746 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Nachdruck vom 17. 6. 1997

Regierungsvorlage


Bundesgesetz, mit dem ein Polizeikooperationsgesetz erlassen und das Sicherheitspolizei­gesetz geändert wird


Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Bundesgesetz über die internationale polizeiliche Kooperation (Polizeikooperationsgesetz – PolKG)

Inhaltsverzeichnis

1. Hauptstück

Allgemeine Bestimmungen

§ 1      Anwendungsbereich

§ 2      Begriffsbestimmungen

2. Hauptstück

Amtshilfe

1. Abschnitt

Leisten von Amtshilfe

§ 3      Aufgabe

§ 4      Zuständigkeit

§ 5      Aufgabenerfüllung

2. Abschnitt

Inanspruchnahme von Amtshilfe

§ 6      Grundsatz

§ 7      Verfahren

3. Abschnitt

Gemeinsame Bestimmungen

§ 8      Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten

§ 9      Verwendungsbeschränkung und Löschung übermittelter Daten

§ 10    Verständigung

§ 11    Protokollierung

§ 12    Verfahren zur Auskunftserteilung

§ 13    Erklärung zur Sicherheitsorganisation

3. Hauptstück

Einschreiten der Sicherheitsbehörden im Ausland und ausländischer Sicherheitsbehörden im Bundesgebiet

§ 14    Allgemeine Voraussetzungen

§ 15    Einschreiten auf fremdem Hoheitsgebiet

§ 16    Einschreiten von Organen ausländischer Sicherheitsbehörden im Bundesgebiet

§ 17    Besonderer Rechtsschutz

4. Hauptstück

§ 18    Ermächtigung zum Abschluß zwischenstaatlicher Vereinbarungen

5. Hauptstück

Schlußbestimmungen

§ 19    Verweisungen

§ 20    Inkrafttreten

§ 21    Außerkrafttreten

§ 22    Vollziehung

1. Hauptstück

Allgemeine Bestimmungen

Anwendungsbereich

§ 1. (1) Die internationale polizeiliche Kooperation erfolgt für Zwecke

           1. der Sicherheitspolizei,

           2. der Tätigkeit im Dienste der Strafrechtspflege (Kriminalpolizei),

           3. des Paßwesens, der Fremdenpolizei und der Grenzkontrolle.

(2) Die internationale polizeiliche Kooperation umfaßt

           1. die internationale polizeiliche Amtshilfe,

           2. das Einschreiten von Sicherheitsbehörden und ihrer Organe im Ausland sowie von ausländischen Sicherheitsbehörden und deren Organen im Bundesgebiet, insbesondere durch grenzüber­schreitende Nacheile und Observation.

(3) Die Leistung und die Erwirkung von Rechtshilfe nach dem Auslieferungs- und Rechtshilfe­gesetz, BGBl. Nr. 529/1979, oder nach zwischenstaatlichen Vereinbarungen bleiben unberührt.

Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Die internationale polizeiliche Amtshilfe (im weiteren: Amtshilfe) ist die wechselseitige Hilfeleistung bei der Aufgabenerfüllung und die Zusammenarbeit zu gemeinsamer Aufgabenerfüllung. Sie erfolgt zwischen Sicherheitsbehörden einerseits und Sicherheitsorganisationen oder ausländischen Sicherheitsbehörden andererseits.

(2) Sicherheitsorganisationen sind internationale Organisationen, die der polizeilichen Kooperation dienen. Es sind dies

           1. das Europäische Polizeiamt (EUROPOL),

           2. das Generalsekretariat der internationalen kriminalpolizeilichen Organisation (im weiteren: Interpol),

           3. andere Organisationen, die der Bundesminister für Inneres mit Verordnung gemäß § 13 zu Sicherheitsorganisationen erklärt hat.

(3) Ausländische Sicherheitsbehörden sind Dienststellen anderer Staaten, die Aufgaben nach § 1 Abs. 1 wahrnehmen.

(4) Soweit in diesem Bundesgesetz von Rechten und Pflichten von Menschen die Rede ist, sind darunter auch Rechte und Pflichten juristischer Personen zu verstehen.

2. Hauptstück

Amtshilfe

1. Abschnitt

Leisten von Amtshilfe

Aufgabe

§ 3. (1) Den Sicherheitsbehörden obliegt, auf Ersuchen Amtshilfe zu leisten,

           1. auf Grund völkerrechtlicher Verpflichtung,

           2. wenn dies der Erfüllung von Aufgaben nach § 1 Abs. 1 einer ausländischen Sicherheitsbehörde dient und Gegenseitigkeit besteht oder

           3. wenn dies der Erfüllung von Aufgaben nach § 1 Abs. 1 einer Sicherheitsorganisation dient.

(2) Auch ohne Ersuchen obliegt den Sicherheitsbehörden, Amtshilfe zu leisten,

           1. durch Verwenden von Daten, für deren Übermittlung auch der Datenart nach eine völker­rechtliche Verpflichtung besteht, oder

           2. wenn diese für eine ausländische Sicherheitsbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 1 Abs. 1 erforderlich ist und Gegenseitigkeit besteht, oder

           3. wenn diese für die Erfüllung der kriminalpolizeilichen Aufgaben von Interpol erforderlich ist.

Zuständigkeit

§ 4. (1) Zur Leistung von Amtshilfe ist der Bundesminister für Inneres zuständig. Darüber hinaus ist jede nachgeordnete Sicherheitsbehörde, deren Sprengel an jenen einer regionalen ausländischen Sicherheitsbehörde grenzt, zuständig, dieser Amtshilfe zu leisten; wenn jedoch die Leistung von Amtshilfe nach Völkerrecht im Wege einer zentralen Stelle oder zufolge einer Weisung des Bundes­ministers für Inneres durch diesen zu geschehen hat, so hat die nachgeordnete Sicherheitsbehörde sonst von dieser Zuständigkeit keinen Gebrauch zu machen.

(2) Jede nachgeordnete Sicherheitsbehörde ist bei Gefahr im Verzug zuständig, ausländischen Sicherheitsbehörden Amtshilfe zu leisten; hievon ist der Bundesminister für Inneres unverzüglich zu unterrichten.

Aufgabenerfüllung

§ 5. (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, Amtshilfe zu leisten

           1. durch jegliche Maßnahme, die nicht in Rechte eines Menschen eingreift, oder

           2. durch das Verwenden von personenbezogenen Daten nach Maßgabe der folgenden Absätze und des dritten Abschnitts.

(2) Wenn bindendes Völkerrecht nicht anderes vorsieht, darf zum Zwecke der Leistung von Amtshilfe in Rechte von Menschen nur eingegriffen werden, soweit dies auch bei einem in die Zuständigkeit einer österreichischen Sicherheitsbehörde fallenden vergleichbaren Sachverhalt zulässig wäre; solche Eingriffe haben den für eine solche innerstaatliche Aufgabenerfüllung geltenden Ver­fahrensnormen zu entsprechen.

(3) Ein Ermitteln von Daten zum Zwecke des Leistens von Amtshilfe ist nur zulässig

           1. durch Verwenden von Daten, die die Behörde in Vollziehung eines Bundes- oder Landes­gesetzes selbst ermittelt hat,

           2. durch Einholen von Auskünften anderer Sicherheitsbehörden,

           3. durch Einholen von Auskünften von Dienststellen der Gebietskörperschaften, der anderen Körperschaften des öffentlichen Rechtes und den von diesen betriebenen Anstalten,

           4. durch Befragen von Menschen, die in Kenntnis des amtlichen Charakters der Befragung freiwillig Auskunft erteilen (offene Befragung),

           5. durch Observieren, wenn dies eine wesentliche Voraussetzung zur wirksamen Leistung von Amtshilfe darstellt.

(4) Bei der offenen Befragung und der Observation durch Organe des öffentlichen Sicherheits­dienstes dürfen Organe ausländischer Sicherheitsbehörden mit Zustimmung des Bundesministers für Inneres anwesend sein, wenn dies zur Wahrnehmung von Aufgaben nach § 1 Abs. 1 erforderlich ist und Gegenseitigkeit besteht. Bei einer offenen Befragung ist der Befragte in diesem Falle auf die Anwesenheit des Organs einer ausländischen Sicherheitsbehörde hinzuweisen.

(5) Mit der Ermittlung von Daten gemäß Abs. 3 Z 3 bis 5 kann der Bundesminister für Inneres auch andere Sicherheitsbehörden betrauen. Für die Übermittlung an eine Sicherheitsorganisation oder eine ausländische Sicherheitsbehörde ist dies nur zulässig, insoweit die betroffenen Daten ihrer Art nach feststehen.

2. Abschnitt

Inanspruchnahme von Amtshilfe

Grundsatz

§ 6. Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 1 Abs. 1 Amtshilfe in Anspruch zu nehmen. Sie dürfen hiebei nur um Maßnahmen ersuchen, zu denen sie zur Erfüllung der Aufgabe, die dem Ersuchen zugrunde liegt, auch selbst ermächtigt wären.

Verfahren

§ 7. (1) Nachgeordnete Sicherheitsbehörden nehmen Amtshilfe im Wege des Bundesministers für Inneres in Anspruch. Dieser ist ermächtigt, die ihm hiefür übermittelten Daten zu verwenden oder von der weiteren Übermittlung auszunehmen, soweit dies erforderlich ist, um die Amtshilfe bindendem Völkerrecht entsprechend in Anspruch nehmen zu können.

(2) Eine nachgeordnete Sicherheitsbehörde, deren Sprengel an jenen einer regionalen ausländischen Sicherheitsbehörde grenzt, darf von dieser Amtshilfe unmittelbar in Anspruch nehmen, es sei denn, die Inanspruchnahme der Amtshilfe hätte nach bindendem Völkerrecht oder zufolge einer Weisung des Bundesministers für Inneres im Wege einer zentralen Stelle zu geschehen.

(3) Jede nachgeordnete Sicherheitsbehörde ist ermächtigt, bei Gefahr im Verzug Amtshilfe in Anspruch zu nehmen; hievon ist jedoch der Bundesminister für Inneres unverzüglich zu unterrichten.

(4) Der Bundesminister kann in diesen Fällen die ausländische Sicherheitsbehörde oder die Sicher­heitsorganisation ersuchen, die Amtshilfe direkt einer nachgeordneten Sicherheitsbehörde zu leisten und diese ermächtigen, die Amtshilfe auf diesem Wege anzunehmen.

3. Abschnitt

Gemeinsame Bestimmungen

Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten

§ 8. (1) Soweit dies zur Gewährleistung der Beachtung von Grundsätzen des Datenschutzes erforderlich ist, kann die Übermittlung personenbezogener Daten zum Zwecke der Amtshilfe unter Auflagen geschehen.

(2) Wenn Grund zur Annahme besteht, daß

           1. hiedurch die öffentliche Ordnung oder andere wesentliche Interessen der Republik Österreich verletzt werden oder

           2. überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen oder Dritter verletzt werden, ins­besondere jene Rechte, die im internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (BGBl. Nr. 591/1978) gewährt werden oder

           3. die ersuchende Sicherheitsbehörde oder -organisation nicht für den gebotenen Schutz des Privatlebens (Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, und § 1 des Datenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 565/1978) des Betroffenen Sorge tragen oder ausdrückliche datenschutzrechtliche Auflagen der ersuchten Behörde miß­achten werde,

hat eine Übermittlung personenbezogener Daten im Rahmen der Amtshilfe zu unterbleiben. Für Mitgliedstaaten des Schengener Durchführungsübereinkommens oder des Europol-Übereinkommens sowie bei internationalen Fahndungen über richterlichen Auftrag kommen für eine solche Annahme nur bestimmte Tatsachen des Einzelfalls in Betracht.

(3) Die Übermittlung personenbezogener Daten an Sicherheitsorganisationen oder ausländische Sicherheitsbehörden ist nur zulässig, wenn ihnen auferlegt ist,

           1. die übermittelten Daten ohne Zustimmung der übermittelnden Behörde zu keinen anderen als den der Übermittlung zugrundeliegenden Zwecken zu verwenden,

           2. die übermittelten Daten zu löschen, sobald

                a) sich die Unrichtigkeit der Daten ergibt,

               b) die übermittelnde Sicherheitsbehörde mitteilt, daß die übermittelten Daten rechtswidrig ermittelt oder übermittelt worden sind, oder

                c) die Daten nicht mehr zur Erfüllung der für die Übermittlung maßgeblichen behördlichen Aufgabe benötigt werden, es sei denn, daß eine ausdrückliche Ermächtigung besteht, die übermittelten Daten zu anderen Zwecken zu verwenden, und

           3. im Falle eines Ersuchens einer Sicherheitsbehörde Auskunft über jegliche Verwendung zu geben; eine nachgeordnete Sicherheitsbehörde hat ein solches Ersuchen im Wege des Bundesministers für Inneres zu übermitteln.

Verwendungsbeschränkung und Löschung übermittelter Daten

§ 9. (1) Personenbezogene Daten, die von Sicherheitsorganisationen oder ausländischen Sicher­heitsbehörden übermittelt worden sind, dürfen nur mit vorheriger Zustimmung der übermittelnden Stelle zu anderen als den der Übermittlung zugrundeliegenden Zwecken verwendet werden.

(2) Von Sicherheitsorganisationen oder ausländischen Sicherheitsbehörden übermittelte Daten sind zu löschen, wenn sich ergibt, daß die übermittelnde Stelle zur Löschung der Daten deshalb verpflichtet ist, weil die Ermittlung oder Verarbeitung dieser Daten in Widerspruch zu Gesetzen oder völkerrecht­lichen Übereinkommen erfolgt ist; jedoch werden Daten, die auf Grund eines völkerrechtlichen Übereinkommens in einer gemeinsam geführten Informationssammlung verarbeitet werden oder zur Erfüllung der Aufgaben einer Sicherheitsorganisation erforderlich sind, nach Maßgabe hiefür verein­barter völkerrechtlicher Regelungen gelöscht. Die Unauffindbarkeit von Daten – insbesondere zufolge der Beseitigung der Auswählbarkeit der Daten aus einer Gesamtmenge – ist deren Löschung gleich­zuhalten.

Verständigung

§ 10. (1) Die Sicherheitsbehörde hat, wenn sie feststellt, daß personenbezogene Daten, die von einer Sicherheitsorganisation oder von einer ausländischen Sicherheitsbehörde übermittelt worden sind, unrichtig oder unrechtmäßig verarbeitet und deshalb richtigzustellen oder zu löschen sind, diese Organisation oder Behörde darauf hinzuweisen.

(2) Die Sicherheitsbehörde hat, wenn sie feststellt, daß personenbezogene Daten, die an eine Sicherheitsorganisation oder an eine ausländische Sicherheitsbehörde übermittelt worden sind, unrichtig oder unrechtmäßig verarbeitet und deshalb richtigzustellen oder zu löschen sind, diese Organisation oder Behörde darauf hinzuweisen.

Protokollierung

§ 11. Anfragen in Bezug auf Daten, die in einer automationsunterstützt geführten Evidenz verar­beitet werden, und die Übermittlung personenbezogener Daten sind aktenkundig zu machen oder zu protokollieren. Protokollaufzeichnungen sind, soferne völkerrechtlich nicht anderes vereinbart ist, mindestens drei Jahre aufzubewahren. Protokolldaten dürfen ausschließlich zum Zwecke der Kontrolle der Verwendung von personenbezogenen Daten verwendet werden.

Verfahren zur Auskunftserteilung

§ 12. Begehrt jemand Auskunft über personenbezogene Daten, die zu Zwecken der Sicherheits- oder Kriminalpolizei von einer Sicherheitsorganisation oder einer ausländischen Sicherheitsbehörde über­mittelt worden sind, so hat die Sicherheitsbehörde vor der Entscheidung über die Erteilung einer Auskunft nach den hiefür maßgeblichen Bestimmungen der Sicherheitsorganisation oder der auslän­dischen Sicherheitsbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Eine nachgeordnete Sicherheits­behörde hat diese im Wege der Zentralstelle einzuholen. Die Auskunft ist binnen drei Monaten zu erteilen.

Erklärung zur Sicherheitsorganisation

§ 13. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung eine internationale Organisation, die der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit von Behörden im Bereich der Aufgaben nach § 1 Abs. 1 dient, zur Sicherheitsorganisation zu erklären, wenn

           1. anzunehmen ist, daß die Zusammenarbeit mit dieser Organisation wesentlich zur Erfüllung der Aufgaben nach § 1 Abs. 1 beiträgt, und

           2. gegen eine solche Zusammenarbeit keine Bedenken aus den Gründen des § 8 Abs. 2 oder 3 bestehen.

3. Hauptstück

Einschreiten der Sicherheitsbehörden im Ausland und  ausländischer Sicherheitsbehörden im Bundesgebiet

Allgemeine Voraussetzungen

§ 14. Soweit dies völkerrechtlich vorgesehen ist, dürfen nach Maßgabe der folgenden Bestim­mungen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf fremdem Hoheitsgebiet und Organe auslän­discher Sicherheitsbehörden im Bundesgebiet einschreiten, wenn dies der Erfüllung von Aufgaben nach § 1 Abs. 1 dient. Der Regelungsbereich des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997, bleibt unberührt.

Einschreiten auf fremdem Hoheitsgebiet

§ 15. (1) Das Handeln von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Ausland ist der Sicherheitsbehörde zuzurechnen, der sie beigegeben, zugeteilt oder unterstellt sind. Das Handeln von Zollorganen ist der Sicherheitsdirektion jenes Landes zuzurechnen, von dem aus die Zollorgane die Grenze überschritten haben.

(2) Eingriffe in Rechte Betroffener dürfen von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Ausland nur gesetzt werden, wenn sie sowohl nach österreichischem Recht als auch nach dem Recht des Staates, in dem die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einschreiten, zulässig sind.

(3) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dürfen im Ausland keine Handlungen setzen, die Anordnungen einer zuständigen ausländischen Behörde widersprechen.

(4) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben auch beim Einschreiten im Ausland jene Vorschriften zu beachten, die zur Organisation und Führung der Bundespolizei und der Bundes­gendarmerie erlassen sind.

Einschreiten von Organen ausländischer Sicherheitsbehörden im Bundesgebiet

§ 16. (1) Organe ausländischer Sicherheitsbehörden dürfen im Bundesgebiet einschreiten, soweit dies völkerrechtlich vorgesehen ist.

(2) Dem Leisten von Amtshilfe (§ 3) ist gegenüber dem Einschreiten von Organen ausländischer Sicherheitsbehörden im Bundesgebiet der Vorrang zu geben; wenn Völkerrecht nicht entgegensteht, haben die Sicherheitsbehörden darauf hin zu wirken, daß ein Einschreiten von Organen ausländischer Sicherheitsbehörden nur erfolgt, soweit eine Aufgabenbesorgung durch eine Sicherheitsbehörde der Sache nach oder wegen Gefahr im Verzug nicht in Betracht kommt.

(3) Im Falle des Einschreitens der Organe ausländischer Sicherheitsbehörden nach Abs. 1 sind auf das Führen, den Besitz, die Einfuhr und die Ausfuhr ihrer Dienstwaffen die Bestimmungen des Waffengesetzes und des Kriegsmaterialgesetzes nicht anzuwenden.

Besonderer Rechtsschutz

§ 17. (1) Auf Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Ausland in ihren Rechten verletzt worden zu sein, finden die §§ 88, 90 und 91 SPG mit der Maßgabe Anwendung, daß örtlich zuständig der unabhängige Verwaltungssenat jenes Landes ist, von dem aus die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Grenze überschritten haben.

(2) Die unabhängigen Verwaltungssenate erkennen außerdem über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Tätigkeit von Organen ausländischer Sicherheitsbehörden im Bundesgebiet in ihren Rechten verletzt zu sein, sofern nicht nach völkerrechtlichen Vereinbarungen ein anderes Beschwerde­recht besteht. Die §§ 88, 90 und 91 SPG gelten.

(3) Ist das Einschreiten der Organe der ausländischen Sicherheitsbehörden, gegen das sich die Beschwerde richtet, sonst keiner Behörde zurechenbar, so findet im Umfang der Beschwerde eine Zurechnung zur Sicherheitsdirektion jenes Landes statt, in dem eingeschritten worden ist. Gleiches gilt für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber dem Bund.

(4) Der Beschwerdeführer kann sich in einer Beschwerde nach den Abs. 1 oder 2 nicht auf auslän­disches Recht berufen.

4. Hauptstück

Ermächtigung zum Abschluß zwischenstaatlicher Vereinbarungen

§ 18. Sofern die Bundesregierung zum Abschluß von Übereinkommen gemäß Art. 66 Abs. 2 B-VG ermächtigt ist, kann sie völkerrechtliche Vereinbarungen schließen:

           1. über das Übermitteln oder Überlassen von Daten für Zwecke der Amtshilfe; hiebei ist vorzu­sehen, daß die Verwendung übermittelter Daten unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 erfolgt;

           2. über das Einschreiten der Sicherheitsbehörden durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder durch Zollorgane im Ausland oder ausländischer Sicherheitsbehörden im Bundesgebiet nach Maßgabe der §§ 14 bis 16; hiebei dürfen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder Zollorgane zu Rechtseingriffen nur durch offenes oder verdecktes Ermitteln oder durch Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zum Zwecke einer Anhaltung ermächtigt werden; Vereinbarungen über Rechtseingriffe von Organen ausländischer Sicher­heitsbehörden dürfen nur nach Maßgabe jener Regelungen geschlossen werden, die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu solchen Rechtseingriffen im Bundesgebiet ermächtigen; überdies ist in solchen Vereinbarungen vorzusehen, daß und in welcher Weise die ausländischen Behörden Bescheiden und Urteilen nach § 17 Rechnung tragen;

           3. zur Durchführung gemeinsamer Schulungen zu den Aufgabenbereichen nach § 1 Abs. 1.

5. Hauptstück

Schlußbestimmungen

Verweisungen

§ 19. Verweisungen in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze sind als Verweisungen auf die jeweils geltende Fassung zu verstehen.

Inkrafttreten

§ 20. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit xx. xxxx xxxx in Kraft. Das Verwenden personenbezogener Daten ist jedoch schon ab dem auf die Kundmachung folgenden Tag zulässig, soweit dies für die Vorbereitung der Inkraftsetzung des Übereinkommens über den Beitritt der Republik Österreich zum Schengener Durchführungsübereinkommen erforderlich ist.

(2) Verordnungen können auf Grund dieses Bundesgesetzes bereits nach seiner Kundmachung erlassen werden, dürfen jedoch nicht vor diesem in Kraft treten.

Außerkrafttreten

§ 21. Mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes tritt das Bundesgesetz über die internationale kriminalpolizeiliche Amtshilfe, BGBl. Nr. 191/1964, außer Kraft.

Vollziehung

§ 22. Mit der Vollziehung des § 18 ist die Bundesregierung, mit der Vollziehung der anderen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes der Bundesminister für Inneres betraut, jedoch soweit Zollorgane berührt sind, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen.

Artikel II

Das Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicher­heitspolizei (Sicherheitspolizeigesetz – SPG), BGBl. Nr. 566/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 12/1997, wird wie folgt geändert:

1. § 35 Abs. 1 wird folgende Z 6 angefügt:

         „6. wenn nach den Umständen angenommen werden kann, der Betroffene habe unmittelbar zuvor die Binnengrenze (§ 1 Abs. 9 Grenzkontrollgesetz) überschritten.“

2. § 56 Abs. 1 Z 6 und 7 sowie die Abs. 3 und 5 entfallen; Abs. 1 Z 8 erhält die Bezeichnung „6.“, Abs. 4 die Bezeichnung „(3)“.

3. In § 57 Abs. 1 werden in den Z 10 und 11 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 12 angefügt:

       „12. dem Betroffenen ein ausländischer Reisepaß oder Paßersatz entfremdet worden ist.“

4. § 58 Abs. 2 lautet:

„(2) Die Sicherheitsbehörden sind als Auftraggeber verpflichtet, Personendatensätze gemäß § 57 Abs. 1 Z 10 und 11, die drei Jahre, und Personendatensätze gemäß § 57 Abs. 1 Z 1, 3 bis 5, 7 bis 9 und 12, die sechs Jahre unverändert geblieben sind, und auf die der Zugriff nicht gesperrt ist, in der Zentralen Informationssammlung daraufhin zu überprüfen, ob nicht die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen für eine Sperre bereits vorliegen. Solche Personendatensätze sind nach Ablauf weiterer drei Monate gemäß Abs. 1 für Zugriffe zu sperren, es sei denn, der Auftraggeber hätte vorher bestätigt, daß der für die Speicherung maßgebliche Grund weiterhin besteht.“

5. § 67 entfällt.

6. § 71 Abs. 3 entfällt. In Abs. 4 treten anstelle der Worte „Außer in den Fällen der Abs. 1, 2 und 3“ die Worte „Außer in den Fällen der Abs. 1 und 2“. Abs. 4 erhält die Bezeichnung „(3)“, Abs. 5 die Bezeichnung „(4)“ und Abs. 6 die Bezeichnung „(5)“.

7. In § 76 Abs. 3 treten anstelle der Worte „in den Fällen der §§ 71 Abs. 3 und 72“ die Worte „im Falle des § 72“.

8. § 94 samt Überschrift lautet:

„Inkrafttreten

§ 94. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Mai 1993 in Kraft, § 62 tritt mit 1. Jänner 1994 in Kraft.

(2) Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes können bereits ab dem auf seine Kundmachung folgenden Tag erlassen werden; sie dürfen jedoch frühestens mit dem Inkraftreten dieses Bundesgesetzes in Kraft gesetzt werden.

(3) Die §§ 27a, 88 Abs. 4, 89 Abs. 5 und 92a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 201/1996 treten mit 1. Juli 1996, die §§ 5a, 5b, 48a und 91 Abs. 2 mit 1. August 1996 in Kraft.

(4) Die §§ 38a, 56 Abs. 1 Z 8 und 84 Abs. 1 in der Fassung des BGBl. Nr. 759/1996 treten mit dem 1. Mai 1997 in Kraft.

(5) Die §§ 45 Abs. 3, 46 Abs. 3, 57 Abs. 1 Z 11, 58 Abs. 1 Z 9 sowie 58 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 12/1997 treten mit 1. Juli 1997 in Kraft.


(6) Mit xx. xxxxx 1997 treten die §§ 35 Abs. 1 Z 6, 56 Abs. 1 Z 6 sowie Abs. 3, 57 Abs. 1 Z 10 bis 12, 58 Abs. 2, 71 Abs. 3 bis 5 und 76 Abs. 3 in der Fassung BGBl. I Nr. xxx/1997 in Kraft sowie die §§ 56 Abs. 1 Z 6 und 7 sowie Abs. 3 und 5, 67 und 71 Abs. 3 außer Kraft.“

Vorblatt

Problem:

Mit dem Prozeß der Europäischen Integration hat auch die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden wesentlich an Bedeutung gewonnen. Dies findet seinen Niederschlag im Schengener Durchführungs­übereinkommen (SDÜ) und im EUROPOL-Übereinkommen. Das innerstaatliche Recht hat dieser Dynamik bislang nicht ausreichend Rechnung getragen.

Ziel und Inhalt:

Die einzelnen Bereiche polizeilicher Kooperation – Schengen, Europol, Interpol – sind in einen integrierenden rechtlichen Rahmen einzufügen, der einerseits organisationsrechtliche Regelungen und andererseits allgemeine Grundsätze für die Mitwirkung der österreichischen Sicherheitsverwaltung an der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit umfaßt.

Alternativen:

Internationale polizeiliche Kooperation allein auf internationale Übereinkommen zu stützen und entsprechende – weitgehend gleichlautende – Adaptierung einzelner Materiengesetze.

Kosten:

Da dieses Gesetzesprojekt die internationale polizeiliche Kooperation nicht ausweitet, sondern ergänz­ende Regelungen zu Maßnahmen schafft, die in anderen Materiengesetzen oder Staatsverträgen grundge­legt sind, werden über die in diesen Bestimmungen begründeten Aufwendungen nur insoweit zusätzliche Kosten zu erwarten sein, als neue Verfahren eingeführt werden. Dies trifft für die vorgeschlagene Schaffung des besonderen Rechtsschutzes bei grenzüberschreitenden Amtshandlungen zu. Vermehrter Aufwand kann daher nur im Bereich der Unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern durch zusätzliche Verfahren entstehen. Da bisher jedoch weder Erfahrungswerte darüber vorliegen wie oft von der Möglichkeit grenzüberschreitender Amtshandlungen Gebrauch gemacht wird, noch darüber wie oft diese Anlaß zu Beschwerden geben werden, fehlt jegliche Grundlage für eine realistische Schätzung der Kosten der jedenfalls wenigen Fälle einer solchen Inanspruchnahme der unabhängigen Verwaltungs­senate.

Erläuterungen


Allgemeiner Teil

Zu Artikel I:

Ausgangslage:

Auf internationaler Ebene wurden in den letzten Jahren Regelungen geschaffen, die die Zusammenarbeit der Polizeidienste der Staaten verbessern und erleichtern sollen. Innerstaatlich gibt es derzeit nur wenige Normen, die die internationale polizeiliche Kooperation regeln, nämlich das Bundesgesetz über die internationale kriminalpolizeiliche Amtshilfe, BGBl. 1964/191, sowie zum Teil das SPG (insbesondere § 56) und FrG (insbesondere § 78). Schließlich bestehen noch zahlreiche bilaterale Kooperationsverträge auf der Ebene von Verwaltungsübereinkommen.

Der Beitritt Österreichs zum Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) ohne Erfüllungs­vorbehalt bedeutet nunmehr, daß dieses Übereinkommen Bestandteil des innerstaatlichen Rechts wird und auch unmittelbar als gesetzliche Grundlage für Verwaltungshandeln (im Sinne von Art. 18 Abs. 1
B-VG) herangezogen werden kann. Dieselbe Vorgangsweise wurde auch für die Ratifizierung des Europol-Übereinkommens vorgeschlagen.

Ziele des Gesetzesvorschlags:

Mit dem Prozeß der Europäischen Integration hat die internationale Zusammenarbeit der Sicherheits­behörden einen völlig neuen Stellenwert erlangt, der besonders in Kooperationsabkommen – namentlich dem SDÜ und der Europol-Konvention – seinen Ausdruck findet. Diese Zusammenarbeit betrifft zum einen neue Formen des Informationsaustausches und der Zusammenführung von Information, zum anderen auch Bereiche der operativen grenzüberschreitenden Polizeiarbeit (insbesondere Observation und Nacheile nach dem SDÜ). Wie bemerkt, wurden die erwähnten Vertragswerke nicht unter Erfüllungsvorbehalt ratifiziert, sondern sind generell in das innerstaatliche Recht transformiert worden. Dennoch schafft die neue Situation einen Regelungsbedarf, der in allgemeinen Kategorien wie folgt beschrieben werden kann:

–   Die Regelungen der genannten Verträge sind in bestimmten Hinsichten ergänzungsbedürftig. Sie lassen etwa Fragen des Rechtsschutzes und des Verhältnisses der nationalen Zentralstellen zu nachgeordneten Behörden (bewußt) offen. Insofern müssen sie auf eine organisationsrechtliche Infrastruktur aufsetzen können, die innerstaatlich vorzukehren ist und die insbesondere sonst mit den genannten Verträgen entstehende Rechtsschutzlücken schließt.

–   In Kernbereichen der polizeilichen Tätigkeit soll schließlich eine internationale Kooperation auch dann möglich sein, wenn hiefür keine völkerrechtlichen Vereinbarungen bestehen.

Inhalt der Regelung:

Der Entwurf trifft einerseits Regelungen für die informationelle Kooperation der Sicherheitsbehörden mit ausländischen Sicherheitsbehörden und mit Sicherheitsorganisationen (gegenwärtig Europol und INTERPOL 2. Hauptstück: Amtshilfe) und andererseits für die operative polizeiliche Kooperation (3. Hauptstück: Einschreiten der Sicherheitsbehörden im Ausland und ausländischer Sicherheitsbehörden im Bundesgebiet), wobei diese auch die schlichte Duldung des Handelns fremder Organe auf eigenem Territorium umfaßt.

Die informationelle Kooperation umfaßt den konventionellen oder automationsunterstützten Verkehr mit Daten. Sie erfolgt ebenso wie die operative Kooperation in den Bereichen der Sicherheits-, der Kriminal- und der Fremdenpolizei sowie des Paßwesens und der Grenzkontrolle.

Das PolKG gibt lediglich einen Rahmen für die Durchführung der polizeilichen Kooperation vor, wobei die Gründe hierfür je nach Art der Zusammenarbeit verschieden sind:

–   Die Inanspruchnahme von Amtshilfe und das Einschreiten österreichischer Organe auf fremdem Territorium sind Instrumente zur Erfüllung von materienspezifischen Aufgaben. Der vorliegende Entwurf beschränkt sich daher auf unbedingt erforderliche Bestimmungen und läßt im übrigen die materiengesetzliche Regelung der Aufgabenstellung und -erfüllung unberührt.

–   Die Leistung von Amtshilfe und das Einschreiten ausländischer Sicherheitsorgane im Inland dienen der Erfüllung von Aufgaben, die sich den ausländischen Sicherheitsbehörden bzw. Sicherheits­organisationen stellen. Diese Regelungsbereiche berühren mithin prinzipiell nicht die österreichischen Materiengesetze. Insofern war es daher auch möglich, im PolKG eine abschließende Regelung zu schaffen.

Der Entwurf geht von folgenden Grundsätzen aus:

–   Das PolKG soll einen Rahmen für die internationale polizeiliche Kooperation schaffen und die inner­staatlichen Materiengesetze grundsätzlich nur ergänzen, soweit dies auf Grund der mit der internationalen polizeilichen Kooperation verbundenen Besonderheiten erforderlich ist. Dies gilt auch für die innerstaatlichen Regelungen im Bereich des Datenverkehrs.

–   Soweit durch die internationale polizeiliche Zusammenarbeit Lücken im Rechtsschutz entstehen, sind im PolKG entsprechende Ergänzungen zu schaffen.

–   Zur Leistung von Amtshilfe ist grundsätzlich – von Fällen des „kleinen Grenzverkehrs“ und der Gefahr im Verzug abgesehen – der Bundesminister für Inneres zuständig.

–   Beim Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf fremdem Territorium sind diese sowohl an innerstaatliches als auch an fremdes Recht gebunden (doppelte Gesetzesbindung).

Kompetenzrechtliche Grundlage:

Für die Regelung der Materie werden die im Gesetzgebungsbereich des Bundes liegenden Kompetenz­tatbestände des Art. 10 Abs. 1 Z 3 „Angelegenheiten des Paßwesens“, Art. 10 Abs. 1 Z 6 „Strafrechts­wesen“, Art. 10 Abs. 1 Z 7 „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ sowie Art. 10 Abs. 1 Z 14 B-VG „Organisation und Führung der Bundespolizei und der Bundesgendarmerie“ in Anspruch genommen.

Der Entwurf enthält keine Verfassungsbestimmung.

Besonderer Teil

Zu § 1:

Die Umschreibung des Anwendungsbereiches geht von einer streng zweckorientierten Aufgaben­bezogenheit aus. Demnach erfolgt die internationale polizeiliche Amtshilfe nur zu sicherheits-, kriminal- und fremdenpolizeilichen Zwecken sowie zu Zwecken des Paßwesens und der Grenzkontrolle.

Der Gesetzesvorschlag sieht für die Erfüllung der in Abs. 1 umschriebenen Aufgaben eine Teilung der internationalen Kooperation in zwei Bereiche vor, nämlich in internationale polizeiliche Amtshilfe einerseits und in grenzüberschreitende Amtshandlungen andererseits.

Der Entwurf läßt die in die Zuständigkeit der Gerichte fallende Rechtshilfe nach dem ARHG oder entsprechender völkerrechtlicher Regelungen unberührt. Ersuchen um Rechtshilfe im Sinne der zitierten Norm verbleiben weiterhin ohne jegliche Einschränkung im Bereich der Zuständigkeit der Justiz.

Zu § 2:

Die Regelung der internationalen polizeilichen Amtshilfe soll die Grundlage für eine möglichst ökono­mische und effiziente Vollziehung bieten. Sie erfolgt zum einen, um die Aufgabenbesorgung, die dem Ersuchenden nach jeweils innerstaatlichem Recht obliegt, zu erleichtern oder zu ermöglichen, und zum anderen, um Aufgaben, die sich betroffenen Sicherheitsbehörden oder -organisationen gemeinsam stellen, wie etwa beim Vorgehen gegen grenzüberschreitend agierende Täter, effektiv erfüllen zu können.

Die internationale polizeiliche Amtshilfe umfaßt auch die gemeinsame Führung eines Informations­systems, wobei sich die rechtlichen Grundlagen für den Aufbau und die Führung des Schengener Informationssystems im übrigen in den Artikeln 92 ff. des SDÜ finden. Eine Übernahme dieser Bestimmungen in das PolKG oder ein anderes Bundesgesetz war nicht erforderlich, weil sie inhaltlich hinreichend bestimmt gefaßt sind und auf Grund der generellen Transformation des SDÜ ins innerstaatliche Recht auf bundesgesetzlicher Ebene angewandt werden können. Eine Kenntnis der Gründe für eine Zulässigkeit einer Speicherung kann dem eingeschränkten Kreis der Rechtsanwender in diesem Bereich ohne weiteres zugemutet werden.

Aus Gründen der Rechtssicherheit, aber auch weil derzeit keine anderen Organisationen in Betracht kommen, werden in Abs. 2 Europol und Interpol ausdrücklich als Sicherheitsorganisationen im Sinne des PolKG bestimmt. Um jedoch zukünftigen Entwicklungen Rechnung zu tragen, soll eine Möglichkeit vorgesehen werden, in angemessener Weise rasch reagieren zu können; außer den bereits an dieser Stelle genannten Organisationen kommen solche in Betracht, die der Bundesminister für Inneres zu Sicherheits­organisationen im Sinne dieses Bundesgesetzes erklärt. Zu den Anforderungen, die an Organisationen für eine Erklärung zu stellen sind, wird auf § 13 und die dazu verfaßten Bemerkungen verwiesen.

Die wechselseitige Hilfeleistung erfolgt zwischen österreichischen Sicherheitsbehörden und auslän­dischen Stellen, denen – zumindest in Teilbereichen – dieselben Aufgaben (§ 1 Abs. 1) zukommen wie österreichischen Sicherheitsbehörden. Aus der Umschreibung dessen, was unter internationaler polizei­licher Kooperation zu verstehen ist (§ 1 Abs. 1) ergibt sich auch hinsichtlich dieser Behörden, daß die Amtshilfe in concreto nur zu den dort umschriebenen Zwecken erfolgen kann.

Die Verwendung eines funktionalen Behördenbegriffes für ausländische Sicherheitsbehörden kann jedoch nicht soweit verstanden werden, daß damit Justizbehörden erfaßt würden. Einem weiter­gehenderen Verständnis würde § 1 Abs. 3 widersprechen.

Zum 2. Hauptstück:

Die Regelungen über die Amtshilfe sind in drei Abschnitte gegliedert, wobei im ersten für jene Fälle Normen geschaffen werden sollen, in denen österreichische Stellen für ausländische tätig werden. Der zweite Abschnitt trifft Bestimmungen für den umkehrten Weg, wenn österreichische Behörden Hilfe ausländischer Stellen beanspruchen, und schließlich werden im letzten Abschnitt dieses Hauptstückes für beide Bereiche maßgebliche Anordnungen getroffen.

Zu § 3:

§ 3 normiert zum einen, daß die Leistung von Amtshilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes eine Aufgabe der Sicherheitsbehörden ist. Zum anderen wird festgelegt, in welchen Fällen diese Aufgabe vorliegt. Sicherheitsbehörden können nur dann tätig werden bzw. sind nur in jenen Fällen zu Maßnahmen ermächtigt, in denen ihnen eine entsprechende Aufgabe übertragen ist. Internationale polizeiliche Amtshilfe ist keine Aufgabe, die sich Sicherheitsbehörden auf Grund eines innerstaatlichen Materien­gesetzes stellt. Dies war daher besonders vorzusehen, wobei der Gesetzesvorschlag davon ausgeht, daß in den in Abs. 1 und 2 umschriebenen Fällen Aufgaben, die sich ausländischen Behörden stellen, hinsichtlich der Erfüllung zu solchen österreichischer Sicherheitsbehörden werden. Dem Gesetzgeber ist es prinzipiell – von völkerrechtlich verbindlichen Vorgaben abgesehen – freigestellt, festzulegen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen inländische Sicherheitsbehörden diese Aufgaben haben sollen.

Der Gesetzesentwurf schlägt dafür eine Lösung vor, die sich an bestehenden völkerrechtlichen Verpflich­tungen orientiert und danach unterscheidet, ob die Amtshilfemaßnahme auf Grund eines entsprechenden Ersuchens oder ohne ein solches ergriffen wird.

Zu § 4:

Völkerrechtliche Übung, aber auch von Österreich bereits eingegangene völkerrechtliche Verpflich­tungen (wie etwa nach dem SDÜ) gehen im Bereich der Amtshilfe regelmäßig von einer zentralen Ansprechstelle aus. Die Nennung des Bundesministers für Inneres, als zentral zuständige Behörde, spricht nicht gegen eine innerorganisatorische Aufteilung auf verschiedene Organisations­einheiten innerhalb des Ministeriums.

Da die Zentralisierung bei Amtshandlungen, die nur der Zusammenarbeit regional zuständiger Sicherheitsbehörden zweier Staaten im Grenzgebiet bedürfen, nicht sinnvoll ist, schlägt der Entwurf für den „kleinen Grenzverkehr“ eine parallele Zuständigkeit nachgeordneter Sicherheitsbehörden vor. Neben der Zuständigkeit des Bundesministers für Inneres soll zur direkten Amtshilfe die Zuständigkeit nachge­ordneter Sicherheitsbehörden, also Bezirksverwaltungsbehörden und Sicherheitsdirektionen insoweit gegeben sein, als es sich um Amtshilfe für nachgeordnete regionale ausländische Sicherheitsbehörden handelt, deren Sprengel an jenen der inländischen grenzt. Um hier trotz Mehrfachzuständigkeiten völkerrechtswidrige oder gegen überregionale Erwägungen sprechende Maßnahmen zu vermeiden, war vorzusehen, daß nachgeordnete Sicherheitsbehörden in bestimmten Fällen von ihrer Zuständigkeit keinen Gebrauch machen.

Neben dem kleinen Grenzverkehr begründet nur noch Gefahr im Verzug eine von Abs. 1 erster Satz abweichende Zuständigkeit. Um für allenfalls zu treffende weitere Maßnahmen in derselben Angelegenheit die notwendige Koordinierung sicherstellen zu können, wird eine unverzügliche Berichtspflicht an den Bundesminister für Inneres vorgeschlagen.

Zu § 5:

In Anknüpfung an die Aufgabenumschreibung in § 3 wird hier die zulässige Art der Aufgabenerfüllung festgeschrieben. Wie § 28 Abs. 2 SPG zur Aufgabenerfüllung im sicherheitspolizeilichen Bereich normiert Abs. 1 Z 1, daß die Sicherheitsbehörden zur Leistung der Amtshilfe alle nicht in die Rechte von Menschen eingreifenden Maßnahmen setzen zu dürfen.

Vorbehaltlich anders lautendem, für Österreich verbindlichem Völkerrecht („Softlaw“ bietet dafür keine geeignete Grundlage) dürfen in die Rechte von Menschen eingreifende Amtshilfehandlungen vorge­nommen werden, wenn bei einem vergleichbaren inländischen Sachverhalt, also unter der Annahme einer originär inländischen Aufgabe, die eingreifende Maßnahme gesetzt werden dürfte. Beispielsweise wäre eine Untersuchungshandlung für eine ausländische Sicherheitsbehörde, die diese zur Aufklärung einer im Ausland begangenen Straftat benötigt, dann im Sinne dieses Gesetzes zulässig, wenn diese Unter­suchungshandlung auch vorgenommen werden dürfte, wenn es sich um die Aufklärung einer vergleich­baren Straftat im Inland handelte. Bei der Vornahme dieser Maßnahmen sind jene Verfahrensvorschriften anzuwenden, die bei einer Inlandstat maßgeblich wären. Dieser Grundsatz erfährt jedoch in zweierlei Hinsicht eine Einschränkung. Zum einen ist eine Ermittlung personenbezogener Daten nur durch die in Abs. 3 genannten Handlungen zulässig und zum anderen muß den im 3. Abschnitt festgelegten Grundsätzen (insbesondere § 8) entsprochen werden.

Die Ermittlung von personenbezogenen Daten zum Zwecke der Amtshilfe ist somit von zwei Grundvoraussetzungen abhängig. Sie ist nur zulässig, wenn eine Ermittlung bei einem vergleichbaren Sachverhalt im Inland auch zulässig wäre (Abs. 3 bringt keine Erweiterung der Ermittlungsbefungnisse) und durch Anwendung bestimmter Befugnisse erfolgt:

–   Verwendung „eigener“ (auf Grund von Bundes- und Landesgesetzen, aber auch von Staatsverträgen verarbeiteter) Daten;

–   Befragung von Menschen, die freiwillig Auskunft erteilen; diesfalls kann die Amtshilfe darin bestehen, daß die Dokumentation der Befragung – in jeglicher Form (Niederschrift, Phono- oder auch Video­graphie) – übermittelt wird;

–   Einholung von Auskünften von anderen Behörden (Sicherheitsbehörden oder Körperschaften des öffentlichen Rechts und von diesen betriebenen Anstalten); hinsichtlich der Einholung von Auskünften von außerhalb der Sicherheitsbehörden gelegenen Stellen besteht – anders als im SPG – für Zwecke der Amtshilfe keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung der genannten Stellen;

–   Observation (§ 54 Abs. 2 SPG), wobei von diesem Ermittlungsinstrument im Sinne einer ultima ratio nur dann Gebrauch gemacht werden soll, wenn Amtshilfe auf andere Weise nicht wirksam geleistet werden kann.

Mit Zustimmung des Bundesministers für Inneres dürfen ausländische Sicherheitsorgane im Bundes­gebiet bei Ermittlungshandlungen gemäß Abs. 3 Z 4 und 5 anwesend sein, soweit dies zur Erfüllung ihrer sicherheitspolizeilichen Aufgaben erforderlich ist und österreichischen Organen im betreffenden Staat dieselbe Möglichkeit geboten wird. Gemäß § 1 Abs. 3 bleiben entsprechende Regelungen im ARHG unberührt. Demnach haben ausländische Organe, die in Österreich zu Zwecken der Strafrechts­pflege bei Amtshandlungen anwesend sein wollen, den dort vorgesehenen Weg einzuhalten.

Zu § 6:

Im Gegensatz zur Ermächtigung, Amtshilfe zu leisten, bedarf es für die Inanspruchnahme der Amtshilfe keiner eigenen Aufgabennormierung. Vielmehr soll den Sicherheitsbehörden ein zusätzliches Instrument zur Erfüllung der ihnen aus den Materiengesetzen bereits erwachsenden Aufgaben zur Verfügung gestellt werden. Nur soweit und in dem Rahmen als diese Gesetze Aufgaben und Befugnisse normieren, dürfen sie Amtshilfe in Anspruch nehmen. Ein Verbot, bestimmte Ermittlungshandlungen im Inland vornehmen zu dürfen, wird daher nicht dadurch umgangen werden können, daß man um sie im Wege der internationalen Amtshilfe ersucht.

Zu § 7:

Da sich, wie zu § 6 ausgeführt, für die Inanspruchnahme der Amtshilfe die Aufgabe aus den Materiengesetzen bestimmt und dort die notwendigen Zuständigkeitsregelungen getroffen werden, war hier nur das Verfahren festzulegen. Zu notwendigen Koordinierungszwecken war aus Gründen, die bereits die Zentralisierung der Leistung der Amtshilfe geboten haben, grundsätzlich auch für die Inanspruchnahme der Amtshilfe der Weg über den Bundesminister für Inneres vorzusehen. Da diesem dabei nicht nur die Funktion eines „Briefkastens“ zukommen kann, sondern er selbständig Daten verarbeiten muß, wird eine eigene Verarbeitungsermächtigung vorgeschlagen. Vor allem im Hinblick auf international erforderliche Prüfungen der Zulässigkeit einer weiteren Übermittlung ins Ausland, bedarf es einer eigenständigen darauf abzielenden Ermächtigung. Bedeutung kommt dieser eigenständigen Verarbeitungsermächtigung vor allem im Bereich der gemeinsam mit anderen Staaten geführten Informationssammlungen zu, wie dies etwa bei Schengener Informationssystem der Fall ist.

Die Regelungen über den „kleinen Grenzverkehr“ und die Inanspruchnahme der Amtshilfe bei Gefahr im Verzug sind parallel zu jenen für die Leistung von Amtshilfe nachgebildet; unterschiedlich ist nur, daß dort erst Zuständigkeiten und hier nur Verfahrensvorschriften geschaffen werden, die an bestehende Zuständigkeiten anknüpfen.

Zu § 8:

Abs. 1 normiert im Zusammenhalt mit Abs. 3, daß Übermittlungen nur zulässig sind, wenn bestimmte Mindesterfordernisse im datenschutzrechtlichen Bereich erfüllt sind. Zu den Grundsätze des Datenschutzes ist neben den in Abs. 3 genannten Übermittlungsbeschränkungen und Löschungs­bestimmungen vor allem ein Mindestmaß an Geheimhaltungspflicht zu zählen.

Die Regelung des Abs. 2 ist als Auffangtatbestand für jene Fälle konzipiert, in denen formal alle Voraussetzungen für eine Übermittlung vorliegen, innerstaatliche Interessen, Interessen Betroffener oder sonstige datenschutzrechtliche Erwägungen jedoch gegen eine Übermittlung sprechen. In den im letzten Satz des Abs. 2 genannten Fällen der Übermittlung bedarf es nur dann einer Prüfung, wenn im konkreten Einzelfall Anhaltspunkte vorliegen, daß Gründe zur Annahme bestehen, daß eine der Z 1 bis 3 zutreffen könnte. Sowohl das SDÜ als auch das EUROPOL-Abkommen sehen für Mitgliedstaaten verpflichtend einen bestimmten, sehr hohen Datenschutzstandard vor.

Die in Abs. 3 geforderten Verpflichtungen liegen jedenfalls vor, wenn diese in einer völkerrechtlichen Vereinbarung normiert sind oder Auflagen im Sinne des Abs. 1 erteilt wurden. Sie sind auch dann nicht vor jeder einzelnen Übermittlung zu fordern, wenn etwa eine einseitige Verpflichtungserklärung besteht und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß sich die betreffende Stelle durch diese entweder nicht mehr gebunden fühlt oder ihr tatsächlich nicht mehr nachkommt. Die Bindung an die Zweckwidmung der Übermittlung stellt sicher, daß der Rahmen der Übermittlungsermächtigung nicht überschritten wird. Die Löschungsverpflichtung gewährleistet Betroffenen, daß Daten, auf die Z 2 lit. a bis c zutreffen, nicht weiter in Verarbeitung bleiben, weil sie ins Ausland übermittelt worden sind.

Zu § 9:

§ 9 übernimmt international übliche (siehe zB die Regelung des Art 15 der Europol-Konvention, ABl der EG C Nr. 316 vom 27. November 1995) und zum Teil auch schon im innerstaatlichen Recht (§ 56 Abs. 3 SPG) verankerte Grundsätze.

Für Informationssammlungen bleiben Regelungen der entsprechenden Übereinkommen maßgeblich. Das bedeutet etwa für das Schengener Informationssystem, daß diesbezüglich die Regelungen des SDÜ Anwendung zu finden haben.

Daten sind dann nicht mehr auffindbar, wenn sie unter Zuhilfenahme von Suchargumenten nicht mehr beauskunftet werden können. Bei konventioneller Datenverarbeitung, wenn die Auffindbarkeit von Informationen zu einer Person oder einem Sachverhalt durch ein Karteikartensystem sichergestellt ist, wird diese jedenfalls dann beseitigt sein und damit das Datum als gelöscht gelten, wenn die Karteikarte vernichtet wurde. Eine darüber hinaus gehende Löschungsverpflichtung, etwa in der Art, daß das betreffende Datum aus jedem Aktenstück entfernt werden müßte, scheint nicht nur einen unnötigen Auf­wand darzustellen, weil die Information ohnehin nicht mehr zur Verfügung steht, sondern bedeutete für die betroffene Behörde auch eine geradezu unerfüllbare Aufgabe.

Zu § 10:

Die Verständigungspflicht gewährleistet, daß auch jene Stelle, die Daten im internationalen Datenverkehr übermittelt hat, von der unrichtigen oder unrechtmäßigen Verarbeitung erfährt und entsprechende Veranlassungen treffen kann. Sie ist Ausdruck des Umstandes, daß Datenübermittlungen für den Empfänger stets mit bestimmten Sorgfaltspflichten verbunden sind, aber auch der Tatsache, daß die „Datenhoheit“ bei jener Stelle verbleibt, die die Daten übermittelt hat.

Zu § 11:

Da insbesondere im Zusammenhang mit unrechtmäßigen Abfragen aus automationsunterstützt geführten Evidenzen Mißbrauchsgefahr verbunden ist, war vorzusehen, daß diese generell zu Kontrollzwecken zu protokollieren sind, ungeachtet dessen, daß sich etwa für das Schengener Informationssystem ohnehin eigene Protokollierungspflichten aus dem SDÜ ergeben.

Zu § 12:

Die Datenhoheit jener Partei, von der die Information stammt, soll auch hinsichtlich der Auskunfts­erteilung gewahrt werden. Die Stellungnahme entfaltet dabei nur insoweit Verbindlichkeit für die Beurteilung des Auskunftsersuchens, als es zur Klärung der Zulässigkeit der Auskunftsverweigerung Anhaltspunkte liefert. Die Entscheidung über die Auskunftserteilung verbleibt immer bei jener Stelle, bei der angefragt wurde, und wird sich an dazu im betreffenden Bereich ergangenen Normen (zB auch an Art. 109 SDÜ) zu orientieren haben.

Da Auskünfte über Datenverarbeitungen, die von ausländischen Stellen vorgenommen worden sind, nur dann in einen Bezug zu Österreich gesetzt werden können, wenn diese in einer gemeinsam mit anderen Staaten geführten Evidenz verarbeitet worden sind, die Führung solcher Evidenzen dem Bundesminister für Inneres vorbehalten ist (vergleiche § 2 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 erster Satz), wird ein diesbe­zügliches Auskunftsersuchen an ihn zu richten sein.

Zu § 13:

Als Grundvoraussetzung dafür, daß eine Organisation für eine Erklärung gemäß § 13 in Betracht kommt, muß anzunehmen sein, daß diese einen Beitrag zur Zusammenarbeit von Behörden im Bereich der in § 1 Abs. 1 umschriebenen Aufgaben leisten kann. Damit wird klargestellt, daß ihr entweder selbst Behörden­charakter zukommen muß oder sie in einem solchen behördlichen Naheverhältnis steht, daß der Zweck ihrer Einrichtung in der Förderung der Zusammenarbeit von Behörden liegt. Einer sich allein auf privatrechtliche Grundlagen stützende und nur in Randbereichen Aspekte der in § 1 Abs. 1 genannten Aufgaben berührende Einrichtung, wird von vornherein auszuscheiden sein. Darüber hinaus muß eine Organisation noch konkret zur Aufgabenerfüllung innerstaatlicher Sicherheitsbehörden beitragen können und Gewähr dafür bieten, daß bei der Zusammenarbeit die in § 8 Abs. 2 und 3 geforderten Datenschutz­ansprüche sichergestellt sind.

Zu § 14:

Das Einschreiten auf dem jeweils anderen Staatsgebiet stellt einen so schwerwiegenden Eingriff in die Souveränität des betroffenen Staates dar, daß diese Ermächtigung nur dann gegeben sein soll, wenn diese Maßnahme völkerrechtlich (etwa durch Staatsvertrag oder Regierungsübereinkommen) vorgesehen ist. Neben dem ausdrücklich genannten KSE-BVG bleiben auch bestehende Grenzabfertigungsabkommen, die als Staatsverträge das Einschreiten ausländischer Organe auf österreichischen Staatsgebiet erlauben, unberührt.

Zu § 15:

Maßnahmen, die von österreichischen Beamten im Ausland gesetzt werden, hat sich jene Behörde zurechnen zu lassen, der sie zuzurechnen wären, hätten die Beamten im Inland gehandelt. Im Zusammenhalt mit § 17 Abs. 1 ist damit auch die bei einem Verfahren vor dem UVS belangte Behörde bestimmt.

Die doppelte Gesetzesbindung des Abs. 2 stellt sicher, daß es nur eine mögliche, rechtlich zulässige Handlungsvariante gibt. Es wird vermieden, das einschreitende Organ des öffentlichen Sicherheits­dienstes vor das Problem zu stellen, entscheiden zu müssen, welche Rechtsordnung Anwendung zu finden hat. Der vorgeschlagenen Regelung entsprechend darf eine Maßnahme eben nur dann ergriffen werden, wenn sie sowohl nach österreichischem Recht, als auch nach dem für den Ort des Einschreitens maßgeblichen Recht, zulässig ist. Dabei sind inländische Organe überdies an die Anweisungen der örtlich zuständigen Behörden insoweit gebunden, als beabsichtigte Maßnahmen nicht deren Anordnungen widersprechen dürfen. Im Zusammenhalt mit den einschlägigen Bestimmungen des SDÜ ergibt sich daraus etwa, daß Beamte von der Fortsetzung ihrer Amtshandlung Abstand zu nehmen haben, wenn dies von der örtlich zuständigen Behörde verlangt wird.

Im Ausland einschreitende Organe sind dort auch an Vorschriften gebunden, die nur den inneren Dienst betreffen. Demnach sind sie auch in diesem Fall verhalten, nur unter Beachtung der Richtlinien­verordnung gemäß § 31 SPG einzuschreiten.

Zu § 16:

Zur Verdeutlichung wird an dieser Stelle noch einmal (ergänzend zu § 14) darauf hingewiesen, daß für das Einschreiten ausländischer Organe im Bundesgebiet jedenfalls eine völkerrechtliche Grundlage vorliegen muß.

Vorbehaltlich anders lautender völkerrechtlicher Vereinbarungen geht Abs. 2 vom Verständnis aus, daß generell inländische Organe einschreiten sollen, soweit dies der Sache nach sinnvoll ist und auch rechtzeitig erfolgen kann. Eine Übernahme der Amtshandlung durch inländische Organe wird insbeson­dere dann nicht in Betracht kommen, wenn etwa bei einer verdeckten Ermittlung ein Naheverhältnis zwischen den einschreitenden Organen und dem Beobachteten hergestellt wurde und deshalb ein Eintreten in die Position des Ermittelnden den Erfolg der Amtshandlung vereiteln würde.

Die Ausnahme von der Geltung des Waffengesetzes und des Kriegsmaterialgesetzes gewährleistet, daß die Organe ausländischer Sicherheitsbehörden weder eine waffenrechtliche Bewilligung noch eine solche nach dem Kriegsmaterialgesetz benötigen, wenn sie ihre Dienstwaffen im Rahmen einer solchen Amtshandlung nach Österreich mitbringen.

Zu § 17:


§ 17 schafft zum einen die notwendige Anknüpfung an innerstaatliche Rechtsschutzeinrichtungen und schließt zum anderen Lücken, die sich durch das internationale Moment im bestehenden Rechtsschutz auftun.

Es war für jene Fälle eine Beschwerdemöglichkeit zu schaffen, in denen jemand behauptet, von österreichischen Organen in Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Aus­land in seinen Rechten verletzt worden zu sein, da geltendes Recht die Ausübung behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Ausland nicht berücksichtigt.

Maßstab für die Rechtmäßigkeit des Handelns einschreitender Organe ist immer österreichisches Recht. Abs. 2 hat nur die Funktion eines Auffangtatbestandes, um Betroffenen allenfalls die Möglichkeit einer Beschwerde einzuräumen.

Zu § 18:

Diese Regelung dient der Klarstellung, daß Übereinkommen über das Übermitteln oder Überlassen von Daten, selbst, wenn sie nicht den Anforderungen anderer Gesetze entsprechen, nicht gesetzesändernd sind, sofern sie nur den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes genügen (siehe auch die nunmehr mit Artikel II aufzuhebende Regelung des § 56 Abs. 5 SPG).

Hinsichtlich der Z 2 orientiert sich die Regelung an den Inhalten bereits bisher abgeschlossener Übereinkommen.

Zu § 20:

Da im Bereich des Schengener Informationssystems bereits vor Inkrafttreten des PolKG zur Vorberei­tung der Inkraftsetzung des SDÜ für Österreich Datenübermittlungen vorgenommen werden müssen, ist es notwendig, diese so früh als möglich auf Grundlage des PolKG zuzulassen.

Zu § 21:

Mit Inkrafttreten des PolKG sind die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die internationale kriminalpolizeiliche Amtshilfe überholt und daher aufzuheben.

Zu Artikel II:

Regelungen über internationale Datenübermittlungen sollen nicht weiter im Regelungsbereich des SPG verbleiben, sondern allein im Anwendungsbereich des PolKG geregelt werden.

§ 58 Abs. 2 war an die Regelungen des SDÜ anzupassen.