540 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP mmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmnmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmmnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnnmmmmmmmmmmmmnnnnnnnnnnmmmmmmmmmmmmmmmmmmm

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten


über den Antrag 163/A der Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson, Werner Amon und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen

Die Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson, Werner Amon und Genossen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 19. April 1996 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„1. Allgemeiner Teil:

Der gegenständliche Antrag geht auf eine Initiative des Österreichischen Roten Kreuzes zur Ächtung von Anti-Personen-Minen zurück. Das Rote Kreuz hat in seiner langjährigen Hilfstätigkeit in zahlreichen Kriegs- und Konfliktgebieten die Erfahrung gemacht, daß Anti-Personen-Minen zu einem verschwindend geringen Teil als Mittel der Kriegsführung gegen Kombattanten wirken; sonder zum überwiegenden Teil die Zivilbevölkerung treffen und zwar für Jahre und Jahrzehnte nach der Beendigung des bewaffneten Konfliktes.

Hintergrund für das Tätigwerden des Roten Kreuzes ist die vom 25. September bis 13. Oktober 1995 in Wien abgehaltene UN-Konferenz zur Überarbeitung der „Konvention über bestimmte konventionelle Waffen“ sowie die Fortsetzung dieser Konferenz im Jahr 1996.

Dieser Antrag soll dem zuständigen Ausschuß als Verhandlungsgrundlage dienen, wobei durchaus  beabsichtigt ist, den vorliegenden Antragstext mit den im Mai 1996 zu erwartenden Ergebnissen der Revisionskonferenz sowohl in technischer als auch in legistischer Hinsicht in Einklang zu bringen, um so eine den völkerrechtlichen Bestimmungen entsprechende homogene Regelung für die Ächtung von Anti-Personen-Minen zu schaffen.

Das vorliegende Verbot von Anti-Personen-Minen stellt darauf ab, daß diejenigen Minen von dem gegenständlichen Bundesgesetz betroffen sein sollen, die insbesondere für Zivilisten einen hohen Gefährdungsgrad aufweisen, aber nicht jene Kampfmittel, die nur durch Kampffahrzeuge ausgelöst werden können. Somit sollen Minen, die zur Panzer- oder Schützenpanzerbekämpfung vorgesehen sind, nicht von diesem Verbot umfaßt werden. Darüber hinaus sollen andere Vorrichtungen, die – wie jede Waffe – nur durch einen Willensakt einer das Kampfmittel beobachtenden Person ausgelöst werden können, nicht unter dieses Verbot fallen, da ihnen nicht die Gefahr des unterschiedslosen Wirkens – insbesondere auf Zivilisten nach einem Konflikt – anhaftet.

Eine Einschränkung des Verbotes ist weiters hinsichtlich der Ausbildung notwendig, weil das Bundesheer und der Entminungsdienst einige Exemplare dieser Kampfmittel zu Ausbildungszwecken (zB für die Ausbildung der Pioniere im Bereich des Minenräumens) benötigen.

2. Besonderer Teil:

Zu § 1:

Die Definitionen sind auf der Grundlage des „Protokolls über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Minen, Sprengfallen und anderen Vorrichtungen (Protokoll II)“ zum „Übereinkommen über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können, BGBl. Nr. 464/1983“, erstellt und wurden entsprechend den sich aus der Praxis ergebenden Anforderungen ergänzt bzw. berichtigt.

Zu § 1 Z 1:

Der Begriff „Kampfmittel“ umfaßt ein Mittel, das aus Sprengstoff und zumindest einem Zünder besteht. Die Umschreibung „ bestimmt ist“ zielt auf den primären Verwendungszweck im Zeitpunkt des Anbringens des Kampfmittels ab. Für den Einsatz gegen Personen bestimmte Richtsplitterladungen mit gewillkürter Auslösung fallen ebenso wenig unter diese Definition wie für den Einsatz gegen Land-, See- oder Luftfahrzeuge bestimmte Kampfmittel.

Zu § 1 Z 2:

Die Definition für Anti-Ortungs-Mechanismen stellt sicher, daß das „Suchen“ nach Minen nicht verhindert werden soll. Das Suchen kann entweder durch elektromagnetische Minensuchgeräte oder durch mechanische Mittel (sogenannte Minensuchstäbe) erfolgen. Unter „ Einsatz“ ist die nach den Angaben des Herstellers vorgesehene Anwendung des Minensuchgerätes zu verstehen, weil durch eine falsche Anwendung eines solchen Gerätes eine Mine auch ohne speziellen Anti-Ortungs-Mechanismus zur Explosion gebracht werden kann. Unter „Minensuchgeräten“ sind solche zu verstehen, die international bei Armeen üblicherweise in Verwendung stehen.

Zu § 1 Z 3:

Das Vorhandensein eines Metallanteiles, der ein Antwortsignaläquivalent liefert, das einer zusammenhängenden Masse von 8 Gramm Eisen oder mehr entspricht, wurde deshalb gewählt, da nach dem derzeitigen Stand der Technik zumindest ein solcher Metallanteil erforderlich ist, um eine Mine mit herkömmlichen Minensuchgeräten sicher orten zu können.

Zu § 1 Z 4:

Die Frist von vier Wochen wurde deshalb gewählt, da sich nach einem solchen Zeitraum die militärische Lage, die den Einsatz dieser Minen erforderte, üblicherweise verändert hat. Unter dem Begriff „Aktivierung“ ist das Versetzen einer Mine in den Zustand zu verstehen, in dem sie geeignet ist, ausgelöst zu werden.

Zu § 2:

Das Verbot stellt die Kernbestimmung innerhalb dieses Entwurfes dar. Der Inhalt dieses Verbotes orientiert sich am Beschluß des Rates vom 12. Mai 1995 betreffend die auf Grund von Artikel J.3 des Vertrages über die Europäische Union angenommene gemeinsame Aktion über Anti-Personen-Minen. Obgleich ein derartiges Verbot legistisch als entsprechende Änderung bzw. Ergänzung zu bestehenden Bundesgesetzen durchführbar wäre und dies auf den ersten Blick auch systematisch korrekter erscheinen mag, wird bewußt ein eigenes Bundesgesetz vorgeschlagen. Dies ist einerseits mit der besonderen Bedeutung der Angelegenheit begründet, der durch die größere Klarheit und Übersichtlichkeit eines eigenen Bundesgesetzes Genüge getan wird, andererseits auch damit, daß ein solches Bundesgesetz internationale Beispielwirkung haben kann und soll, wodurch ein Muster als vorbildliches Instrument für die Gesetzgebungsverfahren anderer Staaten geschaffen wird.

Zu § 3:

Die in dieser Bestimmung genannte Einschränkung von dem Verbot gemäß § 2 soll sicherstellen, daß für die Ausbildung im Bundesheer oder im Bereich des Entminungsdienstes zumindest einige Ausbildungsexemplare der an sich verbotenen Anti-Personen-Minen in Österreich vorhanden sind. Dies ist deshalb notwendig, da es nicht ausgeschlossen werden kann, daß im Zuge von Kampfhandlungen durch feindliche Truppen auf österreichischem Staatsgebiet solche (verbotenen) Anti-Personen-Minen verlegt werden. In einem solchen Fall müssen die österreichischen Pioniere fähig sein, solche Minen zu räumen. Ebenso muß der Entminungsdienst befähigt sein, solche (verbotenen) Anti-Personen-Minen zu räumen, da beispielsweise noch Kriegsrelikte solcher Art vorhanden sein könnten oder im Zuge von terroristischen oder kriminellen Aktivitäten solche Mittel nach Österreich gelangen könnten.


Zu § 4:

Diese Bestimmung stellt sicher, daß innerhalb eines angemessenen Zeitraumes die vom Verbot des § 2 umfaßten Gegenstände vernichtet werden. Die dadurch anfallenden Kosten sollen dem Bundesministerium für Inneres durch den Verursacher ersetzt werden.

Zu § 5:

Auf Grund der Gleichartigkeit der Tatbestände und der ähnlich gelagerten Notwendigkeit der Prävention ist die Strafbestimmung und das Strafausmaß analog zu der Bestimmung des § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Ein- Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 510/1977, gebildet.

Zu § 6:

Einziehung und Verfall sind als notwendige Ergänzung zu dem in § 2 angeführten Verbot und der Strafbestimmung des § 5 zu sehen.

Zu § 7:

Gemäß Abschnitt G des Teiles 2 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1986 gehören Angelegenheiten des Waffen-, Munitions- und Sprengmittelwesens zum Wirkungsbereich des Bundesministers für Inneres, weshalb primär die Zuständigkeit für diese Materie bei diesem liegt. Die Zuständigkeit des Bundesministers für Landesverteidigung für § 3 läßt sich aus den im Abschnitt 3 des Teiles 2 der Anlage zu § 2 leg. cit. ersichtlichen Angelegenheiten des militärischen Waffen-, Schieß- und Muni­tionswesens ableiten, jene des Bundesministers für Justiz für §§ 5 und 6 aus den aus Abschnitt 1 des Teiles 2 der Anlage zu § 2 leg. cit. ersichtlichen Angelegenheiten des gerichtlichen Strafrechtes.“

Der Ausschuß für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 4. Dezember 1996 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson, Dr. Helene Partik-Pablé, Herbert Scheibner, Dr. Harald Ofner, Hans Helmut Moser, Dr. Doris Pollet-Kammerlander, Wolfgang Jung, Dr. Karl Maitz und Walter Murauer.

Im Zuge der Beratungen brachten die Abgeordneten Dr. Irmtraut Karlsson, Dr. Karl Maitz, Hans Helmut Moser und Dr. Doris Pollet-Kammerlander einen Abänderungsantrag zum vorliegenden Initiativantrag ein.

Bei der Abstimmung wurde der Initiativantrag 163/A unter Berücksichtigung des erwähnten Abänderungsantrages in der diesem Bericht beigedruckten Fassung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Ein weiterer, von der Abgeordneten Dr. Doris Pollet-Kammerlander eingebrachter Abänderungsantrag, fand nicht die erforderliche Mehrheit.

Zum Berichterstatter für das Haus wurde Abgeordneter Emmerich Schwemlein gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuß für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1996 12 04

                          Emmerich Schwemlein                                                         Robert Elmecker

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann

Bundesgesetz über das Verbot von Anti-Personen-Minen


Der Nationalrat hat beschlossen:

Definitionen

§ 1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet:

        1.   „Anti-Personen-Mine“ ein Kampfmittel, das dazu bestimmt ist, unter, auf oder nahe dem Erd­boden oder einer anderen Oberfläche angebracht und durch die Gegenwart, Nähe von oder Berührung durch Personen zur Detonation oder Explosion gebracht zu werden;

        2.   „Anti-Ortungs-Mechanismus“ eine Vorrichtung, die dazu bestimmt ist, eine Anti-Personen-Mine durch den Einsatz eines Minensuchgerätes zur Explosion oder Detonation zu bringen;

Verbote

§ 2. Die Herstellung, die Beschaffung, der Verkauf, die Ein-, Aus- und Durchfuhr, der Gebrauch und der Besitz von nicht detektierbaren Anti-Personen-Minen oder Anti-Personen-Minen ohne Selbst­zerstörungsmechanismus sowie von Anti-Ortungs-Mechanismen sind verboten.

Einschränkungen

§ 3. (1) Nicht betroffen von dem Verbot gemäß § 2 sind Minen, die ausschließlich zu Ausbildungszwecken im Bundesheer oder im Bereich des Entminungsdienstes und Entschädigungsdienstes vorgesehen sind.

(2) Ausgenommen vom Verbot gemäß § 2 sind die Einfuhr, der Besitz und die Lagerung von Anti-Personen-Minen zur umgehenden Delaborierung oder anderweitigen Vernichtung.

Vernichtung bestehender Vorräte

§ 4. Bestehende Vorräte an gemäß § 2 verbotenen Anti-Personen-Minen oder Anti-Ortungs-Mechanismen sind binnen eines Monats dem Bundesministerium für Inneres zu melden und durch dieses bis längstens ein Jahr nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes gegen Kostenersatz zu vernichten.

Strafbestimmung

§ 5. Wer, wenn auch nur fahrlässig, dem Verbot des § 2 dieses Bundesgesetzes zuwiderhandelt, ist, soferne die Tat nicht nach anderen Bundesgesetzen mit strengerer Strafe bedroht ist, vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

Einziehung und Verfall

§ 6. (1) Anti-Personen-Minen oder Anti-Ortungs-Mechanismen sowie Teile derselben, die den Gegenstand einer nach § 5 strafbaren Handlung bilden, sind vom Gericht einzuziehen.

(2) Maschinen und Anlagen zur Herstellung der vom Verbot des § 2 unterliegenden Gegenstände können vom Gericht für verfallen erklärt werden. Es ist auf Kosten des Eigentümers sicherzustellen, daß diese nicht weiter entgegen dem Verbot des § 2 verwendet werden können.


(3) Zum Transport von Gegenständen, die dem Verbot des § 2 unterliegen, verwendete Mittel können vom Gericht für verfallen erklärt werden.

(4) Die verfallenen Gegenstände nach Abs. 2 und 3 gehen in das Eigentum des Bundes über. Die eingezogenen Gegenstände nach Abs. 1 gehen in das Eigentum des Bundes über und sind dem Bundesministerium für Inneres zur Vernichtung gemäß § 4 zu melden.

Vollziehung

§ 7. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

        1.   hinsichtlich des § 3 Abs. 1 der Bundesminister für Inneres und der Bundesminister für Landesverteidigung,

        2.   hinsichtlich der §§ 5 und 6 der Bundesminister für Justiz und

        3.   hinsichtlich der übrigen Bestimmungen der Bundesminister für Inneres.

Inkrafttreten

§ 8. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 1997 in Kraft.