615 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 27. 3. 1997

Regierungsvorlage


Erklärung des Rücktritts vom Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen

Erklärung

Der Bundespräsident erklärt im Namen der Republik Österreich den Rücktritt von dem in Genf am 12. April 1979 abgeschlossenen Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen, gemäß Art. IX Z 8 dieses Übereinkommens.

Geschehen zu Wien, am xx. xxxxx 1997

Declaration

On behalf of the Republic of Austria the Federal President herewith declares the withdrawal from the Agreement on Government Procurement, signed in Geneva on 12 April 1979 in accordance with its Article IX, paragraph 8.

Vorblatt

Problem:

Österreich ist Vertragspartei des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (Beschaffungskodex BGBl. Nr. 452/1981, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 274/1995) sowie des sich darauf beziehenden Änderungsprotokolls (BGBl. Nr. 38/1988).

Alle Vertragsparteien dieses Übereinkommens, mit Ausnahme von Singapur und Hongkong sind bereits dem neuen, verbesserten Übereinkommen (GPA) beigetreten.

Seitens aller Vertragsparteien des Beschaffungskodex besteht nunmehr die Absicht, von diesem Übereinkommen zurückzutreten. Die Europäische Gemeinschaft beabsichtigt, sich aus dem Übereinkommen mit 1. Jänner 1997 zurückzuziehen. Die Europäische Kommission hat Österreich bereits zu dessen Kündigung aufgefordert.

Problemlösung:

Rücktritt Österreichs vom Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen.

EU-Konformität:

Nach dem EU-Beitritt darf Österreich keine von der EU abweichenden multilateralen Handelsverpflichtungen aufrechterhalten, da dies mit der gemeinsamen Handelspolitik unvereinbar ist.

Alternative:

Keine.

Kosten:

Es muß mit keinen zusätzlichen Kosten gerechnet werden.

Erläuterungen

Österreich ist Vertragspartei des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (Beschaffungskodex BGBl. Nr. 452/1981, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 274/1995), sowie des sich darauf beziehenden Änderungsprotokolls (BGBl. Nr. 38/1988).

Dieses Übereinkommen ist eines der Ergebnisse der multilateralen Handelsverhandlungen von 1973 bis 1979, allgemein bekannt unter dem Namen „Tokyo-Runde“. Es legt einen internationalen Rahmen von Rechten und Pflichten betreffend Gesetze, Verfahren, Vorschriften und Praktiken für das Gebiet des öffentlichen Beschaffungswesens fest und trägt somit zu Liberalisierung und Ausweitung des Welthandels bei. Insbesondere sollen nationale Regelungen im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens nicht in der Weise angewendet werden, daß inländische Waren oder Lieferanten geschützt werden und zwischen ausländischen und inländischen Waren und Lieferanten diskriminiert wird.

Der Wunsch, dieses Übereinkommen gemäß dessen Art. IX Z 6b auf der Grundlage der Gegenseitigkeit zu erweitern und zu verbessern und den Geltungsbereich auf Dienstleistungen auszuweiten, führte zum Abschluß eines neuen verbesserten Übereinkommens (im folgenden als GPA bezeichnet).

Österreich ist Vertragspartei des WTO-Abkommens (BGBl. Nr. 1/1995). Das GPA (Agreement on Government Procurement) ist ein im Anhang 4 zum WTO-Abkommen enthaltenes sogenanntes plurilaterales Handelsübereinkommen (im Sinne des Art. II Z 3 WTO-Abkommen), das mit 1. Jänner 1996 für jene Staaten in Kraft trat, die die Voraussetzungen seines Art. XXIV Z 1 erfüllen. Alle Vertragsparteien des Beschaffungskodex, mit Ausnahme von Singapur und Hongkong, sind bereits Vertragsparteien des GPA.

Seitens aller Vertragsparteien des Beschaffungskodex besteht nunmehr die Absicht, diesen zu kündigen, bzw. wurde dies von einigen Staaten bereits in die Wege geleitet. Die Europäische Gemeinschaft beabsichtigt, sich aus dem Übereinkommen mit 1. Jänner 1997 zurückzuziehen. Die Europäische Kommission hat Österreich bereits zu dessen Kündigung aufgefordert.

Das Übereinkommen begründet unter den Vertragsparteien gegenseitige Rechte und Pflichten. Diese sind jedoch im Verhältnis Österreichs zu Drittstaaten nicht kongruent mit jenen der EG im Verhältnis zu Drittstaaten.

Entsprechend Art. IX Z 8 kann jede Vertragspartei von dem Übereinkommen zurücktreten. Der Rücktritt wird mit Ablauf von sechzig Tagen nach Eingang der schriftlichen Rücktrittsanzeige der Vertragsparteien beim Generaldirektor der WTO/GATT wirksam.

Das Übereinkommen ist ein gesetzändernder und gesetzesergänzender Staatsvertrag, dessen Art. III Z 5 und 6 sowie Art. VII Z 1, 11, 12 und 14 in Österreich als verfassungsändernd genehmigt wurde. Dessen Kündigung bedarf daher ebenfalls wie dessen Abschluß der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Z 1 und 3 B-VG. Länderkompetenzen werden durch die Kündigung nicht berührt.

Der Bundespräsident erklärt im Namen der Republik Österreich den Rücktritt vom Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen, BGBl. Nr. 452/1981 in der Fassung BGBl. Nr. 38/1988, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 274/1995.