34 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP mmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmnmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnmmmmmmmmmmmmnnnnnnnnnnmmmmmmmmmmmmmmmmmmm
Ausgedruckt am 8. 3. 1996
Regierungsvorlage
Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988, samt Protokollen und Erklärungen sowie Erklärung der Republik Österreich
Übereinkommen
über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 16. September 1988
PRÄAMBEL
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN DIESES ÜBEREINKOMMENS –
IN DEM BESTREBEN, in ihren Hoheitsgebieten den Rechtsschutz der dort ansässigen Personen zu verstärken,
IN DER ERWÄGUNG, daß es zu diesem Zweck geboten ist, die internationale Zuständigkeit ihrer Gerichte festzulegen, die Anerkennung von Entscheidungen zu erleichtern und ein beschleunigtes Verfahren einzuführen, um die Vollstreckung von Entscheidungen, öffentlichen Urkunden und gerichtlichen Vergleichen sicherzustellen,
IM BEWUSSTSEIN der zwischen ihnen bestehenden Bindungen, die im wirtschaftlichen Bereich durch die Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation bestätigt worden sind,
UNTER BERÜCKSICHTIGUNG des Brüsseler Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der Fassung der infolge der verschiedenen Erweiterungen der Europäischen Gemeinschaften geschlossenen Beitrittsübereinkommen,
IN DER ÜBERZEUGUNG, daß die Ausdehnung der Grundsätze des genannten Übereinkommens auf die Vertragsstaaten des vorliegenden Übereinkommens die rechtliche und wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa verstärken wird,
IN DEM WUNSCH, eine möglichst einheitliche Auslegung des Übereinkommens sicherzustellen –
HABEN in diesem Sinne BESCHLOSSEN, dieses Übereinkommen zu schließen, und
SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:
TITEL I
ANWENDUNGSBEREICH
Artikel 1
Dieses Übereinkommen ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne daß es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. Es erfaßt insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten.
Es ist nicht anzuwenden auf
1. den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts;
2. Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren;
3. die soziale Sicherheit;
4. die Schiedsgerichtsbarkeit.
TITEL II
ZUSTÄNDIGKEIT
1. ABSCHNITT
Allgemeine Vorschriften
Artikel 2
Vorbehaltlich der Vorschriften dieses Übereinkommens sind Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen.
Auf Personen, die nicht dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz haben, angehören, sind die für Inländer maßgebenden Zuständigkeitsvorschriften anzuwenden.
Artikel 3
Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, können vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats nur gemäß den Vorschriften des 2. bis 6. Abschnitts verklagt werden.
Insbesondere können gegen diese Personen nicht geltend gemacht werden
– in Belgien: Artikel 15 des Zivilgesetzbuchs (Code civil – Burgerlijk Wetboek) sowie Artikel 638 der Zivilprozeßordnung (Code judiciaire – Gerechtelijk Wetboek);
– in Dänemark: Artikel 246 Absätze 2 und 3 der Zivilprozeßordnung (Lov om rettens pleje);
– in der Bundesrepublik Deutschland: § 23 der Zivilprozeßordnung;
– in Griechenland: Artikel 40 der Zivilprozeßordnung (KwidkaV PolitikhV DikonomiaV);
– in Frankreich: Artikel 14 und 15 des Zivilgesetzbuchs (Code civil);
– in Irland: Vorschriften, nach denen die Zuständigkeit durch Zustellung eines das Verfahren einleitenden Schriftstücks an den Beklagten während dessen vorübergehender Anwesenheit in Irland begründet wird;
– in Island: Artikel 77 der Zivilprozeßordnung (lög um meðferð einkamála í héraði);
– in Italien: Artikel 2 und Artikel 4 Nummern 1 und 2 der Zivilprozeßordnung (Codice di procedura civile);
– in Luxemburg: Artikel 14 und 15 des Zivilgesetzbuchs (Code civil);
– in den Niederlanden: Artikel 126 Absatz 3 und Artikel 127 der Zivilprozeßordnung (Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering);
– in Norwegen: § 32 der Zivilprozeßordnung (tvistemålsloven);
– in Österreich: § 99 der Jurisdiktionsnorm;
– in Portugal: Artikel 65 Absatz 1 Buchstabe c, Artikel 65 Absatz 2 und Artikel 65a Buchstabe c der Zivilprozeßordnung (Código de Processo Civil) und Artikel 11 der Arbeitsprozeßordnung (Código de Processo de Trabalho);
– in der Schweiz: der Gerichtsstand des Arrestortes/for du lieu du séquestre/foro del luogo del sequestro gemäß Artikel 4 des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht/loi fédérale sur le droit international privé/legge federale sul diritto internazionale privato;
– in Finnland: Kapitel 10 § 1 Sätze 2, 3 und 4 der Prozeßordnung (oikeudenkäymiskaari/ rättegångsbalken);
– in Schweden: Kapitel 10 Artikel 3 Satz 1 der Prozeßordnung (Rättegångsbalken);
– im Vereinigten Königreich: Vorschriften, nach denen die Zuständigkeit begründet wird durch
a) die Zustellung eines das Verfahren einleitenden Schriftstücks an den Beklagten während dessen vorübergehender Anwesenheit im Vereinigten Königreich;
b) das Vorhandensein von Vermögenswerten des Beklagten im Vereinigten Königreich oder
c) die Beschlagnahme von Vermögen im Vereinigten Königreich durch den Kläger.
Artikel 4
Hat der Beklagte keinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats, so bestimmt sich, vorbehaltlich des Artikels 16, die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Vertragsstaats nach seinen eigenen Gesetzen.
Gegenüber einem Beklagten, der keinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann sich jede Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in diesem Staat auf die dort geltenden Zuständigkeitsvorschriften, insbesondere auf die in Artikel 3 Absatz 2 angeführten Vorschriften, wie ein Inländer berufen, ohne daß es auf ihre Staatsangehörigkeit ankommt.
2. ABSCHNITT
Besondere Zuständigkeiten
Artikel 5
Eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden,
1. wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre; wenn ein individueller Arbeitsvertrag oder Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet; verrichtet der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat, vor dem Gericht des Ortes, an dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat;
2. wenn es sich um eine Unterhaltssache handelt, vor dem Gericht des Ortes, an dem der Unterhaltsberechtigte seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder im Falle einer Unterhaltssache, über die im Zusammenhang mit einem Verfahren in bezug auf den Personenstand zu entscheiden ist, vor dem nach seinem Recht für dieses Verfahren zuständigen Gericht, es sei denn, diese Zuständigkeit beruht lediglich auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien;
3. wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist;
4. wenn es sich um eine Klage auf Schadensersatz oder auf Wiederherstellung des früheren Zustands handelt, die auf eine mit Strafe bedrohte Handlung gestützt wird, vor dem Strafgericht, bei dem die öffentliche Klage erhoben ist, soweit dieses Gericht nach seinem Recht über zivilrechtliche Ansprüche erkennen kann;
5. wenn es sich um Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung handelt, vor dem Gericht des Ortes, an dem sich diese befindet;
6. wenn sie in ihrer Eigenschaft als Begründer „trustee“ oder Begünstigter eines „trust“ in Anspruch genommen wird, der auf Grund eines Gesetzes oder durch schriftlich vorgenommenes oder schriftlich bestätigtes Rechtsgeschäft errichtet worden ist, vor den Gerichten des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der „trust“ seinen Sitz hat;
7. wenn es sich um eine Streitigkeit wegen der Zahlung von Berge- und Hilfslohn handelt, der für Bergungs- oder Hilfeleistungsarbeiten gefordert wird, die zugunsten einer Ladung oder einer Frachtforderung erbracht worden sind, vor dem Gericht, in dessen Zuständigkeitsbereich diese Ladung oder die entsprechende Frachtforderung
a) mit Arrest belegt worden ist, um die Zahlung zu gewährleisten, oder
b) mit Arrest hätte belegt werden können, jedoch dafür eine Bürgschaft oder eine andere Sicherheit geleistet worden ist;
diese Vorschrift ist nur anzuwenden, wenn behauptet wird, daß der Beklagte Rechte an der Ladung oder an der Frachtforderung hat oder zur Zeit der Bergungs- oder Hilfeleistungsarbeiten hatte.
Artikel 6
Eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann auch verklagt werden,
1. wenn mehrere Personen zusammen verklagt werden, vor dem Gericht, in dessen Bezirk einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat;
2. wenn es sich um eine Klage auf Gewährleistung oder um eine Interventionsklage handelt, vor dem Gericht des Hauptprozesses, es sei denn, daß diese Klage nur erhoben worden ist, um diese Person dem für sie zuständigen Gericht zu entziehen;
3. wenn es sich um eine Widerklage handelt, die auf denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klage selbst gestützt wird, vor dem Gericht, bei dem die Klage selbst anhängig ist;
4. wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden und die Klage mit einer Klage wegen dinglicher Rechte an unbeweglichen Sachen gegen denselben Beklagten verbunden werden kann, vor dem Gericht des Vertragsstaats, in dem die unbewegliche Sache belegen ist.
Artikel 6a
Ist ein Gericht eines Vertragsstaats nach diesem Übereinkommen zur Entscheidung in Verfahren wegen einer Haftpflicht auf Grund der Verwendung oder des Betriebs eines Schiffes zuständig, so entscheidet dieses oder ein anderes, an seiner Stelle durch das Recht dieses Staates bestimmtes Gericht auch über Klagen auf Beschränkung dieser Haftung.
3. ABSCHNITT
Zuständigkeit für Versicherungssachen
Artikel 7
Für Klagen in Versicherungssachen bestimmt sich die Zuständigkeit vorbehaltlich des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5 nach diesem Abschnitt.
Artikel 8
Der Versicherer, der seinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann verklagt werden
1. vor den Gerichten des Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat,
2. in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Bezirks, in dem der Versicherungsnehmer seinen Wohnsitz hat, oder
3. falls es sich um einen Mitversicherer handelt, vor dem Gericht eines Vertragsstaats, bei dem der federführende Versicherer verklagt wird.
Hat ein Versicherer in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats keinen Wohnsitz, besitzt er aber in einem Vertragsstaat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung, so wird er für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet dieses Staates hätte.
Artikel 9
Bei der Haftpflichtversicherung oder bei der Versicherung von unbeweglichen Sachen kann der Versicherer außerdem vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, verklagt werden. Das gleiche gilt, wenn sowohl bewegliche als auch unbewegliche Sachen in ein und demselben Versicherungsvertrag versichert und von demselben Schadensfall betroffen sind.
Artikel 10
Bei der Haftpflichtversicherung kann der Versicherer auch vor das Gericht, bei dem die Klage des Geschädigten gegen den Versicherten anhängig ist, geladen werden, sofern dies nach dem Recht des angerufenen Gerichts zulässig ist.
Auf eine Klage, die der Verletzte unmittelbar gegen den Versicherer erhebt, sind die Artikel 7 bis 9 anzuwenden, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist.
Sieht das für die unmittelbare Klage maßgebliche Recht die Streitverkündung gegen den Versicherungsnehmer oder den Versicherten vor, so ist dasselbe Gericht auch für diese Personen zuständig.
Artikel 11
Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 10 Absatz 3 kann der Versicherer nur vor den Gerichten des Vertragsstaats klagen, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Versicherungsnehmer, Versicherter oder Begünstigter ist.
Die Vorschriften dieses Abschnitts lassen das Recht unberührt, eine Widerklage vor dem Gericht zu erheben, bei dem die Klage selbst gemäß den Bestimmungen dieses Abschnitts anhängig ist.
Artikel 12
Von den Vorschriften dieses Abschnitts kann im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden,
1. wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird,
2. wenn sie dem Versicherungsnehmer, Versicherten oder Begünstigten die Befugnis einräumt, andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen,
3. wenn sie zwischen einem Versicherungsnehmer und einem Versicherer, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Vertragsstaat haben, getroffen ist, um die Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates auch für den Fall zu begründen, daß das schädigende Ereignis im Ausland eingetreten ist, es sei denn, daß eine solche Vereinbarung nach dem Recht dieses Staates nicht zulässig ist,
4. wenn sie von einem Versicherungsnehmer abgeschlossen ist, der seinen Wohnsitz nicht in einem Vertragsstaat hat, ausgenommen soweit sie eine Versicherung, zu deren Abschluß eine gesetzliche Verpflichtung besteht, oder die Versicherung von unbeweglichen Sachen in einem Vertragsstaat betrifft, oder
5. wenn sie einen Versicherungsvertrag betrifft, soweit dieser eines oder mehrere der in Artikel 12a aufgeführten Risiken deckt.
Artikel 12a
Die in Artikel 12 Nummer 5 erwähnten Risiken sind die folgenden:
1. sämtliche Schäden
a) an Seeschiffen, Anlagen vor der Küste und auf hoher See oder Luftfahrzeugen aus Gefahren, die mit ihrer Verwendung zu gewerblichen Zwecken verbunden sind,
b) an Transportgütern, ausgenommen Reisegepäck der Passagiere, wenn diese Güter ausschließlich oder zum Teil mit diesen Schiffen oder Luftfahrzeugen befördert werden;
2. Haftpflicht aller Art, mit Ausnahme der Haftung für Personenschäden an Passagieren oder Schäden an deren Reisegepäck,
a) aus der Verwendung oder dem Betrieb von Seeschiffen, Anlagen oder Luftfahrzeugen gemäß Nummer 1 Buchstabe a, es sei denn, daß nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaats, in dem das Luftfahrzeug eingetragen ist, Gerichtsstandsvereinbarungen für die Versicherung solcher Risiken untersagt sind,
b) für Schäden, die durch Transportgüter während einer Beförderung im Sinne der Nummer 1 Buchstabe b verursacht werden;
3. finanzielle Verluste im Zusammenhang mit der Verwendung oder dem Betrieb von Seeschiffen, Anlagen oder Luftfahrzeugen gemäß Nummer 1 Buchstabe a, insbesondere Fracht- oder Charterverlust;
4. irgendein zusätzliches Risiko, das mit einem der unter den Nummern 1 bis 3 genannten Risiken in Zusammenhang steht.
4. ABSCHNITT
Zuständigkeit für Verbrauchersachen
Artikel 13
Für Klagen aus einem Vertrag, den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann, bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5 nach diesem Abschnitt,
1. wenn es sich um den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung handelt,
2. wenn es sich um ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen oder ein anderes Kreditgeschäft handelt, das zur Finanzierung eines Kaufs derartiger Sachen bestimmt ist, oder
3. für andere Verträge, wenn sie die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, sofern
a) dem Vertragsabschluß in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und
b) der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluß des Vertrags erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat.
Hat der Vertragspartner des Verbrauchers in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats keinen Wohnsitz, besitzt er aber in einem Vertragsstaat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung, so wird er für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet dieses Staates hätte.
Dieser Abschnitt ist nicht auf Beförderungsverträge anzuwenden.
Artikel 14
Die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner kann entweder vor den Gerichten des Vertragsstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder vor den Gerichten des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.
Die Klage des anderen Vertragspartners gegen den Verbraucher kann nur vor den Gerichten des Vertragsstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.
Diese Vorschriften lassen das Recht unberührt, eine Widerklage vor dem Gericht zu erheben, bei dem die Klage selbst gemäß den Bestimmungen dieses Abschnitts anhängig ist.
Artikel 15
Von den Vorschriften dieses Abschnitts kann im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden,
1. wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird,
2. wenn sie dem Verbraucher die Befugnis einräumt, andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen, oder
3. wenn sie zwischen einem Verbraucher und seinem Vertragspartner getroffen ist, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Vertragsstaat haben, und die Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates begründet, es sei denn, daß eine solche Vereinbarung nach dem Recht dieses Staates nicht zulässig ist.
5. ABSCHNITT
Ausschließliche Zuständigkeiten
Artikel 16
Ohne Rücksicht auf den Wohnsitz sind ausschließlich zuständig
1. a) für Klagen, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dem die unbewegliche Sache belegen ist;
b) für Klagen betreffend die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen zum vorübergehenden privaten Gebrauch für höchstens sechs aufeinanderfolgende Monate sind jedoch auch die Gerichte des Vertragsstaats zuständig, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, sofern es sich bei dem Mieter oder Pächter um eine natürliche Person handelt und weder die eine noch die andere Partei ihren Wohnsitz in dem Vertragsstaat hat, in dem die unbewegliche Sache belegen ist;
2. für Klagen, welche die Gültigkeit, die Nichtigkeit oder die Auflösung einer Gesellschaft oder juristischen Person oder der Beschlüsse ihrer Organe zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Gesellschaft oder juristische Person ihren Sitz hat;
3. für Klagen, welche die Gültigkeit von Eintragungen in öffentliche Register zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Register geführt werden;
4. für Klagen, welche die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten, Warenzeichen, Mustern und Modellen sowie ähnlicher Rechte, die einer Hinterlegung oder Registrierung bedürfen, zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung beantragt oder vorgenommen worden ist oder auf Grund eines zwischenstaatlichen Übereinkommens als vorgenommen gilt;
5. für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist.
6. ABSCHNITT
Vereinbarung über die Zuständigkeit
Artikel 17
(1) Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, vereinbart, daß ein Gericht oder die Gerichte eines Vertragsstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Staates ausschließlich zuständig. Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung muß geschlossen werden
a) schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung,
b) in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder
c) im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mußten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.
Wenn eine solche Vereinbarung von Parteien geschlossen wurde, die beide ihren Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, so können die Gerichte der anderen Vertragsstaaten nicht entscheiden, es sei denn, das vereinbarte Gericht oder die vereinbarten Gerichte haben sich rechtskräftig für unzuständig erklärt.
(2) Ist in schriftlich niedergelegten „trust“-Bedingungen bestimmt, daß über Klagen gegen einen Begründer, „trustee“ oder Begünstigten eines „trust“ ein Gericht oder die Gerichte eines Vertragsstaats entscheiden sollen, so ist dieses Gericht oder sind diese Gerichte ausschließlich zuständig, wenn es sich um Beziehungen zwischen diesen Personen oder ihre Rechte oder Pflichten im Rahmen des „trust“ handelt.
(3) Gerichtsstandsvereinbarungen und entsprechende Bestimmungen in „trust“-Bedingungen haben keine rechtliche Wirkung, wenn sie den Vorschriften der Artikel 12 oder 15 zuwiderlaufen oder wenn die Gerichte, deren Zuständigkeit abbedungen wird, auf Grund des Artikels 16 ausschließlich zuständig sind.
(4) Ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zugunsten einer der Parteien getroffen worden, so behält diese das Recht, jedes andere Gericht anzurufen, das auf Grund dieses Übereinkommens zuständig ist.
(5) Bei individuellen Arbeitsverträgen haben Gerichtsstandsvereinbarungen nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen werden.
Artikel 18
Sofern das Gericht eines Vertragsstaats nicht bereits nach anderen Vorschriften dieses Übereinkommens zuständig ist, wird es zuständig, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einläßt. Dies gilt nicht, wenn der Beklagte sich nur einläßt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen, oder wenn ein anderes Gericht auf Grund des Artikels 16 ausschließlich zuständig ist.
7. ABSCHNITT
Prüfung der Zuständigkeit und der Zulässigkeit des Verfahrens
Artikel 19
Das Gericht eines Vertragsstaats hat sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn es wegen einer Streitigkeit angerufen wird, für die das Gericht eines anderen Vertragsstaats auf Grund des Artikels 16 ausschließlich zuständig ist.
Artikel 20
Läßt sich der Beklagte, der seinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat und der vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats verklagt wird, auf das Verfahren nicht ein, so hat sich das Gericht von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn seine Zuständigkeit nicht auf Grund der Bestimmungen dieses Übereinkommens begründet ist.
Das Gericht hat die Entscheidung so lange auszusetzen, bis festgestellt ist, daß es dem Beklagten möglich war, das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück so rechtzeitig zu empfangen, daß er sich verteidigen konnte, oder daß alle hierzu erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind.
An die Stelle des vorstehenden Absatzes tritt Artikel 15 des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen, wenn das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück gemäß dem erwähnten Übereinkommen zu übermitteln war.
8. ABSCHNITT
Rechtshängigkeit und im Zusammenhang stehende Verfahren
Artikel 21
Werden bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht, so setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht.
Sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, erklärt sich das später angerufene Gericht zugunsten dieses Gerichts für unzuständig.
Artikel 22
Werden bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten Klagen, die im Zusammenhang stehen, erhoben, so kann das später angerufene Gericht das Verfahren aussetzen, solange beide Klagen im ersten Rechtszug anhängig sind.
Das später angerufene Gericht kann sich auf Antrag einer Partei auch für unzuständig erklären, wenn die Verbindung im Zusammenhang stehender Verfahren nach seinem Recht zulässig ist und das zuerst angerufene Gericht für beide Klagen zuständig ist.
Klagen stehen im Sinne dieses Artikels im Zusammenhang, wenn zwischen ihnen eine so enge Beziehung gegeben ist, daß eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, daß in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten.
Artikel 23
Ist für die Klage die ausschließliche Zuständigkeit mehrerer Gerichte gegeben, so hat sich das zuletzt angerufene Gericht zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären.
9. ABSCHNITT
Einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind
Artikel 24
Die in dem Recht eines Vertragsstaats vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, können bei den Gerichten dieses Staates auch dann beantragt werden, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen Vertragsstaats auf Grund dieses Übereinkommens zuständig ist.
TITEL III
ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG
Artikel 25
Unter „Entscheidung“ im Sinne dieses Übereinkommens ist jede von einem Gericht eines Vertragsstaats erlassene Entscheidung zu verstehen ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung wie Urteil, Beschluß oder Vollstreckungsbefehl, einschließlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses eines Urkundsbeamten.
1. ABSCHNITT
Anerkennung
Artikel 26
Die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen werden in den anderen Vertragsstaaten anerkannt, ohne daß es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.
Bildet die Frage, ob eine Entscheidung anzuerkennen ist, als solche den Gegenstand eines Streites, so kann jede Partei, welche die Anerkennung geltend macht, in dem Verfahren nach dem 2. und 3. Abschnitt dieses Titels die Feststellung beantragen, daß die Entscheidung anzuerkennen ist.
Wird die Anerkennung in einem Rechtsstreit vor dem Gericht eines Vertragsstaats, dessen Entscheidung von der Anerkennung abhängt, verlangt, so kann dieses Gericht über die Anerkennung entscheiden.
Artikel 27
Eine Entscheidung wird nicht anerkannt,
1. wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem sie geltend gemacht wird, widersprechen würde;
2. wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das dieses Verfahren einleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht ordnungsgemäß und nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich verteidigen konnte;
3. wenn die Entscheidung mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die zwischen denselben Parteien in dem Staat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ergangen ist;
4. wenn das Gericht des Ursprungsstaats bei seiner Entscheidung hinsichtlich einer Vorfrage, die den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung einer natürlichen Person, die ehelichen Güterstände oder das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts betrifft, sich in Widerspruch zu einer Vorschrift des internationalen Privatrechts des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, gesetzt hat, es sei denn, daß die Entscheidung nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn die Vorschriften des internationalen Privatrechts dieses Staates angewandt worden wären;
5. wenn die Entscheidung mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem Nichtvertragsstaat zwischen denselben Parteien in einem Rechtsstreit wegen desselben Anspruchs ergangen ist, sofern diese Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in dem Staat erfüllt, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird.
Artikel 28
Eine Entscheidung wird ferner nicht anerkannt, wenn die Vorschriften des 3., 4. und 5. Abschnitts des Titels II verletzt worden sind oder wenn ein Fall des Artikels 59 vorliegt.
Des weiteren kann die Anerkennung einer Entscheidung versagt werden, wenn ein Fall des Artikels 54b Absatz 3 bzw. des Artikels 57 Absatz 4 vorliegt.
Das Gericht oder die Behörde des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ist bei der Prüfung, ob eine der in den vorstehenden Absätzen angeführten Zuständigkeiten gegeben ist, an die tatsächlichen Feststellungen gebunden, auf Grund deren das Gericht des Ursprungsstaats seine Zuständigkeit angenommen hat.
Die Zuständigkeit der Gerichte des Ursprungsstaats darf, unbeschadet der Bestimmungen der Absätze 1 und 2, nicht nachgeprüft werden; die Vorschriften über die Zuständigkeit gehören nicht zur öffentlichen Ordnung im Sinne des Artikels 27 Nummer 1.
Artikel 29
Die ausländische Entscheidung darf keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden.
Artikel 30
Das Gericht eines Vertragsstaats, in dem die Anerkennung einer in einem anderen Vertragsstaat ergangenen Entscheidung geltend gemacht wird, kann das Verfahren aussetzen, wenn gegen die Entscheidung ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt worden ist.
Das Gericht eines Vertragsstaats, vor dem die Anerkennung einer in Irland oder im Vereinigten Königreich ergangenen Entscheidung geltend gemacht wird, kann das Verfahren aussetzen, wenn die Vollstreckung der Entscheidung im Ursprungsstaat wegen der Einlegung eines Rechtsbehelfs einstweilen eingestellt ist.
2. ABSCHNITT
Vollstreckung
Artikel 31
Die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, werden in einem anderen Vertragsstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden sind.
Im Vereinigten Königreich wird eine derartige Entscheidung jedoch in England und Wales, in Schottland oder in Nordirland vollstreckt, wenn sie auf Antrag eines Berechtigten zur Vollstreckung in dem betreffenden Teil des Vereinigten Königreichs registriert worden ist.
Artikel 32
(1) Der Antrag ist zu richten
– in Belgien an das „tribunal de première instance“ oder an die „rechtbank van eerste aanleg“;
– in Dänemark an das „byret“;
– in der Bundesrepublik Deutschland an den Vorsitzenden einer Kammer des Landgerichts;
– in Griechenland and das „mouomeleV prwtodikeio“;
– in Spanien an das „Juzgado de Primera Instancia“;
– in Frankreich an den Präsidenten des „tribunal de grande instance“;
– in Irland an den „High Court“;
– in Island an das „héraðsdómari“;
– in Italien an die „corte d’appello“;
– in Luxemburg an den Präsidenten des „tribunal d’arrondissement“;
– in den Niederlanden an den Präsidenten der „arrondissementsrechtbank“;
– in Norwegen an das „herredsrett“ oder das „byrett“ als „namsrett“;
– in Österreich an das Landesgericht bzw. das Kreisgericht;
– in Portugal an das „Tribunal Judicial de Círculo“;
– in der Schweiz:
a) für Entscheidungen, die zu einer Geldleistung verpflichten, an den Rechtsöffnungsrichter/juge de la mainlevée/giudice competente a pronunciare sul rigetto dell’opposizione im Rahmen des Rechtsöffnungsverfahrens nach den Artikeln 80 und 81 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs/loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite/legge federale sulla esecuzione e sul fallimento;
b) für Entscheidungen, die nicht auf Zahlung eines Geldbetrages lauten, an den zuständigen kantonalen Vollstreckungsrichter/juge cantonal d’exequatur compétent/giudice cantonale competente a pronunciare l’exequatur;
– in Finnland an das „ulosotonhaltija/överexekutor“;
– in Schweden an das „Svea hovrätt“;
– im Vereinigten Königreich:
a) in England und Wales an den „High Court of Justice“ oder für Entscheidungen in Unterhaltssachen an den „Magistrates Court“ über den „Secretary of State“;
b) in Schottland an den „Court of Session“ oder für Entscheidungen in Unterhaltssachen an den „Sheriff Court“ über den „Secretary of State“;
c) in Nordirland an den „High Court of Justice“ oder für Entscheidungen in Unterhaltssachen an den „Magistrates’ Court“ über den „Secretary of State“.
(2) Die örtliche Zuständigkeit wird durch den Wohnsitz des Schuldners bestimmt. Hat dieser keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.
Artikel 33
Für die Stellung des Antrags ist das Recht des Vollstreckungsstaats maßgebend.
Der Antragsteller hat im Bezirk des angerufenen Gerichts ein Wahldomizil zu begründen. Ist das Wahldomizil im Recht des Vollstreckungsstaats nicht vorgesehen, so hat der Antragsteller einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.
Dem Antrag sind die in den Artikeln 46 und 47 angeführten Urkunden beizufügen.
Artikel 34
Das mit dem Antrag befaßte Gericht erläßt seine Entscheidung unverzüglich, ohne daß der Schuldner in diesem Abschnitt des Verfahrens Gelegenheit erhält, eine Erklärung abzugeben.
Der Antrag kann nur aus einem der in den Artikeln 27 und 28 angeführten Gründe abgelehnt werden.
Die ausländische Entscheidung darf keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden.
Artikel 35
Die Entscheidung, die über den Antrag ergangen ist, teilt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dem Antragsteller unverzüglich in der Form mit, die das Recht des Vollstreckungsstaats vorsieht.
Artikel 36
Wird die Zwangsvollstreckung zugelassen, so kann der Schuldner gegen die Entscheidung innerhalb eines Monats nach ihrer Zustellung einen Rechtsbehelf einlegen.
Hat der Schuldner seinen Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat als dem, in dem die Entscheidung über die Zulassung der Zwangsvollstreckung ergangen ist, so beträgt die Frist für den Rechtsbehelf zwei Monate und beginnt von dem Tage an zu laufen, an dem die Entscheidung dem Schuldner entweder in Person oder in seiner Wohnung zugestellt worden ist. Eine Verlängerung dieser Frist wegen weiter Entfernung ist ausgeschlossen.
Artikel 37
(1) Der Rechtsbehelf wird nach den Vorschriften, die für das streitige Verfahren maßgebend sind, eingelegt
– in Belgien bei dem „tribunal de première instance“ oder der „rechtbank van eerste aanleg“;
– in Dänemark bei dem „landsret“;
– in der Bundesrepublik Deutschland bei dem Oberlandesgericht;
– in Griechenland bei dem „ejeteio“;
– in Spanien bei der „Audiencia Provincial“;
– in Frankreich bei der „cour d’appel“;
– in Irland bei dem „High Court“;
– in Island bei dem „héraðsdómari“;
– in Italien bei der „corte d’appello“;
– in Luxemburg bei der „Cour supérieure de Justice“ als Berufungsinstanz für Zivilsachen;
– in den Niederlanden bei der „arrondissementsrechtbank“;
– in Norwegen bei dem „lagmannsrett“;
– in Österreich bei dem Landesgericht bzw. dem Kreisgericht;
– in Portugal bei dem „Tribunal da Relação“;
– in der Schweiz bei dem Kantonsgericht/tribunal cantonal/tribunale cantonale;
– in Finnland bei dem „hovioikeus/hovrätt“;
– in Schweden bei dem „Svea hovrätt“;
– im Vereinigten Königreich:
a) in England und Wales bei dem „High Court of Justice“ oder für Entscheidungen in Unterhaltssachen bei dem „Magistrates’ Court“;
b) in Schottland bei dem „Court of Session“ oder für Entscheidungen in Unterhaltssachen bei dem „Sheriff Court“;
c) in Nordirland bei dem „High Court of Justice“ oder für Entscheidungen in Unterhaltssachen bei dem „Magistrates’ Court“.
(2) Gegen die Entscheidung, die über den Rechtsbehelf ergangen ist, finden nur statt
– in Belgien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden: die Kassationsbeschwerde;
– in Dänemark: ein Verfahren vor dem „højesteret“ mit Zustimmung des Justizministers;
– in der Bundesrepublik Deutschland: die Rechtsbeschwerde;
– in Irland: ein auf Rechtsfragen beschränkter Rechtsbehelf bei dem „Supreme Court“;
– in Island: ein Rechtsbehelf bei dem „Hæstiréttur“;
– in Norwegen: ein Rechtsbehelf (Kjaeremal oder anke) bei dem „Hoyesteretts Kjaeremalsutvalg“ oder dem „Hoyesterett“;
– in Österreich im Fall eines Rekursverfahrens der Revisionsrekurs und im Fall eines Widerspruchsverfahrens die Berufung mit der allfälligen Möglichkeit einer Revision;
– in Portugal: ein auf Rechtsfragen beschränkter Rechtsbehelf;
– in der Schweiz: die staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht/recours de droit public devant le tribunal fédéral/ricorso di diritto pubblico davanti al tribunale federale;
– in Finnland: ein Rechtsbehelf beim „korkein oikeus/högsta domstolen“;
– in Schweden: ein Rechtsbehelf beim „högsta domstolen“;
– im Vereinigten Königreich: ein einziger auf Rechtsfragen beschränkter Rechtsbehelf.
Artikel 38
Das mit dem Rechtsbehelf befaßte Gericht kann auf Antrag der Partei, die ihn eingelegt hat, das Verfahren aussetzen, wenn gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt oder die Frist für einen solchen Rechtsbehelf noch nicht verstrichen ist; in letzterem Fall kann das Gericht eine Frist bestimmen, innerhalb deren der Rechtsbehelf einzulegen ist.
Ist eine gerichtliche Entscheidung in Irland oder im Vereinigten Königreich erlassen worden, so gilt jeder in dem Ursprungsstaat statthafte Rechtsbehelf als ordentlicher Rechtsbehelf im Sinne von Absatz 1.
Das Gericht kann auch die Zwangsvollstreckung von der Leistung einer Sicherheit, die es bestimmt, abhängig machen.
Artikel 39
Solange die in Artikel 36 vorgesehene Frist für den Rechtsbehelf läuft und solange über den Rechtsbehelf nicht entschieden ist, darf die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht über Maßnahmen zur Sicherung hinausgehen.
Die Entscheidung, durch welche die Zwangsvollstreckung zugelassen wird, gibt die Befugnis, solche Maßnahmen zu veranlassen.
Artikel 40
(1) Wird der Antrag abgelehnt, so kann der Antragsteller einen Rechtsbehelf einlegen
– in Belgien bei der „cour d’appel“ oder dem „hof van beroep“;
– in Dänemark bei dem „landsret“;
– in der Bundesrepublik Deutschland bei dem Oberlandesgericht;
– in Griechenland bei dem „ejeteio“;
– in Spanien bei der „Audiencia Provencial“;
– in Frankreich bei der „cour d’appel“;
– in Irland bei dem „High Court“;
– in Island bei dem „héraðsdómari“;
– in Italien bei der „corte d’appello“;
– in Luxemburg bei der „Cour supérieure de Justice“ als Berufungsinstanz für Zivilsachen;
– in den Niederlanden bei dem „gerechtshof“;
– in Norwegen bei dem „lagmansrett“;
– in Österreich bei dem Landesgericht bzw. dem Kreisgericht;
– in Portugal bei dem „Tribunal da Relação“;
– in der Schweiz bei dem Kantonsgericht/tribunal cantonal/tribunale cantonale;
– in Finnland bei dem „hovioikeus/hovrätt“;
– in Schweden bei dem „Svea hovrätt“;
– im Vereinigten Königreich:
a) in England und Wales bei dem „High Court of Justice“ oder für Entscheidungen in Unterhaltssachen bei dem „Magistrates’ Court“;
b) in Schottland bei dem „Court of Session“ oder für Entscheidungen in Unterhaltssachen bei dem „Sheriff Court“;
c) in Nordirland bei dem „High Court of Justice“ oder für Entscheidungen in Unterhaltssachen bei dem „Magistrates’ Court“.
(2) Das mit dem Rechtsbehelf befaßte Gericht hat den Schuldner zu hören. Läßt dieser sich auf das Verfahren nicht ein, so ist Artikel 20 Absätze 2 und 3 auch dann anzuwenden, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz nicht in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat.
Artikel 41
Gegen die Entscheidung, die über den in Artikel 40 vorgesehenen Rechtsbehelf ergangen ist, finden nur statt
– in Belgien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden: die Kassationsbeschwerde;
– in Dänemark: ein Verfahren vor dem „højesteret“ mit Zustimmung des Justizministers;
– in der Bundesrepublik Deutschland: die Rechtsbeschwerde;
– in Irland: ein auf Rechtsfragen beschränkter Rechtsbehelf bei dem „Supreme Court“;
– in Island: ein Rechtsbehelf bei dem „Hæstiréttur“;
– in Norwegen: ein Rechtsbehelf (kjaeremal oder anke) bei dem „Hoyesteretts kjaeremalsutvalg“ oder dem ,,Hoyesterett“;
– in Österreich: der Revisionsrekurs;
– in Portugal: ein auf Rechtsfragen beschränkter Rechtsbehelf;
– in der Schweiz: die staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht/recours de droit public devant le tribunal fédéral/ricorso di diritto pubblico davanti al tribunale federale;
– in Finnland: ein Rechtsbehelf beim „korkein oikeus/högsta domstolen“;
– in Schweden: ein Rechtsbehelf beim „högsta domstolen“;
– im Vereinigten Königreich: ein einziger auf Rechtsfragen beschränkter Rechtsbehelf.
Artikel 42
Ist durch die ausländische Entscheidung über mehrere mit der Klage geltend gemachte Ansprüche erkannt und kann die Entscheidung nicht im vollen Umfang zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden, so läßt das Gericht sie für einen oder mehrere dieser Ansprüche zu.
Der Antragsteller kann beantragen, daß die Zwangsvollstreckung nur für einen Teil des Gegenstands der Verurteilung zugelassen wird.
Artikel 43
Ausländische Entscheidungen, die auf Zahlung eines Zwangsgelds lauten, sind in dem Vollstreckungsstaat nur vollstreckbar, wenn die Höhe des Zwangsgelds durch die Gerichte des Ursprungsstaats endgültig festgesetzt ist.
Artikel 44
Ist dem Antragsteller im Ursprungsstaat ganz oder teilweise Prozeßkostenhilfe oder Kosten- und Gebührenbefreiung gewährt worden, so genießt er in dem Verfahren nach den Artikeln 32 bis 35 hinsichtlich der Prozeßkostenhilfe und der Kosten- und Gebührenbefreiung die günstigste Behandlung, die das Recht des Vollstreckungsstaats vorsieht.
Der Antragsteller, welcher die Vollstreckung einer Entscheidung einer Verwaltungsbehörde begehrt, die in Dänemark oder in Island in Unterhaltssachen ergangen ist, kann im Vollstreckungsstaat Anspruch auf die in Absatz 1 genannten Vorteile erheben, wenn er eine Erklärung des dänischen oder des isländischen Justizministeriums darüber vorlegt, daß er die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die vollständige oder teilweise Bewilligung der Prozeßkostenhilfe oder für die Kosten der Gebührenbefreiung erfüllt.
Artikel 45
Der Partei, die in einem Vertragsstaat eine in einem anderen Vertragsstaat ergangene Entscheidung vollstrecken will, darf wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung es auch sei, nicht auferlegt werden.
3. ABSCHNITT
Gemeinsame Vorschriften
Artikel 46
Die Partei, welche die Anerkennung einer Entscheidung geltend macht oder die Zwangsvollstreckung betreiben will, hat vorzulegen
1. eine Ausfertigung der Entscheidung, welche die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt;
2. bei einer im Versäumnisverfahren ergangenen Entscheidung die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde, aus der sich ergibt, daß das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück der säumigen Partei zugestellt worden ist.
Artikel 47
Die Partei, welche die Zwangsvollstreckung betreiben will, hat ferner vorzulegen
1. die Urkunden, aus denen sich ergibt, daß die Entscheidung nach dem Recht des Ursprungsstaats vollstreckbar ist und daß sie zugestellt worden ist;
2. gegebenenfalls eine Urkunde, durch die nachgewiesen wird, daß der Antragsteller Prozeßkostenhilfe im Ursprungsstaat erhält.
Artikel 48
Werden die in Artikel 46 Nummer 2 und in Artikel 47 Nummer 2 angeführten Urkunden nicht vorgelegt, so kann das Gericht eine Frist bestimmen, innerhalb deren die Urkunden vorzulegen sind, oder sich mit gleichwertigen Urkunden begnügen oder von der Vorlage der Urkunden befreien, wenn es eine weitere Klärung nicht für erforderlich hält.
Auf verlangen des Gerichts ist eine Übersetzung der Urkunden vorzulegen; die Übersetzung ist von einer hierzu in einem der Vertragsstaaten befugten Person zu beglaubigen.
Artikel 49
Die in den Artikeln 46, 47 und in Artikel 48 Absatz 2 angeführten Urkunden sowie die Urkunde über die Prozeßvollmacht, falls eine solche erteilt wird, bedürfen weder der Legalisation noch einer ähnlichen Förmlichkeit.
TITEL IV
ÖFFENTLICHE URKUNDEN UND PROZESSVERGLEICHE
Artikel 50
Öffentliche Urkunden, die in einem Vertragsstaat aufgenommen und vollstreckbar sind, werden in einem anderen Vertragsstaat auf Antrag in den Verfahren nach den Artikeln 31 ff. für vollstreckbar erklärt. Der Antrag kann nur abgelehnt werden, wenn die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaats widersprechen würde.
Die vorgelegte Urkunde muß die Voraussetzungen für ihre Beweiskraft erfüllen, die in dem Staat, in dem sie aufgenommen wurde, erforderlich sind.
Die Vorschriften des 3. Abschnitts des Titels III sind sinngemäß anzuwenden.
Artikel 51
Vergleiche, die vor einem Richter im Laufe eines Verfahrens abgeschlossen und in dem Staat, in dem sie errichtet wurden, vollstreckbar sind, werden in dem Vollstreckungsstaat unter denselben Bedingungen wie öffentliche Urkunden vollstreckt.
TITEL V
ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN
Artikel 52
Ist zu entscheiden, ob eine Partei im Hoheitsgebiet des Vertragsstaats, dessen Gerichte angerufen sind, einen Wohnsitz hat, so wendet das Gericht sein Recht an.
Hat eine Partei keinen Wohnsitz in dem Staat, dessen Gerichte angerufen sind, so wendet das Gericht, wenn es zu entscheiden hat, ob die Partei einen Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat hat, daß Recht dieses Staates an.
Artikel 53
Der Sitz von Gesellschaften und juristischen Personen steht für die Anwendung dieses Übereinkommens dem Wohnsitz gleich. Jedoch hat das Gericht bei der Entscheidung darüber, wo der Sitz sich befindet, die Vorschriften seines internationalen Privatrechts anzuwenden.
Um zu bestimmen, ob ein „trust“ seinen Sitz in dem Vertragsstaat hat, bei dessen Gerichten die Klage anhängig ist, wendet das Gericht sein internationales Privatrecht an.
TITEL VI
ÜBERGANGSVORSCHRIFTEN
Artikel 54
Die Vorschriften dieses Übereinkommens sind nur auf solche Klagen und öffentlichen Urkunden anzuwenden, die erhoben oder aufgenommen worden sind, nachdem dieses Übereinkommen im Ursprungsstaat und, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung oder Urkunde geltend gemacht wird, im ersuchten Staat in Kraft getreten ist.
Entscheidungen, die nach dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens zwischen dem Ursprungsstaat und dem ersuchten Staat auf Grund einer vor diesem Inkrafttreten erhobenen Klage ergangen sind, werden nach Maßgabe des Titels III anerkannt und zur Zwangsvollstreckung zugelassen, vorausgesetzt, daß das Gericht auf Grund von Vorschriften zuständig war, die mit den Zuständigkeitsvorschriften des Titels II oder eines Abkommens übereinstimmen, das im Zeitpunkt der Klageerhebung zwischen dem Ursprungsstaat und dem Staat, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, in Kraft war.
Ist zwischen den Parteien eines Rechtsstreits über einen Vertrag bereits vor Inkrafttreten dieses Übereinkommens eine schriftliche Vereinbarung getroffen worden, auf diesen Vertrag die Rechtsvorschriften Irlands oder eines Teils des Vereinigten Königreichs anzuwenden, so sind die Gerichte in Irland oder in diesem Teil des Vereinigten Königreichs weiterhin befugt, über diesen Streitfall zu entscheiden.
Artikel 54a
Während einer Zeit von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens bestimmt sich für Dänemark, Griechenland, Irland, Island, Norwegen, Finnland und Schweden die Zuständigkeit in Seerechtssachen in jedem dieser Staaten neben den Vorschriften des Titels II auch nach den in den folgenden Nummern 1 bis 7 aufgeführten Vorschriften. Diese Vorschriften werden von dem Zeitpunkt an in diesen Staaten nicht mehr angewandt, zu dem für diese Staaten das in Brüssel am 10. Mai 1952 unterzeichnete Internationale Übereinkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über den Arrest in Seeschiffen in Kraft tritt.
1. Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann vor den Gerichten eines der oben genannten Staaten wegen einer Seeforderung verklagt werden, wenn das Schiff, auf welches sich die Seeforderung bezieht, oder ein anderes Schiff im Eigentum dieser Person in einem gerichtsförmlichen Verfahren innerhalb des Hoheitsgebiets des letzteren Staates zur Sicherung der Forderung mit Arrest belegt worden ist oder dort mit Arrest hätte belegt werden können, jedoch dafür eine Bürgschaft oder eine andere Sicherheit geleistet worden ist,
a) wenn der Gläubiger seinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet dieses Staates hat;
b) wenn die Seeforderung in diesem Staat entstanden ist;
c) wenn die Seeforderung im Verlauf der Reise entstanden ist, während deren der Arrest vollzogen worden ist oder hätte vollzogen werden können;
d) wenn die Seeforderung auf einem Zusammenstoß oder auf einem Schaden beruht, den ein Schiff einem anderen Schiff oder Gütern oder Personen an Bord eines der Schiffe entweder durch die Ausführung oder Nichtausführung eines Manövers oder durch die Nichtbeachtung von Vorschriften zugefügt hat;
e) wenn die Seeforderung auf Hilfeleistung oder Bergung beruht oder
f) wenn die Seeforderung durch eine Schiffshypothek oder ein sonstiges vertragliches Pfandrecht an dem Schiff gesichert ist, das mit Arrest belegt wurde.
2. Ein Gläubiger kann sowohl das Schiff, auf das sich die Seeforderung bezieht, als auch jedes andere Schiff, das demjenigen gehört, der im Zeitpunkt des Entstehens der Seeforderung Eigentümer jenes Schiffes war, mit Arrest belegen lassen. Jedoch kann nur das Schiff, auf das sich die Seeforderung bezieht, wegen einer der in Nummer 5, Buchstaben o, p oder q aufgeführten Ansprüche und Rechte mit Arrest belegt werden.
3. Schiffe gelten als demselben Eigentümer gehörend, wenn alle Eigentumsanteile derselben Person oder denselben Personen zustehen.
4. Ist bei der Überlassung des Gebrauchs eines Schiffes die Schiffsführung dem Ausrüster unterstellt und schuldet dieser allein eine dieses Schiff betreffende Seeforderung, so kann der Gläubiger dieses Schiff oder jedes andere dem Ausrüster gehörende Schiff mit Arrest belegen lassen; jedoch kann kein anderes Schiff des Schiffseigners auf Grund derselben Seeforderung mit Arrest belegt werden. Entsprechendes gilt in allen Fällen, in denen eine andere Person als der Schiffseigner Schuldner einer Seeforderung ist.
5. „Seeforderung“ bezeichnet ein Recht oder einen Anspruch, die aus einem oder mehreren der folgenden Entstehungsgründe geltend gemacht werden:
a) Schäden, die durch ein Schiff durch Zusammenstoß oder in anderer Weise verursacht sind;
b) Tod oder Gesundheitsschäden, die durch ein Schiff verursacht sind oder die auf den Betrieb eines Schiffes zurückgehen;
c) Bergung und Hilfeleistung;
d) nach Maßgabe einer Chartepartie oder auf andere Weise abgeschlossene Nutzungs- oder Mietverträge über ein Schiff;
e) nach Maßgabe einer Chartepartie oder eines Konnossements oder auf andere Weise abgeschlossene Verträge über die Beförderung von Gütern mit einem Schiff;
f) Verlust oder Beschädigung von zu Schiff beförderten Gütern einschließlich des Gepäcks;
g) große Haverei;
h) Bodmerei;
i) Schleppdienste;
j) Lotsendienste;
k) Lieferung von Gütern oder Ausrüstungsgegenständen an ein Schiff, gleichviel an welchem Ort, im Hinblick auf seinen Einsatz oder seine Instandhaltung;
l) Bau, Reparatur oder Ausrüstung eines Schiffes sowie Hafenabgaben;
m) Gehalt oder Heuer der Kapitäne, Schiffsoffiziere und Besatzungsmitglieder;
n) Auslagen des Kapitäns und der Ablader, Befrachter und Beauftragten für Rechnung des Schiffes oder seines Eigentümers;
o) Streitigkeiten über das Eigentum an einem Schiff;
p) Streitigkeiten zwischen Miteigentümern eines Schiffes über das Eigentum, den Besitz, den Einsatz oder die Erträgnisse dieses Schiffes;
q) Schiffshypotheken und sonstige vertragliche Pfandrechte an einem Schiff.
6. In Dänemark ist als „Arrest“ für die in Nummer 5 Buchstaben o und p genannten Seeforderungen der „forbud“ anzusehen, soweit hinsichtlich einer solchen Seeforderung nur ein „forbud“ nach den §§ 646 bis 653 der Zivilprozeßordnung (lov om rettens pleje) zulässig ist.
7. In Island ist als „Arrest“ für die in Nummer 5 Buchstaben o und p genannten Seeforderungen der „lögbann“ anzusehen, soweit hinsichtlich einer solchen Seeforderung nur ein „lögbann“ nach Kapitel III des Gesetzes über Arrest und gerichtliche Verfügungen (lög um kyrrsetningu og lögbann) zulässig ist.
TITEL VII
VERHÄLTNIS ZUM BRÜSSELER ÜBEREINKOMMEN UND ZU ANDEREN ABKOMMEN
Artikel 54b
(1) Dieses Übereinkommen läßt die Anwendung des am 27. September 1968 in Brüssel unterzeichneten Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und des am 3. Juni 1971 in Luxemburg unterzeichneten Protokolls über die Auslegung des genannten Übereinkommens durch den Gerichtshof in der Fassung der Übereinkommen, mit denen die neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften jenem Übereinkommen und dessen Protokoll beigetreten sind, durch die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften unberührt. Das genannte Übereinkommen und dessen Protokoll zusammen werden nachstehend als „Brüsseler Übereinkommen“ bezeichnet.
(2) Dieses Übereinkommen wird jedoch in jedem Fall angewandt
a) in Fragen der gerichtlichen Zuständigkeit, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, der nicht Mitglied der Europäischen Gemeinschaften ist, oder wenn die Gerichte eines solchen Vertragsstaates nach den Artikeln 16 oder 17 zuständig sind;
b) bei Rechtshängigkeit oder im Zusammenhang stehenden Verfahren im Sinne der Artikel 21 und 22, wenn Verfahren in einem den Europäischen Gemeinschaften nicht angehörenden und in einem den Europäischen Gemeinschaften angehörenden Vertragsstaat anhängig gemacht werden;
c) in Fragen der Anerkennung und Vollstreckung, wenn entweder der Ursprungsstaat oder der ersuchte Staat nicht Mitglied der Europäischen Gemeinschaften ist.
(3) Außer aus den in Titel III vorgesehenen Gründen kann die Anerkennung oder Vollstreckung versagt werden, wenn sich der der Entscheidung zugrundeliegende Zuständigkeitsgrund von demjenigen unterscheidet, der sich aus diesem Übereinkommen ergibt, und wenn die Anerkennung oder Vollstreckung gegen eine Partei geltend gemacht wird, die ihren Wohnsitz in einem nicht den Europäischen Gemeinschaften angehörenden Vertragsstaat hat, es sei denn, daß die Entscheidung anderweitig nach dem Recht des ersuchten Staates anerkannt oder vollstreckt werden kann.
Artikel 55
Dieses Übereinkommen ersetzt unbeschadet der Vorschriften des Artikels 54 Absatz 2 und des Artikels 56 die nachstehenden zwischen zwei oder mehr Vertragsstaaten geschlossenen Abkommen:
– das am 15. Juni 1869 in Paris unterzeichnete französisch-schweizerische Abkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Urteile in Zivilsachen;
– den am 19. November 1896 in Madrid unterzeichneten spanisch-schweizerischen Vertrag über die gegenseitige Vollstreckung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen;
– das am 2. November 1929 in Bern unterzeichnete deutsch-schweizerische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen;
– das am 16. März 1932 in Kopenhagen unterzeichnete Übereinkommen zwischen Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen;
– das am 3. Jänner 1933 in Rom unterzeichnete italienisch-schweizerische Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen;
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2 |
– das am 15. Jänner 1936 in Stockholm unterzeichnete schwedisch-schweizerische Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen;
– das am 25. Oktober 1957 in Wien unterzeichnete belgisch-österreichische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und öffentlichen Urkunden betreffend Unterhaltsverpflichtungen;
– das am 29. April 1959 in Bern unterzeichnete belgisch-schweizerische Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen;
– den am 6. Juni 1959 in Wien unterzeichneten deutsch-österreichischen Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen;
– das am 16. Juni 1959 in Wien unterzeichnete belgisch-österreichische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechtes;
– den am 16. Dezember 1960 in Bern unterzeichneten österreichisch-schweizerischen Vertrag über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen;
– das am 12. Juni 1961 in London unterzeichnete britisch-norwegische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen;
– den am 14. Juli 1961 in Wien unterzeichneten britisch-österreichischen Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und das am 6. März 1970 in London unterzeichnete Protokoll zur Abänderung dieses Vertrags;
– das am 6. Februar 1963 in Den Haag unterzeichnete niederländisch-österreichische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und öffentlichen Urkunden auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechts;
– das am 15. Juli 1966 in Wien unterzeichnete französisch-österreichische Abkommen über die Anerkennung und die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und öffentlichen Urkunden auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrecht;
– das am 29. Juli 1971 in Luxemburg unterzeichnete luxemburgisch-österreichische Abkommen über die Anerkennung und die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und öffentlichen Urkunden auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechtes;
– das am 16. November 1971 in Rom unterzeichnete italienisch-österreichische Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, von gerichtlichen Vergleichen und von Notariatsakten;
– den am 17. Juni 1977 in Oslo unterzeichneten deutsch-norwegischen Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen;
– das am 11. Oktober 1977 in Kopenhagen unterzeichnete Übereinkommen zwischen Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen;
– das am 16. September 1982 in Stockholm unterzeichnete österreichisch-schwedische Abkommen über die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilsachen;
– das am 17. Februar 1984 in Wien unterzeichnete österreichisch-spanische Abkommen über die Anerkennung und die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und vollstreckbaren öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen;
– das am 21. Mai 1984 in Wien unterzeichnete norwegisch-österreichische Abkommen über die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilsachen; und
– das am 17. November 1986 in Wien unterzeichnete finnisch-österreichische Abkommen über die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilsachen.
Artikel 56
Die in Artikel 55 angeführten Abkommen und Verträge behalten ihre Wirksamkeit für die Rechtsgebiete, auf die dieses Übereinkommen nicht anzuwenden ist.
Sie bleiben auch weiterhin für die Entscheidungen und die öffentlichen Urkunden wirksam, die vor Inkrafttreten dieses Übereinkommens ergangen oder aufgenommen sind.
Artikel 57
(1) Dieses Übereinkommen läßt Übereinkommen unberührt, denen die Vertragsstaaten angehören oder angehören werden und die für besondere Rechtsgebiete die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung oder die Vollstreckung von Entscheidungen regeln.
(2) Dieses Übereinkommen schließt nicht aus, daß ein Gericht eines Vertragsstaats, der Vertragspartei eines Übereinkommens nach Absatz 1 ist, seine Zuständigkeit auf ein solches Übereinkommen stützt, und zwar auch dann, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, der nicht Vertragspartei eines solchen Übereinkommens ist. In jedem Fall wendet dieses Gericht Artikel 20 an.
(3) Entscheidungen, die in einem Vertragsstaat von einem Gericht erlassen worden sind, das seine Zuständigkeit auf ein in Absatz 1 bezeichnetes Übereinkommen gestützt hat, werden in den anderen Vertragsstaaten nach Titel III anerkannt und vollstreckt.
(4) Außer aus den in Titel III vorgesehenen Gründen kann die Anerkennung oder Vollstreckung versagt werden, wenn der ersuchte Staat nicht Vertragspartei eines in Absatz 1 bezeichneten Übereinkommens ist und wenn die Person, gegen die die Anerkennung oder Vollstreckung geltend gemacht wird, ihren Wohnsitz in diesem Staat hat, es sei denn, daß die Entscheidung nach einer anderen Rechtsvorschrift des ersuchten Staates anerkannt oder vollstreckt werden kann.
(5) Sind der Ursprungsstaat und der ersuchte Staat Vertragsparteien eines in Absatz 1 bezeichneten Übereinkommens, welches die Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen regelt, so gelten diese Voraussetzungen. In jedem Fall können die Bestimmungen des vorliegenden Übereinkommens über das Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen angewandt werden.
Artikel 58
Gegenstandslos.
Artikel 59
Dieses Übereinkommen hindert einen Vertragsstaat nicht, sich gegenüber einem dritten Staat im Rahmen eines Abkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen zu verpflichten, Entscheidungen der Gerichte eines anderen Vertragsstaats gegen Beklagte, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem Hoheitsgebiet des dritten Staates haben, nicht anzuerkennen, wenn die Entscheidungen in den Fällen des Artikels 4 nur in einem der in Artikel 3 Absatz 2 angeführten Gerichtsstände ergehen können.
Kein Vertragsstaat kann sich jedoch gegenüber einem dritten Staat verpflichten, eine Entscheidung nicht anzuerkennen, die in einem anderen Vertragsstaat durch ein Gericht gefällt wurde, dessen Zuständigkeit auf das Vorhandensein von Vermögenswerten des Beklagten in diesem Staat oder die Beschlagnahme von dort vorhandenem Vermögen durch den Kläger gegründet ist,
1. wenn die Klage erhoben wird, um Eigentums- oder Inhaberrechte hinsichtlich dieses Vermögens festzustellen oder anzumelden oder um Verfügungsgewalt darüber zu erhalten, oder wenn die Klage sich aus einer anderen Streitsache im Zusammenhang mit diesem Vermögen ergibt, oder
2. wenn das Vermögen die Sicherheit für einen Anspruch darstellt, der Gegenstand des Verfahrens ist.
TITEL VIII
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 60
Vertragsparteien dieses Übereinkommens können sein
a) die Staaten, die in dem Zeitpunkt, zu dem das Übereinkommen zur Unterzeichnung aufgelegt wird, Mitglieder der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind;
b) die Staaten, die nach diesem Zeitpunkt Mitglieder der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Freihandelsassoziation werden;
c) die Staaten, die nach Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe b zum Beitritt eingeladen werden.
Artikel 61
(1) Dieses Übereinkommen liegt für die Staaten, die Mitglieder der Europäischen Gemeinschaften oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, zur Unterzeichnung auf.
(2) Das Übereinkommen bedarf der Ratifikation durch die Unterzeichnerstaaten. Die Ratifikationsurkunden werden beim Schweizerischen Bundesrat hinterlegt.
(3) Das Übereinkommen tritt am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf den Tag folgt, an dem zwei Staaten, von denen einer Mitglied der Europäischen Gemeinschaften und der andere Mitglied der Europäischen Freihandelsassoziation ist, ihre Ratifikationsurkunden hinterlegt haben.
(4) Für jeden anderen Unterzeichnerstaat tritt das Übereinkommen am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf die Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde folgt.
Artikel 62
(1) Dem Übereinkommen können nach seinem Inkrafttreten beitreten
a) die in Artikel 60 Buchstabe b bezeichneten Staaten,
b) andere Staaten, die auf ein an den Depositarstaat gerichtetes Ersuchen eines Vertragsstaates hin zum Beitritt eingeladen worden sind. Der Depositarstaat lädt den betreffenden Staat zum Beitritt nur ein, wenn ihm nach Übermittlung des Inhalts der Mitteilungen, die der betreffende Staat nach Artikel 63 zu machen beabsichtigt, die Zustimmung aller Unterzeichnerstaaten sowie aller in Artikel 60 Buchstaben a und b bezeichneten Vertragsstaaten vorliegt.
(2) Wünscht ein beitretender Staat Erklärungen im Sinne des Protokolls Nr. 1 abzugeben, so werden zu diesem Zweck Verhandlungen aufgenommen. Eine Verhandlungskonferenz wird durch den Schweizerischen Bundesrat einberufen.
(3) Für jeden beitretenden Staat tritt das Übereinkommen am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf die Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde folgt.
(4) Für einen in Absatz 1 Buchstaben a oder b bezeichneten Staat tritt das Übereinkommen jedoch nur im Verhältnis zu den Vertragsstaaten in Kraft, die vor dem ersten Tag des dritten Monats, der auf die Hinterlegung der Beitrittsurkunde folgt, keine Einwände gegen den Beitritt erhoben haben.
Artikel 63
Jeder beitretende Staat hat bei der Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde die für die Anwendung der Artikel 3, 32, 37, 40, 41 und 55 dieses Übereinkommens erforderlichen Mitteilungen zu machen und gegebenenfalls die bei den Verhandlungen über das Protokoll Nr. 1 festgelegten Erklärungen abzugeben.
Artikel 64
(1) Dieses Übereinkommen wird zunächst für die Dauer von fünf Jahren geschlossen, gerechnet von seinem Inkrafttreten nach Artikel 61 Absatz 3; dies gilt auch für die Staaten, die das Übereinkommen später ratifizieren oder ihm später beitreten.
(2) Nach Ablauf des anfänglichen Zeitraums von fünf Jahren verlängert sich das Übereinkommen stillschweigend um jeweils ein Jahr.
(3) Nach Ablauf des anfänglichen Zeitraums von fünf Jahren kann jeder Vertragsstaat das Übereinkommen jederzeit durch eine an den Schweizerischen Bundesrat gerichtete Notifikation kündigen.
(4) Die Kündigung wird am Ende des Kalenderjahres wirksam, das auf einen Zeitraum von sechs Monaten folgt, gerechnet vom Eingang ihrer Notifikation beim Schweizerischen Bundesrat.
Artikel 65
Diesem Übereinkommen sind beigefügt:
– ein Protokoll Nr. 1 über bestimmte Zuständigkeits-, Verfahrens- und Vollstreckungsfragen;
– ein Protokoll Nr. 2 über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens;
– ein Protokoll Nr. 3 über die Anwendung von Artikel 57.
Diese Protokolle sind Bestandteil des Übereinkommens.
Artikel 66
Jeder Vertragsstaat kann eine Revision dieses Übereinkommens beantragen. Zu diesem Zweck beruft der Schweizerischen Bundesrat innerhalb von sechs Monaten nach Beantragung der Revision eine Revisionskonferenz ein.
Artikel 67
Der Schweizerische Bundesrat notifiziert den Staaten, die auf der diplomatischen Konferenz von Lugano vertreten waren, und den Staaten, die dem Übereinkommen später beigetreten sind,
a) die Hinterlegung jeder Ratifikation- oder Beitrittsurkunde;
b) den Tag, an dem dieses Übereinkommen für die Vertragsstaaten in Kraft tritt;
c) die nach Artikel 64 eingegangenen Kündigungen;
d) die nach Artikel Ia des Protokolls Nr. 1 eingegangenen Erklärungen;
e) die nach Artikel Ib des Protokolls Nr. 1 eingegangenen Erklärungen;
f) die nach Artikel IV des Protokolls Nr. 1 eingegangenen Erklärungen;
g) die Mitteilungen nach Artikel VI des Protokolls Nr. 1.
Artikel 68
Dieses Übereinkommen ist in einer Urschrift in dänischer, deutscher, englischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, isländischer, italienischer, niederländischer, norwegischer, portugiesischer, schwedischer und spanischer Sprache abgefaßt, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist; es wird im Archiv des Schweizerischen Bundesrates hinterlegt, der den Regierungen der Staaten, die auf der diplomatischen Konferenz von Lugano vertreten waren, und jedem beitretenden Staat eine beglaubigte Abschrift übermittelt.
Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten Bevollmächtigten ihre Unterschrift unter dieses Übereinkommen gesetzt.
Geschehen zu Lugano am sechzehnten September neunzehnhundertachtundachtzig.
PROTOKOLL NR. 1 ÜBER BESTIMMTE ZUSTÄNDIGKEITS-, VERFAHRENS- UND VOLLSTRECKUNGSFRAGEN
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN HABEN NACHSTEHENDE BESTIMMUNGEN VEREINBART, DIE DEM ÜBEREINKOMMEN BEIGEFÜGT WERDEN:
Artikel I
Jede Person, die ihren Wohnsitz in Luxemburg hat und vor dem Gericht eines anderen Vertragsstaats auf Grund des Artikels 5 Nummer 1 verklagt wird, kann die Unzuständigkeit dieses Gerichts geltend machen. Läßt sich der Beklagte auf das Verfahren nicht ein, so erklärt sich das Gericht von Amts wegen für unzuständig.
Jede Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne des Artikels 17 ist für eine Person, die ihren Wohnsitz in Luxemburg hat, nur dann wirksam, wenn diese sie ausdrücklich und besonders angenommen hat.
Artikel Ia
(1) Die Schweizerische Eidgenossenschaft behält sich das Recht vor, bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde zu erklären, daß eine in einem anderen Vertragsstaat ergangene Entscheidung in der Schweiz nicht anerkannt oder vollstreckt wird, wenn
a) die Zuständigkeit des Gerichts, das die Entscheidung erlassen hat, sich nur auf Artikel 5 Nummer 1 des Übereinkommens stützt;
b) der Beklagte zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte; im Sinne dieses Artikels hat eine Gesellschaft oder juristische Person ihren Sitz in der Schweiz, wenn ihr statutarischer Sitz und der tatsächliche Mittelpunkt ihrer Tätigkeit in der Schweiz liegen; und
c) der Beklagte gegen die Anerkennung oder die Vollstreckung der Entscheidung in der Schweiz Einspruch erhebt, sofern er nicht auf den Schutz der in diesem Absatz vorgesehenen Erklärung verzichtet hat.
(2) Dieser Vorbehalt ist nicht anzuwenden, soweit in dem Zeitpunkt, zu dem die Anerkennung oder Vollstreckung beantragt wird, eine Änderung von Artikel 59 der Schweizerischen Bundesverfassung stattgefunden hat. Der Schweizerische Bundesrat teilt solche Änderungen den Unterzeichnerstaaten und den beitretenden Staaten mit.
(3) Dieser Vorbehalt wird am 31. Dezember 1999 unwirksam. Er kann jederzeit zurückgezogen werden.
Artikel Ib
Jeder Vertragsstaat kann sich durch eine bei der Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde abgegebene Erklärung unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 28 das Recht vorbehalten, in anderen Vertragsstaaten ergangene Entscheidungen nicht anzuerkennen und zu vollstrecken, wenn die Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsstaats nach Artikel 16 Nummer 1 Buchstabe b ausschließlich dadurch begründet ist, daß der Beklagte seinen Wohnsitz in dem Ursprungsstaat hat und die unbewegliche Sache in dem Hoheitsgebiet des Staates belegen ist, der den Vorbehalt angebracht hat.
Artikel II
Unbeschadet günstigerer innerstaatlicher Vorschriften können Personen, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat haben und die vor den Strafgerichten eines anderen Vertragsstaats, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, wegen einer fahrlässig begangenen Straftat verfolgt werden, sich von hierzu befugten Pesonen verteidigen lassen, selbst wenn sie persönlich nicht erscheinen.
Das Gericht kann jedoch das persönliche Erscheinen anordnen; wird diese Anordnung nicht befolgt, so braucht die Entscheidung, die über den Anspruch aus einem Rechtsverhältnis des Zivilrechts ergangen ist, ohne daß sich der Angeklagte verteidigen konnte, in den anderen Vertragsstaaten weder anerkannt noch vollstreckt zu werden.
Artikel III
In dem Vollstreckungsstaat dürfen in dem Verfahren auf Erteilung der Vollstreckungsklausel keine nach dem Streitwert abgestuften Stempelabgaben oder Gebühren erhoben werden.
Artikel IV
Gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke, die in einem Vertragsstaat ausgefertigt sind und einer in dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats befindlichen Person zugestellt werden sollen, werden nach den zwischen den Vertragsstaaten geltenden Übereinkommen oder Vereinbarungen übermittelt.
Sofern der Staat, in dessen Hoheitsgebiet die Zustellung bewirkt werden soll, nicht durch eine Erklärung, die an den Schweizerischen Bundesrat zu richten ist, widersprochen hat, können diese Schriftstücke auch von den gerichtlichen Amtspersonen des Staates, in dem sie angefertigt worden sind, unmittelbar den gerichtlichen Amtspersonen des Staates übersandt werden, in dessen Hoheitsgebiet sich die Person befindet, für welche das Schriftstück bestimmt ist. In diesem Fall übersendet die gerichtliche Amtsperson des Ursprungsstaats eine Abschrift des Schriftstücks der gerichtlichen Amtsperson des ersuchten Staates, die für die Übermittlung an den Empfänger zuständig ist. Diese Übermittlung wird in den Formen vorgenommen, die das Recht des ersuchten Staates vorsieht. Sie wird durch ein Zeugnis festgestellt, das der gerichtlichen Amtsperson des Ursprungsstaats unmittelbar zugesandt wird.
Artikel V
Die in Artikel 6 Nummer 2 und Artikel 10 für eine Gewährleistungs- oder Interventionsklage vorgesehene Zuständigkeit kann in der Bundesrepublik Deutschland, in Spanien, in Österreich und in der Schweiz nicht geltend gemacht werden. Jede Person, die ihren Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat hat, kann vor Gericht geladen werden
– in der Bundesrepublik Deutschland nach den §§ 68 und 72 bis 74 der Zivilprozeßordnung, die für die Streitverkündung gelten,
– in Spanien nach Artikel 1482 des Zivilgesetzbuches,
– in Österreich nach § 21 der Zivilprozeßordnung, der für die Streitverkündung gilt,
– in der Schweiz nach den einschlägigen Vorschriften der kantonalen Zivilprozeßordnungen über die Streitverkündung (litis denuntiatio).
Entscheidungen, die in den anderen Vertragsstaaten auf Grund des Artikels 6 Nummer 2 und des Artikels 10 ergangen sind, werden in der Bundesrepublik Deutschland, in Spanien, in Österreich und in der Schweiz nach Titel III anerkannt und vollstreckt. Die Wirkungen, welche die in diesen Staaten ergangenen Entscheidungen nach Absatz 1 gegenüber Dritten haben, werden auch in den anderen Vertragsstaaten anerkannt.
Artikel Va
In Unterhaltssachen umfaßt der Begriff „Gericht“ auch dänische, isländische und norwegische Verwaltungsbehörden.
In Zivil- und Handelssachen umfaßt der Begriff „Gericht“ auch das finnische „ulosotonhaltija/ överexekutor“.
Artikel Vb
Bei Streitigkeiten zwischen dem Kapitän und einem Mitglied der Mannschaft eines in Dänemark, in Griechenland, in Irland, in Island, in Norwegen, in Portugal oder in Schweden eingetragenen Seeschiffes über die Heuer oder sonstige Bedingungen des Dienstverhältnisses haben die Gerichte eines Vertragsstaats zu überprüfen, ob der für das Schiff zuständige diplomatische oder konsularische Vertreter von der Streitigkeit unterrichtet worden ist. Sie haben das Verfahren auszusetzen, solange dieser Vertreter nicht unterrichtet worden ist. Sie haben sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn dieser Vertreter, nachdem er ordnungsgemäß unterrichtet worden ist, die Befugnisse ausgeübt hat, die ihm insoweit auf Grund eines Konsularabkommens zustehen, oder, falls ein derartiges Abkommen nicht besteht, innerhalb der festgesetzten Frist Einwände gegen die Zuständigkeit geltend gemacht hat.
Artikel Vc
Gegenstandslos.
Artikel Vd
Unbeschadet der Zuständigkeit des Europäischen Patentamts nach dem am 5. Oktober 1973 in München unterzeichneten Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente sind die Gerichte eines jeden Vertragsstaats ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der Parteien für alle Verfahren ausschließlich zuständig, welche die Erteilung oder die Gültigkeit eines europäischen Patents zum Gegenstand haben, das für diesen Staat erteilt wurde und kein Gemeinschaftspatent nach Artikel 86 des am 15. Dezember 1975 in Luxemburg unterzeichneten Übereinkommens über das europäische Patent für den Gemeinsamen Markt ist.
Artikel VI
Die Vertragsstaaten teilen dem Schweizerischen Bundesrat den Wortlaut ihrer gesetzlichen Vorschriften mit, durch welche ihre in diesem Übereinkommen angeführte Vorschriften oder die in Titel III 2. Abschnitt angeführten Gerichtsstände geändert werden.
PROTOKOLL NR. 2 ÜBER DIE EINHEITLICHE AUSLEGUNG DES ÜBEREINKOMMENS
PRÄAMBEL
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN –
GESTÜTZT auf Artikel 65 dieses Übereinkommens,
IN ANBETRACHT der sachlichen Verknüpfung zwischen diesem Übereinkommen und dem Brüsseler Übereinkommen,
IN DER ERWÄGUNG, daß dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften durch das Protokoll vom 3. Juni 1971 die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Auslegung der Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens übertragen wurde,
IN VOLLER KENNTNIS der bis zur Unterzeichnung des vorliegenden Übereinkommens ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens,
IN DER ERWÄGUNG, daß bei den Verhandlungen, die zum Abschluß dieses Übereinkommens geführt haben, vom Brüsseler Übereinkommen unter Berücksichtigung der vorgenannten Entscheidungen ausgegangen worden ist,
IN DEM BESTREBEN, bei voller Wahrung der Unabhängigkeit der Gerichte voneinander abweichende Auslegungen zu vermeiden und zu einer möglichst einheitlichen Auslegung der Bestimmungen des vorliegenden Übereinkommens einerseits sowie dieser Bestimmungen und derjenigen Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens, die in ihrem wesentlichen Gehalt in das vorliegende Übereinkommen übernommen worden sind, andererseits, zu gelangen –
SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:
Artikel 1
Die Gerichte jedes Vertragsstaates tragen bei der Anwendung und Auslegung der Bestimmungen dieses Übereinkommens den Grundsätzen gebührend Rechnung, die in maßgeblichen Entscheidungen von Gerichten der anderen Vertragsstaaten zu den Bestimmungen des genannten Übereinkommens entwickelt worden sind.
Artikel 2
(1) Die Vertragsparteien kommen überein, ein System für den Austausch von Informationen über die in Anwendung dieses Übereinkommens ergangenen Entscheidungen sowie über die in Anwendung des Brüsseler Übereinkommens ergangenen maßgeblichen Entscheidungen einzurichten. Dieses System umfaßt
– die von den zuständigen Behörden vorzunehmende Übermittlung der Entscheidungen letztinstanzlicher Gerichte und des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sowie anderer besonders wichtiger, rechtskräftig gewordener Entscheidungen, die in Anwendung dieses Übereinkommens oder des Brüsseler Übereinkommens ergangen sind, an eine Zentralstelle;
– die Klassifizierung dieser Entscheidungen durch die Zentralstelle, erforderlichenfalls einschließlich der Erstellung und Veröffentlichung von Übersetzungen und Zusammenfassungen;
– die von der Zentralstelle vorzunehmende Übermittlung der einschlägigen Dokumente an die zuständigen nationalen Behörden aller Unterzeichnerstaaten dieses Übereinkommens und aller beitretenden Staaten sowie an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
(2) Zentralstelle ist der Kanzler des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften.
Artikel 3
(1) Es wird ein Ständiger Ausschuß für die Zwecke dieses Protokolls eingesetzt.
(2) Der Ausschuß besteht aus Vertretern, die von jedem Unterzeichnerstaat und jedem beitretenden Staat bestellt werden.
(3) Die Europäischen Gemeinschaften (Kommission, Gerichtshof und Generalsekretariat des Rates) und die Europäische Freihandelsassoziation können an den Sitzungen als Beobachter teilnehmen.
Artikel 4
(1) Auf Antrag einer Vertragspartei beruft der Depositarstaat dieses Übereinkommens Sitzungen des Ausschusses zu einem Meinungsaustausch über die Wirkungsweise des Übereinkommens ein, und zwar insbesondere über
– die Entwicklung der auf Grund von Artikel 2 Absatz 1 mitgeteilten Rechtsprechung und
– die Anwendung von Artikel 57 dieses Übereinkommens.
(2) Der Ausschuß kann im Lichte dieses Meinungsaustausches auch prüfen, ob eine Revision dieses Übereinkommens in Einzelpunkten angebracht ist, und entsprechende Empfehlungen abgeben.
PROTOKOLL NR. 3 ÜBER DIE ANWENDUNG VON ARTIKEL 57
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:
1. Für die Zwecke dieses Übereinkommens werden die Bestimmungen, die für besondere Rechtsgebiete die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung oder die Vollstreckung von Entscheidungen regeln und in Rechtsakten der Organe der Europäischen Gemeinschaften enthalten sind oder künftig darin enthalten sein werden, ebenso behandelt wie die in Artikel 57 Absatz 1 bezeichneten Übereinkommen.
2. Ist ein Vertragsstaat der Auffassung, daß eine Bestimmung eines Rechtsaktes der Organe der Europäischen Gemeinschaften mit dem Übereinkommen nicht vereinbar ist, so fassen die Vertragsstaaten unbeschadet der Anwendung des in Protokoll Nr. 2 vorgesehenen Verfahren unverzüglich eine Änderung entsprechend Artikel 66 ins Auge.
ERKLÄRUNG DER VERTRETER DER REGIERUNGEN DER UNTERZEICHNERSTAATEN DES LUGANER ÜBEREINKOMMENS, DIE MITGLIEDER DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN SIND, ZUM PROTOKOLL NR. 3 ÜBER DIE ANWENDUNG VON ARTIKEL 57 DES ÜBEREINKOMMENS
Bei der Unterzeichnung des am 16. September 1988 in Lugano geschlossenen Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
ERKLÄREN DIE VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN
IN ANBETRACHT der gegenüber den Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation eingegangenen Verpflichtungen,
IN DEM BESTREBEN, die Einheit des mit dem Übereinkommen geschaffenen Rechtssystems nicht zu beeinträchtigen,
daß sie alles in ihrer Macht Stehende tun werden, um sicherzustellen, daß bei der Ausarbeitung gemeinschaftlicher Rechtsakte im Sinne der Nummer 1 des Protokolls Nr. 3 über die Anwendung von Artikel 57 die in dem Übereinkommen niedergelegten Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen beachtet werden.
Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten ihre Unterschrift unter diese Erklärung gesetzt.
Geschehen zu Lugano am sechzehnten September neunzehnhundertachtundachtzig.
ERKLÄRUNG DER VERTRETER DER REGIERUNGEN DER UNTERZEICHNERSTAATEN DES LUGANER ÜBEREINKOMMENS, DIE MITGLIEDER DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN SIND
Bei der Unterzeichnung des am 16. September 1988 in Lugano geschlossenen Übereinkommens über gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
ERKLÄREN DIE VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN,
daß sie es für angezeigt halten, daß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bei der Auslegung des Brüsseler Übereinkommens den Grundsätzen gebührend Rechnung trägt, die sich aus der Rechtsprechung zum Luganer Übereinkommen ergeben.
Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten ihre Unterschrift unter diese Erklärung gesetzt.
Geschehen zu Lugano am sechzehnten September neunzehnhundertachtundachtzig.
ERKLÄRUNG DER VERTRETER DER REGIERUNGEN DER UNTERZEICHNERSTAATEN DES LUGANER ÜBEREINKOMMENS, DIE MITGLIEDER DER EUROPÄISCHEN FREIHANDELSASSOZIATION SIND
Bei der Unterzeichnung des am 16. September 1988 in Lugano geschlossenen Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
ERKLÄREN DIE VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN DER EUROPÄISCHEN FREIHANDELSASSOZIATION,
daß sie es für angezeigt halten, daß ihre Gerichte bei der Auslegung des Luganer Übereinkommens den Grundsätzen gebührend Rechnung tragen, die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften und der Gerichte der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften zu denjenigen Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens ergeben, die in ihrem wesentlichen Gehalt in das Luganer Übereinkommen übernommen worden sind.
Zu Urkund dessen haben die Unterzeichneten ihre Unterschrift unter diese Erklärung gesetzt.
Geschehen zu Lugano am sechzehnten September neunzehnhundertachtundachtzig.
Erklärung
Die Republik Österreich erklärt den im Art. IV Absatz 2 des Protokolls Nr. 1 über bestimmte Zuständigkeits-, Verfahrens- und Vollstreckungsfragen vorgesehenen Widerspruch.
vorblatt
Problem:
Die durch die Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraums vermehrt entfaltete grenzüberschreitende Tätigkeit erfordert eine Absicherung durch die Beistellung eines erhöhten Rechtsschutzes. Das Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, das die Grundsätze des zwischen den EU-Staaten in Geltung stehenden Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidung in Zivil- und Handelssachen übernimmt, schafft für den europäischen Rechtsraum, dem alle EU- und EFTA-Staaten angehören, ein vereinheitlichtes internationales Zivilverfahrensrecht, somit die Infrastruktur für die internationale Rechtsdurchsetzung.
Das Lugano-Übereinkommen wird durch den Beitritt Österreichs zur EU vorerst seine Bedeutung nicht verlieren, weil bis zum Inkrafttreten des Brüsseler Übereinkommens für Österreich – auf Grund der erforderlichen Beitrittsverhandlungen, deren Dauer nicht abzusehen ist – noch eine gewisse Zeit verstreichen wird. Überdies wird das Lugano-Übereinkommen im Verhältnis zu den EFTA-Staaten in Geltung bleiben, die der EU nicht beitreten (Schweiz, Island, Norwegen).
Ziel:
Durch die Ratifikation des Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen soll Österreich in den europäischen Rechtsraum, dem alle EU- und EFTA-Staaten angehören, eingebunden werden. Das Übereinkommen wird einen wesentlichen Fortschritt dadurch bringen, daß einerseits die inländische Gerichtsbarkeit (internationale Zuständigkeit) in vermögensrechtlichen Zivil- und Handelssachen in allen EU- und EFTA-Staaten umfassend und einheitlich geregelt und andererseits die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung der in den Vertragsstaaten ergangenen gerichtlichen Entscheidungen erheblich erleichtert und beschleunigt wird. Die Rechtszersplitterung, wie sie derzeit auf Grund der verschiedenen bilateralen Vollstreckungsverträge besteht, wird durch einheitliches Recht abgelöst. Die Rechtsanwendung wird damit wesentlich erleichtert und die Rechtssicherheit erhöht.
Inhalt:
Das Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen enthält zwei Hauptteile, die die „Zuständigkeit“ (im Titel II) und die „Anerkennung und Vollstreckung“ (im Titel III) regeln.
Alternativen:
Keine.
Kosten:
Keine.
Konformität mit EU-Recht:
Diese ist deshalb gewährleistet, weil es sich um ein zwischen den EU- und EFTA-Staaten geschlossenes Übereinkommen handelt, das in seinen Grundsätzen dem zwischen den EU-Staaten in Geltung stehenden Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen entspricht.
Erläuterungen
I. Allgemeiner Teil
1. Das Übereinkommen hat gesetzändernden und gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher nach Artikel 50 Abs. 1 B‑VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es hat nicht politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen. Die Bestimmungen des Übereinkommens sind grundsätzlich unmittelbar anwendbar (generelle Transformation), sodaß die Erlassung von Gesetzen nach Artikel 50 Abs. 2 B‑VG nicht erforderlich ist. Nähere Ausführungsbestimmunen zu einzelnen Artikeln des Titels III des Übereinkommens („Anerkennung und Vollstreckung“) sind entbehrlich, weil sie in der durch die Exekutionsordnungs‑Novelle 1995, BGBl. Nr. 519 bereits durchgeführten Änderung der §§ 79 ff. EO enthalten sind. Diese Vorgangsweise entspricht der Praxis in gleichgelagerten Fällen.
2. Das Übereinkommen geht auf eine Initiative der Schweiz zurück. Der Text wurde durch eine gemischte Expertengruppe, bestehend aus Vertretern der Mitgliedstaaten der EU und der EFTA (nachfolgend Arbeitsgruppe „Exequatur“ genannt), vorbereitet. Die Arbeitsgruppe „Exequatur“ hatte den Auftrag, einen Entwurf für ein Parallelübereinkommen zum Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil‑ und Handelssachen (im folgenden Brüsseler Übereinkommen genannt) auszuarbeiten. Zu diesem Zweck ist die Arbeitsgruppe zwischen Oktober 1985 und März 1988 zu insgesamt 15 Sitzungen zusammengetreten. Zu Berichterstattern sind Herr Jenard, damals Direktor im belgischen Außenministerium, und Herr Möller, damals juristischer Berater im finnischen Justizministerium, bestellt worden. Österreich hat sich an den Beratungen nur als Beobachter beteiligt. Das Übereinkommen wurde sodann auf der vom 12. bis 16. September 1988 in Lugano stattfindenden diplomatischen Konferenz finalisiert. An dieser diplomatischen Konferenz hat auch Österreich (damals noch Mitgliedstaat der EFTA) als Vollmitglied teilgenommen. Das Übereinkommen ist am 16. September 1988 in Lugano zur Unterzeichnung aufgelegt worden. Österreich hat das Übereinkommen am 26. Februar 1992 unterzeichnet.
Das Übereinkommen ist am 1. Jänner 1992 zwischen Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz in Kraft getreten. Seit 1. Februar 1992 steht es für Luxemburg, seit 1. Mai 1992 für Großbritannien, seit 1. Juli 1992 für Portugal, seit 1. Dezember 1992 für Italien, seit 1. Jänner 1993 für Schweden, seit 1. Mai 1993 für Norwegen, seit 1. Juli 1993 für Finnland, seit 1. Dezember 1993 für Irland, seit 1. November 1994 für Spanien, seit 1. März 1995 für die Bundesrepublik Deutschland und seit 1. Dezember 1995 für Island in Geltung.
3. Das Übereinkommen lehnt sich sachlich an das inhaltsgleiche Brüsseler Übereinkommen an; es handelt sich jedoch nicht nur um einen Nachvollzug von EU‑Recht im weiteren Sinn. Das Übereinkommen hat in mehreren, für die EFTA‑Staaten wichtigen Punkte eigenständige Lösungen gebracht. Mittlerweile wurde das Brüsseler Übereinkommen bei der Ausarbeitung des Beitrittsübereinkommens 1989 anläßlich des Beitritts von Portugal und Spanien in fast allen Punkten dem vorliegenden Übereinkommen angepaßt.
Das Übereinkommen ist in acht Titel gegliedert und umfaßt 68 Artikel; es wird durch drei Protokolle ergänzt, die Bestandteil des Übereinkommens sind. Überdies sind drei Erklärungen beigefügt worden. Im Titel II („Zuständigkeit“) sind neben den Bestimmungen über die Zuständigkeit auch solche über die Streitanhängigkeit und die Möglichkeit der Verbindung von Rechtsstreitigkeiten, die vor den Gerichten verschiedener Vertragsstaaten anhängig sind, vorgesehen. Anders als bei den klassischen Vollstreckungsverträgen (die dort festgelegten sogenannten indirekten Zuständigkeiten sind nur für die Frage der Vollstreckung im Vollstreckungsstaat von Interesse) binden die im Übereinkommen festgelegten (direkten) Zuständigkeiten bereits den Richter im Entscheidungsstaat. Die Zuständigkeiten des Übereinkommens werden, sofern das Übereinkommen auf einen Rechtsstreit anzuwenden ist, die in der Jurisdiktionsnorm festgelegten Zuständigkeiten verdrängen.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß bei Rechtsstreitigkeiten, die vor den Gerichten eines Vertragsstaates anhängig sind und die ausschließlich Personen betreffen, die in diesem Staat ihren Wohnsitz haben, das Übereinkommen grundsätzlich keine Rolle spielt; der Artikel 2 verweist in einem solchen Fall auf die in diesem Staat geltenden Zuständigkeitsnormen.
Der Titel III („Anerkennung und Vollstreckung“) geht bei der internationalen Urteilsanerkennung und ‑vollstreckung von der Prämisse aus, daß das Gericht des Erststaates seine direkte (internationale) Zuständigkeit auf einen Tatbestand des Titels II des Übereinkommens gegründet hat. Die wesentlichste Abweichung von den bisherigen multi‑ und bilateralen Vollstreckungsabkommen besteht darin, daß die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Ursprungsstaates im Vollstreckungsstaat – abgesehen von geringfügigen Ausnahmen – nicht mehr geprüft wird. Aus diesem Grund wird die Anerkennung und Vollstreckung wesentlich erleichtert und beschleunigt.
4. Wie bereits erwähnt wurde, hat die Arbeitsgruppe „Exequatur“ die Herren Jenard und Möller zu Berichterstattern bestellt. Diese haben einen Erläuternden Bericht zu dem Übereinkommen ausgearbeitet, der vor der diplomatischen Konferenz in Lugano den Regierungen der Mitgliedstaaten der EU und der EFTA zwecks allfälliger Stellungnahme zugeleitet worden ist. Auf Grund der Ergebnisse der diplomatischen Konferenz und der Bemerkungen einiger Regierungen ist der Bericht überarbeitet worden; er wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 28. Juli 1990, C 189, veröffentlicht. In der Folge wird dieser Bericht als Jenard‑Möller‑Bericht bezeichnet. Der Bericht enthält keine vollständige und detaillierte Kommentierung aller Bestimmungen des Übereinkommens; vielmehr wird bei den aus dem Brüsseler Übereinkommen unverändert übernommenen Bestimmungen sehr oft auf die früheren Berichte zu diesem Übereinkommen verwiesen. Es handelt sich dabei um den Bericht von Herrn Jenard zum Brüsseler Übereinkommen in seiner ursprünglichen Fassung von 1968 (im folgenden Jenard‑Bericht genannt) und um den Bericht von Herrn Prof. Schlosser zum Brüsseler Übereinkommen in der Fassung des Beitrittsübereinkommens 1978 (Beitritt Dänemarks, Irlands und Großbritanniens), mit dem das Brüsseler Übereinkommen 1968 in wesentlichen Punkten geändert und ergänzt worden ist (im folgenden Schlosser‑Bericht genannt); beide Berichte sind im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 5. März 1979, C 79 (S 1 ff. und S 71 ff.) veröffentlicht worden.
Um Wiederholungen zu vermeiden, werden die drei genannten Berichte im Anschluß an den Besonderen Teil der Erläuterungen abgedruckt. Der Besondere Teil der Erläuterungen kann sich daher auf zusammenfassende und einige zusätzliche Bemerkungen aus österreichischer Sicht beschränken.
Vom Abdruck des Berichts der Herren Evrigenis und Kerameus zum Brüsseler Übereinkommen in der Fassung des Beitrittsübereinkommens 1982 (anläßlich des Beitritts Griechenlands) wird abgesehen, weil dieses Beitrittsübereinkommen nur Änderungen rein technischer Natur, jedoch keine inhaltlichen Änderungen gebracht hat.
5. Die Ratifikation des Übereinkommens ist nicht deshalb entbehrlich geworden, weil Österreich nun der EU angehört und sohin das Brüsseler Übereinkommen zu ratifizieren haben wird. Es bedarf nämlich zunächst der Ausarbeitung eines Beitrittsübereinkommens zwischen den alten und neuen EU‑Mitgliedstaaten zum Brüsseler Übereinkommen; erst wenn dieses fertiggestellt worden ist, kann das Brüsseler Übereinkommen in der Fassung des (neuen) Beitrittsübereinkommens von allen EU‑Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Bis zum Inkrafttreten des Brüsseler Übereinkommens für Österreich wird sohin vermutlich noch ein längerer Zeitraum verstreichen (die EU‑Präsidentschaft hat noch nicht einmal zur Aufnahme der Verhandlungen eingeladen).
Abschließend ist noch festzuhalten, daß die Ratifikation des Übereinkommens zu keinem finanziellen Mehraufwand führen wird (die Gerichte werden mitunter von der Jurisdiktionsnorm abweichende Zuständigkeitsnormen anzuwenden haben, was naturgemäß keine zusätzlichen Kosten verursacht wird; das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Exekutionstitel wird durch die Vereinfachungen sogar weniger zeitintensiv werden).
II. Besonderer Teil
Titel I (Anwendungsbereich)
Zum Artikel 1:
In den sachlichen Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen nur Verfahren und Entscheidungen, die Sachverhalte mit internationalem Bezug zum Gegenstand haben. Das Übereinkommen ändert die in den einzelnen Vertragsstaaten geltenden Zuständigkeitsregeln nur in Fällen mit Auslandsbeziehung ab. Dieser Begriff ist in dem Übereinkommen nicht näher bestimmt, da die Auslandsbeziehung sich aus den besonderen Umständen des Rechtsstreits ergeben kann, mit dem das Gericht befaßt ist (s. auch Abs. 3 der Präambel des Übereinkommens).
Der Begriff „Zivil‑ und Handelssachen“, der unverändert aus dem Brüsseler Übereinkommen übernommen wurde, umfaßt auch zivilrechtliche Ansprüche, die vor einem Strafgericht geltend gemacht werden. Auch Amtshaftungsansprüche werden vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften als „Zivilsachen“ im Sinn des Artikels 1 Abs. 1 des Brüsseler Übereinkommens qualifiziert (Urteil vom 21. April 1993, C‑172/91).
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in ständiger Rechtsprechung den Begriff der „Zivilsache“ im Artikel 1 des Brüsseler Übereinkommens als autonomen Begriff versteht, für dessen Auslegung zum einen die Ziele und der Aufbau des Übereinkommens und zum anderen die sich aus der Gesamtheit der nationalen Rechtssysteme ergebenden allgemeinen Grundsätze heranzuziehen sind.
An dieser Stelle ist besonders darauf hinzuweisen, daß in der dem Übereinkommen angeschlossenen Erklärung die Vertreter der Regierungen der Unterzeichnerstaaten des Lugano‑Übereinkommens, die Mitglieder der EFTA sind, festgehalten haben, sie halten es für angezeigt, daß ihre Gerichte bei der Auslegung des Übereinkommens den Grundsätzen gebührend Rechnung tragen, die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und der Gerichte der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften zu denjenigen Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens ergeben, die in ihrem wesentlichen Gehalt in das Lugano‑Übereinkommen übernommen worden sind. Da Artikel 1 in beiden Übereinkommen gleichlautend ist, wird sohin auf die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gebührend Bedacht zu nehmen sein.
Der Abs. 2 enthält die vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgeschlossenen Rechtsgebiete. Ausdrücklich darauf hinzuweisen ist, daß Unterhaltssachen nicht unter den Ausnahmetatbestand des Abs. 2 Z 1 zu subsumieren sind und sohin in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen.
Auf die Ausführungen im Jenard‑Bericht sowie im Schlosser‑Bericht wird ausdrücklich verwiesen.
Titel II (Zuständigkeit)
Allgemeine Vorschriften (1. Abschnitt)
Zum Artikel 2:
Personen, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat haben, sind grundsätzlich bei den Gerichten dieses Staates zu klagen, sofern die Artikel 5 bis 18 des Übereinkommens nicht anderes bestimmen. Wenn sohin eine solche Person vor den Gerichten ihres Wohnsitzstaates geklagt wird, kommen die innerstaatlichen Vorschriften dieses Staates über die sachliche und örtliche Zuständigkeit voll und ganz zur Anwendung. Das Übereinkommen bestimmt die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dessen Hoheitsgebiet das angerufene Gericht gelegen ist, während das innerstaatliche Recht dieses Staates seinerseits ein bestimmtes Gericht für sachlich und örtlich zuständig erklärt.
Unter Personen sind sowohl natürliche als auch juristische Personen, aber auch Personengesellschaften des Handelsrechts zu verstehen, die zwar keine Rechtspersönlichkeit besitzen, die aber partei‑ und prozeßfähig sind. Bei juristischen Personen ist anstelle des Wohnsitzes der Sitz maßgebend (s. Artikel 53 Abs. 1).
Der Abs. 2 bewirkt die Gleichstellung eines Ausländers, der seinen Wohnsitz in dem Staat des angerufenen Gerichts hat, mit einem dortigen Inländer – und zwar unterliegt er sowohl als Beklagter als auch als Kläger den gleichen Zuständigkeitsbestimmungen wie ein Inländer.
Zum Artikel 3:
Der Wohnsitzgrundsatz des Artikels 2 zieht unter Vertragsstaaten ein weiteres Diskriminierungsverbot nach sich. Nicht nur die im Inland wohnenden Ausländer sind den eigenen Staatsangehörigen gleichzustellen (Artikel 2 Abs. 2), in den gleichen Genuß sollen auch alle Personen gelangen, die in einem anderen Vertragsstaat wohnen (Artikel 3 Abs. 1). Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um Angehörige des betreffenden Staates, um Angehörige eines anderen Vertragsstaates oder um solche eines Drittstaates handelt. Entscheidend ist, daß sie in einem der Vertragsstaaten ihren Wohnsitz haben. Ein Beklagter kann der Gerichtsbarkeit des Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat, sofern dies ein Vertragsstaat ist, nur in den im Übereinkommen ausdrücklich bestimmten Fällen (Artikel 5 bis 18) entzogen werden. Durch diese Vorschrift werden die in den Vertragsstaaten geltenden exorbitanten Zuständigkeitsvorschriften außer Kraft gesetzt (allerdings nicht generell, sondern nur gegenüber Personen, die ihren Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat haben).
Der Abs. 2 zählt diese Gerichtsstände für alle Mitgliedstaaten der EU und der EFTA beispielsweise auf. Bei Österreich wird der § 99 JN genannt.
Die Aufzählung hat nur demonstrativen Charakter und wäre nicht unbedingt notwendig gewesen; sie erleichtert aber die Anwendung bestimmter Vorschriften des Übereinkommens.
Zum Artikel 4:
Diese Bestimmung betrifft Verfahren, bei denen der Beklagte keinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat. In einem solchen Fall gelten weiterhin die Vorschriften des Inlandsrechts, dh., daß alle im Artikel 3 Abs. 2 aufgezählten exorbitanten Gerichtsständen wieder aufleben; mehr noch: Nach Artikel 4 Abs. 2 kann jeder Kläger, der in einem Vertragsstaat wohnt, gegen Personen mit Wohnsitz einem Drittstaat sämtliche exorbitanten Gerichtsstände gleichberechtigt in Anspruch nehmen, wie wenn er ein Angehöriger dieses Vertragsstaates wäre. Diese positive Seite der Gleichstellung resultiert aus der Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU; natürliche und juristische Personen, die sich in einem Mitgliedstaat niedergelassen haben, genießen den gleichen Rechtsschutz wie Inländer.
In diesem Zusammenhang ist auf die Regelung des Artikels 59 zu verweisen: Ein Vertragsstaat kann sich einem Drittstaat gegenüber völkerrechtlich verpflichten, die Anerkennung und Vollstreckung einer an einem exorbitanten Gerichtsstand ergangenen Entscheidung eines anderen Vertragsstaates zu verweigern (vgl. die Erläuterungen zum Artikel 59). Ob in allen anderen Fällen Österreich gezwungen wäre, derartige an einem exorbitanten Gerichtsstand ergangene Entscheidungen ausnahmslos anzuerkennen und zu vollstrecken, ist freilich fraglich. Eine solche ausnahmslose Praxis könnte sich in Widerspruch zu jener Lehre und Rechtsprechung setzen, die die Prozeßführung gegen Personen an beziehungsarmen Gerichtsständen insoweit als völker‑(vertrags‑)rechtswidrig ansieht, als diesen dadurch die Verteidigung unverhältnismäßig erschwert wird und sie solcherart in ihrem durch Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Recht auf ein „fair trial“ verletzt erscheinen (vgl. besonders Bajons, ZfRV 1993, S 51 f.).
Besondere Zuständigkeiten (2. Abschnitt)
In den Artikeln 5, 6 und 6a werden die Fälle aufgezählt, in denen eine Person in dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates als dem ihres Wohnsitzstaates geklagt werden kann. Die in diesen Artikeln vorgesehenen Zuständigkeiten treten zu denen des Artikels 2 hinzu.
Zum Artikel 5:
Alle diese Gerichtsstände regeln gleichzeitig sowohl die inländische Gerichtsbarkeit (internationale Zuständigkeit) als auch die örtliche Zuständigkeit. Der Kläger hat die Wahl, seine Klage entweder im Wohnsitzstaat des Beklagten (Artikel 2) oder, je nach der Materie, an einem dieser „besonderen“ Gerichtsstände (Artikel 5) einzubringen.
In der Z 1 wird der Gerichtsstand des Erfüllungsortes unverändert aus dem Brüsseler Übereinkommen übernommen. Für die Bestimmung des Erfüllungsortes, also im wesentlichen für die Klärung der Frage, ob es sich bei der strittigen Sach‑ oder Geldleistung um eine Bring‑ oder eine Holschuld handelt, stellt der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften auf die einschlägigen Kollisionsnormen des Forumstaates ab (Urteile vom 6. Oktober 1976, Nr. 12/76 und vom 29. Juni 1994, C‑288/92). Zu beachten in diesem Zusammenhang ist allerdings, daß es hierüber innerhalb der Mitgliedstaaten der EU einheitliche Kollisionsnormen gibt und zwar gestützt auf das Übereinkommen vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (sogenanntes Römer Übereinkommen). Österreich kann dieses Übereinkommen noch nicht ratifizieren, weil erst ein Beitrittsübereinkommen geschlossen werden muß. Die Lösungen des Römer Übereinkommens sind weitgehend deckungsgleich mit den §§ 36 ff. IPR‑Gesetz.
Neu gegenüber dem Brüsseler Übereinkommen ist die Aufnahme einer Sonderbestimmung für Rechtsstreitigkeiten aus Arbeitsverträgen in die Z 1: Klagen aus individuellen Arbeitsverträgen können bei den Gerichten des Ortes eingebracht werden, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet; verrichtet der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat, so können die Klagen bei dem Gericht des Ortes eingebracht werden, an dem sich die Niederlassung befindet, die den Arbeitnehmer eingestellt hat. Da diese Bestimmung neutral formuliert ist, also sowohl auf Klagen des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers anwendbar ist, kann sie zu einem Klägergerichtsstand zugunsten des Arbeitgebers führen.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 15. Februar 1989, Nr. 32/88, im Zusammenhang mit Arbeitsverträgen in einem obiter dictum betont hat, daß ein angemessener Schutz der in sozialer Hinsicht schwächeren Vertragspartei, nämlich des Arbeitnehmers, gewährleistet sein müsse. Aus diesem Grund wurde bei der Abfassung des Beitrittsübereinkommens 1989 zum Brüsseler Übereinkommen der Wahlgerichtsstand in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer die Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet, auf Klagen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber eingeschränkt.
In der Z 2 wird für Unterhaltssachen ein Klägergerichtsstand vorgesehen (Gericht des Ortes, an dem der Unterhaltsberechtigte seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat). Diese Bestimmung wurde aus dem Brüsseler Übereinkommen unverändert übernommen. Der Gerichtsstand des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsberechtigten wurde unter Bedachtnahme auf die einschlägigen Haager Übereinkommen dem Gerichtsstand des Wohnsitzes des Unterhaltsberechtigten als zusätzliche Anknüpfung beigefügt.
Das Zurverfügungstellen des Klägergerichtsstands wurde als sachgerecht angesehen, weil die Gerichte am Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten am besten in der Lage sind, die Unterhaltsbedürftigkeit festzustellen und den Unterhaltsbeitrag festzusetzen.
Diese Regelung ändert die derzeitigen österreichischen Vorschriften über die inländische Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit, weil nach derzeitigem Recht ein volljähriger Unterhaltsberechtigter einen Unterhaltsanspruch gegen einen Elternteil, Ehegatten oder geschiedenen Ehegatten vor einem österreichischen Gericht nur geltend machen kann, wenn eine örtliche Zuständigkeit zugunsten eines österreichischen Gerichts gegeben ist (Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt des beklagten Unterhaltsschuldners in Österreich bzw. allenfalls Vermögensgerichtsstand nach § 99 JN). In Zukunft wird also ein Ehegatte, geschiedener Ehegatte oder ein volljähriges Kind, das den Wohnsitz bzw. den gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat, die Unterhaltsklage gegen den Unterhaltsschuldner, der seinen Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat des Übereinkommens hat, in Österreich einbringen können.
Unterhaltsansprüche können aber auch im Zusammenhang mit Statusverfahren geltend gemacht werden, zumal eine Verbindung von Statusverfahren und Verfahren über Unterhaltsansprüche in den Vertragsstaaten durchaus üblich sind. Im zweiten Anwendungsfall der Z 2 wird jedoch verhindert, daß Unterhaltsentscheidungen als Annexentscheidungen zu Statusentscheidungen auf Grund exorbitanter Zuständigkeiten ergehen können, nämlich in Anknüpfung an der Staatsangehörigkeit nur einer der Parteien, was in Statussachen immer noch typisch ist (vgl. § 76 Abs. 2 Z 1 JN).
Für Unterhaltsabänderungsklagen des Unterhaltsschuldners gilt die Sonderregelung der Z 2 nicht; er hat die Klage am Beklagtenwohnsitz anzubringen.
Die Z 3 wurde ohne Änderungen aus dem Brüsseler Übereinkommen übernommen. Bei diesem Gerichtsstand hatte man ursprünglich an Ansprüche aus Verkehrsunfällen gedacht. Heute herrscht in den Vertragsstaaten Einigkeit darüber, daß auch Ansprüche aus Produkthaftung, aus unerlaubtem Wettbewerb, aus Verletzung von Immaterialgüterrechten, aus kartellrechtlichen Absprachen, aus Persönlichkeitsverletzungen oder aus grenzüberschreitenden Emissionen darunter fallen. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat ausdrücklich festgehalten, unter dem Ort, „an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, sei sowohl der Ort zu verstehen, an dem das schadensbegründende Ereignis stattgefunden hat, als auch der Ort, an dem Schaden eingetreten ist (Urteil vom 30. November 1976, Nr. 21/76); nicht dagegen ist darunter der Ort zu verstehen, an dem der Geschädigte einen Vermögensschaden in der Folge eines in einem anderen Vertragsstaat entstandenen und dort von ihm erlittenen Erstschadens erlitten zu haben behauptet (Urteil vom 19. September 1995, C‑364/93).
Diesbezüglich wird also der § 92a JN eine Ausweitung erfahren, sofern das Übereinkommen auf einen Schadenersatzanspruch Anwendung findet.
Festzuhalten ist noch, daß der Begriff „unerlaubte Handlung“ autonom zu qualifizieren ist. Das Gericht am Deliktsort ist dazu berufen, die Abgrenzung zwischen vertraglichen und deliktischen Ansprüchen vorzunehmen; es darf allerdings nur den deliktischen, nicht auch den vertraglichen Anspruch beurteilen (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 27. September 1988, Nr. 189/87).
Die Z 4, die ebenfalls unverändert aus dem Brüsseler Übereinkommen übernommen wurde, sieht für Zivilklagen auf Schadenersatz oder auf Wiederherstellung des früheren Zustands auch die Zuständigkeit des Strafgerichts vor, bei dem die „öffentliche Klage“ (Anklage, Strafantrag) erhoben worden ist, soweit dieses Gericht nach seinem Recht über zivilrechtliche Ansprüche erkennen darf (Anschluß als Privatbeteiligter).
Die Z 5 enthält einen Gerichtsstand für Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung und entspricht der gleichlautenden Bestimmung des Brüsseler Übereinkommens.
Die Z 6 (Gerichtsstand für trust‑Klagen) und die Z 7 (Gerichtsstand für Ansprüche aus Hilfeleistung in Seenot) sind unverändert aus dem Brüsseler Übereinkommen entnommen worden und werden für Österreich wohl nur geringe Bedeutung haben. Der aus dem angelsächsischem Recht kommende „trust“ verfügt nicht über eigene Rechtspersönlichkeit und wird prozeßrechtlich wie eine nicht rechtsfähige Gesellschaft behandelt (vgl. auch Artikel 53 Abs. 3).
Zum Artikel 6:
Neben den im Artikel 5 vorgesehenen Gerichtsständen sieht der Artikel 6 mit der Streitgenossenschaft (Z 1), der Gewährleistungs‑ bzw. Interventionsklage (Z 2), der Widerklage (Z 3) und dem Gerichtsstand des Sachzusammenhangs (Z 4) für vier im Zivilprozeßrecht allgemein oder zumindest weithin bekannte Institute einen besonderen Gerichtsstand vor. Der Grundgedanke dieser Bestimmung ist, Klagen, zwischen denen ein Zusammenhang besteht, vor demselben Gericht zu ermöglichen, um widersprechende Entscheidungen zu vermeiden.
Beim Gerichtsstand der Streitgenossenschaft (Z 1) wird vorausgesetzt, daß zwischen den Ansprüchen gegen die einzelnen Beklagten ein Zusammenhang besteht, wie dies zB bei Gesamtschuldnern der Fall ist (vgl. auch § 11 ZPO). Daraus ergibt sich, daß die Klage nicht allein zu dem Zweck erhoben worden sein darf, um einen der Beklagten der Gerichtsbarkeit seines Wohnsitzstaates zu entziehen. Dies wird im Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 27. September 1988, Nr. 189/87, bekräftigt.
Das Institut der Gewährleistungsklage (Z 2) ist französischen Ursprungs und einigen Vertragsstaaten nicht bekannt; stattdessen kennen diese die Streitverkündung. Diesem Umstand wurde im Artikel V des Protokolls Nr. 1 zum Übereinkommen Rechnung getragen; dort wird als Ausnahme (auch für Österreich) festgehalten, daß die in Artikel 6 Z 2 und Artikel 10 des Übereinkommens für eine Gewährleistungs‑ oder Interventionsklage vorgesehene Zuständigkeit nicht geltend gemacht werden kann; jede Person, die ihren Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat hat, kann in Österreich nach § 21 ZPO, der für die Streitverkündung gilt, vor Gericht geladen werden. Hingegen sind Entscheidungen, die in einem anderen Vertragsstaat am Gerichtsstand der Gewährleistungs‑ bzw. Interventionsklage ergangen sind, anzuerkennen und zu vollstrecken; dies wird im Artikel V Abs. 2 des eben genannten Protokolls Nr. 1 festgelegt. Der Umstand, daß diese Institute dem Recht des Vollstreckungsstaates nicht bekannt sind, stellt keinen Versagungsgrund dar. Gleiches gilt im Umkehrfall für die Streitverkündung. Mit der Frage der Vollstreckung eines französischen Garantieurteils (Artikel 6 Z 2) hat sich das OLG Hamburg in seiner Entscheidung vom 5. August 1993 befaßt (siehe IPRax 1995, S 362).
Auf Betreiben der EFTA‑Staaten wurde die Z 4 in das Übereinkommen aufgenommen, die eine Verbindung einer dinglichen mit einer schuldrechtlichen Klage beim Gericht des Lageorts des Grundstücks erlaubt (auf die Ausführungen im Jenard‑Möller‑Bericht wird besonders verwiesen).
Zum Artikel 6a:
Diese Bestimmung, die unverändert aus dem Brüsseler Übereinkommen übernommen wurde, erfaßt nur die selbständige Klage des Schiffseigentümers gegen einen Anspruchsprätendenten zum Zweck der Beschränkung seiner Haftung.
Zuständigkeit für Versicherungssachen (3. Abschnitt)
Die Artikel 7 bis 12a des Übereinkommens sehen eine in sich geschlossene Regelung für Klagen bzw. Streitigkeiten aus privatrechtlichen Versicherungsverhältnissen vor. Dazu zählen besonders die Verträge über Haftpflicht‑, Lebens‑, Unfalls‑, Feuer‑ und Sachversicherungen. Entscheidend ist, daß es sich um ein vertraglich begründetes Versicherungsverhältnis handelt. Gleichgültig ist es, ob der Vertrag freiwillig geschlossen wurde oder ob dazu eine gesetzliche Verpflichtung bestand (wie im Bereich der Haftpflichtversicherung). Der gesamte Bereich der Sozialversicherung fällt nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens (vgl. Artikel 1 Abs. 2 Z 3).
Zum Artikel 7:
Die Vorschriften des 3. Abschnitts gelten nur, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat; dies wird durch den Vorbehalt zum Artikel 4 klargestellt. Hinsichtlich der im Artikel 8 Abs. 2 vorgesehenen Ausnahme wird auf die diesbezüglichen Erläuterungen verwiesen.
Zum Artikel 8:
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Diese Bestimmung legt Gerichtsstände für Klagen des Versicherungsnehmers – dazu gehören auch der Versicherte und der Begünstigte – gegen den Versicherer fest.
Der Abs. 1 Z 2 schützt im besonderen Maß die schwächere Vertragspartei durch Schaffung eines Klägergerichtsstands, doch ist diese Rechtswohltat streng auf den Wohnsitz des Vertragspartners des Versicherers beschränkt; in Betracht kommt nur der Wohnsitzgerichtsstand des Versicherungsnehmers, nicht auch jener des Versicherten oder Begünstigten; letztere müßten am Wohnsitz des Versicherungsnehmers oder des Versicherers klagen.
Der Abs. 1 Z 3 nimmt auf den besonders im Großschadensbereich (Schiffe, Flugzeuge, Industrieanlagen) üblichen Umstand Bedacht, daß sich mehrere Versicherer die Deckung des Risikos teilen. Richtet sich die Klage gegen alle oder einzelne Mitglieder eines Konsortiums von Versicherern, so kann gegen alle oder auch nur einzelne Mitglieder an dem Ort geklagt werden, an dem der federführende Versicherer seinen Sitz hat.
Der im Abs. 2 vorgesehene Gerichtsstand wird für den Fall vorgesehen, daß der Hauptsitz der Versicherungsgesellschaft außerhalb der Vertragsstaaten liegt (zB in den USA), aber die Gesellschaft wenigstens in einem Vertragsstaat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung unterhält. Damit gelten für alle Streitigkeiten aus dem Betrieb der Niederlassung alle im Rahmen des 3. Abschnitts gegen den Versicherer eröffneten Zuständigkeiten. Folglich können ihm gegenüber nicht die (exorbitanten) Zuständigkeiten des autonomen Rechts mit der Begründung in Anspruch genommen werden, er habe seinen Wohnsitz/Sitz nicht in einem Vertragsstaat. Im Gegensatz zum Artikel 5 Z 5 (dort werden die inländische Gerichtsbarkeit (internationale Zuständigkeit) und die örtliche Zuständigkeit festgelegt) legt der Abs. 2 nur die inländische Gerichtsbarkeit (internationale Zuständigkeit) fest.
Zu den Artikeln 9 und 10:
Für den Bereich der Haftpflichtversicherung werden durch diese Bestimmungen einige weitere Gerichtsstände für die Versicherungsnehmerseite zur Verfügung gestellt.
Ist eine allgemeine Haftpflichtversicherung oder eine Immobiliarversicherung abgeschlossen worden, so kann der Versicherer nach Artikel 9 auch vor den Gerichten des Ortes geklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist; bei Verkehrs‑ oder Sportunfällen wird dies der Unfallsort sein, bei Immobiliarschäden der Lageort des versicherten Grundstücks.
Nach Artikel 10 Abs. 1 soll der beklagte Versicherte die Möglichkeit haben, seinen Versicherer durch Streitverkündung allenfalls durch Gewährleistungsklage (vgl. Artikel 6 Z 2) vor denselben Richter zu ziehen. Auf den Umstand, daß die für eine Gewährleistungs‑ oder Interventionsklage vorgesehene Zuständigkeit in Österreich nicht geltend gemacht werden kann, wurde bereits in den Erläuterungen zum Artikel 6 Z 2 verwiesen (vgl. auch Artikel V des Protokolls Nr. 1).
Der Artikel 10 Abs. 2 geht von dem im heutigen materiellen Haftpflichtrecht weit verbreiteten Umstand aus, daß dem Geschädigten ein unmittelbares Klagerecht gegen den Versicherer des Schädigers eingeräumt wird. Sieht das auf den Anspruch anzuwendende Recht ein solches unmittelbares Forderungsrecht vor, so räumt der Artikel 10 Abs. 2 dem Geschädigten gegen den Versicherer die gleichen Gerichtsstände ein, die nach den Artikeln 7 bis 9 dem Versicherungsnehmer zustehen.
Weiters gestattet es Artikel 10 Abs. 3 dem beklagten Versicherer, den Versicherungsnehmer oder Versicherten durch Streitverkündung vor denselben Richter zu ziehen. Dies ist besonders dort von Interesse, wo der Versicherer auf Grund des Verhaltens des Versicherten gegen diesen oder den Versicherungsnehmer Regreßansprüche geltend machen kann. Regreßanspruch und Streitverkündung gegen den Regreßverpflichteten sind allerdings nicht Sache des gegenständlichen Übereinkommens, sondern des auf den Sachverhalt anzuwendenden Rechts.
Zum Artikel 11:
Für Klagen des Versicherers steht nur der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten zur Verfügung (Wohnsitz); gleichgültig ist, ob der Beklagte Versicherungsnehmer, Versicherter oder Begünstigter ist. Ausnahmen bestehen für den Fall der Streitverkündung (Artikel 10 Abs. 3 des Übereinkommens) und der Widerklage.
Zum Artikel 12:
Von den in den Artikeln 8 bis 11 vorgesehenen Gerichtsständen kann – zum Schutz der Versicherungsnehmerseite – nur durch eine nach dem Entstehen des Rechtsstreits (Z 1) geschlossene Gerichtsstandsvereinbarung, sonst nur unter den im Artikel 12 Z 2 bis 4 genannten Voraussetzungen abgewichen werden.
Besonders gelagert ist die Ausnahme der Z 5, die die Großrisikodeckung für Transporte zu Wasser und in der Luft erfaßt (Artikel 12a). Da an diesen Versicherungsverträgen wohl kaum geschäftsunerfahrene Einzelpersonen beteiligt sind, sind Gerichtsstandsvereinbarungen unbegrenzt zulässig.
Zum Artikel 12a:
In dieser Bestimmung werden die im Artikel 12 Z 5 des Übereinkommens erwähnten Risiken näher ausgeführt (Schäden an den Transportmitteln oder der transportierten Ware, aber auch Schäden, die vom Transportmittel oder vom Transportgut ausgehen bzw. von einem der beiden am anderen verursacht werden).
Zuständigkeit für Verbrauchersachen (4. Abschnitt)
Ähnlich wie die Artikel 7 bis 12a für Versicherungsverträge, sehen die Artikel 13 bis 15 eine Sonderregelung für Klagen im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen vor. Diese Sonderregelung ist im Hinblick auf den verfahrensrechtlichen Schutz der schwächeren Vertragspartei geschaffen worden. Auch hier wird – wie bereits im 3. Abschnitt – zwischen Klagen unterschieden, die der Verbraucher gegen den Verkäufer oder den Darlehensgeber einreicht, und Klagen, die eine dieser Personengruppen gegen den Verbraucher richtet.
Diese Bestimmungen sind unverändert aus dem Brüsseler Übereinkommen übernommen worden.
Zum Artikel 13:
Die Umschreibung der Verbraucherverträge deckt sich mit Artikel 5 Abs. 1 des Römer Übereinkommens und entspricht auch dem § 1 des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG), weil nach herrschender Auffassung diese Bestimmung nur anzuwenden ist, wenn eine Person, die bewegliche Sachen liefert oder Dienstleistungen erbringt oder einen Kredit gewährt, im Rahmen ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt. Inhaltlich geht es um drei Tatbestände: Um den Kauf einer beweglichen Sache auf Teilzahlung (Z 1), um ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen zur Finanzierung eines solchen Kaufs oder um ein ähnliches Kreditgeschäft (Z 2) und ganz allgemein um die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen in den Fällen, in denen Werbung und Angebot zum Vertragsabschluß sowie die Annahme durch den Käufer in dessen Wohnsitzstaat erfolgt sind (Z 3).
Der Abs. 2 enthält eine dem Artikel 8 Abs. 2 analoge Regelung für Verbrauchersachen.
Reine Beförderungsverträge sind nach Abs. 3 ausgeschlossen, weil es hinsichtlich der Personenbeförderung bereits ein dichtes Netz multilateraler Staatsverträge gibt. Pauschalreiseverträge, die durch eine Kombination verschiedener Einzelleistungen gekennzeichnet sind (zB Beförderung, Unterbringung, Verpflegung, Reiseleitung), fallen in den Anwendungsbereich des Übereinkommens.
Zum Artikel 14:
Klagt der Verbraucher, so kann er seine Klage nach Abs. 1 entweder bei den Gerichten seines Wohnsitzstaates oder bei Gerichten des Wohnsitzstaates des Beklagten einbringen. Es wird aber nur die inländische Gerichtsbarkeit (internationale Zuständigkeit) und nicht die örtliche Zuständigkeit geregelt, sodaß allenfalls eine Ordination nach § 28 Abs. 1 Z 1 JN vorzunehmen ist (s. bereits RV 669 BlgNR 15. GP zum Artikel I Z 6/§28 JN). Die Gerichte des Wohnsitzstaates des Verbrauchers sind aber nur dann zuständig, wenn die andere Vertragspartei ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat oder dies im Sinn des Artikels 13 Abs. 2 zu fingieren ist (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. September 1994, C‑318/93).
Wird die Klage vom Verkäufer oder Darlehensgeber erhoben, so kann sie nur bei den Gerichten des Wohnsitzstaates des Beklagten eingebracht werden (Abs. 2; vgl. § 14 KSchG).
Die Vorschriften über die Widerklage (vgl. § 96 JN) bleiben selbstverständlich unberührt (Abs. 3).
Zum Artikel 15:
Wie schon für Versicherungssachen, wird die Möglichkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung auch für Verbrauchersachen eingeschränkt. Eine Gerichtsstandsvereinbarung ist grundsätzlich nur nach Entstehen des Rechtsstreits zulässig (Z 1). Eine vor Entstehen des Rechtsstreits geschlossene Gerichtsstandsvereinbarung ist nur zulässig, wenn sie zugunsten des Verbrauchers noch andere, ihm günstigere Gerichtsstände zur Verfügung stellt (Z 2) oder wenn sie für beide Parteien den gemeinsamen Wohnsitz oder den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt als Gerichtsstand festschreiben will. In diesem Zusammenhang wird auf § 14 KSchG verwiesen.
Ausschließliche Zuständigkeiten (5. Abschnitt)
Zum Artikel 16:
Neben dem allgemeinen Gerichtsstand (Artikel 2), den Wahlgerichtsständen (Artikel 5 bis 6a) und den besonderen Gerichtsständen (Artikel 7 bis 15) sieht das Übereinkommen im Artikel 16 fünf ausschließliche Gerichtsstände vor. Sie betreffen Immobiliar‑, Gesellschafts‑, Register‑, Patent‑ und Musterschutz‑ sowie Zwangsvollstreckungssachen.
Im Artikel 16 wird die Zuständigkeit zwingend und ausschließlich festgelegt. Dies wird durch den Artikel 19 bekräftigt, wonach die Gerichte jedes Vertragsstaates sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären haben, sobald den Gerichten eines anderen Vertragsstaates eine ausschließliche Zuständigkeit nach Artikel 16 zukommt. Im Vergleich zu den Artikeln 2 bis 15 des Übereinkommens, die den Wohnsitz des Beklagten in einem der Vertragsstaaten voraussetzen, stellt der Artikel 16 einzig auf die enge Beziehung des Streitgegenstands zum Gericht ab, ohne daß es auf den Wohnsitz der Parteien ankommt.
Nach Z 1 sind Klagen, die dingliche Rechte an einer Liegenschaft sowie die Miete oder Pacht einer Liegenschaft betreffen, ausschließlich bei den Gerichten des Vertragsstaates einzubringen, in dem die Liegenschaft gelegen ist (vgl. §§ 81, 83 und 91 JN).
Auf Grund der Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zur Frage der Miete oder Pacht von Liegenschaften haben die EFTA‑Staaten die Herauslösung der Miet‑ und Pachtverhältnisse aus der Z 1 gefordert. Besonders das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Jänner 1985, Nr. 241/83, das einen Rechtsstreit zwischen dem deutschen Eigentümer einer in Italien gelegenen Liegenschaft (Ferienhaus) und dem ebenfalls deutschen Mieter über die Auslegung des Mietvertrages sowie den Ersatz für Beschädigung und Nebenkosten betroffen hat, wurde als höchst unbefriedigend angesehen; der Gerichtshof hat beide Parteien an die italienischen Gerichte verwiesen, die für die Entscheidung dieser Fragen ausschließlich zuständig seien (auf Grund des Artikel 16 Z 1 des Brüsseler Übereinkommens). Im Sinn eines Kompromisses ist wenigstens für kurzfristige Mieten (etwa Miete von Ferienhäusern) eine Ausnahme in der Z 1 lit. b vorgesehen. Mit der Beschränkung auf Privatpersonen sollte den Bedenken der Mittelmeeranrainerstaaten Rechnung getragen werden, die befürchten, ihre Liegenschaftseigentümer könnten durch Gesellschaftsgründungen im Ausland die lokale Mieterschutzgesetzgebung unterlaufen; gleichzeitig wollte man sicherstellen, daß sich auch ausländische Immobiliengesellschaften an die lokale Preispolitik halten. Trotz dieser restriktiven Fassung wird durch Artikel Ib des Protokolls Nr. 1 eine Vorbehaltsmöglichkeit bei der Anerkennung und Vollstreckung solcher Urteile eingeräumt (von dieser hat bisher nur Frankreich Gebrauch gemacht).
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, daß das Brüsseler Übereinkommen durch Artikel 6 des Beitrittsübereinkommens 1989 (anläßlich des Beitritts von Portugal und Spanien) hinsichtlich des Artikels 16 Z 1 lit. b entsprechend angepaßt wurde (allerdings mit zwei Ausnahmen: einmal müssen beide Vertragsparteien natürliche Personen sein und nicht bloß außerhalb des Lagestaates wohnen, sondern im gleichen Vertragsstaat ihren Wohnsitz haben; zum anderen wurde auf den Vorbehalt nach Artikel Ib des Protokolls Nr. 1 des Lugano Übereinkommens verzichtet – also keine Übernahme in das Brüsseler Übereinkommen).
Schließlich ist noch auf die neuere Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zum Artikel 16 Z 1 des Brüsseler Übereinkommens zu verweisen. Im Urteil vom 17. Mai 1994, C‑294/92, hat der Gerichtshof diese Bestimmung dahingehend ausgelegt, daß eine Klage auf Feststellung, eine Person halte eine Liegenschaft als „trustee“, und auf Verpflichtung dieser Person zur Ausstellung von Schriftstücken, deren es bedarf, damit der Kläger Inhaber der „legal ownership“ werde, keine dingliche Klage im Sinn des Artikels 16 Z 1 des Brüsseler Übereinkommens ist. In einem weiteren Urteil vom 9. Juni 1994, C‑292/93, hat der Gerichtshof entschieden, eine Klage auf Entschädigung für gezogene Nutzungen einer Wohnung nach einer Eigentumsübertragung, deren Nichtigkeit festgestellt worden ist, falle ebenfalls nicht unter den Artikel 16 Z 1 des Brüsseler Übereinkommens.
Die gegenüber dem Brüsseler Übereinkommens unverändert übernommenen weiteren Fälle betreffen Klagen des Gesellschaftsrechts (Z 2) – vgl. §§ 83b und 92b JN –, Klagen wegen Gültigkeit und Wirkungen von Registereintragungen (Z 3) – vgl. §§ 83b und 92b JN –, Klagen betreffend gewerbliche Schutzrechte, wie die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten, Warenzeichen, Mustern sowie ähnliche Rechte (Z 4) – vgl. § 83c JN – und Verfahren, die die Zwangsvollstreckung zum Gegenstand haben (Z 5). Unter die letztgenannten Z 5 werden Oppositionsklagen und Exszindierungsklagen zu subsumieren sein (§§ 35 bis 37 EO).
Vereinbarung über die Zuständigkeit (6. Abschnitt)
In den Artikeln 17 und 18 werden die Gerichtsstandsvereinbarung und die Streiteinlassung geregelt.
Zum Artikel 17:
Der Abs. 1 stellt hauptsächlich auf die Formerfordernisse ab, denen Gerichtsstandsvereinbarungen entsprechen müssen. Die Frage der Rechtswirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung (zB bei Einigungsmangel) muß durch das anzuwendende Recht entschieden werden. Die Bestimmung wurde gegenüber dem Artikel 17 Abs. 1 des Brüsseler Übereinkommens klarer gefaßt, wobei sich die lit. c nunmehr an den Artikel 9 Abs. 2 des VN‑Übereinkommens über Verträge über den internationalen Warenkauf (sogenanntes Wiener Kaufrechtsübereinkommen) anlehnt.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß den Formerfordernissen des Artikel 17 nicht dadurch entsprochen wird, daß ein Vertragsanbot von der anderen Seite unter Beifügung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen angenommen wird, die eine Gerichtsstandsklausel enthalten. Das gilt auch dann, wenn der Vertrag im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen geschlossen wurde, denen insgesamt diese Allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde lagen (vgl. Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs vom 9. März 1994, VIII ZR 185/92, in NJW 1994, 2699 f.).
Die Abs. 2 bis 4 entsprechen dem Brüsseler Übereinkommen.
In dem von den EFTA‑Staaten vorgeschlagenen Abs. 5 wird festgelegt, daß bei individuellen Arbeitsverträgen Gerichtsstandsvereinbarungen nur dann rechtswirksam sind, wenn sie nach der Entstehung des Rechtsstreits getroffen wurden. Diese Bestimmung schützt den sozial schwächeren Vertragsteil (vgl. § 9 Abs. 1 ASGG).
Festzuhalten ist, daß diese Lösung in das Beitrittsübereinkommen 1989 zum Brüsseler Übereinkommen übernommen wurde, der Schutz des Arbeitnehmers wurde aber stärker betont.
Eine Gerichtsstandsvereinbarung bewirkt die ausschließliche Zuständigkeit des prorogierten Gerichts. Wird dennoch ein anderes (derogiertes) Gericht angerufen und läßt sich der Beklagte in den Rechtsstreit nicht ein, so hat sich das Gericht von Amts wegen für unzuständig zu erklären (Artikel 20).
Zum Artikel 18:
Ein an sich nach dem Übereinkommen nicht zuständiges Gericht wird dadurch zuständig, daß sich der Beklagte vorbehaltlos auf das Verfahren einläßt (ausgenommen davon sind die ausschließlichen Zuständigkeiten auf Grund des Artikels 16). Nicht als Einlassung ist es anzusehen, wenn der Beklagte nur tätig wird, um die fehlende Zuständigkeit zu rügen; dasselbe gilt, wenn sich der Beklagte eventualiter, also nur für den Fall, daß seine Zuständigkeitsrüge nicht akzeptiert wird, zur Hauptsache äußert (Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 24. Juni 1981, Nr. 150/80, und vom 22. Oktober 1981, Nr. 27/81).
Prüfung der Zuständigkeit und der Zulässigkeit des Verfahrens (7. Abschnitt)
Anders als die für Österreich in Kraft stehenden bilateralen Vollstreckungsverträge, die die Zuständigkeitskontrolle dem Vollstreckungsgericht zuweisen, wird im gegenständlichen Übereinkommen ein wesentlicher Teil der Zuständigkeitskontrolle in das Titelverfahren im Ursprungsstaat vorverlegt. Dadurch wird das Vollstreckungsverfahren wesentlich entlastet.
Zum Artikel 19:
Diese Bestimmung wiederholt, daß die Zuständigkeit des Artikels 16 Priorität vor jeder anderen Zuständigkeit hat und dies von Amts wegen zu beachten ist.
Zum Artikel 20:
Im Hinblick auf den Abs. 1 hat das angerufene Gericht zu prüfen, ob es im Sinn des Übereinkommens zuständig ist, wenn der säumige Beklagte, der sich auf das Verfahren nicht einläßt, seinen Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat hat. Ist keine Zuständigkeit gegeben, so hat sich das Gericht von Amts wegen für unzuständig zu erklären (zB wenn eine beim österreichischen Gericht eingebrachte Klage auf § 99 JN gestützt wird und der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat). Eine Zurückweisung der Klage a limine ist nicht zulässig.
Wenn das angerufene Gericht seine Unzuständigkeit nicht bemerkt oder verabsäumt, sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären, so ist das ergangene Urteil trotz der Verletzung des Artikels 20 Abs. 1 wirksam und muß unter den Voraussetzungen des Artikels 27 in den anderen Vertragsstaaten anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden; die internationale Zuständigkeit wird ja grundsätzlich nicht nachgeprüft (vgl. Artikel 28 Abs. 4). Der Beklagte muß sohin gegen die Entscheidung eines Gerichtes, das sich zu Unrecht für international zuständig erachtet hat, die zulässigen Rechtsmittel einlegen, um eine Zurückweisung der Klage mangels inländischer Gerichtsbarkeit (internationaler Zuständigkeit) zu erwirken. Andernfalls muß er die Sachentscheidung gegen sich gelten lassen.
Selbst wenn das Gericht zuständig ist, so ist dennoch im Hinblick auf den Abs. 2 das Verfahren solange nicht fortzusetzen, bis festgestellt ist, daß dem Beklagten die Klagsgleichschrift (allenfalls der Zahlungsbefehl) ordnungsgemäß und so rechtzeitig zugegangen ist, daß er genügend Zeit gehabt hätte, seine Verteidigung zu organisieren. Er geht eine Entscheidung, obwohl dem Beklagten das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich verteidigen konnte, so wird die Entscheidung in den anderen Vertragsstaaten nicht anerkannt (vgl. Artikel 27 Z 2).
Vor Erlassung eines Versäumungsurteils (§§ 396 und 398 Abs. 1 ZPO) werden sohin die im Abs. 1 und 2 festgelegten Überprüfungen vorzunehmen sein (siehe besonders Jenard‑Bericht zum Artikel 20 und Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht4, Rz. 2 und 4 zum Artikel 20).
Für die Zustellungen in einem anderen Vertragsstaat sind die multilateralen Rechtshilfeübereinkommen (Haager Prozeßübereinkommen 1954) und die bilateralen Rechtshilfeverträge maßgebend (vgl. Artikel IV Abs. 1 des Protokolls Nr. 1; die im Abs. 2 vorgesehene Zustellart soll wegen des zu erhebenden Widerspruchs für Österreich nicht zum Tragen kommen; vgl. die Erläuterungen zum Artikel IV des Protokolls Nr. 1).
Österreich hat das im Abs. 3 genannte Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil‑ und Handelssachen bisher nicht ratifiziert.
Rechtshängigkeit und im Zusammenhang stehende Verfahren (8. Abschnitt)
Zum Artikel 21:
Bei Identität der Parteien und Gleichheit des Klagsanspruchs hat das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen auszusetzen, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht (Abs. 1). Das später angerufene Gericht erklärt sich sohin nur dann zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig, wenn dessen Zuständigkeit feststeht (Abs. 2). Dies bedeutet eine Änderung gegenüber dem § 233 Abs. 1 ZPO, wonach bei Vorliegen der Streitanhängigkeit die Klage zurückzuweisen ist.
Besonders darauf hinzuweisen ist, daß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die im Artikel 21 zur Umschreibung der Rechtshängigkeit verwendeten Begriffe autonom interpretiert. Die vertragsautonome Interpretation fördert die Ziele des Übereinkommens, den Rechtsschutz innerhalb der Gemeinschaft zu verstärken, namentlich die Anerkennung und Vollstreckung der in einem Vertragsstaat ergangenen gerichtlichen Entscheidungen zu erleichtern. Bei einer sachgerechten Begriffsbestimmung kann nämlich der Artikel 21 den Eintritt der im Artikel 27 Z 3 geregelten Situation verhindern (Nichtanerkennung einer Entscheidung wegen Unvereinbarkeit mit einer Entscheidung, die zwischen denselben Parteien im Anerkennungsstaat ergangen ist). In seinem Urteil vom 8. Dezember 1987, Nr. 144/86, hat der Gerichtshof folgendes ausgesprochen: „Der Begriff der Rechtshängigkeit im Sinn von Artikel 21 umfaßt den Fall, daß eine Partei vor dem Gericht eines Vertragsstaates die Feststellung der Unwirksamkeit oder die Auflösung eines internationalen Kaufvertrags begehrt, während eine Klage der anderen Partei auf Erfüllung desselben Vertrages vor dem Gericht eines anderen Vertragsstaates anhängig ist.“
Der Zeitpunkt, wann die Rechtshängigkeit eintritt, wird im Übereinkommen nicht genannt. Dieser ist für jedes der betroffenen Gerichte nach seinen nationalen Rechtsvorschriften zu beurteilen (für Österreich vgl. § 232 Abs. 1 ZPO).
Zum Artikel 22:
Diese Bestimmung soll verhindern, daß Klagen, die in einem sachlichen Zusammenhang stehen, von den Gerichten verschiedener Vertragsstaaten behandelt werden und es sohin zu widersprechenden Entscheidungen kommen kann. Der Abs. 3 gibt Anhaltspunkte für einen solchen Sachzusammenhang.
Der Artikel 22 eröffnet einen formellen Weg zur Koordination der beiden Verfahren. Zulässigkeit, Voraussetzungen und allenfalls die Pflicht zur Verbindung der beiden Verfahren ist hingegen Sache der beteiligten einzelstaatlichen Prozeßrechte.
Zum Artikel 23:
Diese Bestimmung regelt die Einbringung von Klagen – die Identität der Parteien und die Gleichheit des Klagsanspruchs vorausgesetzt – bei mehreren ausschließlich zuständigen Gerichten. Solche Kompetenzkonflikte werden in der Praxis freilich äußerst selten sein.
Einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind (9. Abschnitt)
Zum Artikel 24:
Diese Bestimmung dient dem einstweiligen Rechtsschutz und legt fest, daß sich dieser örtlich und sachlich nach innerstaatlichem Recht und nicht nach dem Übereinkommen richtet; in die örtliche und sachliche Zuständigkeit des wegen einstweiliger Maßnahmen angerufenen Gerichts greift das Übereinkommen nicht ein.
Der Begriff der einstweiligen Maßnahmen wird im Übereinkommen nicht näher definiert; einen Hinweis gibt der Artikel 24 dadurch, daß es sich um Maßnahmen handelt, „die auf eine Sicherung gerichtet sind.“ Dazu zählen sicherlich einstweilige Verfügungen in Ehe‑ und Kindschaftssachen; siehe auch §§ 379 und 381 EO.
Sachlich werden vom Artikel 24 nur solche Maßnahmen erfaßt, die im Sinn des Artikels 1 in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen.
Titel III (Anerkennung und Vollstreckung)
Wie bereits dargelegt, soll durch das Übereinkommen soweit wie möglich die Freizügigkeit der Urteile hergestellt werden. In diesem Sinn ist das Übereinkommen auszulegen. Diese liberale Einstellung findet im Titel III ihren Ausdruck, einmal in der Beschränkung der Versagungsgründe, zum anderen in der Vereinfachung des Verfahrens der Zwangsvollstreckung.
Zum Artikel 25:
Das Übereinkommen findet auf die Anerkennung und Vollstreckung aller gerichtlicher Entscheidungen aus einem Vertragsstaat Anwendung, gleichgültig ob die Entscheidung als Urteil, Beschluß, Vollstreckungsbefehl oder Kostenentscheidung bezeichnet wird. Selbstverständlich muß die Entscheidung in den sachlichen (Artikel 1) und in den zeitlichen Anwendungsbereich (Artikel 54) des Übereinkommens fallen. Nicht erforderlich ist für das Vorliegen einer Entscheidung im Sinn des Artikels 25, daß sie einen internationalen Sachverhalt betrifft. Die erforderliche Auslandsbeziehung im Anerkennungs‑ und Vollstreckungsteil, dessen Anwendungsvoraussetzungen von denen des Zuständigkeitsteils unabhängig sind, ist schon dadurch gegeben, daß die Entscheidung eines reinen Inlandsfalls später in einem anderen Vertragsstaat vollstreckt werden soll.
Prozeßvergleiche sind keine „Entscheidungen“; sie werden nach Artikel 51 unter denselben Bedingungen wie öffentliche Urkunden vollstreckt.
Anerkennung (1. Abschnitt)
In den Artikeln 26 bis 30 werden die Voraussetzungen und das Verfahren der Anerkennung geregelt und es wird angegeben, aus welchen Gründen einer ausländischen Entscheidung die Anerkennung zu versagen ist.
Zum Artikel 26:
Der Abs. 1 stellt den Grundsatz auf, daß Entscheidungen im Sinn des Artikels 25 anzuerkennen sind, ohne daß es hiefür eines besonderen Verfahrens bedarf; die Anerkennung erfolgt sohin ipso iure.
Da mitunter ein Bedürfnis nach rechtskräftiger Klärung der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung besteht (etwa Entscheidungen, die einer Vollstreckbarerklärung nicht zugänglich sind, wie Feststellungs‑ und Gestaltungsurteile), verpflichtet der Abs. 2, eine Feststellung zum Zweck der Anerkennung zuzulassen. Da ein besonderes Feststellungsinteresse – anders als beim § 228 ZPO – keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Antrags ist, ist innerstaatlich entsprechend Vorsorge zu treffen (vgl. § 85 EO idF der EO‑Novelle 1995 betreffend die Möglichkeit der Feststellung der Anerkennung einer ausländischen vermögensrechtlichen Entscheidung). Aus dem Wortlaut des Abs. 2 ergibt sich, daß nur ein positives Feststellungsbegehren gestellt werden kann, nicht dagegen ein negatives.
Nach Abs. 3 kann jedes Gericht über die Anerkennungsfrage entscheiden, wenn davon das Ergebnis im betreffenden Rechtsstreit abhängt und die Anerkennung verlangt wird. Daß dabei keine Bindung für ein späteres Verfahren entstehen darf, ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung, noch aus dem Jenard‑Bericht. Der Abs. 3 wird innerstaatlich durch § 236 Abs. 3 ZPO abgesichert.
Zum Artikel 27:
Diese Bestimmung zählt fünf Versagungsgründe auf, die alle verfahrensrechtlicher Natur sind.
In der Z 1 ist die öffentliche Ordnung (ordre public) des Anerkennungsstaates maßgebend. Aus dem Jenard‑Bericht ergibt sich, daß der ordre public nur in Ausnahmefällen eine Rolle spielen darf (darauf beruft sich auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft in seinem Urteil vom 4. Februar 1988, Nr. 145/86). Dieser Forderung wird die österreichische Rechtsordnung gerecht, da ohnedies nur untragbar erscheinende Verstöße gegen die inländische Rechtsordnung zur Versagung der Anerkennung berechtigen (s. § 6 IPR‑Gesetz).
Ein Verstoß gegen die Zuständigkeit darf niemals eine Versagung der Anerkennung nach Z 1 nach sich ziehen (vgl. Artikel 28 Abs. 4).
Der Versagungsgrund der Z 2 betrifft in erster Linie Versäumungsurteile; gewährleistet wird die Beachtung des rechtlichen Gehörs, und zwar für den besonders wichtigen Fall der fehlerhaften oder nicht rechtzeitigen Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks. Aus dem Jenard‑Bericht und der Rechtsprechung des Gerichshofs der Europäischen Gemeinschaft ist zu folgern, daß es sich um zwei gesonderte und kumulative Garantien für den Beklagten handelt, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat. Deshalb genügt das Fehlen einer dieser beiden Garantien für die Versagung der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung (s. besonders das Urteil vom 12. November 1992, C‑123/91).
Die Heilung von Zustellungsmängeln ist – ebenso wie die Zustellung selbst – im Übereinkommen nicht geregelt. Sie richtet sich nach dem Recht des Urteilsstaates.
Die Unvereinbarkeit der Entscheidung mit einer im Anerkennungsstaat ergangenen Entscheidung ist als weiterer Versagungsgrund in der Z 3 vorgesehen. Auch dieser Versagungsgrund muß restriktiv ausgelegt werden; Entscheidungen sind wohl nur dann miteinander unvereinbar, wenn ihre Ergebnisse einander widersprechen, wenn sie Rechtsfolgen haben, die sich gegenseitig ausschließen. Eine abändernde Unterhaltsentscheidung ist dies sicherlich nicht, weil jeder Unterhaltsentscheidung die clausula rebus sic stantibus innewohnt. Ein im Anerkennungsstaat geschlossener gerichtlicher Vergleich stellt keine „Entscheidung“ dar, die der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung nach Z 3 entgegenstehen kann (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 2. Juni 1994, C‑414/92).
Die Unvereinbarkeit mit einer Entscheidung aus einem anderen Vertragsstaat ist in der Z 3 nicht geregelt; hier wird wohl der Grundsatz der zeitlichen Priorität (Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung) herangezogen werden müssen.
Hinsichtlich des Versagungsgrundes der Unvereinbarkeit mit einer früheren anerkennungsfähigen Entscheidung aus einem Nichtvertragsstaat ist auf die Z 5 zu verweisen. Maßgebend ist hier die zeitliche Priorität. Die Z 5 verlangt – gegenüber der Z 3 – zusätzlich, daß die Entscheidung wegen desselben Anspruchs ergangen ist.
In der Z 4 schließlich wird der Widerspruch zum internationalen Privatrecht des Anerkennungsstaates als Versagungsgrund normiert. Der Widerspruch zu einer Vorschrift des internationalen Privatrechts des Anerkennungsstaates besteht darin, daß das Gericht im Ursprungsstaat auf eine der in der Z 4 genannten Vorfragen ein anderes Recht angewandt hat, als das vom internationalen Privatrecht des Anerkennungsstaates bezeichnete; die Anerkennung kann aber nur versagt werden, wenn dieser Widerspruch zu einem anderen Ergebnis geführt hat. Im Interesse einer beschleunigten Prüfung wird davon auszugehen sein, daß das Gericht des Anerkennungsstaates analog dem Artikel 28 Abs. 3 an die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts gebunden ist.
Zum Artikel 28:
In den herkömmlichen bilateralen und multilateralen Vollstreckungsabkommen stellt der Nachweis darüber, daß das Gericht im Ursprungsstaat zur Beurteilung der Rechtssache international zuständig war, die erste und wichtigste Anerkennungsvoraussetzung dar. Das gegenständliche Übereinkommen dreht in diesem Punkt die Positionen um. Als Folge des dem Übereinkommen zugrundeliegenden Automatismus bei der Anerkennung (Artikel 26 Abs. 1) gilt für jede in einem Vertragsstaat ergangene Entscheidung die Vermutung, das Urteilsgericht sei beim Erlaß der betreffenden Entscheidung international zuständig gewesen. Wer diese Vermutung in Frage stellen will, hat dies mit Hilfe eines entsprechenden Einwands nach Artikel 28 zu tun. Eine Ausnahme vom Nachprüfungsverbot besteht jedoch nur hinsichtlich der Gerichtsstände in Versicherungs‑ und Verbrauchersachen sowie hinsichtlich der ausschließlichen Zuständigkeiten (3., 4. und 5. Abschnitt des Titels II). Überdies können bilaterale Vereinbarungen im Sinn des Artikels 59, die gleichsam als Garantie gegen exorbitante Gerichtsstände geschlossen worden sind, zur Versagung der Anerkennung führen (Näheres siehe die Erläuterungen zum Artikel 59).
In diesem Zusammenhang ist auch auf den Vorbehalt der Schweiz nach Artikel Ia des Protokolls Nr. 1 zu verweisen, wonach unter den dort genannten Voraussetzungen eine Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in der Schweiz versagt wird, wenn sich die Zuständigkeit des Gerichts im Ursprungsstaat ausschließlich auf den Artikel 5 Z 1 gestützt hat (Erfüllungsort). Von der Vorbehaltsmöglichkeit nach Artikel Ib des Protokolls Nr. 1 (im Hinblick auf die Zuständigkeit nach Artikel 16 Z 1 lit. b) hat bisher nur Frankreich Gebrauch gemacht.
Der Abs. 2 gestattet die Versagung der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung, die unter Mißachtung eines Gerichtsstands des Übereinkommens ergangen ist (Artikel 54b Abs. 3, der das Verhältnis des gegenständlichen Übereinkommens zum Brüsseler Übereinkommen regelt); eine Einrede nach Artikel 54b Abs. 3 ist sowohl hinsichtlich des allgemeinen Gerichtsstands (Artikel 2) als auch der Wahlgerichtsstände (Artikel 5 bis 6a) zulässig. Überdies wird Gerichtsständen aus multilateralen Spezialübereinkommen (Artikel 57 Abs. 4) Vorrang eingeräumt; durch die Möglichkeit der Versagung der Anerkennung wird es den Vertragsstaaten möglich gemacht, ihre anderweitigen staatsvertraglichen Verpflichtungen (aus den im Artikel 57 Abs. 1 genannten Spezialübereinkommen) zu erfüllen (s. die Erläuterungen zum Artikel 57).
Durch die im Abs. 3 angeordnete Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts sollen Verschleppungsversuche verhindert werden.
Das Nachprüfungsverbot hinsichtlich der Zuständigkeit des Erstgerichts wird im Abs. 4 ausdrücklich festgelegt.
Zum Artikel 29:
Diese Bestimmung enthält einen wichtigen, im internationalen Zivilprozeßrecht allgemein anerkannten Grundsatz. Es wird das Verbot der sogenannten „revision au fond“ statuiert. Gleichartige Bestimmungen finden sich in fast allen von Österreich geschlossenen bilateralen Vollstreckungsverträgen. Es darf also grundsätzlich nicht nachgeprüft werden, ob im erststaatlichen Verfahren Fehler unterlaufen sind, ob die Tatsachen richtig festgestellt und gewürdigt wurden und ob das internationale Privatrecht sowie das materielle Recht zutreffend angewandt wurden (Ausnahme hinsichtlich des internationalen Privatrechts: vgl. die Erläuterungen zum Artikel 27 Z 4).
Zum Artikel 30:
Diese Bestimmung ermöglicht die Aussetzung des zweitstaatlichen Verfahrens zur Vermeidung von widersprüchlichen Entscheidungen, wenn eine noch nicht rechtskräftige Entscheidung Gegenstand eines Verfahrens auf Anerkennung ist, sofern gegen diese Entscheidung im Ursprungsstaat ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt wird. Der Anwendungsbereich der Vorschrift erstreckt sich nur auf die Anerkennung nach Artikel 26 Abs. 3, nicht aber auf das Feststellungsverfahren nach Artikel 26 Abs. 2, weil für dieses auf Grund einer entsprechenden Verweisung die Regelung des Artikels 38 gilt.
Der Abs. 2 enthält eine Sonderregelung für Großbritannien und Irland.
Vollstreckung (2. Abschnitt)
Der 2. Abschnitt enthält Regelungen über das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung; entgegenstehende Normen des innerstaatlichen Rechts werden verdrängt. Das Übereinkommen bezeichnet die örtlich und sachlich zuständigen Behörden, umschreibt die Modalitäten des Verfahrens und gibt Auskunft über den Rechtsmittelweg.
Zum Artikel 31:
Nach Abs. 1 werden in einem Vertragsstaat ergangene vollstreckbare Entscheidungen in einem anderen Vertragsstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag für vollstreckbar erklärt worden sind. Es ist sohin ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, in dem der ausländischen Entscheidung ganz generell – unabhängig von einer konkreten Exekution – die Vollstreckbarkeit zuerkannt wird. Bis zum Inkrafttreten der durch die EO‑Novelle 1995 geänderten §§ 79 ff. EO kannte die österreichische Rechtsordnung zwar eine Prüfung der materiellen Anerkennungs‑ und Vollstreckungsvoraussetzungen im Rahmen des Exekutionsbewilligungsverfahrens, nach herrschender Lehre wirkte aber die hier ergehende Entscheidung über das konkret eingeleitete Exekutionsverfahren nicht hinaus. Da der österreichischen Exekutionsordnung eine Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel nicht bekannt war, mußte sohin das Institut der Vollstreckbarerklärung im Hinblick auf die beabsichtigte Ratifikation dieses Übereinkommens ganz allgemein – und gültig für alle ausländischen Exekutionstitel – in den §§ 79 ff. EO verankert werden (s. diesbezüglich die Erläuterungen zu den §§ 79 ff. EO in RV 195 BlgNR 19. GP). Durch die Vollstreckbarerklärung wird die ausländische Entscheidung einer inländischen gleichgestellt, wobei jedoch ausdrücklich klargestellt wird, daß sie nie mehr an Wirkungen haben kann als im Ursprungsstaat (s. § 84b EO idF der EO‑Novelle 1995).
Die Vollstreckbarkeit der Entscheidung braucht nicht endgültig festzustehen; vorläufige Vollstreckbarkeit genügt. Erforderlich ist eine hinreichende Bestimmtheit der Entscheidung; enthält eine Entscheidung in Nebenpunkten keine detaillierten Angaben (zB hinsichtlich der Höhe von Zinsen), so muß das Gericht im Vollstreckungsstaat eine ergänzende Auslegung vornehmen, soweit sie im Rahmen der vom Artikel 34 geforderten unverzüglichen Entscheidung zweifelsfrei möglich ist.
Der Abs. 2 sieht eine Sonderregelung für Großbritannien vor.
Zum Artikel 32:
Hier werden die in den Vertragsstaaten für die Vollstreckbarerklärung zuständigen Gerichte genannt. Bei Österreich werden die Landes‑ bzw. Kreisgerichte genannt, was zur Zeit der Finalisierung des Übereinkommens zutreffend war. Durch die EO‑Novelle 1995 wurde die Zuständigkeit zur Vollstreckbarerklärung an das Bezirksgericht verlagert, in dessen Sprengel der Verpflichtete seinen Wohnsitz hat, gegebenenfalls an das nach den §§ 18 und 19 EO bezeichnete Bezirksgericht (s. § 82 EO). Anläßlich der Ratifikation des Übereinkommens wird eine entsprechende berichtigende Mitteilung an den Schweizerischen Bundesrat als Depositar des Übereinkommens zu ergehen haben; dies ist durch Artikel VI des Protokolls Nr. 1 gedeckt.
Nach Abs. 2 wird die örtliche Zuständigkeit durch den Wohnsitz des Schuldners im Vollstreckungsstaat bestimmt; in Ermangelung eines solchen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.
Zum Artikel 33:
Der Abs. 1 legt fest, was im internationalen Zivilprozeß ohnedies allgemein anerkannt ist, daß für die formalen Erfordernisse des Antrags die lex fori maßgebend ist.
Da dem österreichischen Recht die Begründung eines Wahldomizils fremd ist, hat der Antragsteller nach Abs. 2 einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Das Gericht wird in diesem Fall nach § 10 Zustellgesetz vorzugehen haben, falls der Antragsteller die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten unterläßt. Es besteht hier kein Ermessensspielraum des Gerichts, weil die Vorschrift zwingender Natur ist. Einer besonderen Ausführung in der innerstaatlichen Rechtsordnung bedarf es jedoch nicht, weil die Bestimmung klar genug und daher self‑executing ist. Bei Vertretung durch einen inländischen Rechtsanwalt erübrigt sich die Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten (vgl. auch die Ausführungen im Bericht des Verfassungsausschusses 1050 BlgNR 15. GP).
Zum Artikel 34:
Das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung ist als einseitiges Antragsverfahrens des betreibenden Gläubigers ausgestaltet. Dadurch wird in den Vertragsstaaten, die ansonst ein umständliches kontradiktorisches Verfahren vorsehen, die Vollstreckung wesentlich einfacher und schneller. Für Österreich ist dies nichts Neues, da vor einer Exekutionsbewilligung der Schuldner ohnedies nicht gehört wird. Im § 83 Abs. 1 EO idF der EO‑Novelle 1995 wird ausdrücklich vorgesehen, daß die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung ohne vorhergehende mündliche Verhandlung und ohne Einvernehmung des Gegners mit Beschluß erfolgt.
Im Abs. 2 wird klargestellt, daß der Antrag auf Vollstreckbarerklärung nur aus einem der in den Artikeln 27 und 28 genannten Versagungsgründe abgelehnt werden kann.
Im übrigen darf die ausländische Entscheidung inhaltlich nicht nachgeprüft werden (s. bereits Artikel 29 für das Anerkennungsverfahren).
Zum Artikel 35:
Die Zustellung der Entscheidung dürfte keine Schwierigkeiten bereiten, da der Antragsteller nach Artikel 33 Abs. 2 einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen hat.
Zum Artikel 36:
Wird eine ausländische Entscheidung für vollstreckbar erklärt, so hat der Schuldner die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Zustellung einen „Rechtsbehelf“ einzulegen, also Rechtsmittel zu ergreifen (Abs. 1); diese Frist verlängert sich auf zwei Monate, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat als dem hat, in dem die Vollstreckbarerklärung erfolgt ist (Abs. 2).
Um eine Diskriminierung von Personen, die in einem Drittstaat wohnen, zu vermeiden, wird die Frist für den Widerspruch gegen die Vollstreckbarerklärung durch den § 84 Abs. 2 EO idF der EO‑Novelle 1995 ganz generell bei Wohnsitz des Verpflichteten im Ausland auf zwei Monate verlängert.
Zum Artikel 37:
Der Abs. 1 enthält die Aufzählung der in den Vertragsstaaten zuständigen Gerichte, bei denen der „Rechtsbehelf“ einzulegen ist. Da nach österreichischem Recht das Rechtsmittel beim erstinstanzlichen Gericht einzulegen ist, wurden – der Rechtslage im Zeitpunkt der Finalisierung des Übereinkommens folgend – die Landes‑ bzw. Kreisgerichte genannt. Im Hinblick auf die bereits im Zusammenhang mit Artikel 32 Abs. 1 erwähnte Verlagerung der Zuständigkeit an die Bezirksgerichte wird der Depositar des Übereinkommens durch eine entsprechende Notifikation anläßlich der Ratifikation dahingehend informiert werden, daß in Österreich nunmehr das Bezirksgericht zuständig ist.
Der staatsvertraglichen Verpflichtung, daß über den „Rechtsbehelf“ nach den „Vorschriften, die für das streitige Verfahren maßgebend sind“, zu entscheiden ist, wird Österreich dadurch gerecht, daß über den Widerspruch nach mündlicher Verhandlung durch Urteil entschieden und ausdrücklich die Anwendbarkeit des bezirksgerichtlichen Verfahrens vorgesehen wird (s. § 84 Abs. 3 EO idF der EO‑Novelle 1995). Der überdies zur Verfügung stehende Rekurs soll ebenfalls zweiseitig ausgestaltet werden (s. § 84 Abs. 4 EO idF der EO‑Novelle 1995).
Der Abs. 2 regelt die Überprüfung der „Rechtsbehelfsentscheidung“. In Österreich kann dies entweder durch Revisionsrekurs geschehen (s. § 84 Abs. 6 EO idF der EO‑Novelle 1995), oder – im Fall eines Widerspruchsverfahrens – durch Berufung mit der allfälligen Möglichkeit einer Revision (§ 502 ZPO).
Zum Artikel 38:
Nach den Artikeln 25 ff. können auch Entscheidungen anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden, die im Ursprungsstaat noch nicht in Rechtskraft erwachsen sind. Sobald gegen eine solche Entscheidung im Ursprungsstaat ordentliche Rechtsmittel ergriffen werden, kann das im Vollstreckungsstaat anhängige Rechtsbehelfsverfahren auf Antrag des Schuldners ausgesetzt werden; steht im Ursprungsstaat ein ordentliches Rechtsmittel zu und ist die Rechtsmittelfrist noch nicht abgelaufen, so kann das mit dem Rechtsbehelf befaßte Gericht (im Vollstreckungsstaat) dem Schuldner eine Frist für die Einlegung des Rechtsmittels (im Ursprungsstaat) setzen (Abs. 1). Als Alternative dazu ist die Anordnung einer Sicherheitsleistung gedacht. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist erst dann möglich, wenn das Gericht über den Rechtsbehelf im Vollstreckungsverfahren entscheidet (Abs. 3).
Die Abs. 1 und 3 werden durch den § 84 Abs. 5 EO idF der EO‑Novelle 1995 abgesichert.
Der Abs. 2 enthält eine Sonderregelung für Großbritannien und Irland.
Zum Artikel 39:
Solange die Frist für den „Rechtsbehelf“ läuft und solange über den „Rechtsbehelf“ nicht entschieden ist, dürfen keine endgültigen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung durchgeführt werden. Der Gläubiger erhält aber die Möglichkeit zu Maßnahmen zur Sicherung seines Anspruchs, sodaß verhindert werden kann, daß der Schuldner in der Zwischenzeit über sein Vermögen verfügt und damit eine spätere Zwangsvollstreckung nutzlos oder sogar unmöglich macht.
Da nach Abs. 2 die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung unmittelbar die Befugnis gibt, Sicherungsmaßnahmen vorzunehmen, muß der Gläubiger für diese Befugnis nicht ein besonderes Sicherungsbedürfnis glaubhaft machen (etwa die im § 370 EO vorgesehene Gefährdung des Anspruchs). Um diesem Erfordernis zu entsprechen, wurde durch die EO‑Novelle 1995 der § 84a Abs. 2 EO geschaffen, wonach es bis zum Eintritt der Rechtskraft der Vollstreckbarerklärung zur Vornahme von Verwertungshandlungen nicht kommen darf.
Zum Artikel 40:
Der Abs. 1 enthält eine Aufzählung der Gerichte der Vertragsstaaten, bei denen im Fall der Abweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung ein „Rechtsbehelf“ eingelegt werden kann. Wie bereits zu den Artikeln 32 und 37 erwähnt wurde, wird bei Österreich – der Rechtslage im Zeitpunkt der Finalisierung des Übereinkommens entsprechend – das Landes‑ bzw. Kreisgericht genannt. Im Hinblick auf die Verlagerung der Zuständigkeit vom Landesgericht an das Bezirksgericht (§ 82 EO idF der EO‑Novelle 1995) wird diese Änderung dem Depositar des Übereinkommens anläßlich der Ratifikation mitzuteilen sein.
Der Abs. 2 erlegt die Verpflichtung zur Anhörung des Schuldners durch das mit dem Rechtsmittel befaßte Gericht auf. Ausnahmen von dieser Verpflichtung sind nicht vorgesehen, was der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 12. Juli 1984, Nr. 178/83, ausdrücklich bekräftigt hat. Diesem Erfordernis wird durch den § 84 Abs. 4 EO – zweiseitiger Rekurs – entsprochen.
Der Wahrung des rechtlichen Gehörs des Schuldners im zweitinstanzlichen Verfahren dient die Maßgeblichkeit des Artikel 20 Abs. 2 und 3 (Aussetzung des Rechtsmittelverfahrens solange, bis festgestellt ist, daß die Rechte der Verteidigung gewahrt wurden).
Zum Artikel 41:
Diese Bestimmung orientiert sich an der Vorschrift des Artikel 37 Abs. 2. Da gegen eine die Vollstreckbarerklärung abweisende Entscheidung lediglich das Rechtsmittel des Rekurses zulässig ist, wird bei Österreich nur der Revisionsrekurs genannt.
Zum Artikel 42:
Nach dieser Bestimmung ist es möglich, ausländische Entscheidungen, mit denen über mehrere Ansprüche entschieden wurde, nur für einen Teil der Ansprüche für vollstreckbar zu erklären. Dies kann sowohl auf Antrag des Gläubigers als auch von Amts wegen geschehen. Eine Teilvollstreckbarerklärung wird insbesonders dann in Betracht kommen, wenn einzelne Ansprüche nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen (zB Festsetzung eines Unterhaltsbeitrags in einem Vaterschaftsfeststellungsurteil).
Zum Artikel 43:
Bei den in dieser Bestimmung genannten ausländischen Entscheidungen handelt es sich um solche, in denen der Schuldner zur Vornahme eines bestimmten Tuns oder Unterlassens zugunsten des Klägers verpflichtet und ihm zugleich für den Fall des Zuwiderhandelns die Zahlung einer bestimmten Geldsumme auferlegt wurde. In der Praxis scheint dieser Bestimmung wenig Bedeutung zuzukommen.
Zum Artikel 44:
Durch Abs. 1 wird – sozialen Erwägungen Rechnung tragend – die im Ursprungsstaat gewährte Prozeßkostenhilfe (= Verfahrenshilfe) sowie eine Gebühren‑ und Kostenbefreiung auf den Vollstreckungsstaat erstreckt. Umfang und Ausgestaltung dieser Rechtswohltat im einzelnen bestimmen sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaates (zB Beigabe eines Rechtsanwalts); Staaten, denen das Institut der Prozeßkostenhilfe fremd ist, sind nicht verpflichtet, diese einzuführen.
In Österreich ist bereits eine ähnliche Bestimmung für die Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen auf Grund des Artikels 9 Abs. 1 des Haager Übereinkommens vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern (BGBl. Nr. 294/1961) in Geltung.
Der Abs. 2 enthält eine Sonderregelung für Dänemark und Island.
Zum Artikel 45:
Durch diese Bestimmung wird der antragstellende Gläubiger ohne Rücksicht auf seine Staatsangehörigkeit und seinen Wohnsitz von der Sicherheitsleistung für Prozeßkosten im Vollstreckungsverfahren befreit. Es handelt sich dabei um eine Sonderregelung – zugunsten von Staatsverträgen – im Sinn des § 57 Abs. 1 ZPO.
Gemeinsame Vorschriften (3. Abschnitt)
Zum Artikel 46:
Hier werden die von der antragstellenden Partei für das Anerkennungs‑ bzw. Vollstreckungsverfahren beizubringenden Urkunden genannt.
Zum Artikel 47:
Wird die Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung beantragt, so sind außer den bereits im Artikel 46 genannten Urkunden noch die in dieser Bestimmung angeführten Urkunden vorzulegen.
Zum Artikel 48:
Diese Bestimmung bezweckt, einen übergroßen Formalismus auszuschließen; sie bezieht sich jedoch nur auf den Zustellnachweis bei Versäumnisentscheidungen (Artikel 46 Z 2) und den Nachweis der Gewährung der Prozeßkostenhilfe im Ursprungsstaat (Artikel 47 Z 2). Der Abs. 1 räumt dem Gericht des Vollstreckungsstaates ein gewisses Ermessen ein; zur Urkundenvorlage kann eine Frist gesetzt werden, es können gleichwertige Urkunden akzeptiert oder es kann von der Vorlage der Urkunden überhaupt befreit werden.
Der Abs. 2 legt fest, daß das Gericht des Vollstreckungsstaates die Beibringung von Übersetzungen der in den Artikeln 46 und 47 genannten Urkunden verlangen kann. Dabei bleibt es dem Antragsteller überlassen, in welchem Staat er die beglaubigten Übersetzungen anfertigen läßt (es genügt die Herstellung durch eine in einem der Vertragsstaaten befugte Person). Da in Österreich die deutsche Sprache Amtssprache ist, werden immer Übersetzungen in die deutsche Sprache erforderlich sein.
Zum Artikel 49:
In dieser Bestimmung wird festgelegt, daß die vorzulegenden Urkunden keiner weiteren Beglaubigung oder ähnlichen Förmlichkeit bedürfen. Damit ist die Apostille nach dem Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung (BGBl. Nr. 27/1968) gemeint. Dies gilt auch für die Prozeßvollmacht, sofern eine solche erteilt wird.
Titel IV (öffentliche Urkunden und Prozeßvergleiche)
Zum Artikel 50:
Das Übereinkommen ermöglicht mit dieser Bestimmung die Vollstreckbarerklärung der in einem Vertragsstaat aufgenommenen und dort vollstreckbaren öffentlichen Urkunden. Darunter sind besonders Notariatsakte und die vor einem Jugendwohlfahrtsträger oder von ihm geschlossenen Unterhaltsvereinbarungen im Sinn des § 214 Abs. 2 ABGB zu verstehen.
Selbstverständlich kommen nur solche öffentliche Urkunden in Betracht, die nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens im Ursprungsstaat aufgenommen worden sind (Artikel 54 Abs. 1).
Eine Vollstreckbarerklärung kann nur aus Gründen des ordre public abgelehnt werden (s. hiezu Artikel 27 Z 1).
Zum Artikel 51:
Mit dieser Bestimmung werden gerichtliche Vergleiche den öffentlichen Urkunden gleichgestellt.
Titel V (Allgemeine Vorschriften)
Zum Artikel 52:
Diese Bestimmung enthält keine materiellrechtliche Bestimmung des Begriffs „Wohnsitz“, sondern nur gemeinsame Kollisionsnormen über das zur Feststellung des Wohnsitzes anzuwendende Recht.
Die Frage, ob eine Partei ihren Wohnsitz im Gerichtsstaat hat, wird nach eigenem Recht (lex fori) entschieden (für Österreich siehe die Judikatur zum § 66 Abs. 1 JN). Ist vom Gericht die Frage zu entscheiden, ob eine Partei ihren Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat hat, so ist das Recht dieses Vertragsstaats anzuwenden (Abs. 2).
Der im Brüsseler Übereinkommen enthaltene Abs. 3 (abgeleiteter Wohnsitz) wurde auf Betreiben der EFTA‑Staaten in das Übereinkommen nicht übernommen.
Zum Artikel 53:
Bei Gesellschaften und juristischen Personen ist anstelle des Wohnsitzes der Sitz maßgebend. Die Frage, wo sich der Sitz befindet, ist vom Gericht nach seinem eigenen internationalen Privatrecht zu beurteilen. Das österreichische internationale Privatrecht folgt der in Kontinentaleuropa herrschenden Sitztheorie; maßgebend ist das Recht des Staates, in dem die juristische Person den tatsächlichen Sitz ihrer Hauptverwaltung hat (eine im Kollisionsrecht des Sitzstaates begründete Weiterverweisung auf das Recht eines anderen Staates ist allerdings nach der allgemeinen Regel des § 5 IPR‑Gesetz zu beachten). In diesem Zusammenhang ist auf § 10 IPR‑Gesetz zu verweisen.
Die Regelung für den „trust“ im Abs. 2 ist notwendig, weil dieser nach englischem Recht keine juristische Person ist und keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt.
Titel VI (Übergangsvorschriften)
Zum Artikel 54:
Diese Bestimmung regelt drei intertemporale Fragen.
Der Abs. 1 enthält den Grundsatz der Nichtrückwirkung. Danach ist das Übereinkommen sowohl hinsichtlich der Zuständigkeitsvorschriften als auch hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung nur auf solche Klagen und öffentliche Urkunden anzuwenden, die nach seinem Inkrafttreten erhoben oder aufgenommen worden sind.
Der Abs. 2 betrifft die Fälle, in denen die Klage vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens eingebracht wurde, das Urteil aber erst nach Inkrafttreten ergangen ist. Auf solche Entscheidungen sollen die Anerkennungs‑ und Vollstreckungsvoraussetzungen des Übereinkommens anwendbar sein, sofern das Gericht des Ursprungsstaates auf Grund einer Bestimmung zuständig war, die mit einer Zuständigkeitsbestimmung des Übereinkommens vergleichbar ist. Hier besteht eine Ausnahme von dem ansonst festgelegten Nachprüfungsverbot hinsichtlich der Zuständigkeit der Gerichte des Ursprungsstaates.
In den Abs. 3 wurde eine Sonderregelung aufgenommen, um der englischen und irischen Praxis, wonach Rechtswahl auch Gerichtsstandswahl bedeutet, die Fortdauer zu garantieren.
Zum Artikel 54a:
Mit dieser Bestimmung wird dem Umstand Rechnung getragen, daß die skandinavischen Staaten sowie Griechenland und Irland das Brüsseler Übereinkommen vom 10. Mai 1952 zur einheitlichen Feststellung einzelner Regeln über die vorsorgliche Beschlagnahme von Schiffen noch nicht ratifiziert haben (Seegerichtsbarkeit).
Titel VII (Verhältnis zum Brüsseler Übereinkommen und zu anderen Abkommen)
Zum Artikel 54b:
Diese Bestimmung regelt das Verhältnis zum Brüsseler Übereinkommen.
Im Abs. 1 wird festgehalten, daß das Brüsseler Übereinkommen im Verhältnis zwischen EU‑Staaten immer anzuwenden ist. Das setzt natürlich voraus, daß das Brüsseler Übereinkommen in Kraft steht. Die ist für die neuen EU‑Staaten Österreich, Finnland und Schweden nicht der Fall. Das erforderliche Beitrittsübereinkommen ist bisher noch nicht ausgearbeitet worden (vgl. Artikel 63 des Brüsseler Übereinkommens).
Der Abs. 2 räumt dem Lugano‑Übereinkommen in allen Fällen den Vorrang ein, in denen ein relevantes Bezugselement über den engeren Kreis der EU‑Staaten hinausweist. Es werden drei Fälle genannt:
1. Die gerichtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Lugano – und nicht nach dem Brüsseler Übereinkommen, falls der Beklagte den Wohnsitz in einem EFTA‑Staat hat oder sofern die Gerichte eines EFTA‑Staats auf Grund der Artikel 16 oder 17 zuständig sind.
2. Die Bestimmungen über Streitanhängigkeit (Artikel 21) und den Sachzusammenhang (Artikel 22) richten sich nach dem Lugano‑Übereinkommen, wenn die eine Klage in einem EU‑Staat, die andere Klage in einem EFTA‑Staat anhängig ist.
3. Die Anerkennung und Vollstreckung richtet sich nach dem Lugano‑Übereinkommen und nicht nach dem Brüsseler Übereinkommen, wenn entweder der Ursprungsstaat oder der Vollstreckungsstaat ein EFTA‑Staat ist.
Im Abs. 3 wird festgelegt, daß außer den im Titel III genannten Gründen die Anerkennung oder Vollstreckung in einem EFTA‑Staat versagt werden kann, wenn das Gericht im Ursprungsstaat, der ein EU‑Staat ist, die Zuständigkeitsbestimmungen des Lugano‑Übereinkommens mißachtet hat und die Anerkennung oder Vollstreckung gegen eine in einem EFTA‑Staat wohnende Person geltend gemacht wird. Diese Sanktion wird dadurch etwas abgeschwächt, daß im letzten Teil dieses Halbsatzes festgelegt wird, die Anerkennung oder Vollstreckung könne auch nach anerkennungsfreundlicherem internen Recht erfolgen.
Zu den Artikeln 55 und 56:
Diese Bestimmung zählt die bilateralen zwischen EFTA‑Staaten bzw. zwischen einem EFTA‑ und einem EU‑Staat geschlossenen Vollstreckungsverträge auf, die durch das gegenständliche Übereinkommen ersetzt werden. Die zwischen den bisherigen EU‑Staaten geschlossenen bilateralen Abkommen werden nicht angeführt, weil sie bereits im Artikel 55 des Brüsseler Übereinkommens genannt werden.
In der Aufzählung sind 13 bilaterale von Österreich mit EFTA‑ und EU‑Staaten geschlossene Vollstreckungsverträge genannt (davon zwei mit Belgien); Österreich war ja zur Zeit der Ausarbeitung des Übereinkommens noch EFTA‑Staat. Keine Vollstreckungsverträge stehen zwischen Österreich einerseits und Dänemark, Griechenland, Irland, Island und Portugal andererseits in Kraft.
Die im Artikel 55 genannten bilateralen Abkommen behalten ihre Wirksamkeit für die Rechtsgebiete, auf die das gegenständliche Übereinkommen nach seinem Artikel 1 nicht anzuwenden ist. Dies gilt besonders für die Bereiche des Personenstandes und der Handlungsfähigkeit, die in den Anwendungsbereich zahlreicher bilateraler, von Österreich geschlossener Abkommen fallen. Diesbezüglich bleiben also diese von Österreich geschlossenen bilateralen Vollstreckungsverträge in Geltung. Sie gelten selbstverständlich auch weiterhin für Entscheidungen und Urkunden, die vor dem Inkrafttreten des gegenständlichen Übereinkommens ergangen oder aufgenommen worden sind (Artikel 56).
Schließlich behalten die im Artikel 55 aufgezählten bilateralen Abkommen noch Bedeutung für die Nachprüfung der Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsstaats im Sinn des Artikels 54b Abs. 3.
Zum Artikel 57:
Diese Bestimmung befaßt sich mit den multilateralen Spezialübereinkommen. Dazu gehören im besonderen die zahlreichen Übereinkommen aus den verschiedenen Bereichen des internationalen Transportrechts (Schiffahrt, Eisenbahn, Straßenverkehr, Luftfahrt), aber auch solche im Bereich des Unterhaltsrechts.
Durch den Abs. 1 wird den Zuständigkeits‑ und/oder Vollstreckungsbestimmungen dieser Übereinkommen im Verhältnis zwischen den Vetragsstaaten der Vorrang eingeräumt. Im Abs. 5 wird diese Regelung für die Anerkennung und Vollstreckung wiederholt; es wird aber festgehalten, daß die Bestimmungen des gegenständlichen Übereinkommens angewendet werden können, falls sie anerkennungs‑ bzw. vollstreckungsfreundlicher sind.
Der Abs. 2 bestimmt, daß die Gerichte eines Staates, der sowohl dem Lugano – wie auch dem Spezialübereinkommen (nach Abs. 1) angehört, ihre Zuständigkeit selbst dann auf eine Bestimmung des Spezialübereinkommens stützen können, wenn sich die Klage gegen eine Person mit Wohnsitz in einem Staat richtet, der zwar dem Lugano –, nicht aber dem Spezialübereinkommen angehört.
Im Abs. 3 wird die Verpflichtung zur Anerkennung bzw. Vollstreckung festgelegt, wenn das Gericht des Ursprungsstaates seine Zuständigkeit auf eine Bestimmung eines Spezialübereinkommens gestützt hat. Auf Grund des Abs. 4 sind EFTA‑Staaten, sofern sie dem Spezialübereinkommen nicht angehören, nicht verpflichtet, auf Grund des gegenständlichen Übereinkommens Urteile aus einem EU‑Staat anzuerkennen und zu vollstrecken, bei denen das Gericht des Ursprungsstaates seine Zuständigkeit in Abweichung oder in Verletzung des Lugano‑Übereinkommens diesem multilateralen Spezialübereinkommen entnommen hat.
Hinsichtlich der Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane der EU wird auf das Protokoll Nr. 3 verwiesen.
Zum Artikel 59:
Durch diese Bestimmung wird ermöglicht, in bilateralen Vollstreckungsverträgen eines Vertragsstaates mit einem Drittstaat zu vereinbaren, Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Drittstaat vor der Anerkennung bzw. Vollstreckung von Entscheidungen, die in einem Vertragsstaat des Lugano‑Übereinkommens an einem exorbitanten Gerichtsstand ergangen sind (Artikel 4 in Verbindung mit Artikel 3 Abs. 2), zu schützen (vgl. Artikel 18 Abs. 2 des Abkommens vom 21. Mai 1984, BGBl. Nr. 406/1985, zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen über die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilsachen sowie Artikel 16 Abs. 2 des Abkommens vom 17. November 1986, BGBl. Nr. 118/1988, zwischen der Republik Österreich und Finnland über die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilsachen; beide Abkommen sind jedoch im Hinblick auf den Artikel 55 durch das gegenständliche Übereinkommen ersetzt worden).
Durch den Abs. 2 wird die Freiheit für solche Sondervereinbarungen mit Drittstaaten auf die Vermögens‑ und Arrestzuständigkeit eingeschränkt.
Titel VIII (Schlußbestimmungen)
Zum Artikel 60:
Diese Bestimmung umschreibt den Kreis der potentiellen Vertragsstaaten (EU‑ und EFTA‑Staaten sowie die nach Artikel 62 Abs. 1 lit. b zum Beitritt eingeladenen Staaten).
Zu den Artikeln 61 bis 63:
Das Übereinkommen steht den EU‑ und EFTA‑Staaten zur Unterzeichnung offen. Österreich hat das Übereinkommen am 26. Februar 1992 unterzeichnet.
Das Übereinkommen bedarf der Ratifikation durch die Unterzeichnerstaaten; die Ratifikationsurkunden sind beim Schweizerischen Bundesrat als Depositar zu hinterlegen.
Das Übereinkommen ist objektiv am 1. Jänner 1992 in Kraft getreten.
Der Artikel 62 umschreibt das Beitrittsverfahren für Drittstaaten: Neben der einstimmigen Einladung zum Beitritt (Abs. 1 lit. b) sind allfällige Präzisierungen und Erklärungen im Sinn des Protokolls Nr. 1 auszuhandeln; zum Übereinkommen selbst sind einzig die im Artikel 63 erwähnten technischen Erklärungen, nicht aber weitere Änderungen möglich. Das Übereinkommen wird zwischen dem Drittstaat und einem Vertragsstaat nur verbindlich, sofern letzterer keinen Einwand gegen den Beitritt im Sinn des Abs. 4 erhoben hat.
Mit dieser Möglichkeit, das Übereinkommen für weitere Staaten zu öffnen, könnte den neuen Demokratien in Zentral‑ und Osteuropa die Möglichkeit gegeben werden, dem Übereinkommen beizutreten. Die Niederlande haben bereits vor einiger Zeit ein entsprechendes Ersuchen an den Depositar (Schweiz) gerichtet, Polen zum Beitritt einzuladen. Der Depositar hat Polen um die Übermittlung der im Abs. 1 lit. b vorgesehenen Mitteilungen ersucht. Das Verfahren ist im Gang.
Ähnliches ist ganz allgemein hinsichtlich der Staaten Mittel‑ und Osteuropas, der baltischen Staaten und anderer europäischer Staaten, die über ein Assoziierungsabkommen mit der EU in Verbindung stehen, geplant.
Zum Artikel 64:
Diese Bestimmung regelt die Geltungsdauer und die Möglichkeit der Kündigung des Übereinkommens.
Zum Artikel 65:
Hier werden die drei Protokolle zum Übereinkommen genannt, die Bestandteil des Übereinkommens sind.
Zum Artikel 66:
Diese Bestimmung behandelt die Revisionsmöglichkeit des Übereinkommens.
Zum Artikel 67:
Hier werden die verschiedenen Notifikationspflichten des Depositars festgelegt.
Zum Artikel 68:
In dieser Bestimmung wird die Gleichwertigkeit aller 14 Sprachen festgelegt, in denen das Übereinkommen abgefaßt worden ist.
Protokoll Nr. 1 über bestimmte Zuständigkeits‑, Verfahrens und Vollstreckungsfragen
Die meisten Bestimmungen dieses Protokolls wurden aus dem Brüsseler Übereinkommen übernommen. Besonders hervorzuheben ist, daß nach Artikel V vorgesehen wird, daß die in den Artikeln 6 Z 2 und 10 für eine Gewährleistungs‑ oder Interventionsklage vorgesehene Zuständigkeit unter anderem auch in Österreich nicht geltend gemacht werden kann; jeder Person, die ihren Wohnsitz in einem anderen Vertragsstaat hat, kann aber nach § 21 ZPO der Streit verkündet werden.
Die Schweiz hat von der Vorbehaltsmöglichkeit nach Artikel Ia Gebrauch gemacht; von der Vorbehaltsmöglichkeit nach Artikel Ib (im Zusammenhang mit Artikel 16 Z 1 lit. b) hat bisher nur Frankreich Gebrauch gemacht.
Von Interesse ist die im Artikel I enthaltene Sonderregelung für Luxemburg im Zusammenhang mit dem Artikel 5 Z 1. In Unterhaltssachen umfaßt nach Artikel Va der Begriff „Gericht“ auch dänische, isländische und norwegische Verwaltungsbehörden sowie eine in Unterhaltssachen tätige besondere Behörde in Finnland.
Nach Artikel III dürfen in Verfahren auf Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung keine nach dem Streitwert abgestuften Gebühren eingehoben werden. Dieser Verpflichtung wird Österreich insofern gerecht, als für das neueingeführte Verfahren zur Vollstreckbarerklärung keine Gerichtsgebühren vorgesehen werden (s. RV 195 BlgNR 19. GP, S 35). Dies ist vertretbar, weil einer Vollstreckbarerklärung fast immer ein Antrag auf Exekutionsbewilligung folgen wird und diesbezüglich die Gebührenpflicht unverändert besteht (was nicht gegen den eben genannten Artikel III verstößt).
Im Artikel IV wird im Abs. 1 für die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke zunächst auf die zwischen den Vertragsstaaten in Geltung stehenden multilateralen und bilateralen Rechtshilfeabkommen verwiesen (zB Haager Prozeßübereinkommen 1954, bilaterale Zusatzabkommen hiezu, bilaterale Rechtshilfeverträge). Im Abs. 2 wird – ergänzend dazu – eine weitere Zustellungsart zur Verfügung gestellt. Danach können Schriftstücke von den Gerichtsvollziehern (etwa der französische huissier) eines Vertragsstaates unmittelbar an Gerichtsvollzieher eines anderen Vertragsstaates zur Durchführung der Zustellung an eine dort aufhältige Person übersandt werden. In Österreich gibt es diese Zustellform nicht; die Zulassung dieser Zustellform würde auch technische Schwierigkeiten bereiten. Die rechtlichen und praktischen Probleme lassen es ratsam erscheinen, von dem vorgesehenen Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen, wie dies auch die Bundesrepublik Deutschland, Schweden und die Schweiz getan haben. Die vorgeschlagene Widerspruchserklärung wäre beider Hinterlegung der Ratifikationsurkunde dem Schweizerischen Bundesrat zu notifizieren.
Der Artikel VI ist die Grundlage für Mitteilungen der Vertragsstaaten an den Depositar über Änderungen ihrer gesetzlichen Vorschriften, durch die ihre in dem Übereinkommen angeführten Vorschriften oder die im Titel III 2. Abschnitt angeführten Gerichtsstände geändert werden. Diese Bestimmung ist die Grundlage für eine entsprechende Notifikation Österreichs anläßlich der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde betreffend die Artikel 32 Abs. 1, 37 Abs. 1 und 40 Abs. 1.
Protokoll Nr. 2 über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens
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Das Ziel des Protokolls Nr. 2 ist die einheitliche Anwendung und Auslegung des Übereinkommens. Der Weg der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (auf Grund des Protokolls vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens durch den Gerichtshof) konnte aus Gründen, die keiner weiteren Erläuterung bedürfen, nicht beschritten werden . Das Protokoll Nr. 2 setzt sich daher zum Ziel, zusammen mit zwei einseitigen Erklärungen, die Auslegungseinheit des Übereinkommens nach Möglichkeit zu sichern. Dies geschieht durch ein Informations‑ und Kooperationssystem. Durch Vermittlung des Kanzlers des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften soll in den Vertragsstaaten die zum Lugano‑Übereinkommen ergehende Rechtsprechung systematisch erfaßt und publiziert werden (Artikel 2). Auf diese Weise sollen die Entscheidungen der Gerichte eines Vertragsstaates auch den Gerichten der anderen Vertragsstaaten zur Kenntnis gebracht werden. Die Gerichte sind nämlich auf Grund des Artikels 1 des Protokolls Nr. 2 angehalten, bei der Anwendung und Auslegung der Bestimmungen des Übereinkommens den Grundsätzen gebührend Rechnung zu tragen, die in maßgeblichen Entscheidungen von Gerichten der anderen Vertragsstaaten zu den Bestimmungen des Übereinkommens entwickelt worden sind. In den Austausch einbezogen werden auch maßgebliche Entscheidungen der Gerichte der EU‑Staaten und des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über die Anwendung des Brüsseler Übereinkommens. Auch diesen Entscheidungen haben die Gerichte der Vertragsstaaten, die EFTA‑Staaten sind, gebührend Rechnung zu tragen, falls die Entscheidungen Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens betreffen, die in ihrem wesentlichen Gehalt in das Lugano-Übereinkommen übernommen worden sind (vgl. Erklärung der Vertreter der Regierungen der Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens, die Mitglieder der EFTA sind).
In Österreich werden diese Informationen einerseits durch Publizierung im „Amtsblatt der österreichischen Justizverwaltung“ (JABl.), andererseits auf EDV‑Basis – durch Aufnahme in das RIS – gegeben werden.
Ein weiterer Garant für die einheitliche Auslegung des Übereinkommens ist ein Ständiger Ausschuß (Artikel 3), der vom Depositar in regelmäßigen Abständen einberufen wird, um einen Meinungsaustausch über die Wirkungsweise des Übereinkommens vorzunehmen. Der Ausschuß kann im Licht der Meinungsäußerungen auch prüfen, ob eine Revision des Übereinkommens angebracht ist und entsprechende Empfehlungen abgeben (Artikel 4).
Im Zusammenhang mit dem Protokoll Nr. 2 ergingen zwei Erklärungen: In der einen erklären die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft es für wünschenswert, daß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bei der Auslegung des Brüsseler Übereinkommens den Grundsätzen gebührend Rechnung trägt, die sich aus der Rechtsprechung zum Lugano‑Übereinkommen ergeben. Im Gegenzug laden in einer weiteren Erklärung – wie schon erwähnt – die Mitglieder der EFTA ihre Gerichte ein, bei der Auslegung des Lugano‑Übereinkommens auch auf die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und der Gerichte der EU‑Staaten zum Brüsseler Übereinkommen Bedacht zu nehmen.
Protokoll Nr. 3 über die Anwendung von Artikel 57
Durch das Protokoll Nr. 3 und die dazu gehörige Erklärung der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften sind auch die allenfalls in Rechtsakten der Gemeinschaftsorgane enthaltenen Gerichtsstands‑ und Vollstreckungsbestimmungen im Zusammenhang mit Artikel 57 zu sehen. Solche Bestimmungen werden wie multilaterale Spezialübereinkommen behandelt, sodaß sie den Zuständigkeits‑ bzw. Vollstreckungsbestimmungen des Lugano‑Übereinkommens vorgehen. Es gibt jedoch zwei wichtige Einschränkungen:
1. Die Mitgliedstaaten der EFTA sind nicht verpflichtet, Urteile, die an einem solchen Gerichtsstand ergangen sind, anzuerkennen und zu vollstrecken (vgl. Artikel 57 Abs. 4).
2. Das Protokoll Nr. 3 wird durch eine Erklärung der EU‑Staaten ergänzt, worin sich diese verpflichten, bei der Ausarbeitung von Rechtsakten der Gemeinschaft alles zu unternehmen, um die Verpflichtungen aus dem Lugano‑Übereinkommen nicht zu verletzen. Ist ein Vertragsstaat dennoch der Ansicht, es liege eine Verletzung vor, so verpflichtet die Z 2 des Protokolls Nr. 3 zur Aufnahme von Revisionsverhandlungen über das Lugano‑Übereinkommen.
Anhang
Erläuternder Bericht zum Lugano-Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Jenard-Möller-Bericht).
Erläuternder Bericht zum Brüsseler Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Jenard-Bericht).
Erläuternder Bericht zum Übereinkommen vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemarks, Irlands und des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland (Beitrittsübereinkommen 1978) zum Brüsseler Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Schlosser-Bericht).Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anläßlich der Genehmigung des vorliegenden Übereinkommens gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, daß dieser in dänischer, englischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, isländischer, italienischer, niederländischer, norwegischer, portugiesischer, schwedischer und spanischer Sprache zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für Justiz aufliegt.
Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung dieser Teile der Vorlage jeweils Abstand genommen.
Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf.