben.

(5) „Medizinprodukt für die in‑vitro‑Diagnose“ oder „In-vitro-Diagnostikum“ ist jedes Medizinprodukt, das

        1.   einzeln oder kombiniert nach der vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung als

              a)  Reagens,

              b)  Reagenzprodukt,

              c)  Kalibriersubstanz oder -vorrichtung,

              d)  Kontrollmaterial,

              e)  Kit,

               f)  Instrument,

              g)  Apparat oder

              h)  System

              zur in‑vitro‑Untersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben, einschließlich Blut- und Gewebespenden, verwendet wird, und

        2.   allein oder überwiegend dazu dient,

              a)  Informationen über physiologische oder pathologische Zustände oder angeborene Anomalien zu geben oder

              b)  die Unbedenklichkeit und die Verträglichkeit bei den potentiellen Empfängern zu prüfen oder

              c)  eine therapeutische Maßnahme zu überwachen.

Als In-vitro-Diagnostika gelten auch Probenbehältnisse, evakuiert oder nichtevakuiert, die vom Hersteller speziell zur in-vitro-Untersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben als Primärbehältnis zur Aufbewahrung bestimmt sind. Erzeugnisse für den allgemeinen Laborbedarf gelten nicht als In-vitro-Diagnostika, es sei denn, sie sind auf Grund ihrer Merkmale nach ihrer vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung für in-vitro-Untersuchungen im Sinne der Z 2 zu verwenden.

(6) „Sonderanfertigung“ ist jedes Medizinprodukt, das nach schriftlicher Verordnung eines Arztes oder einer sonst auf Grund ihrer beruflichen Qualifikation rechtlich hiezu befugten Person unter ihrer Verantwortung nach spezifischen Auslegungsmerkmalen eigens angefertigt wird und zur ausschließlichen Anwendung bei einem namentlich genannten Patienten bestimmt ist. Serienmäßig hergestellte Medizinprodukte, die angepaßt werden müssen, um den spezifischen Anforderungen des Arztes oder eines sonstigen hiezu befugten beruflichen Anwenders zu entsprechen, gelten nicht als Sonderanfertigungen.

(7) „Hersteller“ ist jede natürliche oder juristische Person, Personengesellschaft des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaft, die für die Auslegung, Herstellung, Verpackung und Kennzeichnung eines Medizinprodukts im Hinblick auf das erstmalige Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten von dieser Person oder Gesellschaft oder stellvertretend für diese von einem Dritten ausgeführt werden.

(8) Als Hersteller gilt auch jede natürliche oder juristische Person, Personengesellschaft des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaft, die ein oder mehrere vorgefertigte Produkte montiert, abpackt, behandelt, aufbereitet oder kennzeichnet oder für die Festlegung der Zweckbestimmung als Medizinprodukt im Hinblick auf das Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist. Hersteller ist jedoch nicht, wer – ohne Hersteller im Sinne des Abs. 7 zu sein – bereits in Verkehr gebrachte Produkte für einen namentlich genannten Patienten entsprechend ihrer Zweckbestimmung montiert oder anpaßt.

(9) „Zweckbestimmung“ ist jene Verwendung, für die das Medizinprodukt nach den Angaben des Herstellers in der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder dem Werbematerial bestimmt ist.


(10) „Inverkehrbringen“ ist die entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Medizinproduktes oder das Bereithalten für die Abgabe. Ein Inverkehrbringen liegt nicht vor, wenn

        1.   es sich um ein ausschließlich für die klinische Prüfung bestimmtes Medizinprodukt im Sinne des § 3 Abs. 3 handelt, oder

        2.   durch geeignete Maßnahmen sichergestellt ist, daß das Medizinprodukt nicht zum Verbraucher, Anwender oder Betreiber gelangen kann, oder

        3.   einzelne Medizinprodukte an eine einzelne bestimmte Person ausschließlich unentgeltlich und im privaten Bereich oder der Nachbarschaftshilfe weitergegeben werden.

(11) „Erstmaliges Inverkehrbringen“ ist das erste Inverkehrbringen eines Medizinproduktes oder das erste Inverkehrbringen eines Medizinproduktes nach seiner Neuaufbereitung im Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.

(12) „Verantwortlicher für das erstmalige Inverkehrbringen im Europäischen Wirtschaftsraum“ ist

        1.   der Hersteller,

        2.   sein Bevollmächtigter oder

        3.   der Importeur,

der ein Medizinprodukt erstmals im Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr bringt und im Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ansässig ist.

(13) „Inbetriebnahme“ ist die Phase, in der ein Medizinprodukt erstmals entsprechend seiner Zweckbestimmung im Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum angewendet werden kann. Bei aktiven implantierbaren Medizinprodukten gilt als Inbetriebnahme die Zurverfügungstellung an das medizinische Personal zur Implantation.

(14) „Ausstellen“ ist das Aufstellen oder Vorführen von Medizinprodukten zum Zwecke der Werbung oder der Information der Fachkreise.

(15) „Harmonisierte Normen“ sind nationale Normen der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die einschlägige harmonisierte europäische Normen durchführen, deren Fundstellen als „harmonisierte Norm“ für Medizinprodukte im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurden. Den harmonisierten Normen sind einschlägige Monographien des Europäischen Arzneibuches für Medizinprodukte gleichgestellt, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurden.

(16) „Benannte Stelle“ ist eine von einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum jeweils der Europäischen Kommission und den übrigen Vertragsparteien für die Durchführung von Aufgaben im Rahmen von Konformitätsbewertungsverfahren für Medizinprodukte notifizierte Stelle.

(17) „Nebenwirkungen“ sind die bei einer bestimmungsgemäßen Verwendung eines Medizinproduktes auftretenden und damit in Zusammenhang stehenden unerwünschten Begleiterscheinungen.

(18) „Wechselseitige Beeinflussung“ bezeichnet die bei bestimmungsgemäßer Verwendung auftretenden Wirkungen von

        1.   Medizinprodukten aufeinander oder

        2.   Medizinprodukten und anderen Gegenständen, Stoffen oder Zubereitungen aus Stoffen aufeinander.

(19) „Instandhaltung“ eines Medizinproduktes ist die Gesamtheit der Maßnahmen zur Bewahrung und Wiederherstellung des jeweils angestrebten Sollzustandes sowie zur Feststellung und Beurteilung des Istzustandes eines Medizinproduktes. Der Begriff „Instandhaltung“ umfaßt Inspektion, Wartung und Instandsetzung.

(20) „Inspektion“ eines Medizinproduktes ist die Gesamtheit aller Maßnahmen zur Feststellung und Beurteilung des Istzustandes.

(21) „Wartung“ eines Medizinproduktes ist die Gesamtheit aller Maßnahmen zur Bewahrung des angestrebten Sollzustandes, der die einwandfreie Sicherheit und Funktionstüchtigkeit des Medizinproduktes gewährleistet.

(22) „Instandsetzung“ eines Medizinproduktes sind die Maßnahmen zur Wiederherstellung des festgelegten Sollzustandes, der die einwandfreie Sicherheit und Funktionstüchtigkeit des Medizinproduktes gewährleistet.


(23) „Einrichtung des Gesundheitswesens“ ist jede Einrichtung, Stelle oder Institution, in der Medizinprodukte durch Angehörige der Heilberufe oder dazu befugte Gewerbeberechtigte berufsmäßig betrieben oder angewendet werden, einschließlich jener Einrichtungen des Bundesheeres, die der Sanitätsversorgung dienen.

Begriffsbestimmungen zur klinischen Bewertung und Prüfung von Medizinprodukten

§ 3. (1) „Klinische Bewertung“ ist die medizinische Bewertung eines Medizinproduktes im Sinne des Anhanges 7 Nr. 1.1 der Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte, ABl. EG Nr. L 189 vom 20. Juli 1990, und des Anhanges X Nr. 1.1 der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte, ABl. EG Nr. L 169 vom 12. Juli 1993.

(2) „Klinische Prüfung“ ist eine systematische Untersuchung eines Medizinproduktes, ausgenommen In-vitro-Diagnostika, an Versuchspersonen, mit dem Ziel,

        1.   die Leistungsdaten des Medizinproduktes zu ermitteln oder zu überprüfen, ob die Leistungen des Medizinproduktes bei normalen Einsatzbedingungen den vom Hersteller oder sonstigen Sponsor angegebenen Leistungsdaten entsprechen,

        2.   etwaige bei normalen Einsatzbedingungen auftretende Nebenwirkungen nach Art, Schwere und Häufigkeit im Hinblick darauf zu ermitteln, ob diese unter Berücksichtigung der vorgegebenen Leistungen vertretbare Risken darstellen oder

        3.   Wirkungsmechanismen und geeignete klinische Einsatzgebiete des Medizinproduktes zu ermitteln,

um damit die Sicherheit und Wirksamkeit des Medizinproduktes zu untersuchen.

(3) „Für klinische Prüfungen bestimmtes Medizinprodukt“ ist jedes Medizinprodukt, das dazu bestimmt ist, einem im jeweiligen Fachgebiet qualifizierten Arzt zur Durchführung von klinischen Prüfungen dieses Medizinproduktes am Menschen gemäß Abs. 2 in einer den vorgesehenen medizinischen Anwendungsbedingungen entsprechenden medizinischen Umgebung zur Verfügung gestellt zu werden.

(4) „Klinischer Prüfer“ ist der Arzt, der für die Durchführung der klinischen Prüfung und insbesondere für das Wohlergehen der Versuchsperson verantwortlich ist.

(5) „Sponsor“ ist jede natürliche oder juristische Person, Personengesellschaft des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaft, welche die Verantwortung für die Initiierung oder die Durchführung einer klinischen Prüfung übernimmt. Der klinische Prüfer, der selbst eine klinische Prüfung initiiert, hat die Funktion des Sponsors und die damit in Zusammenhang stehenden Verantwortungsbereiche zu übernehmen.

(6) „Monitor“ ist eine vom Sponsor bestimmte Person, die diesem gegenüber für die Überwachung und die Berichterstattung über den Verlauf der klinischen Prüfung verantwortlich ist.

(7) „Klinischer Prüfplan“ oder „Protokoll“ ist ein Dokument, das detaillierte Angaben über Begründung, Absichten, Ziele, Ausführung sowie über vorgesehene Analysen, Methodik und Durchführung der klinischen Prüfung enthält.

(8) „Versuchsperson“ ist entweder ein Patient oder ein gesunder Proband, der an einer klinischen Prüfung teilnimmt.

(9) „Ethikkommission“ ist ein unabhängiges und gemäß § 58 Abs. 4 zusammengesetztes Gremium aus medizinischen Sachverständigen und anderen Mitgliedern, dessen Aufgabe es ist, zu beurteilen, ob eine wissenschaftlich ausreichend begründete klinische Prüfung gegeben ist und ob die Sicherheit, das Wohlergehen, die Rechte sowie die Integrität der an ihr teilnehmenden Versuchspersonen geschützt werden.

(10) „Schlußbericht der klinischen Prüfung“ oder „Abschlußbericht“ ist eine vollständige Beschreibung und Bewertung der klinischen Prüfung nach deren Beendigung.

(11) „Multizentrische Prüfung“ ist eine klinische Prüfung, die entsprechend einem einzigen klinischen Prüfplan, jedoch an mehreren Untersuchungsorten durchgeführt wird.

(12) „Fallberichtsschema“ oder „Prüfbogen“ ist ein Satz von Schriftstücken, die so gestaltet sind, daß alle relevanten patienten- und medizinproduktebezogenen Daten, die nach dem klinischen Prüfplan erforderlich sind, vollständig dokumentiert werden.

(13) „Audit“ ist der Vergleich der Rohdaten und der hiezu gehörenden Niederschriften mit dem Zwischen‑ oder Abschlußbericht, um festzustellen, ob die Rohdaten korrekt berichtet und ausgewertet wurden und die klinische Prüfung in Übereinstimmung mit dem Prüfplan vorgenommen wurde. Ein Audit muß entweder durch eine interne Einheit des Sponsors, die jedoch unabhängig von der Einheit tätig wird, die für die klinische Forschung verantwortlich ist, oder durch eine externe wissenschaftliche Einrichtung durchgeführt werden.

(14) „Inspektion einer klinischen Prüfung“ ist eine durch die zuständige Ethikkommission, das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz, einen durch dieses beauftragten Sachverständigen oder durch eine ausländische Gesundheitsbehörde durchgeführte Überprüfung an der Prüfstelle oder beim Sponsor, die die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder anderer Vorschriften über die klinische Prüfung von Medizinprodukten überprüft.

(15) „Unerwünschtes Ereignis“ ist jedes unerwünschte klinische Ereignis bei einer in eine klinische Prüfung einbezogenen Versuchsperson, unabhängig davon, ob es im Zusammenhang mit dem geprüften Medizinprodukt steht oder nicht.

(16) Als schwerwiegend ist ein Ereignis oder eine Nebenwirkung im Sinne des § 2 Abs. 17 einzustufen, die tödlich oder lebensbedrohlich ist, zu bleibenden Schäden führt oder eine stationäre Behandlung oder eine Verlängerung des stationären Aufenthaltes erforderlich macht. Jedes unerwünschte Ereignis oder jede Medizinproduktenebenwirkung, die die Schädigung eines Feten, dessen Tod oder eine angeborene Fehlbildung verursacht, oder das Auftreten eines bösartigen Tumors sind in jedem Fall als schwerwiegend einzustufen.

3. Abschnitt

Abgrenzung zu anderen Regelungen

Ausnahmen vom Geltungsbereich

§ 4. (1) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für

        1.   Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983, nach Maßgabe des § 5,

        2.   kosmetische Mittel im Sinne des § 5 des Lebensmittelgesetzes 1975, BGBl. Nr. 86,

        3.   menschliches Blut, Produkte aus menschlichem Blut, menschliches Plasma oder Blutzellen menschlichen Ursprungs oder Produkte, die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens Bluterzeugnisse, -plasma oder -zellen dieser Art enthalten,

        4.   Transplantate, Gewebe oder Zellen menschlichen Ursprungs sowie Produkte, die Gewebe oder Zellen menschlichen Ursprungs enthalten oder aus solchen Geweben oder Zellen gewonnen wurden,

        5.   Transplantate, Gewebe oder Zellen tierischen Ursprungs, es sei denn, ein Medizinprodukt wird unter Verwendung von abgetötetem tierischen Gewebe oder von abgetöteten Erzeugnissen hergestellt, die aus tierischem Gewebe gewonnen wurden,

        6.   persönliche Schutzausrüstungen im Sinne der PSA-Sicherheitsverordnung, BGBl. Nr. 596/1994, wobei die Entscheidung über die Einstufung unter Berücksichtigung der hauptsächlichen Zweckbestimmung des Produktes zu erfolgen hat, und

        7.   natürliche Heilvorkommen und Produkte aus einem natürlichen Heilvorkommen im Sinne des Bundesgesetzes über natürliche Heilvorkommen und Kurorte, BGBl. Nr. 272/1958.

(2) Durch dieses Bundesgesetz wird die Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, nicht berührt.

Abgrenzung zu Arzneimittelregelungen

§ 5. (1) Medizinprodukte, die im Zeitpunkt der Abgabe kein Arzneimittel enthalten, jedoch dazu bestimmt sind, ein Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes anzuwenden, unterliegen diesem Bundesgesetz unbeschadet der das Arzneimittel betreffenden Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes.

(2) Wird eine Kombination von Medizinprodukt und Arzneimittel so in Verkehr gebracht, daß Medizinprodukt und Arzneimittel ein einheitliches, miteinander verbundenes Produkt bilden, dessen bestimmungsgemäße Hauptwirkung auf der stofflichen Zusammensetzung des Arzneimittels beruht und das ausschließlich zur Verwendung in dieser Verbindung bestimmt und nicht wiederverwendbar ist, so unterliegt dieses Produkt dem Arzneimittelgesetz. Das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz hat bei der Beurteilung des Medizinprodukteteils die grundlegenden Anforderungen gemäß dem II. Hauptstück dieses Bundesgesetzes anzuwenden, soweit sicherheits- und leistungsbezogene Medizinproduktefunktionen betroffen sind.


(3) Enthält ein Medizinprodukt als integrierten Bestandteil einen Stoff, der – gesondert verwendet – als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes und in Ergänzung zu dem Medizinprodukt eine Wirkung auf den menschlichen Körper entfalten kann, so handelt es sich um ein Medizinprodukt im Sinne dieses Bundesgesetzes. Die Sicherheit, die Qualität und der Nutzen dieses Stoffes sind unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung des Medizinproduktes mit den geeigneten Verfahren entsprechend der unter Bedachtnahme auf die Richtlinie 75/318/EWG, ABl. EG Nr. L 147 vom 9. Juni 1975, erlassenen Rechtsvorschriften zu überprüfen.

II. HAUPTSTÜCK

1. Abschnitt

Anforderungen an Medizinprodukte

Voraussetzungen für das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme

§ 6. Es ist verboten, Medizinprodukte in Verkehr zu bringen, zu errichten, zu installieren, in Betrieb zu nehmen oder anzuwenden, wenn

        1.   der begründete Verdacht besteht, daß sie die grundlegenden Anforderungen im Sinne der §§ 8 und 9 und einer Verordnung nach § 10 oder zutreffendenfalls die Anforderungen des § 11 nicht erfüllen oder

        2.   ihr Verfalldatum abgelaufen ist.

§ 7. (1) Medizinprodukte dürfen nach Maßgabe des § 112 nur in Verkehr gebracht und in Einrichtungen des Gesundheitswesens in Betrieb genommen werden, wenn der für das erstmalige Inverkehrbringen Verantwortliche seinen Sitz in einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat.

(2) Die Bestimmungen des § 6 Z 2 und Abs. 1 gelten nicht für das Bundesheer beim Einsatz gemäß § 2 Abs. 1 lit. a des Wehrgesetzes 1990, BGBl. Nr. 305, sowie bei der unmittelbaren Vorbereitung dieses Einsatzes.

Grundlegende Anforderungen

§ 8. (1) Medizinprodukte müssen so ausgelegt und hergestellt sein, daß ihre Anwendung weder den klinischen Zustand oder die Sicherheit der Patienten noch die Sicherheit der Anwender oder Dritter gefährdet, wenn sie unter den vorgesehenen Bedingungen und zu den vorgesehenen Zwecken eingesetzt werden. Etwaige Risken und Nebenwirkungen, die bei bestimmungsgemäßer Installation, Implantation oder Anwendung auftreten können, müssen unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der Medizinprodukte nach dem Stand der medizinischen Wissenschaften und der Technik vertretbar sein und der Schutz der Gesundheit und Sicherheit muß gewährleistet sein.

(2) Medizinprodukte müssen so ausgelegt, hergestellt und verpackt sein, daß sie geeignet sind, die vom Hersteller vorgegebenen medizinischen Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 oder 5 zu erbringen, wenn sie Belastungen ausgesetzt sind, die unter normalen Einsatzbedingungen und unter den vom Hersteller vorgesehenen Transport- und Lagerungsbedingungen auftreten können.

(3) Auslegung und Konstruktion von Medizinprodukten müssen sich unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der Wissenschaft und Technik nach den Grundsätzen der integrierten Sicherheit richten. Bei der Wahl der angemessensten Lösungen für Auslegung und Konstruktion sind in der angegebenen Reihenfolge folgende Grundsätze anzuwenden:

        1.   Beseitigung oder Minimierung der Risken durch Integration des Sicherheitskonzepts in die Entwicklung und den Bau des Medizinproduktes,

        2.   gegebenenfalls Ergreifen angemessener Schutz- und Alarmvorrichtungen gegen konstruktiv nicht zu beseitigende Risken,

        3.   Aufklärung der Benutzer über die Restrisken, für die keine angemessenen Schutzmaßnahmen getroffen werden können.

§ 9. (1) Jedem Medizinprodukt sind Informationen beizugeben, die unter Berücksichtigung des Ausbildungs- und Kenntnisstandes des vorgesehenen Anwenderkreises für die sichere Anwendung des Medizinproduktes erforderlich sind. Diese Informationen müssen aus Angaben in der Kennzeichnung und nach Maßgabe des Abs. 3 solchen in der Gebrauchsanweisung bestehen.

(2) Die für die sichere Anwendung erforderlichen Informationen müssen auf dem Medizinprodukt selbst, auf der Stückpackung und gegebenenfalls auf der Handelspackung angegeben sein. Falls eine Einzelverpackung nicht möglich ist, müssen die Angaben auf einer Begleitinformation erscheinen. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann in der Verordnung gemäß § 10 im Einklang mit den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG im Hinblick auf die Praktikabilität und Angemessenheit der Anbringung oder Bereitstellung dieser Informationen und auf die Gewährleistung der sicheren Anwendung von Medizinprodukten Ausnahmen vorsehen.

(3) Jedem Medizinprodukt muß in seiner Verpackung eine Gebrauchsanweisung beigegeben sein. Eine Gebrauchsanweisung ist für Medizinprodukte der Klasse I und der Klasse IIa im Sinne der Richtlinie 93/42/EWG dann entbehrlich, wenn die sichere Anwendung des Medizinproduktes ohne Gebrauchsanweisung gewährleistet ist.

(4) Die Kennzeichnung von Medizinprodukten und nach Maßgabe des Abs. 3 ihre Gebrauchsanweisung müssen Name oder Firma und Anschrift des Herstellers aufweisen.

(5) Sofern Medizinprodukte in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt werden, um dort erstmalig in Verkehr gebracht zu werden, muß die Kennzeichnung, gegebenenfalls die äußere Verpackung und gegebenenfalls die Gebrauchsanweisung ferner den Namen oder die Firma und die Anschrift des für das erstmalige Inverkehrbringen Verantwortlichen aufweisen, sofern dieser nicht mit dem Hersteller identisch ist.

(6) Medizinprodukte dürfen nur an den Anwender oder Verbraucher abgegeben werden, wenn die für ihn oder den Patienten bestimmten Informationen in deutscher Sprache abgefaßt sind. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann durch Verordnung unter Berücksichtigung einer ausreichenden Information von Patienten und Anwendern und unter Bedachtnahme auf die Gewährleistung der Medizinproduktesicherheit Ausnahmen vom Erfordernis der deutschen Sprache zulassen oder Bestimmungen über die Zulässigkeit anderer geeigneter Maßnahmen als der Gebrauchsinformation zur Information der Anwender oder Patienten vorsehen.

§ 10. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat im Hinblick auf die Gewährleistung der medizinischen Leistungen von Medizinprodukten gemäß § 2 Abs. 1 oder 5 und im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Anwendern und gegebenenfalls Dritten und die Abwehr von Risken unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften durch Verordnung die grundlegenden Anforderungen an Medizinprodukte im Sinne des Anhangs 1 der Richtlinie 90/385/EWG und des Anhangs I der Richtlinie 93/42/EWG festzulegen.

Anforderungen an Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose

§ 11. (1) Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose dürfen unbeschadet der §§ 6 bis 9 und einer Verordnung nach § 10 nur in Verkehr gebracht, errichtet, in Betrieb genommen und angewendet werden, wenn darüber hinaus die Anforderungen gemäß Abs. 2 und einer Verordnung nach Abs. 3 erfüllt sind.

(2) Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose müssen so ausgelegt und hergestellt sein, daß sie unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der Technik für die vom Hersteller festgelegte Zweckbestimmung gemäß § 2 Abs. 5 geeignet sind. Sie müssen den Leistungsparametern, insbesondere im Hinblick auf die vom Hersteller angegebene Sensitivität, Spezifität, Präzision, Richtigkeit, Reproduzierbarkeit und Nachweisgrenzen entsprechen. Die Nachvollziehbarkeit der den Kalibriersubstanzen oder -vorrichtungen oder Kontrollmaterialien zugeschriebenen Werte muß durch verfügbare übergeordnete Referenzmeßverfahren und Referenzmaterialien gewährleistet sein.

(3) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann für Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose, soweit dies im Hinblick auf die Gewährleistung der medizinischen Leistungsfähigkeit derartiger Medizinprodukte gemäß § 2 Abs. 5 und im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten und die Abwehr von Risken erforderlich ist, durch Verordnung Anforderungen an die Sicherheit und Leistungsfähigkeit festlegen. Er kann dabei auch auf einschlägige harmonisierte oder sonstige nationale oder internationale Normen verweisen.

Verordnungsermächtigungen

§ 12. Verordnungen gemäß § 10 und § 11 Abs. 3 sind, soweit es die elektrotechnische Sicherheit und die vom Maß- und Eichgesetz, BGBl. Nr. 152/1950, erfaßten Meßfunktionen von Medizinprodukten betrifft, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und soweit Interessen des Arbeitnehmerschutzes berührt sind, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales zu erlassen.


2. Abschnitt

Harmonisierte Normen

§ 13. (1) Soweit harmonisierte Normen im Sinne dieses Bundesgesetzes eingehalten werden, ist davon auszugehen, daß den jeweiligen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprochen wird, es sei denn, es sind die Fälle des § 14 oder des § 77 gegeben.

(2) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat die Fundstellen der einschlägigen nationalen harmonisierten Normen im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen.

§ 14. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat, sofern der begründete Verdacht besteht, daß die in § 13 Abs. 1 genannten harmonisierten Normen den grundlegenden Anforderungen im Sinne der §§ 8 und 9 und einer Verordnung nach § 10 nicht entsprechen, neben allenfalls erforderlichen Maßnahmen gemäß den §§ 68, 75 oder 77 die gemäß den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG dafür auf Gemeinschaftsebene vorgesehenen Verfahren einzuleiten.

3. Abschnitt

CE‑Kennzeichnung

§ 15. (1) Medizinprodukte mit Ausnahme von Sonderanfertigungen, Medizinprodukten gemäß § 32, für die klinische Prüfung bestimmten Medizinprodukten sowie In-vitro-Diagnostika dürfen nur dann in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden, wenn sie mit der CE-Kennzeichnung gemäß diesem Bundesgesetz oder den auf der Grundlage der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG ergangenen nationalen Vorschriften anderer Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum versehen sind.

(2) Medizinprodukte dürfen nur dann mit der CE-Kennzeichnung versehen werden, wenn sie

        1.   die grundlegenden Anforderungen im Sinne der §§ 8 und 9 und einer Verordnung nach § 10 erfüllen,

        2.   allfällige weitere für Medizinprodukte geltende Vorschriften gemäß § 16 erfüllen, die auf sie unter Berücksichtigung ihrer Zweckbestimmung anwendbar sind, und

        3.   einer für das jeweilige Medizinprodukt vorgeschriebenen Konformitätsbewertung gemäß einer Verordnung nach § 28, die die Berechtigung zur Führung der CE-Kennzeichnung verleiht, unterzogen worden sind.

(3) Die CE-Kennzeichnung muß von dem angebracht werden, der durch eine Verordnung nach § 28 dazu bestimmt ist.

§ 16. (1) Falls Medizinprodukte auch anderen Vorschriften zu entsprechen haben, die andere Aspekte regeln und in denen ebenfalls die CE-Kennzeichnung vorgesehen ist, wird mit der CE-Kenn­zeichnung angegeben, daß diese Medizinprodukte auch diesen anderen Vorschriften entsprechen.

(2) Steht dem Hersteller auf Grund einer oder mehrerer Vorschriften im Sinne des Abs. 1 während einer dort jeweils angegebenen Übergangszeit jedoch die Wahl der anzuwendenden Vorschriften frei, so wird mit der CE-Kennzeichnung lediglich angegeben, daß die Medizinprodukte nur den vom Hersteller angewandten Richtlinien entsprechen. In diesem Fall müssen die Nummern dieser Richtlinien, die im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht sind, in den den Medizinprodukten beizulegenden Unterlagen, Hinweisen oder Anleitungen angegeben werden.

(3) Die Unterlagen, Hinweise oder Anleitungen im Sinne des Abs. 2 müssen ohne Zerstörung der Verpackung, durch welche die Sterilität des Medizinproduktes gewährleistet wird, zugänglich sein.

§ 17. Bei Änderungen eines Medizinproduktes, die einer Zustimmung in Form eines Nachtrages zur Bescheinigung der benannten Stelle über die von ihr durchgeführte Konformitätsbewertung bedürfen, darf die CE‑Kennzeichnung erst dann angebracht werden, wenn der Hersteller oder sein im Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassener Bevollmächtigter das Verfahren gemäß einer Verordnung nach § 28 durchgeführt hat. Ein Nachtrag ist notwendig bei Änderungen, die die Übereinstimmung des Medizinproduktes mit den grundlegenden Anforderungen im Sinne der §§ 8 und 9 und einer Verordnung nach § 10 oder mit den vorgeschriebenen Anwendungsbestimmungen berühren können.

§ 18. (1) Die CE-Kennzeichnung ist für aktive implantierbare Medizinprodukte gemäß Anhang IX der Richtlinie 90/385/EWG, für die sonstigen Medizinprodukte, ausgenommen In-vitro-Diagnostika, gemäß Anhang XII der Richtlinie 93/42/EWG auszuführen.


(2) Die CE-Kennzeichnung muß auf dem Medizinprodukt oder der Sterilverpackung, auf der Handelspackung sowie auf der Gebrauchsanweisung deutlich sichtbar, gut lesbar und dauerhaft angebracht sein. Auf dem Medizinprodukt selbst muß die CE-Kennzeichnung nicht angebracht werden, wenn es zu klein ist, seine Beschaffenheit dies nicht zuläßt oder es sonst undurchführbar oder unzweckmäßig ist. Dies gilt auch hinsichtlich der Anbringung auf der Handelspackung.

§ 19. (1) Zusätzlich zur CE-Kennzeichnung muß an den in § 18 Abs. 2 angeführten Stellen die Kenn­nummer der benannten Stelle angeführt sein, die für die Durchführung der Konformitätsbewertungsverfahren gemäß den Anhängen 2, 3, 4 und 5 der Richtlinie 90/385/EWG und den Anhängen II, IV, V und VI der Richtlinie 93/42/EWG für das jeweilige Medizinprodukt verantwortlich ist.

(2) Ist für ein Medizinprodukt gemäß einer Verordnung nach § 28 eine Konformitätsbewertung vorgeschrieben, die nicht von einer benannten Stelle durchgeführt werden muß, darf der CE-Kennzeichnung keine Kennummer einer benannten Stelle hinzugefügt werden.

§ 20. Zeichen oder Aufschriften, die zur Irreführung bezüglich der Bedeutung oder der graphischen Gestaltung der CE-Kennzeichnung geeignet sind, dürfen nicht angebracht werden. Alle sonstigen Zeichen dürfen auf dem Medizinprodukt, der Verpackung oder der Gebrauchsanweisung für das Medizinprodukt angebracht werden, sofern sie die Sichtbarkeit und Lesbarkeit der CE-Kennzeichnung nicht beeinträchtigen.

§ 21. Sonderanfertigungen, für die klinische Prüfung bestimmte Medizinprodukte, sofern nicht § 40 Abs. 4 zutrifft, sowie In-vitro-Diagnostika, nach Maßgabe des § 16, dürfen keine CE-Kennzeichnung im Sinne dieses Bundesgesetzes führen.

§ 22. (1) Bei Medizinprodukten, die mit der CE-Kennzeichnung gemäß § 15 versehen sind, gilt, sofern diese nicht widerlegt wurde, grundsätzlich die Annahme, daß sie den Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 entsprechen.

(2) Besteht der begründete Verdacht, daß eine CE‑Kennzeichnung entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unrechtmäßig angebracht wurde, hat der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen der Überwachung gemäß § 68 einzuleiten, eine Prüfung des Medizinproduktes zu veranlassen oder sonstige geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechtmäßigkeit der Anbringung der CE-Kennzeichnung zu klären.

(3) Der für die Anbringung der CE-Kennzeichnung Verantwortliche hat die Kosten der Überwachung, der Prüfung oder der sonstigen Maßnahmen gemäß Abs. 2 zu tragen, wenn die CE-Kenn­zeichnung zu Unrecht angebracht wurde.

§ 23. (1) Stellt der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz fest, daß die CE-Kenn­zeichnung unrechtmäßig angebracht wurde, ist der Hersteller oder sein im Europäischen Wirtschaftsraum ansässiger Bevollmächtigter unbeschadet des § 77 verpflichtet, die Voraussetzungen für das rechtmäßige Anbringen der CE-Kennzeichnung entsprechend den vom Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz auf der Grundlage dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen, innerhalb einer dem Anlaßfall entsprechenden Frist zu erfüllen.

(2) Werden die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 nicht erfüllt, hat der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz gemäß dem Verfahren des § 77 alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um das Inverkehrbringen des betreffenden Medizinproduktes einzuschränken, zu untersagen oder um zu gewährleisten, daß es vom Markt genommen wird.

§ 24. Ist ein mit diesem Bundesgesetz nicht übereinstimmendes Medizinprodukt mit der CE-Kenn­zeichnung versehen, so hat der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz gegenüber demjenigen, der die CE-Kennzeichnung angebracht hat, unbeschadet des § 77 die erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung des ordnungsgemäßen Zustandes zu ergreifen und die gemäß den Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG vorgesehenen Verfahren einzuleiten.

4. Abschnitt

Klassifizierung und Konformitätsbewertung

Klassifizierung von Medizinprodukten

§ 25. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat durch Verordnung im Hinblick auf die Zweckbestimmung, die eingesetzte Technologie sowie auf Anwendungsort, -art und -dauer der Medizinprodukte unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften

        1.   jene Klassen festzulegen, denen Medizinprodukte insbesondere im Hinblick auf die Konformitätsbewertung zuzuordnen sind, und

        2.   die Kriterien und Regeln festzulegen, nach denen Medizinprodukte den Klassen nach Z 1 zuzuordnen sind.

§ 26. Besteht zwischen einem Hersteller und einer benannten Stelle im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes im Rahmen eines Konformitätsbewertungsverfahrens hinsichtlich der Klassifizierung eines Medizinproduktes anhand der Klassifizierungsregeln gemäß einer Verordnung nach § 25 keine Übereinstimmung, so hat die benannte Stelle die Entscheidung des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz zu beantragen.

Konformitätsbewertung

§ 27. Medizinprodukte dürfen nur dann in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden, wenn ihre Konformität mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nach Maßgabe einer Verordnung nach § 28 bewertet wurde.

§ 28. (1) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften durch Verordnung nähere Regelungen über die Konformitätsbewertung von Medizinprodukten zu treffen.

(2) Diese Verordnung hat insbesondere festzulegen:

        1.   Art, Ausgestaltung und Durchführung der Konformitätsbewertungsverfahren einschließlich der jeweils auszustellenden Konformitätserklärungen und die Bedingungen für die Anbringung der CE-Kennzeichnung,

        2.   die Zuordnung der Konformitätsbewertungsverfahren zu den einzelnen Klassen von Medizinprodukten,

        3.   welche Konformitätsbewertungsverfahren von einer benannten Stelle und welche vom Hersteller durchzuführen sind,

        4.   jene Konformitätsbewertungsverfahren, welche gegebenenfalls von dem im Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassenen Bevollmächtigten des Herstellers eingeleitet werden können,

        5.   die Aufbewahrung und Bereithaltung von Unterlagen im Zusammenhang mit Konformitätsbewertungsverfahren,

        6.   die näheren Voraussetzungen, unter denen eine Ausnahmegenehmigung nach § 32 gewährt werden kann, sowie Art, Inhalt, Durchführung und Behandlung der diesbezüglichen Anträge,

        7.   Art, Inhalt und Voraussetzungen der für Sonderanfertigungen auszustellenden Erklärungen sowie Art und Inhalt der für die zuständigen Behörden bereitzuhaltenden Dokumentationen und

        8.   Art, Inhalt, Bereithaltung und Übermittlung von Aufzeichnungen über Sonderanfertigungen, die in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen worden sind.

(3) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann in einer Verordnung gemäß Abs. 1, soweit es dem Interesse einer einheitlichen und ordnungsgemäßen Durchführung der Konformitätsbewertung und der Vorgangsweise für das Inverkehrbringen von Systemen, Behandlungseinheiten und der zu sterilisierenden CE-gekennzeichneten Medizinprodukte gemäß den einschlägigen Richtlinien der Europäischen Union dient, darüber hinaus festlegen:

        1.   die Vorgangsweise bei unterschiedlicher Auslegung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes betreffend die Konformitätsbewertung von Medizinprodukten im Rahmen von Konformitätsbewertungsverfahren,

        2.   nähere Vorschriften über die Anerkennung von Zwischenprüfungen im Rahmen von Konformitätsbewertungsverfahren,

        3.   die Vorgangsweise bei der Konformitätsbewertung von Medizinprodukten gemäß § 5 Abs. 3,

        4.   die Vorgangsweise bei der Einbringung von Anträgen zur Verlängerung von Entscheidungen der benannten Stellen im Rahmen von Konformitätsbewertungsverfahren und

        5.   die Vorgangsweise für Systeme und Behandlungseinheiten sowie für die Sterilisation von Medizinprodukten gemäß den §§ 33 bis 35 einschließlich der hiefür erforderlichen Erklärungen.

(4) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann, sofern dies im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten oder die Abwehr erheblicher Risken erforderlich ist, durch Verordnung Konformitätsbewertungsverfahren für Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose als Voraussetzung für das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme vorschreiben und deren Art, Inhalt und Durchführung näher festlegen.

§ 29. (1) Setzt das Verfahren der Konformitätsbewertung gemäß einer Verordnung nach § 28 Abs. 1 oder die Vorgangsweise gemäß den §§ 33 bis 35 die Beteiligung einer benannten Stelle voraus, so kann sich der Hersteller oder sein im Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassener Bevollmächtigter an eine für die Erfüllung dieser Aufgaben benannte Stelle seiner Wahl wenden. Die gleichzeitige Befassung mehrerer benannter Stellen im Rahmen eines Konformitätsbewertungsverfahrens für ein Medizinprodukt durch den Hersteller oder seinen im Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassenen Bevollmächtigten ist unzulässig.

(2) Bei den Verfahren der Konformitätsbewertung für ein Medizinprodukt haben der Hersteller oder die benannte Stelle die Ergebnisse von Bewertungen und Prüfungen zu berücksichtigen, die gegebenenfalls in einem Zwischenstadium der Herstellung gemäß diesem Bundesgesetz oder gemäß anderen österreichischen Vorschriften im Sinne des § 112 Abs. 1 vorgenommen wurden.

(3) Der benannten Stelle sind auf deren begründetes Verlangen alle Informationen oder Angaben vorzulegen oder zugänglich zu machen, die zur Ausstellung der Konformitätsbescheinigung und Aufrechterhaltung der Konformitätsentscheidung im Hinblick auf das gewählte Verfahren erforderlich sind.

(4) Die Unterlagen und der Schriftwechsel betreffend die Verfahren der Konformitätsbewertung sind, sofern sie im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes durchgeführt werden, in deutscher Sprache abzufassen oder in einer anderen Amtssprache einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die von der benannten Stelle anerkannt wird.

(5) Die von den benannten Stellen in Verfahren im Sinne der Anhänge 2 und 3 der Richtlinie 90/385/EWG und der Anhänge II und III der Richtlinie 93/42/EWG getroffenen Entscheidungen haben eine Gültigkeitsdauer von höchstens fünf Jahren. Diese kann auf Antrag jeweils um fünf Jahre verlängert werden. Der Antrag auf Verlängerung ist bei der benannten Stelle, bei der auch das ursprüngliche Konformitätsbewertungsverfahren dieses Medizinproduktes durchgeführt wurde, zu dem im Vertrag mit der benannten Stelle vereinbarten Zeitpunkt, ansonsten spätestens sechs Monate vor Ablauf der Gültigkeitsfrist einzureichen. Sollte diese benannte Stelle nicht mehr bestehen oder bestehen andere Hinderungsgründe, die nicht vom Antragsteller zu vertreten sind, kann der Antrag bei einer anderen geeigneten benannten Stelle gestellt werden.

(6) Mit dem Antrag auf Verlängerung ist ein Bericht einzureichen, der Angaben darüber enthält, ob und in welchem Umfang sich die Beurteilungsmerkmale für das Medizinprodukt seit der Erteilung oder Verlängerung der Konformitätsbescheinigung geändert haben.

(7) Gehört zu den Bestandteilen eines Medizinproduktes ein Stoff, der bei gesonderter Anwendung als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes einzustufen ist und der in Ergänzung zu dem Medizinprodukt eine Wirkung auf den menschlichen Körper entfalten kann, sind die Sicherheit, die Qualität und der Nutzen dieses Stoffes unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung des Medizinproduktes nach dem jeweils anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die analytische, pharmakologisch-toxikologische und klinische Prüfung mit den geeigneten Verfahren der Richtlinie 75/318/EWG zu überprüfen. Gleiches gilt für Zubereitungen aus Stoffen. Die benannte Stelle hat diese Überprüfungen von einer Stelle durchführen zu lassen, die von einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gemäß der Richtlinie 65/65/EWG, ABl. EG Nr. 22 vom 9. Februar 1965, dafür vorgesehen ist. Die in Österreich dafür vorgesehene Stelle ist das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz.

Sonderanfertigungen

§ 30. (1) Für jede Sonderanfertigung hat der Hersteller oder sein im Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassener Bevollmächtigter vor dem erstmaligen Inverkehrbringen die in einer Verordnung nach § 28 vorgesehene Erklärung auszustellen und die dort angeführte Dokumentation verfügbar zu machen. Aus der Dokumentation müssen die Auslegung, die Herstellung und die Leistungsdaten des Medizinproduktes einschließlich der vorgesehenen Leistung in der Weise hervorgehen, daß sie eine Beurteilung ermöglicht, ob den Anforderungen dieses Bundesgesetzes entsprochen ist.

(2) Der Hersteller hat alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit im Herstellungsverfahren die Übereinstimmung der hergestellten Medizinprodukte mit der Dokumentation gemäß einer Verordnung nach § 28 sichergestellt wird. Er hat eine Bewertung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen oder gegebenenfalls eine förmliche Überprüfung (Audit) zu gestatten.


(3) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann vom Hersteller eine Meldung aller Sonderanfertigungen gemäß der Richtlinie 93/42/EWG verlangen, die im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes in Betrieb genommen oder in Verkehr gebracht wurden.

5. Abschnitt

Ausstellen; Ausnahmegenehmigungen im Interesse des Gesundheitsschutzes; Systeme und Behandlungseinheiten; Sterilisation für das Inverkehrbringen

Ausstellen

§ 31. Medizinprodukte, die nicht den §§ 15 und 27 entsprechen, dürfen dann zu Demonstrationszwecken, insbesondere bei Messen, Ausstellungen, Vorführungen und wissenschaftlichen oder medizintechnischen Fachveranstaltungen ausgestellt werden, wenn ein sichtbares Schild darauf hinweist, daß diese Medizinprodukte nur erstmalig in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden dürfen, wenn ihre Übereinstimmung mit diesem Bundesgesetz hergestellt ist. Bei Vorführungen sind die erforderlichen Vorkehrungen zum Schutz von Personen zu treffen.

Ausnahmegenehmigungen im Interesse des Gesundheitsschutzes

§ 32. (1) Abweichend von den Bestimmungen der §§ 15 und 27 kann der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme einzelner Medizinprodukte auf Antrag zulassen, bei denen die Konformitätsbewertungsverfahren gemäß einer Verordnung nach § 28 nicht durchgeführt wurden, wenn deren Verwendung im Interesse des Gesundheitsschutzes geboten ist.

(2) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat durch die Verordnung gemäß § 28 unter Bedachtnahme auf eine ausreichende Versorgung mit sicheren und leistungsfähigen Medizinprodukten und auf die Verfügbarkeit gleichwertiger Medizinprodukte, bei denen die Verfahren nach den §§ 15 und 27 bereits durchgeführt wurden, die näheren Voraussetzungen festzulegen, unter denen die Ausnahmegenehmigung nach Abs. 1 gewährt werden kann und darin auch Art und Inhalt der Anträge und der beizufügenden Unterlagen nach Abs. 1 zu regeln.

(3) Beim Einsatz des Bundesheeres gemäß § 2 Abs. 1 lit. a des Wehrgesetzes 1990 sowie bei der unmittelbaren Vorbereitung dieses Einsatzes ist für das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme einzelner für diesen Fall benötigter Medizinprodukte eine Ausnahmegenehmigung nach Abs. 1 nicht erforderlich.

(4) Eine Ausnahmegenehmigung im Sinne des Abs. 1 ist nicht erforderlich, wenn ein in Österreich zur selbständigen Berufsausübung berechtigter Arzt bestätigt, daß ein Medizinprodukt für einen bestimmten Patienten zur Abwendung einer Lebensgefahr oder einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Gesundheit erforderlich ist und der Behandlungserfolg mit einem Medizinprodukt, bei dem die Verfahren nach den §§ 15 und 27 bereits durchgeführt worden sind, voraussichtlich nicht erzielt werden kann.

Systeme und Behandlungseinheiten; Sterilisation für das Inverkehrbringen

§ 33. (1) Jede natürliche oder juristische Person, Personengesellschaft des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaft, die jeweils mit einer CE-Kennzeichnung versehene Medizinprodukte entsprechend ihrer Zweckbestimmung und innerhalb der vom Hersteller vorgesehenen Anwendungsbeschränkungen zusammensetzt, um sie in Form eines Systems oder einer Behandlungseinheit erstmalig in Verkehr zu bringen, muß darüber eine Erklärung des Inhalts bereithalten, daß

        1.   sie die gegenseitige Vereinbarkeit der Medizinprodukte entsprechend den Hinweisen der Hersteller geprüft und die Arbeitsschritte entsprechend den Hinweisen durchgeführt hat,

        2.   sie das System oder die Behandlungseinheit verpackt und sachdienliche Benutzerhinweise, einschließlich der einschlägigen Hinweise der Hersteller, gegeben hat und

        3.   die gesamte Tätigkeit in geeigneter Weise intern überwacht und kontrolliert wurde.

(2) Werden Systeme oder Behandlungseinheiten mit Medizinprodukten, die keine CE-Kenn­zeichnung im Sinne dieses Bundesgesetzes aufweisen oder in einer Art und Form erstmalig in Verkehr gebracht, die nicht der ursprünglichen Zweckbestimmung und den vom Hersteller vorgesehenen Anwendungsbeschränkungen entspricht, so wird das System oder die Behandlungseinheit als eigenständiges Medizinprodukt behandelt und unterliegt als solches den dafür vorgesehenen Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 28 Abs. 1 und den dort festgelegten Verfahren.

§ 34. Jede natürliche oder juristische Person, Personengesellschaft des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaft, die Systeme oder Behandlungseinheiten gemäß § 33 oder andere Medizinprodukte mit CE-Kennzeichnung, für die der Hersteller eine Sterilisation vor ihrer Verwendung vorgesehen hat, für das erstmalige Inverkehrbringen sterilisiert, muß eines der Verfahren im Sinne der Anhänge IV, V oder VI der Richtlinie 93/42/EWG anwenden. Die Anwendung dieser Anhänge und die Beteiligung der benannten Stelle sind auf die Aspekte des Sterilisationsverfahrens beschränkt. Die Person oder Gesellschaft muß eine Erklärung bereithalten, aus der hervorgeht, daß die Sterilisation gemäß den Anweisungen des Herstellers erfolgt ist.

§ 35. (1) Medizinprodukte im Sinne des § 33 Abs. 1 und des § 34 dürfen nicht mit einer zusätzlichen CE-Kennzeichnung versehen werden. Ihnen müssen Informationen gemäß § 9 und einer Verordnung gemäß § 10 beigefügt sein, die gegebenenfalls auch die von den Herstellern der zusammengesetzten Medizinprodukte mitgelieferten Hinweise enthalten.

(2) Die Erklärungen für die im Abs. 1 angeführten Medizinprodukte sind für eine Überwachung durch den Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz und die von ihm beauftragten Sachverständigen fünf Jahre lang zur Verfügung zu halten.

6. Abschnitt

Benannte Stellen

Benennung

§ 36. (1) Die Konformitätsbewertungsverfahren gemäß einer Verordnung nach § 28, die von benannten Stellen durchzuführen sind, dürfen nur von solchen Stellen durchgeführt werden, die der Europäischen Kommission und den übrigen Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hiefür benannt worden sind und die im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften im Verzeichnis der benannten Stellen unter Angabe ihrer Kennummer sowie der Aufgaben, für die sie benannt wurden, angeführt sind.

(2) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann einschlägige inländische Zertifizierungsstellen mit entsprechender Fachkompetenz auf deren Antrag für die Durchfüh­rung bestimmter Aufgaben im Zusammenhang mit den Verfahren gemäß § 28 für bestimmte Medizinprodukte oder Medizinproduktegruppen benennen, wenn diese vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten für die Durchführung dieser Aufgabenbereiche als Zertifizierungsstelle und als Prüf- oder Überwachungsstelle gemäß dem Akkreditierungsge­setz, BGBl. Nr. 468/1992, akkreditiert sind, wobei zu berücksichtigen ist, daß die Kriterien des § 37 erfüllt sind.

(3) Von den Stellen, die den in den einschlägigen harmonisierten Normen festgelegten Kriterien entsprechen, wird angenommen, daß sie den Mindestkriterien gemäß Abs. 2 Z 1 genügen.

(4) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat die Benennung einer Stelle zu widerrufen, wenn er feststellt, daß die Stelle den Kriterien des Abs. 2 nicht mehr genügt, oder einzuschränken, wenn er feststellt, daß sie die Voraussetzungen gemäß Abs. 2 im Hinblick auf bestimmte Aufgaben, Verfahren oder Medizinprodukte oder ‑produktgruppen nicht mehr erfüllt.

(5) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat die übrigen Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und die Europäische Kommission über Benennungen gemäß Abs. 2 und über den Widerruf oder die Einschränkung einer Benennung gemäß Abs. 4 unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

Mindestkriterien für benannte Stellen

§ 37. (1) Die benannte Stelle, ihr Leiter und das mit der Durchführung der Bewertungen und Prüfungen beauftragte Personal müssen unabhängig von der Stelle sein, die das zu bewertende Medizinprodukt entwickelt oder konstruiert hat, sowie von dessen Hersteller, Vertreiber, Aufsteller oder Anwender. Sie dürfen weder unmittelbar noch als Beauftragte an der Entwicklung oder Konstruktion, an der Herstellung, am Vertrieb oder für den Antragsteller an der Instandhaltung dieser Produkte beteiligt sein. Die Möglichkeit eines Austausches technischer Informationen zwischen dem Hersteller und der benannten Stelle wird dadurch nicht ausgeschlossen.

(2) Die benannte Stelle muß in der Lage sein, alle in einem Konformitätsbewertungsverfahren gemäß einer Verordnung nach § 28 vorgesehenen Aufgaben, die einer solchen Stelle zugewiesen werden und für die sie benannt ist, wahrzunehmen, sei es, daß diese Aufgaben von der benannten Stelle selbst, sei es, daß sie in Teilbereichen unter ihrer Verantwortung ausgeführt werden. Sie muß insbesondere über das Personal verfügen und die Mittel besitzen, die zur Erfüllung der mit der Durchführung der Bewertungen und Prüfungen verbundenen medizinisch-wissenschaftlichen, technischen und verwaltungsmäßigen Aufgaben erforderlich sind. Sie muß über die für die Prüfungen und Überwachungen erforderliche Ausrüstung verfügen, kann sich jedoch in Teilbereichen externer Einrichtungen bedienen, falls der Zugang zu diesen geregelt und deren Eignung sichergestellt ist.

(3) Die Stelle und das mit der Prüfung beauftragte Personal müssen die Bewertungen und Prüfungen mit der erforderlichen Sachkenntnis und Zuverlässigkeit auf dem Gebiet der Medizinprodukte durchführen und unabhängig von jeder möglichen Einflußnahme, vor allem finanzieller Art, auf ihre Beurteilung oder die Ergebnisse ihrer Prüfung sein.

(4) Wenn eine benannte Stelle nach Herstellung des Einvernehmens mit dem Auftraggeber bestimmte Arbeiten im Zusammenhang mit der Konformitätsbewertung einem Subauftragnehmer überträgt, muß sie zuvor sicherstellen, daß die Bestimmungen dieses Abschnittes vom Subauftragnehmer eingehalten werden. Die benannte Stelle hat die einschlägigen Dokumente zur Bewertung der Sachkompetenz des Subauftragnehmers und zu den von diesem im Rahmen dieses Bundesgesetzes ausgeführten Arbeiten zur Einsichtnahme durch die zuständigen Behörden bereitzuhalten.

(5) Im Subauftrag zu vergebende Teile von Konformitätsbewertungsverfahren dürfen nur den kleineren Teil des Gesamtauftrages ausmachen. Die Gesamtverantwortung für die Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens ist in jedem Fall von der benannten Stelle zu tragen.

(6) Das mit den Prüfungen beauftragte Personal muß folgenden Voraussetzungen entsprechen:

        1.   die für die Bewertungen und Prüfungen, für die die Stelle benannt worden ist, erforderliche berufliche Qualifikation,

        2.   eine ausreichende Kenntnis der Vorschriften für die von ihm durchgeführten Prüfungen und eine ausreichende praktische Erfahrung auf diesem Gebiet und

        3.   die für die Durchführung der Prüfungen und die Abfassung der Bescheinigungen, Protokolle und Berichte, in denen die durchgeführten Prüfungen niedergelegt werden, erforderliche Eignung.

(7) Die Unabhängigkeit des mit der Prüfung beauftragten Personals ist sicherzustellen. Die Höhe der Bezüge jedes Prüfers darf sich weder nach der Zahl der von ihm durchgeführten Prüfungen noch nach den Ergebnissen dieser Prüfungen richten.

(8) Die benannte Stelle muß für Haftungsfälle, die sich aus ihrer Tätigkeit ergeben können, eine ausreichende Haftpflichtversicherung abschließen, es sei denn, diese Haftpflicht wird von der Republik Österreich abgedeckt.

III. HAUPTSTÜCK

1. Abschnitt

Klinische Bewertung

§ 38. (1) Sofern gemäß diesem Bundesgesetz oder der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen eine klinische Bewertung vorzunehmen ist, hat die klinische Bewertung darzulegen und zu beurteilen, ob

        1.   das Medizinprodukt so entwickelt und hergestellt wurde, daß es geeignet ist, bei bestimmungsgemäßer Verwendung die vorgegebenen Zweckbestimmungen und Leistungsdaten zu erfüllen, und

        2.   auftretende Nebenwirkungen nach Art, Schwere und Häufigkeit unter Berücksichtigung der vorgegebenen Leistungen des Medizinproduktes bei normalen Einsatzbedingungen vertretbare Risken darstellen.

(2) Sofern gemäß diesem Bundesgesetz oder der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen klinische Daten für die klinische Bewertung eines Medizinproduktes zu dokumentieren sind, ist die Beurteilung ihrer Aussagekraft gegebenenfalls unter Berücksichtigung der einschlägigen harmonisierten Normen zu stützen auf:

        1.   eine Zusammenstellung der verfügbaren einschlägigen wissenschaftlichen Literatur betreffend die vorgesehene Anwendung des Medizinproduktes und die dabei zum Einsatz kommenden Techniken sowie gegebenenfalls auf einen schriftlichen Bericht mit einer kritischen Würdigung dieser Zusammenstellung oder

        2.   die Ergebnisse aller für die klinische Bewertung des Medizinproduktes relevanten klinischen Prüfungen.

(3) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat in einer Verordnung gemäß § 66 unter Bedachtnahme auf die Richtlinie 90/385/EWG und die Richtlinie 93/42/EWG festzulegen, für welche Medizinprodukte bei der klinischen Bewertung jedenfalls klinische Daten gemäß Abs. 2 vorzulegen sind und erforderlichenfalls die Durchführung der klinischen Bewertung näher zu regeln.

2. Abschnitt

Klinische Prüfung

Zweck der klinischen Prüfung

§ 39. (1) Klinische Prüfungen von Medizinprodukten dürfen nur durchgeführt werden, wenn sie der Zielsetzung des § 3 Abs. 2 entsprechen.

(2) Klinische Prüfungen von Medizinprodukten dürfen nur durchgeführt werden, wenn

        1.   ausreichende Nachweise über die Erfüllung der Anforderungen gemäß § 41 Abs. 4 vorliegen und

        2.   aussagekräftige Ergebnisse der erforderlichen nichtklinischen Prüfungen vorliegen, die entsprechend dem jeweiligen Stand der Wissenschaften durchgeführt wurden.

Verfahren

§ 40. (1) Der Hersteller oder sein im Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum niedergelassener Bevollmächtigter oder ein sonstiger Sponsor hat dem Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz vor Beginn einer klinischen Prüfung eines Medizinproduktes in Österreich die klinische Prüfung zu melden, eine Erklärung gemäß einer Verordnung nach § 66 zu übermitteln und die dort festgelegte Dokumentation auf Anforderung unverzüglich zur Verfügung zu stellen.

(2) Mit der klinischen Prüfung von Medizinprodukten, für die dies in einer Verordnung nach § 66 festgelegt ist, darf nach Ablauf von 60 Tagen nach Einlangen der Meldung gemäß Abs. 1 begonnen werden, es sei denn, der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat innerhalb dieser Frist die Durchführung der klinischen Prüfung zum Schutz der öffentlichen Gesundheit oder im Interesse anderer schutzwürdiger Rechtsgüter untersagt.

(3) Wenn die Anforderungen nach Abs. 1 erfüllt sind, kann unbeschadet der sonstigen Anforderungen an die klinische Prüfung mit der klinischen Prüfung von Medizinprodukten, für die in einer Verordnung gemäß § 66 kein Verfahren gemäß Abs. 2 festgelegt ist, begonnen werden, sofern die zuständige Ethikkommission eine befürwortende Stellungnahme zum Prüfplan abgegeben hat.

(4) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 sowie des § 47 gelten nicht, wenn die klinische Prüfung mit Medizinprodukten durchgeführt wird, die nach dem § 15 die CE‑Kennzeichnung tragen dürfen, es sei denn, diese klinische Prüfung hat eine andere Zweckbestimmung des Medizinproduktes zum Gegenstand als die in der Konformitätsbewertung vorgesehene.

Allgemeine Voraussetzungen

§ 41. (1) Bei der Planung, Anlage und Durchführung klinischer Prüfungen sind die gesundheitlichen Risken und Belastungen für die Versuchsperson so gering wie möglich zu halten.

(2) Die klinische Prüfung von Medizinprodukten darf nur durchgeführt werden, wenn die Risken, die mit ihr für die Versuchspersonen verbunden sind, gemessen an der erwarteten Bedeutung des Ergebnisses der Prüfung für die Medizin vertretbar sind und die nicht auszuschließende Gefahr einer Beeinträchtigung der Gesundheit dieser Versuchsperson

        1.   nicht erheblich ist oder

        2.   überwogen wird von dem von der Anwendung des Medizinproduktes anzunehmenden Vorteil für ihre Gesundheit.

(3) Die klinische Prüfung von Medizinprodukten darf an Patienten nur durchgeführt werden, wenn die Anwendung des Medizinproduktes nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft angezeigt ist, um bei dem Patienten, an dem die klinische Prüfung durchgeführt wird, eine Zweckbestimmung gemäß § 2 Abs. 1 zu erreichen.


(4) Die klinische Prüfung eines Medizinproduktes darf nur durchgeführt werden, wenn alle im Zusammenhang mit der klinischen Prüfung erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen zum Schutze des Lebens, der Gesundheit und der Sicherheit der Versuchspersonen, Anwender oder Dritter getroffen worden sind und das Medizinprodukt mit Ausnahme der Aspekte, die Gegenstand der klinischen Prüfung sind, den grundlegenden Anforderungen gemäß den §§ 8 und 9 und einer Verordnung nach § 10 entspricht.

(5) Der Hersteller eines für klinische Prüfungen bestimmten Medizinproduktes hat alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um im Rahmen der Herstellung die Übereinstimmung der hergestellten Medizinprodukte mit der Dokumentation gemäß einer Verordnung nach § 66 sicherzustellen. Er hat eine Bewertung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen und gegebenenfalls eine Inspektion durch das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz zu gestatten.

Methoden

§ 42. (1) Die klinische Prüfung ist nach einem Prüfplan durchzuführen, der dem Stand der Wissenschaft und Technik zu entsprechen hat und so anzulegen, daß sich die Fragestellungen und Angaben des Herstellers des Medizinproduktes oder sonstigen Sponsors, insbesondere zu den Leistungen und Nebenwirkungen des Medizinproduktes wissenschaftlich nachvollziehbar beantworten, bestätigen oder widerlegen lassen.

(2) Die klinische Prüfung muß eine für die wissenschaftliche Gültigkeit der Schlußfolgerungen ausreichende Zahl von Beobachtungen umfassen.

(3) Vor und erforderlichenfalls während des gesamten Ablaufes einer klinischen Prüfung, beginnend mit dem Entwurf des Prüfplanes bis zum Abschlußbericht, sind geeignete statistische Methoden anzuwenden und Auswertungen vorzunehmen.

(4) Im Rahmen der klinischen Prüfung eines Medizinproduktes müssen alle für die Zielsetzung der klinischen Prüfung relevanten Merkmale des Medizinproduktes, einschließlich der sicherheitstechnischen und leistungbezogenen Eigenschaften und der Auswirkungen auf den Patienten geprüft werden.

(5) Die für die Erhebung der sicherheitsrelevanten Merkmale, Leistungen und Nebenwirkungen eines Medizinproduktes verwendeten Kriterien und Prüfgrößen müssen mit geeigneten Beobachtungs- und Meßverfahren ermittelt werden und im Hinblick auf die Erhebung des Nutzen-/Risikoverhältnisses aussagekräftig sein.

(6) Die Vorgangsweise bei der Durchführung einer klinischen Prüfung muß an das zu prüfende Medizinprodukt angepaßt sein.

(7) Klinische Prüfungen müssen unter den vorgesehenen Einsatzbedingungen des Medizinproduktes durchgeführt werden.

(8) Alle schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse und Nebenwirkungen sind vollständig zu registrieren. Die Meldepflichten gemäß § 70 bleiben unberührt.

Dokumentation, Unterlagen

§ 43. Zu jeder klinischen Prüfung sind die für die Zielsetzung, die medizinischen, wissenschaftlichen und technischen Grundlagen, die Planung, Organisation, Durchführung und Auswertung der klinischen Prüfung und die darüber hinaus für den Schutz der Gesundheit, Sicherheit, Integrität und Rechte der Versuchspersonen maßgeblichen Gesichtspunkte und Vorkehrungen in geeigneten Dokumentationen und Unterlagen festzuhalten.

§ 44. Zu jeder klinischen Prüfung sind insbesondere folgende Dokumentationen und Unterlagen zu erstellen und für das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz bereitzuhalten:

        1.   der Prüfplan,

        2.   das Handbuch des klinischen Prüfers,

        3.   die für die Aufklärung der Versuchspersonen und gegebenenfalls deren gesetzliche Vertreter gemäß § 51 zu benutzenden Informationen und die Einverständniserklärung,

        4.   die Vorkehrungen zum Versicherungsschutz im Sinne der §§ 47 und 48,

        5.   die Vereinbarungen zwischen dem Sponsor, Monitor und klinischem Prüfer, die deren Verantwortlichkeiten festlegen,

        6.   die Stellungnahme der Ethikkommission und die Gesichtspunkte, die Gegenstand dieser Stellungnahme waren und

        7.   der Abschlußbericht.


Prüfplan


§ 45. (1) Über den Prüfplan gemäß § 42 muß eine schriftliche Vereinbarung zwischen Sponsor und klinischem Prüfer vorliegen.

(2) Der Prüfplan hat den wissenschaftlich fundierten Aufbau und Ablauf der klinischen Prüfung festzulegen und ihre wissenschaftliche Aussagekraft im Hinblick auf ihre Zielsetzungen und Fragestellungen sicherzustellen.

Abschlußbericht

§ 46. (1) Für jede klinische Prüfung ist ein schriftlicher Abschlußbericht zu erstellen, der von allen an der Prüfung beteiligten klinischen Prüfern zu unterzeichnen ist.

2

(2) Der Abschlußbericht hat eine kritische Bewertung aller im Verlauf der klinischen Prüfung erlangten wissenschaftlich relevanten Daten zu enthalten.

Versicherung

§ 47. (1) Der Sponsor hat unter Bedachtnahme auf Abs. 2 eine Personenschadenversicherung abzuschließen, die alle Schäden abdeckt, die an Leben oder Gesundheit der Versuchsperson durch die an ihr durchgeführten Maßnahmen der klinischen Prüfung verursacht werden können und für die der klinische Prüfer zu haften hätte, wenn ihn ein Verschulden (§ 1295 ABGB) träfe, mit Ausnahme von Schäden auf Grund von Veränderungen des Erbmaterials in Zellen der Keimbahn des Menschen.

(2) Die Personenschadenversicherung gemäß Abs. 1 ist unter Beachtung folgender Grundsätze abzuschließen:

        1.   Der Sponsor hat Versicherungsnehmer, die Versuchsperson selbständig anspruchsberechtiger Versicherter zu sein.

        2.   Auf den Versicherungsvertrag muß österreichisches Recht anzuwenden sein.

        3.   Die Versicherungsansprüche müssen in Österreich einklagbar sein.

        4.   Die Vollstreckbarkeit eines österreichischen Exekutionstitels im Ausland muß erforderlichenfalls gesichert sein.

        5.   Der Umfang der Versicherung muß in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der klinischen Prüfung verbundenen Risken stehen; die Mindestversicherungssumme ist durch Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz festzulegen.

(3) Die Versuchsperson und in den Fällen des § 51 ihr gesetzlicher Vertreter sind vor Beginn der klinischen Prüfung über den Versicherungsschutz gemäß den Abs. 1 und 2 zu informieren.

§ 48. Der Sponsor hat für den Fall, daß der Sponsor nicht gleichzeitig der klinische Prüfer ist, zu klären, ob der klinische Prüfer eine ausreichende Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung hat, erforderlichenfalls dem klinischen Prüfer aus der mit der klinischen Prüfung verbundenen Gefahrenerhöhung erwachsende Mehrkosten für eigene Versicherungen angemessen zu ersetzen oder auf eigene Rechnung geeignete Versicherungen zugunsten des klinischen Prüfers abzuschließen.

Aufklärung und Einwilligung

§ 49. (1) Die klinische Prüfung eines Medizinproduktes darf nur durchgeführt werden, wenn die Versuchsperson durch einen Arzt über Zweck, Bedeutung, Tragweite, Nutzen, Risken und Belastungen der klinischen Prüfung aufgeklärt worden ist und ihre Einwilligung zur Teilnahme an der klinischen Prüfung erteilt hat.

(2) Die Einwilligung ist, sofern § 51 nichts anderes bestimmt, nur rechtswirksam, wenn die Versuchsperson geschäftsfähig und in der Lage ist, Wesen, Bedeutung, Tragweite, Nutzen, Risken und Belastungen der klinischen Prüfung einzusehen und ihren Willen danach zu bestimmen.

(3) Die Aufklärung muß ausreichend klar und für die Versuchsperson leicht verständlich sein, sodaß sie die Entscheidung über die Einwilligung zur Teilnahme an der klinischen Prüfung in voller Kenntnis der relevanten Fakten treffen kann.

(4) Aufklärung muß sowohl mündlich als auch schriftlich gegeben werden. Sie muß klar machen, daß eine Ablehnung, an der klinischen Prüfung teilzunehmen, oder das Ausscheiden aus der Studie zu einem beliebigen Zeitpunkt ohne nachteilige Folgen, insbesondere für die weitere medizinische Versorgung der Versuchsperson, bleibt. Gegebenenfalls muß die Aufklärung auch beinhalten, welche medizinischen Folgen das Ausscheiden aus der Studie zu bestimmten Zeitpunkten hat.


§ 50. (1) Wenn eine Versuchsperson nach umfassender Aufklärung in die Teilnahme einwilligt, muß ihre Einwilligung in schriftlicher Form festgehalten werden. Die Einwilligung muß datiert, entweder mit der persönlichen Unterschrift der Versuchsperson oder vor einem Zeugen abgegeben werden, der die Einwilligung durch seine Unterschrift bestätigt.

(2) Die Einwilligung muß in jedem Fall mit eigenhändiger Unterschrift gegeben werden, wenn für die Versuchsperson mit der klinischen Prüfung kein direkter medizinischer Nutzen verbunden ist.

(3) Die Einwilligung zur Teilnahme an der klinischen Prüfung darf jederzeit widerrufen werden. Sind für die Teilnahme an der klinischen Prüfung mehrere Einwilligungen erforderlich, so darf die klinische Prüfung an dieser Person nicht fortgesetzt werden, wenn auch nur eine dieser Einwilligungen widerrufen wird.

(4) Die Versuchspersonen sind darüber zu informieren, daß Daten während einer Inspektion geprüft werden können, daß aber personenbezogene Informationen absolut vertraulich behandelt und nicht in die Öffentlichkeit gelangen werden.

Schutz bestimmter Personengruppen

§ 51. Die klinische Prüfung eines Medizinproduktes darf an Minderjährigen nur durchgeführt werden, wenn

        1.   das Medizinprodukt, das geprüft wird, zur Erreichung einer Zweckbestimmung gemäß § 2 Abs. 1 bei Minderjährigen bestimmt ist,

        2.   die Anwendung des Medizinproduktes nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften angezeigt ist, um bei dem Minderjährigen, an dem die klinische Prüfung durchgeführt wird, eine Zweckbestimmung gemäß § 2 Abs. 1 zu erreichen,

        3.   die klinische Prüfung an Erwachsenen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft keine ausreichenden Prüfungsergebnisse erwarten läßt,

        4.   die Einwilligung hiezu durch die Erziehungsberechtigten und gesetzlichen Vertreter nachweislich erteilt wurde, und diese durch einen Arzt über Zweck, Bedeutung, Tragweite, Nutzen, Risken und Belastungen der klinischen Prüfung aufgeklärt worden sind, und im Falle eines nicht unerheblichen Risikos zusätzlich die Einwilligung des Vormundschaftsgerichtes eingeholt worden ist, und

        5.   die Einwilligung hiezu auch durch den Minderjährigen, an dem die klinische Prüfung durchgeführt werden soll, nachweislich erteilt wurde, sofern der Minderjährige das achte Lebensjahr vollendet hat oder nach entsprechender Aufklärung in der Lage ist, Zweck, Bedeutung, Tragweite, Risken und Belastungen der klinischen Prüfung einzusehen und seinen Willen danach zu bestimmen.

§ 52. Die klinische Prüfung darf an einer Person, der infolge einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung ein Sachwalter bestellt ist oder die auf gerichtliche oder behördliche Anordnung angehalten oder gemäß dem Unterbringungsgesetz, BGBl. Nr. 155/1990, untergebracht ist, nicht durchgeführt werden.

§ 53. Die klinische Prüfung eines Medizinproduktes darf an einer Schwangeren oder einer stillenden Mutter nur durchgeführt werden, wenn

        1.   das zu prüfende Medizinprodukt zur Erreichung einer Zweckbestimmung gemäß § 2 Abs. 1 bei stillenden Müttern, Schwangeren oder ungeborenen Kindern bestimmt ist,

        2.   die Anwendung des Medizinproduktes nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften angezeigt ist, um bei der stillenden Mutter oder Schwangeren, an der die klinische Prüfung durchgeführt wird, oder bei ihrem ungeborenen Kind eine Zweckbestimmung gemäß § 2 Abs. 1 zu erreichen,

        3.   nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften die Durchführung der klinischen Prüfung voraussichtlich keine Risken für das ungeborene oder gestillte Kind mit sich bringt und

        4.   die klinische Prüfung nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften nur an Schwangeren oder stillenden Müttern ausreichende Prüfungsergebnisse erwarten läßt.

§ 54. Die klinische Prüfung eines Medizinproduktes darf an Wehrpflichtigen, die einen Präsenzdienst leisten, und an Personen, die einen Zivildienst leisten, nicht durchgeführt werden.

Umgang mit Daten

§ 55. (1) Während des gesamten Verlaufes der klinischen Prüfung sind von allen beteiligten Personen patientenbezogene Daten streng vertraulich zu behandeln. Alle patientenbezogenen Daten müssen gegen unautorisierten Zugang geschützt und in ihrem Personenbezug soweit als möglich verschlüsselt werden; die getrennte Aufbewahrung der Schlüssel ist dabei sicherzustellen.

(2) Sponsor, Monitor und klinischer Prüfer haben alle geeigneten Maßnahmen für eine sorgfältige und vertrauliche Handhabung aller im Rahmen einer klinischen Prüfung anfallenden Daten zu setzen.

(3) Der Prüfplan, der Abschlußbericht sowie alle im Zusammenhang mit der klinischen Prüfung erstellten Daten und Dokumente sind für bestimmte Zeiträume nach Abschluß oder Abbruch der klinischen Prüfung aufzubewahren, die vom Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz in einer Verordnung gemäß § 66 festzulegen sind. In dieser Verordnung ist auch festzulegen, wen die Aufbewahrungspflicht für bestimmte Daten oder Dokumente trifft.

(4) Alle für die klinische Prüfung relevanten Daten und Dokumente müssen auf Anforderung dem Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz zur Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über die klinische Prüfung verfügbar gemacht werden.

Qualitätskontrolle und Qualitätsmanagement

§ 56. (1) Der Sponsor hat im Hinblick auf die Planung, Durchführung und Auswertung einer klinischen Prüfung ein adäquates System des Qualitätsmanagements anzuwenden, das die vollständige Nachvollziehbarkeit aller Beobachtungen und Befunde, die korrekte Erhebung und Verarbeitung der Daten und die korrekte Ableitung von Schlußfolgerungen gewährleistet.

(2) Ein vom Sponsor veranlaßtes Audit hat durch Stellen oder Organisationseinheiten zu erfolgen, die unabhängig von den für die klinische Prüfung verantwortlichen sind.

(3) Prüfstellen, Einrichtungen einschließlich Laboratorien sowie jede Art von Daten sind für ein Audit und für eine Inspektion durch die zuständige Ethikkommission oder das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz oder durch eine ausländische Gesundheitsbehörde nach Vorankündigung zugänglich zu machen.

Ethikkommissionen

§ 57. (1) Die klinische Prüfung eines Medizinproduktes darf nur durchgeführt werden, wenn zuvor die Beurteilung durch die zuständige Ethikkommission eingeholt worden ist.

(2) Im Rahmen einer multizentrischen Prüfung kann eine zuständige Ethikkommission die Stellungnahme einer anderen für diese klinische Prüfung zuständigen Ethikkommission als ausreichend erklären. In diesem Fall müssen der beurteilenden Ethikkommission zusätzlich alle beteiligten Prüfer bekanntgegeben und alle Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, die eine Beurteilung im Hinblick auf deren fachliche Qualifikation und Erfahrung sowie der vorhandenen Einrichtungen und des Personals erlauben.

§ 58. (1) Der Landeshauptmann hat im Hinblick auf klinische Prüfungen außerhalb von Krankenanstalten Sorge dafür zu tragen, daß im Bereich seines Bundeslandes unabhängige Ethikkommissionen zur Wahrnehmung der Aufgaben gemäß § 60 in ausreichender Zahl eingerichtet werden.

(2) Bei der klinischen Prüfung an Krankenanstalten ist die zuständige Ethikkommission gemäß § 8c Krankenanstaltengesetz, BGBl. Nr. 1/1957, zu befassen.

(3) Die Bestellung von Ethikkommissionen gemäß Abs. 1 ist dem Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz anzuzeigen.

(4) Die Ethikkommission hat zumindest zu bestehen aus:

        1.   einem Arzt, der zur selbständigen Ausübung seines Berufes im Inland berechtigt ist,

        2.   einem Facharzt, in dessen Sonderfach die klinische Prüfung des Medizinproduktes fällt,

        3.   einem Vertreter des Krankenpflegefachdienstes,

        4.   einem Juristen,

        5.   einem Pharmazeuten,

        6.   einem technischen Sicherheitsbeauftragten einer Krankenanstalt,

        7.   einem Patientenvertreter und

        8.   einer weiteren, nicht unter die Z 1 bis 7 fallenden Person, die mit der Wahrnehmung seelsorgerischer Angelegenheiten betraut ist oder sonst über die erforderliche ethische Kompetenz verfügt.

Zusätzliche Experten sind, soweit es die Beurteilung einer klinischen Prüfung erfordert, beizuziehen. Die Ethikkommission hat sich aus Frauen und Männern zusammenzusetzen. Für jedes Mitglied ist ein Vertreter zu bestellen. Die in Z 1 und 2 angeführten Mitglieder der Ethikkommission dürfen nicht zugleich klinische Prüfer im Rahmen der zu beurteilenden klinischen Prüfung sein.


§ 59. (1) Die Mitglieder der Ethikkommission und ihre Stellvertreter müssen unabhängig und in dieser Funktion weisungsfrei sein.

(2) Die Durchführung der Agenden der Ethikkommission und das ordnungsgemäße Zustandekommen ihrer Beschlüsse und Stellungnahmen ist in einer Geschäftsordnung schriftlich festzulegen, welche der Genehmigung durch den zuständigen Landeshauptmann bedarf.

(3) Sponsor oder klinischer Prüfer haben der Ethikkommission alle erforderlichen Unterlagen für die Beurteilung der klinischen Prüfung gemäß § 43, insbesondere auch Qualifikationsnachweise, den Prüfplan, die Nachweise über die technische Sicherheit des Medizinproduktes, die präklinischen Unterlagen, die Ergebnisse der Nutzen-/Risikoanalyse, die Materialien für die Aufklärung der Versuchspersonen und für die Einholung ihrer Zustimmung und Unterlagen über die Versicherungen gemäß den §§ 47 und 48 und über die Abgeltung der Teilnahme der Versuchspersonen vorzulegen.

§ 60. (1) Die zuständige Ethikkommission hat anhand der eingereichten Unterlagen insbesondere zu beurteilen:

        1.   die Eignung von klinischen Prüfern im Hinblick auf ihre fachliche Qualifikation und Erfahrung,

        2.   vorhandene Einrichtungen sowie Personalausstattung und -qualifikation,

        3.   den Prüfplan im Hinblick auf die Zielsetzung der Prüfung, die medizintechnische und medizinische Rechtfertigung der Prüfung sowie im Hinblick auf seine wissenschaftliche Aussagekraft und die Beurteilung des Nutzen-/Risikoverhältnisses,

        4.   Auswahl und Rekrutierung der Versuchspersonen sowie Aufklärung und Einholung der Einwilligungen zur Teilnahme und

        5.   die Vorkehrungen, die für den Eintritt eines Schadenfalls, insbesondere hinsichtlich der Versicherungen gemäß den §§ 47 und 48 im Zusammenhang mit der klinischen Prüfung getroffen wurden.

(2) Die Ethikkommission hat ihre Stellungnahme unter Bezugnahme auf die eingereichten Unterlagen protokolliert in schriftlicher Form innerhalb von drei Monaten abzugeben.

(3) Die Ethikkommission kann die ordnungsgemäße Durchführung der klinischen Prüfung im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Versuchspersonen und auf die Wahrung ihrer Integrität und Rechte durch eine Inspektion beim Sponsor oder an der Prüfstelle überprüfen.

§ 61. (1) Der klinische Prüfer hat die Ethikkommission über etwaige nachträgliche Änderungen des Prüfplanes und über alle schwerwiegenden Nebenwirkungen im Rahmen der klinischen Prüfung zu informieren. Die Meldepflichten des § 70 bleiben unberührt.

(2) Die Ethikkommission muß auch bei Änderungen des Prüfplanes, die möglicherweise zu einer Erhöhung des Risikos führen, neu befaßt werden.

Aufgaben und Verantwortungsbereiche der an der klinischen Prüfung beteiligten Personen

§ 62. (1) die verantwortlichkeiten und aufgabenbereiche der an der klinischen Prüfung beteiligten Personen, insbesondere des Sponsors, klinischen Prüfers und Monitors sind schriftlich festzulegen und durch deren Unterschriften zu bestätigen.

(2) Die Übernahme der Funktion des Sponsors durch den klinischen Prüfer und jene des Monitors durch den Sponsor ist zulässig, wenn dies dokumentiert wird und die jeweiligen Verantwortlichkeiten und Aufgabenbereiche voll übernommen werden.

Aufgaben und Verantwortungsbereiche des Sponsors

§ 63. (1) Der Sponsor hat den klinischen Prüfer unter Berücksichtigung seiner fachlichen Qualifikation, seiner Verfügbarkeit über den gesamten Zeitraum der Studie und unter Berücksichtigung der Eignung und Verfügbarkeit der dem klinischen Prüfer zur Verfügung stehenden örtlichen, medizinischen und organisatorischen Gegebenheiten und Möglichkeiten auszuwählen.

(2) Der Sponsor hat erforderlichenfalls für eine geeignete Überwachung der klinischen Prüfung zu sorgen. Dazu hat er eine oder mehrere entsprechend ausgebildete und qualifizierte Personen mit der Funktion eines Monitors gemäß § 65 zu betrauen oder deren Aufgabenbereiche und Verantwortlichkeiten selbst wahrzunehmen. Weiters hat er dafür zu sorgen, daß erforderlichenfalls interne Audits der Studie durchgeführt werden können.


(3) Der Sponsor hat dem klinischen Prüfer alle für die sichere Anwendung des zu prüfenden Medizinproduktes und die ordnungsgemäße Durchführung der klinischen Prüfung erforderlichen Unterlagen, einschließlich jener relevanten Informationen, die erst während der laufenden Studie verfügbar werden, zur Verfügung zu stellen, ihn administrativ zu unterstützen, ihm erforderlichenfalls unterstützendes Forschungspersonal beizustellen und erforderlichenfalls für eine geeignete Schulung des klinischen Prüfers und seiner Mitarbeiter in der vorgesehenen und sicheren Installation, Vorbereitung und Anwendung des Medizinproduktes und seines erforderlichen Zubehörs zu sorgen.

(4) Der Sponsor hat dafür Sorge zu tragen, daß entweder

        1.   weder der Versuchsperson noch den österreichischen Sozialversicherungsträgern oder Dritten aus der Bereitstellung des für die klinische Prüfung bestimmten Medizinproduktes Kosten entstehen oder

        2.   der Versuchsperson oder dem österreichischen Sozialversicherungsträger oder dem Dritten alle Informationen zur Verfügung gestellt werden, die für die Entscheidung der Kostenübernahme durch ihn erforderlich sind.

Aufgaben und Verantwortungsbereiche des klinischen Prüfers

§ 64. (1) Klinischer Prüfer darf nur ein entsprechend qualifizierter, zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes in Österreich berechtigter Arzt sein, der

        1.   ausgebildet und erfahren im Anwendungsbereich des zu prüfenden Medizinproduktes ist und

        2.   mit dem Hintergrund und den Anforderungen der klinischen Prüfung vertraut ist und eine zumindest zweijährige Erfahrung in klinischen Prüfungen nachweisen kann.

(2) Der klinische Prüfer hat sich vor Beginn der klinischen Prüfung mit allen relevanten Daten und Unterlagen, insbesondere hinsichtlich des Prüfplans, der relevanten wissenschaftlichen Literatur, der präklinischen Daten, der Ergebnisse früherer klinischer Prüfungen mit dem Medizinprodukt, der Nachweise über die technische Sicherheit, der Unterlagen über Aufbau, Zusammensetzung, Funktionsweise, Eigenschaften und Leistungen des Medizinproduktes und der Anleitungen für seine bestimmungsgemäße Anwendung eingehend vertraut zu machen. Der Sponsor hat dem klinischen Prüfer Zugang zu allen relevanten Daten zu gewährleisten.

(3) Der klinische Prüfer hat sicherzustellen, daß er und seine Mitarbeiter auch im Hinblick auf die personelle Ausstattung und die zur Verfügung stehenden Einrichtungen und medizinischen Möglichkeiten in der Lage sind, die klinische Prüfung gemäß diesem Bundesgesetz und gemäß Prüfplan durchzuführen und abzuschließen. Dies schließt auch Vorkehrungen für Notfallmaßnahmen ein.

(4) Der klinische Prüfer ist für die gemäß diesem Bundesgesetz erforderliche Aufklärung und Information der Versuchspersonen und gegebenenfalls ihrer gesetzlichen Vertreter und die Einholung der erforderlichen Einwilligungen verantwortlich.

(5) Der klinische Prüfer hat den Sponsor über alle Medizinproduktenebenwirkungen und alle schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse im Rahmen der klinischen Prüfung zu informieren.

(6) Der klinische Prüfer hat den Prüfplan zu unterzeichnen und schriftlich und mit seiner Unterschrift zu bestätigen, daß er die klinische Prüfung gemäß dem Prüfplan und den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durchführen wird.

Aufgaben und Verantwortungsbereiche des Monitors

§ 65. Der Monitor hat die Kommunikation zwischen Sponsor und klinischem Prüfer herzustellen und im Auftrag des Sponsors für eine geeignete Überwachung der klinischen Prüfung zu sorgen. Der Monitor muß jene Qualifikationen aufweisen, die ihm eine fachkundige Betreuung der klinischen Prüfung ermöglichen.

Verordnungsermächtigung

§ 66. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat, sofern dies im Hinblick auf die klinische Bewertung, die ordnungsgemäße Planung, Durchführung, Auswertung und Kontrolle von klinischen Prüfungen im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Versuchspersonen und die Gewährleistung der wissenschaftlichen Aussagekraft klinischer Prüfungen geboten erscheint, durch Verordnung unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften nähere Bestimmungen betreffend

        1.   die Anforderungen an die klinische Bewertung von Medizinprodukten, ihre Dokumentation und ihre Durchführung, insbesondere im Rahmen der Konformitätsbewertung,

        2.   jene Arten, Gruppen oder Klassen von Medizinprodukten, bei deren klinischer Bewertung jedenfalls klinische Daten heranzuziehen sind,

        3.   weitergehende Anforderungen an die Planung, Durchführung und Auswertung von klinischen Prüfungen von Medizinprodukten,

        4.   die Aufgaben und Verantwortungsbereiche der an der Durchführung der klinischen Prüfung beteiligten Personen,

        5.   Art, Inhalt, Umfang und Gestaltung der für die Durchführung der klinischen Prüfung erforderlichen Unterlagen, insbesondere des Prüfplans, des Handbuchs des klinischen Prüfers, des Abschlußberichtes, der Unterlagen für die Aufklärung und die Einholung von Einwilligungen, sowie über die statistische Planung, Analyse und Auswertung und die Aufbewahrung der Daten und Unterlagen,

        6.   das Qualitätsmanagement im Rahmen der klinischen Prüfung,

        7.   Art, Inhalt, Umfang und Durchführung der Meldung, Erklärung und Dokumentation gemäß § 40,

        8.   Mindestanforderungen an Versicherungen gemäß den §§ 47 und 48 sowie

        9.   Konformitätsannahmen mit Bestimmungen über die klinische Prüfung von Medizinprodukten hinsichtlich einschlägiger harmonisierter Normen

festzulegen.

IV. HAUPTSTÜCK

1. Abschnitt

Registrierung der Hersteller, Vertreiber, Prüfstellen und Anwender

§ 67. (1) Wer Medizinprodukte herstellt oder im Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erstmalig in Verkehr bringt oder Medizinprodukte im Sinne des § 33 Abs. 1 zusammensetzt oder im Sinne des § 34 sterilisiert, hat dies unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen einer Verordnung gemäß Abs. 7 dem Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz vor Aufnahme der Tätigkeit zu melden. Dies gilt auch für das weitere Inverkehrbringen von Medizinprodukten, soweit für sie in einer Verordnung nach § 99 Vertriebswege vorgeschrieben sind und die Aufnahme in das Register der Vertreiber vorgesehen ist.

(2) Die Meldung gemäß Abs. 1 hat zu enthalten:

        1.   Name oder Firma und Anschrift des Melders,

        2.   die Art der Tätigkeit,

        3.   die Kategorie der Medizinprodukte,

        4.   weitere Angaben, die zur raschen Koordination von Maßnahmen gemäß den §§ 75 und 77 erforderlich sind, wie insbesondere hinsichtlich des Sicherheitsbeauftragten gemäß § 78 und

        5.   die Gewerbeberechtigung gemäß der Gewerbeordnung, BGBl. Nr. 194/1994.

Die Meldung betreffend das erstmalige Inverkehrbringen ist, sofern die Verordnung nach Abs. 7 nichts anderes bestimmt, um die Angabe der Medizinprodukte zu ergänzen, die erstmalig in Verkehr gebracht werden.

(3) Stellen, Einrichtungen oder Personen, die Prüf-, Überwachungs- oder Zertifizierungstätigkeiten gemäß diesem Bundesgesetz berufs- oder gewerbsmäßig durchführen, haben dies vor Aufnahme der Tätigkeit dem Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz unter Angabe des Namens und der Anschrift der Stelle, Einrichtung oder Person und der Art der durchgeführten Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungstätigkeiten zu melden.

(4) Einrichtungen des Gesundheitswesens, die Medizinprodukte betreiben oder anwenden oder zum Betrieb oder zur Anwendung bereithalten, welche in einer Verordnung gemäß Abs. 7 angeführt sind, haben dies dem Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz unter Angabe der Art der Medizinprodukte, der Bezeichnung und Anschrift der Einrichtung und von Daten über die Erreichbarkeit über telekommunikative Einrichtungen zu melden. Bei der Bezeichnung der Medizinprodukte in der Verordnung gemäß Abs. 7 ist auf ein erhebliches Risikopotential dieser Medizinprodukte und das Erfordernis einer raschen Information dieser Einrichtungen in den Fällen des § 77 sowie auf Verordnungen gemäß den §§ 95 und 96 Bedacht zu nehmen.

(5) Nachträgliche Änderungen an den Daten gemäß den Abs. 1 bis 4 sind unverzüglich zu melden.

(6) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz unterrichtet die übrigen Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie die Europäische Kommission auf deren Anfrage sowie im Wege eines gemeinschaftlichen europäischen Datenverbundes über die Meldungen gemäß den Abs. 1, 2 und 5.


(7) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat unter Bedachtnahme auf die Einheitlichkeit der Meldungen und auf die für die Medizinprodukteüberwachung erforderlichen Informationen durch Verordnung Art, Inhalt, Form und Verfahren der Meldungen gemäß den Abs. 1 bis 5 näher festzulegen. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat in dieser Verordnung auch festzulegen, daß bestimmte Meldepflichten gemäß den Abs. 1 bis 3 und 5 als erfüllt gelten, wenn ihm die zu meldenden Daten auf einem anderen geeigneten Wege, insbesondere auch im Wege eines Datenverbundes im Bereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, zugänglich sind.

2. Abschnitt

Überwachung

§ 68. (1) Betriebe, Einrichtungen oder Personen, die berufs- oder gewerbsmäßig mit Medizinprodukten umgehen, insbesondere Medizinprodukte herstellen, prüfen, lagern, befördern, verpacken, ausstellen, in Verkehr bringen oder im Sinne des § 33 Abs. 1 zusammensetzen, die Medizinprodukte berufs- oder gewerbsmäßig instandhalten, umrüsten, montieren, anpassen oder aufbereiten, die Medizinprodukte berufs- oder gewerbsmäßig reinigen, desinfizieren oder sterilisieren oder die Medizinprodukte in Einrichtungen des Gesundheitswesens anwenden oder betreiben, unterliegen im Hinblick auf diese Tätigkeiten der Überwachung.

(2) Die Überwachung im Sinne des Abs. 1 erfolgt durch die Organe des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz oder durch von diesem beauftragte Sachverständige.

(3) Soweit im Rahmen von Konformitätsbewertungsverfahren gemäß einer Verordnung nach § 28 eine Überwachung vorgesehen ist, erfolgt sie durch die für das jeweilige Konformitätsbewertungsverfahren zuständige benannte Stelle. Die Überwachung durch benannte Stellen erfolgt entsprechend einer Verordnung nach § 28.

(4) Die Überwachung gemäß Abs. 1 kann sich auf alle Aspekte beziehen, die die Sicherheit, Funktionstüchtigkeit und Qualität von Medizinprodukten sowie den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Patienten, Anwender oder Dritter beeinflussen können.

(5) Die Überwachung von Einrichtungen des Gesundheitswesens ist nur zulässig, wenn Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß Bestimmungen dieses Bundesgesetzes im Hinblick auf diese Einrichtung oder auf bestimmte Arten von Medizinprodukten, die dort betrieben oder angewendet werden, nicht entsprochen wird. Liegt ein Verstoß gegen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vor, so ist der Einrichtung die Behebung der Mängel innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen. Kommt bei der Überwachung zutage, daß durch einen Verstoß gegen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes das Leben und die Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten gefährdet wird, so sind die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz des Lebens und der Gesundheit dieser Personen zu treffen.

(6) Die Überwachung von Einrichtungen und Betrieben, die von Betrieben, Einrichtungen oder Personen im Sinne des Abs. 1 mit der Lagerung und dem Transport von Medizinprodukten beauftragt worden sind, ist nur zulässig, sofern Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß Medizinprodukte gelagert oder die Beförderungsmittel zweckentfremdet als Lagereinrichtung über die zur Abwicklung der Beförderungsagenden erforderliche Zeit hinaus verwendet werden.

(7) Die Organe des Bundesministeriums für Gesundheit und Konsumentenschutz und die gemäß Abs. 2 beauftragten Sachverständigen sind befugt,

        1.   Grundstücke, Geschäftsräume, Betriebsräume, Beförderungsmittel zu betreten und zu besichtigen, in oder auf denen eine Tätigkeit nach Abs. 1 ausgeübt wird,

        2.   Medizinprodukte zu besichtigen und zu prüfen, hiezu insbesondere in Betrieb zu nehmen sowie Proben zu entnehmen,

        3.   allenfalls erforderliche Meß- und Prüfmittel zu besichtigen und zu prüfen,

        4.   die auf Grund dieses Bundesgesetzes oder der nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen bereitzuhaltenden Unterlagen über Entwicklung, Herstellung, Prüfung, klinische Prüfung und Bewertung, Erwerb, Lagerung, Verpackung, Inverkehrbringen und sonstigen Verbleib der Medizinprodukte, über das Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten, über Vorkehrungen und Maßnahmen zum Qualitätsmanagement beim Umgang mit Medizinprodukten, über Maßnahmen zur Gewährleistung der Medizinproduktesicherheit und zur Abwehr von Risken, insbesondere auch gemäß § 72, über das in Verkehr befindliche Informations- und Werbematerial, über die Durchführung von Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungstätigkeiten gemäß diesem Bundesgesetz, über die Konformitätsbewertung, über die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen im Sinne der §§ 8 und 9 und einer Verordnung nach § 10 und über sonstige für die Medizinproduktesicherheit maßgeblichen Informationen anzufordern, einzusehen und hievon in begründeten Fällen Abschriften oder Kopien anzufertigen und

        5.   alle erforderlichen Auskünfte, insbesondere über die in Z 4 genannten Betriebsvorgänge zu verlangen.

(8) Betriebe, Einrichtungen und Personen gemäß Abs. 1 haben Maßnahmen nach Abs. 5 bis 7 zu dulden und die mit der Überwachung betrauten Organe des Bundesministeriums für Gesundheit und Konsumentenschutz und die gemäß Abs. 2 beauftragten Sachverständigen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, diesen die Räumlichkeiten, Medizinprodukte und Aufzeichnungen zugänglich zu machen, die vorgeschriebene oder behördlich angeordnete Prüfung zu gestatten, die hierfür nötigen Mitarbeiter und Hilfsmittel bereitzustellen sowie die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen, die zur Erfüllung der Aufgaben der mit der Überwachung betrauten Organe oder der gemäß Abs. 2 beauftragten Sachverständigen erforderlich sind.

(9) Die Amtshandlungen gemäß den Abs. 5 bis 8 sind, außer bei Gefahr im Verzug oder wenn die begründete Annahme besteht, daß die Wirksamkeit der Amtshandlung beeinträchtigt wird, während der Betriebszeiten durchzuführen und vorher anzukündigen. Die Organe und die Sachverständigen gemäß Abs. 2 haben bei ihrer Überwachungstätigkeit darauf Bedacht zu nehmen, daß jede nicht unbedingt erforderliche Störung oder Behinderung der Tätigkeit von Betrieben, Einrichtungen oder Personen gemäß Abs. 1 vermieden wird.

Überwachung von Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen; Überwachung der benannten Stellen

§ 69. (1) Der Überwachung gemäß § 68 unterliegen auch jene Stellen, Einrichtungen oder Personen, die Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungstätigkeiten nach diesem Bundesgesetz durchführen.

(2) Sofern es sich bei den Stellen oder Einrichtungen gemäß Abs. 1 um akkreditierte Stel­len im Sinne des Akkreditierungsgesetzes handelt, ist die Überwachung durch den Bun­desminister für Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundes­minister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Rahmen des § 13 des Akkreditierungsgesetzes durchzuführen.

(3) Die Überwachung gemäß Abs. 1 und 2 kann alle Aspekte zum Gegenstand haben, die die ordnungsgemäße Durchführung der Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungstätigkeiten gemäß diesem Bundesgesetz und die Gewährleistung der Medizinproduktesicherheit betreffen. Sie kann sich insbesondere auf die Überwachung des Vorliegens der erforderlichen Voraussetzungen für die Durchführung von Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungtätigkeiten nach diesem Bundesgesetz erstrecken. § 68 Abs. 3 und 4 sowie 6 bis 9 finden sinngemäße Anwendung.

3. Abschnitt

Meldepflichten, Erfassung und Bewertung von Meldungen; Untersuchungen

Meldepflichten

§ 70. (1) Ärzte, Zahnärzte, Dentisten, Apotheker, Angehörige des Krankenpflegefachdienstes und der medizinisch-technischen Dienste, Leiter von einschlägigen autorisierten oder akkreditierten Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen und technische Sicherheitsbeauftragte von Krankenanstalten haben Informationen über Medizinprodukte im Hinblick auf

        1.   jede Fehlfunktion oder jede Änderung der Merkmale oder der Leistung eines Medizinproduktes sowie jeden Mangel in bezug auf die Kennzeichnung oder die Gebrauchsanweisung, die geeignet ist, zum Tode oder zu einer schwerwiegenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes eines Patienten oder eines Anwenders zu führen oder die dazu geführt hat,

        2.   bisher unbekannte schwerwiegende Nebenwirkungen oder das vermehrte Auftreten bekannter schwerwiegender Nebenwirkungen,

        3.   bisher unbekannte wechselseitige Beeinflussungen oder

        4.   schwerwiegende Qualitätsmängel,

die ihnen auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit bekanntgeworden sind, unverzüglich dem Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz zu melden sowie alle Beobachtungen und Daten mitzuteilen, die für die Medizinproduktesicherheit von Bedeutung sein können.

(2) Meldungen gemäß Abs. 1 haben bei Krankenanstalten, außer bei sonstiger Gefahr im Verzug, einheitlich im Wege des ärztlichen Leiters zu erfolgen.

(3) Alle natürlichen oder juristischen Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, die Medizinprodukte im Europäischen Wirtschaftsraum erstmalig in Verkehr bringen und jene Betriebe, Einrichtungen oder Personen, die Medizinprodukte in Verkehr bringen, haben dem Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz unverzüglich Vorkommnisse gemäß Abs. 1 Z 1 und darüber hinaus jeden mit einem Medizinprodukt verbundenen technischen oder medizinischen Grund, der zum systematischen Rückruf von Medizinprodukten desselben Typs vom Markt durch den Hersteller geführt hat, mitzuteilen.

(4) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit der für das erstmalige Inverkehrbringen im Europäischen Wirtschaftsraum Verantwortliche ebenfalls von einem Vorkommnis gemäß Abs. 1 Z 1 unterrichtet wird.

(5) Soweit es zur Gewährleistung der Einheitlichkeit und des Informationsgehaltes der Meldungen geboten ist, hat der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse eingehender und rascher Information durch Verordnung nähere Bestimmungen über Inhalt, Umfang, Form und Übermittlung der Meldungen sowie der zu verwendenden Datenträger und Kommunikationswege zu erlassen. Sofern dies im Hinblick auf die Medizinproduktesicherheit erforderlich ist, kann der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz durch Verordnung Angehörigen der Gesundheitsberufe, die nicht in Abs. 1 genannt sind, die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben im Zusammenhang mit der Meldepflicht auferlegen.

Erfassung und Bewertung von Meldungen; Untersuchungen

§ 71. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat die ihm gemäß § 70 zur Kenntnis gebrachten Angaben zu erfassen, zu bewerten und erforderlichenfalls die nach diesem Gesetz zu ergreifenden Maßnahmen zu bestimmen, zu koordinieren und zu überwachen. Die Verantwortlichkeiten und Pflichten der für das Inverkehrbringen Verantwortlichen sowie der berufs- oder gewerbsmäßigen Anwender und Betreiber gemäß § 72 werden dadurch nicht berührt.

§ 72. (1) Die Anwender und Betreiber von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens sowie die für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten Verantwortlichen sind, insbesondere im Zusammenhang mit der Bewertung von Meldungen gemäß § 70 oder eines begründeten Verdachtes gemäß § 75, die ihnen im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit bekanntgeworden sind, verpflichtet,

        1.   alle erforderlichen Maßnahmen und Vorsorgen im eigenen Bereich zu treffen, um mögliche Risken und Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Anwendern oder Dritten zu erkennen und zu bewerten,

        2.   alle gebotenen Vorsorgen und Maßnahmen, insbesondere auch im Hinblick auf die Weitergabe von Informationen über Gefahren durch Medizinprodukte zu treffen, um den Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Anwendern oder Dritten zu gewährleisten, und

        3.   Untersuchungen der zuständigen Behörden mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu unterstützen und erforderlichenfalls eigene Untersuchungen an Medizinprodukten durchzuführen oder zu veranlassen und deren Ergebnisse den zuständigen Behörden unverzüglich zugänglich zu machen.

(2) Im Rahmen der Verpflichtungen gemäß Abs. 1 sind insbesondere auch

        1.   Medizinprodukte und deren Gebrauchsanweisungen oder Begleitinformationen und, soweit dies für die Bewertung von Bedeutung ist, auch Kombinationen mit Zubehör, mit anderen Medizinprodukten, mit Arzneimitteln oder sonstigen Produkten für Untersuchungen zugänglich zu machen,

        2.   gegebenenfalls Unterlagen und sonstige Informationen, wie auch Zertifikate und weitere Angaben über die durchgeführten Konformitätsbewertungsverfahren zugänglich zu machen, die eine Beurteilung ermöglichen, inwieweit das Medizinprodukt und seine Herstellung den Anforderungen dieses Bundesgesetzes entsprechen,

        3.   erforderlichenfalls Vergleiche mit gleichartigen oder ähnlichen Medizinprodukten aus dem eigenen Bereich zu ermöglichen,

        4.   Hinweise zur genauen Identifizierung der betroffenen Medizinprodukte oder Kombinationen gemäß Z 1 zu geben,

        5.   Daten betreffend die Verfolgbarkeit der Medizinprodukte gemäß § 73 vorzulegen und

        6.   erforderlichenfalls alle für die Abklärung und Bewertung der konkreten Bedingungen der Installation, Errichtung, Instandhaltung und Anwendung der betroffenen Medizinprodukte nötigen Informationen und Hinweise zu liefern.

4. Abschnitt

Implantatregister, Verfolgbarkeit von Medizinprodukten; Anwendungsbeobachtung

Implantatregister, Verfolgbarkeit von Medizinprodukten

§ 73. (1) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann durch Verordnung für bestimmte implantierbare Medizinprodukte, die im Falle einer Fehlfunktion oder einer Änderung der Merkmale und Leistungen mit einem erheblichen Risiko für die Implantatträger verbunden sind und für die in den Fällen des § 77 aus Gründen der Medizinproduktesicherheit eine rasche Information der Implantatträger geboten erscheint, geeignete Maßnahmen im Hinblick auf die Einrichtung von Implantatregistern ergreifen. Der Personenbezug der Daten ist durch Verschlüsselung im zugänglichen Teil eines Implantatregisters aufzuheben.

(2) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat, soweit dies im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Anwendern oder Dritten und die Abwehr von Risken erforderlich ist, unter Bedachtnahme auf Arten, Gruppen oder Klassen von Medizinprodukten mit erhöhtem Risikopotential durch Verordnung für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten Verantwortliche und Einrichtungen des Gesundheitswesens zu geeigneten Vorsorgen und Maßnahmen im Hinblick auf die Verfolgbarkeit von Medizinprodukten zu verpflichten und dabei Festlegungen zu treffen über

        1.   die Arten, Gruppen oder Klassen von Medizinprodukten, die von den Anforderungen an die Verfolgbarkeit oder an die Einrichtung von Implantatregistern erfaßt sind,

        2.   die produkt‑ oder produktgruppenspezifischen Anforderungen hinsichtlich der Verfolgbarkeit sowie hinsichtlich Art, Inhalt, Spezifität und Verfügbarkeit der diesbezüglich erforderlichen Aufzeichnungen und

        3.   die Art und Weise der Einrichtung geeigneter Implantatregister, die allenfalls damit zu betrauenden Einrichtungen, die dafür erforderlichen Aufzeichnungen, Meldungen und Auswertungen, die Zugänglichkeit der Daten und den Schutz patientenbezogener Daten, insbesondere die Art und Form ihrer Verschlüsselung.

Anwendungsbeobachtung

§ 74. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann unter Bedachtnahme auf schwerwiegende Interessen der öffentlichen Gesundheit und im Hinblick auf die Gewinnung verbesserter Erkenntnisse über die Nutzen-/Risikobewertung bestimmter Arten oder Gruppen von Medizinprodukten, insbesondere auch über die Langzeitauswirkungen von implantierbaren Medizinprodukten, die nur durch eine systematische Datensammlung und -auswertung gewonnen werden können, durch Verordnung vorschreiben, daß relevante Daten, die im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Medizinprodukte erhoben worden und für die Gewinnung dieser Erkenntnisse erforderlich sind, für eine zentrale Auswertung zur Verfügung zu stellen sind. Im Rahmen der zentralen Sammlung und Bewertung derartiger Daten ist deren Personenbezug durch Verschlüsselung oder andere geeignete Maßnahmen aufzuheben.

5. Abschnitt

Schutz vor Risken

§ 75. Besteht der begründete Verdacht, daß

        1.   ein Medizinprodukt die Gesundheit oder die Sicherheit der Patienten, Anwender oder Dritter auch bei sachgemäßer Implantation, Errichtung, Instandhaltung oder seiner Zweckbestimmung entsprechender Verwendung über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß gefährden kann,

        2.   ein Medizinprodukt die grundlegenden Anforderungen im Sinne der §§ 8, 9, einer Verordnung gemäß § 10 oder zutreffendenfalls die Anforderungen des § 11 nicht erfüllt, oder


        3.   ein Medizinprodukt sonstige Mängel aufweist, die zu einer unvertretbaren Gefährdung von Patienten, Anwendern oder Dritten führen können, oder

        4.   im Rahmen der Entwicklung, Herstellung oder Endkontrolle eines Medizinproduktes Mängel aufgetreten sind oder auftreten, die zu einer unvertretbaren Gefährdung von Patienten, Anwendern oder Dritten führen können,

so hat der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz erforderliche Bewertungen vorzunehmen, Maßnahmen gemäß § 72 zu überwachen, erforderliche Untersuchungen durchzuführen oder zu veranlassen oder die Person oder Einrichtung, die das Medizinprodukt in Verkehr bringt, anwendet, in Betrieb nimmt oder betreibt, zu veranlassen, das Medizinprodukt von einer benannten Stelle, einer sonst geeigneten akkreditierten oder autorisierten Stelle oder von einem Sachverständigen prüfen zu lassen und ihm die Berichte und Ergebnisse vorzulegen. Die Stellen oder Sachverständigen sind im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz auszuwählen.

§ 76. Im Rahmen der Bewertung von Meldungen gemäß § 70 Abs. 1 hat sich die Beurteilung insbesondere auf die Fragestellung zu erstrecken,

        1.   worauf das Ereignis zurückzuführen ist,

        2.   ob sich das Medizinprodukt in einem nicht ordnungsgemäßem Zustand befand,

        3.   ob gegebenenfalls nach Behebung des Mangels eine Gefahr nicht mehr besteht sowie

        4.   ob neue Erkenntnisse gewonnen worden sind, die andere oder zusätzliche Vorkehrungen, insbesondere hinsichtlich gleichartiger Medizinprodukte, erforderlich machen.

(2) Die Kosten einer Beurteilung nach § 75 und nach Abs. 1 sind vom Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz zu tragen. Soweit auf Grund einer solchen Beurteilung eine Maßnahme im Sinne des § 77 durch einen Mangel an einem Medizinprodukt oder seiner Kennzeichnung oder Gebrauchsanweisung erforderlich wird, sind dem Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz diese Kosten durch den für das Inverkehrbringen in Österreich Verantwortlichen zu ersetzen.

§ 77. (1) Stellt der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz fest, daß Medizin-
produkte

        1.   die Gesundheit oder die Sicherheit der Patienten, der Anwender oder Dritter gefährden können, auch wenn sie sachgemäß installiert, in Betrieb genommen, instandgehalten und ihrer Zweckbestimmung entsprechend verwendet werden, oder

        2.   die grundlegenden Anforderungen im Sinne der §§ 8, 9, einer Verordnung nach § 10 oder zutreffendenfalls die Anforderungen des § 11 nicht erfüllen, oder

        3.   sonst oder hinsichtlich ihrer Herstellung Mängel aufweisen, die zu einer Gefährdung von Patienten, Anwendern oder Dritten führen können,

hat er alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um diese Produkte vom Markt zurückzuziehen, sie sicherzustellen, ihr erstmaliges sowie weiteres Inverkehrbringen, ihre Inbetriebnahme und ihr Betreiben, ihre An- oder Verwendung zu untersagen, einzuschränken oder von der Einhaltung bestimmter Auflagen abhängig zu machen oder um Anwender, Patienten und Dritte auf Gefahren oder geeignete Vorsichtsmaßnahmen aufmerksam zu machen. Soweit es zur Verhütung unmittelbar drohender Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit geboten ist, kann der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz diese Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren oder vor Erlassen eines Bescheides treffen. Hierüber ist jedoch innerhalb von vier Wochen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen.

(2) Betreffen Maßnahmen nach Abs. 1 Medizinprodukte, die mit einer CE-Kennzeichnung gemäß diesem Bundesgesetz versehen sind, so hat der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hierüber die Kommission der Europäischen Union und die übrigen Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zu informieren.

6. Abschnitt

Sicherheitsbeauftragter für Medizinprodukte; Medizinprodukteberater

Sicherheitsbeauftragter für Medizinprodukte

§ 78. (1) Wer Verantwortlicher für das erstmalige Inverkehrbringen von Medizinprodukten im Geltungsbereich des Europäischen Wirtschaftsraumes ist und seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes hat, hat eine Person mit der zur Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen Sachkenntnis und Zuverlässigkeit als Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte zu bestellen.

(2) Der Sicherheitsbeauftragte für Medizinprodukte hat bekanntgewordene Meldungen über Risken bei Medizinprodukten zu sammeln, zu bewerten und die notwendigen Maßnahmen gemäß § 72 zu koordinieren. Er ist für die Erfüllung der Anzeigepflichten, soweit sie Medizinprodukterisken betreffen, und für die Mitarbeit im Rahmen des Europäischen Medizinprodukteüberwachungssystems verantwortlich.

(3) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann, soweit dies im Hinblick auf die Gewährleistung der Medizinproduktesicherheit und die Abwehr von Risken erforderlich erscheint, durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Anforderungen an Sicherheitsbeauftragte für Medizinprodukte festlegen.

Medizinprodukteberater

§ 79. (1) Wer gewerbs- oder berufsmäßig Medizinprodukte in Verkehr bringt, darf nur solche Personen beauftragen, Fachkreise im Rahmen der Berufsausübung aufzusuchen, um sie über die jeweiligen Medizinprodukte fachlich zu informieren und in die sachgerechte Handhabung der Medizinprodukte einzuweisen, die dafür die erforderliche medizinische und medizintechnische Sachkenntnis besitzen (Medizinprodukteberater).

(2) Der Hersteller oder eine von ihm beauftragte Person oder Stelle hat die Medizinprodukteberater regelmäßig zu schulen. Der Hersteller hat dem Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz über Aufforderung die Sachkenntnis seiner Medizinprodukteberater nachzuweisen.

(3) Eine Tätigkeit als Medizinprodukteberater darf nur ausüben, wer die im Abs. 1 und in einer Verordnung gemäß Abs. 5 genannten Voraussetzungen erfüllt.

(4) Der Medizinprodukteberater hat Mitteilungen von Angehörigen der Fachkreise über Nebenwirkungen, wechselseitige Beeinflussungen, Fehlfunktionen, technische Mängel, Gegenanzeigen, Verfälschungen oder sonstige Risken bei Medizinprodukten schriftlich aufzuzeichnen und an denjenigen, der ihn nach Abs. 1 beauftragt hat, oder dessen Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte schriftlich zu übermitteln.

(5) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann, soweit dies im Hinblick auf die korrekte Information der Anwender oder deren Einweisung in die sachgerechte Handhabung geboten erscheint, unter Berücksichtigung der Erfordernisse bestimmter Medizinproduktebereiche oder bestimmter Handelsebenen durch Verordnung nähere Anforderungen an die Sachkenntnis der Medizinprodukteberater festlegen.

V. HAUPTSTÜCK

1. Abschnitt

Vorschriften für das Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens

Allgemeine Anforderungen

§ 80. (1) Einrichtungen des Gesundheitswesens haben sicherzustellen, daß

        1.   Medizinprodukte nur ihrer Zweckbestimmung entsprechend, nach den Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen, den allgemein anerkannten Regeln der Technik sowie den Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften errichtet, betrieben, angewendet und instandgehalten werden,

        2.   Medizinprodukte zur gemeinsamen Anwendung mit anderen Medizinprodukten, mit Zubehör, mit Software oder mit anderen Gegenständen nur dann verbunden werden, wenn diese Verbindung im Hinblick auf die medizinische Sicherheit und Funktionstüchtigkeit unbedenklich ist,

        3.   Medizinprodukte nur von solchen Personen angewendet werden, die auf Grund ihrer Ausbildung, ihrer sonstigen Kenntnisse oder auf Grund ihrer praktischen Erfahrungen und erforderlichenfalls einer produkt‑ oder produktgruppenspezifischen Einweisung die Gewähr für eine sachgerechte Handhabung bieten; dabei sind die Gebrauchsanweisungen sowie die sonstigen beigefügten sicherheitsbezogenen Informationen der beteiligten Produkte zu beachten,

        4.   die Anwender sich vor jeder Anwendung eines Medizinproduktes von der Funktionstüchtigkeit, Betriebssicherheit und dem ordnungsgemäßen Zustand des Medizinproduktes überzeugen, soweit eine solche Überprüfung nach den Umständen der konkreten Anwendung billigerweise erwartet werden kann; dies gilt entsprechend auch für die mit dem Medizinprodukt zur gemeinsamen Anwendung verbundenen anderen Medizinprodukte, Zubehör, Software und anderen Gegenstände,

        5.   in ihrem Bereich nur Medizinprodukte errichtet, bereitgehalten, in Betrieb genommen und angewendet werden, deren Übereinstimmung mit den Anforderungen nach den durch dieses Bundesgesetz dafür vorgesehenen Verfahren festgestellt wurde.


(2) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat für bestimmte Arten, Gruppen oder Klassen von Medizinprodukten durch Verordnung über die Anforderungen gemäß Abs. 1 hinausgehende Anforderungen im Hinblick auf das Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens festzulegen, soweit dies zur Abwendung besonderer Gefahren für Patienten, Anwender oder Dritte erforderlich ist und soweit nicht bereits auf Grund der gewerberechtlichen Vorschriften besondere Anforderungen dafür festgelegt sind.

Inbetriebnahme, Anwendung

§ 81. (1) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat, sofern dies im Hinblick auf die sichere Anwendung von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens oder die Abwehr anwendungs- oder sonst medizinproduktebezogener Gefahren erforderlich ist, durch Verordnung Arten, Klassen oder Gruppen von Medizinprodukten zu bezeichnen, für deren sicheren Betrieb und sichere Anwendung besondere Sicherheitsvorkehrungen zu treffen sind, und Mindestanforderungen an Art und Umfang dieser Sicherheitsvorkehrungen näher festzulegen. Sofern durch eine solche Verordnung Regelungen betreffend die Anwendung von Medizinprodukten durch Gewerbetreibende vorgesehen sind, hat der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten vorzugehen.

(2) Die für die Implantation eines Medizinproduktes verantwortliche Einrichtung oder Person hat dem Patienten, dem ein Medizinprodukt implantiert wird, oder gegebenenfalls seinem gesetzlichen Vertreter eine Information zu übergeben, in der alle für die Identifizierung des implantierten Medizinproduktes einschließlich des Zubehörs erforderlichen Informationen sowie die für die Sicherheit des Patienten nach der Implantation notwendigen Informationen und Verhaltensanweisungen enthalten sind, einschließlich Angaben darüber, wann der Patient einen Arzt aufsuchen und welchen Umgebungseinflüssen er sich nicht oder nur unter Beachtung geeigneter Vorsichtsmaßnahmen aussetzen sollte. Die entsprechenden Informationen in der Gebrauchsanweisung und den sonstigen beigefügten sicherheitsbezogenen Informationen der implantierbaren Medizinprodukte sind dabei zu beachten.

(3) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat, wenn dies unter Bedachtnahme auf den Schutz der Gesundheit und Sicherheit sowie die Rechte von Patienten und im Hinblick auf die Einheitlichkeit und Praktikabilität notwendig erscheint, in einer Verordnung gemäß § 92 nähere Bestimmungen über Art, Inhalt, Umfang, Ausstellung und Zugänglichkeit von Informationen gemäß Abs. 2 sowie sonstiger für Patienten bestimmter personenbezogener Daten im Zusammenhang mit der Anwendung von Medizinprodukten zu treffen.

(4) Bei der Information von Patienten im Zusammenhang mit der Anwendung von Medizinprodukten ist auf die entsprechenden Hinweise in der Gebrauchsanweisung Bedacht zu nehmen.

Informationen für die Anwender

§ 82. Gebrauchsanweisungen und dem Medizinprodukt beigefügte sicherheitsbezogene Informationen für den Anwender sind bei Medizinprodukten im Sinne des § 81 Abs. 1 so aufzubewahren, daß sie den mit der Anwendung befaßten Personen jederzeit zugänglich sind.

Einweisung des Personals

§ 83. (1) Medizinprodukte gemäß einer Verordnung nach § 81 Abs. 1 dürfen nur von Personen angewendet werden, die am Medizinprodukt oder an einem Medizinprodukt dieses Typs unter Berücksichtigung der Gebrauchsanweisung sowie der beigefügten sicherheitsbezogenen Informationen in die sachgerechte Handhabung eingewiesen und auch auf besondere anwendungs- und medizinproduktespezifische Gefahren hingewiesen worden sind. Es dürfen nur solche Personen einweisen, die auf Grund ihrer Ausbildung, Kenntnisse und praktischen Erfahrungen für die Einweisung in die Handhabung dieser Medizinprodukte geeignet sind. Erforderlichenfalls hat der Betreiber wiederkehrende Schulungen vorzusehen.

(2) Werden Medizinprodukte gemäß einer Verordnung nach § 81 Abs. 1 mit Zubehör, Software oder weiteren Medizinprodukten zu Gerätekombinationen erweitert, hat sich die Einweisung des Personals auf die jeweiligen Kombinationen und deren Besonderheiten zu erstrecken.

(3) Einweisungen gemäß Abs. 1 und 2 sind zu dokumentieren.

(4) Der Hersteller, sein Bevollmächtigter oder der Lieferant haben sicherzustellen, daß für die Einweisung Personen gemäß Abs. 1, zweiter Satz, zur Verfügung stehen.


Bestandsverzeichnis

§ 84. (1) Einrichtungen des Gesundheitswesens haben für Medizinprodukte, die in einer Verordnung gemäß § 92 hiefür bezeichnet sind, ein Bestandsverzeichnis zu führen.

(2) Das Bestandsverzeichnis im Sinne des Abs. 1 ist so anzulegen, daß unverzüglich festgestellt werden kann, ob und gegebenenfalls wo Medizinprodukte, die von Maßnahmen gemäß § 77 betroffen sind, in dieser Einrichtung des Gesundheitswesens betrieben werden.

Instandhaltung von Medizinprodukten

§ 85. (1) Medizinprodukte sind unter Beachtung der Angaben des Herstellers durch Inspektion, Wartung und Instandsetzung nachvollziehbar und fachgerecht so instandzuhalten, daß über ihre Lebensdauer die Funktionstüchtigkeit und die Sicherheit für Patienten, Anwender und Dritte gewährleistet ist.

(2) Inspektion, Wartung und Instandsetzung sowie alle damit verbundenen Prüfungen dürfen nur Personen oder Stellen übertragen werden, die auf Grund ihrer fachlichen Ausbildung und ihrer durch praktische Tätigkeit gewonnenen Erfahrungen sowie ihrer Kenntnisse, insbesondere auch hinsichtlich der einschlägigen Rechtsvorschriften und Normen, in der Lage sind, die dafür jeweils erforderlichen Maßnahmen zu setzen und zu beurteilen sowie die möglichen Auswirkungen und Gefahren zu erkennen und ihre Tätigkeit fachgerecht durchzuführen. Sie müssen bei der Durchführung und Auswertung der Prüfungen in ihrer fachlichen Beurteilung weisungsfrei sein.

(3) Einrichtungen des Gesundheitswesens haben alle erforderlichen Vorkehrungen für die ordnungsgemäße Instandhaltung von Medizinprodukten zu treffen.

§ 86. Nach Instandsetzung von Medizinprodukten müssen die für die Sicherheit und Funktionstüchtigkeit wesentlichen konstruktiven und funktionellen Merkmale geprüft werden, soweit sie infolge der Instandsetzung beeinflußt sein können.

Wiederkehrende sicherheitstechnische Prüfungen von Medizinprodukten

§ 87. Einrichtungen des Gesundheitswesens haben sicherzustellen, daß Medizinprodukte, die in einer Verordnung nach § 92 angeführt sind, von einer hiezu fachlich geeigneten Person oder Stelle regelmäßig überprüft werden.

§ 88. (1) Die Prüfungen gemäß § 87 haben unter Bedachtnahme auf die Art des zu prüfenden Medizinproduktes und der Angaben des Herstellers in einem Umfang zu erfolgen, der ausreicht, um den sicherheits- und funktionstechnischen Zustand des Medizinproduktes beurteilen zu können. Zubehör oder Produktkombinationen, die das Medizinprodukt in sicherheitserheblichem Maße beeinflussen können, sind zu berücksichtigen.

(2) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat in der Verordnung gemäß § 92 im Hinblick auf die Sicherheit der Patienten, Anwender und Dritte und den ordnungsgemäßen Zustand von Medizinprodukten jene Arten, Gruppen oder Klassen von Medizinprodukten zu bezeichnen, die regelmäßigen Überprüfungen zu unterziehen sind und Mindestanforderungen an Art, Umfang, Durchführung und Intervalle von wiederkehrenden Prüfungen festzulegen.

Auswertung und Dokumentation der Prüfungen; Gerätedatei

§ 89. (1) Für die regelmäßig zu prüfenden aktiven Medizinprodukte haben Einrichtungen des Gesundheitswesens eine Gerätedatei zu führen.

(2) Die Gerätedatei gemäß Abs. 1 kann mit dem Bestandsverzeichnis gemäß § 84 in einem geführt werden.

(3) Wiederkehrende Prüfungen, Prüfungen nach Instandsetzung oder nach Zwischenfällen und deren Ergebnisse sind zu dokumentieren und in der Gerätedatei anzuführen. In der Gerätedatei sind auch die Intervalle wiederkehrender Prüfungen und Einweisungen gemäß § 83 evident zu halten.

Eignung für Prüfungen

§ 90. (1) Für die Durchführung von Prüfungen gemäß den §§ 86 bis 88 dürfen nur Personen herangezogen werden, die

        1.   auf Grund ihrer fachlichen Ausbildung und ihrer durch praktische Tätigkeit bei der Prüfung von Medizinprodukten gewonnenen Erfahrungen sowie ihrer Kenntnisse, insbesondere auch hinsichtlich der einschlägigen Bestimmungen und Normen über die erforderliche Sachkenntnis,

        2.   über die erforderlichen Meß- und Prüfmittel,

        3.   über die erforderliche Zuverlässigkeit und

        4.   insbesondere im Hinblick auf die Fälle der §§ 87 und 88 über die erforderlichen organisatorischen Voraussetzungen für die Planung, Durchführung und Auswertung der Prüfungen

verfügen und in der Lage sind, die Prüfungen gemäß den §§ 86 bis 88 nach Art und Umfang ordnungsgemäß und nachvollziehbar durchzuführen.

Andere als die in Abs. 2 genannten Prüf-, Überwachungs- oder Zertifizierungsstellen sind für die Prüfungen geeignet, wenn sie über Personen im Sinne der Z 1 bis 4 verfügen.

(2) Einschlägige als Prüf- oder Überwachungsstellen für Produkte für den relevanten Medizinproduktebereich akkreditierte oder staatlich autorisierte Stellen gelten jedenfalls als im Sinne des Abs. 1 geeignete Stellen.

Vermeidung von Gefährdungen

§ 91. Sofern im Zuge von Maßnahmen zur Instandhaltung eines Medizinproduktes Gefährdungen für Patienten, Anwender oder Dritte auftreten können, sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um diese Gefährdungen von Personen abzuwenden.

Verordnungsermächtigung

§ 92. (1) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat zur Gewährleistung und Aufrechterhaltung der medizinischen Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten gemäß § 2 Abs. 1 oder 5 und zur Gewährleistung der Kontinuität ihrer sicheren Anwendung und der Abwehr von Risken insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die Art der Einrichtung des Gesundheitswesens durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Errichtung, den Betrieb, die Anwendung und Instandhaltung von Medizinprodukten oder bestimmten Arten oder Gruppen von Medizinprodukten, soweit die elektrotechnische Sicherheit und die vom Maß- und Eichgesetz erfaßten Funktionen von Medizinprodukten betroffen sind, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten festzulegen. Er hat dabei auf einschlägige harmonisierte Normen Bedacht zu nehmen. Soweit solche im spezifischen Regelungsbereich nicht vorliegen, kann er auf sonstige geeignete nationale oder internationale Normen verweisen.

(2) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 sind insbesondere nähere Bestimmungen über

        1.   allenfalls erforderliche zusätzliche Anforderungen gemäß § 80 Abs. 2,

        2.   Art, Inhalt, Umfang, Ausführung und Zugänglichkeit von Aufzeichnungen und Dokumentationen gemäß den §§ 81 bis 84 und 89,

        3.   die Einweisung des Personals gemäß § 83,

        4.   die Anforderungen an jene Personen oder Stellen, die zu Maßnahmen der Instandhaltung oder zu Prüfungen gemäß den §§ 81 und 86 bis 88 befugt sind,

        5.   Maßnahmen zur ordnungsgemäßen Instandhaltung,

        6.   Arten, Gruppen oder Klassen von Medizinprodukten, die regelmäßigen Überprüfungen zu unterziehen sind, sowie

        7.   Art, Umfang, Durchführung und Intervalle von Prüfungen gemäß den §§ 86 bis 88

zu erlassen und jene Medizinprodukte zu bezeichnen, für deren sicheren Betrieb oder deren sichere Anwendung besondere Sicherheitsvorkehrungen zu treffen sind, sowie Mindestanforderungen an deren Art und Umfang.

2. Abschnitt

Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens

§ 93. (1) Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens sind unbeschadet des § 34 unter Bedachtnahme auf die Art der Medizinprodukte mit solchen Geräten oder Gerätesystemen und geeigneten validierten Verfahren so durchzuführen und im Hinblick auf die Art, Größe und Aufgabenstellung der Einrichtung so zu organisieren, daß der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird.

(2) Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens haben insbesondere den in einer Verordnung gemäß § 94 festgelegten Anforderungen zu entsprechen.


§ 94. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat unter Bedachtnahme auf die Art und Größe der Einrichtung des Gesundheitswesens und unter Berücksichtigung der einschlägigen harmonisierten Normen, sonstiger einschlägiger internationaler oder nationaler Normen im Hinblick auf die Gewährleistung des Schutzes der Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten durch Verordnung besondere Bestimmungen zu erlassen hinsichtlich der

        1.   zu verwendenden Geräte oder ‑systeme, ihrer Eigenschaften und ihrer Instandhaltung,

        2.   zu verwendenden Hilfsmittel,

        3.   zu verwendenden Verfahren,

        4.   Maßnahmen zur Validierung und Routinekontrolle,

        5.   Organisation der Sterilisation und Desinfektion,

        6.   Maßnahmen zum Qualitätsmanagement,

        7.   regelmäßigen Inspektionen und

        8.   einschlägigen Aus‑, Fort‑ und Weiterbildung des Personals.

3. Abschnitt

Maßnahmen zum Qualitätsmanagement bei der Errichtung, Inbetriebnahme, Anwendung,
Instandhaltung, Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten in Einrichtungen des
Gesundheitswesens

§ 95. (1) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann, soweit dies bei der Errichtung, Inbetriebnahme, Anwendung, Instandhaltung, Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens im Hinblick auf die Gewährleistung und Aufrechterhaltung der medizinischen Leistungen von Medizinprodukten im Hinblick auf ihre Zweckbestimmung gemäß § 2 Abs. 1 oder 5, die Minimierung möglicher Nebenwirkungen, die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen, die Gewährleistung der Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten oder die Abwehr von Risken geboten und im Hinblick auf die Art und den Aufgabenbereich der Einrichtung angezeigt ist, durch Verordnung Mindestanforderungen an Maßnahmen und Vorkehrungen zum Qualitätsmanagement festlegen. Er hat dabei allfällige einschlägige nationale und internationale Normen zu berücksichtigen.

(2) Soweit es im Hinblick auf die Zielsetzung des Abs. 1 geboten ist, kann der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz durch Verordnung jene Anforderungen und Voraussetzungen festlegen, unter denen in Einrichtungen des Gesundheitswesens Systeme des Qualitätsmanagements hinsichtlich der Errichtung, Anwendung, des Betriebs, der Instandhaltung, der Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten oder bestimmten Arten oder Gruppen von Medizinprodukten im Sinne dieses Bundesgesetzes zertifiziert werden können. Er hat dabei allfällige einschlägige nationale und internationale Normen zu berücksichtigen.

(3) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz kann im Hinblick auf die einwandfreie Prüfung, Überwachung und Zertifizierung von Qualitätsmanagement-Systemen hinsichtlich der Errichtung, Anwendung, des Betriebs, der Instandhaltung, der Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten oder bestimmten Arten oder Gruppen von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens und zur Gewährleistung der Erfüllung der Anforderungen gemäß einer Verordnung nach Abs. 2 Anforderungen und Voraussetzungen an jene Stellen festlegen, die Qualitätsmanagement-Systeme gemäß Abs. 1 und 2 prüfen, überwachen oder zertifizieren. Er hat dabei allfällige einschlägige nationale und internationale Normen zu berücksichtigen.

§ 96. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat, sofern dies im Hinblick auf schwerwiegende Interessen der öffentlichen Gesundheit oder die Abwehr gravierender Risken erforderlich ist, durch Verordnung die Anwendung oder den Betrieb bestimmter Arten oder Gruppen von Medizinprodukten auf Einrichtungen des Gesundheitswesens einzuschränken, deren Qualitätsmanagement-Systeme diesbezüglich nachweislich den Anforderungen einer Verordnung gemäß § 95 Abs. 1 entsprechen oder die im Sinne einer Verordnung gemäß § 95 Abs. 2 zertifiziert sind.

Mindeststandards

§ 97. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat, sofern dies im Hinblick auf schwerwiegende Interessen der öffentlichen Gesundheit oder die Abwehr gravierender Risken erforderlich ist, hinsichtlich bestimmter medizinischer Leistungen durch Verordnung Mindeststandards der für die Erbringung dieser Leistungen erforderlichen Medizinprodukte festzulegen.

VI. HAUPTSTÜCK

1. Abschnitt

Besondere Regelungen für den Betrieb

§ 98. (1) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, sofern dies unter Bedachtnahme auf einen ordnungsgemäßen Betrieb und die erforderliche Qualität, Sicherheit und Leistung der Medizinprodukte sowie den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Patienten, der Anwender oder Dritter geboten ist, durch Verordnung besondere Bestimmungen für Betriebe oder Einrichtungen zu erlassen, die Medizinprodukte im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes herstellen, in Verkehr bringen oder lagern.

(2) In einer Verordnung gemäß Abs. 1 sind im Hinblick auf die Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten und den Schutz der Patienten, Anwender oder Dritter insbesondere Regelungen zu treffen über

           1.  Herstellung, Lagerung, Erwerb und Vertrieb,

           2.  Vorkehrungen für die Information und Beratung sowie die Einweisung in den Betrieb und in die Anwendung der Medizinprodukte,

           3.  Anforderungen an das Personal,

           4.  Festlegung der jeweiligen Aufgabengebiete des Personals,

           5.  Beschaffenheit, Größe und Ausstattung der Räumlichkeiten,

           6.  Anforderungen an die Hygiene,

           7.  betriebliche Vorkehrungen und Abläufe im Rahmen der Medizinprodukteüberwachung und der Abwehr von Risken,

           8.  Instandhaltung von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens und bei sonstigen Betreibern oder Anwendern,

           9.  Maßnahmen zum Qualitätsmanagement bei der Herstellung und beim sonstigen Umgang mit Medizinprodukten,

         10.  sonstige betriebliche Vorkehrungen für eine gute Vertriebs- und Dienstleistungspraxis und

         11.  die Führung und Aufbewahrung von Nachweisen über die für Medizinprodukte relevanten Betriebsvorgänge.

3

(3) In einer Verordnung nach Abs. 1 ist ferner vorzusehen, daß bestimmte Betriebe die Herstellung und Lagerung von und den Handel mit Medizinprodukten erst aufnehmen dürfen, wenn sie eine Genehmigung durch den Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz erlangt haben. Dabei kann vorgesehen werden, daß die Genehmigung nur für den Handel oder Großhandel mit bestimmten Arten oder Gruppen von Medizinprodukten erforderlich ist. In einer Verordnung gemäß Abs. 1 sind ferner die Voraussetzungen für die Genehmigung, soweit diese die Sicherheit, Qualität und Funktionstüchtigkeit der Medizinprodukte und die Sicherheit und Gesundheit der Patienten, Anwender oder Dritter betreffen, geregelt werden. Dabei ist auf die Sachkenntnis, Zuverlässigkeit und auf organisatorische Voraussetzungen zur Gewährleistung der Medizinproduktesicherheit besonders Bedacht zu nehmen.

(4) Stellt der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz fest, daß in Betrieben im Sinne des Abs. 1 die einer Verordnung gemäß Abs. 2 jeweils festgelegten Anforderungen nicht eingehalten werden und daraus eine nicht unerhebliche Gefährdung der Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Anwendern oder Dritten erwächst, kann der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz den Betrieb schließen, sofern nicht durch andere Maßnahmen das Auslangen gefunden werden kann. Führt der Verstoß gegen die in einer Verordnung gemäß Abs. 2 jeweils festgelegten Anforderungen zu einer unmittelbaren Gefährdung der Gesundheit, können diese Maßnahmen auch ohne vorangegangenes Verfahren getroffen werden. Hierüber ist jedoch innerhalb von vier Wochen ein begründeter Bescheid zu erlassen.

(5) Die in den Abs. 1 bis 4 getroffenen Regelungen gelten auch für Personen, die die in Abs. 1 angeführten Tätigkeiten berufsmäßig ausüben.

2. Abschnitt

Vertrieb, Abgabe, Verschreibung von Medizinprodukten

§ 99. (1) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat unter Bedachtnahme auf den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Patienten, Anwender oder Dritter, auf die Gewährleistung der erforderlichen Qualität der Medizinprodukte und unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Abgabe, insbesondere im Hinblick auf Aufklärung, Einweisung, Installation oder Funktionsprüfung sowie im Hinblick auf geeignete Vorsorgen zur Abwehr von Risken im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten durch Verordnung festzulegen, daß bestimmte Arten von Medizinprodukten nur durch bestimmte Gewerbebetriebe oder durch Apotheken abgegeben werden dürfen oder daß für die Abgabe des Medizinproduktes eine Person zur Verfügung stehen muß, deren Ausbildung und praktische Erfahrung durch diese Verordnung festgelegt ist. Die Abgabe dieser Medizinprodukte und die Beratung darüber ist dieser Person vorbehalten. In dieser Verordnung kann der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz auch bestimmen, daß bestimmte Arten von Medizinprodukten nicht in Selbstbedienung, durch Automaten oder im Wege des Versandhandels abgegeben werden dürfen.

(2) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat für Medizinprodukte, deren Installation, Inbetriebnahme, Betrieb, An- oder Verwendung Angehörigen der Heilberufe oder Einrichtungen des Gesundheitswesens vorbehalten ist, oder deren sichere und bestimmungsgemäße An- oder Verwendung nur durch Einrichtungen des Gesundheitswesens gewährleistet ist, durch Verordnung zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit des Menschen festzulegen, daß die Abgabe dieser Medizinprodukte nur an diese Personen oder Einrichtungen erfolgen darf.

§ 100. Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat durch Verordnung für Medizinprodukte, die zur An- oder Verwendung durch Laien vorgesehen sind und die

        1.   die Gesundheit des Menschen auch bei bestimmungsgemäßer Verwendung unmittelbar oder mittelbar gefährden können, wenn sie ohne ärztliche oder zahnärztliche Überwachung angewendet werden, oder deren Anwendung eine ärztliche oder zahnärztliche Behandlung, Diagnose oder Beratung voraussetzt, oder die

        2.   häufig in erheblichem Umfang nicht bestimmungsgemäß verwendet werden, wenn dadurch die Gesundheit von Menschen unmittelbar oder mittelbar gefährdet wird,

zu bestimmen, daß sie nur über ärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen.

§ 101. Das Aufsuchen von Personen, die weder zum Verkauf von Medizinprodukten berechtigt, noch in Einrichtungen des Gesundheitswesens tätig sind, zum Zwecke des Sammelns von Bestellungen von Medizinprodukten, ohne daß dafür eine ärztliche Verschreibung vorliegt, ist verboten. Es ist auch verboten, den Auftrag dazu zu erteilen.

3. Abschnitt

Werbung für Medizinprodukte

Irreführung

§ 102. (1) Es ist verboten, im Zusammenhang mit dem Inverkehrbringen von Medizinprodukten diese mit Kennzeichnungen oder Aufmachungen zu versehen oder über diese Angaben zu machen, die den Tatsachen nicht entsprechen oder zur Irreführung geeignet sind.

(2) Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn

        1.   den Medizinprodukten eine Leistung beigemessen wird, die sie nicht haben,

        2.   fälschlich der Eindruck erweckt wird, daß ein Erfolg mit Sicherheit zu erwarten ist oder daß bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten werden oder

        3.   zur Täuschung über die in den grundlegenden Anforderungen im Sinne der §§ 8, 9 und einer Verordnung nach § 10 festgelegten Produkteigenschaften geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Medizinproduktes mitbestimmend sind.

(3) Es ist ferner verboten, Gegenstände anzukündigen oder in Verkehr zu bringen, die nach Art und Form der Ankündigung oder des Inverkehrbringens geeignet sind, beim Anwender fälschlich die Erwartung zu erwecken, diese Gegenstände seien selbst Medizinprodukte oder hätten eine einem Medizinprodukt entsprechenden Wirkungsmechanismus.

§ 103. Angaben zur Zweckbestimmung in Werbematerialien dürfen der Kennzeichnung und Gebrauchsanweisung nicht widersprechen und keine Angaben betreffend eine zusätzliche Zweckbestimmung enthalten.

Laienwerbung

§ 104. Werbung, die für Verbraucher bestimmt ist, darf nicht für

        1.   Medizinprodukte, die der Verschreibungspflicht gemäß einer Verordnung nach § 100 unterliegen,

        2.   Medizinprodukte, die auf Grund der Gebrauchsanweisung nur von Angehörigen der medizinischen Berufe anzuwenden sind,

        3.   Medizinprodukte, deren Abgabe in einer Verordnung nach den §§ 99 oder 100 geregelt ist, oder auf Einrichtungen des Gesundheitswesens oder Angehörige der medizinischen Berufe beschränkt ist,

        4.   Medizinprodukte, deren Anwendung durch Verbraucher auf Grund der Gebrauchsanweisung nur im Zusammenhang mit einer ärztlichen oder zahnärztlichen Behandlung oder Überwachung erfolgen darf,

betrieben werden.

§ 105. Medizinproduktewerbung, die für Verbraucher bestimmt ist, muß so gestaltet sein, daß der Werbecharakter deutlich zum Ausdruck kommt und das Produkt eindeutig als Medizinprodukt dargestellt wird.

§ 106. Medizinproduktewerbung, die für Verbraucher bestimmt ist, darf keine Elemente enthalten, die

        1.   nahelegen, daß die Wirkung einer anderen Behandlung oder einem anderen Medizinprodukt entspricht oder überlegen ist,

        2.   ausschließlich oder hauptsächlich für Kinder bestimmt sind,

        3.   eine ärztliche Behandlung als überflüssig erscheinen lassen, insbesondere dadurch, daß sie zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten können, oder eine Behandlung auf dem Korrespondenz­weg empfehlen,

        4.   sich in mißbräuchlicher, besorgniserregender oder irreführender Weise auf Genesungsbescheinigungen beziehen,

        5.   in mißbräuchlicher, besorgniserregender oder irreführender Weise bildliche Darstellungen der Veränderungen des menschlichen Körpers auf Grund von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen oder der Wirkung eines Medizinproduktes am oder im menschlichen Körper verwenden.

§ 107. (1) Medizinproduktewerbung, die für Verbraucher bestimmt ist, hat zumindest folgende Angaben zu enthalten:

        1.   die Bezeichnung des Medizinproduktes,

        2.   die Zweckbestimmung des Medizinproduktes,

        3.   die für die sinnvolle Anwendung des Medizinproduktes unerläßliche Information,

        4.   einen deutlich wahrnehmbaren Hinweis darauf, falls das Medizinprodukt auch unerwünschte Wirkungen hervorrufen kann oder seine Anwendung besondere Sicherheitsvorkehrungen erfordert.

(2) Medizinproduktewerbung, die für Verbraucher bestimmt ist, hat zutreffendenfalls einen Hinweis darauf zu enthalten, daß die Gebrauchsanweisung genau zu beachten und erforderlichenfalls der Rat eines Arztes, Zahnarztes, Dentisten, Apothekers oder einer sonstigen, auf Grund ihrer beruflichen Ausbildung dazu befugten Person einzuholen ist. Erfolgt die Werbung über akustische oder audivisuelle Medien, so muß dieser Hinweis akustisch deutlich wahrnehmbar sein.

Fachwerbung

§ 108. Im Rahmen der Verkaufsförderung für Medizinprodukte bei den Personen, denen im Rahmen der Verschreibung, Abgabe, Beschaffung für Einrichtungen des Gesundheitswesens, Errichtung, Inbetriebnahme oder Anwendung Aufgaben zukommen, ist es verboten, diesen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, es sei denn, sie sind von geringem Wert und für die medizinische oder medizintechnische Praxis von Belang. Den Personen, denen im Zusammenhang mit der Verschreibung, Abgabe, Beschaffung für Einrichtungen des Gesundheitswesens, Errichtung, Inbetriebnahme oder Anwendung von Medizinprodukten Aufgaben zukommen, ist es untersagt, eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen.

§ 109. Medizinproduktewerbung, die für Angehörige der Heilberufe bestimmt ist, darf der Gebrauchsinformation oder sonstigen, in einem Konformitätsbewertungsverfahren gemäß § 28 genehmigten Informationen nicht widersprechen.

VII. HAUPTSTÜCK

1. Abschnitt

Verschwiegenheitspflicht

§ 110. Soweit nicht andere gesetzliche Verschwiegenheitsverpflichtungen bestehen, sind Personen, denen Aufgaben im Zusammenhang mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes übertragen sind, zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich aus dieser Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet.

2. Abschnitt

Strafbestimmungen

§ 111. Wer

           1.  ein Medizinprodukt entgegen dem § 6 in Verkehr bringt, errichtet, installiert, in Betrieb nimmt oder anwendet oder entgegen dem § 7 Abs. 1 in Verkehr bringt oder in Betrieb nimmt,

           2.  ein Medizinprodukt ohne eine dem § 9 entsprechende Information für Anwender, Verbraucher oder Patienten abgibt,

           3.  ein Medizinprodukt in Verkehr bringt oder in Betrieb nimmt, das entgegen dem § 15 nicht mit der CE-Kennzeichnung versehen ist,

           4.  ein Medizinprodukt entgegen den §§ 15 bis 21 mit einer CE- Kennzeichnung versieht,

           5.  die Bedingungen des § 23 Abs. 1 nicht erfüllt,

           6.  ein Medizinprodukt in Verkehr bringt oder in Betrieb nimmt, für das eine Konformitätsbewertung nicht oder nicht entsprechend dem § 27 oder einer Verordnung gemäß § 28 vorgenommen wurde,

           7.  als Hersteller einer Sonderanfertigung oder als sein Bevollmächtigter seinen Verpflichtungen nach § 30 nicht nachkommt,

           8.  ein Medizinprodukt zu Demonstrationszwecken ausstellt, ohne seinen Verpflichtungen gemäß § 31 nachzukommen,

           9.  ein Medizinprodukt im Sinne des § 33 Abs. 1 zusammensetzt, ohne die dafür vorgesehene Erklärung bereitzuhalten oder die Hinweise gemäß § 35 nicht beifügt,

         10.  ein Medizinprodukt entgegen dem § 34 sterilisiert, die Erklärung nach § 34 nicht bereithält oder die Hinweise gemäß § 35 nicht beifügt,

         11.  die Erklärungen gemäß den §§ 33 und 34 nicht gemäß § 35 Abs. 2 bereithält,

         12.  eine benannte Stelle führt, ohne die Mindestkriterien des § 37 zu erfüllen,

         13.  bei der klinischen Prüfung eines Medizinproduktes den §§ 39 bis 65 oder einer Verordnung gemäß § 66 zuwiderhandelt,

         14.  die Meldepflicht des § 67 nicht erfüllt,

         15.  bei Maßnahmen der Überwachung seiner Verpflichtung zur Duldung oder Unterstützung dieser Maßnahmen gemäß § 68 Abs. 8 oder § 69 Abs. 3 nicht nachkommt,

         16.  der Meldepflicht gemäß § 70 oder der Verpflichtung gemäß § 72 nicht nachkommt,

         17.  die Vorsorgen und Maßnahmen im Sinne einer Verordnung gemäß § 73 nicht oder nicht entsprechend dem § 73 oder einer Verordnung gemäß § 73 trifft,

         18.  Daten im Sinne einer Verordnung gemäß § 74 nicht bereitstellt,

         19.  einer Anordnung gemäß den §§ 75 und 77 nicht nachkommt,

         20.  entgegen dem § 78 keinen Sicherheitsbeauftragten oder einen Sicherheitsbeauftragten bestellt, der nicht dem § 78 oder einer Verordnung gemäß § 78 Abs. 3 entspricht,

         21.  als Sicherheitsbeauftragter seinen Verpflichtungen gemäß § 78 nicht nachkommt,

         22.  Personen beauftragt, Tätigkeiten gemäß § 79 Abs. 1 auszuführen, ohne die Voraussetzung zu erfüllen,

         23.  die Tätigkeit eines Medizinprodukteberaters entgegen § 79 oder einer Verordnung gemäß § 79 Abs. 5 ausübt,

         24.  die allgemeinen Anforderungen des § 80 oder einer Verordnung gemäß § 80 Abs. 2 nicht beachtet,

         25.  die Voraussetzungen des § 81 oder einer Verordnung gemäß § 81 Abs. 1 für die Inbetriebnahme nicht erfüllt,

         26.  Personal nicht entsprechend dem § 83 einweist oder einweisen läßt und die Einweisung nicht gemäß § 83 Abs. 3 dokumentiert,

         27.  entgegen dem § 84 kein Bestandsverzeichnis führt oder das Bestandsverzeichnis nicht entsprechend dem § 84 führt,


         28.  seinen Verpflichtungen zur Instandhaltung gemäß § 85 nicht nachkommt,

         29.  die Prüfungen nicht gemäß den §§ 86 bis 88 oder einer Verordnung gemäß § 92 durchführt oder dafür Personen heranzieht, die nicht dem § 90 Abs. 1 entsprechen,

         30.  seiner Dokumentationsverpflichtung nicht gemäß § 89 nachkommt,

         31.  die gemäß § 91 erforderlichen Maßnahmen nicht setzt,

         32.  die Anforderungen einer Verordnung nach § 92 nicht erfüllt,

         33.  ein Medizinprodukt entgegen dem § 93 oder einer Verordnung gemäß § 94 reinigt, desinfiziert oder sterilisiert,

         34.  die Vorkehrungen und Maßnahmen zum Qualitätsmanagement gemäß einer Verordnung nach § 95 Abs. 1 nicht trifft,

         35.  ein Medizinprodukt entgegen einer Verordnung nach § 96 anwendet,

         36.  als Betreiber einer Einrichtung des Gesundheitswesens die Mindestausstattung gemäß einer Verordnung nach § 97 nicht zur Verfügung hat,

         37.  einen Betrieb entgegen den besonderen Regelungen für den Betrieb gemäß einer Verordnung nach § 98 Abs. 1 führt oder im Sinne des § 98 Abs. 5 Tätigkeiten ausübt, ohne dem § 98 Abs. 5 zu entsprechen,

         38.  einen Betrieb ohne die erforderliche Genehmigung gemäß einer Verordnung nach § 98 Abs. 3 führt,

         39.  ein Medizinprodukt entgegen einer Verordnung gemäß den §§ 99 oder 100 abgibt,

         40.  Personen zum Zweck des Sammelns von Bestellungen von Medizinprodukten im Sinne des § 101 aufsucht oder den Auftrag dazu erteilt,

         41.  Kennzeichnungen oder Aufmachungen verwendet, Angaben oder Ankündigungen macht, die im Sinne des § 102 zur Irreführung oder dazu geeignet sind, fälschliche Erwartungen zu erwecken,

         42.  Werbung für Medizinprodukte entgegen den §§ 104 bis 107, § 108 oder § 109 betreibt,

         43.  entgegen § 108 eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile gewährt, anbietet oder verspricht,

         44.  entgegen § 108 eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile fordert, sich versprechen läßt oder annimmt,

macht sich, sofern die Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist mit Geldstrafe bis zu 100 000 S, im Wiederholungsfalle bis zu 200 000 S zu bestrafen.

3. Abschnitt

Schluß- und Übergangsbestimmungen

§ 112. (1) Medizinprodukte, ausgenommen aktiv implantierbare Medizinprodukte und Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose, dürfen, auch wenn sie ansonsten nicht den Vorschriften dieses Bundesgesetzes entsprechen, bis zum 14. Juni 1998 in Verkehr gebracht werden, wenn sie den am 31. Dezember 1994 in Geltung gewesenen Vorschriften entsprechen, es sei denn,

        1.   die Anforderungen gemäß § 8 sind nicht erfüllt oder

        2.   es werden Maßnahmen gemäß dem § 77 gesetzt.

(2) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 dürfen Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose bis zum 14. Juni 1998 auch dann in Verkehr gebracht und angewendet werden, wenn sie ansonsten nicht den Vorschriften der § 7 Abs. 1 und § 9 dieses Bundesgesetzes entsprechen.

(3) Der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz hat, sofern dies im Hinblick auf den Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Anwendern oder Dritten und die Abwehr erheblicher Risken erforderlich ist, durch Verordnung Konformitätsbewertungsverfahren für Medizinprodukte, für die die Übergangsregelung des Abs. 1 gilt, als Voraussetzung für das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme vorzuschreiben und deren Art, Inhalt und Durchführung näher festzulegen.

(4) Klinische Prüfungen, die vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes begonnen worden sind, dürfen nach den zum Zeitpunkt des Beginns der klinischen Prüfung geltenden Vorschriften fortgesetzt werden.

(5) Quecksilberglasthermometer mit Maximumvorrichtung, für die eine EWG-Bauartzulassung gemäß den in Umsetzung der Richtlinie 75/764/EWG, ABl. Nr. L 262 vom 27. Juli 1976, ergangenen nationalen Vorschriften bis zum 31. Dezember 1994 erteilt wurde, dürfen bis zum 30. Juni 2004 in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden.

(6) Medizinprodukte, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes in Einrichtungen des Gesundheitswesens in Betrieb sind oder zur Anwendung bereitgehalten werden, dürfen dort weiter betrieben oder angewendet werden, es sei denn, sie weisen im Hinblick auf ihre Sicherheit oder Leistung Mängel auf, durch die Patienten, Anwender oder Dritte gefährdet werden können.

(7) Betriebe, Einrichtungen oder Personen im Sinne des § 67 Abs. 1, 3 und 4, die bereits bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes ihre Tätigkeit ausüben, haben der Meldepflicht gemäß § 67 spätestens bis zum 1. März 1997 nachzukommen.

§ 113. Soweit dieses Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verweist, sind diese Bestimmungen in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Soweit dieses Bundesgesetz auf Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften verweist, sind diese in ihrer im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. Nr. . . ./. . .  geltenden Fassung anzuwenden.

Inkrafttreten

§ 114. Dieses Bundesgesetz tritt ein Monat nach dem seiner Kundmachung folgenden Monatsersten in Kraft.

§ 115. Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes können bereits ab dem auf seine Kundmachung folgenden Tag erlassen werden. Sie dürfen frühestens mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes in Kraft gesetzt werden.

§ 116. (1) Mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes tritt das Gesundheitsschutzgesetz, BGBl. Nr. 163/1952, außer Kraft.

(2) Als Rechtsgrundlage für die Verordnung betreffend Dentalamalgam, BGBl. Nr. 575/1990, gilt § 112 Abs. 3 dieses Bundesgesetzes.

(3) Als Rechtsgrundlage für die Kondomprüfungsverordnung, BGBl. Nr. 630/1990, gilt ab dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes der § 112 Abs. 3 dieses Bundesgesetzes.

Vollziehung

§ 117. (1) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist

        1.   der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz,

        2.   hinsichtlich des § 10 und des § 11 Abs. 3 unter den Voraussetzungen des § 12 der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales und dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten,

        3.   hinsichtlich des § 80 Abs. 2, § 81 Abs. 1 und § 92, soweit die elektrotechnische Sicherheit, die vom Maß- und Eichgesetz erfaßten Meßfunktionen von Medizinprodukten und gewerberechtliche Bestimmungen betroffen sind, und hinsichtlich des § 99 Abs. 1, soweit gewerberechtliche Belange betroffen sind, der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten und

        4.   hinsichtlich des § 98 Abs. 1 der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten

betraut.

(2) Vor Erlassung von Verordnungen nach diesem Bundesgesetz haben die nach Abs. 1 zuständigen Bundesminister einen Beirat zu hören, dem neben Sachverständigen auf dem Gebiet der zu regelnden Materie jedenfalls Vertreter der Österreichischen Ärztekammer, der Bundesarbeitskammer und der Wirtschaftskammer Österreich angehören.

Artikel II

Das Maß- und Eichgesetz, BGBl. Nr. 152/1950, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 636/1994, wird wie folgt geändert:

1. § 12 lautet:

§ 12. (1) Für Medizinprodukte mit Meßfunktion im Sinne des Medizinproduktegesetzes, BGBl. Nr. . . ./. . ., die auch den Bestimmungen des Maß- und Eichgesetzes unterliegen, ist die CE-Kennzeichnung im Sinne des Medizinproduktegesetzes der österreichischen Ersteichung gleichwertig.

(2) Die nachstehend angeführten Meßgeräte dürfen bis zum 14. Juni 1998 nur geeicht angeboten, verkauft oder beruflich verwendet werden:

        1.   Meßgeräte zur Bestimmung der Temperatur des menschlichen oder des tierischen Körpers (medizinische Thermometer),

        2.   Blutdruckmeßgeräte für die unblutige Messung,

        3.   Zellenzählkammern samt den dazugehörigen Mischpipetten,


        4.   Pipetten und Büretten, deren Gesamtinhalt 0,5 ml nicht übersteigt,

        5.   Augentonometer.

(3) Meßgeräte gemäß § 11 Z 3 und gemäß § 11 Z 5 dürfen nach dem 14. Juni 1998 nur mehr nach den Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes erstmalig in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden. Die Nacheichpflicht bleibt davon unberührt.

(4) Unbeschadet den Bestimmungen des § 7 ist der Hersteller der in Abs. 2 angeführten Meßgeräte verpflichtet, die erstmalige Eichung zu veranlassen; bei im Ausland hergestellten Meßgeräten trifft diese Verpflichtung denjenigen, der diese Meßgeräte im Inland als erster vermittelt, abgibt oder erwirbt.

(5) Abs. 2 gilt nicht für Meßgeräte, die zur Ausfuhr bestimmt sind.“

2. Dem § 12a wird als Abs. 6 angefügt:

„(6) Der meßtechnischen Kontrolle graduierter medizinischer Spritzen nach § 12a ist die CE-Kenn­zeichnung im Sinne des Medizinproduktegesetzes, BGBl. Nr.  . . ./. . ., gleichwertig.“

3. § 15 Z 5 lit. e lautet:

        „e)  bei Flüssigkeitsglasthermometern mit Ausnahme der in Aräometern oder Pyknometern eingebauten Thermometer.“

4. § 17 Z 8 lautet:

       „8.   in Aräometern oder Pyknometern eingebaute Flüssigkeitsglasthermometer“

5. In § 17 Z 14 wird der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgende Z 15 angefügt:

       „15.  Meßgeräte nach § 12 Abs. 2.“

6. Nach § 67 wird folgender § 67a eingefügt:

§ 67a. § 12a tritt mit 15. Juni 1998 außer Kraft.“

Artikel III

Das Strahlenschutzgesetz, BGBl. Nr. 227/1969, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze BGBl. Nr. 396/1986 und 1105/1994, wird wie folgt geändert:

Nach § 20 wird folgender § 20a eingefügt:

§20a. Bei der Zulassung einer Bauart von Geräten, die als Medizinprodukte mit einer CE-Kenn­zeichnung im Sinne des Medizinproduktegesetzes, BGBl. Nr.  . . ./. . ., versehen sind, ist davon auszugehen, daß das Gerät selbst den Anforderungen des Strahlenschutzes entspricht.“

Artikel IV

Das Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 379/1996, wird geändert wie folgt:

In § 1 Abs. 3 entfällt das Wort „und“ am Ende der Z 9. Am Ende der Z 10 wird der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und das Wort „und“ angefügt. Nach § 1 Abs. 3 Z 10 wird folgende Z 11 angefügt:

       „11.  Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetztes, BGBl. Nr. . . ./1996.“

vorblatt

Problem:

Die ungeheure Dynamik der medizinischen Wissenschaften sowie der modernen Medizintechnik machen Regelungen zur Gewährleistung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten (medizinische Geräte, Bedarfsartikel, Implantate und medizinische Labordiagnostik) unumgänglich. Als Kernstück dieser Regelungen sind die Richtlinien 90/385/EWG betreffend aktive implantierbare Medizinprodukte und 93/42/EWG betreffend Medizinprodukte in österreichisches Recht überzuführen und die Voraussetzungen für die Aufnahme der kommenden 3. Medizinprodukterichtlinie betreffend Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose zu schaffen.

Ziel:

Schaffung der rechtlichen und administrativen Voraussetzungen für die Umsetzung der EU-Richtlinien und Gewährleistung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten.

Inhalt:

Regelungsschwerpunkte:

         –   Definition des Medizinproduktebegriffes, Abgrenzung zu anderen Regelungen;

         –   Grundlegende Anforderungen an Medizinprodukte, einschließlich Kennzeichnung und Gebrauchsanweisung;

         –   Konformitätsbewertung und CE-Kennzeichnung, benannte Stellen;

         –   Medizinprodukteüberwachung und Schutz vor Risiken;

         –   Instandhaltung und korrekte Anwendung;

         –   Qualitätsmanagement;

         –   Abgaberegelungen, einschließlich Verschreibung, Werbung, korrektes Beschaffungswesen.

Alternativen:

Keine.

EU-Konformität:

Gegeben, da Umsetzung der relevanten EU-Richtlinien erfolgt.

Kosten:

Die Verwirklichung des Gesetzesvorhabens wird eine Personalvermehrung um zehn Planstellen (1997: 3 A[a], 1 B[b], 1 D[d]; 1998: 2 A[a], 2 B[b], 1 C[c]) im Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz erfordern. Zusätzlich wird für 1997 ein finanzieller Aufwand von 5 Millionen Schilling vor allem an Kosten für Sachverständige und Kosten für Untersuchungen bei der Abklärung schwerwiegender Zwischenfälle erwartet. Der Betrag von 5 Millionen Schilling wurde im Bundesfinanzgesetz 1997, BGBl. Nr. 211/1996 berücksichtigt. Mit weiteren je 5 Millionen Schilling in den darauffolgenden drei Jahren ist zu rechnen, welche in der Budgetprognose bis zum Jahr 2000 entsprechende Berücksichtigung fanden. Nominalkosten werden durch das Medizinproduktegesetz nicht anfallen. Die mit diesem Bundesgesetz verwirklichte Teilnahme am Binnenmarkt für Medizinprodukte wird zu einem erleichterten Zugang von Einrichtungen des Gesundheitswesens auf das volle Angebot an sicheren und leistungsfähigen Produkten des EWR führen. Durch den verschärften Wettbewerb und durch den Wegfall von Kosten für bisherige nationale Zulassungsverfahren im EWR werden sich in vielen Fällen finanzielle Vorteile für Gesundheitseinrichtungen ergeben.

Erläuterungen

I. Allgemeines


Der Begriff „Medizinprodukt“ ist eine relativ junge Wortschöpfung, welche die Gesamtheit aller medizinischen Geräte, Bedarfsartikel, Produkte für die medizinische Labordiagnostik und medizinischer Hilfsmittel für Behinderte bezeichnet. Dieser neue Begriff entspricht dem im angelsächsischen Raum seit langem etablierten Konzept des „medical device“.

Der Medizinproduktebereich ist durch eine ungeheure Produktvielfalt und Dynamik gekennzeichnet. Er ist zu einem Grundpfeiler der modernen Medizin und durch sein Innovationspotential zu einem wesentlichen Motor des medizinischen Fortschritts geworden.

Viele Medizinprodukte gehören mehr oder weniger zu unserem Alltag, wie Korrekturbrillen, Kontaktlinsen und -pflegeprodukte, Fieberthermometer, Blutdruckmeßgeräte, Pflaster, Verbandsmaterialien, Stützstrümpfe, Zahnkronen und -brücken, künstliche Gebisse, Zahnspangen, Hörgeräte, Schwangerschaftstests oder Kondome. Ihr überwiegendes Einsatzgebiet finden Medizinprodukte aber naturgemäß im Bereich der professionellen ambulanten und stationären medizinischen Versorgung. In der Diagnostik, Therapie, Prophylaxe und Rehabilitation sind sie aus der medizinischen Versorgung nicht mehr wegzudenken und tragen wesentlich zur Leistungsfähigkeit der modernen Medizin bei.

Besonders bemerkenswert ist die ungeheure Dynamik, die dem Medizinproduktebereich innewohnt. Neue und ständig verfeinerte Technologien finden heute in immer kürzerer Zeit ihren Weg von der technologischen Entwicklung über die Erprobung im Bereich der Spitzenmedizin bis zur breiten Anwendung im medizinischen Alltag.

Entwicklungen in der bildgebenden Diagnostik wie die Kernspintomographie, deren Potential bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist, haben das räumliche Auflösungsvermögen für pathologische Strukturen und zT Funktionen im menschlichen Körper in immer kleinere Dimensionen vordringen lassen und eröffnen der Medizin immer bessere Möglichkeiten für die (Früh-)Erkennung von Erkrankungen. Computertomographische Verfahren in der Radiologie und Nuklearmedizin ermöglichen unter Einsatz modernster elektronischer Datenverarbeitung verbesserte Schichtaufnahmen zur räumlichen Darstellung pathologischer Veränderungen von Struktur oder Funktion. Der Einsatzbereich des Ultraschalls wird zunehmend erweitert, etwa in Richtung der Endosonographie (Einbringen spezieller Schallköpfe in den Körper) aber auch in Richtung Therapie (zB Versuche zur fokussierten Zerstörung von Tumorgewebe). Endoskopische Techniken gehen immer weiter über ihre ursprünglichen Einsatzgebiete bei der direkten Inspektion des Verdauungstraktes hinaus und stellen etwa in der „minimal invasiven Chirurgie“ in bestimmten Anwendungsbereichen zunehmend die medizinische Routineversorgung dar.

Moderne Entwicklungen bei Biosensoren (Meßfühler für die In-vivo-Bestimmung von veränderlichen Kenngrößen wie zB Blutzuckerspiegel) und bei elektronischen Implantaten (zB Herzschrittmacher, implantierbare Defibrillatoren, implantierbare Infusionspumpen zur dosierten Abgabe von Arzneimitteln zB zur Schmerz- oder Krebsbekämpfung) werden immer komplexere Steuerungsmöglichkeiten eröffnen und versprechen vor allem eine bessere individuelle Anpassung der Implantatfunktion an die spezifischen Bedürfnisse des Patienten. Weitere Beispiele für Medizinproduktebereiche, die sich relativ rasch in der Medizin durchgesetzt haben und zT noch immer ein beträchtliches Entwicklungspotential aufweisen, wären etwa laserchirurgische Verfahren, zB in der Augenheilkunde (etwa bei der Behandlung der Netzhautablösung), der Nierenlithotripter, moderne Kathetertechniken am Gefäßsystem mit ihren vielfältigen Einsatzmöglichkeiten (zB zur Behandlung verengter oder verschlossener Gefäße, zur Behandlung von Aneurysmen; Entwicklungen in der Angioskopie und Mikrotechnologie mit Antriebsaggregaten, Motoren, Ultraschallköpfen oder Mikrowerkzeugen mit einem Durchmesser von weniger als 1 mm) oder die Entwicklung neuer gewebeverträglicher Biomaterialien und Oberflächenstrukturen für Implantate.

Im Bereich der Labordiagnostik werden zB durch neue Nachweisverfahren für Botenstoffe des Immunsystems immer tiefere Einblicke in die Steuerung der körpereigenen Abwehr möglich, was wiederum die Voraussetzung für die Entwicklung hochspezifisch wirkender Arzneimittel oder etwa für die Untersuchung von Umgebungseinflüssen auf das Immunsystem ist. Daneben wird die Labordiagnostik im Bereich infektiöser Erkrankungen ständig erweitert und verfeinert, was nicht zuletzt für die Prävention von HIV-Infektionen und die Sicherheit von Arzneimitteln größte Bedeutung besitzt.

Mit dem immer breiteren Einsatz von Medizinprodukten und der ständigen Suche nach neuen bzw. verfeinerten Technologien und ihren medizinischen Einsatzgebieten ist naturgemäß auch ein erhöhtes Risikopotential und die Gefahr von medizinischen und medizinökonomischen Fehlentwicklungen verbunden. Gerade die große Dynamik dieses Bereiches erfordert sehr sorgfältige Nutzen-/Risiko­überlegungen und Kontrollmechanismen. Diese müssen sowohl vor als auch nach der Vermarktung der Produkte ansetzen und auch die korrekte Anwendung und Instandhaltung einschließen. Medizinprodukte müssen einerseits die ihnen zugeschriebenen Leistungen in Diagnose, Therapie, Prophylaxe oder Rehabilitation, jenseits einer reinen Technikgläubigkeit, auch tatsächlich zum Wohle der Patienten erbringen. Ihre Anwendung muß sicher sein; allfällige unvermeidbare Nebenwirkungen müssen im Hinblick auf ihren tatsächlichen Nutzen für die Patienten unter Berücksichtigung von Alternativen vertretbar sein. Diese Anforderungen dienen zunächst der optimalen medizinischen Versorgung der Patienten und der Sicherheit der Anwender und erlauben aber gerade in Zeiten knapper finanzieller Ressourcen auch eine verbesserte Abschätzung der Zweckmäßigkeit entsprechender Investitionen.

Daher werden in Europa in Hinkunft diesem Bereich auch adäquate Kontrollmechanismen zugeordnet, die unter Ausnutzung der europäischen Arbeitsteilung und Zusammenarbeit Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Medizinprodukte gewährleisten sollen.

Der vorliegende Gesetzentwurf regelt die Sicherheit, Funktionstüchtigkeit, Wirksamkeit und Qualität von Medizinprodukten über ihren gesamten medizinisch relevanten Lebenszyklus nach einem integrierten, umfassenden Schutzkonzept.

Die Implementierung der relevanten EU-Richtlinien stellt dabei den wichtigsten Grundpfeiler dieses Sicherungssystems dar. Die Richtlinien legen im wesentlichen jene Sicherheitsvorkehrungen fest, unter denen der freie Warenverkehr mit Medizinprodukten im Geltungsbereich des Abkommens über den EWR stattfinden kann. Der Gesetzentwurf berücksichtigt neben dem primär herstellungs- und produktorientierten Ansatz der EU-Richtlinien im Sinne eines integrativen Konzeptes auch weitere wesentliche Elemente der Medizinproduktesicherheit, die vor allem auch die professionelle Anwendung, den Be- und Vertrieb, die Überwachung nach der Vermarktung und das Qualitätsmanagement beim Umgang mit Medizinprodukten einbeziehen.

Medizinprodukte waren bislang in Österreich und in den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den EWR nur sehr unvollständig und uneinheitlich geregelt. Drei Richtlinien nach der „Neuen Konzeption“ der EU werden in Zukunft den freien Warenverkehr für alle Medizinprodukte einheitlich auf einem hohen Schutzniveau regeln :

1. Die Richtlinie 90/385/EWG betreffend aktive implantierbare Medizinprodukte (zB implantierbare Herzschrittmacher, implantierbare Defibrillatoren, implantierbare Infusionspumpen für Arzneimittel, künstliche Herzen, implantierbare Nerven-, Muskel-, Blasen-, Zwerchfellstimulatoren, Cochlear­implantate, bestimmte radioaktive Implantate, jeweils einschließlich des erforderlichen Zubehörs und der erforderlichen Software) ist in der EU am 1. Jänner 1993 in Kraft getreten, war über das EWR-Abkommen seit 1. Jänner 1994 anwendbar und ist seit 1. Jänner 1995 für den EWR verbindlich.

Durch die Richtlinie 93/68/EWG wurde (ua.) die Richtlinie 90/385/EWG hinsichtlich der Bestimmungen über die CE-Kennzeichnung mit dem geltenden gemeinschaftlichen Rechtsbestand harmonisiert. Weiters erfolgten durch die Richtlinie 93/42/EWG eine Reihe kleinerer Modifikationen der Richtlinie 90/385/EWG mit dem Ziel, eine möglichst weitgehende Übereinstimmung der einzelnen Medizinprodukterichtlinien zu gewährleisten.

2. Die Richtlinie 93/42/EWG betreffend Medizinprodukte umfaßt alle Medizinprodukte mit Ausnahme der aktiv implantierbaren und der labordiagnostischen Medizinprodukte, also zB Kernspintomographen, Nierenlithotripter, Röntgengeräte, medizinische Beschleuniger, medizinische Laser, Ultraschallgeräte, Endoskope, Herzklappen, Brustimplantate, künstliche Gelenke, Intraokularlinsen, Kontaktlinsen und ihre Pflegeprodukte, zahnärztliche Werkstoffe und Geräte, Intrauterinpessare, Kondome, Verbandstoffe, Pflaster, Katheter, Knochenplatten und -nägel, Spritzen, Infusionspumpen, Blutdruckmeßgeräte, Rollstühle, Hörgeräte, chirurgische Instrumente, chirurgische Handschuhe und Untersuchungshandschuhe, Fieberthermometer, Korrekturbrillen, Stützstrümpfe usw.

Diese Direktive ist im EWR seit 1. Jänner 1995 anwendbar. Eine Übergangsfrist wird bis zum 14. Juni 1998, in einem engen Teilbereich (Quecksilberglasfieberthermometer mit Maximumvorrichtung) bis zum 30. Juni 2004 gelten.

3. Eine weitere Richtlinie wird Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose (In-vitro-Diagnostika einschließlich medizinischer Laborgeräte) regeln. Ein entsprechender Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über In-vitro-Diagnostika wird gegenwärtig im Europäischen Rat in erster Lesung bearbeitet.

Der vorliegende Gesetzentwurf setzt die unter 1. und 2. genannten EU-Richtlinien in österreichisches Recht um und schafft die Voraussetzungen für die Aufnahme der unter 3. genannten Richtlinie.

Das von der EU in Angriff genommene Regelungswerk für Medizinprodukte basiert auf folgenden übergeordneten regelungstechnischen Ansätzen der EU, die für sein Verständnis wesentlich sind:

        1.   der Neuen Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und Normung der EU vom 7. Mai 1985 (ABl. EG Nr. C 136 vom 4. Juni 1985), der sogenannten „Neuen Konzeption der EG“, und

        2.   dem Globalen Konzept für Zertifizierung und Prüfwesen von Instrumenten zur Gewährleistung der Qualität von Industrieerzeugnissen vom 21. Dezember 1989 (ABl. EG Nr. C 10 vom 16. Jänner 1990) und dem Beschluß über die in den technischen Harmonisierungsrichtlinien zu verwendenden Module für die verschiedenen Phasen der Konformitätsbewertungsverfahren vom 13. Dezember 1990 (ABl. EG Nr. 380 vom 31. Dezember 1990) in Verbindung mit dem Beschluß des Rates vom 22. Juli 1993 (93/465/EWG, ABl. EG L 220 vom 30. August 1993), dem sogenannten „Globalen Konzept der EG“.

Nach der Neuen Konzeption beschränken sich die Richtlinien bei der Regelung der Leistungs-, Schutz- und Sicherheitsanforderungen, denen Medizinprodukte im Hinblick auf ihr erstmaliges Inverkehrbringen im Geltungsbereich des Abkommens über den EWR genügen müssen, auf die Festlegung der sogenannten „grundlegenden Anforderungen“. Es handelt sich dabei um ein Anforderungsprofil, das alle wesentlichen Leistungs- und Sicherheitsparameter von Medizinprodukten zusammenfaßt, dh. in allgemein gehaltener Form im wesentlichen die Erfüllung der in der Zweckbestimmung vorgegebenen medizinischen Leistungen in Prophylaxe, Diagnose, Therapie, Rehabilitation usw., den Schutz vor allen – in den Richtlinien jeweils schwerpunktartig vorgegebenen – inakzeptablen Risken und eine adäquate Information von Anwendern bzw. Patienten einfordert.

Die grundlegenden Anforderungen sowie weitere Anforderungen der Richtlinien, wie insbesondere jene über die qualitätsgesicherte Herstellung von Medizinprodukten, werden durch harmonisierte europäische Normen im Detail ausgeführt. Diese Normen haben im Prinzip einen freiwilligen Charakter. Die Befolgung der für ein Medizinprodukt relevanten harmonisierten Normen gewährt dem Hersteller eine widerlegliche Konformitätsannahme in bezug auf die Erfüllung der grundlegenden oder der sonstigen genannten Anforderungen. Der Hersteller kann zur Erfüllung der grundlegenden Anforderungen prinzipiell auch anderen Spezifikationen, Testmethoden usw. folgen, er muß dann aber in der Lage sein, zB im Konformitätsbewertungsverfahren die Übereinstimmung mit den grundlegenden Anforderungen im einzelnen zu demonstrieren.

Das Globale Konzept liefert den allgemeinen Rahmen für die bei Medizinprodukten anwendbaren „Zulassungsverfahren“ (in der Sprache der Richtlinien als „Konformitätsbewertungsverfahren“ bezeichnet). Diese Verfahren stehen gleichsam als Modulbausteine zur Verfügung und decken allein oder in variablen Kombinationen den gesamten Produktionszyklus der zu regelnden Produktgruppen ab. Die Art der vorgegebenen Zertifizierungsverfahren und der Umfang der erforderlichen Drittzertifizierung haben sich nach den einer Produktgruppe zugeschriebenen Risken und den zugeordneten öffentlichen (hier: Gesundheits-) Interessen zu orientieren. Da Medizinprodukte in bezug auf inhärente Risken eine sehr heterogene Produktgruppe darstellen, werden sie zunächst bestimmten Klassen zugeordnet und diesen dann jeweils nach Art und Umfang risikoadäquate Konformitätsbewertungsverfahren zugeteilt.

Ausgehend von diesen regelungstechnischen Rahmenbedingungen und den Vorgaben der Medizinprodukterichtlinien enthält der vorliegende Entwurf folgende wesentliche Regelungselemente, die für die Erfüllung seiner Aufgaben von größter Bedeutung sind:

Definitionen

Der Ausgangspunkt der Richtlinien besteht zunächst in der klaren begrifflichen Bestimmung von „Medizinprodukt“ und der Abgrenzung des eigenen Regelungsbereichs, insbesondere zu Arzneimitteln.


Die Medizinproduktedefinition nach den EU-Richtlinien ist wegen der starken Heterogenität des zu regelnden Produktbereichs sehr weit gefaßt und schließt Instrumente, Geräte, Stoffe, sonstige Gegenstände bis hin zu Software – allein oder in Kombination – ein. Auch Zubehör gilt als Medizinprodukt. Die medizinische Zweckbestimmung wird sehr weit gefaßt, sodaß von der Prophylaxe über Diagnostik und Therapie bis zur Rehabilitation alle medizinischen Anwendungsbereiche im weitesten Sinn abgedeckt sind. Im Unterschied zum Arzneimittelbereich erfüllen Medizinprodukte ihre Hauptwirkung am oder im menschlichen Körper vorwiegend auf physikalischem Wege (zB Herzschrittmacher, Hüftendoprothese). Andere Wirkungen, zB auch pharmakologische, können jedoch in unterstützender Funktion beteiligt sein (zB heparinbeschichteter Katheter).

Weitere begriffliche Unterscheidungen betreffen einzelne wichtige Untergruppen von Medizinprodukten, die vor allem im Hinblick auf die Klassifizierung und Konformitätsbewertung eine Rolle spielen (aktive Medizinprodukte, aktive implantierbare Medizinprodukte, Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose, Sonderanfertigungen, Medizinprodukte für die klinische Prüfung usw.). Ebenso wurden zentrale Begriffe der Binnenmarktregelungen wie „Hersteller“, „(erstmaliges) Inverkehrbringen“, „Inbetrieb­nahme“, „Zweckbestimmung“, „Harmonisierte Normen“, „Benannte Stelle“ in dieses Bundesgesetz übernommen.

Zusätzliche Begriffsbestimmungen wurden hinsichtlich der klinischen Prüfung von Medizinprodukten aufgenommen. Einerseits müssen hier rechtlich eindeutige Zuordnungen von Aufgaben und Verantwortungsbereichen der Deklaration von Helsinki oder sonstiger Anforderungen der Richtlinien an die wichtigsten Funktionsträger im Rahmen der klinischen Prüfung (Sponsor, Prüfer, Monitor) vorgenommen werden. Die entsprechenden Rollenbilder haben sich international sowohl im Medizinprodukte- als auch im Arzneimittelbereich einheitlich etabliert. Darüber hinaus sind in diesem Zusammenhang begriffliche Klärungen im Hinblick auf Dokumente, die gemäß den Medizinprodukterichtlinien für die klinische Prüfung wichtig sind, sowie von geeigneten Kontrollmechanismen und -einrichtungen (Inspektion, Audits, Ethikkommissionen) zu treffen.

Abgrenzung zu Arzneimitteln

Einer eingehenden und differenzierten Regelung bedürfen jene Fälle, in denen Medizinprodukte und Arzneimittel in unterschiedlicher Form in Kombination verwendet werden. Hier sind im Sinne der Richtlinien klare Zuordnungen und Vorgaben, vor allem auch hinsichtlich der relevanten Zulassungsverfahren vorzunehmen.

Verkehrsfähigkeit von Medizinprodukten im Geltungsbereich des Abkommens über den EWR

Das neue europäische Regelungssystem sieht als Zeichen der künftigen Verkehrsfähigkeit von Medizinprodukten die CE-Kennzeichnung vor. Ausnahmen betreffen nur Sonderanfertigungen und Medizinprodukte für die klinische Prüfung (die beide keine CE-Kennzeichnung führen dürfen), sowie Medizinprodukte für Ausstellungszwecke und Medizinprodukte, die von Ausnahmegenehmigungen (§ 32 „humanitäre Medizinprodukte“) erfaßt sind. Weiters gelten bis einschließlich 14. Juni 1998 im Prinzip jene Medizinprodukte als verkehrsfähig, die den bisherigen einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften entsprechen und die unter die Richtlinie 93/42/EWG fallen. Für aktive implantierbare Medizinprodukte existiert diese letztgenannte Option betreffend die nationalen „Altregelungen“ nicht mehr. Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose werden erst mit Inkrafttreten der 3. Medizinprodukterichtlinie (vermutlich ab 1998) die darin vorgesehene CE-Kennzeichnung führen dürfen.

Die CE-Kennzeichnung gemäß diesem Bundesgesetz darf auf einem Medizinprodukt nur angebracht werden, wenn es

        1.   die grundlegenden Anforderungen erfüllt und

        2.   wenn für dieses Medizinprodukt eine geeignete Konformitätsbewertung (= „Zulassungsver­fahren“) durchgeführt wurde.

Durch die Anbringung der CE-Kennzeichnung auf jedem einzelnen Medizinprodukt hat der Hersteller zu bescheinigen, daß das jeweilige Medizinprodukt die Anforderungen der anwendbaren Richtlinie(n) erfüllt und daß das oder die erforderlichen Konformitätsbewertungsverfahren korrekt durchgeführt worden sind. Wesentlich ist das Prinzip der Eurozulassung: der Hersteller führt die Konformitätsbewertung nur mit einer für diesen Aufgabenbereich benannten Stelle im EWR (oder bei Niedrigrisikoprodukten in eigener Verantwortung) durch und kann dann die CE-Kennzeichnung anbringen. Die CE-Kennzeichnung ist die Kennzeichnung der erfolgreich durchgeführten Eurozulassung. Mit der CE-Kennzeichnung versehene Medizinprodukte können innerhalb des gesamten EWR frei zirkulieren. Jeder EWR-Mitgliedstaat muß grundsätzlich das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme der CE-gekennzeichneten Medizinprodukte dulden, ohne zusätzliche nationale Zulassungs- oder Bestätigungsverfahren vorschreiben zu können. Der zB österreichische Hersteller kann für sein Medizinprodukt etwa die Konformitätsbewertung bei einer benannten Stelle in Dänemark durchführen, die CE-Kennzeichnung anbringen und dann sein Produkt im gesamten EWR ohne zusätzliches Zulassungsverfahren in Verkehr bringen. Damit wird auch für Medizinprodukte der freie Warenverkehr realisiert, wobei allerdings ein einheitliches europäisches Zulassungsverfahren vorgeschaltet und darüber hinaus eine Reihe weiterer Sicherheitsvorkehrungen vorgesehen ist (zB Medizinprodukteüberwachungssysteme der Vertragsstaaten des EWR).

Die Notwendigkeit eines einheitlichen europäischen Zulassungssystems hat sich ab etwa Mitte der 80er Jahre immer deutlicher herauskristallisiert. Selbst größere europäische Staaten sahen sich bei ihren Regelungsversuchen nicht mehr in der Lage, auch nur für einen nennenswerten Anteil der geschätzten 100 000 bis 400 000 verschiedenen Medizinprodukte, die sich auf dem europäischen Markt befinden, in einem vernünftigen Zeitrahmen ein nationales Zulassungsverfahren durchzuführen. Diese Aufgaben werden in Hinkunft arbeitsteilig von den benannten Stellen (= „Eurozulassungsstellen“) der Vertragsstaaten des EWR zu bewältigen sein. Im Rahmen dieser europäischen Arbeitsteilung werden für die Medizinproduktesicherheit im EWR Ressourcen bereitgestellt, die zumindest mit den Aufwendungen für das US-Zulassungssystem vergleichbar sind. Die Richtlinien und ihre nationalen Umsetzungen haben ein einheitlich hohes Niveau der benannten Stellen im EWR zum Ziel. Die Einteilung der Medizinprodukte in verschiedene Risikoklassen, denen wiederum adäquate Konformitätsbewertungsverfahren zugeordnet sind, gewährleistet eine gezielte Lenkung der Zulassungsressourcen in den Mittel- und vor allem Hochrisiko-
bereich.

Konformitätsbewertungsverfahren

Nach der Neuen Konzeption dürfen Medizinprodukte nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie den grundlegenden Anforderungen der nationalen Regelungen entsprechen, welche die relevanten Richtlinien umsetzen. Die Konformitätsbewertung (die sich für das jeweilige Medizinprodukt aus einem oder einer Kombination mehrerer Konformitätsbewertungsverfahren zusammensetzen kann) ist ein Mittel, um diese Übereinstimmung festzustellen.

Im Beschluß über das „Globale Konzept“ (ABl. EG Nr. L 380 vom 31. Dezember 1990 sowie ABl. EG Nr. L 220 vom 30. August 1993) ist die Zielsetzung eines Konformitätsbewertungsverfahrens folgendermaßen definiert: „Hauptziel eines Konformitätsbewertungsverfahrens ist es, die Behörden in die Lage zu versetzen, sich zu vergewissern, daß die in Verkehr gebrachten Produkte insbesondere in bezug auf den Gesundheitsschutz und die Sicherheit der Benutzer und Verbraucher den Anforderungen der Richt­linien gerecht werden.“

Entsprechend diesen Grundvorgaben wird für Medizinprodukte die Erfüllung der sie betreffenden Anforderungen der Richtlinien, insbesondere der grundlegenden Anforderungen, bzw. die Einhaltung der Anforderungen an ihre qualitätsgesicherte Herstellung ebenfalls in geeigneten Konformitätsbewertungsverfahren überprüft und festgestellt. Wesentlich ist das Prinzip der „Eurozulassung“ (1. Integrationsaspekt der Konformitätsbewertung). Weiters wird im zukünftigen europäischen Regelungssystem für Medizinprodukte der Weg zum integrierten, sich über alle relevanten Anforderungen erstreckenden Zulassungssystem beschritten, dh. es wird in Hinkunft keine, sich nur auf einzelne Teilaspekte beschränkende Teilzulassung geben (2. Integrationsaspekt der Konformitätsbewertung). Jedes Konformitätsbewertungsverfahren (bzw. jede zulässige Kombination von Konformitätsbewertungsverfahren) soll darüber hinaus im Prinzip die Kontrolle des gesamten Herstellungszyklus des Medizinproduktes, dh. die Produktentwurfs- und die Produktionsphase (einschließlich Endkontrolle, post-market-surveillance, zT Montage und Kundendienst) umfassen (3. Integrationsaspekt der Konformitätsbewertung). Dank des modularen Aufbaues dieses Zulassungssystems hat der Hersteller in der Regel in jeder Phase des Herstellungszyklus die Wahl zwischen verschiedenen gleichwertigen Konformitätsbewertungsverfahren. Während die grund­legenden Anforderungen von jedem Medizinprodukt – unabhängig von der Risikoklasse – gleichermaßen (soweit zutreffend) zu erfüllen sind, werden mit zunehmendem Risikopotential des Medizinproduktes die durchzuführenden Konformitätsbewertungsverfahren aufwendiger und die darin vorgesehenen Kontrollmaßnahmen für jede Phase der Herstellung umfassender und tiefgreifender.

Beachtung verdient auch, daß die Konformitätsbewertung nicht als punktuelles Evaluierungsereignis angelegt ist, sondern in der Regel wiederholte Beurteilungen umfaßt. So ist zB bei den Qualitätssicherungs-Modulen eine „Erstabnahme“, gefolgt von einer andauernden Überwachung des Qualitätssicherungs-Systems vorgesehen. Auch beim Modul „EG-Baumusterprüfung“ hat die initiale Evaluierung eine Laufzeit von maximal fünf Jahren und wird ergänzt durch eine obligatorische Nachbeurteilung nach Ablauf dieser Frist und bei etwaigen sicherheits- oder leistungsrelevanten Änderungen am Produkt.


Klassifizierung

Um jedem Medizinprodukt adäquate Konformitätsbewertungsverfahren zuordnen zu können, wurden in der Richtlinie 93/42/EWG die Medizinprodukte in die Klassen I, IIa, IIb, und III (III = höchste Risikogruppe) eingeteilt. Aktive implantierbare Medizinprodukte entsprechen im Hinblick auf die Konformitätsbewertungsverfahren praktisch der Klasse III. Für In-vitro-Diagnostik-Medizinprodukte wird es eine eigene unabhängige Klassifizierung geben.

Die Klassifizierung ist nach der Richtlinie 93/42/EWG an Hand von derzeit 18 Regeln (und einigen übergeordneten Prinzipien) durchzuführen. Die Regeln gehen im wesentlichen davon aus, daß je nach medizinischer Zweckbestimmung, Anwendungsort, -art, und -dauer am oder im menschlichen Körper oder außerhalb davon, und nach der eingesetzten Technologie ein jeweils abgestuftes Gefährdungspotential mit Medizinprodukten verbunden ist.

Harmonisierte Normen

Normen für Medizinprodukte werden in der Gestalt harmonisierter Normen im zukünftigen Regelungssystem eine neue und bedeutende Rolle spielen.

Die grundlegenden Anforderungen – als allgemein gehaltene Schutz- und Leistungsanforderungen an Medizinprodukte – werden durch harmonisierte europäische Normen im Detail zB im Hinblick auf spezifische Leistungs- und Schutzparameter, Anforderungsprofile und Prüfmethoden konkretisiert.

Diese Normen werden auf der Basis von gemeinsamen Normungsmandaten der EU und der EFTA von den europäischen Normungskomitees CEN (Europäisches Komitee für Normung) und CENELEC (Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung) erstellt und ihre Fundstellen als harmonisierte europäische Normen im Amtsblatt der EG kundgemacht. Bei der Erstellung der harmonisierten Normen im Rahmen von CEN und CENELEC arbeiten die nationalen Normungsorganisationen der EU- und EFTA-Länder eng zusammen. Harmonisierte europäische Normen sind in nationale Normen der Vertragsstaaten des EWR überzuführen. Den harmonisierten Normen sind in manchen Produktbereichen (zB chirurgische Nahtmaterialien; Medizinprodukte, die Behältnisse für Arzneimittel darstellen) Mono­graphien des Europäischen Arzneibuches gleichgestellt. Weitere harmonisierte Normen konkretisieren Anforderungen an die Herstellung von Medizinprodukten (Normen der Serien EN 9000 und EN 46000 über Qualitätssicherungssysteme), die im Rahmen von Konformitätsbewertungsverfahren große Bedeutung haben, sowie Anforderungen an benannte Stellen und an die klinische Prüfung von Medizinprodukten.

Die Anwendung der harmonisierten Normen bleibt prinzipiell freiwillig; die Befolgung der für ein Medizinprodukt oder der für die anderen Bereiche relevanten harmonisierten Normen gewährt jedoch dem Hersteller gegenüber einer benannten Stelle oder gegenüber einer Überwachungsbehörde eine widerlegliche Konformitätsvermutung in bezug auf die Erfüllung der grundlegenden oder sonstigen Anforderungen der Richtlinie(n). Dem Hersteller steht es zB bei innovativen Produkten durchaus frei, die grundlegenden Anforderungen abweichend von den harmonisierten Normen auf andere, zumindest gleichwertige Weise zu erfüllen. Allerdings besteht in diesem Fall in der Regel gegenüber der benannten Stelle oder gegenüber der Überwachungsbehörde ein erhöhter Aufwand für die Demonstration der Konformität mit Anforderungen der Medizinprodukterichtlinien (bzw. der diese umsetzenden nationalen Regelungen der EWR-Mitgliedstaaten).

Diese neue Funktion der harmonisierten Normen bietet allen Beteiligten große Vorteile im Hinblick auf die Demonstration und Überprüfung der Konformität mit den Anforderungen der Richtlinien und ist zugleich durch ihren im Prinzip freiwilligen Charakter sehr innovationsfördernd. Sie gewährleistet außerdem eine Fokussierung der Arbeit der Experten aus den Mitgliedstaaten von CEN und CENELEC in europäischen Normungsaktivitäten anstelle einer Verzettelung in divergenten nationalen Normungsvorhaben.

Benannte Stellen

Die Aufgaben im Rahmen der europäischen Konformitätsbewertung von Medizinprodukten (Medizinproduktezulassungssystem) werden in Hinkunft von den „benannten Stellen“ wahrzunehmen sein. Es handelt sich dabei um Einrichtungen, welche hohen Mindestanforderungen an ihre fachliche Kompetenz und Unabhängigkeit genügen müssen. Diese Stellen werden der Europäischen Kommission von den Mitgliedstaaten des EWR für bestimmte Zulassungsaufgaben (Medizinproduktbereiche und Konformitätsbewertungsmodule) notifiziert und erhalten eine Kennummer. Dieses Bundesgesetz sieht für österreichische Antragsteller eine Akkreditierung durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten und die Notifizierung durch das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz vor. Benannte Stellen werden einer Überwachung durch die zuständigen Behörden unterliegen.

Klinische Prüfungen

Ein wichtiger Teil des vorliegenden Entwurfes regelt die Voraussetzungen und die Durchführung von klinischen Prüfungen. Der Medizinproduktebereich ist durch ungeheures Innovationspotential und große Dynamik gekennzeichnet. Neue und ständig verfeinerte Technologien und Methoden brauchen aber vor ihrer breiten Anwendung im medizinischen Alltag in der Regel eine Phase gründlicher klinischer Erprobung. Klinische Forschung mit Medizinprodukten muß als Forschung am Menschen besonders hohen medizinischen, ethischen und rechtlichen Anforderungen genügen. Für die Regelungen ergeben sich dabei zwei inhaltliche Schwerpunkte:

1. Die Versuchspersonen (Patienten oder Probanden) müssen gerade in dieser sensiblen Phase höchstmöglichen Schutz ihrer Gesundheit, Sicherheit, Integrität und Rechte genießen, da fast jede klinische Erprobung mit gewissen, nicht immer völlig vorhersehbaren und ausschaltbaren Risken verbunden ist.

2. Planung, Anlage, Durchführung und Auswertung von klinischen Prüfungen müssen gewährleisten, daß wissenschaftlich aussagekräftige, nachvollziehbare Ergebnisse erzielt werden können, deren klinische Relevanz beurteilt werden kann. Dieser Aspekt ist mit dem des Schutzes der Versuchspersonen eng verbunden, da es etwa völlig unethisch wäre, eine Versuchsperson um Einwilligung zu einer Studie zu ersuchen, die schon von ihrem Design her keine wissenschaftlich aussagekräftigen Ergebnisse erwarten läßt („Unwissenschaftliche Vorgangsweise ist unethisch“). Durch den wissenschaftlich einwandfreien Ablauf der klinischen Prüfung sollen verläßliche und gesundheitlich relevante Daten über die klinischen Leistungen und die Risken eines Medizinproduktes erhoben werden. Dies ermöglicht fundierte Vergleiche mit anderen Medizinprodukten oder sonst im Anwendungsbereich etablierten Behandlungsmethoden. Klinische Prüfungen legen damit nicht zuletzt die wissenschaftliche Basis für rationale Investitionsentscheidungen im Gesundheitswesen, deren Bedeutung angesichts knapper Ressourcen gar nicht überschätzt werden kann.

Die wesentlichen Grundprinzipien dieses Bundesgesetzes für den Schutz der Versuchspersonen entsprechen im Einklang mit den Medizinprodukterichtlinien den Bestimmungen der Deklaration von Helsinki idF Hongkong 1989 und sind mit einer Konformitätsvermutung hinsichtlich einschlägiger harmonisierter Normen versehen. Sie beinhalten etwa die Verpflichtung zur adäquaten Aufklärung und zur Einholung des Einverständnisses und die Gewährleistung eines Versicherungsschutzes für alle Schäden, die infolge der Teilnahme an einer klinischen Prüfung auftreten. Entscheidend ist auch, daß die Versuchsperson keinen unwägbaren Risken ausgesetzt wird; daher wird eine Gefahrenanalyse und eine eingehende Darlegung aller Maßnahmen zur Ausschaltung oder Minimierung von Risken vorgeschrieben. Verbleibende unvermeidbare Risken müssen im Hinblick auf den voraussehbaren Nutzen für die Versuchsperson medizinisch vertretbar sein. Bestimmte Personengruppen (wie etwa Minderjährige, Schwangere und Stillende) unterliegen besonderen zusätzlichen Schutzvorschriften.

Die Bestimmungen zum Schutz der Versuchspersonen und zur Sicherstellung eines wissenschaftlich aussagekräftigen Designs der Studien werden im Einklang mit den Anforderungen der Medizinprodukterichtlinien durch organisatorisch-institutionelle Kontrollmechanismen abgesichert:

        1.   Vorherige Befassung der zuständigen Ethikkommission und Einholung ihrer Stellungnahme;

        2.   Meldung der klinischen Prüfung an den Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz unter Vorlage geeigneter Unterlagen. Die Behörde kann erforderlichenfalls weitergehende Dokumentationen anfordern;

        3.   Bei bestimmten Hochrisikoprodukten darf mit der klinischen Prüfung erst begonnen werden, wenn der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz innerhalb einer Frist von 60 Tagen aus Gründen der öffentlichen Gesundheit und Ordnung keinen Einspruch erhoben hat;

        4.   Fakultative begleitende Kontrolle (Inspektionen) klinischer Prüfungen durch die Ethikkommission und das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz.

Überwachung und Schutz vor Risken

Die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes muß durch geeignete Kontrollmechanismen überwacht und sichergestellt werden.

Während die Regelungen für klinische Prüfungen und für die Konformitätsbewertung (Zulassung) unter Sicherheits- und Leistungsaspekten die Voraussetzungen für die Verkehrsfähigkeit kontrollieren, erfordern die Binnenmarktregelungen darüber hinaus auch eine effiziente Marktüberwachung zur Gewährleistung der Sicherheit, Qualität und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten durch die zuständigen Behörden.

Grundvoraussetzung für eine effiziente Marktüberwachung durch das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz ist zunächst die Transparenz wesentlicher Vorgänge (zB erstmaliges Inverkehrbringen bestimmter Produkte) und über beteiligte Stellen (Hersteller, Bevollmächtigte im EWR, Prüfstellen usw.) im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes. Dazu sind geeignete Register einzurichten, deren Informationen gemäß den Richtlinien in begründeten Fällen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten des EWR zugänglich zu machen sind. Derzeit werden auf europäischer Ebene Überlegungen zum Aufbau eines gemeinsamen europäischen Datenbanksystems für Medizinprodukte angestellt, das in einigen Jahren einen Teil der nationalen Datenbanken ersetzen oder ergänzen könnte.

Alle Personen, Stellen oder Einrichtungen, die berufs- oder gewerbsmäßig in sicherheitsrelevanter Weise mit Medizinprodukten umgehen, und alle zugehörigen sicherheitsrelevanten Vorgänge und Unterlagen können im Prinzip einer Überwachung gemäß diesem Bundesgesetz unterliegen. Die Überwachung erfolgt dabei stichprobenweise oder bei Verdacht auf Verstöße gegen dieses Bundesgesetz. Sie trägt prinzipiell nicht den Charakter eines zusätzlichen „Zulassungsverfahrens“ für CE-gekennzeichnete Produkte.

Besonders wichtig zur Abwehr von Risken – und auch von den Richtlinien gefordert – ist die zentrale Erfassung und Bewertung von Meldungen über Zwischenfälle mit Medizinprodukten sowie von Rückrufen.

Entsprechende Meldepflichten sollen derartige Vorkommnisse einer Abklärung zugänglich machen, um mögliche Wiederholungen gleichartiger Schädigungen oder Gefährdungen anderer Patienten oder Anwender zu verhindern. Für die Hersteller oder deren Bevollmächtigte im EWR leiten sich diese Meldepflichten direkt aus den Richtlinien ab. Für die berufsmäßigen Anwender/Betreiber wurden erweiterte Meldepflichten aufgenommen, da nach den bisherigen internationalen Erfahrungen gerade aus diesem Kreis der Großteil der initialen Berichte zu erwarten ist.

Die Abklärung und Bewertung dieser Meldungen ist vom Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz oder unter seiner Aufsicht durchzuführen und von ihm zu koordinieren. Bei begründetem Verdacht auf Gefährdungen durch Medizinprodukte sind alle erforderlichen Untersuchungen zur Abklärung einzuleiten. Ergeben die Erhebungen eine Gefährdung durch Produktmängel oder durch Mängel in der Herstellung, so sind alle geeigneten Maßnahmen zur Abwendung von Gefahren zu treffen. Dabei ist erforderlichenfalls auch die rechtzeitige Information der Anwender und Betreiber wesentlich.

Anwender, Be- und Vertreiber sowie Hersteller und deren Bevollmächtigte im EWR sind zu einer aktiven Vorgangsweise und Mithilfe bei der Erfassung und Abklärung von Risken durch Medizinprodukte, insbesondere der genannten Zwischenfälle und zur Einleitung geeigneter Schutzmaßnahmen im eigenen Verantwortungsbereich verpflichtet.

Im Zuge von Rückrufaktionen müssen Schutzmaßnahmen möglichst gezielt und rasch auf die betroffenen Medizinprodukte und ihre Vertreiber, Anwender und Betreiber sowie erforderlichenfalls auf betroffene Patienten ausgerichtet werden; die Verfolgbarkeit von Medizinprodukten, insbesondere von Hochrisikoprodukten, muß daher gewährleistet sein. Diese muß vom Hersteller oder seinen Bevollmächtigten im EWR bzw. den Vertreibern bis zu den Einrichtungen des Gesundheitswesens, von diesen erforderlichenfalls in geeigneter Weise eventuell bis zum Patienten sichergestellt werden. Die Spezifität und der Umfang der erforderlichen Daten zur Verfolgbarkeit wird natürlich nach dem Risikopotential der jeweiligen Medizinproduktegruppen abzustufen sein. So wird bei kritischen Implantaten, wie etwa Herzklappen oder Herzschrittmachern, jedes einzelne Implantat verfolgbar sein müssen, in anderen Fällen wird eine chargenweise Verfolgbarkeit zu fordern sein. In weniger kritischen Produktbereichen genügen schließlich allgemeinere Aufzeichnungen über den Vertriebsweg. Weiters wurde eine Regelungsermächtigung hinsichtlich der Einrichtung von Implantatregistern aufgenommen. Diese erlauben für lebenswichtige Implantate etwa bei internationalen Rückrufaktionen eine rasche Beurteilung, ob zB ein bestimmtes Herzschrittmachermodell oder ein Schrittmacherelektrodenkabel in Österreich überhaupt implantiert wurde und führen gegebenenfalls sofort zu den betroffenen Patienten bzw. zu den sie betreuenden medizinischen Einrichtungen. Österreich hat gerade auf diesem Gebiet Pionierarbeit geleistet und verfügt seit 1980 über ein Herzschrittmacherregister. Diese Regelungsermächtigung ist auch in bezug auf eine mögliche Mitwirkung an geplanten europäischen Implantatregistern angezeigt. Für Fälle, in denen eine systematische Sammlung von Daten zur Nutzen-/Risikobewertung, zB zur Beurteilung von Langzeitauswirkungen bestimmter Implantate aus dringenden Gründen des Gesundheitsschutzes angezeigt ist, können Maßnahmen zur Anwendungsbeobachtung vorgeschrieben werden.

Hersteller oder sonstige für das erstmalige Verfügbarmachen von Medizinprodukten im EWR Verantwortliche nehmen durch diese Tätigkeiten besondere europäische Verantwortlichkeiten auf sich. Sie müssen daher auch bei der Abwicklung von europäischen Vigilance-Fällen, die ihre Produkte betreffen, verantwortungsvoll mitwirken können und dabei mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten des EWR zusammenarbeiten. Um hier die nötige Professionalität und Effizienz zu sichern, wird für den Bereich dieser europäischen Verantwortlichkeiten die Position eines Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte eingeführt.

Der Medizinprodukteberater, der für die Beratung und gegebenenfalls Einschulung der Fachkreise zuständig ist, hat Mitteilungen aus diesen Kreisen mit Relevanz für die Medizinproduktesicherheit aufzunehmen und weiterzuleiten.

Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens

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Die europäischen Medizinprodukterichtlinien erfordern auch eine Anpassung bestehender Regelungen zur Instandhaltung von Medizinprodukten in den Einrichtungen des Gesundheitswesens. Ein entscheidendes Element der Medizinproduktesicherheit liegt in ihrer sachkundigen Anwendung und fachgerechten Instandhaltung, insbesondere bei der professionellen Anwendung (zB N. Leitgeb: Sicherheits-
zustand elektromedizinischer Geräte in Österreichs Krankenanstalten, Österreichische Krankenhaus-Zeitung 33, 1992). Es ist eine durchgängige internationale Erfahrung, daß ein erheblicher Anteil von Zwischenfällen mit Medizinprodukten auf deren fehlerhafte und nicht zweckentsprechende Anwendung oder Instandhaltung zurückzuführen ist. Untersuchungen über die Ursachen von Zwischenfällen mit medizintechnischem Gerät (zB S. Bleyer: Medizinisch-technische Zwischenfälle in Krankenhäusern und ihre Verhinderung; Mitteilungen des Institutes für Biomedizinische Technik und Krankenhaustechnik der Medizinischen Hochschule Hannover; 1992) zeigen immer wieder, daß Bedienungsfehler und Instandhaltungsmängel bei weitem überwiegen. Statt eines erhofften diagnostischen oder therapeutischen Erfolgs kann es dann zu gesundheitlichen Gefährdungen von Patienten kommen oder es werden aufwendige Wiederholungen diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen erforderlich. Unter einer ungenügenden, auch vorsorglichen Instandhaltung leidet zwangsläufig oft die medizinisch und technisch vertretbare Nutzungsdauer von medizinischem Gerät. Die Einführung des europäischen Zulassungssystems bliebe nur Stückwerk auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Konzept der Medizinproduktesicherheit, wenn sie nicht auch durch geeignete Qualitäts- und Sicherheitsüberlegungen bei der professionellen Anwendung und Instandhaltung ergänzt würde. Im Vordergrund dieses Regelungssegmentes stehen die Festschreibung allgemeiner Sorgfaltspflichten, geräte- oder gerätegruppenorientierte Anforderungen an die Qualifikation des Personals, welches Medizinprodukte anwendet oder instandhält, besondere Einschulungen und gegebenenfalls Funktionsprüfungen bei bestimmten Hochrisikoprodukten, Anforderungen an die bestimmungsgemäße Anwendung von Medizinprodukten, gegebenenfalls die adäquate Information von Patienten, insbesondere Implantatträgern, die qualitätsgesicherte Instandhaltung von Medizinprodukten, die besonderen Betreiberverantwortlichkeiten und die Qualifikation jener Personen oder Stellen, die Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsaufgaben im Rahmen der Instandhaltung übernehmen.

Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens

Gerade im letzten Jahrzehnt mußte man im Gesundheitswesen eine verstärkte Bedrohung durch Infektionskrankheiten sowie Analysen über die medizinische Relevanz und die hohen Kosten von Hospitalinfektionen zur Kenntnis nehmen.

Wenngleich Medizinprodukte nur einen Beitrag zur Lösung dieser Probleme leisten können, messen die neuen europäischen Medizinprodukteregelungen sowohl bei den grundlegenden Anforderungen als auch bei der Konformitätsbewertung der hygienischen Sicherheit von Medizinprodukten größte Bedeutung bei und werden darin von einem umfangreichen europäischen Normenwerk, insbesondere über alle Aspekte der Sterilisation von Medizinprodukten unterstützt. Sterile Medizinprodukte bedürfen im Rahmen der Konformitätsbewertung in jedem Fall der Befassung einer benannten Stelle. Zudem fallen Sterilisatoren in Einrichtungen des Gesundheitswesens unter die europäischen Medizinprodukteregelungen ebenso wie Indikatorsysteme und Sterilverpackungen.

Die neue europäische Sicherheitsphilosophie für den Sterilisationsprozeß soll sicherstellen, daß unter einer Million sterilisierter Medizinprodukte sich maximal ein Prozeßversager finden darf, welcher eventuell noch eine mikrobielle Kontamination aufweist. Der Erfolg eines Sterilisationsverfahrens kann bei dieser hohen Sicherheitsanforderung nicht mehr am Endprodukt bestätigt werden. Es muß vielmehr sichergestellt sein, daß der gesamte Prozeßablauf und seine wesentlichen Determinanten (beginnend mit der Aufbereitung und Verpackung des Sterilisiergutes über jeden erforderlichen Zwischenschritt bis zur Sterilisation, Freigabe, Lagerung, Verteilung, Dokumentation, einschließlich der erforderlichen Geräteausstattung und der Qualifikation des Personals, interner und externer Kontrollmechanismen usw.) qualitätsgesichert nach einem reproduzierbaren, validierten Verfahren abläuft. Dies gilt insbesondere für die Sterilisation blutiger, teilweise stark kontaminierter Medizinprodukte in den Einrichtungen des Gesundheitswesens.

Das vorliegende Bundesgesetz trifft daher die erforderlichen Vorkehrungen, damit auch in den Einrichtungen des Gesundheitswesens dieser neue europäische Sicherheitsstandard garantiert ist.

Qualitätsmanagement für Medizinprodukte in Einrichtungen des Gesundheitswesens

Elemente des Qualitätsmanagements zur Sicherung und kontinuierlichen Verbesserung der Qualität sind aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. Dies betrifft insbesondere jene Bereiche, in denen die Anwendung von Medizinprodukten im Vordergrund steht. Gerade diese Fachspezialitäten (zB Labormedizin, Strahlentherapie, Nuklearmedizin, Radiologie-Diagnostik) haben sehr frühzeitig konkrete Vorstellungen über qualitätsgesicherte Abläufe entwickelt und waren immer Vorreiter dieser auch von der Weltgesundheitsorganisation massiv unterstützten Bewegung.

Mehrere Regelungsermächtigungen dieses Bundesgesetzes versuchen diese zukunftsorientierte Entwicklung zu begleiten und zu steuern.

So wird es möglich sein, in enger Zusammenarbeit mit den führenden Fachgesellschaften fachspezifische Anforderungen an Systeme zur Sicherung und Verbesserung der Qualität in medizinischen Bereichen zu erarbeiten und als Grundlage für freiwillige Zertifizierungen von Qualitätsmanagement-Systemen zu benutzen. Auch die Anforderungen an einschlägige Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen für Qualitätsmanagement-Systeme in medizinischen Bereichen mit dominanter Medizinprodukteanwendung sollen im Verordnungswege festgelegt werden können. In vitalen Fragen des Gesundheitswesens wird es auch möglich sein, falls erforderlich, Elemente von Qualitätsmanagement-Systemen verbindlich vorzuschreiben, wie dies jetzt schon in der HIV-Diagnostik in Österreich vorgesehen ist.

Besondere Bestimmungen für den Betrieb, Abgabe, Verschreibung, Werbung

Betriebe oder Einrichtungen, welche Medizinprodukte in Verkehr bringen, leisten einen wichtigen Beitrag zur Medizinproduktesicherheit. Dies beginnt mit der Verpflichtung zur Sicherstellung, daß nur konforme, verkehrsfähige Medizinprodukte beschafft und dem weiteren Vertrieb zugeleitet werden. Wichtig sind natürlich alle Vorkehrungen zur – auch hygienisch – einwandfreien Lagerung. Die organisatorischen Voraussetzungen für die Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Medizinprodukteüberwachungssystem müssen vorliegen. Auf die für die Medizinproduktesicherheit so wichtige Verfolgbarkeit vor allem von Hochrisikoprodukten ist größter Wert zu legen. Gerade im Medizinproduktebereich muß besonders auf die fachliche Qualifikation des Personals geachtet werden, damit Patienten oder Anwender korrekt informiert, beraten oder geschult werden können und daß erforderliche Prüfungen und sonstige Instandhaltungsmaßnahmen (zB Wartung) ordnungsgemäß durchgeführt werden können.

Die Medizinproduktesicherheit muß auch durch geordnete, fachlich qualifizierte betriebliche Abläufe und Vorkehrungen beim Vertrieb gewährleistet werden. Betriebsordnungen sollen Grundelemente einer Good Distribution Practice mit besonderer Relevanz für die Sicherheit, Qualität und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten etablieren helfen. Dabei ist auch eine aktive Vorsorge (zB Verfolgbarkeit von Medizinprodukten) und Mitarbeit bei der Abklärung von Zwischenfällen und bei allenfalls erforderlichen Rückrufaktionen gefordert.

Abgabebestimmungen sollen sicherstellen, daß Medizinprodukte, speziell in sensiblen Bereichen, nur von dafür qualifizierten Stellen und Personen abgegeben werden dürfen. Diese Personen bzw. Stellen müssen gegebenenfalls auch eine adäquate Information und Einschulung der Kunden gewährleisten.

Die Abgabe von Medizinprodukten, deren Anwendung durch Patienten nur im Zusammenhang mit einer ärztlichen Behandlung erfolgen sollte, oder für die aus anderen Gründen des Gesundheitsschutzes besondere Vorsorgen vorzusehen sind, kann erforderlichenfalls an eine ärztliche Verschreibung gebunden werden.

Werbebestimmungen sehen generell das Verbot von Irreführungen vor.


Ebenso ist zum Schutz von Verbrauchern vorzusehen, daß entsprechende rechtliche Handhaben gegen unverantwortliche und mißbräuchliche Werbemaßnahmen von Außenseitern bestehen. Werbemaßnahmen für Fachkreise müssen die korrekte fachliche Information der professionellen Anwender, gegebenenfalls unter Berücksichtigung der im Konformitätsbewertungsverfahren genehmigten Produktinformation, gewährleisten.

Im Kontext von Werbemaßnahmen ist auch auf ein korrektes Beschaffungswesen für Medizinprodukte in Einrichtungen des Gesundheitswesens zu achten.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung eines „Medizinproduktegesetzes“ stützt sich auf den Kompetenztatbestand „Gesundheitswesen“ (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B‑VG). Dies auf Grund der Waren der dem gegenständlichem Gesetzesvorschlag unterliegenden Produktgruppe immanen­ten Zweck­bestim­mung (vgl. § 2 Abs. 1 und 5) und der dem Auftrag verantwortungsbewußter Gesund­heitspolitik entsprechenden Gewährleistung der Medizinproduktesicherheit zum Schutz der menschlichen Gesundheit durch entsprechende spezifische Reglementierungen im Hinblick auf Funktionstüchtigkeit, Leistungs­fähigkeit und Qualität von Medizinprodukten.

Hat es auch im Versteinerungszeitpunkt auf einfachgesetzlicher Ebene keine dem vorliegenden Entwurf eines Medizinproduktegesetzes vergleichbaren Regelungen gegeben, so ist ein solches legislatives Vorhaben angesichts seiner eminenten gesundheitspolitischen Bedeutung dennoch im Sinne intrasystematischer Fortentwicklung dem Kompetenztatbestand „Gesundheitswesen“ zu unterstellen.

Es ist darüber hinaus Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, „daß Maßnahmen der Staatsgewalt, die der Abwehr von Gefahren für den allgemeinen Gesundheitszustand der Be­völkerung (für die Volksgesundheit) dienen, zur Sanitätspolizei und damit zum Gesundheits­wesen (Art. 10 Abs. 1 Z 12 B‑VG) gehören, es sei denn, daß eine für eine bestimmte andere Kompetenzmaterie allein typische Abart dieser Gefahr bekämpft wird“ (vgl. etwa die Er­kenntnisse des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 3650/1959, 7582/1975, 8035/1977). Bei den durch das ungeregelte Inverkehrbringen und Anwenden von Medizinprodukten entstehenden Gefahren für die menschliche Gesundheit handelt es sich nun um derartige allgemeine Gefah­ren, die für keinen anderen Kompetenztatbestand als jenen des Gesundheitswesens des Art. 10 Abs. 1 Z 12 typisch sind. Diese Ge­fahren sind den für die menschliche Gesundheit durch das Inverkehrbringen ungeprüfter Arzneimittel verursachten Gefahren in kompetenzrechtlicher Hinsicht durchaus vergleichbar. Der Bundesgesetzgeber ist daher zuständig, die im Entwurf enthaltenen Bestimmungen unter dem Gesichtspunkt des Kompetenztatbestandes „Gesundheitswesen“ des Art. 10 Abs. 1 Z 12 B‑VG zu regeln.

II. Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu § 1:

Dieser Paragraph umschreibt den Regelungsinhalt dieses Bundesgesetzes; näheres ist im allgemeinen Teil der Erläuterungen ausgeführt.

Zu § 2 Abs. 1:

Diese Bestimmung entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. a der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG.

Die Definition des Medizinproduktes in den genannten Richtlinien umfaßt den Gesamtbereich medizinischer Geräte, Bedarfsartikel, medizinischer Hilfsmittel für Behinderte und Laborgeräte (einschließlich der In-vitro-Diagnostika). Damit wird jener für die Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Anwendern und Dritten so sensible Produktbereich, der neben den Arzneimitteln für die medizinische Behandlung (auch Selbstbehandlung) im weitesten Sinn bestimmt ist, nunmehr einheitlichen europäischen Regelungen zugeführt. Im Unterschied zu Arzneimitteln wird der medizinische Zweck bei Medizinprodukten vorwiegend auf physikalischem Wege (zB Herzschrittmacher, medizinische Laser, Hüft­implantate) angestrebt. Pharmakologische Aspekte (zB heparinisierter Katheter, Kortikoid-Depot an der Spitze einer Herzschrittmacherelektrode) können jedoch in unterstützender Funktion zur Hauptwirkung beteiligt sein.

Während in der Richtlinie 90/385/EWG die Subsumption des erforderlichen Zubehörs unter die Regelungen der Richtlinie direkt in der Definition des Medizinproduktebegriffs vollzogen wird, erfolgt sie in der Richtlinie 93/42/EWG in gleichwertiger Weise im Art. 1 Abs. 1. Dieses Bundesgesetz folgt in der Definition der „moderneren“ Fassung der Richtlinie 93/42/EWG und trifft die erforderliche Klarstellung zum Zubehör in der Festlegung des Anwendungsbereiches in § 1 und in der Definition des Zubehörbegriffes (§ 2 Abs. 2).

Die vom Hersteller vorgegebene intendierte Anwendung und Zweckbestimmung ist für die Einstufung eines Produktes als „Medizinprodukt“ maßgeblich. Nähere Bestimmungen zu der vom Hersteller in den Produktunterlagen geltend zu machenden intendierten Anwendungen und medizinischen Zweckbestimmungen finden sich im II. Hauptstück.


Der Medizinproduktebegriff im Sinne dieses Bundesgesetzes und der Richtlinien umfaßt nur Produkte, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen bestimmt sind.

Die medizinische Zweckbestimmung wird in den Richtlinien und daher auch in diesem Bundesgesetz so weit ausgelegt, daß praktisch der Gesamtbereich medizinischer Anwendungen (auch Selbstbehandlungen) von der Prophylaxe über Diagnose und Therapie bis zur Rehabilitation abgedeckt ist. Auf Anregung von Behindertenorganisationen wurde in der Definition der Richtlinie 93/42/EWG und in diesem Bundesgesetz die in der Definition der Richtlinie 90/385/EWG implizit enthaltene Berücksichtigung von medizinischen Anwendungen für Behinderungen explizit herausgestellt. Weiters erfolgte in der Definition der Richtlinie 93/42/EWG, der dieses Bundesgesetz folgt, vor allem im Hinblick auf die erforderliche, verbesserte terminologische Abgrenzung zur Richtlinie 89/336/EWG betreffend persönliche Schutzausrüstungen eine Klarstellung, daß wohl die Verhütung von Erkrankungen, nicht aber jene (ausschließlich) von Verletzungen oder Behinderungen von Intention und Umfang des Medizinproduktebegriffs erfaßt sind. Hinsichtlich der durch die Richtlinie 90/385/EWG geregelten Produkte ergibt sich dadurch gegenüber diesem Bundesgesetz kein Unterschied.

Zu § 2 Abs. 2:

Abs. 2 entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 93/42/EWG. In der Richtlinie 90/385/EWG wird der Begriff „Zubehör“ zwar verwendet („Zubehörteile“ in Art. 1 Abs. 2 lit. a), um das erforderliche Zubehör in den Regelungsumfang der Direktive einzubeziehen, aber nicht explizit definiert.

Die hohen Anforderungen an den Schutz der Gesundheit und Sicherheit im Zusammenhang mit Medizinprodukten könnten ohne Einbeziehung des erforderlichen Zubehörs in den Regelungsumfang der Richtlinien und dieses Bundesgesetzes nicht befriedigend verwirklicht werden. Gerade im Medizinproduktebereich stellen das Zubehör und seine volle Kompatibilität mit den Medizinprodukten, mit denen es gemeinsam angewendet werden soll, einen integralen Faktor der medizinischen Leistung und Sicherheit des Produktes dar (zB Endoskop mit Zusatzeinrichtungen für die Entnahme von Gewebeproben, für die Hochfrequenzchirurgie, für die Reinigung, für die Absaugung, mit Zusatzoptiken für Unterrichtszwecke, Gleitmittel usw.). Der Begriff „Zubehör“ beinhaltet sowohl Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Stoffe als auch andere Gegenstände, einschließlich der für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software.

Zu § 2 Abs. 3:

Diese Definition entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 90/385/EWG bzw. Punkt 1.4. des Anhangs IX der Richtlinie 93/42/EWG.

Darunter fallen im wesentlichen Medizinprodukte mit einer elektrischen Energiequelle, radioaktive Quellen für die Brachy- und Teletherapie oder Medizinprodukte, die mit Gasdruck oder Vakuum betrieben werden. Im Anhang IX der Richtlinie 93/42/EWG erfolgt auch die Präzisierung hinsichtlich der Einstufung von Medizinprodukten, die der Übertragung von Energie, Stoffen oder Parametern zwischen einem aktiven Medizinprodukt im Sinne des Satzes 1 und dem Patienten dienen. Ein Elektrodenkabel, das elektrische Signale von einer EKG-Elektrode an der Körperoberfläche an das EKG-Gerät übermittelt, gilt daher per se nicht als aktives Medizinprodukt, da die rein widerstandsbedingte Änderung der Amplitude beim Übertragungsvorgang nicht als wesentliche Veränderung einzustufen ist.

Durch die Begriffsbestimmung des „Zubehörs“ in § 2 Abs. 2, letzter Satz, ist in Entsprechung zur Richtlinie 90/385/EWG sichergestellt, daß Medizinprodukte, die der Übertragung von Energie, Stoffen oder Parametern zwischen dem Patienten und einem aktiven implantierbaren Medizinprodukt (als Zubehör zu diesem) dienen, auch als aktive implantierbare Medizinprodukte gelten.

Zu § 2 Abs. 4:

Diese Bestimmung entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. c der Richtlinie 90/385/EWG.

Der dadurch umfaßte Produktbereich wird exemplarisch im allgemeinen Teil der Erläuterungen bei der Auflistung der Medizinprodukterichtlinien dargestellt.


Zu § 2 Abs. 5:

Abs. 5 ergibt sich aus Art. 1 Abs. 2 lit. c der Richtlinie 93/42/EWG mit den Präzisierungen, die sich im Rahmen der Vorbereitungen für die 3. Medizinprodukterichtlinie betreffend Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose als notwendig erwiesen haben.

Der Begriff umfaßt sowohl In-vitro-Diagnostik-Tests (zB Schwangerschaftstests, Teststreifen für Blutzucker oder Harnanalyse, Kits für Hormonanalysen, für Tumormarker, für das „drug monitoring“, Tests für das Neugeborenen-Screening, für Infektionskrankheiten, für Blutgruppen usw.) als auch medizinische Laborgeräte (zB für die Blutgasanalyse, Automaten für die Analyse zahlreicher Blut- oder Harnparameter).

In der Richtlinie 93/42/EWG wird der Begriff nur definiert, um diese Produktgruppe vom Geltungsbereich der Richtlinie ausschließen zu können. In diesem Bundesgesetz werden In-vitro-Diagnostik-Medizinprodukte zwar ebenfalls vom (derzeitigen) Geltungsbereich der spezifischen Regelungselemente der Medizinprodukterichtlinien ausgenommen; in Anbetracht ihrer großen Bedeutung für die medizinische Versorgung erfolgt aber die Subsumption unter die „nationalen“ Regelungselemente dieses Bundesgesetzes. Damit soll in einem sensiblen Bereich eine Rechtslücke bis zum vollen Inkrafttreten der entsprechenden EU-Richtlinie (vermutlich im Jahr 2001) vermieden werden.

Zu § 2 Abs. 6:

Die vorliegende Begriffsbestimmung entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. d der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG.

Die in der Richtlinie 93/42/EWG enthaltene Präzisierung wurde auch in dieses Bundesgesetz übernommen. Die Richtlinien fassen den Begriff der Sonderanfertigung sehr restriktiv, um eine unter Gesundheits- und Sicherheitsaspekten bedenkliche Aushöhlung der Konformitätsbewertungsverfahren durch übermäßige Inanspruchnahme der erleichterten Zulassungsbedingungen bei Sonderanfertigungen zu verhindern.

Ein Beispiel für die im letzten Satz genannten Anpassungen wären etwa serienmäßig hergestellte chirurgische Instrumente, die für einen Arzt adaptiert werden, der zB Linkshänder ist oder der bestimmte Körpermaße aufweist.

Zu § 2 Abs. 7 und 8:

Diese Begriffsbestimmung entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. i der Richtlinie 90/385/EWG in der Fassung der Richtlinie 93/42/EWG sowie Art. 1 Abs. 2 lit. f der Richtlinie 93/42/EWG.

Bei dieser Definition handelt es sich um ein zentrales Konzept der Binnenmarktregelungen.

Der Hersteller ist derjenige, der die Verantwortung für den Entwurf und die Herstellung eines Medizinproduktes trägt, das in seinem Namen im EWR in Verkehr gebracht werden soll. Der Hersteller ist verpflichtet, sein Medizinprodukt entsprechend den grundlegenden Anforderungen der Richtlinien zu entwickeln und herzustellen und die in den nationalen Regelungen zur Umsetzung der Medizinprodukterichtlinien vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren einzuhalten. Dafür trägt er die volle Verantwortung.

Der Hersteller kann einige dieser Arbeiten an Subunternehmer vergeben, solange er selbst die Oberaufsicht über die gesamten Arbeiten behält und dafür auch weiterhin die Verantwortung trägt.

Wer die Zweckbestimmung eines Medizinproduktes ändert, wird zum Hersteller dieses Produktes; er hat die in diesem Bundesgesetz und seinen Verordnungen festgelegten Herstellerverpflichtungen zu erfüllen und trägt die Verantwortung für die Folgen, die sich aus der Änderung des Verwendungszwecks ergeben.

Wer ein gebrauchtes Medizinprodukt aus einem Drittland importiert, um es mit den grundlegenden Anforderungen in Einklang zu bringen, übernimmt ebenfalls die in diesem Bundesgesetz oder seinen Verordnungen niedergelegten Herstellerverpflichtungen und trägt für die Erfüllung dieser Anforderungen die Verantwortung.

Abs. 8 stellt klar, daß der Herstellerstatus unberührt bleibt, wenn für die Herstellung des Medizinproduktes Fertigteile oder Fertigelemente verwendet werden, wenn aus bereits bestehenden Fertigerzeugnissen ein neues Fertigerzeugnis hergestellt wird oder ein oder mehrere vorgefertigte Medizinprodukte montiert, abgepackt, behandelt, aufbereitet oder mit Kennzeichnung oder Zweckbestimmung im Hinblick auf das erstmalige Inverkehrbringen im eigenen Namen versehen werden.

Die vorliegende Definition soll sicherstellen, daß neben natürlichen und juristischen Personen auch Hersteller, die in der Rechtsform einer Personengesellschaft des Handelsrechtes oder einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft auftreten, unter den Herstellerbegriff subsumiert werden können.

Der letzte Satz von Abs. 8 bezieht sich auf Vorgänge vor allem im Bereich der Gesundheitshandwerke, wenn im Rahmen der Zweckbestimmung bereits erstmalig in Verkehr gebrachter Medizinprodukte für namentlich genannte Patienten lediglich bestimmte individuelle Anpassungs- oder Montagevorgänge auszuführen sind, welche auch nicht unter die Herstellung einer Sonderanfertigung zu subsumieren sind (vergleiche Abs. 6).

Zu § 2 Abs. 9:

Die Definition entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. f der Richtlinie 90/385/EWG und Art. 1 Abs. 2 lit. g der Richtlinie 93/42/EWG.

Die Zweckbestimmung ist eine essentielle Angabe durch den Hersteller. Sie ist zunächst entscheidend für die Zuordnung des Produktes zum Medizinproduktebereich. Daneben ist sie auch für die Klassifizierung und damit für die Konformitätsbewertung von zentraler Bedeutung. Die Zweckbestimmung gibt nicht nur die medizinischen Zielsetzungen an, für die das Medizinprodukt in Prophylaxe, Diagnose, Therapie oder Rehabilitation bestimmt ist, sondern auch die vorgesehenen Einsatzgebiete. Wer die Zweckbestimmung für das Inverkehrbringen ändert, muß als Hersteller betrachtet werden und unterliegt diesbezüglich den einschlägigen Vorschriften dieses Bundesgesetzes.

Zu § 2 Abs. 10 und 11:

„Inverkehrbringen“ ist ein Schlüsselbegriff der nach der Neuen Konzeption der EU verfaßten Richtlinien. Er wird in dieser Bestimmung im Sinne seiner Definition in den Medizinprodukterichtlinien als „erstmaliges Inverkehrbringen“ (Abs. 11) präzisiert, um ihn vom allgemeinen und ihn umfassenden Begriff „Inverkehrbringen“ im Sinne des Abs. 10 abzugrenzen, wie er sich auch aus der österreichischen Rechtsordnung, etwa aus dem damit vergleichbaren Arzneimittelrecht ergibt. Im Hinblick auf die Medizinprodukterichtlinien bzw. auf den Ausschluß von spezifisch im privaten Bereich (zB Abgabe eines Pflasters an die Nachbarin) getätigten Überlassungen von Medizinprodukten wurden in Abs. 10 jedoch besondere Formen der Abgabe bzw. des Bereithaltens zur Abgabe vom Begriff „Inverkehrbringen“ ausgenommen.

„Erstmaliges Inverkehrbringen“ im Sinne des Abs. 11 bezeichnet den Vorgang, durch den ein Medizinprodukt erstmalig von der Phase der Herstellung in die Phase der Verteilung oder Verwendung im Binnenmarkt übergeführt wird. Da sich dieser Begriff nur auf das erstmalige Verfügbarmachen eines Produktes bezieht, ist er auch nur anwendbar auf:

        1.   neue oder als neu aufbereitete Medizinprodukte, die im Geltungsbereich des Abkommens über den EWR hergestellt worden sind, und

        2.   neue, als neu aufbereitete oder gebrauchte Medizinprodukte, die aus Drittländern importiert werden.

Medizinprodukte dürfen in Hinkunft nur (siehe § 2 Abs. 12) vom Hersteller, von seinen Bevollmächtigten im EWR oder vom Importeur erstmalig in Verkehr gebracht (verfügbar gemacht, bereitgestellt) werden.

Verfügbarmachen bedeutet:

        1.   jede Überlassung (Transfer) eines Medizinproduktes, sei es als physischer Transfer oder als Übertragung des Eigentums oder der Verfügungsberechtigung von einer Person gemäß § 2 Abs. 9 auf den, der das Produkt am Binnenmarkt vertreibt oder es dem Verbraucher oder Anwender im Rahmen einer entgeltlichen oder unentgeltlichen geschäftlichen Transaktion überläßt. Dabei ist die rechtliche Grundlage des Transfers (zB Verkauf, Vermietung, Verleihung, Leasing, Schenkung usw.) irrelevant.

        2.   jedes Angebot eines Transfers, wenn der für das erstmalige Inverkehrbringen Verantwortliche das Produkt in seiner eigenen Vertriebskette im Hinblick auf einen direkten Transfer zum Endverbraucher oder Anwender verfügbar macht.

Die grundlegenden Anforderungen an Medizinprodukte gelten vom Moment des Transfers an.


Nicht als erstmaliges Inverkehrbringen gelten:

        1.   der Transfer eines Medizinproduktes vom Hersteller in einem Drittland an seinen Bevollmächtigten im EWR, um die Konformitätsbewertung des Medizinproduktes durchführen zu können,

        2.   der Import aus Drittländern im Hinblick auf die Wiederausfuhr, etwa unter einer Weiterverarbeitungsvereinbarung,

        3.   die Weitergabe eines im EWR hergestellten Medizinproduktes, das für den Export in ein Drittland bestimmt ist,

        4.   das Ausstellen (siehe auch § 2 Abs. 14),

        5.   die alleinige Aufnahme in einen Katalog durch den Verantwortlichen gemäß § 2 Abs. 9, bevor das Produkt wirklich angeboten werden kann.

„Erstmaliges Inverkehrbringen“ bezieht sich dabei jeweils auf jedes einzelne, physisch vorhandene Medizinprodukt, unabhängig davon, ob die Produkttype, -serie, -bauart usw., zu der dieses Medizinprodukt zählt, schon seit längerer Zeit in Verkehr gebracht worden ist oder nicht.

Zu § 2 Abs. 12:

Derjenige, der ein Medizinprodukt im EWR erstmals in Verkehr bringt, muß seinen Sitz im Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben. Folgende Situationen sind dabei zulässig:

        1.   Der Hersteller hat seinen Sitz im Bereich des EWR und bringt sein Medizinprodukt hier selbst erstmalig in Verkehr;

        2.   Ein Hersteller mit Sitz innerhalb oder außerhalb des EWR benennt einen Bevollmächtigten, der im EWR niedergelassen ist, um im Rahmen der Medizinprodukterichtlinien bzw. deren nationalen Umsetzungen im Namen des Herstellers zu handeln. Die Bevollmächtigung durch den Hersteller ist Gegenstand eines schriftlichen Auftrages, in dem Verpflichtungen des Herstellers aus den Medizinprodukterichtlinien angeführt sind, die er diesem überträgt. Der Bevollmächtigte handelt im Namen des Herstellers, ohne seine Befugnis zu überschreiten;

        3.   Der Importeur mit Sitz im Bereich des EWR hat ein Medizinprodukt aus einem Drittland importiert und bringt es im EWR erstmalig in Verkehr.

              Im Gegensatz zum Bevollmächtigten steht der Importeur in keinem privilegierten Verhältnis zum Hersteller aus Drittländern. Daher können von ihm lediglich einige der in den Richtlinien aufgezählten Verpflichtungen übernommen werden, wenn weder der Hersteller noch ein Bevollmächtigter im EWR ansässig sind. Bestimmte Konformitätsbewertungsverfahren können etwa von ihm nicht durchgeführt werden. Ist der Importeur die für das erstmalige Inverkehrbringen verantwortliche Person, treffen ihn jedenfalls eine Reihe von Verpflichtungen aus diesem Bundesgesetz, zB im Rahmen der Kennzeichnung von Medizinprodukten (vergleiche § 9) oder die Verpflichtung zur Vorhaltung der relevanten Unterlagen zur Beurteilung der Konformität des Medizinproduktes mit den in den Richtlinien genannten und jeweils national umgesetzten Anforderungen (vergleiche zB §§ 68 oder 72) für die zuständigen Behörden.

Zu § 2 Abs. 13:

Diese Begriffsbestimmung entspricht Art. 1 Abs. 2 lit. g der Richtlinie 90/385/EWG sowie Art. 1 Abs. 2 lit. i der Richtlinie 93/42/EWG.

Der Ausdruck „Inbetriebnahme“ bezieht sich nur auf den ersten Gebrauch bzw. schon auf die Möglichkeit eines Gebrauchs eines Medizinproduktes im Geltungsbereich des Abkommens über den EWR bzw. dieses Bundesgesetzes. Wenn ein Medizinprodukt für den Eigengebrauch des Herstellers oder eines Importeurs aus einem Drittland dient, ist das erstmalige Inverkehrbringen mit der Inbetriebnahme unmittelbar verknüpft.

Medizinprodukte, die bereits (rechtmäßig) erstmalig in Betrieb genommen worden sind, die also etwa in Ärzteordinationen oder Krankenanstalten schon in Betrieb stehen oder für die Anwendung bereitstehen, sind somit von den neuen europäischen Regelungen über das erstmalige Inverkehrbringen und die (erstmalige) Inbetriebnahme nicht unmittelbar betroffen (vergleiche § 112 Abs. 6).

Zu § 2 Abs. 14:

Das „Ausstellen“ von Medizinprodukten gilt nicht als erstmaliges Inverkehrbringen und ermöglicht unter bestimmten Kautelen (siehe § 31) die Demonstration von Medizinprodukten zu Werbezwecken, bevor noch die erforderlichen Konformitätsbewertungsverfahren abgewickelt oder die CE-Kennzeichnung angebracht worden wäre.

Zu § 2 Abs. 15:

Siehe auch den allgemeinen Teil der Erläuterungen.

Die harmonisierten Normen spielen in den Medizinprodukteregelungen eine bedeutende Rolle. Sie führen die grundlegenden und sonstige Anforderungen (zB bezüglich der qualitätsgesicherten Herstellung von Medizinprodukten, der klinischen Prüfung, der Anforderungen an benannte Stellen) der Richtlinien und damit dieses Bundesgesetzes im Detail aus und gewähren diesbezüglich eine (widerlegbare) Konformitätsvermutung.

Ausgangspunkt der Entwicklung harmonisierter Normen ist zunächst ein Normungsmandat der Europäischen Kommission (gemeinsam mit der EFTA) an die Europäischen Normungskomitees CEN und CENELEC. Dieses Mandat nimmt bezug auf die Medizinprodukterichtlinien. Auf der Basis eines Normungsmandates erstellen CEN und CENELEC Arbeitsprogramme, welche ein Mandat in einzelne konkrete Normenprojekte umsetzen. Die konkreten Einzelprojekte werden dann mit entsprechenden zeitlichen Vorgaben den Technischen Komitees und ihren Arbeitsgruppen zur Ausarbeitung zugewiesen. Sowohl bei den Lenkungsgremien als auch bei den Technischen Komitees und ihren Arbeitsgruppen arbeiten die EU- und EFTA-Länder eng und gleichberechtigt zusammen. Unter den Mitgliedstaaten von CEN und CENELEC wird schließlich über die vorgelegten Normentwürfe abgestimmt. Die einzelnen Mitgliedstaaten haben dabei, ähnlich wie im Europäischen Rat, unterschiedliche Stimmengewichte (zB Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich je 10; Österreich, Schweden je 5). Nach dem positiven Ausgang eines Abstimmungsverfahrens erfolgt noch eine abschließende Prüfung auf Übereinstimmung der Norm mit den Vorschriften der jeweiligen Richtlinie, bis die Fundstelle der Norm als „Harmonisierte Norm für Medizinprodukte“ im Sinne der Richtlinie im Amtsblatt der EG veröffentlicht werden kann. Die harmonisierte europäische Norm wird schließlich in eine entsprechende österreichische Norm umgesetzt und ihre Fundstelle in geeigneter Weise im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Medizinprodukterichtlinien sehen auf Antrag eines Mitgliedstaates oder der Europäischen Kommission auch Verfahren zur Überprüfung von harmonisierten Normen auf Übereinstimmung mit den Anforderungen der relevanten Richtlinie vor (siehe auch § 14). Bestimmte Monographien des Europäischen Arzneibuches (zB über chirurgische Nahtmaterialien sowie über Aspekte der Wechselwirkung zwischen Arzneimitteln und Materialien von Medizinprodukten, die diese aufnehmen) werden den harmonisierten Normen gleichgestellt.

Zu § 2 Abs. 16:

Die „benannten Stellen“ übernehmen im europäischen Regelungssystem für Medizinprodukte die Funktion der „Euro-Zulassungsstellen“. Es handelt sich im Prinzip um privatrechtlich organisierte, unabhängige Zertifizierungsstellen, die hohen Anforderungen an Kompetenz und Unabhängigkeit genügen müssen und von den Mitgliedstaaten des EWR jeweils der Europäischen Kommission und den übrigen Vertragsparteien zu notifizieren sind. Bei der Benennung sind die Produktbereiche und jene Anhänge der Richtlinien (= Zulassungsmodule) anzuführen, für die die benannten Stellen kompetent sind. So könnte etwa eine geeignete Zertifizierungsstelle für aktive implantierbare Medizinprodukte (Produktbereich) und die Anhänge 2 und 5 der Richtlinie 90/385/EWG (= Zulassungsmodule; hier: Qualitätssicherungs-System-Zertifizierung) benannt werden. Die benannten Stellen erhalten von der Europäischen Kommission eine Kennummer, die bei bestimmten Zulassungsmodulen (siehe § 19 Abs. 1) neben der CE-Kennzeichnung des Medizinproduktes anzuführen ist. Die Europäische Kommission veröffentlicht im Amtsblatt der EG eine Liste der benannten Stellen mit ihren Aufgaben und sorgt für eine Fortschreibung dieser Liste.

Die näheren Anforderungen an benannte Stellen sind insbesondere im 6. Abschnitt des II. Haupt­stückes ausgeführt.

Zu § 2 Abs. 17:

Die unerwünschten klinischen Ereignisse, die der Verwendung eines Medizinproduktes zuzuschreiben sind, müssen gemäß den grundlegenden Anforderungen im Hinblick auf den medizinischen Nutzen der Anwendung vertretbar sein (positives Nutzen-/Risikoverhältnis). Sie müssen gegebenenfalls auch im Rahmen der klinischen Bewertung durch klinische Daten belegbar sein. Daneben sind bestimmte Nebenwirkungen von den Meldepflichten gemäß § 70 erfaßt bzw. müssen im Rahmen der klinischen Prüfung von Medizinprodukten registriert werden.


Zu § 2 Abs. 18:

Die gegenseitige Vereinbarkeit von Medizinprodukten und von Medizinprodukten und anderen Produkten miteinander ist für die sichere Anwendung dieser Produkte von entscheidender Bedeutung. Dies betrifft etwa die elektromagnetische Kompatibilität von Medizinprodukten (zB mögliche Beeinflussung von elektronisch gesteuerten Medizinprodukten durch Telekommunikationseinrichtungen; ferromagnetische oder elektronische Implantate im starken Magnetfeld eines Kernspintomographen; Funktionsbeeinflussung bestimmter Medizinprodukte durch Geräte zur Hochfrequenzchirurgie), die mögliche Inkompatibilität von Infusionsleitungen aus bestimmten Materialien mit bestimmten Arzneimitteln oder Desinfektionsmitteln oder die Inkompatibilität bestimmter Sterilisationsverfahren mit bestimmten zB thermolabilen Materialien oder medizinischen Geräten usw.

Mögliche wechselseitige Beeinflussungen mit Relevanz für die Sicherheit, Leistungsfähigkeit und Qualität von Medizinprodukten sind schon bei der Herstellung zu beachten; dabei kommen die Prinzipien der integrierten Sicherheit und der Risikoanalyse mit dem gestuften Verfahren zum Risikomanagement (siehe insbesondere § 8 Abs. 3) besonders zum Tragen. Aber auch bei der Anwendung von Medizinprodukten müssen die entsprechenden Hinweise über wechselseitige Beeinflussungen in den Begleitinformationen besonders beachtet werden. Bisher unbekannte wechselseitige Beeinflussungen unterliegen der Meldepflicht gemäß § 70.

Zu § 2 Abs. 19:

Maßnahmen der Instandhaltung spielen für die Gewährleistung der Medizinproduktesicherheit über die mögliche medizinisch relevante Nutzungsdauer in den Einrichtungen des Gesundheitswesens eine entscheidende Rolle. Bei der ständig steigenden Bedeutung der Medizintechnik für die moderne Medizin muß neben den hohen Anforderungen an ihre Herstellung auch ihre ständige Einsatzbereitschaft und Betriebssicherheit gewährleistet sein. Maßnahmen der Instandhaltung umfassen

        1.   regelmäßige Überprüfungen und Überprüfungen aus besonderen Anlässen (zB nach Zwischenfällen),

        2.   die erforderlichen Wartungsmaßnahmen, auch im Sinne einer vorbeugenden Wartung zur Gewährleistung einer optimalen medizinischen Nutzungsdauer von Medizinprodukten, und

        3.   erforderlichenfalls Maßnahmen zur Instandsetzung.

Alle diese Maßnahmen zielen auf die Bewahrung und Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit, Leistungsfähigkeit und Sicherheit von Medizinprodukten.

Zu § 2 Abs. 20:

Der Begriff „Inspektion“ umfaßt die regelmäßigen und sonstigen Überprüfungen, um den Sicherheits- und Funktionszustand von Medizinprodukten beurteilen zu können. Sie kann je nach Aufgabenstellung sowohl einfache Sichtprüfungen als auch eingehendere Überprüfungen mit aufwendigeren Methoden beinhalten. Die Prüfungen sind fachgerecht durchzuführen, auszuwerten und zu dokumentieren. Bei den Prüfungen ist auch besonders auf die in den Europäischen Zulassungsverfahren genehmigten Produktinformationen zu achten.

Zu § 2 Abs. 21:

Vorsorgliche Wartung trägt in vielen Fällen erheblich zur Verlängerung der medizinisch vertretbaren Nutzungsdauer von Medizinprodukten bei. Sie ist auch wichtig, um sicherzustellen, daß das medizinische Personal im Notfall sofort auf funktionstüchtige Geräte zurückgreifen kann.

Zu § 2 Abs. 22:

Der Ausdruck „Instandsetzung“ umfaßt alle Maßnahmen der Reparatur, des Ersatzes von Bauteilen, des Austauschs von Verschleißteilen usw., um das Medizinprodukt wieder in einen sicheren und funktionstüchtigen Zustand zu bringen.

Zu § 2 Abs. 23:

In Einrichtungen des Gesundheitswesens im Sinne dieses Bundesgesetzes werden Medizinprodukte durch dazu befugte und qualifizierte Angehörige des medizinischen Personals oder Gewerbeberechtigte und deren qualifizierte Mitarbeiter angewendet oder betrieben. In ihnen kann jedenfalls eine bestimmungsgemäße und sichere Installation, Anwendung und gegebenenfalls Instandhaltung von Medizinprodukten erwartet werden, die der Befugnis und dem jeweiligen Versorgungsauftrag der Einrichtung des Gesundheitswesens entspricht. Gleiche Voraussetzungen gelten für den Betrieb. Darunter fallen etwa Krankenanstalten, Kuranstalten, Pflegeheime, Ordinationen von Ärzten und Zahnärzten oder Dentisten, medizinische Labors, Augenoptiker, Orthopädietechniker, Hörgeräteakustiker, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen zur medizinischen Betreuung von Mutter und Kind, Sanitätseinrichtungen des Bundesheeres usw. Im Rahmen der professionellen Anwendung sind zum Schutz der Patienten, Anwender oder Dritter besondere Sicherheitsanforderungen zu stellen.

Zu § 3 Abs. 1:

Bei der klinischen Bewertung von Medizinprodukten erfolgt eine eingehende Nutzen-/Risiko­beurteilung vor allem im Hinblick auf die Konformitätsbewertungsverfahren und die Demonstration der Übereinstimmung mit den grundlegenden und sonstigen Anforderungen der Richtlinien. Die medizinischen Leistungen des Medizinproduktes sind dabei in Relation zu setzen mit den durch Art, Schweregrad und Häufigkeit charakterisierten unerwünschten Nebenwirkungen, die bei seiner Anwendung in Kauf zu nehmen sind.

Zu § 3 Abs. 2:

Die klinische Prüfung dient im Hinblick auf die Konformitätsbewertung der wissenschaftlich einwandfreien Erhebung der medizinischen Leistungsdaten und der unerwünschten Nebenwirkungen von Medizinprodukten, ausgenommen In-vitro-Diagnostika. Damit wird – neben der bereits vorliegenden wissenschaftlichen Literatur – die klinische Datenbasis für die klinische Bewertung und für den Nachweis der Erfüllung der grundlegenden Anforderungen geschaffen. Im Rahmen von Forschungsprojekten, die nicht im Kontext der Datensammlung für Konformitätsbewertungsverfahren stattfinden (zB häufig bei universitätseigener Forschung), können daneben auch andere Zielsetzungen, wie etwa die Abklärung von Wirkungsmechanismen, die Erforschung neuer Einsatzgebiete von Medizinprodukten oder vergleichende Studien von Medizinprodukten untereinander oder mit anderen Behandlungsmodalitäten, medizinisch gerechtfertigt sein. Für In-vitro-Diagnostika werden erst im Zuge der kommenden 3. Medizinprodukte-richtlinie besondere Verfahren der Leistungsbewertung entwickelt.

Zu § 3 Abs. 3:

Die Definition entspricht jeweils dem Art. 1 Abs. 2 lit. e der Richtlinien 90/385/EWG bzw. 93/42/EWG.

Diese Produkte müssen auch in Umsetzung der jeweils im Anhang I der Medizinprodukterichtlinien angeführten Kennzeichnungsvorschriften (in diesem Bundesgesetz in einer Verordnung gemäß § 10) als solche gekennzeichnet sein, um ihren Sonderstatus vor Erlangung einer „Eurozulassung“ deutlich zu machen.

Zu § 3 Abs. 4:

Der „klinische Prüfer“ ist für die medizinische Leitung der klinischen Prüfung verantwortlich und spielt bei ihrer Durchführung die entscheidende Rolle. Ihm sind in diesem Bundesgesetz zentrale Aufgaben und Verantwortlichkeiten zugeordnet (siehe insbesondere § 64). Er bleibt aber trotz seiner spezifischen Rolle im Rahmen einer klinischen Prüfung immer primär dem medizinischen Wohlergehen des Patienten verpflichtet und hat gemäß der Deklaration von Helsinki, der auch die Medizinprodukterichtlinien folgen, das Interesse des Patienten im Zweifelsfall immer über das der Wissenschaft oder der klinischen Prüfung zu stellen.

Zu § 3 Abs. 5:

Der „Sponsor“ hat eine zentrale Funktion bei der Initiierung und organisatorischen Abwicklung der klinischen Prüfung und ist nicht zuletzt auch für die Auswahl der geeigneten klinischen Prüfer zuständig. Er hat im Rahmen der klinischen Prüfung von Medizinprodukten umfangreiche Verpflichtungen (siehe insbesondere § 63), wie etwa auch den Abschluß geeigneter Versicherungen für Versuchspersonen (§ 47).

Zu § 3 Abs. 6:

Der „Monitor“ ist für die Koordination und Kommunikation zwischen klinischem Prüfer und Sponsor zuständig. Seine Funktion ist auch für die Qualitätssicherung einer klinischen Prüfung von besonderer Bedeutung (vergleiche auch § 65).


Zu § 3 Abs. 7:

Es handelt sich um ein zentrales Dokument der klinischen Prüfung, das die für die wissenschaftlich einwandfreie Anlage und Durchführung entscheidenden Gesichtspunkte enthalten muß.

Zu § 3 Abs. 8:

Die „Versuchsperson“ ist entweder ein Patient, der an einer klinischen Prüfung teilnimmt, damit für ihn wegen seines Gesundheitszustandes eine medizinisch indizierte Anwendung eines klinisch zu erprobenden Medizinproduktes erfolgen kann, oder ein gesunder Proband. Letzteres dürfte allerdings im Medizinproduktebereich selten sein. So wird etwa die Prüfung eines Implantates an gesunden Probanden mit ethischen Grundsätzen in der Regel nicht vereinbar sein.

Zu § 3 Abs. 9:

Die in diesem Entwurf vorgesehene Ethikkommission stellt den ersten Kontrollmechanismus in der Beurteilung einer klinischen Prüfung dar und übernimmt damit unter ethischen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten für den Patienten eine wichtige Schutzfunktion. Sie liefert eine begründete Stellungnahme zu den von ihr untersuchten Gesichtspunkten und erleichtert damit wesentlich die Tätigkeit der Behörde. Entsprechend diesem Entwurf kann die Ethikkommission, wie in anderen Ländern (zB USA) auch, eine begleitende Kontrolle zur Überprüfung der Schutzmaßnahmen für Patienten und der korrekten Durchführung der klinischen Prüfung wahrnehmen.

Zu § 3 Abs. 10:

Der „Abschlußbericht“ ist ein wichtiges zusammenfassendes Dokument, welches nach Abschluß der klinischen Prüfung eine umfassende Würdigung der während der Prüfung gesammelten Daten und der daraus gezogenen wissenschaftlichen Schlußfolgerungen enthalten muß.

Zu § 3 Abs. 11:

Für die klinische Bewertung von Medizinprodukten, insbesondere von Hochrisikoprodukten, ist umfangreiches klinisches Datenmaterial über eine große Zahl von Patienten erforderlich. Diese Patientenzahlen können heute in der Regel nur mehr durch multizentrische Studien in ausreichendem Maße rekrutiert werden. Dabei arbeiten mehrere, in der Regel multinational verteilte Prüfstellen nach einem einheitlichen Prüfplan zusammen. Die wissenschaftliche Anlage und die organisatorischen Vorkehrungen der multizentrischen Prüfung müssen sicherstellen, daß die Daten der beteiligten Prüfstellen unverfälscht, ohne systematische Fehler zur gemeinsamen Auswertung zusammengeführt werden können.

Zu § 3 Abs. 12:

Das „Fallberichtsschema“ soll eine einheitliche und vollständige Datensammlung für jede Versuchsperson sicherstellen und ist damit ein wichtiges Element in der Qualitätssicherung der klinischen Prüfung. Die darin vorgesehenen, auf die relevanten Patienten- und Medizinprodukteparameter ausgerichteten Datenfelder müssen exakt auf die Vorgaben des klinischen Prüfplans ausgerichtet sein.

Zu § 3 Abs. 13:

Ein „Audit“ beinhaltet eine systematische Überprüfung, ob – entsprechend dem klinischen Prüfplan – Daten im Rahmen einer klinischen Prüfung korrekt und vollständig erhoben, verarbeitet und ausgewertet wurden. Es soll letztendlich eine sichere Datenbasis gewährleisten und stellt ein wichtiges Instrumentarium zur Qualitätssicherung der klinischen Prüfung dar. Ein Audit muß durch unabhängige Einrichtungen, die nicht in die Durchführung der klinischen Prüfung involviert sind, durchgeführt werden.

Zu § 3 Abs. 14:

Dieser wichtige begleitende Kontrollmechanismus überprüft die Übereinstimmung einer klinischen Prüfung mit den Anforderungen dieses Bundesgesetzes und sonstiger dafür geltender Bestimmungen. Im Unterschied zum Audit erfolgt durch die Inspektion eine auf spezifische wichtige Teilaspekte beschränkte Überprüfung, die besonders die Schutzmaßnahmen für die Versuchspersonen (zB Versicherungsschutz, Aufklärung, Einholung der Einwilligung, Risikomanagement) und die korrekte Befolgung des klinischen Prüfplanes sowie die korrekte Verarbeitung der Daten zum Gegenstand hat.

Zu § 3 Abs. 15:

Jedes unerwünschte medizinische Geschehen bei einer Versuchsperson im Rahmen einer klinischen Prüfung ist zunächst als solches festzuhalten. In weiterer Folge ist zu klären, ob es mit dem klinisch geprüften Medizinprodukt in Zusammenhang steht, ob es also als unerwünschte Nebenwirkung im Sinne des § 2 Abs. 17 zu gelten hat oder nicht.

Zu § 3 Abs. 16:

Diese Bestimmung trifft eine wesentliche Unterscheidung nach dem Schweregrad von Ereignissen gemäß Abs. 15 und Nebenwirkungen gemäß § 2 Abs. 17. Schwerwiegende Nebenwirkungen unterliegen auch im Zusammenhang mit der klinischen Prüfung der Meldepflicht gemäß § 70. Sie sind gesondert zu erfassen, da sie gegebenenfalls zu einer veränderten Nutzen-/Risikobewertung hinsichtlich der klinischen Prüfung oder Bewertung eines Medizinproduktes führen können.

Zu § 4:

Diese Bestimmung entspricht Art. 1 Abs. 5 lit. c bis g und Art. 1 Abs. 6 der Richtlinie 93/42/EWG.

In der Richtlinie 93/42/EWG werden eine Reihe von Produkten, welche am oder im Menschen Anwendung finden und in ihrer Zielsetzung im Einzelfall zu Abgrenzungsproblemen führen könnten, ausdrücklich vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen. Die Abgrenzung gegenüber dem Arzneimittelbegriff ist sicherlich die wichtigste und im Einzelfall schwierigste, da Medizinprodukte und Arzneimittel weitgehend ähnliche Zweckbestimmungen in der Prophylaxe, Diagnose und Therapie aufweisen. Sie unterscheiden sich im wesentlichen durch den Hauptwirkmechanismus, der bei Medizinprodukten in der Regel durch physikalische Effekte erzielt wird (zB Herzschrittmacher, Hüftendoprothese). Hinsichtlich der Behandlung von Kombinationsprodukten Medizinprodukt-Arzneimittel oder von Medizinprodukten, die Arzneimittel abgeben sollen, siehe insbesondere § 5. Organe, Gewebe oder Produkte menschlichen Ursprungs oder Produkte, die solche enthalten oder aus solchen gewonnen wurden, sind generell keine Medizinprodukte. Produkte tierischen Ursprungs sind von den vorliegenden Regelungen nur soweit erfaßt, als es sich um inaktivierte Produkte oder Produkte aus inaktiviertem tierischen Gewebe handelt (zB Herzklappen vom Schwein, bestimmte Kollagenprodukte tierischen Ursprungs, Catgut).

Zu § 5 Abs. 1:

Abs. 1 entspricht Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 90/385/EWG und Art. 1 Abs. 3 1. Satz der Richtlinie 93/42/EWG.

Ein Medizinprodukt, das dazu bestimmt ist, ein Arzneimittel zu verabreichen, ohne daß ein Kit gemäß Abs. 2 vorliegt, fällt zur Gänze unter das Medizinproduktegesetz. Die damit zu verabreichenden Arzneimittel unterliegen unabhängig davon den arzneimittelrechtlichen Bestimmungen. Beispiele für derartige Medizinprodukte wären: Infusionspumpen, (leere) Spritzen, Infusionsleitungen, implantierbare Infusionspumpen, Iontophoresegeräte, Port-Systeme, Inhalationsgeräte, Narkosegeräte, Insulin-Pens usw.

Zu § 5 Abs. 2:

Abs. 2 entspricht Art. 1 Abs. 3 2. Satz der Richtlinie 93/42/EWG.

Liegt im Unterschied zu Abs. 1 ein integrales Kit aus Medizinprodukt und Arzneimittel vor,

        1.   dessen Hauptwirkung auf der Arzneimittelwirkung beruht und das

        2.   ausschließlich zur Anwendung in dieser Verbindung bestimmt und

        3.   nicht wiederverwendbar ist,

so unterliegt dieses Kombinationsprodukt dem Arzneimittelgesetz. Bei der Zulassung dieses Produktes ist allerdings die Arzneimittelzulassungsbehörde gehalten, zur Beurteilung der Medizinproduktekomponente der Kombination die grundlegenden Anforderungen der Medizinprodukterichtlinien (in diesem Bundesgesetz in den §§ 8 und 9 und einer Verordnung gemäß § 10 niedergelegt) heranzuziehen, soweit die Sicherheits- und Leistungsaspekte des Medizinproduktes betroffen sind. Beispiele für derartige Kombinationsprodukte wären etwa: fertig gefüllte Spritzen; Aerosole, die ein bestimmtes, nicht nachfüllbares
Arzneimittel zur einmaligen Anwendung enthalten; TTS-Systeme (zur transdermalen Arzneimittelapplikation).

Zu § 5 Abs. 3:

Abs. 3 setzt Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 90/385/EWG und Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 93/42/EWG um.


Liegt ein Kombinationsprodukt aus einem Medizinprodukt und einem bei isolierter Betrachtung als Arzneimittel einzustufenden Stoff in der Form vor, daß diese Arzneimittelkomponente fixer Bestandteil des Medizinproduktes ist und lediglich eine unterstützende Wirkung zum Medizinprodukt auf den menschlichen Körper entfaltet, so ist für dieses Kombinationsprodukt primär dieses Bundesgesetz maßgebend. Die in die Medizinproduktezulassung involvierte benannte Stelle ist allerdings gehalten, die Beurteilung der Sicherheit, der Qualität und des Nutzens des Stoffes analog zu den zur Umsetzung der Richtlinie 75/318/EWG ergangenen nationalen Bestimmungen vorzunehmen. Gemäß dem Ratsprotokoll zur Richtlinie 93/42/EWG sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, die von ihnen benannten Stellen zu verpflichten, mit der Beurteilung der Arzneimittelkomponente eine der Arzneimittelzulassungsstellen im EWR zu befassen. In Österreich ist die zuständige Behörde das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz. Diese Verpflichtung erfolgt in diesem Bundesgesetz im § 29 Abs. 7. Beispiele für derartige Produkte wären: Herzschrittmacherelektrode mit Steroiddepot an der Elektrodenspitze; Knochenzement, der zur Infektionsprophylaxe ein Antibiotikum enthält; Blutbeutel mit Antikoagulans; Wurzelfüllmaterialien, die unterstützend ein Arzneimittel enthalten.

Zu § 6:

Diese Bestimmung trägt zur Umsetzung der Art. 2 der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG bei und entspricht den Art. 3 der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG.

Medizinprodukte müssen nach der „Neuen Konzeption der EG“ die jeweils im Anhang 1 bzw. I der Medizinprodukterichtlinien angeführten grundlegenden Anforderungen erfüllen. Im vorliegenden Bundesgesetz wurden die allgemeinen Teile der grundlegenden Anforderungen einschließlich der allgemeinen Bestimmungen zur Kennzeichnung und Gebrauchsanweisung für Medizinprodukte in die §§ 8 und 9 aufgenommen. Die übrigen spezielleren Teile der grundlegenden Anforderungen dieser Anhänge werden über eine Verordnungsermächtigung im § 10 in nationales Recht umgesetzt.

Gemäß den genannten Artikeln haben die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit Medizinprodukte nicht in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden dürfen, wenn sie trotz korrekter Handhabung und Anwendung die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten gefährden. Das Inverkehrbringen, Errichten, Installieren, in Betrieb nehmen und die Anwendung haben daher bei begründetem Verdacht auf unvertretbare Gefährdungen zu unterbleiben.

Zu § 7:

Nach den EU-Richtlinien für Medizinprodukte muß der Verantwortliche für das erstmalige Inverkehrbringen grundsätzlich seinen Sitz im Geltungsbereich des EWR haben.

Zu § 8:

Dieser Paragraph entspricht jeweils den Anh. 1 bzw. I (I. Allgemeine Anforderungen) der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG.

Diese allgemeinen Anforderungen zielen auf eine generelle positive Nutzen-/Risikobewertung für jedes Medizinprodukt ab, die sowohl die medizinischen Leistungen des Medizinproduktes in Prophylaxe, Diagnose, Therapie oder Rehabilitation als auch die mit der Anwendung verbundenen Nebenwirkungen und sonstigen Risken berücksichtigt. Unvertretbare Gefährdungen sind jedenfalls zu vermeiden. Außerdem muß sichergestellt sein, daß Medizinprodukte ihre intendierten Leistungen nicht nur unter Idealbedingungen, sondern generell unter den vom Hersteller ausdrücklich vorgesehenen Transport- und Lagerungsbedingungen und unter den normalen Anwendungsbedingungen erbringen. Beim Entwurf und bei der Konstruktion von Medizinprodukten muß die Sicherheit bezüglich aller relevanten Schutzaspekte nach dem Stand der Technik bereits „eingebaut“ sein. Wenn ein vollständig sicheres Design nach dem Stand der Technik nicht möglich ist, sind in der nächsten Stufe des Risikomanagements zB entsprechende Warnvorrichtungen vorzusehen. Erst als ultima ratio darf ein noch vorhandenes Restrisiko durch Warnhinweise, Instruktionen usw. für Patienten oder professionelle Anwender abgedeckt werden.

Zu § 9:

Diese wichtigen Anforderungen regeln die Bereitstellung von Informationen im Zusammenhang mit Medizinprodukten und entsprechen Anh. 1 Punkte 14 und 15 der Richtlinie 90/385/EWG sowie Anh. 1 Nr. 13. 1. der Richtlinie 93/42/EWG. Die Regelung entspricht weiters Art. 4 Abs. 4 der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG.

Kennzeichnung und Gebrauchsanweisung müssen die für eine sichere Identifizierung des Medizinproduktes und die für seine zweckentsprechende und sichere Anwendung relevanten Informationen enthalten sowie eine Identifizierung des Herstellers bzw. seines Bevollmächtigten im EWR erlauben.

Die mit Medizinprodukten gelieferten Begleitinformationen spielen für ihre korrekte und sichere Anwendung und die Information des Patienten eine entscheidende Rolle. Daher ist zu fordern, daß diese Information für diese Personenkreise leicht verständlich in deutscher Sprache erfolgt. Durch Verordnung können Ausnahmen vorgesehen werden. Diese werden etwa dann angezeigt sein, wenn dem professionellen Anwender zB an Universitätskliniken, der mit der anglosächsischen Fachliteratur bestens vertraut ist, etwa bei der klinischen Prüfung von Medizinprodukten auch die englischsprachige Information ausreichend verständlich (und zum Teil genauer als eine deutsche Übersetzung) ist. Weiters ist an moderne Formen der audio-visuellen Informationsübermittlung zu denken, in der wesentliche Informationen über die bestimmungsgemäße Anwendung von Medizinprodukten zB in Form von Videos vermittelt werden. Auch interaktive Schulungen oder Informationen des Anwenders über Displays erfolgen zunehmend häufiger.

Zu § 10:

Die Verordnungsermächtigung dient der Umsetzung der jeweils in den Anhängen 1 bzw. I der Medizinprodukterichtlinien angeführten grundlegenden Anforderungen in nationales Recht. Die grundlegenden Anforderungen enthalten alle wesentlichen Anforderungen an die medizinischen Leistungen und an alle Sicherheits- und Schutzaspekte, denen Medizinprodukte genügen müssen. Darunter fallen auch detaillierte Bestimmungen für die Information der Patienten und Anwender. Die grundlegenden Anforderungen werden durch harmonisierte Normen im Detail ausgeführt (siehe allgemeiner Teil der Erläuterungen).

Zu § 11:

In-vitro-Diagnostik-Medizinprodukte (In-vitro-Diagnostika-Kits und medizinische Laborgeräte) sind vom Geltungsbereich der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG nicht erfaßt. Da aber von ihrer Leistungsfähigkeit in der modernen Medizin wesentliche diagnostische und therapeutische Entscheidungen abhängen, müssen auch sie generelle Leistungs- und Sicherheitsanforderungen erfüllen. Durch Verordnung können erforderlichenfalls detailliertere Anforderungen an In-vitro-Diagnostika generell oder an bestimmte Arten von In-vitro-Diagnostika gestellt werden. Die 3. Medizinprodukte-Richtlinie betreffend In-vitro-Diagnostika wird voraussichtlich erst im Jahre 2001 verbindlich werden. Mit den Bestimmungen des § 11 kann diese lange Übergangszeit durch allgemeine Anforderungen im Hinblick auf Leistung und Sicherheit dieser Produkte überbrückt werden. Verordnungen gemäß Abs. 3 erlauben darüber hinaus detailliertere Anforderungen, die im Bedarfsfall Problembereiche abdecken und eine frühzeitige Vorbereitung auf die kommenden Binnenmarktregelungen ermöglichen können. Besonders wichtig werden Regelungsmöglichkeiten auch im Hinblick auf die in Zukunft steigende Bedeutung von In-vitro-Diagnostika für Laien sein. Hier werden neben Anforderungen an die Leistungsfähigkeit, Verläßlichkeit, Sicherheit und besonders an die Praktikabilität sowie leicht verständliche Anleitungen zum bestimmungsgemäßen Gebrauch und zur korrekten Interpretation von Meßergebnissen zu fordern sein.

Abs. 2 entspricht den allgemeinen Leistungsanforderungen im Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend In-vitro-Diagnostika, die auch im Laufe der bisherigen Diskussionen unter den Mitgliedstaaten nicht umstritten waren.

Zu § 12:

Die Einvernehmensbestimmung berücksichtigt jene Teilbereiche, welche bislang von isolierten gesetzlichen Bestimmungen berührt waren, nunmehr aber durch den prinzipiell integrativen Charakter der europäischen Regelungen (insbesondere hinsichtlich der Zusammenführung aller relevanten grundlegenden Anforderungen und der Konformitätsbewertung) in ein einheitliches System übergeführt werden müssen. Das Medizinproduktegesetz greift in keiner Weise in Vorschriften ein, die den Schutz von Arbeitnehmern regeln. Da aber Interessen von Ärzten, Angehörigen des Krankenpflegefachdienstes usw., die in Einrichtungen des Gesundheitswesens tätig sind, durch produktspezifische sicherheitsrelevante Vorschriften einer entsprechenden Verordnung berührt sein können, ist eine entsprechende Mitvollziehungskompetenz des Bundesministers für Arbeit und Soziales vorzusehen.

Zu § 13 Abs. 1:

Abs. 1 entspricht Art. 5 der Richtlinie 90/385/EWG und Art. 5 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 93/42/EWG.

Die Befolgung der für ein Medizinprodukt relevanten harmonisierten Normen gewährt eine widerlegliche Konformitätsvermutung für Anforderungen der Richtlinien bzw. dieses Bundesgesetzes. Dies betrifft sowohl die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen als auch Anforderungen an die qualitätsgesicherte Herstellung von Medizinprodukten, an benannte Stellen und an wichtige Teilaspekte der klinischen Prüfung. Gemäß der Begriffsbestimmung der harmonisierten Normen sind diesen bestimmte Monographien des europäischen Arzneibuches gleichgestellt. Dies betrifft insbesondere Monographien über chirurgisches Nahtmaterial sowie die Aspekte der Wechselwirkung zwischen Arzneimitteln und Materialien von Medizinprodukten, die diese Arzneimitteln aufnehmen. Bei begründetem Zweifel an der vollen Übereinstimmung harmonisierter Normen mit den grundlegenden Anforderungen können nach den europäischen Richtlinien geeignete Reparaturprozesse eingeleitet werden. Auch dringende Maßnahmen zur Abwehr von Risken (§ 77) können erforderlichenfalls zu einer sofortigen vorläufigen Suspendierung der Konformitätsvermutung für bestimmte harmonisierte Normen führen.

Zu § 13 Abs. 2:

Abs. 2 dient der Umsetzung von Art. 5 der Richtlinie 90/385/EWG sowie Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 93/42/EWG.

Harmonisierte europäische Normen müssen in nationale Normen der Mitgliedstaaten des EWR umgesetzt werden. Im wesentlichen wird dabei der europäischen harmonisierten Norm ein nationales Deckblatt vorangestellt, dh. die nationalen Umsetzungen sind praktisch idente Fassungen der europäischen Normen in der (den) jeweiligen Landessprache(n). Die Fundstellen dieser nationalen harmonisierten Normen sind im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen.

Zu § 14:

Diese Bestimmung entspricht Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 90/385/EWG sowie Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 93/42/EWG.

Mit dieser Bestimmung wird ein wichtiges Korrektiv eingeführt, welches notwendige Anpassungen harmonisierter Normen an die grundlegenden Anforderungen gewährleisten soll. Solche Anpassungen könnten etwa durch Fortschritte beim Stand der Technik oder durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse erforderlich werden. Aus der Konformitätsvermutung folgt, daß die harmonisierten Normen die grundlegenden Anforderungen im Detail abdecken müssen. Sollten sie diese Voraussetzungen nicht erfüllen, hat der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz die entsprechenden, in den Richtlinien für derartige Fälle vorgesehenen Verfahren zur Untersuchung und Korrektur der harmonisierten Normen einzuleiten.

Zu § 15 Abs. 1:

Diese wichtige Festlegung entspricht Art. 12 der Richtlinie 90/385/EWG in der Fassung der Richtlinie 93/68/EWG sowie Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 93/42/EWG.

Medizinprodukte, die nach den Übergangsbestimmungen bereits den Vorschriften der europäischen Medizinprodukterichtlinien entsprechen (wenn ein Hersteller eines Medizinproduktes im Sinne der Richt­linie 93/42/EWG bereits vor dem 15. Juni 1998 die Option der CE-Kennzeichnung gemäß dieser Richt­linie wahrnimmt) oder entsprechen müssen (aktive implantierbare Medizinprodukte), müssen als Zeichen ihrer Konformität mit den Anforderungen dieses Bundesgesetzes die CE-Kennzeichnung tragen. Davon ausgenommen sind lediglich Medizinprodukte, die für klinische Prüfungen bestimmt sind, sowie Sonderanfertigungen, humanitäre Medizinprodukte (§ 32) und Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose.

Zu § 15 Abs. 2:

Abs. 2 ergibt sich aus Art. 9 und Art. 12 der Richtlinie 90/385/EWG sowie aus Art. 17 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 und Art. 11 der Richtlinie 93/42/EWG.

Voraussetzungen für die Anbringung der CE-Kennzeichnung gemäß diesem Bundesgesetz sind demnach:

        1.   die Medizinprodukte müssen die auf sie unter Berücksichtigung ihrer Zweckbestimmung anwendbaren grundlegenden Anforderungen erfüllen und

        2.   sie müssen allenfalls auf sie anwendbare weitere Rechtsvorschriften erfüllen, die ebenfalls eine CE-Kennzeichnung verlangen und

        3.   die für sie geltenden Konformitätsbewertungsverfahren müssen positiv abgeschlossen worden sein.

Zu § 15 Abs. 3:

Die CE-Kennzeichnung darf wegen ihrer entscheidenden rechtlichen Bedeutung im Regelungssystem für Medizinprodukte nur von den Personen angebracht werden, die in den Anhängen der Medizinprodukterichtlinien zur Konformitätsbewertung hiezu autorisiert sind. Diese Anhänge werden im Rahmen der Verordnungsermächtigung gemäß § 28 in österreichisches Recht umgesetzt.

Zu § 16 Abs. 1:

Abs. 1 entspricht Art. 4 Abs. 5 lit. a der Richtlinie 90/385/EWG idF der Richtlinie 93/68/EWG sowie Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 93/42/EWG.

Diese Bestimmung etabliert die CE-Kennzeichnung als einheitliche Konformitätskennzeichnung. Sollten Medizinprodukte unter mehrere Richtlinien fallen, welche eine CE-Kennzeichnung vorsehen, so darf nur eine einzige CE-Kennzeichnung über alle relevanten Richtlinien verwendet werden. Diese bringt dann zum Ausdruck, daß das Medizinprodukt allen diesen Rechtsvorschriften entspricht. Dies bedeutet für den Arzt, den Laienanwender, den technischen Sicherheitsbeauftragten einer Krankenanstalt oder einen Vertreiber eine wesentliche Erleichterung bei der Beurteilung des Zulassungsstatus eines Medizinproduktes. Er muß sich nicht mehr mühselig mit der Frage auseinandersetzen, ob alle relevanten Zulassungserfordernisse erfüllt sind, sondern bekommt damit eine Information über den „Gesamtstand der Zulassung“.

Zu § 16 Abs. 2 und 3:

Diese Bestimmungen entsprechen Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 90/385/EWG idF der Richtlinie 93/68/EWG sowie Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 93/42/EWG.

Für eine Übergangsphase, in der bestimmte Richtlinien optionell anwendbar sind, müssen in den Begleitinformationen jene Richtlinien angegeben werden, welche durch die am Medizinprodukt angebrachte CE-Kennzeichnung abgedeckt werden. Abs. 3 stellt sicher, daß diese Informationen zB dem Arzt ohne Beeinträchtigung der Sterilität des Medizinproduktes zugänglich sind.

Zu § 17:

§ 17 berücksichtigt wichtige Bestimmungen der Anhänge 2 (Punkt 4. 4) und 3 (Punkt 6) der Richtlinie 90/385/EWG sowie der Anhänge II (Punkt 4. 4) und III (Punkt 6) der Richtlinie 93/42/EWG.

Änderungen an Medizinprodukten, die die Übereinstimmung mit den grundlegenden Anforderungen oder mit den vorgesehenen Anwendungsbedingungen berühren können, bedürfen gemäß den oben angeführten Anhängen der Medizinprodukterichtlinien einer Zusatzgenehmigung durch die benannte Stelle. Damit wird sichergestellt, daß wesentliche Änderungen immer von den Zulassungsverfahren erfaßt bleiben und die CE-Kennzeichnung eine Konformitätskennzeichnung des aktuellen Entwicklungsstandes des Medizinproduktes bleibt.

Zu § 18 Abs. 1:

Die Festlegung der einheitlichen CE-Kennzeichnung bezieht sich direkt auf Anhang XII der Richtlinie 93/42/EWG und Anhang IX der Richtlinie 90/385/EWG idF der Richtlinie 93/68/EWG.

Zu § 18 Abs. 2:

Abs. 2 entspricht Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 90/385/EWG und Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 93/42/EWG.

Die Bestimmung regelt Art und Ort der Anbringung der CE-Kennzeichnung am Medizinprodukt sowie seinen Verpackungen und Begleitinformationen. Wegen ihrer entscheidenden Funktion als Konformitätskennzeichnung kann auf die Anbringung der CE-Kennzeichnung am Medizinprodukt nur in begründeten Ausnahmefällen verzichtet werden.

Zu § 19:

Diese Regelung entspricht Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 90/385/EWG idF der Richtlinie 93/68/EWG sowie Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 93/42/EWG.

Sie stellt sicher, daß bei einem Medizinprodukt, bei dessen Konformitätsbewertung eine benannte Stelle involviert war, deren Identifizierung möglich ist, da die Kennummer jeder benannten Stelle im Amtsblatt der EG publiziert sein muß. Bei der Kennummer handelt es sich um einen 4stelligen Zahlencode.

Zu § 20:

Diese Bestimmung setzt Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 90/385/EWG idF der Richtlinie 93/68/EWG sowie Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 93/42/EWG um.

Damit sollen Irreführungen in bezug auf die CE-Kennzeichnung vorgebeugt werden. Die CE-Kennzeichnung darf in ihrer wichtigen Funktion als Konformitätszeichen nicht unterlaufen werden.

Zu § 21:

Der Paragraph setzt Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 90/385/EWG sowie Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 93/42/EWG um.

5

Sonderanfertigungen, Medizinprodukte die zur klinischen Prüfung bestimmt sind, sowie In-vitro-Diagnostika, sofern nicht § 16 zutrifft, dürfen die CE-Kennzeichnung nicht aufweisen. Für Ausnahmen bzw. Klarstellungen bezüglich der Medizinprodukte für klinische Prüfungen siehe § 40 Abs. 4.

Zu § 22 Abs. 1:

Abs. 1 entspricht dem grundlegenden Ansatz der Neuen Konzeption:

Die CE-Kennzeichnung gewährt demnach eine widerlegliche Konformitätsvermutung für die Anforderungen der relevanten Richtlinien, welche eine CE-Kennzeichnung von Produkten vorsehen. Eine Widerlegung der Konformitätsvermutung könnte sich etwa im Rahmen der Fälle der §§ 7, 14, 23 oder 77 ergeben. Im Sinne der im Binnenmarkt ebenfalls geforderten Marktüberwachung durch die Behörden sind einerseits stichprobenartige Kontrollen (keinesfalls im Sinne einer „verdeckten“ Zulassung) und andererseits Überprüfungen in begründeten Anlaßfällen, etwa bei Hinweisen von seiten benannter Stellen, bei Meldungen gemäß § 70 oder bei einem begründeten Verdacht im Sinne des § 75 vorzusehen. Die Kontrollen haben jeweils die Einhaltung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zum Gegenstand. Sie können sowohl eine Überprüfung von Medizinprodukten, einschließlich ihrer Kennzeichnung und sonstigen Begleitinformationen, als auch von Werbematerialien, von Zertifikaten und von relevanten Unterlagen zur Erfüllung der grundlegenden Anforderungen sowie von Herstellungsvorgängen beinhalten.

Zu § 22 Abs. 2 und 3:

Diese Bestimmung ermächtigt den Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz im Hinblick auf allfällig erforderliche Maßnahmen gemäß § 23, jene Handlungen zu setzen, um im Verdachtsfall die Rechtmäßigkeit der Anbringung einer CE-Kennzeichnung zu klären und regelt die Übernahme der Kosten dieser Handlungen. Dabei sind sowohl Situationen zu beachten, bei denen bei einem Medizinprodukt eine CE-Kennzeichnung zu Unrecht angebracht wurde, als auch Situationen, in denen andere Produkte (zB Kosmetika) unrechtmäßigerweise als Medizinprodukte CE-gekennzeichnet werden.

Zu § 23 Abs. 1:

Abs. 1 entspricht Art. 13 lit. a der Richtlinie 90/385/EWG idF der Richtlinie 93/68/EWG sowie Art. 18 lit. a der Richtlinie 93/42/EWG.

Wenn der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz oder ein anderer Mitgliedstaat des EWR feststellt, daß eine CE-Kennzeichnung unrechtmäßig angebracht ist, muß der Hersteller oder gegebenenfalls sein Bevollmächtigter im EWR die entsprechend dem Anlaßfall, allenfalls mit einer angemessenen Fristsetzung vorgeschriebenen Auflagen zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes erfüllen. Ein etwaiges Verfahren ist unabhängig von Maßnahmen gemäß § 77, die bei gefährdenden Medizinprodukten zu ergreifen sind, durchzuführen. Eine unrechtmäßige Anbringung der CE-Kennzeichnung läge etwa vor, wenn der Hersteller sein Produkt der Klasse IIa irrigerweise in Klasse I einstuft, selbst die Konfomitätsbewertung durchführt und die CE-Kennzeichnung anbringt. Dieses Produkt bedarf, auch wenn es sicher und leistungsfähig ist, einer Drittzertifizierung durch eine benannte Stelle. Weiters könnten auch andere Produkte (zB Kosmetika) unrechtmäßig mit einer CE-Kennzeichnung im Sinne der Medizinprodukterichtlinien versehen worden sein.

Zu § 23 Abs. 2:

Diese Regelung setzt Art. 13 lit. b der Richtlinie 90/385/EWG idF der Richtlinie 93/68/EWG sowie Art. 18 lit. b der Richtlinie 93/42/EWG um.

Werden die zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes vorgeschriebenen Auflagen nicht erfüllt, müssen einschneidendere Maßnahmen im Sinne der in den Medizinprodukterichtlinien vorgesehenen Schutzklauselverfahren, entsprechend § 77 (unter Bedachtnahme auf Art. 7 der Richtlinie 90/385/EWG und Art. 8 der Richtlinie 93/42/EWG), getroffen werden.

Zu § 24:

In Umsetzung von Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 93/42/EWG wird in der gegenständlichen Bestimmung vorgesehen, daß der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz gegenüber demjenigen, der eine CE-Kennzeichnung unrechtmäßig angebracht hat, die zur Herstellung des ordnungsgemäßen Zustandes erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hat.

Zu § 25:

Die in der Richtlinie 93/42/EWG, Anhang IX vorgesehene Klassifizierung von Medizinprodukten soll eine differenzierte Abstufung von Bewertungsmaßnahmen für Medizinprodukte ermöglichen und damit die in Europa vorhandenen Ressourcen in diesem Regelungssystem auf den Bereich der Mittel- und vor allem Hochrisikoprodukte lenken. Die Klasseneinteilung ist insbesondere für die Auswahl geeigneter Konformitätsbewertungsverfahren, aber auch für die Frage von Bedeutung, für welche Medizinprodukte im Rahmen der klinischen Bewertung jedenfalls klinische Daten im Sinne des Anhangs X der Richtlinie 93/42/EWG heranzuziehen sind. Weiters ist auch der Einschluß eines Medizinproduktes in das Nichtuntersagungsverfahren gemäß § 40 Abs. 2 im Rahmen der klinischen Prüfung betroffen. Daneben spielt die Klasseneinteilung für eine Reihe weiterer verwaltungstechnischer Regelungen eine Rolle.

In der Richtlinie 93/42/EWG werden Medizinprodukte im Anhang IX durch ein System von 18 Klassifizierungsregeln, weitere übergeordnete Regeln und zusätzliche Begriffsbestimmungen in die Klassen I, IIa, IIb und III eingeteilt (III = höchste Risikogruppe). Aktive implantierbare Medizinprodukte im Sinne der Richtlinie 90/385/EWG entsprechen in bezug auf die regelungstechnischen Konsequenzen praktisch der Klasse III. Für In-vitro-Diagnostik-Medizinprodukte wird es in Zukunft im Rahmen der 3. Medizinprodukterichtlinie betreffend In-vitro-Diagnostik-Medizinprodukte eine eigene unabhängige Klassifizierung geben.

Die Ratio der Klassifizierung liegt in der risikoadäquaten und im Hinblick auf übergeordnete Interessen des Gesundheitsschutzes differenzierten Zuordnung von Bewertungsverfahren (insbesondere Zulassungsverfahren) zu Medizinprodukten. In der Richtlinie 93/42/EWG werden als Kriterien der Klassifizierung insbesondere die Zweckbestimmung, die zugrundeliegende Technologie sowie Anwendungsort, -art und -dauer des Medizinproduktes herangezogen.

Die Klassifizierungsregeln können im Rahmen der Tätigkeit des Ständigen Ausschusses gemäß Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 93/42/EWG erforderlichenfalls geändert werden. Damit gegebenenfalls die rasche Anpassung der nationalen Bestimmungen erfolgen kann, werden die Regelungen über die Klassifizierung im Verordnungswege erlassen. Nach dem Selbstverständnis der EU-Rechtsetzung kann zwar durch die derzeit bestehenden Klassifizierungsregeln in den weitaus meisten Fällen eine eindeutige und adäquate Einstufung vorgenommen werden. In Anbetracht des sehr heterogenen Produktbereiches und der ungeheuren Dynamik bei der Entwicklung neuer Produkte ist aber immer wieder mit Änderungen am Regelwerk zu rechnen.

Zu § 26:

Sollte sich im Rahmen eines Konformitätsbewertungsverfahrens hinsichtlich der Klassifizierung eine Meinungsverschiedenheit zwischen Hersteller und einer österreichischen benannten Stelle ergeben, so hat diese benannte Stelle beim Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz die Entscheidung zu beantragen. Dies kann in bestimmten Fällen vor weitreichenden und möglicherweise kostspieligen Fehlentscheidungen bewahren. Während der Hersteller etwa bei Klasse I (nicht steril und ohne Meßfunktion, keine Sonderanfertigung) die gesamte Konformitätsbewertung in eigener Verantwortung selbst durchführen kann, muß er bei Klasse IIa eine benannte Stelle involvieren. Wurde nun ein Medizinprodukt der Klasse IIa irrigerweise in Klasse I eingestuft und so in Verkehr gebracht, so droht dem Hersteller eventuell ein Verfahren wegen unrechtmäßiger Anbringung der CE-Kennzeichnung gemäß Art. 18 der Richtlinie 93/42/EWG bzw. den §§ 22 und 23 dieses Bundesgesetzes. Analoge Probleme könnten sich bei fehlerhafter Klassifizierung etwa im Hinblick auf die klinische Prüfung von Medizinprodukten ergeben.

Eine Leitlinie der EU-Kommission zur Klassifizierung von Medizinprodukten ist in Vorbereitung; entsprechende Software-Programme zur Unterstützung einer korrekten Klassifizierung werden in absehbarer Zeit verfügbar sein, sodaß sich für den Großteil von Medizinprodukten Probleme hinsichtlich der Klassifizierung in Grenzen halten werden.

Zu § 27:

Eines der wichtigsten Elemente im europäischen Regelungssystem für Medizinprodukte sind zweifellos die von den Richtlinien vorgesehenen europäischen Zulassungsverfahren (Konformitätsbewer­tungsverfahren). In diesen ist insbesondere jeweils vor dem erstmaligen Inverkehrbringen festzustellen, ob ein Medizinprodukt (hier als einzelne Sonderanfertigung oder als für die Produktion repräsentatives Exemplar zu verstehen) die grundlegenden Anforderungen gemäß den §§ 8 und 9 und einer Verordnung nach § 10 erfüllt bzw. den Bestimmungen für die Herstellung von Medizinprodukten (zB hinsichtlich von Qualitätssicherungsssystemen) entspricht. Der Hersteller kann aus den jeweils vorgegebenen gleichwertigen Modulen die für ihn geeigneten Verfahren auswählen.

Die Konformitätsbewertung ist zugleich die Voraussetzung für die Anbringung der CE-Kenn­zeichnung und damit nach Ende relevanter Übergangsfristen die Voraussetzung für das erstmalige Inverkehrbringen von Medizinprodukten im Geltungsbereich des Abkommens über den EWR.

Die umfangreichen und vielschichtigen Detailbestimmungen zu Inhalt und Durchführung der Konformitätsbewertungsverfahren werden nach § 28 im Verordnungswege in nationales Recht übergeführt.

Zu § 28 Abs. 1 und 2:

Diese Bestimmungen gewährleisten die Umsetzung des Art. 9 und der Anhänge 2 bis 6 der Richtlinie 90/385/EWG idF der Richtlinien 93/42/EWG und 93/68/EWG und die Umsetzung der Art. 11 und 12 sowie der Anhänge II bis VIII der Richtlinie 93/42/EWG in nationales Recht.

Die Festlegungen von Einzelheiten zu Inhalt und Durchführung der Konformitätsbewertungsverfahren werden einer Verordnung vorbehalten. Gemäß Art. 9a der Richtlinie 90/385/EWG idF der Richtlinie 93/42/EWG und Art. 13 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 93/42/EWG kann für bestimmte Medizinprodukte nach Befassung des Ständigen Ausschusses für Medizinprodukte im Verfahren nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 93/42/EWG eine Einschränkung der Auswahlmöglichkeiten des Herstellers aus den vorgegebenen Konformitätsbewertungsverfahren vorgenommen werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und inhaltlichen Zusammengehörigkeit sind in der Verordnungsermächtigung auch nähere Ausführungen über die Ausnahmegenehmigungen gemäß § 32 vorgesehen.

Zu § 28 Abs. 3:

Diese Verordnungsermächtigung muß mögliche allgemeine und spezifische Auslegungsprobleme bei den europäischen Konformitätsbewertungsverfahren abdecken. Sie bezieht sich daher auch auf Teilbereiche im Rahmen der Konformitätsbewertung von Medizinprodukten, wo es durch relativ allgemeine Formulierungen in den Medizinprodukte-Richtlinien zu unterschiedlichen Interpretationen kommen kann. Dies betrifft etwa die Konformitätsbewertung von Medizinprodukten mit einem Arzneimittel in unterstützender Funktion (§ 5 Abs. 3) als auch die Anerkennung von Zwischenprüfungen im Rahmen von Konformitätsbewertungsverfahren. Diese Problembereiche werden von der Europäischen Kommission durch derzeit rechtlich unverbindliche Guidelines abgedeckt werden. So wird eine dieser Guidelines (working document MEDDEV 14/93, rev. 4; Brüssel, Jänner 1995) für Medizinprodukte gemäß § 5 Abs. 3 den Konsultationsprozeß benannter Stellen mit geeigneten Arzneimittelzulassungsstellen im EWR behandeln. Wichtige Elemente dieser Guideline werden zweckmäßigerweise zT im Verordnungswege umzusetzen sein. Weiters sind erforderlichenfalls auch nähere Bestimmungen zur Vorgangsweise bei Systemen und Behandlungseinheiten gemäß den §§ 33 und 35 und bei der Sterilisation CE-gekennzeichneter Medizinprodukte gemäß den §§ 34 und 35 für das erstmalige Inverkehrbringen möglich.

Zu § 28 Abs. 4:

Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose werden vermutlich erst im Jahre 2001 obligatorisch von den Regelungen der 3. Medizinprodukterichtlinie erfaßt werden. Eine bis zu dieser Frist bestehende Rechtslücke in diesem für die Leistungsfähigkeit der modernen Medizin so entscheidenden Bereich wäre nicht mehr vertretbar. Da sich etwa als Ergebnis von Marktüberwachungen oder Berichten aus dem Vigilance-System für Medizinprodukte oder aus den Erfordernissen der Arzneimittelsicherheit (zB für Blutprodukte) aus vitalen Gesundheitsinteressen jederzeit ein dringender Handlungsbedarf ergeben kann, war eine Regelungsermächtigung für allenfalls erforderliche Konformitätsbewertungsverfahren vorzusehen. Derartige Regelungen sollten sich, soweit möglich, inhaltlich bereits an der kommenden europäischen Richtlinie ausrichten.

Zu § 29 Abs. 1 bis 5:

Diese grundlegenden Bestimmungen zu den europäischen Zulassungsverfahren für Medizinprodukte entsprechen Art. 9 Abs. 4 bis 8 der Richtlinie 90/385/EWG idF der Richtlinie 93/42/EWG sowie Art. 11 Abs. 9 bis 12 und Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 93/42/EWG.

Dem Hersteller oder seinem Bevollmächtigten im EWR wird bei der Durchführung der für seine Medizinprodukte vorgesehenen Konformitätsbewertungsverfahren, die einer Drittzertifizierung bedürfen, die freie Wahl der benannten Stelle zugestanden. Er muß bei seiner Auswahl lediglich darauf achten, daß die von ihm gewählte Stelle für den passenden Produktbereich (zB Herzschrittmacher) und den von ihm gewünschten Zulassungsmodul (zB vollständiges Qualitätssicherungs-System oder Baumusterprüfung) benannt worden ist. Es besteht keinerlei Verpflichtung, eine benannte Stelle auszuwählen, die ihren Sitz im selben Land hat wie der Hersteller. Parallelanträge bei mehreren benannten Stellen für dasselbe Konformitätsbewertungsverfahren für dasselbe Medizinprodukt sind unzulässig (siehe zB Anhang II Punkt 3.1., dritter Gedankenstrich der Richtlinie 93/42/EWG). Es ist also nicht möglich, mehrere Zulassungsstellen mit demselben Antrag zu befassen, um wenigstens bei einer benannten Stelle eine Zertifizierung zu erlangen. Nachdem die Befassung einer benannten Stelle im Rahmen eines Konformitätsbewertungsverfahrens auf einer privatrechtlichen Vereinbarung basiert, ist es allerdings durchaus möglich, einer Stelle zB bei Terminüberschreitung oder zu hohen Kosten das Mandat zu entziehen und den Antrag bei einer anderen geeigneten benannten Stelle einzureichen. Unzulässig ist allerdings der Versuch, berechtigten Anforderungen durch die Zulassungsstelle durch einen Wechsel zu entgehen.

Um zu verhindern, daß die europäischen Zulassungsverfahren für Medizinprodukte zu punktuellen Evaluierungsereignissen werden und dem rasch wachsenden Wissensstand nicht entsprechen, wurde die Gültigkeitsdauer von Konformitätsentscheidungen begrenzt. Eine Verlängerung ist nur nach Prüfung des entsprechenden Antrags möglich. Bei Verlängerungsanträgen ist die Wahl der benannten Stelle nicht mehr freigestellt, sondern muß im Prinzip bei der Stelle erfolgen, die den „Erstantrag“ behandelt hat. Ausnahmen gelten nur, wenn etwa die betreffende Stelle nicht mehr besteht oder ihre Benennung für diesen Produktbereich zurückgezogen wurde.

Zu § 29 Abs. 6:

Im Antrag auf Verlängerung ist für die benannte Stelle im einzelnen darzulegen, inwieweit sich die für die Konformitätsbewertung maßgeblichen Sachverhalte seit der letzten Beurteilung durch die notifizierte Stelle geändert haben.

Zu § 29 Abs. 7:

Abs. 7 entspricht Anhang 1 Punkt 10 der Richtlinie 90/385/EWG und Anhang I Punkt 7.4. der Richtlinie 93/42/EWG.

Für Medizinprodukte gemäß § 5 Abs. 3 mit einer Arzneimittelkomponente in unterstützender Funktion (zB heparinisierter Katheter, Herzschrittmacherelektrode mit Steroiddepot an der Elektrodenspitze) sind die Sicherheit, die Qualität und der Nutzen der Arzneimittelkomponente in Analogie zu den entsprechenden Verfahren gemäß der Richtlinie 75/318/EWG zu evaluieren. Die benannte Stelle hat dabei in einem Konsultationsprozeß (keine Codecision!) eine Arzneimittelzulassungsbehörde im EWR-Raum zu befassen und übermittelt ihr dazu die für ihre Stellungnahme relevanten Unterlagen. Die eigentliche Entscheidung über die Konformität des Produktes ist aber von der benannten Stelle zu treffen.

Zu § 30:

Diese wichtige Festlegung zu Sonderanfertigungen entspricht Art. 9 Abs. 2 sowie Anh. 6 der Richtlinie 90/385/EWG und Art. 11 Abs. 6 sowie Anh. VIII der Richtlinie 93/42/EWG.

Der Hersteller oder sein im EWR niedergelassener Bevollmächtigter hat vor dem Inverkehrbringen einer Sonderanfertigung eine Erklärung auszustellen und eine Dokumentation bereitzuhalten, deren wesentliche Inhalte in einer Verordnung nach § 28 festzulegen sind. Dabei sind jeweils die zitierten Anhänge der Richtlinien zu beachten. Die Erklärung enthält grundlegende Informationen über die Sonderanfertigung, aus ihr geht im wesentlichen der individuelle Verschreibungscharakter des Produktes (Patient, verschreibender Arzt, spezifische Merkmale der Sonderanfertigung, Zusicherung hinsichtlich der grundlegenden Anforderungen) hervor. Die Dokumentation enthält detailliertere Informationen; aus ihr muß sich jeweils beurteilen lassen, ob die Sonderanfertigung den grundlegenden Anforderungen entspricht.

Zu § 31:

§ 31 setzt die Art. 4 Abs. 3 der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG in nationales Recht um.

Für reine Demonstrations- bzw. wissenschaftliche Informationszwecke dürfen Medizinprodukte, die für ihr Inverkehrbringen und ihre Inbetriebnahme einer Konformitätsbewertung gemäß § 27 und einer CE-Kennzeichnung gemäß § 15 bedürften, ausgestellt werden, wenn entsprechend deutlich herausgestellt wird, daß ihr Inverkehrbringen und ihre Inbetriebnahme erst nach Realisierung der oa. Bedingungen möglich ist. Auf den Schutz von Personen ist zu achten (zB bei der Vorführung eines medizinischen Hochleistungslasers).

Zu § 32:

Die Bestimmung entspricht Art. 9 Abs. 9 der Richtlinie 90/385/EWG idF der Richtlinie 93/42/EWG sowie Art. 11 Abs. 13 der Richtlinie 93/42/EWG.

Medizinprodukte, deren Anwendung an bestimmten Patienten im Interesse des Gesundheitsschutzes dringend geboten ist, für die aber (noch) nicht die erforderliche Konformitätsbewertung durchgeführt worden ist, können auf Antrag mit einer Ausnahmegenehmigung des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden. Voraussetzung ist allerdings, daß das Medizinprodukt

        1.   für eine medizinische Behandlung dringend erforderlich ist,

        2.   es keine unvertretbaren Risken aufweist,

        3.   der zu erwartende Nutzen die Risken überwiegt (positive Nutzen-/Risikorelation) und

        4.   der Behandlungserfolg nicht mit einer sonstigen verfügbaren Behandlungsmethode und insbesondere nicht mit einem konformitätsbewerteten und CE-gekennzeichneten Medizinprodukt erzielt werden kann.

Die Ausnahmegenehmigung ist nicht erforderlich in bestimmten, vom Wehrgesetz definierten Fällen (Abs. 3) sowie bei besonders dringlichen individuellen ärztlichen Einsatznotwendigkeiten (Abs. 4).

Zu § 33:

§ 33 setzt Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 93/42/EWG in österreichisches Recht um.

Werden mit der CE-Kennzeichnung versehene Medizinprodukte unter den in Abs. 1 genannten Voraussetzungen als System oder Behandlungseinheit erstmalig in Verkehr gebracht, so ist dafür kein neues Konformitätsbewertungsverfahren mehr notwendig. Es ist vielmehr eine Erklärung abzugeben, daß die Zusammenstellung unter entsprechender Kontrolle gemäß den Anweisungen und Hinweisen der Hersteller der beteiligten Medizinprodukte erfolgt ist.

Liegen die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht voll vor, so wird die fragliche Produktzusammenstellung als eigenständiges Medizinprodukt gewertet und unterliegt der dafür vorgesehenen Konformitätsbewertung.

Zu § 34:

Diese Bestimmung entspricht Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 93/42/EWG.

Bestimmte Medizinprodukte mit CE-Kennzeichnung oder Produktkombinationen gemäß § 33 Abs. 1 sind zur Anwendung im sterilen Zustand bestimmt, werden aber zunächst in einer nicht-sterilen Version in Verkehr gebracht. Im Hinblick auf ihr weiteres erstmaliges Inverkehrbringen in gebrauchsfertigem, sterilen Zustand ist beim bestimmungsgemäßen Sterilisationsverfahren die Intervention einer geeigneten benannten Stelle erforderlich. Von den in der Richtlinie 93/42/EWG angeführten, anwendbaren Anhängen IV, V und VI kommt aber nach dem Text des Anhangs IV und den sachlichen Erfordernissen (zB in den harmonisierten Normen ÖNORM EN 550, ÖNORM EN 552 und ÖNORM EN 554 über die Validierung und Routinekontrolle verschiedener möglicher Sterilisationsverfahren) praktisch nur der Anhang V in Frage.

Zu § 35:

§ 35 setzt Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 93/42/EWG um.

Zu § 36 Abs. 1:

Diese Festlegung entspricht Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 90/385/EWG und Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 93/42/EWG.

Zur Aufgabenstellung der benannten Stellen siehe auch den allgemeinen Teil der Erläuterungen. Aufgabe der benannten Stellen ist es, ein oder mehrere Konformitätsbewertungsverfahren (Zulassungs­module) für bestimmte Medizinproduktebereiche durchzuführen.

Bei der Benennung sind jeweils der Produktbereich und jene Konformitätsbewertungsmodule (= Anhänge der Richtlinien) anzugeben, über die sich die fachliche Kompetenz der notifizierten Stelle erstreckt. Die Kennummer besteht aus einem 4stelligen Zahlencode, welcher bei bestimmten Zulassungsmodulen neben der CE-Kennzeichnung am Medizinprodukt und seinen Begleitinformationen anzubringen ist (vergleiche § 19 Abs. 1).

Zu § 36 Abs. 2:

Abs. 2 setzt Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 90/385/EWG und Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 93/42/EWG um.

Die in Z 1 genannten Mindestkriterien gemäß § 37 entsprechen jeweils dem Anhang 8 der Richtlinie 90/385/EWG bzw. Anhang VIII der Richtlinie 93/42/EWG.

Benannte Stellen müssen in der Lage sein, die Erfüllung der Anforderungen aus einem oder mehreren Konformitätsbewertungsmodulen, für die eine Drittzertifizierung vorgesehen ist, zu zertifizieren. Die Verantwortung und fachliche Kompetenz einer benannten Stelle muß sich jeweils über ein oder mehrere Zulassungsmodule (Konformitätsbewertungsverfahren) erstrecken. Da der Anwendungsbereich der Medizinprodukterichtlinien relativ groß und heterogen ist, kann in der Benennung eine Einschränkung des Produktbereiches (zB nur für aktive Medizinprodukte) vorgenommen werden. Für diesen Produktbereich und das jeweilige Konformitätsbewertungsverfahren muß aber die volle Verantwortlichkeit und fachliche Kompetenz gewährleistet sein. Dabei sind im wesentlichen zwei Arten zu unterscheiden, wie die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen der Anhänge 1 bzw. I der Medizinprodukterichtlinien für Medizinprodukte überprüft wird:

        1.   der direkte Weg über die Beurteilung der Produkte und der entsprechenden Unterlagen in den Anhängen 3 und 4 der Richtlinie 90/385/EWG bzw. in den Anhängen III und IV der Richt-
linie 93/42/EWG und/oder

        2.   der indirekte Weg über die Zertifizierung von Qualitätssicherungs-Systemen für die Herstellung von Medizinprodukten gemäß den Anhängen 2 und 5 der Richtlinie 90/385/EWG bzw. den Anhängen II, V und VI der Richtlinie 93/42/EWG. Die Anhänge 2 der Richtlinie 90/385/EWG bzw. II der Richtlinie 93/42/EWG beinhalten für Hochrisikoprodukte neben den Anforderungen eines vollständigen Qualitätssicherungs-Systems auch eine Beurteilung der Produktunterlagen; sie kombinieren also beide Arten zur Demonstration der Konformität.

Da in den Zulassungsmodulen, die von benannten Stellen durchzuführen sind, jeweils eine Zertifizierung vorgesehen ist, muß es sich bei den benannten Stellen prinzipiell um Zertifizierungsstellen für Medizinprodukte bzw. Qualitätssicherungs-Systeme handeln. Da es bei den Zulassungsverfahren letztendlich um den Nachweis geht, daß Medizinprodukte die grundlegenden Anforderungen erfüllen, müssen Stellen, die für die einzelnen Qualitätssicherungs-Module notifiziert sind, die Verantwortung nicht nur für Aspekte der Qualitätssicherungs-Systeme, sondern auch für Produktanforderungen übernehmen können. Sie müssen daher auch eine entsprechende fachliche Kompetenz im geprüften Produktbereich aufweisen. In Teilbereichen kann jedoch das erforderliche fachliche Know-how durch Subaufträge abgedeckt werden. Die Forderung nach Akkreditierung als Zertifizierungsstelle und als Prüf- oder Überwachungsstelle für den definierten Medizinproduktebereich soll die gebotene fachliche Kompetenz auch bei den Qualitätssicherungs-Zertifizierern sicherstellen.

Benannte Stellen müssen gemäß den Medizinprodukterichtlinien bestimmten Mindestkriterien entsprechen. Für diese sind jeweils (vergleiche Abs. 3) Konformitätsannahmen hinsichtlich harmonisierter Normen (derzeit aus der Serie EN 45000) zu treffen. Dies allein reicht jedoch nach der Grundphilosophie der Binnenmarktregelungen nicht aus. Es muß vielmehr auch nachgewiesen werden, daß die Stelle über die von den Richtlinien geforderte fachliche Kompetenz verfügt. Zur Führung dieses Nachweises sollte nach den Empfehlungen der Europäischen Kommission allgemein auf einschlägige Akkreditierungsverfahren zurückgegriffen werden.

Zu § 36 Abs. 3:

Diese Konformitätsvermutung entspricht Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 90/385/EWG sowie Art. 16 Abs. 2 der Richtlinie 93/42/EWG. Es handelt sich dabei derzeit um Europäische Normen aus der Serie EN 45000.

Zu § 36 Abs. 4:

Diese Bestimmung entspricht Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 90/385/EWG sowie Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 93/42/EWG.

Die für die Notifizierung benannter Stellen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten müssen nicht nur befugt sein, Stellen zu melden, sondern auch, die Benennung zu widerrufen oder einzuschränken, wenn die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Die benannten Stellen unterliegen einer regelmäßigen Überwachung durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten und das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz (vergleiche § 69).

Zu § 36 Abs. 5:

Abs. 5 setzt die Erfordernisse des Art. 11 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 90/385/EWG sowie des Art. 16 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 93/42/EWG bezüglich wechselseitiger Information über Vorgänge der Benennung oder Widerrufe bzw. Einschränkungen bei benannten Stellen um.

Zu § 37:

Die Festlegungen von Mindestkriterien, die bei der Benennung der zukünftigen „Eurozulassungs­stellen“ anzuwenden sind, setzen den Anh. 8 der Richtlinie 90/385/EWG und den Anh. XI der Richt-
linie 93/42/EWG um.

Diese Bestimmungen zielen insbesondere auf die Unabhängigkeit, hohe fachliche Kompetenz und die organisatorischen Voraussetzungen ab, die von den benannten Stellen zu fordern sind, damit sie in den verschiedenen Konformitätsbewertungsverfahren ihre Aufgaben im Rahmen der Gewährleistung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten ausüben können.

Die geforderte fachliche Kompetenz muß sich über den beantragten Produktbereich und jeweils einen oder mehrere vollständige Konformitätsbewertungsverfahren (Module = Anhänge der Richtlinien) erstrecken. Die Stelle muß selbst über das entsprechende fachliche Know-how, insbesondere auch über das qualifizierte, zuverlässige Personal und über die erforderliche Ausrüstung verfügen, um den gestellten Aufgaben nachkommen zu können. Nur Teilbereiche dürfen durch Subaufträge vertraglich geregelt an andere unabhängige Stellen, zB an medizinische Fakultäten oder Experten, vergeben werden, welche ebenfalls über die entsprechende Qualifikation verfügen müssen und der Überwachung durch die benannte Stelle unterliegen. Auch bei benannten Stellen, welche Qualitätssicherungs-Module zertifizieren, muß das entsprechende fachliche Know-how für den fraglichen Produktbereich und für die dafür jeweils relevanten grundlegenden Anforderungen vorhanden sein. Nur Teilbereiche, die den kleineren Teil eines Auftrages ausmachen, dürfen im Subauftrag vergeben werden.

Die volle Verantwortung über das durchgeführte Konformitätsbewertungsverfahren muß immer bei der benannten Stelle liegen.

Zu § 38:

Diese Bestimmung entspricht Anhang X, Abschnitt 1 der Richtlinie 93/42/EWG sowie Anhang 7, Abschnitt 1 der Richtlinie 90/385/EWG.


Bei der klinischen Bewertung wird – zur Demonstration der Erfüllung grundlegender Anforderungen – eine medizinische Nutzen-/Risikoabwägung vorgenommen. Diese umfaßt sowohl eine kritische Bestandsaufnahme der medizinischen Leistungen des Medizinproduktes in Diagnose, Therapie, Prophylaxe oder Rehabilitation als auch eine kritische Aufrechnung der unerwünschten Nebenwirkungen, allfälliger Risken und Anwendungseinschränkungen. Diese kritische Abwägung ist jedenfalls für Hochrisikoprodukte auf klinische Daten, dh. die derzeit verfügbare aktuelle wissenschaftliche Literatur, bzw. die Ergebnisse aller relevanten klinischen Prüfungen zu stützen. Durch Verordnung können nähere Vorschriften erlassen werden, dabei sind insbesondere jene Arten von Medizinprodukten anzuführen, für deren klinische Bewertung jedenfalls klinische Daten heranzuziehen sind. Eine Verordnungsermächtigung empfiehlt sich auch, da die hier relevanten Anhänge der Medizinprodukterichtlinien vom Ausschuß für Medizinprodukte (gemäß Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 90/385/EWG und Art. 7 der Richtlinie 93/42/EWG) auf Gemeinschaftsebene geändert werden können.

Zu § 39 Abs. 1:

Diese Bestimmung entspricht Abschnitt 2. 1 des Anhangs X der Richtlinie 93/42/EWG und Abschnitt 2. 1 des Anhangs 7 der Richtlinie 90/385/EWG.

Gemäß der Deklaration von Helsinki muß es das Ziel der biomedizinischen Forschung am Menschen sein, die medizinischen Möglichkeiten in Diagnose, Therapie, Prophylaxe oder Rehabilitation zu erweitern und das Verständnis von Krankheiten zu fördern. Wesentliche Zielsetzung ist dabei die Schaffung einer ausreichend abgesicherten wissenschaftlichen Basis für Nutzen-/Risikobewertungen medizinischer Behandlungsverfahren. Hier sind insbesondere die medizinischen Leistungen der klinisch geprüften Medizinprodukte in den vorgesehenen Anwendungsbereichen und -bedingungen als auch die unerwünschten Nebenwirkungen zu erheben, sodaß anhand des Standes der Wissenschaft eine fundierte Bewertung von klinisch geprüften Medizinprodukten ermöglicht wird. Gegenüber den Richtlinien wurden die Zielsetzungen klinischer Prüfungen weiter gefaßt, um speziell auch herstellerunabhängige, zB universitätseigene Forschung zu berücksichtigen.

Zu § 39 Abs. 2:

Die Festlegung ergibt sich aus der Deklaration von Helsinki.

Die gesundheitlichen Risken und Belastungen für Versuchspersonen müssen so gering wie möglich gehalten werden. Eine eingehende Gefahrenanalyse und geeignete Maßnahmen zur Risikominderung, die auch entsprechend dokumentiert sind, sind daher unabdingbar. In der vorliegenden Bestimmung werden insbesondere jene Untersuchungen und Prüfungen zur Risikominimierung angesprochen, die jedenfalls vor der klinischen Prüfung am Menschen vorzunehmen sind. Darunter fällt unter anderem auch die bei medizinischen Geräten so wesentliche sicherheitstechnische Bewertung bzw. die generelle Prüfung, ob die grundlegenden Anforderungen, die nicht Gegenstand der klinischen Prüfung sind, eingehalten werden. Die möglichen Risken einer klinischen Prüfung müssen nach der Deklaration von Helsinki stets abwägbar bleiben.

Zu § 40 Abs. 1:

Die Meldeverpflichtung und das Erfordernis der Bereithaltung der Dokumentation ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 in Verbindung mit Anh. 6 der Richtlinie 90/385/EWG sowie Art. 15 Abs. 1 in Verbindung mit Anh. VIII der Richtlinie 93/42/EWG.

Zu § 40 Abs. 2:

Abs. 2 führt Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 90/385/EWG und Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 93/42/EWG aus.

Diese Bestimmung sieht im Einklang mit den Medizinprodukterichtlinien für Hochrisikoprodukte (aktive implantierbare Medizinprodukte, Produkte der Klasse III sowie implantierbare und langzeitinvasive Produkte der Klassen IIa und IIb) ein Nichtuntersagungsverfahren von 60 Tagen durch den Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz vor.

Zu § 40 Abs. 3:

Abs. 3 steht im Einklang mit Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 93/42/EWG.

Bei der klinischen Prüfung von Medizinprodukten, die keine Hochrisikoprodukte im Sinne des Abs. 2 sind, kann der Antragsteller, entsprechend den Bestimmungen dieses Hauptstückes, mit der klinischen Prüfung beginnen, wenn eine positive Stellungnahme durch die zuständige Ethikkommission vorliegt und die Meldung bzw. Erklärung gemäß Abs. 1 an den Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz übermittelt wurde.

Zu § 40 Abs. 4:

Abs. 4 setzt Art. 15 Abs. 8 der Richtlinie 93/42/EWG um.

Bei der klinischen Prüfung von CE-gekennzeichneten Produkten im Rahmen ihrer Zweckbestimmung wird vom Erfordernis der behördlichen Meldung bzw. Nichtuntersagung der klinischen Prüfung und von der Versicherungspflicht gemäß § 47 abgesehen. Damit wird nicht zuletzt herstellerunabhängige, zB universitätseigene Forschung begünstigt.

Zu § 41 Abs. 1:

Die Bestimmung ergibt sich aus den Anforderungen der Deklaration von Helsinki.

Demnach muß die Auswirkung einer klinischen Prüfung auf die körperliche und geistige Unversehrtheit einer Versuchsperson so gering wie möglich gehalten werden. Es handelt sich hier um eine wichtige allgemeine Grundbestimmung zum Schutz von Versuchspersonen, die durch weitere rechtliche Schutzvorkehrungen präzisiert und ergänzt wird.

Zu § 41 Abs. 2:

Abs. 2 ergibt sich ebenfalls aus der Deklaration von Helsinki.

Dieser Absatz bezieht sich auf ein grundsätzliches Rechtfertigungsprinzip für mögliche Restrisken im Rahmen einer klinischen Prüfung. Das Restrisiko ist für die Versuchsperson nur in jenem Maße akzeptabel, als sie selbst von der zu erprobenden Verbesserung in Diagnose, Therapie, Prophylaxe oder Rehabilitation profitieren kann. Bei klinischen Prüfungen, die für die Versuchsperson nicht mit einem direkten medizinischen Nutzen verbunden sind, sondern die „nur“ dem Fortschritt der Medizin dienen, darf demnach in keinem Fall eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit verbunden sein. Die Sorge um die Belange der Versuchsperson muß stets ausschlaggebend sein im Vergleich zu den Interessen der Wissenschaft und der Gesellschaft.

Zu § 41 Abs. 3:

Die klinische Prüfung eines Medizinproduktes darf an einem Patienten nur dann durchgeführt werden, wenn die Anwendung dieses Produktes bei diesem Patienten im Rahmen seiner Behandlung indiziert ist, um eine jener medizinischen Leistungen zu erbringen, für die dieses Medizinprodukt vorgesehen ist. An Patienten darf somit nicht neben ihrer medizinischen Behandlung eine klinische Prüfung eines Medizinproduktes durchgeführt werden, die von ihrer Zielsetzung her nicht zum medizinisch indizierten Behandlungskonzept gehört.

Zu § 41 Abs. 4 und 5:

Entspricht Anhang VIII der Richtlinie 93/42/EWG sowie Anhang 6 der Richtlinie 90/385/EWG.

Beide Absätze behandeln wichtige allgemeine Schutz- und Leistungserfordernisse im Rahmen der klinischen Prüfung.

Zu § 42:

Die Bestimmungen entsprechen Anh. X, Nr. 2. 3. der Richtlinie 93/42/EWG sowie Anh. 7, Nr. 2. 3. der Richtlinie 90/385/EWG.

Die Formulierungen mußten in Abs. 1 etwas allgemeiner gefaßt werden, da auch herstellerunabhängige, zB universitätseigene Forschung zu berücksichtigen ist, die eigene Fragestellungen behandeln kann.

Die Abs. 3 bis 5 legen wesentliche Elemente eines Prüfplans fest, der gemäß Abs. 1 dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen soll. Die Registrierung schwerwiegender unerwünschter Ereignisse in Abs. 8 ergibt sich darüber hinaus aus der Zielsetzung klinischer Prüfungen, auch die Nebenwirkungen des geprüften Medizinproduktes zu erfassen und damit eine fundierte Nutzen-/Risikoabwägung zu ermöglichen. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind darüber hinaus dem Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz und der zuständigen Ethikkommission zu melden.

Zu § 43:

Die für die korrekte Durchführung der klinischen Prüfung und für ihre Beurteilung durch die Ethikkommission bzw. das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz relevanten Gesichtspunkte müssen zweckmäßigerweise in geeigneten Dokumenten festgehalten sein. Nur so kann beurteilt werden, ob die klinische Prüfung entsprechend den Vorgaben dieses Bundesgesetzes geplant und durchgeführt wird. Dadurch wird nicht zuletzt auch der qualitätsgesicherte Ablauf der klinischen Prüfung gefördert. Nähere Hinweise zu den Inhalten wichtiger Dokumente klinischer Prüfungen können in der ÖNORM EN 540 „Klinische Prüfung von Medizinprodukten an Versuchspersonen“ gefunden werden.

Zu § 44:

§ 44 führt die wesentlichen Dokumente im Sinne des § 43 an.

Zu § 45:

Diese Bestimmung entspricht Anhang X, Nr. 2. 3. 1. der Richtlinie 93/42/EWG sowie Anhang 7, Nr. 2. 3. 1. der Richtlinie 90/385/EWG.

Der Prüfplan ist ein für klinische Prüfung zentrales Dokument, welches detaillierte Informationen und Anweisungen über die wissenschaftliche Begründung, die Ziele, das Design, die zugrundeliegende biometrische Planung und Auswertung und alle jene Aspekte der klinischen Prüfung enthalten muß, die ihre medizinisch-wissenschaftliche Aussagekraft und Relevanz sicherstellen sollen.

Zu § 46:

§ 46 entspricht Anhang X, Nr. 2. 3. 7. der Richtlinie 93/42/EWG sowie Anhang 7, Nr. 2. 3. 7. der Richtlinie 90/385/EWG.

Der Abschlußbericht stellt eine klinische Studie nach deren Beendigung vollständig und eingehend dar. Er enthält eine genaue Darlegung der Methodik, der biometrischen Planung, der erhobenen Daten und ihrer Auswertung und eine kritische biometrische wie klinische Würdigung der Ergebnisse. Er ist somit das wesentliche Dokument für die Ergebnissicherung der Studie. Durch seine Unterschrift hat der klinische Prüfer die korrekte Durchführung, Aus- und Bewertung der klinischen Prüfung zu bestätigen.

Zu den §§ 47 und 48:

Durch die Bestimmungen des § 47 sollen analog zu den im Rahmen der Arzneimittelgesetz-Novelle 1993 im Hinblick auf die Probanden- bzw. Patientenversicherung formulierten Verpflichtungen des Sponsors einer klinischen Prüfung, Vorsorgen hinsichtlich des Versicherungsschutzes für in die klinische Medizinprodukteprüfung einbezogene Versuchspersonen getroffen werden. Durch § 48 soll der klinische Prüfer durch Vorschreibung einer Haftpflicht- bzw. Rechtsschutzversicherung in einer dem klinischen Prüfer im Arzneimittelbereich vergleichbaren Weise abgesichert werden.

§ 47 Abs. 1 verpflichtet den Sponsor einer klinischen Prüfung zum Abschluß einer Personenschadenversicherung, die alle Schäden abdeckt, die an Leben und Gesundheit der Versuchsperson durch die an ihr durchgeführten Maßnahmen der klinischen Prüfung verursacht werden können und für die der Prüfer zu haften hätte, wenn ihn ein Verschulden (§ 1295 ABGB) träfe, mit Ausnahme von Schäden, die durch Veränderungen des Erbmaterials in Zellen der Keimbahn des Menschen eingetreten sind, und begründet damit eine verschuldensunabhängige Haftung für Schäden, die durch die klinische Prüfung verursacht werden. Eine solche Nichtverschuldenshaftung, wie sie auch andere europäische Länder kennen, verzichtet auf das Erfordernis des Verschuldens und tritt auch dann ein, wenn der Geschädigte auf der Basis der Verschuldenshaftung keinen Anspruch gegen den Schädiger besitzt, weil kein Verschulden vorliegt oder ein Verschulden nicht nachgewiesen werden kann, vorausgesetzt die Kausalität ist nachgewiesen.

Die gewählte Formulierung übernimmt in die Versicherungspflicht solche Schäden (Körper- bzw. Gesundheitsverletzungen), die entweder infolge der Anwendung des zu prüfenden Medizinproduktes oder aber durch sonstige Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der klinischen Prüfung am Körper des Versicherten vorgenommen worden sind.

Zu versichern ist auch das Risiko, daß trotz Untersuchung eine bestimmte körperliche Schwäche oder individuelle Überempfindlichkeit unerkannt geblieben ist, ohne die aber der Schaden nicht eingetreten wäre. Nicht im Rahmen der Probanden- bzw. Patientenversicherung abzudecken sind dagegen Schäden, die nicht infolge der klinischen Prüfung oder infolge von im Rahmen der Studie durchgeführten Maßnahmen, sondern unabhängig davon lediglich in zeitlichem Zusammenhang mit der klinischen Prüfung aufgetreten sind.

Die Versicherung muß die Formalerfordernisse des § 47 Abs. 2 Z 1 bis 4 erfüllen und einen in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der klinischen Prüfung verbundenen Risken stehenden Versicherungsschutz gewähren (Z 5). Die Festlegung einer Mindestversicherungssumme ist dabei einer Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vorzubehalten.

Durch die ausdrückliche Regelung des § 47 Abs. 3 soll sichergestellt werden, daß die Versuchsperson bzw. ihr gesetzlicher Vertreter vor Beginn der klinischen Prüfung über den Versicherungsschutz informiert wird.

Zu § 49:

§ 49 entspricht der Deklaration von Helsinki.

Diese Bestimmungen enthalten wesentliche ethische Grundanforderungen an eine klinische Prüfung. Es gilt das Prinzip der freiwilligen Einwilligung jeder Versuchsperson in die Teilnahme an der Studie, nachdem sie umfassend über alle für sie wesentlichen Aspekte dieser Studie und über ihre Rechte aufgeklärt worden ist.

Die Einwilligung ist nur dann rechtswirksam, wenn die Versuchsperson geschäftsfähig und tatsächlich in der Lage ist, die wesentlichen sie betreffenden Aspekte der klinischen Prüfung zu verstehen und sich dann frei zu entscheiden.

Die Aufklärung muß patientengerecht, klar und leicht verständlich sein. Sie muß alle für die persönliche Entscheidung der Versuchsperson notwendigen Informationen enthalten. Die Versuchsperson muß auch darüber informiert sein, daß sie jederzeit – ohne Angabe von Gründen – ihre Einwilligung zur Teilnahme zurückziehen kann. Dies darf keine negativen Folgen, insbesondere für die Qualität ihrer weiteren medizinischen Behandlung haben.

Bei der klinischen Prüfung von Implantaten kann beim vorzeitigen Austritt aus der Studie nicht ohne weiteres der Status quo ante herbeigeführt werden (zB erhebliches Reoperationsrisiko beim Ersatz von Herzklappen). Daher muß bei diesen Medizinprodukten vor Aufnahme der Versuchsperson in die Studie gegebenenfalls auch eine Information über mögliche Folgen eines Rücktritts zB nach durchgeführter Implantation erfolgen.

Zu § 50 Abs. 1 bis 3:

Diese Bestimmungen fordern den Nachweis über die Einwilligung der Versuchsperson zur Teilnahme an der klinischen Prüfung durch ihre eigenhändige Unterschrift oder die Unterschrift eines Zeugen. Erstere ist bei fehlendem medizinischem Nutzen für die Versuchsperson immer erforderlich, da hier dem möglichen Risiko durch die Studie kein Ausgleich durch eventuelle Behandlungserfolge gegenübersteht. Die für die klinische Prüfung relevanten Einwilligungen der Versuchspersonen oder gegebenenfalls deren gesetzlicher Vertreter können jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.

Zu § 50 Abs. 4:

Die Versuchsperson ist über die Möglichkeit zu informieren, daß Daten nur zu Kontrollzwecken von den dazu befugten Stellen eingesehen werden können. Der Schutz personenbezogener Daten darf dadurch auf keinen Fall beeinträchtigt werden.

Zu § 51:

Diese Schutzbestimmungen entsprechen der Deklaration von Helsinki.

Diese Bestimmungen sollen den besonderen Schutz von Minderjährigen im Rahmen der klinischen Prüfung gewährleisten. So darf ein Medizinprodukt an Minderjährigen nur klinisch erprobt werden, wenn es für diese Minderjährigen einen direkten medizinischen Nutzen erbringt und es dafür vorgesehen ist. Die Prüfung an Erwachsenen allein darf nicht ausreichen, um Sicherheit und Wirksamkeit des Medizinproduktes nachzuweisen. Das Aufklärungs- und Einwilligungsprinzip wird auf den gesetzlichen Vertreter ausgedehnt. Auch der Minderjährige muß, so er dazu in der Lage ist, aufgeklärt und um die Einwilligung ersucht werden. Im Falle eines nicht auszuschließenden erheblichen Risikos ist darüber hinaus die Befassung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich.

Zu § 52:

Gemäß § 52 dürfen aus naheliegenden ethischen Gründen Personen, die auf gerichtliche oder behördliche Anordnung angehalten sind oder die gemäß dem Unterbringungsgesetz untergebracht sind oder für die infolge einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung ein Sachwalter bestellt ist, nicht in eine klinische Prüfung eingeschlossen werden.

Zu § 53:

Besonderen Schutz genießen auch stillende Mütter und Schwangere bzw. ungeborene Kinder. Auch für diesen Personenkreis muß mit der klinischen Prüfung ein direkter medizinischer Nutzen verbunden sein, der der Zweckbestimmung des zu prüfenden Medizinproduktes entspricht. Für das ungeborene oder gestillte Kind dürfen sich keine Risken ergeben. Das Gesetz sieht hier noch höhere Sicherheitsstandards vor als in den Fällen des § 51.

Zu § 54:

Analog zu Regelungen im Arzneimittelbereich wird dieser Personenkreis, bei dem die freie Arztwahl nicht immer gewährleistet ist, von der Teilnahme an klinischen Prüfungen von Medizinprodukten ausgeschlossen.

Zu § 55:

Diese Bestimmungen sollen im Sinne der Deklaration von Helsinki den vertraulichen Umgang mit personenbezogenen Daten, die im Rahmen der klinischen Prüfung anfallen, gewährleisten. Darüber hinaus wird die Zugänglichkeit der wesentlichen Unterlagen und Daten für das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz während und für bestimmte Zeiträume nach Ende oder Abbruch der klinischen Prüfung sichergestellt. Besonders wichtig ist im Hinblick auf den Schutz personenbezogener Daten deren Verschlüsselung in Verbindung mit der getrennten Aufbewahrung der Schlüssel.

Zu § 56 Abs. 1:

Qualitätsmanagementsysteme sind aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. Dies gilt im besonderen Maße auch für die klinische Prüfung, da hier exakt definierte Vorgaben präzise und nachvollziehbar eingehalten werden müssen.

Zu § 56 Abs. 2:

Mit dieser Bestimmung sollen die organisatorischen Voraussetzungen für eine möglichst unabhängige Überprüfung der klinischen Studie durch den Sponsor sichergestellt werden.

Zu § 56 Abs. 3:

Die hohen ethisch-wissenschaftlichen Anforderungen an die klinische Prüfung müssen auch durch geeignete begleitende Kontrollmechanismen abgesichert werden. Dazu zählt die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit von Inspektionen und Audits durch die zuständige Ethikkommission und die dazu befugten in- oder ausländischen Gesundheitsbehörden.

Zu § 57 Abs. 1:

Diese Bestimmung entspricht grundsätzlichen Schutzanforderungen der Deklaration von Helsinki sowie Anhang 8 und Artikel 15 der Richtlinie 93/42/EWG.

Die Begutachtung der klinischen Prüfung durch die jeweils zuständige Ethikkommission stellt einen der wesentlichen Kontrollmechanismen dar, um die ethisch und wissenschaftlich einwandfreie Durchführung der klinischen Prüfung von Medizinprodukten zu gewährleisten.

Zu § 57 Abs. 2:

Im Rahmen einer multizentrischen Prüfung können gemäß Abs. 1 mehrere Ethikkommissionen für die Beurteilung einer klinischen Prüfung zuständig sein. Zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten bei der Beurteilung haben beteiligte Ethikkommissionen prinzipiell die Möglichkeit, die Beurteilung einer anderen zuständigen Ethikkommission zu übertragen. Alle für die Beurteilung erforderlichen Unterlagen müssen dazu der beurteilenden Ethikkommission vorliegen. Jeder zuständigen Ethikkommission bleibt es aber unbenommen, für sich das Recht auf eine eigenständige Bewertung in Anspruch zu nehmen.

Zu § 58 Abs. 1 und 2:

Während für klinische Prüfungen von Medizinprodukten in Krankenanstalten bereits im neugestalteten § 8c des Bundes-Krankenanstaltengesetzes die Einrichtung geeigneter Ethikkommissionen vorgesehen ist, wird in Abs. 1 auch für den nichtstationären Bereich eine entsprechende Vorsorge getroffen.

Zu § 58 Abs. 3:

Das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz benötigt für die Erfüllung seiner Überwachungsaufgaben die Rückmeldung über die ordnungsgemäße Einrichtung von Ethikkommissionen gemäß Abs. 1.

Zu § 58 Abs. 4:

Abs. 4 regelt im Einklang mit dem Bundes-Krankenanstaltengesetz und in enger Abstimmung mit dem Arzneimittelgesetz die Mindesterfordernisse an die Zusammensetzung von Ethikkommissionen. Gegenüber dem Arzneimittelgesetz ist aus sachlichen Erfordernissen zusätzlich ein technischer Sicherheitsbeauftragter aufgenommen worden. Bei den erforderlichenfalls ergänzend zu befassenden Experten wird bei Medizinprodukten insbesondere auch an Experten für Biometrie bzw. an Fachleute für die Biokompatibilität von Implantaten zu denken sein.

Zu § 59 Abs. 1:

Für die einwandfreie Funktion der Ethikkommission ist die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit ihrer Mitglieder in dieser Funktion eine Grundvoraussetzung und daher auch institutionell abzusichern.

Zu § 59 Abs. 2:

Die verantwortungsvolle Tätigkeit der Ethikkommissionen muß im Hinblick auf die Gewährleistung ihrer Unabhängigkeit und Funktionstüchtigkeit durch eine explizit formulierte Geschäftsordnung nachvollziehbar geregelt werden. Die Genehmigung der Geschäftsordnung durch den Landeshauptmann soll sicherstellen, daß die Funktionstüchtigkeit und die Ausrichtung auf die Aufgabenstellung im Sinne dieses Bundesgesetzes gewährleistet ist. In der Geschäftsordnung von Ethikkommissionen können gegebenenfalls auch Gebühren für Sponsoren vorgesehen werden.

Zu § 59 Abs. 3:

Der Ethikkommission sind alle jene Unterlagen vorzulegen, die ihr eine umfassende ethisch-wissenschaftliche Beurteilung aller wesentlichen Aspekte der klinischen Prüfung ermöglichen. Dies betrifft alle für den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Versuchspersonen und die Wahrung ihrer Integrität und Rechte sowie die für den wissenschaftlich einwandfreien Ablauf wesentlichen Dokumente.

Zu § 60:

Die Ethikkommission hat alle jene wesentlichen Aspekte der klinischen Prüfung zu beurteilen, welche den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Versuchspersonen, die Wahrung ihrer Integrität und Rechte und den wissenschaftlich einwandfreien Ablauf betreffen. Im Hinblick auf die zügige Abwicklung von Anträgen wird eine Dreimonatsfrist für die Abgabe der Stellungnahme der Ethikkommission eingeführt. Wie in einigen Ländern zum Teil schon üblich, soll auch in Österreich die Ethikkommission in Hinkunft eine begleitende Kontrolle der klinischen Prüfung fakultativ durchführen können.

Zu § 61:

Diese Bestimmung stellt sicher, daß die Ethikkommission auch im Verlauf der klinischen Prü-
fung mit allen wesentlichen Informationen versorgt wird, die möglicherweise zu einer Änderung der
Nutzen-/Risikobewertung führen können. Gegebenenfalls ist eine Neubefassung der Ethikkommission vorzusehen.

Zu § 62:

Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit und eines ordnungsgemäßen Ablaufs der klinischen Prüfung müssen alle wesentlichen Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die sich aus den sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für die Durchführung der klinischen Prüfung ergeben, klar den jeweiligen Funktionsträgern (insbesondere Sponsor, Prüfer, Monitor) zugeordnet und von diesen durch ihre Unterschrift zur Kenntnis genommen werden. Die jeweiligen Aufgabenbereiche haben sich international bereits weitgehend etabliert und sind etwa in der Europäischen Norm EN 540: „Klinische Prüfung von Medizinprodukten an Versuchspersonen“ im Detail beschrieben. In der Praxis öfter gefundene Varianten, die durchaus ihre Berechtigung haben können, werden in Abs. 2 ermöglicht. Es muß aber in jedem Fall sichergestellt sein, daß der gesamte Aufgabenbereich von den jeweils beteiligten Funktionsträgern wahrgenommen wird.

Zu § 63:

Die wesentlichen Funktionen des Sponsors, insbesondere die Auswahl der geeigneten klinischen Prüfer und allenfalls erforderlicher Monitore, die Zusammenstellung erforderlicher Unterlagen und die Realisierung eines adäquaten Versicherungsschutzes werden in dieser Bestimmung deutlich hervorgehoben. Damit wird auch die Erfüllung wesentlicher Bestimmungen der Deklaration von Helsinki abgesichert. Analog zum Arzneimittelbereich wird im Abs. 4 auch eine Mitentscheidungsmöglichkeit österreichischer Sozialversicherungsträger oder sonstiger Kostenträger hinsichtlich der Übernahme von Kosten aus der Bereitstellung von Medizinprodukten für klinische Prüfungen vorgesehen.

Zu § 64:

Der klinische Prüfer ist ein zentraler Funktionsträger im Rahmen der klinischen Prüfung, dem wesentliche Aufgaben und Verantwortungsbereiche im Hinblick auf die wissenschaftlich korrekte Durchführung der klinischen Prüfung und den Schutz der Gesundheit und der Rechte der Versuchspersonen zukommt. Wichtig ist dabei das Vorliegen der fachlichen und organisatorischen Voraussetzungen des klinischen Prüfers, die adäquate Information der Versuchspersonen, die Einholung der erforderlichen Einwilligungen und das Management schwerwiegender unerwünschter Nebenwirkungen.

Zu § 65:

Diese Bestimmung regelt die für die Qualitätssicherung der klinischen Prüfung so wichtige Überwachungsfunktion des Monitors. Dieser wird insbesondere in größeren Studien vom Sponsor einzusetzen sein.

Zu § 66:

Sofern die Regelung der klinischen Bewertung von Medizinprodukten, insbesondere in Verfahren der Konformitätsbewertung, die Gewährleistung der ethisch-wissenschaftlichen Zielsetzungen klinischer Prüfungen oder der Schutz der Versuchspersonen es erfordert, müssen zu einzelnen Detailaspekten im Einklang mit den europäischen Regelungen gegebenenfalls spezifischere Bestimmungen im Verordnungswege getroffen werden.

Zu § 67 Abs. 1:

Diese Regelung ergibt sich aus den Art. 2, 7 und 14 der Richtlinie 90/385/EWG sowie den Art. 2, 8, 10, 12, 14 und 19 der Richtlinie 93/42/EWG.

Den Herstellern, Vertreibern und insbesondere den für das erstmalige Inverkehrbringen von Medizinprodukten im EWR Verantwortlichen kommt im Rahmen von Maßnahmen zum Schutz vor Risken durch Medizinprodukte zentrale Bedeutung zu. Ihre rasche Identifizierung ist für alle Maßnahmen zur Abklärung von Zwischenfällen und gegebenenfalls zur Feldkorrektur erforderlich. Dies gilt besonders, wenn etwa Schutzklauselverfahren oder Rückrufaktionen gegenüber einem österreichischen Hersteller, die von anderen Mitgliedstaaten des EWR ausgehen, auch eine Mitwirkung der österreichischen Behörden erfordern. Es sind daher entsprechende Register einzurichten. In Zukunft sollen diese, wie schon in Abs. 7 vorgesehen, auch für Medizinprodukte, bei deren Konformitätsbewertung eine benannte Stelle involviert ist, durch eine europäische Datenbank abgelöst werden.

Für Medizinprodukte der Klasse I und Sonderanfertigungen sowie für die Tätigkeiten gemäß den §§ 33 und 34 ergibt sich die Verpflichtung zur Registrierung auch aus Art. 14 der Richtlinie 93/42/EWG. Bei den angesprochenen Medizinprodukten erfolgt die Konformitätsbewertung in der Regel in eigener Verantwortung des Herstellers oder seines Bevollmächtigten im EWR.

Der für das europäische Medizinprodukteüberwachungssystem geplante Datenverbund wird seine Daten im wesentlichen aus den Angaben der benannten Stellen über die Konformitätsbewertung von Medizinprodukten erhalten. Das im vorstehenden Absatz angeführte Datensegment wäre damit für die europäische Medizinprodukteüberwachung nicht verfügbar. Die Richtlinie verpflichtet daher die Mitgliedstaaten, ein entsprechendes nationales Register einzurichten und dessen Daten auf Anforderung den übrigen Vertragsparteien des EWR und der Europäischen Kommission zugänglich zu machen.

Für im Hinblick auf die Medizinprodukte-Sicherheit sensible Produkte ist darüber hinaus bei Maßnahmen zur Abwehr von Risken eine rasche Kontaktnahme mit den Vertreibern dieser Produkte erforderlich.

Die angeführten Register bzw. die zugehörigen Meldungen stellen keine Voraussetzungen für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten dar.

Zu § 67 Abs. 2:

Abs. 2 regelt Näheres zu den Meldungen gemäß Abs. 1, um eine rasche und effiziente Kontaktnahme im Falle von Maßnahmen zum Schutz vor Risken durch Medizinprodukte sowie in den Fällen der Art. 2, 7 und 14 der Richtlinie 90/385/EWG und der Art. 2, 8, 10, 12, 14 und 19 der Richtlinie 93/42/EWG zu ermöglichen. Dabei wird insbesondere auch auf eine rasche Erreichbarkeit über moderne Einrichtungen der Telekommunikation zu achten sein.

Bei jenen, die für das erstmalige Inverkehrbringen von Medizinprodukten im EWR verantwortlich sind, ist nicht zuletzt auch der Sicherheitsbeauftragte für Medizinprodukte (vergleiche § 78) bekanntzugeben.

Zu § 67 Abs. 3:

Die angeführten Stellen, Einrichtungen und Personen unterliegen im Hinblick auf ihren wichtigen Beitrag zur Medizinproduktesicherheit der Überwachung. Sie sind daher in einem geeigneten Register zu führen.

Zu § 67 Abs. 4:

Im Rahmen der Medizinprodukteüberwachung und der Abwehr von Risken durch bestimmte, im Hinblick auf die Medizinprodukte-Sicherheit besonders sensible Medizinprodukte ist etwa bei Rückruf­aktionen eine rasche und gezielte Information betroffener Einrichtungen des Gesundheitswesens erforderlich. Auch für Programme zum Qualitätsmanagement bei der Anwendung von Medizinprodukten (siehe auch die §§ 95 bis 97) ist es für die zuständige Behörde wesentlich, die professionellen Anwender, die davon betroffen sind, zu erfassen.

Zu § 67 Abs. 5:

Nachträgliche Änderungen sind im Hinblick auf die internationalen und nationalen Überwachungsaufgaben bekanntzugeben; damit soll gewährleistet werden, daß die Datenbanken jeweils dem aktuellen Stand entsprechen.

Zu § 67 Abs. 6:

Abs. 6 entspricht Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 93/42/EWG und sichert die Zugänglichkeit der relevanten Daten für das europäische Medizinprodukteüberwachungssystem.

Zu § 67 Abs. 7:

Diese Verordnungsermächtigung erlaubt nähere Festlegungen zu den Meldungen gemäß den vorstehenden Absätzen und nimmt Bezug auf den geplanten europäischen Datenverbund für Medizinprodukte, der mittelfristig einen Teil der oben angeführten Register – insbesondere in jenem Bereich, in dem die Konformitätsbewertung von benannten Stellen durchgeführt wird – ablösen wird. Verpflichtungen zur Meldung gemäß Abs. 4 sind entsprechend den Erfordernissen zur Abwehr von Risken im Zusammenhang mit Medizinprodukten oder im Hinblick auf Maßnahmen zum Qualitätsmanagement gemäß dem 3. Abschnitt des V. Hauptstückes vorzusehen.


Zu § 68 Abs. 1:

Jene Bereiche, die in einer sicherheitserheblichen Weise berufs- oder gewerbsmäßig Medizinprodukte in Verkehr bringen oder sonst mit ihnen umgehen, unterliegen in bezug auf die entsprechenden Tätigkeiten der Überwachung. Damit soll die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sichergestellt werden. Unter Sterilisation ist in dieser Bestimmung sowohl jene im Sinne des § 34 als auch jene gemäß § 93 zu verstehen.

Zu § 68 Abs. 2:

Das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz wird sich bei der großen Heterogenität des Medizinproduktebereichs auch der Mitarbeit externer Sachverständiger zu bedienen haben.

Zu § 68 Abs. 3:

Soweit im Rahmen eines Konformitätsbewertungsverfahrens eine Zertifizierung durch eine benannte Stelle vorgesehen ist, erfolgt die Überwachung durch die dafür in Anspruch genommene notifizierte Stelle. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Hersteller im Rahmen der Konformitätsbewertung den geeigneten Qualitätssicherungs-Modulen folgt. Das Qualitätssicherungs-System wird dann von der benannten Stelle nicht nur punktuell evaluiert, sondern unterliegt in weiterer Folge einer ständigen Überwachung. Erfolgt die Überwachung nicht im Rahmen eines Konformitätsbewertungsverfahrens, so obliegt sie dem Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz oder von diesem beauftragten Sachverständigen.

Zu § 68 Abs. 4:

Abs. 4 legt den für die Wahrnehmung von Schutzinteressen relevanten Inhalt und Umfang der Überwachung fest. Die Überwachung erfolgt dabei stichprobenweise oder bei Verdacht auf Verstöße gegen Anforderungen dieses Bundesgesetzes und wird auch eine wichtige Rolle als Kontrollmechanismus bei Maßnahmen zur Abwehr von Risken spielen.

Zu § 68 Abs. 5:

Die Überwachung von Einrichtungen des Gesundheitswesens ist nur bei begründetem Verdacht auf Verletzungen dieses Bundesgesetzes oder der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zulässig. Dabei können begründete Annahmen sowohl auf eine spezifische Einrichtung oder auf bestimmte Arten von Medizinprodukten, die dort betrieben werden, bezogen sein. Die Vorgangsweise bei der Behebung allfälliger Mängel orientiert sich an § 29 des Ärztegesetzes, BGBl. Nr. 373/1984.

Zu § 68 Abs. 6:

Diese Bestimmung regelt spezifisch die Überwachungsbefugnisse bei Einrichtungen und Betrieben, die mit der Lagerung und dem Transport von Medizinprodukten beauftragt sind und soll sicherstellen, daß eine allfällige, die Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten gefährdende ungeeignete Lagerung oder Transport unterbunden werden kann.

Zu § 68 Abs. 7:

Diese Bestimmung führt im Detail die Befugnisse der mit der Überwachung betrauten Personen oder Stellen an. Hierbei ist sicherzustellen, daß alle Aspekte und Tätigkeiten im Zusammenhang mit Medizinprodukten, welche Einfluß auf den Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Patienten, Anwendern oder Dritten und die Abwehr von Risken haben, bzw. alle gemäß diesem Bundesgesetz erhobenen Anforderungen Gegenstand von Überwachungsvorgängen sein können.

Zu § 68 Abs. 8:

Die einer Überwachung unterliegenden Personen, Einrichtungen und Stellen haben die Überwachungstätigkeiten gemäß Abs. 5 zu dulden und nach besten Kräften zu unterstützen, um eine umgehende Klärung allfällig bestehender Mängel oder Risken zu ermöglichen.

Zu § 68 Abs. 9:

Diese Bestimmung soll die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Überwachung gewährleisten.


Zu § 69 Abs. 1:

Eine wesentliche Funktion für die Gewährleistung der Medizinproduktesicherheit haben jene Stellen inne, die im Sinne dieses Bundesgesetzes Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsaufgaben wahrnehmen. Im Sinne einer ökonomischen Steuerung der Überwachungstätigkeiten kann mit der Kontrolle dieser Stellen eine indirekte Überwachung für eine Reihe von Einrichtungen gemäß § 68 Abs. 1 erzielt werden.

Zu § 69 Abs. 2 und 3:

Diese Bestimmungen regeln die Zuständigkeit für die Überwachung der in Abs. 1 angeführten Stellen und geben den möglichen Inhalt und Umfang dieser Überwachung vor. Die Überwachung ist durch das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz vorzunehmen, das sich dazu anderer geeigneter Einrichtungen oder Sachverständiger bedienen kann. Akkreditierte Stellen unterliegen zusätzlich gemäß dem Akkreditierungsgesetz einer Überwachung durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten.

Zu § 70 Abs. 1:

Diese Bestimmung verpflichtet die medizinischen und medizintechnischen Berufe sowie die einschlägigen Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen zu Meldungen über schwerwiegende Vorkommnisse oder sonstige schwerwiegende Mängel im Zusammenhang mit Medizinprodukten und ihrer Anwendung. Aus dem Kreis dieser Personen kommen auch nach den internationalen Erfahrungen die wichtigsten derartigen Meldungen, die sodann einer weiteren Abklärung zugeführt werden müssen.

Zu § 70 Abs. 2:

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Im Sinne einer ökonomischen Bearbeitung von Meldungen gemäß Abs. 1 aus Krankenanstalten sollten diese, soweit im konkreten Einzelfall mit der Dringlichkeit der Erstattung dieser Meldung vereinbar, einheitlich über den Ärztlichen Direktor dem Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz erstattet werden.

Zu § 70 Abs. 3:

Abs. 2 entspricht Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 90/385/EWG sowie Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 93/42/EWG.

Neben den anwender- und betreiberseitigen Meldungen gemäß Abs. 1 sind auch entsprechende Mitteilungen von seiten der Hersteller und sonstiger Inverkehrbringer, insbesondere über Rückrufe, eine wichtige Informationsquelle für die Marktüberwachung von Medizinprodukten. Dies gilt insbesondere auch für Rückrufe, die in anderen Ländern ihren Ausgang nehmen und für die jeweils möglichst frühzeitig zu prüfen sein wird, ob auch in Österreich Untersuchungen oder Maßnahmen zur Abwehr von Risken zu veranlassen sind.

Zu § 70 Abs. 4:

Die Regelung entspricht Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 93/42/EWG.

Diese Vorsorge soll es dem für das Inverkehrbringen im EWR Verantwortlichen ermöglichen, bereits unmittelbar nach Vorliegen von Meldungen über Zwischenfälle mit seinen Medizinprodukten sich an entsprechenden weiterführenden Untersuchungen zu beteiligen und alle für die rasche Abklärung erforderlichen Maßnahmen zu unterstützen. Weiters kann damit bereits in einer Frühphase allfällig erforderlicher feldkorrigierender Maßnahmen auf die Mithilfe des für das Inverkehrbringen im EWR Verantwortlichen bzw. eventuell seiner nationalen Repräsentanten zurückgegriffen werden.

Diese Bestimmung dient entsprechend Art. 19 der Richtlinie 93/42/EWG auch weiter der Realisierung der Maßnahmen nach den §§ 72, 75 und 77.

Zu § 70 Abs. 5:

Für eine rasche Bearbeitung von Meldungen gemäß den Abs. 1 und 2 ist eine weitgehend standardisierte Datenübermittlung erforderlich. Diese kann zweckmäßigerweise für bestimmte Teilbereiche (zB für Nebenwirkungsmeldungen im Dentalbereich) auf deren spezifische Bedürfnisse und Gegebenheiten ausgelegt werden. Ein Vorschlag für ein allgemeines Meldeformat findet sich etwa in einer Leitlinie der europäischen Kommission (Leitlinien für ein Medizinprodukte-Beobachtungs- und Meldesystem; Brüssel, Mai 1993; MEDDEV 3/93-rev.2). Im Hinblick auf die rasante Entwicklung im Bereich der Datenkommunikation können auch jeweils zeitgemäße Formen der Informationsübermittlung im Verordnungswege angesprochen werden. Zusätzlich können erforderlichenfalls Angehörige von weiteren Gesundheitsberufen für Meldepflichten kooptiert werden.

Zu § 71:

Diese Bestimmung entspricht Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 90/385/EWG sowie Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 93/42/EWG, welche den Mitgliedstaaten eine zentrale Erfassung und Bewertung der entsprechenden Meldungen vorschreiben. Dies enthebt die weiteren in diesem Absatz genannten Personenkreise nicht deren Verpflichtungen zur eigenständigen Abklärung und Bewertung von Hinweisen über Risken und Gefährdungen im Zusammenhang mit Medizinprodukten und zum Ergreifen geeigneter Vorkehrungen und Schutzmaßnahmen.

Zu § 72:

Meldungen gemäß § 70 und begründete Verdachtsmomente gemäß § 75 bedürfen einer raschen und eingehenden Abklärung, um mögliche Schäden oder Gefährdungen für Gesundheit oder Leben von weiteren Patienten, Anwendern oder Dritten abzuwenden. Dazu ist nicht nur ein Tätigwerden des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz erforderlich, sondern es bedarf einer intensiven Mitarbeit der Hersteller, sonstiger Inverkehrbringer sowie der Anwender und Betreiber von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Diese haben in ihrem Wirkungsbereich, begleitend zu allfälligen Maßnahmen der Behörden, intensiv und selbständig an der Erkennung und Beseitigung möglicher Risken für Patienten, Anwender oder Dritte zu arbeiten und geeignete Vorkehrungen und Schutzmaßnahmen zu treffen. Sie haben insbesondere jene Informationen und Proben bereitzustellen, die für eine Abklärung von Zwischenfällen erforderlich sind. Sie haben darüber hinaus an der Klärung aller Umstände mitzuwirken, welche für die Bewertung solcher Ereignisse und für die Abwägung der Notwendigkeit weiterer Schutzmaßnahmen erforderlich sein könnten. Auch Daten zur Verfolgbarkeit von Medizinprodukten (zB die Angabe der mit einer fehlerhaften Charge von Infusionsbestecken belieferten Gesundheitseinrichtungen) sind bereitzustellen. Sollte sich etwa ein Verdacht auf lebens- oder gesundheitsgefährdende Implantatfehler erhärten, muß die Einrichtung des Gesundheitswesens, auch auf Grund der Verpflichtungen gemäß § 73, umgehend in der Lage sein, betroffene Patienten zu identifizieren und rasch für weitere erforderliche Schutzmaßnahmen zu erreichen. Besonders wichtig ist die Mitarbeit dieser Personenkreise auch bei der Abklärung allfälliger unerwünschter Wechselwirkungen (zB von Mobilfunkeinrichtungen mit elektronischen Medizinprodukten oder Interaktionen von Arznei- oder Desinfektionsmitteln mit dem Material von Infusionsbestecken).

Zu § 73:

Sollte es im Zuge der Bewertung schwerwiegender Zwischenfallsmeldungen erforderlich sein, vorsorgliche Schutzmaßnahmen oder einen Rückruf durchzuführen, sollten diese Maßnahmen möglichst zielgerichtet der konkreten Verteilung der betroffenen Medizinprodukte folgen. Die für das Inverkehrbringen dieser Medizinprodukte Verantwortlichen müssen in der Lage sein, bei Produkten mit Risikopotential den Weg einzelner Chargen oder zB bei Hochrisikoimplantaten den Weg der Einzelstücke bis zu allen belieferten Gesundheitseinrichtungen zu verfolgen. Der Einrichtung des Gesundheitswesens sollte es auf der anderen Seite möglich sein, sofort noch vorhandene Lagerbestände oder vorhandenes Inventar zu identifizieren und bei Implantaten auch die betroffenen Patienten identifizieren zu können. Bei bestimmten Implantaten kann die Verfolgbarkeit gegebenenfalls auch durch Implantatregister gemäß Abs. 1 gegeben sein. So war etwa Österreich 1980 weltweit führend bei der Einrichtung eines Herzschrittmacherregisters. Damit kann bei etwaigen Rückrufen kurzfristig festgestellt werden, ob ein derartiges Produkt in Österreich jemals implantiert worden ist. Darüber hinaus können betroffene Krankenanstalten bzw. Patienten eruiert und letztere auf die Notwendigkeit weiterer Abklärungen oder ärztlicher Behandlungen hingewiesen werden.

In manchen Fällen sollte eine Einrichtung des Gesundheitswesens auch die Anwendung bestimmter Medizinprodukte im Hinblick auf die damit behandelten Patienten dokumentieren. Bei Lieferungen ins Ausland müssen zumindest Angaben über jene Länder vorliegen, in die das betreffende Medizinprodukt exportiert wurde. Durch die Verfolgbarkeit können Informationen über erforderliche Schutzmaßnahmen rasch und zielgerichtet an die tatsächlich Betroffenen herangebracht werden, ohne durch alarmierende „Rundumschläge“ eine unnötige Beunruhigung nicht betroffener Patienten oder der Öffentlichkeit zu verursachen. Die für die Verfolgbarkeit zu führenden Aufzeichnungen müssen auf die konkreten Gefahrenmomente der jeweiligen Medizinprodukte abstellen. Bei Hochrisikoprodukten, wie etwa bestimmten Implantaten (Herzschrittmacher, Herzklappen) wird es geboten sein, jedes Einzelstück verfolgen zu können. Bei anderen Medizinprodukten (zB sterilen Infusionssets, HIV-Tests) wird jedenfalls eine chargenmäßige Verfolgbarkeit zu gewährleisten sein. Wegen der starken Heterogenität des Medizinproduktebereichs müssen Einzelheiten bezüglich der jeweils erforderlichen Mindestdaten für die Verfolgbarkeit dem Verordnungsweg vorbehalten bleiben.

Die Verordnungsermächtigung soll eine Differenzierung von Anforderungen bei verschiedenen Arten von Medizinprodukten und zwischen Inverkehrbringern und Gesundheitseinrichtungen ermöglichen. Auf den Schutz personenbezogener Daten ist besonders Bedacht zu nehmen.

Zu § 74:

Nach dem neuen europäischen Regelungssystem werden Medizinprodukte vor dem Inverkehrbringen strengen „Zulassungsbedingungen“ unterworfen. Zusätzlich sind von den Mitgliedstaaten geeignete Mechanismen zur Kontrolle derartiger Produkte nach der Vermarktung vorzusehen. Damit soll die Medizinproduktesicherheit über den gesamten medizinisch relevanten Lebenszyklus dieser Produkte gewährleistet werden. Auch die höchsten Anforderungen an die Zulassung von Medizinprodukten können nicht verhindern, daß bei ihrer breiten routinemäßigen Anwendung neue Erkenntnisse auftauchen, die eine geänderte Nutzen-/Risikobewertung zur Folge haben können. So können spezielle Risken in ganz bestimmten Indikationsgebieten, bei Personen mit bestimmten, vielleicht genetischen Prädispositionen oder mit bestimmten Begleitkrankheiten oder bei Kombinationen mit anderen Behandlungen (zB bestimmten Arzneimitteln) bestehen. Auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse können bisher unbekannte Problemzonen (zB bestimmte immunologische Langzeitauswirkungen von Implantaten) aufzeigen, die Auswirkungen auf die Sicherheitsüberlegungen von Medizinprodukten haben können. Während durch die Meldepflichten gemäß § 70 ungezielt Meldungen über derartige Ereignisse gesammelt werden, wird es in schwerwiegenden Fällen notwendig sein, eine gezielte Datensammlung zur Erhärtung oder Entkräftung derartiger Verdachtsmomente oder zum Generieren weiterführender Arbeitshypothesen vorzunehmen. Dies wird etwa der Fall sein, wenn schon gewisse Verdachtsmomente oder fundierte theoretische Überlegungen über gravierende Risken (zB über eine erhöhte Rate an schwerwiegenden Nebenwirkungen) bestehen, welche nur durch eine systematische Datensammlung und -auswertung abgeklärt werden können. Notwendigkeit, Art, Inhalt und Umfang derartiger Maßnahmen sind jeweils mit führenden Sachverständigen, insbesondere auch den wissenschaftlichen Fachgesellschaften abzuklären.

Zu § 75:

Besteht der begründete Verdacht, daß Medizinprodukte trotz korrekter Anwendung unvertretbare Risken darstellen, daß sie die grundlegenden Anforderungen nicht erfüllen, daß sie sonst gesundheitsgefährdende Mängel aufweisen (zB durch Transportschäden, durch ungeeignete Lagerung, Instandhaltung, Anwendung) oder daß ihre Herstellung Mängel aufweist, so sind entsprechende Untersuchungen zur Abklärung dieser Verdachtsmomente einzuleiten. Diese Verpflichtung kann je nach Sachlage die Inverkehrbringer oder die Anwender betreffen oder die Untersuchungen werden gegebenenfalls direkt im Auftrag des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz durchgeführt, dem in jedem Fall die koordinierende Funktion zukommt. Auch Maßnahmen der Überwachung gemäß § 68 können angezeigt sein, um Verdachtsmomente abzuklären. So können Überprüfungen indiziert sein, ob ein Mangel, der einem Medizinprodukt zugeschrieben wird, auf unkorrekte Handhabung, ungeeignete Anwendung oder einen Fehler am Medizinprodukt selbst zurückzuführen ist. Sollte das Produkt als solches Mängel aufweisen, ist gegebenenfalls weiter zu prüfen, ob sich dieser Mangel nur auf eine Serie oder Charge der Produktion oder auf die gesamte Type oder Baureihe bezieht und ob eventuell auch Mängel im Konformitätsbewertungsverfahren vorgelegen sind. Nicht zuletzt könnten auch Mängel in harmonisierten Normen vorliegen, die dann im Sinne des § 14 Abs. 3 weiter zu verfolgen wären.

Zu § 76:

Diese Bestimmung regelt die Durchführung notwendiger Untersuchungen nach Zwischen-fallsmeldungen und spezifiziert wichtige Fragestellungen, die dabei zu beantworten sind.

Nach Zwischenfällen, vor allem schwerwiegender Art, kann eine sicherheitstechnische Überprüfung eines Medizinproduktes angezeigt sein, um allenfalls eine Gefährdung weiterer Patienten, Anwender oder Dritter zu verhindern. Es ist gegebenenfalls auch zu beurteilen, ob weiterreichende Maßnahmen (zB Rückruf, Warnhinweise, Änderung von Normen, Schulungsmaßnahmen) angezeigt sein könnten.

Zu § 77 Abs. 1:

Diese wichtige Regelung zur Medizinproduktesicherheit umfaßt Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 90/385/EWG sowie Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 93/42/EWG.

Wenn Medizinprodukte trotz bestimmungsgemäßer Handhabung und Anwendung Patienten, Anwender oder Dritte gefährden können oder sie die grundlegenden Anforderungen nicht erfüllen oder sie sonst Mängel aufweisen, die zu einer Gefährdung dieser Personenkreise führen, müssen alle geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um diese Gefährdungen oder gar Schädigungen von Patienten, Anwendern oder Dritten abzuwenden. Unbeschadet der schon bestehenden Verpflichtungen der Inverkehrbringer und der Betreiber und Anwender gemäß § 72 hat der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz darüber hinaus die Möglichkeit, alle erforderlichen Schutzmaßnahmen anzuordnen. Die Skala der möglichen Maßnahmen reicht vom Rückruf bzw. der Beschlagnahme gefährlicher Produkte bis zu besonderen Warnhinweisen oder zusätzlichen Hinweisen auf erforderliche Sicherheitsvorkehrungen. Die Produktmängel umfassen sowohl systematische Mängel einer Produkttype, -serie usw., die mit Gefährdungen verbunden sind, als auch die Nichterfüllung grundlegender Anforderungen. Daneben sind Produktmängel mit Gefährdungspotential angesprochen, die etwa in einem bestimmten Bereich durch inadäquate Lagerung, Transport, Installation oder Instandhaltung entstanden sind und die ebenfalls zu entsprechenden Schutzmaßnahmen führen müssen.

Ergeben sich Hinweise auf gravierende Mängel, so ist die zuständige Behörde zur Einleitung geeigneter Maßnahmen verpflichtet. Sie kann dazu erforderlichenfalls Anordnungen zur Wahrnehmung von Schutzinteressen bzw. zur Durchsetzung des ordnungsgemäßen Zustandes treffen. In besonders gravierenden Fällen mit akutem Handlungsbedarf können vorläufige Anordnungen auch ohne vorhergehendes Ermittlungsverfahren getroffen werden. Diese bedürfen innerhalb der angegebenen Frist einer bescheidmäßigen Bestätigung.

Zu § 77 Abs. 2:

Abs. 2 entspricht Art. 7 der Richtlinie 90/385/EWG sowie Art. 8 der Richtlinie 93/42/EWG.

Bei den angegebenen Feststellungen bzw. Maßnahmen müssen die Mitgliedstaaten ein europäisches Konsultationsverfahren einleiten.

Zu § 78:

Den Verantwortlichen gemäß § 2 Abs. 9 werden im Rahmen des europäischen und des nationalen Systems zur Medizinprodukteüberwachung und zur Abwehr von Risken wichtige Aufgaben zugeordnet. Der Sicherheitsbeauftragte für Medizinprodukte wird eingeführt, um zu gewährleisten, daß im Zusammenhang mit Meldungen über Risken von Medizinprodukten und deren Abklärung rasch und effizient alle erforderlichen Maßnahmen in dessen Wirkungsbereich gesetzt (siehe auch § 72) und die zuständigen Behörden bei ihren Untersuchungen und Maßnahmen professionell unterstützt werden können. Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, daß jene Wirtschaftstreibenden in Österreich, welche durch das erstmalige Inverkehrbringen von Medizinprodukten im EWR gleichsam europäische Verantwortlichkeiten auf sich nehmen, in optimaler Weise auf eine Mitarbeit im europäischen Medizinprodukteüberwachungs- und -meldesystem vorbereitet sind. Damit können sie auch ihren Verpflichtungen zur post-market-surveillance, die in verschiedenen Anhängen der Richtlinien über die Konformitätsbewertungsverfahren niedergelegt sind, leichter erfüllen. Die Mindestanforderungen an die Qualifikation des Sicherheitsbeauftragten können im Verordnungswege gemäß Abs. 3 näher präzisiert werden.

Zu § 79:

Für die korrekte und sachkundige Information von Vertretern der medizinischen Berufe über Medizinprodukte bzw. ihre Einweisung in die Anwendung ist eine entsprechende fachliche Qualifikation der damit beauftragten Personen (Medizinprodukteberater) unerläßlich.

Daneben besteht eine wichtige Funktion der Medizinprodukteberater im Aufnehmen von Informationen aus den Anwender- und Betreiberkreisen über Vorkommnisse gemäß § 70 und die Weiterleitung dieser Daten an den Auftraggeber bzw. dessen Sicherheitsbeauftragten. Die für die verschiedenen Produktbereiche und Handelsebenen spezifischen Qualifikationsanforderungen an Medizinprodukteberater können wegen ihrer Heterogenität nach Abs. 5 im Verordnungswege spezifiziert werden. Mit der Einführung des „Medizinprodukteberaters“ in diesem Bundesgesetz soll kein neues eigenständiges Berufsbild geschaffen werden.


Zu § 80:

Die Bestimmungen legen in allgemeiner Weise die grundlegenden Voraussetzungen für die ordnungsgemäße und sichere Errichtung, den Betrieb, die Anwendung und Instandhaltung von Medizinprodukten in den Einrichtungen des Gesundheitswesens fest. Die für den Schutz von Patienten, Anwendern oder Dritten vorgegebenen rechtlichen und medizinisch-technischen Rahmenbedingungen sind einzuhalten. Systematische oder individuelle Produktmängel mit Gefährdungspotential für den oa. Personenkreis müssen betreiber- und anwenderseitig zu geeigneten Schutzmaßnahmen führen. Wichtig ist dabei auch der Einschluß von Zubehör sowie von Produktkombinationen, da es hier zB durch Inkompatibilitäten ebenfalls zu spezifischen Gefahrenmomenten kommen kann. Der Träger einer Einrichtung des Gesundheitswesens hat zudem Vorsorge zu treffen, daß in seinem Bereich nur konformitätsbewertete Produkte beschafft werden, die zB durch die CE-Kennzeichnung und gegebenenfalls die Kennummer der benannten Stelle ersichtlich sind. Die entsprechenden Übergangsfristen sind dabei zu beachten. Für besondere Gefahrenmomente können durch Verordnung zusätzliche geeignete Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz von Patienten, Anwendern oder Dritten vorgeschrieben werden.

Zu § 81:

Für einzelne Arten oder Gruppen von Medizinprodukten besteht ein inhärentes oder anwendungsbezogenes Gefährdungspotential. Hier müssen in besonderem Maße Vorkehrungen für den sicheren Betrieb und die sachgerechte sorgfältige Anwendung getroffen werden. Ergebnisse aus der Praxis, aus entsprechenden Untersuchungen und nicht zuletzt aus Erkenntnissen des Medizinprodukteüberwachungssystems werden hier wichtige Hinweise auf notwendige zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen geben können.

So ist gegebenenfalls auf eine erforderliche Funktionsprüfung am Betriebsort, etwa zum Ausschluß von Transportschäden, von Installationsfehlern oder Inkompatibilitäten mit Zubehör oder bei Produktkombinationen oder für die Gewinnung von Ausgangswerten für wiederkehrende Prüfungen und eine gründliche Einschulung der Geräteverantwortlichen gerade bei Hochrisikoprodukten größter Wert zu legen.

Die Sicherheitsüberlegungen für Patienten dürfen gerade bei Implantaten nicht auf das enge Zeitsegment um die Implantation beschränkt sein. Um Implantatträgern eine möglichst ungestörte Lebensführung in Alltag und Beruf zu ermöglichen, müssen sie gegebenenfalls mit den geeigneten Informationen über ihr Implantat und mit entsprechenden Hinweisen für die Vermeidung von Gefahren ausgestattet werden. Diese Informationen muß der Hersteller gemäß den Medizinprodukterichtlinien dem medizinischen Personal zur Verfügung stellen. Damit soll nicht zuletzt auch die weitere medizinische Betreuung dieser Patienten erleichtert werden. Da in Hinkunft mit einem „Wildwuchs“ an möglichen Implantat-, Medizinprodukte- oder Gesundheitspässen auf diversen Datenträgern und zum Teil mit Versuchen zur Vereinheitlichung auf europäischer Ebene zu rechnen ist, ist eine Regelungsmöglichkeit, besonders auch im Hinblick auf den Schutz personenbezogener Daten von Patienten, von größter Bedeutung.

Die europäischen Medizinprodukterichtlinien enthalten in den grundlegenden Anforderungen an Gebrauchsinformationen wichtige Hinweise für die Information von Patienten. Diese sind gegebenenfalls im medizinischen Alltag zu berücksichtigen.

Zu § 82:

Wichtig ist, daß besonders bei Hochrisikoprodukten die Gebrauchsanweisungen und sicherheitsbezogenen Anwenderinformationen dem ausführenden Personal jederzeit zugänglich sind.

Zu § 83:

Untersuchungen über vermeidbare Zwischenfälle mit medizintechnischem Gerät haben immer wieder den menschlichen Faktor als eine der wesentlichen Fehlerursachen herausgestellt. Zentrale Empfehlungen dieser Arbeiten (beispielhaft etwa die im allgemeinen Teil der Erläuterungen genannten Arbeiten) betreffen regelmäßig die Notwendigkeit einer gründlichen (typenbezogenen!) Einschulung der Anwender in die bestimmungsgemäße Anwendung von Hochrisikoprodukten und über allgemeine und spezifische Gefahren, die damit verbunden sind. Die vorliegende Bestimmung setzt diese Forderungen um und nimmt dabei auch Bezug auf Zubehör und Gerätekombinationen, die von der Patienten- oder Anwendersicherheit besondere Beachtung verdienen. Die erforderliche Qualifikation des einweisenden Personals muß gegeben sein. Die Dokumentationspflicht der Einschulungen soll die qualitätsgesicherte Umsetzung dieser wichtigen Bestimmung erleichtern und dem medizinischen Personal gegebenenfalls über die jeweilige Einrichtung des Gesundheitswesens hinaus geltende Berechtigungsnachweise gewähren.


Zu § 84:

Das Bestandsverzeichnis ist ein wichtiges Instrument des Medizinprodukteüberwachungssystems im Hinblick auf die Verfolgbarkeit von Medizinprodukten. So soll zB eine Krankenanstalt sofort feststellen können, ob und wo ein von einem Rückruf betroffenes Medizinprodukt in ihrem Bereich in Verwendung steht. Das Bestandsverzeichnis kann gegebenenfalls mit der Gerätedatei gemäß § 89 gekoppelt sein.

Zu § 85:

Viele Medizinprodukte, insbesondere medizintechnische Geräte, müssen in den Einrichtungen des Gesundheitswesens trotz härtester Beanspruchung einsatzfähig bleiben. Über die medizinisch aktive Laufzeit dieser Geräte muß ihre Sicherheit und Funktionstüchtigkeit gewährleistet sein. Alle erforderlichen Vorkehrungen und Maßnahmen zur Aufrechterhaltung und gegebenenfalls Wiederherstellung dieses geforderten Sollzustandes sind zu treffen. Die Instandhaltung setzt sich aus den Komponenten Inspektion (insbesondere die Prüfungen nach den §§ 86, 87 und 88), Wartung und Instandsetzung zusammen. Wegen ihrer Bedeutung für die Sicherheit und Gesundheit der Patienten, der Anwender und gegebenenfalls Dritter dürfen die Instandhaltungsmaßnahmen nur von dafür ausreichend qualifizierten Personen oder Stellen durchgeführt werden. Die Qualifikation dieser Personen oder Stellen muß durch Ausbildung, Kenntnisse und praktische Erfahrungen gewährleistet sein. Sie müssen in ihrer fachlichen Beurteilung zudem weisungsfrei sein. Der Träger einer Einrichtung des Gesundheitswesens ist für die ordnungs­gemäße Durchführung der Instandhaltungsmaßnahmen in seinem Bereich verantwortlich.

Zu § 86:

Nach einer sicherheits- und funktionsrelevanten Instandsetzung muß erforderlichenfalls eine eigene Prüfung erfolgen, um den Erfolg einer Instandhaltungsmaßnahme im Hinblick auf Sicherheit und Funktionstüchtigkeit feststellen zu können.

Zu § 87:

Bei vielen aktiven, nicht implantierbaren Medizinprodukten und bei bestimmten nicht aktiven Medizinprodukten mit erhöhtem Risiko ist eine systematische Vorsorge hinsichtlich regelmäßiger sicherheits- und funktionstechnischer Kontrollen durch qualifizierte Personen oder Stellen zu treffen. Die entsprechende Verordnungsermächtigung ermöglicht es, die betroffenen Medizinproduktegruppen unter Berücksichtigung einer auf den Gesundheitsschutz ausgerichteten sinnvollen Praxis im Einklang mit den europäischen Medizinprodukterichtlinien und den daraus abgeleiteten Normen festzulegen.

Zu § 88:

Der Umfang der erforderlichen Prüfungen muß ausreichend sein, um den sicherheits- und funktions­technischen Zustand des Medizinproduktes und gegebenenfalls auch sicherheitsrelevanter Kombinationen oder Zubehöre beurteilen zu können. Die Angaben des Herstellers spielen dabei eine wichtige Rolle. Nähere Festlegungen über Mindestanforderungen an diese Prüfungen werden im Verordnungswege zu treffen sein. Dabei wird im Hinblick auf die neuen europäischen Medizinprodukteregelungen besonders auf die in Konformitätsbewertungsverfahren mit benannten Stellen genehmigten Produktunterlagen Bezug zu nehmen sein, die diese Aspekte behandeln.

Zu § 89:

Die Instandhaltungsmaßnahmen, insbesondere die wiederkehrenden und sonstigen Prüfungen, müssen ausreichend und nachvollziehbar dokumentiert sein. Die dabei erhobenen Daten sind im Sinne eines professionellen, qualitätsgesicherten Datenmanagements in einer Gerätedatei zusammengefaßt. Die Gerätedatei dient der Evidenthaltung und damit der Steuerung von notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen. Dabei wird je nach Umfang der gerätetechnischen Ausstattung in vielen Fällen der Einsatz moderner Datenverarbeitungsmittel unumgänglich sein, besonders auch um die vorgegebenen Fristen von Prüfungen wahrnehmen zu können. Zweckmäßigerweise wird die Gerätedatei oft auch die Funktion des Bestandsverzeichnisses nach § 84 übernehmen.

Zu § 90:

Die im Rahmen der Instandhaltung durchzuführenden sicherheitstechnischen Prüfungen dürfen wegen ihrer besonders verantwortungsvollen Natur nur von ausreichend qualifizierten Personen oder Stellen wahrgenommen werden. Die hier geforderte Professionalität muß sich sowohl auf die Sachkenntnis, die zur Verfügung stehende gerätetechnische Ausstattung, die Zuverlässigkeit und die organisatorischen und logistischen Vorkehrungen und Möglichkeiten zur Durchführung dieser Prüfungen gründen. Speziell bei den wiederkehrenden Prüfungen werden je nach dem zu betreuenden Gerätepark die organisatorischen Voraussetzungen für eine qualitätsgesicherte ordnungsgemäße Planung und Durchführung anspruchsvoller. Jene Stellen, die für den geforderten Produkt- und Prüfbereich akkreditiert sind, gelten jedenfalls als ausreichend qualifiziert. Ihre Leistungsfähigkeit unterliegt ja einer strengen Prüfung und Überwachung. Andere Einrichtungen oder Personen, die für diese Prüfungen je nach Vorlage der angeführten Voraussetzungen bzw. entsprechender gewerberechtlicher Genehmigungen dafür in Frage kommen, sind etwa sonstige qualifizierte Prüf- und Überwachungsstellen, einschlägig befugte Ziviltechniker, Technische Büros oder gerichtlich beeidete Sachverständige, qualifiziertes Personal der Krankenanstalten oder das entsprechend qualifizierte und befugte Personal der Hersteller bzw. Lieferanten. Die besondere Verantwortung der Betreiber bei der Inanspruchnahme ausreichend qualifizierter Personen oder Stellen ist zu betonen.

Zu § 91:

Im Zuge von Instandhaltungsmaßnahmen darf es nicht zu einer Gefährdung von Patienten, Anwendern oder Dritten kommen. Dabei ist zunächst an direkte Gefährdungen zu denken, wenn sich etwa Personen während der Instandhaltungsmaßnahmen im Gefährdungsbereich von Medizinprodukten aufhalten (zB Hochleistungslaser). Weiters sind jene Fälle zu beachten, in denen Medizinprodukte im Zuge von Instandhaltungsmaßnahmen für eine gewisse Zeit medizinisch nicht genutzt werden können und sich hieraus Gefährdungen ergeben können. Auch hier sind gegebenenfalls entsprechende Vorsorgen zu treffen, um dem medizinischen Versorgungsauftrag der Einrichtung des Gesundheitswesens insbesondere in Notfällen nachkommen zu können.

Zu § 92:

Wegen der starken Heterogenität des Medizinproduktebereichs sind detailliertere Regelungen zur Gewährleistung der Medizinproduktesicherheit bei der Errichtung, Inbetriebnahme, beim Betrieb, der Anwendung und der Instandhaltung dem Verordnungswege vorbehalten. Sie orientieren sich im wesentlichen an bestehenden Vorschriften und passen diese an die europäischen Medizinprodukterichtlinien an.

Zu § 93 Abs. 1:

Das letzte Jahrzehnt hat die moderne Medizin wieder auf eine zunehmende Bedrohung durch Infektionskrankheiten und auf die medizinische Relevanz und die hohen Kosten von Hospitalinfektionen hingewiesen. Die europäischen Medizinprodukteregelungen legen daher auch großes Gewicht auf die hygienische Unbedenklichkeit von Medizinprodukten. Dies gilt sowohl für die hohe Wertigkeit hygienischer Aspekte im Rahmen der Konformitätsbewertungsverfahren (zB bedürfen sterile Produkte der Klasse I abweichend von der sonstigen Vorgangsweise bei ihrer Eurozulassung der Intervention einer benannten Stelle) als auch insbesondere für die grundlegenden Anforderungen und die hinter ihnen stehenden harmonisierten Normen. Der nunmehr in harmonisierten europäischen Normen, insbesondere für die verschiedenen Sterilisationsverfahren für Medizinprodukte niedergelegte Stand von Technik und Wissenschaft (vor allem in den Normen ÖNORM EN 550, ÖNORM EN 552 und ÖNORM EN 554 über die Validierung und Routinekontrolle verschiedener Sterilisationsverfahren) stellt ganz auf streng validierte Verfahren ab, bei denen die für den Erfolg des Verfahrens wesentlichen Determinanten ständig und reproduzierbar unter den vorgesehenen Bedingungen gehalten werden. Elemente der Qualitätssicherung spielen bei der Steuerung und organisatorischen Umsetzung dieser Aufbereitungsprozesse in Hinkunft eine wichtige Rolle. Der Erfolg der Verfahren wird prozeßorientiert an den Anforderungen des Europäischen Arzneibuches (SAL = 10–6, dh. unter einer Million sterilisierter Produkte maximal ein Prozeßversager) ausgerichtet.

Die Sterilisation CE-gekennzeichneter Produkte für das erstmalige Inverkehrbringen (im Sinne der §§ 34 und 35) wird hier ausgenommen, da diese Verfahren analog zur Konformitätsbewertung gemäß einer Verordnung nach § 28 durch benannte Stellen überwacht werden.

Zu § 93 Abs. 2:

Detailregelungen für die entscheidenden Determinanten dieser Aufbereitungsprozesse müssen im Sinne einer raschen Anpassung an den Stand von Wissenschaft und Technik im Verordnungswege getroffen werden.


Zu § 94:

Die Verordnungsermächtigung ermöglicht unter Bedachtnahme auf das hier relevante europäische und nationale Normenwerk die Regelung der einzelnen wichtigen Elemente dieser hygienischen Aufbereitungsprozesse. Darunter fallen sowohl geräteseitige Aspekte, zu verwendende Hilfsmittel (zB Verpackungsmaterialien für Sterilgut, Testsysteme, Indikatorsysteme), die Validierung und Routinekontrolle der Aufbereitungsprozesse, organisatorische Aspekte unter besonderer Beachtung von Elementen des Qualitätsmanagements sowie die Qualifikation des Personals.

Zu § 95 Abs. 1:

Maßnahmen zum Qualitätsmanagement sind aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken. Systematische Bestrebungen zur Sicherung und kontinuierlichen Verbesserung der Qualität im Gesundheitswesen bekommen zunehmende Bedeutung für die Aufrechterhaltung und weitere Verbesserung der medizinischen Versorgung auch unter angespannteren finanziellen Rahmenbedingungen. Gerade Fachbereiche mit dominanter Medizinprodukteanwendung (zB medizinischer Laborbereich, Radiologie-Diagnostik, Strahlentherapie, Nuklearmedizin) haben schon sehr frühzeitig konkrete Vorstellungen über qualitätsgesicherte Abläufe in ihrem Bereich entwickelt und gehörten immer zu den Vorreitern dieser auch von der Weltgesundheitsorganisation massiv unterstützten Bewegung. Neben Errichtung, Anwendung und Betrieb von Medizinprodukten bieten sich auch Vorgänge der Instandhaltung sowie der Desinfektion und Sterilisation wegen ihrer weitgehenden Standardisierbarkeit für die Einbeziehung in Qualitätsmanagement-Strategien an. So spielen etwa Elemente des Qualitätsmanagements nach den neuen harmonisierten europäischen Normen über die Validierung und Routinekontrolle verschiedener Sterilisationsverfahren (zB ÖNORM EN 550, ÖNORM EN 552, ÖNORM EN 554) eine entscheidende Rolle.

Die vorliegende Bestimmung berücksichtigt diese Forderungen nach Maßnahmen zum Qualitätsmanagement in Einrichtungen des Gesundheitswesens unter Bedachtnahme auf die medizinischen Notwendigkeiten, die jeweiligen organisatorischen Möglichkeiten und Sinnhaftigkeit und Praktikabilität dieser Maßnahmen. Bei der Beurteilung der Sinnhaftigkeit sind jeweils die durch derartige Maßnahmen zu erzielenden signifikanten Beiträge zur Sicherung und Verbesserung der Qualität medizinischer Leistungen und der mit der Einführung und Aufrechterhaltung dieser Maßnahmen verbundene Aufwand zu berücksichtigen.

Wenn es aus dringenden Erfordernissen des Gesundheitsschutzes in Einrichtungen des Gesundheitswesens geboten ist, kann der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz im Verordnungswege für einzelne Medizinproduktebereiche gewisse Mindestanforderungen an Vorkehrungen und Maßnahmen zum Qualitätsmanagement festlegen. Dabei könnte es sich etwa um Ringversuche in medizinischen Laboratorien im Hinblick auf sensible Untersuchungsverfahren oder um Maßnahmen zur Optimierung der Bildqualität und Minimierung der Strahlenbelastung in bestimmten radiologischen Anwendungen handeln, die für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung von besonderer Bedeutung sind (zB in der Mammographie).

Zu § 95 Abs. 2:

Im Rahmen der Anforderungen gemäß § 95 Abs. 1 stehen zumeist wesentliche Teilelemente von Qualitätsmanagement-Systemen im Vordergrund. In einzelnen Sparten des Umgangs mit Medizinprodukten (vor allem im medizinischen Laborbereich, bei der Instandhaltung) besteht aber darüber hinaus bereits die Tendenz nach freiwilliger Zertifizierung eines kompletten Qualitätsmanagement-Systems. Um hier einheitliche und aussagekräftige Zertifizierungen in den einzelnen Medizinproduktebereichen zu gewährleisten, können die jeweiligen allgemeinen und fachlichen Zertifizierungsvoraussetzungen unter spezieller Bezugnahme auf die Erfordernisse der Medizin im Verordnungswege näher festgelegt werden. Dabei sind gegebenenfalls geeignete Normen zu berücksichtigen.

Das Schwergewicht muß gerade in der Medizin auf der Sicherung und kontinuierlichen Verbesserung der Struktur-, Prozeß- und Ergebnisqualität der unter Einsatz von Medizinprodukten erbrachten medizinischen Versorgung der Patienten sowie der hohen fachlichen Qualifikation und Arbeitszufriedenheit des medizinischen Personals liegen. Im Konzept des Qualitätsmanagements wird generell das Element der kontinuierlichen Qualitätsverbesserung, das für die moderne Medizin gerade in Bereichen mit dominanter Medizinprodukteanwendung so bedeutsam ist, strategisch stärker in den Vordergrund gestellt. Dies entspricht durchaus auch den Intentionen der Weltgesundheitsorganisation. Wenngleich Dokumentation und Nachvollziehbarkeit von Abläufen konstitutive Elemente der Qualitätssicherung darstellen, sollte in der Medizin eine unreflektierte Vermehrung von Schreib- und Dokumentationsarbeiten über das wirklich notwendige Ausmaß vermieden werden. Die Erfordernisse einer persönlichen Patientenbetreuung und einer optimalen Erbringung medizinischer Leistungen müssen immer im Vordergrund stehen. Die Verordnungsermächtigung soll Voraussetzungen für Qualitätsmanagementsysteme festlegen helfen, die auf die Erfordernisse der Medizin „maßgeschneidert“ sind und nicht undifferenziert „Industrie­standards“ kopieren.

Zu § 95 Abs. 3:

Um in Einrichtungen des Gesundheitswesens eine fachgerechte Prüfung, Überwachung und Zertifizierung von Qualitätsmanagement-Systemen für die einzelnen Medizinproduktebereiche zu gewährleisten, sind die allgemeinen und fachlichen Voraussetzungen an die Akkreditierung jener Stellen festzulegen, die derartige Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungstätigkeiten durchführen können. Die Akkreditierung wird dabei nach dem Akkreditierungsgesetz vorzunehmen sein.

Zu § 96:

Im Hinblick auf schwerwiegende Interessen des Gesundheitsschutzes kann es angezeigt sein, die Anwendung bestimmter Medizinprodukte auf jene Einrichtungen des Gesundheitswesens einzuschränken, die die Mindestanforderungen nach § 95 Abs. 1 nachweislich erfüllen oder deren Qualitätsmanagement-Systeme für diese Anwendungsbereiche im Sinne des § 95 Abs. 2 zertifiziert sind. Ein Beispiel für einen derartigen Regelungsansatz findet sich bereits in der auf Grund § 6 Abs. 3 des AIDS-Gesetzes erlassenen Verordnung zur Qualitätskontrolle und Qualitätssicherung in der HIV-Diagnostik und die bei der Vornahme von HIV-Tests einzuhaltende Vorgangsweise, BGBl. Nr. 772/1994, wodurch die Durchführung der HIV-Diagnostik an bestimmte Maßnahmen der Anwender zur Qualitätssicherung gebunden ist.

Zu § 97:

Soweit es im Hinblick auf schwerwiegende Interessen des Gesundheitsschutzes erforderlich ist, kann der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz für bestimmte, genau umschriebene medizinische Leistungen durch Verordnung festlegen, welche Medizinprodukte für die dem Stand der Wissenschaften und Technik entsprechende Erbringung dieser Leistungen erforderlich sind. Damit soll verhindert werden, daß einzelne Einrichtungen des Gesundheitswesens durch das Fehlen einer geeigneten Medizinprodukteausstattung im Hinblick auf Sicherheit und medizinische Leistungsfähigkeit soweit hinter dem Stand von Wissenschaften und Technik zurückbleiben, daß es zu unvertretbaren Gefährdungen von Patienten, Anwendern oder Dritten kommen kann oder die adäquate medizinische Versorgung nicht gegeben ist. Dabei sind gegebenenfalls auch harmonisierte, bei deren Fehlen auch nationale oder internationale Normen zu berücksichtigen.

Zu § 98 Abs. 1:

Für die Medizinproduktesicherheit sind nicht nur die Herstellung und das erstmalige Inverkehrbringen, sondern auch jedes weitere Inverkehrbringen und gegebenenfalls die Lagerung von Medizinprodukten von Relevanz. Dies betrifft insbesondere die Sicherstellung, daß nur Medizinprodukte, die diesem Bundesgesetz entsprechen, dem Vertrieb zugeführt werden, die Gewährleistung der jeweils vom Hersteller angegebenen Transport- und Lagerungsbedingungen, die Einhaltung hygienischer Standards oder organisatorische Vorkehrungen, um Anforderungen bezüglich der Verfolgbarkeit von Medizinprodukten bzw. zur Abwehr von Risken nachkommen zu können. Weiters sind besondere Anforderungen zu beachten, wenn Betriebe auch Medizinprodukte vor allem in Einrichtungen des Gesundheitswesens instandhalten oder deren Personal einschulen.

Um eine Unterbrechung der Schutzkette zu vermeiden, besteht ein Regelungsbedarf für die gesamte Handelskette bis zur Abgabe an den Patienten oder Anwender.

Zu § 98 Abs. 2:

Im Verordnungswege sind jeweils besondere Anforderungen an den Betrieb festzulegen, soweit die Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten und der Schutz der Patienten und Anwender betroffen ist. Dabei ist auf die speziellen Schutz- und Sicherheitsaspekte und Sorgfaltspflichten einzelner Medizinproduktebereiche differenziert Bedacht zu nehmen. Weiters müssen auch Überlegungen zu sinnvollen und praktikablen Maßnahmen und Vorkehrungen im Sinne des modernen Qualitätsmanagements berücksichtigt werden. Die Verordnungsermächtigung beinhaltet die wesentlichen Determinanten der Medizinproduktesicherheit bei der Herstellung (soweit diese nicht durch eine Verordnung nach § 28 geregelt ist), bei der Lagerung und beim Inverkehrbringen von Medizinprodukten. Sie berührt aber nicht allgemeine Angelegenheiten der Betriebsführung, die mit Medizinprodukten und ihrer Sicherheit nichts zu tun haben und die in der Regel bereits durch das Gewerberecht abgedeckt sind.

Zu § 98 Abs. 3:

Analog zum Arzneimittelbereich haben auch Betriebe, die mit der Herstellung, dem Inverkehrbringen oder der Lagerung von Medizinprodukten befaßt sind, eine besondere Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit der Patienten, Anwender oder Dritter zu übernehmen. Diese Verantwortung muß entsprechend den fachlichen Voraussetzungen der einzelnen Medizinproduktebereiche auch von der jeweils erforderlichen Sachkenntnis, Zuverlässigkeit und den geeigneten organisatorischen Voraussetzungen zur Gewährleistung der Medizinproduktesicherheit getragen werden. Die Erfüllung dieser Anforderungen muß dem Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz für Medizinprodukte mit erhöhtem Risiko gegebenenfalls in einem Genehmigungsverfahren nachgewiesen werden. Auf bereits vorhandene Erfahrungen wird dabei besonders Bedacht zu nehmen sein.

Zu § 98 Abs. 4:

Werden die Anforderungen aus einer Verordnung gemäß Abs. 2 über die besonderen Bestimmungen für den Betrieb in einer Form nicht eingehalten, die zu Gesundheitsgefährdungen von Patienten, Anwendern oder Dritten Anlaß gibt, so kann neben allenfalls erforderlichen Maßnahmen gemäß den §§ 22, 23, 75 oder 77 auch eine Schließung des Betriebes verfügt werden, sofern andere Maßnahmen zur Behebung der Gefährdung nicht ausreichen. In besonders dringlichen Fällen mit unmittelbarer Gesundheitsgefährdung können die erforderlichen Schutzmaßnahmen auch vor Erlassung eines begründeten Bescheides verfügt werden.

Zu § 99 Abs. 1:

Die Abgabe von Medizinprodukten an den Anwender, Patienten, Verbraucher oder eine Einrichtung des Gesundheitswesens stellt in vielen Fällen eine wichtige Schnittstelle dar, an der essentielle Elemente der Medizinproduktesicherheit nicht verlorengehen dürfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn bei der Auswahl der geeigneten Medizinprodukte bzw. bei der Beratung, Aufklärung, Einweisung, Installation oder Funktionsprüfung besondere Sachkenntnis gefordert ist. Die Abgabe von Medizinprodukten kann, jeweils auf die Bedürfnisse verschiedener Medizinproduktebereiche abgestimmt, erforderlichenfalls auf jene Betriebe bzw. sachkundigen Personen eingeschränkt werden, welche über die entsprechenden Qualifikationen und sonstigen Voraussetzungen verfügen.

In Bereichen, in denen es bei der Entscheidung über die Anwendung von Medizinprodukten durch Laien in besonderem Maße auf eine sachgerechte Indikationsstellung bzw. wo es auf eingehende Beratung oder Schulung über die korrekte Anwendung oder die Interpretation von Untersuchungsergebnissen ankommt, muß auch die Möglichkeit vorgesehen werden, bestimmte Abgabewege auszuschließen, bei denen diese Voraussetzungen nicht oder nicht im erforderlichen Ausmaß gegeben sind. Im Hinblick auf gewerberechtliche Bestimmungen ist jedenfalls das Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten herzustellen.

Zu § 99 Abs. 2:

Eine Zugangsregelung kann auch für jene Medizinprodukte getroffen werden, deren Anwendung nur in Einrichtungen des Gesundheitswesens oder durch Angehörige der Heilberufe vorgesehen ist.

Zu § 100:

Analog zum Arzneimittelbereich kann für Medizinprodukte, deren Anwendung durch Laien zwar vorgesehen ist, die jedoch in Anbetracht eines gewissen, nicht unerheblichen Gefahrenpotentials nur im Rahmen einer ärztlichen Behandlung, Beratung oder Überwachung erfolgen sollte, die ärztliche Verschreibungspflicht vorgesehen werden. Dieses Sicherheitsregulativ kann auch eingesetzt werden, wenn die Erfahrung einen erheblichen Mißbrauch bestimmter Medizinprodukte mit Gefährdungspotential zeigen sollte.

Zu § 101:

Im Einklang mit den Abgaberegelungen des § 99 Abs. 1 sollte der Zugang von Laien zu Medizinprodukten unter dem Schutz entsprechender Vorkehrungen stehen, die die hier meist gebotene sorgfältige Abwägung eines Bedarfs und der Auswahl des geeigneten Produktes, gegebenenfalls unter entsprechender medizinischer Beratung und Verschreibung, den Vorrang einräumen.

Zu § 102 Abs. 1:

Die Entscheidung zum Erwerb oder Einsatz von Medizinprodukten muß seine Basis in klaren und wahrheitsgemäßen Angaben über Nutzen, Risken und geeignete Einsatzgebiete eines Medizinproduktes haben. Die vorliegende Regelung stellt daher auf wahrheitsgemäße Angaben und im Hinblick auf den sensiblen Produktbereich auf ein generelles Verbot der Irreführung ab.

Zu § 102 Abs. 2:

Diese Bestimmung exemplifiziert Irreführung in den für die Medizinproduktesicherheit besonders wichtigen Bereichen, wie Angaben über Leistungen, Nebenwirkungen und hinsichtlich der durch die grundlegenden Anforderungen festgelegten Eigenschaften von Medizinprodukten.

Zu § 103:

Im Hinblick auf die Verpflichtung zur objektiven Information und insbesondere auf die Bedeutung der Angaben zur Zweckbestimmung, die letztlich auch in die Verantwortung des Herstellers fallen (vergleiche § 2 Abs. 7 und 8), dürfen Werbematerialien diesbezüglich keine abweichenden oder zusätzlichen Bestimmungen enthalten.

Zu § 104:

Diese Bestimmung dient dem besonderen Schutz der Laien hinsichtlich jener Medizinprodukte, deren Anwendung nur im Zusammenhang mit einer medizinischen Betreuung stattfinden sollte. Hier muß die Beratung über Indikationen, Auswahl, Handhabung des Medizinproduktes und gegebenenfalls Interpretation von Medizinproduktmeßergebnissen unbeeinflußt vom Druck eventueller aggressiver externer Werbemaßnahmen durchgeführt werden können.

Zu § 105:

Die Regelung stellt auf den mündigen Patienten oder Konsumenten von Medizinprodukten ab und soll durch das deutliche Herausstellen des Werbecharakters von Informationen dessen Kritikfähigkeit erhöhen.

Zu § 106:

§ 106 zielt auf eine objektive Information des Patienten oder Verbrauchers, die jedes Werbeelement ausschließen soll, welches Belange behandelt, die in die Kompetenz einer ärztlichen oder zahnärztlichen Behandlung fallen. Weiters bietet sie eine notwendige Handhabe gegen Werbemethoden von Außenseitern, die sich an Kinder wenden, oder die durch mißbräuchlichen Einsatz stark suggestiver oder emotionaler Botschaften die Kritikfähigkeit des Patienten oder Verbrauchers in einem sensiblen Bereich beeinträchtigen kann. In Entsprechung zu einer ähnlichen Bestimmung im Arzneimittelbereich wurde in diesem Sinne auch vergleichende Werbung für Medizinprodukte hintangehalten, um der objektiven Information der Patienten durch die medizinischen Berufe im Rahmen ihrer Meinungsbildung Vorrang einzuräumen.

Zu § 107:

Diese Bestimmungen legen in Analogie zum Arzneimittelbereich Mindestinhalte der Medizinproduktewerbung für Verbraucher fest und sind dazu bestimmt, der Werbebotschaft einen primär informativen, sachlichen Charakter zu verleihen.

Zu § 108:

§ 108 stellt auf eine einwandfreie Fachwerbung und insbesondere auch auf ein korrektes Beschaffungswesen für Medizinprodukte in Einrichtungen des Gesundheitswesens ab.


Zu § 109:

Diese Bestimmung stellt auf eine objektive Information von Angehörigen der Heilberufe ab und nimmt dabei Bezug auf jene Produktinformationen, die durch die grundlegenden Anforderungen gemäß den §§ 8 und 9 und einer Verordnung nach § 10 gefordert werden. Diese Informationen sind im Rahmen der Konformitätsbewertung bei Produkten mit einem gewissen Risikopotential Gegenstand der Beurteilung durch eine benannte Stelle gewesen und dürfen daher nicht im Widerspruch zur Fachwerbung stehen.

Zu § 110:

Diese Regelung entspricht Art. 15 der Richtlinie 90/385/EWG sowie Art. 20 der Richtlinie 93/42/EWG.

Sie soll in diesem Zusammenhang sicherstellen, daß alle Personen, die Aufgaben im Sinne dieses Bundesgesetzes erfüllen, verpflichtet sind, alle für die Durchführung ihrer Aufgaben erhaltenen Informationen vertraulich zu behandeln.

Zu § 111:

§ 111 enthält die sich aus diesem Bundesgesetz ergebenden Verwaltungsstraftatbestände und mißt diesen einen entsprechenden Strafrahmen zu.

Zu § 112 Abs. 1:

Diese Bestimmung entspricht Art. 22 Abs. 4 der Richtlinie 93/42/EWG.

Für eine Übergangsphase, die bis einschließlich 14. Juni 1998 reicht, können Medizinprodukte gemäß der Richtlinie 93/42/EWG noch nach den am 31. Dezember 1994 in Geltung gewesenen Regelungen in Verkehr gebracht und erstmals in Betrieb genommen werden. Selbstverständlich dürfen dabei keine Ausschließungsgründe gemäß § 8 (Grundanforderungen an jedes Medizinprodukt) oder hinsichtlich Maßnahmen zur Abwehr von Risken gemäß § 77 vorliegen.

Für aktive implantierbare Medizinprodukte ist diese Übergangsregelung nicht mehr anwendbar, da hier die neuen EU-Vorschriften bereits seit 1. Jänner 1995 verbindlich anzuwenden sind. Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose unterliegen zunächst, bis zur Anwendbarkeit der kommenden 3. Medizinprodukterichtlinie betreffend In-vitro-Diagnostik-Medizinprodukte, weiter den bestehenden nationalen Regelungen, einschließlich dieses Bundesgesetzes.

Zu § 112 Abs. 2:

Im Hinblick auf den Zeitbedarf einer diesem Bundesgesetz entsprechenden Bereitstellung von Informationen (in Kennzeichnung und Gebrauchsanweisung) bei In-vitro-Diagnostika wird durch diesen Absatz eine adäquate Übergangsfrist eingeräumt, die sich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der leichteren Akzeptanz bei Angehörigen der Gesundheitsberufe am Stichtag der Richtlinie 93/42/EWG orientiert.

Zu § 112 Abs. 3:

Für etwaigen dringenden Handlungsbedarf im Bereich von Medizinprodukten, die sich noch in der optionellen Phase der Richtlinie 93/42/EWG befinden (vergleiche Abs. 1), ist eine entsprechende Verordnungsermächtigung für die Festlegung von Konformitätsbewertungsverfahren vorzusehen. Deren allenfalls erforderliche Realisierung wird sich sicher auch jeweils am System der Richtlinie 93/42/EWG orientieren und würde maximal bis einschließlich 14. Juni 1998 Gültigkeit behalten.

Zu § 112 Abs. 4:

Diese Bestimmung stellt sicher, daß klinische Prüfungen, die vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes begonnen wurden, noch nach den damals bestehenden „Altregelungen“ fortgeführt werden können. Dies könnte etwa Produkte betreffen, die bislang gemäß dem Arzneimittelgesetz als Arzneimittel einzustufen waren, nunmehr aber als Medizinprodukte gelten. In diesem Fall blieben etwa die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes für diese bereits laufende klinische Prüfung weiter maßgebend.

Zu § 112 Abs. 5:

Diese Regelung setzt Art. 21 Abs. 1 und Art. 22 Abs. 4, 2. Satz der Richtlinie 93/42/EWG um.

Quecksilberfieberglasthermometer mit Maximumvorrichtung, für die bis zum 1. Jänner 1995 eine EWG-Bauartzulassung erteilt wurde, können mit der angegebenen verlängerten Übergangsfrist noch in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden. Vergleiche auch die Vorschriften des Artikels II dieses Bundesgesetzes.

Zu § 112 Abs. 6:

Diese Bestimmung soll klarstellen, daß das System der neuen EU-Regelungen für Medizinprodukte nicht unmittelbar auf bereits in Betrieb genommene Medizinprodukte anwendbar ist. Bereits in Betrieb befindliche Medizinprodukte bedürfen daher keiner „Nachzulassung“ oder müssen nicht nachträglich mit der CE-Kennzeichnung versehen werden. Voraussetzung für deren weiteren Betrieb ist allerdings das Freisein von Mängeln in bezug auf Sicherheit oder Leistungsfähigkeit, die zu einer Gefährdung Anlaß geben könnten.

Zu § 112 Abs. 7:

Da die Tätigkeiten im Sinne des § 67 Abs. 1, 3 und 4 jeweils vor deren Aufnahme meldepflichtig sind, muß für Meldungen über bereits ausgeübte Tätigkeiten eine entsprechende Frist eingeräumt werden.

Zu § 113:

Die Anordnung des § 113, die im Rahmen dieses Bundesgesetzes vorgenommenen Verweisungen auf andere Bundesgesetze im Sinne einer dynamischen Verweisung zu verstehen, hat die einheitliche Fortentwicklung der Rechtsordnung und die Vermeidung von Regelungslücken vor Augen. Wenn demgegenüber in diesem Bundesgesetz auf Rechtsakte der Europäischen Union verwiesen wird, so ist die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes geltende Fassung anzuwenden.

Zu § 114:

Hinsichtlich des Geltungsbeginns wird in gegenständlicher Bestimmung das Inkrafttreten einen Monat nach dem der Kundmachung folgenden Monatsersten vorgesehen.

Zu § 115:

Diese Bestimmung soll ein frühzeitiges Erlassen von Verordnungen zu diesem Bundesgesetz ermöglichen.

Zu § 116:

Mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes kann das veraltete Gesundheitsschutzgesetz, das eine Regelungsermächtigung für einen kleinen Teilbereich der Medizinprodukte enthält, aufgehoben werden. Damit muß sich für die Verordnung betreffend Dentalamalgam die Rechtsbasis nunmehr auf § 112 Abs. 3 dieses Bundesgesetzes verschieben. Die bislang als Verordnung gemäß dem Produktsicherheitsgesetz geltende Kondomprüfungsverordnung, BGBl. Nr. 630/1990, stützt sich nunmehr ebenfalls auf die Verordnungsermächtigung im § 112 Abs. 3 dieses Bundesgesetzes.

Zu § 117:

Mit der Bestimmung in Abs. 2 wird sichergestellt, daß vor Erlassung von Verordnungen gemäß diesem Bundesgesetz die zuständigen Bundesminister in diesem sehr heterogenen Regelungsbereich jeweils die Fachmeinung einschlägiger Experten einholen und auch der Meinung der betroffenen Interessensvertretungen ausreichend Gehör schenken müssen.

Zu Artikel II:

Das Medizinproduktegesetz setzt die Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG der Europäischen Union um und ist für die Aufnahme der 3. Medizinprodukterichtlinie betreffend Medizinprodukte für die in-vitro-Diagnose vorbereitet. Das MPG regelt das erstmalige Inverkehrbringen und die erstmalige Inbetriebnahme. Im MPG sind auch Bestimmungen enthalten (Verordnungsermächtigungen), wodurch die weitere Aufrechterhaltung der Sicherheit der richtigen Ermittlung der Meßwerte bei Medizinprodukten sichergestellt werden kann.

Das Maß- und Eichgesetz, BGBl. Nr. 152/1950, erfaßt in seinem Anwendungsbereich nur eine geringe Teilmenge der verwendeten Medizinprodukte mit Meßfunktion (Thermometer, Blutdruckmeßgeräte, Augentonometer, medizinische Spritzen usw.).

Diese Meßgeräte wurden bisher vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) zur Eichung zugelassen und, wenn die Zulassungsbestimmungen eingehalten wurden, entweder vom BEV oder von den Eichämtern geeicht.

Einige dieser Meßgerätearten mußten in regelmäßigen Abständen wieder von den Eichbehörden überprüft werden (zB Blutdruckmeßgeräte, Augentonometer). Meßgeräte aus Glas waren von einer weiteren Überprüfung befreit (zB Pipetten, Fieberthermometer).

Auf Grund der Übernahme der europäischen Vorschriften und der Zulässigkeit von CE-gekennzeichneten Medizinprodukten mit Meßfunktion im Sinne des MPG in Österreich ist die CE-Kennzeichnung der innerstaatlichen Ersteichung gleichzuhalten. Das Maß- und Eichgesetz ist daher entsprechend anzupassen.

Die Richtlinie 93/42/EWG sieht vor, daß bis zum 14. Juni 1998 Meßgeräte erstmalig in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden dürfen, die den innerstaatlichen Vorschriften zum 31. Dezember 1994 entsprochen haben. Daher ist die Aufrechterhaltung der bisher geltenden Vorschriften bis zum 14. Juni 1998 erforderlich.

Wie erläutert, unterliegen Meßgeräte aus Glas nicht der Nacheichpflicht. Augentonometer und Blutdruckmeßgeräte für die unblutige Meßung dagegen wurden bisher vom BEV zur Eichung zugelassen und nachgeeicht.

Die Zulassung dieser Meßgeräte besteht aus einer eingehenden physikalisch-technischen Untersuchung, bei der die Meßgeräte nach den technischen Vorschriften (Eichvorschriften und Gewährleistung der Richtigkeit und Zuverlässigkeit innerhalb der Nacheichfrist von zwei Jahren) untersucht wurden. Sämtliche Baupläne und technische Beschreibungen sind der Eichbehörde vorzulegen. Aus diesen Unterlagen und den Untersuchungsergebnissen wurden spezielle Verfahren zur Eichung und Prüfung dieser Meßgeräte abgeleitet.

Durch den Übergang auf die CE-Kennzeichnung und damit eine europäische Dezentralisierung der technischen Information über diese Meßgeräte ist es nun nicht mehr möglich, für Augentonometer und Blutdruckmeßgeräte die Nacheichung vorzunehmen.

Bei Augentonometern werden bei der Zulassung zur Eichung bestimmte Referenzwerte für die eichtechnische Prüfung ermittelt. Die Normalverfahren sind in Europa aber nicht immer zu vergleichen.

Bei Blutdruckmeßgeräten ist es erforderlich, das Gerät in einen besonderen „Eichmodus“ zu bringen, um alle erforderlichen Prüfungen vornehmen zu können. Dieser „Eichmodus“ wurde ebenfalls bei der Zulassung zur Eichung vorgeschrieben und ist nicht in allen europäischen Staaten gefordert.

Das Medizinproduktegesetz wird für diese Meßgeräte entsprechende Regelungen treffen, um die Meßsicherheit aufrechtzuerhalten. So ist vorgesehen, Anforderungen und Zulassungsverfahren für solche Stellen, die in Hinkunft diese Meßgeräte überprüfen werden, durch die im MPG vorgesehenen Verordnungen festzulegen.

Dosimeter für ionisierende Strahlung und Meßgeräte zur Bestimmung der Aktivität von Radionukliden sind nach dem 14. Juni 1998 nur mehr CE-gekennzeichnet erstmalig in den Verkehr zu bringen oder in Betrieb zu nehmen. Aus Gründen der Meßsicherheit und der technischen Möglichkeiten sollen diese weiterhin der Nachprüfung durch die Eichbehörde unterliegen.

Die Anzeige und Funktionsweise dieser Meßgeräte kann durch die Bestrahlung mit der richtigen Dosis überprüft werden. Die für Blutdruckmeßgeräte und die Augentonometer bestehenden technischen Schwierigkeiten liegen für diese Meßgeräte nicht vor.

Zu Artikel II Z 2:

Graduierte medizinische Spritzen unterliegen nicht der Eichpflicht, sondern werden statistisch geprüft und hatten auch keine Nacheichfrist. Daher entsprechen CE-gekennzeichnete Spritzen den Anforderungen des MPG.

Zu Artikel II Z 3 und 4:

Medizinische Thermometer (Fieberthermometer) unterliegen nach § 15 Z 15 (neu) nicht der Nacheichpflicht. § 15 Z 5 lit. e und § 17 Z 8 sind entsprechend anzupassen.

Zu Artikel II Z 5:

Die Befreiung von der Nacheichung ist für die in § 12 Abs. 4 festgelegten Meßgeräte auf Grund der vorzunehmenden Änderungen in § 15 Z 15 aufzunehmen.

Zu Artikel II Z 6:

In Übereinstimmung mit den Übergangsbestimmungen der Richtlinie 93/42/EWG können die Bestimmungen betreffend die meßtechnische Kontrolle von graduierten medizinischen Spritzen nach dem 14. Juni 1998 entfallen.

Zu Artikel III:

Diese Regelung entspricht Art. 1 Abs. 8 der Richtlinie 93/42/EWG.

Das vorliegende Bundesgesetz regelt auch die Anforderungen an die Auslegung und Herstellung von Medizinprodukten, die ionisierende Strahlen abgeben, sowie deren Zulassungsverfahren. Für CE-gekennzeichnete Medizinprodukte darf es prinzipiell keine zusätzlichen nationalen Zulassungen für das Gerät selbst geben. Bei der Bauartzulassung ist daher bei Vorliegen der CE-Kennzeichnung davon auszugehen, daß das Gerät den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Die strahlenschutzrechtlichen Bewilligungen werden vom Medizinproduktegesetz aber nicht berührt.

Zu Artikel IV:

Die exakte Abgrenzung zwischen Produkten, die dem Regelungsregime des Medizinproduktegesetzes zuzuordnen sind und jenen, die nach wie vor dem Arzneimittelgesetz unterliegen werden, ist im § 5 des Medizinproduktegesetzes enthalten. (Zu den exakten Inhalten dieser Bestimmung siehe auch die Erläuterungen dazu.) Die Änderung des Arzneimittelbegriffes im Arzneimittelgesetz kann sich daher auf einen einfachen Ausnahmetatbestand beschränken.

III. Finanzielle Auswirkungen

Die Teilnahme am Binnenmarkt für Medizinprodukte und die schrittweise Einführung des Europäischen Zulassungssystems wird den Einrichtungen des Gesundheitswesens den vollen Zugang auf das gesamte, im EWR verfügbare Angebot an sicheren und leistungsfähigen Medizinprodukten eröffnen. Der verschärfte Wettbewerb am Binnenmarkt läßt tendenziell finanzielle Vorteile für das Gesundheitswesen erwarten. In einzelnen Bereichen werden zudem Kosten für bisherige nationale Zulassungsverfahren wegfallen. Da Zubehör in den Regelungsumfang eingeschlossen ist, wird sich in vielen Fällen die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten vermindern. Dadurch sind auf längere Sicht ebenfalls ökonomische Vorteile für Einrichtungen des Gesundheitswesens zu gewärtigen, denen allerdings in einzelnen Bereichen Kosten gegenüberstehen werden, die sich durch die Anpassung an den Stand der Wissenschaften und der Technik als notwendig erweisen können.

Durch den im Zuge der Regelungen angestrebten höheren Sicherheits- und Leistungsstandard bei Medizinprodukten ist die Reduktion von Kosten im Gefolge insuffizienter diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen zu erwarten. Die europäischen Regelungen bei klinischen Prüfungen zielen generell auf bessere klinische Evaluierungen von Medizinprodukten; durch die tendenziell bessere Datenbasis über Vor- und Nachteile der einzelnen Medizinprodukte bzw. Technologien können Fehlinvestitionen im Gesundheitswesen und Kosten durch insuffiziente Behandlungen leichter vermieden werden.

Für die österreichischen Hersteller von Medizinprodukten ergibt sich durch den Binnenmarkt ein verschärfter Wettbewerb. In vielen Fällen wird die Notwendigkeit bestehen, im eigenen Produktions-, Entwicklungs- und eventuell Vertriebsbereich ein Qualitätssicherungs-System zu installieren. Dies würde in der Übergangsphase erhöhte Kosten bedingen, die wegen des stärkeren Wettbewerbs am Binnenmarkt kaum auf die Kunden abgewälzt werden können.

Diesen potentiellen Mehrbelastungen durch die europäischen Regelungen stehen aber deutliche Vorteile durch den erleichterten Marktzugang in alle EWR-Staaten und durch den Wegfall aller bisherigen einzelstaatlichen Zulassungsverfahren gegenüber. Die kurzfristig mit Mehrkosten verbundene Etablierung von Qualitätssicherungs-Systemen führt erfahrungsgemäß in den meisten Fällen mittel- bis längerfristig zu Kosteneinsparungen. Weiters wird das europäische Zulassungssystem, insbesondere eine Qualitätssicherungs-Zertifizierung entsprechend den Medizinprodukterichtlinien, einen deutlichen Wettbewerbsvorteil auf den Weltmärkten bedeuten. So zeichnet sich speziell für Unternehmen mit zertifiziertem Qualitätssicherungs-System generell ein erleichterter Zugang zum amerikanischen, japanischen und südostasiatischen Markt ab („Global Harmonisation“).


Durch die Medizinprodukterichtlinien werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, Maßnahmen und administrative Vorkehrungen zur Gewährleistung der Sicherheit und Leistungsfähigkeit von Medizinprodukten zu treffen. Da es sich hier um einen ausgesprochen sensiblen Produktbereich handelt, bei dem Vollzugsdefizite eine direkte und massive Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten zur Folge haben könnten, müssen diese administrativen und organisatorischen Vorkehrungen mit größter Dringlichkeit und Sorgfalt umgesetzt werden. Die Erfüllung dieser Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht bedingt – trotz aller Anstrengungen zur Verwirklichung eines „lean management“ – einen personellen und finanziellen Mehraufwand im Bereich des Bundesministeriums für Gesundheit und Konsumentenschutz:

Die Verwirklichung des Gesetzesvorhabens wird eine Personalvermehrung um zehn Planstellen (1997: 3 A[a], 1 B[b], 1 D[d]; 1998: 2 A[a], 2 B[b], 1 C[c]) im Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz erfordern. Zusätzlich wird für 1997 ein finanzieller Aufwand von 5 Millionen Schilling vor allem an Kosten für Sachverständige und Kosten für Untersuchungen bei der Abklärung schwerwiegender Zwischenfälle erwartet. Der Betrag von 5 Millionen Schilling wurde im Bundesfinanzgesetz 1997, BGBl. Nr. 211/1996, berücksichtigt. Mit weiteren je 5 Millionen Schilling in den darauffolgenden drei Jahren ist zu rechnen, welche in der Budgetprognose bis zum Jahr 2000 entsprechende Berücksichtigung fanden. Die Erfahrungen im Zusammenhang mit der Vollziehung des Gesetzes werden zeigen, welchen allfälligen Personal- und Sachaufwand die zu erwartende Richtlinie über In-vitro-Diagnostik-Medizinprodukte und die fortschreitende Vernetzung der Medizinprodukteverwaltungen in der EU erfordern werden. Nominalkosten werden durch das Medizinproduktegesetz nicht anfallen.

IV. EU-Konformität

Vorliegendes Gesetzesvorhaben dient der Umsetzung der Richtlinien 90/385/EWG [CELEX Nr. 390L0385] und 93/42/EWG [CELEX Nr. 393L0042] und ist daher als EU-konform zu qualifizieren.