549 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Gleichbehandlungsausschusses


über den Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen (III-42 der Beilagen)

Durch das Bundesgesetz über die Berichte der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen, BGBl. Nr. 837/1992, hat sich der Bund zur Herstellung einer tatsächlichen Chancengleichheit und zur Gleichstellung der Geschlechter bekannt.

Dieses Bundesgesetz ist in Zusammenhang mit dem Bundesverfassungsgesetz über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Sozialversicherten zu sehen. Mit diesem Verfassungsgesetz wurden die unterschiedlichen Altersgrenzen, die in den Sozialversicherungsgesetzen bei männlichen und weiblichen Versicherten bestehen, bis zum Jahre 2018 für zulässig erklärt, wobei die Altersgrenze für den Pensionsantritt von Frauen und Männern in der Folge in Halbjahresschritten zusammengeführt und vereinheitlicht werden. Diese Vorgangsweise soll von einem schrittweisen Abbau von gesellschaftlichen, familiären und wirtschaftlichen Benachteiligungen von Frauen begleitet werden.

Zur Kontrolle der Verwirklichung dieser Zielsetzung hat die Bundesregierung dem Nationalrat jedes zweite Jahr über die im Berichtszeitraum von ihr gesetzten Maßnahmen zu berichten. Der gegenständliche Bericht, der hiermit erstmals dem Nationalrat vorgelegt wird und die Jahre 1993 und 1994 behandelt, gliedert sich in drei Teile:

         –   Bundesregierung

         –   Landesregierungen

         –   Österreichischer Städtebund

Im Bereich der Bundesregierung liegen die Schwerpunkte der zu berichtenden Maßnahmen beim Bundeskanzleramt (Bundesministerium für Frauenangelegenheiten) sowie beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Die frauenpolitischen Aktivitäten der anderen Ministerien beschränken sich wegen der spezifischen Aufgaben meist auf die gleichfalls wichtigen ressortinternen Maßnahmen zur  Herbeiführung einer tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern im Bundesdienst.

Zur Erfüllung der frauenspezifischen Aufgaben unterstehen der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten drei Abteilungen des Bundeskanzleramts.

        1.   Grundsatzabteilung für Frauenangelegenheiten (Abt. I/10)

              Schwerpunkt der Tätigkeiten dieser Abteilung sind Förderungsmaßnahmen in bezug auf die Themenbereiche Gewalt gegen Frauen, Arbeitswelt und Bildung. Für die Forschungsförderung wurden 1993 1,9 Millionen Schilling, 1994 1,6 Millionen Schilling aufgewendet. Weiters wurden Forschungsaufträge zu den genannten Themenkreisen vergeben. Im Sinne der Öffentlichkeitsarbeit wurden Informationsblätter, Broschüren und eine Schriftenreihe zur Frauenforschung mit relevanten Aufsätzen herausgegeben, Kampagnen (1992/93: Gewalt gegen Frauen, 1993/94: Kinderbetreuungseinrichtungen) sowie weitere Veranstaltungen zu den Themenkreisen Gewalt gegen Frauen (1993) und Frauenarbeit/Arbeitswelt (1994) ua. auch an den Internationalen Frauentagen durchgeführt.

Im Bereich der Vergabe von Forschungsprojekten waren in den Jahren 1993 und 1994 die Forcierung notwendiger Grundlagenforschung zu den Themenbereichen Gewalt gegen Frauen, Arbeitswelt und Bildung ein zentrales Anliegen.

        2.   Abteilung für frauenrelevante Rechtsangelegenheiten (Abt. I/11)

              Neben der Besorgung verschiedener eigenlegistischer und fremdlegistischer Aufgaben ist die Geschäftsführung der Gleichbehandlungskommission organisatorisch in diese Abteilung eingegliedert. Im Jahr 1993 wurden 16 Fälle, im Jahr 1994 20 Fälle vor der Kommission behandelt, wovon jeweils 10 Fälle in jedem Berichtsjahr einer Erledigung zugeführt werden konnten.

        3.   Abteilung für Institutionelle Frauenförderung (Abt. I /12)

              Die Tätigkeit dieser Abteilung richtet sich einerseits auf die Förderung von Projekten und Initiativen, die sich der Einrichtung und Durchführung von Frauenberatungs- und Frauenservice-Stellen widmen, andererseits auf Maßnahmen zur Durchsetzung der Gleichbehandlung von Frauenförderung im Bundesdienst auf der Grundlage des Bundesgleichbehandlungsgesetzes (BGBl. Nr. 100/199 idgF) und schließlich auf die Einrichtung von Betriebskindergärten des Bundes. Weiters ist in diese Abteilung auch die Geschäftsführung der seit 1. März 1993 bestehenden Bundes-Gleichbehandlungskommission organisatorisch eingegliedert, deren Aufgabe darin besteht, auf Antrag oder von Amts wegen Gutachten zu allen die Gleichbehandlung und Frauenförderung im Bundesdienst betreffenden Fragen zu erstellen. Im Bezugszeitraum wurden 27 Anträge behandelt, wovon 18 Fälle abgeschlossen werden konnten.

Schließlich ist bei der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten auch die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen organisatorisch verankert. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) stellt fest, daß durch die dritte Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz dieses Gesetz deutlich effektiver gestaltet wurde, was sich auch darin bemerkbar macht, daß es zu einer deutlichen qualitativen und quantitativen Ausweitung der Beratungen in der GAW gekommen ist. Im Berichtsjahr 1993 nahmen 462 Personen, im Jahr 1994 481 Personen die GAW in Anspruch, und zwar zu folgenden Themen: Gleichbehandlung, öffentlicher Dienst, sexuelle Belästigung (auffallend ist hier eine Tendenz der Verdoppelung bei Beratungen zum Thema sexuelle Belästigung), Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht, sonstige Fragen der Gleichbehandlung.

Der Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales stellt einleitend die allgemeine Arbeitsmarktsituation der Frauen dar: steigende Erwerbsbeteiligung im Jahr 1993 trotz Rezession durch Zunahme der Teilzeiterwerbsquote bei niedrigen Qualifikationsanforderungen der Teilzeitarbeitsplätze.

Leicht sinkende Frauenarbeitslosigkeit, aber deutlich längere durchschnittliche Verweildauer der Frauen in der Arbeitslosigkeit bei deutlich geringerer mittlerer Höhe des Arbeitslosengeldbezugs; Vergleich der Einkommenssituation von Männern und Frauen: bei vollzeitbeschäftigten Frauen und Männern beträgt die Differenz der monatlichen Medianeinkommen 30% zugunsten der Männer; ökonomische Benachteiligung der Frauen auch beim Durchschnitt der Alterspensionen. Hier ist mit der verbesserten Anrechnung von Zeiten der Kinderbetreuung eine erste Maßnahme gesetzt. Als weitere Maßnahme im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik für Frauen ist ein seit dem Jahre 1989 bestehendes Arbeitsmarktpolitisches Frauenprogramm anzusehen.

Inhaltliche Schwerpunkte sind die:

         –   Qualifizierung von Frauen: Qualifizierungsmaßnahmen (Facharbeiterinnenausbildung, Ausbildung für Organisation und Management, EDV; innovative Kursmodelle in Kooperation mit Betrieben; eine Frauenqualifikationswerkstatt; Frauenstiftungen, das sind Arbeitsstiftungen zur Höherqualifizierung; 47 frauenspezifische Berufsorientierungskurse im Jahr 1993 mit 765 Teilnehmerinnen.)

         –   Berufsorientierung und Beratung von Mädchen und jungen Frauen: Ausbau der mädchenspezifischen Beratung in den Arbeitsämtern und Berufsinformationszentren.

              Förderung regionaler Mädchenberatungsstellen.

         –   Unterstützung von Personen mit Betreuungspflicht: (Erleichterung des Wiedereinstiegs arbeitsloser Frauen mit Kinderbetreuungspflichten durch: Kinderbetreuungsbeihilfe; Projekte zur Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen.)

Legistische Maßnahmen im Bereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales waren in den Jahren 1993 und 1994:

         –   Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz 1979

         –   Änderungen im Mutterschutzgesetz und Eltern-Karenzurlaubsgesetz

         –   Ausdehnung der Pflegefreistellung

         –   Novelle zum Arbeitsverfassungsgesetz im Rahmen des Arbeitsrechtlichen Begleitgesetzes, BGBl. Nr. 833/1992


         –   Änderungen im Arbeitsgesetz

         –   Geltungsbereich  des Angestelltengesetzes und des Arbeiter-Abfertigungsgesetzes

         –   Änderungen im Arbeitslosenversicherungsgesetz

         –   Arbeitsmarktservicegesetz

         –   Novelle zum Heimarbeitsgesetz

         –   Änderungen im Nachtschicht-Schwerarbeitsgesetz

         –   Bundespflegegesetz

         –   Neuregelung der Anrechnung der Kindererziehungszeiten in der 51. ASVG-Novelle

Frauenpolitische Aktivitäten, die über ressortinterne Maßnahmen hinausgingen, setzten im Berichtszeitraum das Bundesministerium für Finanzen (Einführung eines Kinderabsetzbetrages, Einführung eines Alleinerzieherabsetzbetrages), das Bundesministerium für Jugend und Familie (Forschungsaufträge, Projektförderungen sowie die Gründung einer „Plattform gegen die Gewalt in der Familie“), das Bundesministerium für Justiz (Verbesserung der Situation von Frauen im Strafvollzug, Namensrechtsänderungsgesetz) sowie das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten (Veränderung der Bildungsziele der Höheren Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe und Wahlmöglichkeit im Bereich der Werkerziehung an Hauptschulen und AHS-Unterstufen durch die 14. SchOG-Novelle 1993, Veranstaltungen zum Thema „Berufswahl von Mädchen“ und weitere Initiativen zum Berufsfindungsprozeß von Mädchen und jungen Frauen).

Die Berichte der Landesregierungen stellen die bereits verabschiedeten oder in Ausarbeitung stehenden Gleichbehandlungsgesetze für die jeweiligen Länder dar, die sich am Bundes-Gleichbehandlungs­gesetz orientieren. Das Land Kärnten war das erste der österreichischen Bundesländer, das ein Gleichbehandlungsgesetz für den Landes- und Gemeindedienst erlassen hat. Es folgten die Bundesländer Oberösterreich, Wien und Salzburg. Als einziges Bundesland hat die Stadt Wien eine Magistratsabteilung für Frauenförderung und Koordinierung von Frauenangelegenheiten eingerichtet, die mit elf Dienstposten ausgestattet ist.

Der Österreichische Städtebund berichtet exemplarisch über die Aktivitäten in bezug auf kommunale Frauenpolitik am Beispiel der Städte Villach und Linz. Die hier gesetzten Maßnahmen zum Abbau der gesellschaftlichen Benachteiligung von Frauen reichen von der Einrichtung eines Frauenbüros und einer Frauenbeauftragten in Linz bzw. der Bestellung einer Frauenreferentin in der Person der Frau Vizebürgermeisterin von Villach über die Veranstaltung einer Frauenkulturwoche bis zur Bewußtseinsbildung und Imagearbeit in der Öffentlichkeitsarbeit.

Der Gleichbehandlungsausschuß hat den gegenständlichen Bericht in seinen Sitzungen am 25. Oktober und am 5. Dezember 1996 in Verhandlung genommen.

Vor Eingang in die Debatte beschloß der Ausschuß auf Antrag der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac und Rosemarie Bauer gemäß § 28b Abs. 4 GOG, den gegenständlichen Bericht nicht endzuerledigen.

Nach einer Debatte, an der sich die Abgeordneten Inge Jäger, Dr. Gertrude Brinek, Elfriede Madl, Mag. Gisela Wurm, Maria Schaffenrath, Mag. Doris Kammerlander sowie die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten Dr. Helga Konrad beteiligten, wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des Berichtes zu empfehlen.

Der Gleichbehandlungsausschuß stellt somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen (III-42 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1996 12 05

                                Heidrun Silhavy                                                             Dr. Elisabeth Hlavac

                                 Berichterstatterin                                                                          Obfrau

Abweichende persönliche Stellungnahme
der Abgeordneten Doris Pollet-Kammerlander

(gemäß § 42 Abs. 5 GOG)

zum Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen (BGBl. Nr. 83/1992) (III-42 der Beilagen)


Der gegenständliche Bericht konnte aus folgenden Gründen nicht zur Kenntnis genommen werden:

a) Die Berichterstattung erfolgte viel zu spät.

Laut dem BGBl. Nr. 837/1992 (siehe Beilage) wäre der Bericht bis zum 30. Juni 1995 vorzulegen gewesen. Nun wird dieser Zweijahresbericht (über 1993 und 1994) in der zweiten Hälfte des zweiten Berichtsjahres (Herbst 1996) vorgelegt! Demgemäß ist der Folgebericht bereits im Juni 1997 fällig.

Der Bericht ist schon deshalb völlig unaktuell, weil die Änderungen durch die Sparpakete I und II in der Zwischenzeit eine gravierende Veränderung für die Frauen gebracht haben (Karenzdauer, Karenzgeld, Abbaumaßnahmen im öffentlichen Dienst, die insbesondere Frauen treffen).

b) Der Bericht ist unzureichend.

Ausgangspunkt für diesen Bericht war die auf Grund des Verfassungsgerichtshofserkenntnisses notwendige Angleichung des Pensionsalters der Frauen an das der Männer. Um diese Maßnahme zu rechtfertigen, sollten verstärkt Maßnahmen zum Abbau von Benachteiligungen ergriffen werden. Eine der bedeutsamsten Zusagen war die Kindergartenmilliarde. Diese Maßnahme wird weder im Bericht der Frauenministerin noch im Bericht des Familienministers erwähnt.

Abgesehen vom Frauenministerium, dem Sozialministerium und dem Unterrichtsministerium haben die Ressorts kaum über ihren eigenen Dienststand hinausgeschaut. Dem Thema der Gleichbehandlung im öffentlichen Dienst ist jedoch ein eigener Bericht gewidmet und wäre Gegenstand dieses Berichts die Frage gewesen,

         –   welche Maßnahmen die Ressorts in ihrem Kompetenzbereich zum Abbau von Frauenbenachteiligung ergriffen haben und

         –   welche Auswirkungen diese Maßnahmen hatten.

Beispielhaft seien hier die Defizite angeführt:

Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz: Trotz des hohen Frauenanteils bei den Pflegeberufen berichtet das Ressort nichts über Maßnahmen im Gesundheitswesen. Unerwähnt bleibt zB die Erlassung des Hebammengesetzes im ersten Halbjahr 1994.

Bundesministerium für Inneres: Das Ministerium verliert kein Wort zum Stand der speziellen Ausbildung von Polizist/inn/en zum Umgang mit Gewalt in der Familie.

Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten: Das BMwA gehört zu jenen Ressorts, die in hohem Maße wirtschaftliche Förderungen durchführen. Hier hätte es besonders der Angaben bedurft, welche Förderungen auf Grund des Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgesetz für die Privatwirtschaft nicht zugesagt wurden bzw. wie diese Gesetzesbestimmung des Gleichbehandlungsgesetzes ansonsten gehandhabt wird.

Bundesministerium für Umwelt: Auch die sprachliche Gleichbehandlung in Gesetzestexten ist eine Maßnahme zum Abbau von Benachteiligungen von Frauen. Hier hätte zB auf das UVP-Gesetz verwiesen werden können.


Anscheinend wurde dieser Bericht von den Ressorts nicht sehr ernstgenommen. Nach Ansicht der Grünen bestand daher Diskussionsbedarf mit den einzelnen Minister/inne/n, und es wurde der Antrag gestellt, die betreffenden Ressortleiter/innen der Debatte beizuziehen. Dieser Vorschlag, wie auch die Enderledigung des Berichts im Ausschuß, was den Zutritt von Medienvertreter/inne/n ermöglicht hätte, wurde von der Ausschußmehrheit abgelehnt.

Doris Pollet-Kammerlander