69 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Wirtschaftsausschusses


über den Antrag [30/A(E)] der Abgeordneten Anschober, Wabl und Genossen betreffend Bergrechtsreform

Die Abgeordneten Anschober, Wabl und Genossen haben am 30. Jänner 1996 den gegenständlichen Entschließungsantrag im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

1.1. Zur allgemeinen Verbesserung des Betriebsanlagenrechts im BergG

         a)  Der unterschiedliche Anlagenbegriff von Berg- und Gewerberecht ist angesichts der Neuorientierung der Bergbauwirtschaft nicht mehr gerechtfertigt. Eine Angleichung an § 74 GewO sollte nicht zuletzt unter dem Blickwinkel der Partizipation erfolgen.

         b)  Den Nachbarn von Bergbauanlagen sollte die Möglichkeit eröffnet werden, die Anlagen zur Kontrolle zu betreten und ein Verfahren zur nachträglichen Auflagenerteilung zu erwirken.

         c)  Der vergleichsweise schlechte Standard des bergrechtlichen Betriebsanlagenrechts zeigt sich insbesondere in den Regelungen für Altanlagen zum Zweck der Umweltvorsorge. § 203 BergG sieht lediglich individuelle nachträgliche Aufträge zur Abwehr von Gefahren, Beeinträchtigungen und Belästigungen (zum Schutz fremder Personen und Sachen, der Umwelt und der Gewässer) vor, jedoch keine generelle dynamische oder zumindest einmalige Anpassung an den Stand der Technik.

         d)  Auf Grund der hohen Bedeutung des Verfahrens zur Erteilung der Gewinnungsbewilligung sollte bereits in diesem Verfahren eine Mitsprache der Nachbarn und der Standortgemeinden eröffnet werden.

1.2. Zur Regelung des Abbaus von Massenrohstoffen (Steinbrüche und Schotterabbau)

a) Problemlage

Mit der Berggesetznovelle 1990 wurde die Liste der grundeigenen Rohstoffe in § 5 um Tone, Kalkstein und basaltische Gesteine, die sich für eine qualifizierte Weiterverarbeitung eignen, erweitert. Da in der Einstufung der Mineralien nicht auf die tatsächliche spätere Verwendung abgestellt wird, unterliegt seither ein Großteil der Schotterabbauten und Steinbrüche statt wie bisher dem Gewerberecht dem Berg­recht. Dadurch ergeben sich Nachteile für die Raumplanung, den Naturschutz, den Wasserschutz und den Nachbarschaftsschutz:

Raumplanung

Neben dem Bergrecht kann – anders als neben dem Gewerberecht – die allgemeine Raumplanung der Länder nicht zur Geltung kommen. Dergestalt geht jetzt etwa der in Ausführung des Raumordnungsgesetzes erlassene Niederösterreichische Kiesleitplan ins Leere. Das Bergrecht wiederum sieht kein Planungsinstrument zur abgestimmten nachhaltigen Nutzung der Rohstoffreserven vor, die Gewinnungsbewilligung wird in erster Linie nach bergbauwirtschaftlichen und bergbautechnischen Gesichtspunkten vergeben.


Naturschutz

Eine Rcgulierung des Abbaus von Massenrohstoffen aus dem Blickwinkel des Naturschutzes ist den Ländern kompetenzrechtlich nicht verwehrt, doch nehmen sich die Naturschutzgesetze der Länder – im Unterschied zu gewerblichen Anlagen – gegenüber Bergbauanlagen selbst zurück, sodaß derartige Anlagen zumeist keiner naturschutzrechtlichen Bewilligung bedürfen oder die naturschutzrechtliche Prüfung das Projekt nicht dem Grunde nach in Frage stellen darf.

Wasserschutz

Schottergruben bedürfen nach dem Wasserrecht nur dann einer Bewilligung, wenn sie in Schongebieten angelegt werden. Nach dem Gewerberecht hatte die Behörde zumindest selbst zu prüfen, ob eine Wassergefährdung auszuschließen ist (§ 74 Abs. 2 Z 5 GewO). Das bergrechtliche Betriebsanlagenrecht sieht keine vergleichbare Regelung vor, abgesehen davon löst ein Schotterabbau keine Genehmigungspflicht nach § 146 aus, weil der Abbau nur mit mobilen Maschinen erfolgt.

Nachbarschaftsschutz

Das zum Schutz der Nachbarn und der Umwelt in § 146 eingerichtete Genehmigungsverfahren kommt beim Abbau von Massenrohstoffen kaum zum Tragen und damit ist auch keine Nachbarbeteiligung gegeben. Mit der Novelle 1994, BGBl. 633/1994, wurde für bestehende Anlagen die Möglichkeit eröffnet, nachträglich ein Verfahren zu initiieren, in dem das Projekt freilich nicht dem Grunde nach in Frage gestellt werden kann. Das in § 100 vorgesehene Verfahren mit Nachbarbeteiligung kommt nur für nach dem 1. Jänner 1995 beantragte Projekte und wesentliche Erweiterungen zur Anwendung, eine Parteistellung der Gemeinde ist nicht vorgesehen.

b) Lösungsmöglichkeiten

aa) Rücknahme der Berggesetznovelle 1990

Die Ausweitung des Bergrechts auf Massenrohstoffe ist systemfremd, da das Instrumentarium des Bergrechts auf die Seltenheit des Vorkommens von Rohstoffen abstellt. Die Gewinnung von Tonen, Kalkstein und basaltischem Gestein ist nicht standortgebunden im engeren Sinne, da sie massenweise vorkommen. Das Regelwerk des Berggesetzes ist daher fehl am Platz. Aus diesem Grunde gilt es, die Gewinnung nicht an jedem möglichen Standort durchzusetzen, sondern die vielen möglichen Rohstoffreserven einer nachhaltigen, heißt künstlich verlangsamten Nutzung im Sinne einer möglichsten Landschafts‑ und Ressourcenschonung zuzuführen.

Da das Gewerberecht keine Fachplanung enthält, wäre unbedingt wieder die 1988 eingeführte, jedoch 1992 gestrichene Standortvoraussetzungsregel in § 77 Abs. 1 zu verankern. Damit könnte die bereichsspezifische Raumplanung der Länder im gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren Eingang finden. Sollte dies nicht der Fall sein, müßten die Länder unbedingt eine § 50a Stmk. ROG nachgebildete Exekution der Raumordnungspläne vorsehen. Demnach kann jede raumordnungswidrige Benützung von Boden per Bescheid untersagt werden.

bb) Umfassende Ergänzung der Berggesetznovelle 1990

Sollte im Sinne der kurzfristigen Arbeitsbeschaffung für die Berghauptmannschaften an der Zuständigkeit festgehalten werden, so müßte die Bergbehörde selbst die Regulierung des Schotterabbaus unter Einbeziehung der Gemeinden, Länder und Bürger/innen vornehmen. Ein Massenrohstoffkonzept sollte verbindlich die – in Berücksichtigung des Landschafts- und Artenerhalts (Naturschutzes), des Wasserschutzes und des Nachbarschaftsschutzes – optimalen Standorte ausweisen und eine stufenweise Inanspruchnahme vorsehen.

cc) Möglichkeiten der Länder

Mit besonderem Nachdruck sind jedoch auch die Länder aufzufordern, ihre kompetenzrechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um dem Ziel einer geordneten Massenrohstoffnutzung näherzukommen. Insbesondere sind die Naturschutzgesetze zu ändern.

Zu verweisen ist auf den Entwurf für ein Naturschutzgesetz 1992 in Niederösterreich (Zl. II/3-5000/46‑92): Der Schotterabbau ist nach § 6 Abs. 1 Z 2 allgemein genehmigungspflichtig. Eine naturschutzrechtliche Genehmigung ist zu versagen, wenn das Landschaftsbild nachhaltig verändert wird oder das ökologische Gefüge im betroffenen Lebensraum nachhaltig beeinträchtigt wird und diese Beeinträchtigungen nicht durch Auflagen verhindert werden können (§ 6 Abs. 3). Für Eingriffe in Landschaftsschutzgebiete kommt hinzu, daß auch die Eigenart der Landschaft und der Erholungswert der Landschaft nicht beeinträchtigt werden dürfen. In Naturschutzgebieten sind Eingriffe generell untersagt. Leider ist es bis jetzt bei Gesetzesentwürfen geblieben. Auch der in der laufenden Gesetzgebungsperiode des Land­tages am 3. August 1994 eingebrachte Entwurf (Zl. 186/N-1) wurde noch nicht beschlossen (Stand 30. Jänner 1996). Dies ist angesichts der Dringlichkeit äußerst kritikwürdig, da das geltende NÖ NaturschutzG Bergbauanlagen generell ausnimmt.


2. Bergbehörden und Einheitliches Umweltanlagenrecht

Mit einer einstimmigen Entschließung am 24. September 1993 hat der Nationalrat zum Ausdruck gebracht, daß die Bemühungen um eine Vereinheitlichung des zersplitterten Betriebsanlagenrechts über das UVP‑G hinaus weiter fortzusetzen sind. Ein einheitliches Umweltanlagenrecht würde eine umweltmedienübergreifende Beurteilung der Auswirkungen einer Betriebsanlage ermöglichen, die Ungleichbehandlung gleichgelagerter Sachverhalte beenden und den Vollzug entlasten, weil Parallelstrukturen und kasuistische Zuständigkeitsabgrenzungen abgebaut würden. Aus dieser Zusammenführung dürfen die bergrechtlichen Betriebsanlagen und die Bergbehörden nicht ausgespart werden. Völlig inkonsequent war in diesem Punkt die Regierungsvorlage zur Reform des Bundesstaates, die den bundesunmittelbaren Vollzug des Bergrechts unangetastet ließ, das Wasserrecht und das Gewerberecht aber trotz der vielen Verzahnungen mit dem Bergrecht in die autonome Landesvollziehung überführen wollte.

Der Wirtschaftsausschuß hat den Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 7. März 1996 in Verhandlung genommen. Zum Gegenstand sprachen außer der Berichterstatterin Ing. Monika Langthaler die Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Dipl.‑Ing. Thomas Prinzhorn, Dr. Volker Kier, Arnold Grabner, Mag. Dr. Maria Fekter, Ingrid Tichy‑Schreder, Dipl.‑Ing. Maximilian Hofmann, Jakob Auer und Peter Rosenstingl sowie der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Johannes Ditz.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag nicht die Zustimmung der Ausschußmehrheit.

Zum Berichterstatter für das Haus wurde Abgeordneter Helmut Dietachmayr gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 1996 03 07

                            Helmut Dietachmayr                                                      Ingrid Tichy‑Schreder

                                   Berichterstatter                                                                           Obfrau