666 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Ausgedruckt am 16. 4. 1997

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Gerichtsgebührengesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden


Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Körperschaftsteuergesetz 1988

Das Körperschaftsteuergesetz 1988, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 797/1996, wird wie folgt geändert:

1. § 24 Abs. 4 lautet:

„(4) Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften haben für jedes volle Kalendervierteljahr des Bestehens der unbeschränkten Steuerpflicht eine Mindeststeuer in der Höhe von 5% eines Viertels der gesetzlichen Mindesthöhe des Grund- oder Stammkapitals zu entrichten. Ändert sich die für die Höhe der Mindeststeuer maßgebliche Rechtsform während eines Kalendervierteljahres, so ist dafür die am Beginn dieses Kalendervierteljahres bestehende Rechtsform maßgeblich. Die Mindeststeuer ist in dem Umfang, in dem sie die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld übersteigt, wie eine Vorauszahlung im Sinne des § 45 des Einkommensteuergesetzes 1988 im Ausmaß einer im Veranlagungsjahr oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen entstehenden tatsächlichen Körperschaftsteuerschuld insoweit anzu­rechnen, als die tatsächliche Körperschaftsteuerschuld den sich nach dem ersten Satz für diesen Veranlagungszeitraum ergebenden Betrag übersteigt.“

2. In § 26a Abs. 5 tritt im letzten Satz an die Stelle der Wortfolge „in den Jahren 1994 und 1995“ die Wortfolge „in den Jahren 1994 bis 1996“.

3. In § 26a wird als Abs. 7 angefügt:

„(7) § 24 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXX ist erstmals für Zeiträume nach dem 31. Dezember 1996 anzuwenden. Die am 1. Jänner 1997 bestehenden der Mindeststeuer unter­liegenden unbeschränkt Steuerpflichtigen haben die für das erste Quartal maßgebenden Beträge am 15. August 1997 nachzuentrichten.“

Artikel II

Bundesabgabenordnung

Die Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 797/1996, wird wie folgt geändert:

1. § 106 wird aufgehoben.

2. § 137 lautet:

§ 137. Abgabepflichtige, die gemäß §§ 124 oder 125 zur Führung von Büchern verpflichtet sind oder Bücher ohne gesetzliche Verpflichtung führen, haben, sofern die Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmen, auf Verlangen eine Abschrift der Vermögensübersicht (Jahresabschluß, Bilanz) und der Gewinn- und Verlustrechnung einzureichen. Liegen Jahresberichte (Geschäftsberichte) oder Treuhand­berichte (Wirtschaftsprüfungsberichte) vor, so sind auch diese auf Verlangen einzureichen.“


Artikel III


Gerichtliches Einbringungsgesetz 1962

Das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, BGBl. Nr. 288/1962, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 201/1996, wird wie folgt geändert:

Im § 7 wird nach dem Abs. 5 folgender Abs. 5a eingefügt:

„(5a). Die Entscheidung über einen Berichtigungsantrag kann auch ausgesetzt werden, wenn wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage vor einem Gericht ein Verfahren anhängig ist, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über den Antrag ist, und der Aussetzung nicht überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen. Die Aussetzung hat der Präsident des Gerichtshofs erster Instanz, wenn aber der Zahlungsauftrag von einem Oberlandesgericht erlassen wurde, der Präsident dieses Gerichtshofs auszusprechen. Nach rechtskräftiger Beendigung des Gerichtsverfahrens, das Anlaß zur Aussetzung gegeben hat, ist das Verfahren von Amts wegen fortzusetzen.“

Artikel IV

Gerichtsgebührengesetz

Das Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 304/1996, wird wie folgt geändert:

Im § 30 wird nach dem Abs. 3 folgender Abs. 3a eingefügt:

„(3a). Die Entscheidung über einen Rückzahlungsantrag kann ausgesetzt werden, wenn wegen einer gleichen oder ähnlichen Rechtsfrage vor einem Gericht ein Verfahren anhängig ist, dessen Ausgang von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über den Antrag ist, und der Aussetzung nicht überwiegende Interessen der Partei entgegenstehen. Die Aussetzung hat der Präsident des Gerichtshofs erster Instanz auszusprechen. Nach rechtskräftiger Beendigung des Gerichtsverfahrens, das Anlaß zur Aussetzung gegeben hat, ist das Verfahren von Amts wegen fortzusetzen.“

Artikel V

Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes

Das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 411/1996, wird wie folgt geändert:

1. Im § 93 Abs. 2 werden die Wendung „230 Millionen Schilling“ durch die Wendung „290 Millionen Schilling“ und die Wendung „115 Millionen Schilling“ durch die Wendung „145 Millionen Schilling“ ersetzt.

2. § 98 Abs. 5 lautet:

„(5) § 93 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. XXX tritt am 1. Jänner 1997 in Kraft; der auf den 1. April 1997 entfallende Erhöhungsbetrag von 30 Millionen Schilling ist am 1. Juli 1997 zur Zahlung fällig.“

Vorblatt

Probleme:

Der Verfassungsgerichtshof hat die seit 1996 geltenden Regelungen zur Mindestkörperschaftsteuer aufgehoben. Es sind Änderungserfordernisse bei verfahrensrechtlichen Regelungen eingetreten. Die Abgeltung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger für die Arbeits- und Sozialgerichte erweist sich als zu gering.

Ziele und Lösungen:

Verfassungskonforme Neuregelung der Mindestkörperschaftsteuer, Änderungen der betreffenden Verfahrensbestimmungen, Anhebung des Abgeltungsbetrages des Hauptverbandes der Sozialversiche­rungsträger für die Arbeits- und Sozialgerichte.

Kosten:

Die Neuregelung der Mindestkörperschaftsteuer wird gegenüber der nach der Gesetzesaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof in Kraft getretenen Fassung jährliche Mehreinnahmen an Körperschaftsteuer von rund 800 Millionen Schilling ergeben. Die übrigen Regelungen ziehen keine nennenswerten budgetären Effekte nach sich.

Erläuterungen


Allgemeiner Teil

Den Schwerpunkt des Gesetzentwurfes bildet die im Hinblick auf ein aufhebendes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vorgeschlagene Neuregelung der Mindestkörperschaftsteuer. Im übrigen sollen auf Grund geänderter rechtlicher oder faktischer Rahmenbedingungen verfahrensrechtliche Anpassungen vorgenommen werden. Schließlich soll der Abgeltungsbetrag des Hauptverbandes der Sozialversiche­rungsträger für die Arbeits- und Sozialgerichte angehoben werden.

Besonderer Teil

Zu Artikel I (Körperschaftsteuergesetz 1988):

Die mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, – vor allem durch eine Anhebung auf 50.000 S jährlich – neu geregelte Mindestkörperschaftsteuer wurde durch ein Erkenntnis des Verfas­sungsgerichtshofs, kundgemacht in BGBl. Nr. I/18/1997, aufgehoben. Es ist dadurch jener Rechtszustand wieder in Kraft getreten, wie er vor dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs bestanden hat. Die Mindestkörperschaftsteuer würde demgemäß wiederum 15 000 S jährlich betragen.

Um die im Strukturanpassungesetz mit der Anhebung der Mindestkörperschaftsteuer verfolgten Ziel­setzungen in den vom Verfassungsgerichtshof gezogenen Grenzen – zumindest teilweise – zu erreichen, soll die Mindestkörperschaftsteuer nunmehr mit 5% des gesetzlichen Mindestkapitals von Kapital­gesellschaften bemessen werden. Dies bedeutet, daß nach derzeitiger Rechtslage die Mindeststeuer für Aktiengesellschaften 50 000 S jährlich und für Gesellschaften mit beschränkter Haftung 25 000 S jährlich beträgt. Bei der betraglichen Festlegung sind die grundsätzlichen Überlegungen des Verfassungs­gerichtshofs berücksichtigt, wonach die Mindeststeuer an der Rendite einer Kapitalveranlagung zu orientieren ist. Die Mindestkörperschaftsteuer bewegt sich auf dem Niveau, das eine „normale“ Besteuerung bezogen auf die Rendite aus einer Veranlagung der gesetzlichen Mindestkapitalbeträge im unternehmerischen Bereich ergibt. Die umschriebene Orientierung der Mindestkörperschaftsteuer an der Rendite des eingesetzten Kapitals zieht einen Wegfall der Ausnahme von der Mindestkörperschaft­steuerpflicht für Organgesellschaften nach sich.

Der in der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bestimmung vorgesehene „ewige“ Vortrag der Mindestkörperschaftsteuer auf spätere „normale“ Körperschaftsteuerbeträge soll wieder eingeführt werden. Diese Regelung soll sich auch auf die im Jahr 1996 angefallene Mindestkörperschaftsteuer beziehen.

Zu Artikel II (Bundesabgabenordnung):

1. Zu Z 1 (§ 106):

Im Hinblick darauf, daß § 11 Zustellgesetz Regelungen für Zustellungen im Ausland enthält, erscheint § 106 BAO entbehrlich.

2. Zu Z 2 (§ 137):

Dem § 4 Abs. 1 EStG 1988 zufolge ist der Gewinn durch doppelte Buchführung zu ermitteln; daher ist auch eine Gewinn- und Verlustrechnung zu erstellen. Diesem Umstand soll im § 137 BAO Rechnung getragen werden. Die Neufassung erfolgt in Anlehnung an § 44 Abs. 1 und 3 EStG 1988.

Zu Artikel III und IV (Gerichtliches Einbringungsgesetz 1962, Gerichtsgebührengesetz):

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen eine dem § 281 der Bundesabgabenordnung vergleichbare Möglichkeit der Verfahrensaussetzung für den Bereich des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962 und des Gerichtsgebührengesetzes schaffen.

Zu Artikel V (Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz):

Der vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger an das Bundesministerium für Justiz jährlich zu zahlende Betrag ist zuletzt mit der Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes durch Art. 78 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, mit 230 Millionen Schilling festgesetzt worden. Dieser Festsetzung lagen – unter anderem – als größter Kostenfaktor die im Jahr 1995 auf 189 Millionen Schilling gestiegenen, zu ersetzenden Aufwände (für Sachverständige, Dolmetscher, Zeugen, fach­kundige Laienrichter und Versicherte) und die Annahme zugrunde, daß diese im Jahr 1996 noch weiter steigen würden. Tatsächlich sind diese Aufwände im Jahr 1996 – in einem weit stärkeren Ausmaß als erwartet – auf 222 Millionen Schilling gestiegen und steigen weiter an.

Es wird daher vorgeschlagen, den Betrag von 230 Millionen Schilling mit Wirkung ab 1. Jänner 1997 um 60 Millionen Schilling, sohin auf 290 Millionen Schilling anzuheben. Im übrigen hat der vorgeschlagene Artikel den zitierten Artikel 78 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 zum Vorbild.