749 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Finanzausschusses


über die Regierungsvorlage (649 der Beilagen): Übereinkommen zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie Agentur (MIGA) samt Anlagen


Am 12. April 1988 trat die Konvention zur Errichtung der „Multilateral Investment Guarantee Agency“ (Multilaterale Investitions-Garantie Agentur – MIGA) in Kraft. Österreich ist das einzige OECD-Land, welches bisher nicht Mitglied der MIGA ist und beabsichtigt nunmehr – nicht zuletzt als Beitrag zur Exportoffensive – der MIGA beizutreten.

1.      Aufgaben der MIGA

1.1.   Durch die Gründung der Multilateralen Investitions-Garantie Agentur (MIGA) wurde der Bedeutung privater Direktinvestitionen auf internationaler Ebene Rechnung getragen, deren Gründungsübereinkommen vom Gouverneursrat der Weltbank am 11. Oktober 1985 auf seiner Jahrestagung in Seoul zur Zeichnung aufgelegt wurde.

         Das Übereinkommen errichtet die Agentur als eine Internationale Entwicklungsorganisation mit dem Auftrag, privatwirtschaftliche Investitionen in Entwicklungs- und Reformländern durch Garantien gegen nichtkommerzielle Risiken sowie durch gezielte Förderungs- und Beratungs­maßnahmen und andere Bemühungen um Verbesserungen des Investitionsklimas in den Gastländern zu beleben. Hierbei koordiniert die Agentur ihre Aktivitäten mit denen der Weltbank und der Internationalen Finanz-Corporation und arbeitet mit diesen Institutionen eng zusammen.

         Der Agentur kommt insbesondere Bedeutung in jenen Bereichen zu, die von nationalen Garantien nicht erfaßt werden. Bei besonders großen Projekten mit Konsortialpartnern aus verschiedenen Ländern kann die Agentur einerseits eine Garantie aus einer Hand gewähren, andererseits aber auch eine Parallelversicherung mit nationalen Agenturen anstreben.

         Neben der eigentlichen Investitionsversicherung ist die Agentur in den ihr angehörenden Entwicklungs- und Reformländern vor allem auch im Bereich der unmittelbaren und mittelbaren Investitionsförderung tätig. Sie soll durch geeignete Maßnahmen versuchen, die Rahmen­bedingungen für ausländische Investitionen, dh. das Investitionsklima in den einzelnen Investitions­ländern, zu verbessern. In Teilbereichen kann sie hierbei allein schon durch ihre vertraglichen Abmachungen für eine Verbesserung des Investitionsklimas sorgen. Darüber hinaus bietet sie im Rahmen ihres technischen Programms gezielt entgeltliche Dienstleistungen, so zB Beratungs­leistungen zum Zwecke der Investitionsförderung, an. Sie ergänzt damit die bilateralen und multilateralen Förderungsmaßnahmen anderer Partner in diesem wichtigen Bereich.

1.2.   Die Agentur soll ihre Kosten aus eigenen Erträgen decken. Sie wurde mit einem Grundkapital von einer Milliarde Sonderziehungsrechten ausgestattet, an dem sich Industrie-, Entwicklungs- und Reformländer ihren Anteilen am Kapital der Weltbank vergleichbar beteiligen.

         Die Agentur ist damit die erste internationale Organisation zur Versicherung von Investitionen in Entwicklungs- und Reformländern, an der sich neben den Industrieländern eine große Zahl von Entwicklungs- und Reformländern beteiligt. Die breitgestreute finanzielle Beteiligung der Entwicklungs- und Reformländer an der Agentur und ihre weitreichende, freiwillige vertragliche Einbindung in diese Institution ist ein politisch bedeutender Schritt auf dem Wege zu einer befriedigenderen Absicherung von Investitionen in Entwicklungs- und Reformländern. Durch die finanzielle Mitverantwortung der Entwicklungs- und Reformländer für die Agentur verbinden sich die Interessen dieser Länder mit den Interessen der Agentur, der Anteilseigner und deren Heimatländer am Schutz garantierter Investitionen. Dialog und Zusammenarbeit in diesem Bereich sind geeignet, die politisch-psychologische Hemmschwelle, Maßnahmen gegen Direktinvestitionen zu treffen, für die jeweiligen Gastregierungen anzuheben.

1.3.   Als ein neues und besonders von der Interessenzusammenführung her neuartiges Instrument ist die Agentur für die Republik Österreich – nicht zuletzt seit dem Beitritt der Mehrheit der Reformländer Mittel- und Osteuropas sowie der ehemaligen Sowjetunion – somit nicht nur von beträchtlichem entwicklungspolitischen, sondern auch von außenwirtschaftlichem Interesse.

2.      Organisation der MIGA

2.1.   Die Agentur wurde als rechtlich und finanziell von der Weltbank unabhängige Institution mit eigener Rechtspersönlichkeit und eigenem Haushalt errichtet. Sie hat ihren Sitz in Washington, D.C. Die Mitgliedschaft steht allen Mitgliedstaaten der Weltbank offen. Die Unterzeichnung und Ratifizierung des Übereinkommens durch die Republik Österreich wird sogleich nach Abschluß   des parlamentarischen Genehmigungsverfahrens erfolgen (um die für Österreich reservierten Kapitalanteile zum ursprünglich festgesetzten Preis zu erhalten, muß die Ratifikationsurkunde bis spätestens Mitte März 1997 hinterlegt werden).

2.2.   Die Organisationsstruktur der Agentur entspricht der der Weltbank-Tochter Internationale Finanz-Corporation (IFC). Die Agentur hat einen Gouverneursrat, ein mindestens zwölfköpfiges Direktorium und einen Präsidenten. Vorsitzender des Direktoriums ist ex officio der Weltbank­präsident. Wie bei IFC ist auch bei MIGA ein Vizepräsident der Weltbank für die Geschäftsführung verantwortlich.

         Die Statuten und Verfahrensregeln für die Geschäftstätigkeit der Agentur wurden am 8. Juni 1988 von einem Gouverneursratsausschuß beschlossen.

2.3.   Die Agentur wurde mit einem Grundkapital von einer Milliarde Sonderziehungsrechten ausgestattet; dies entspricht zum vereinbarten Festkurs einem Gegenwert von 1,082 Milliarden US-Dollar. Dieses Grundkapital, an dem sich Industrie-, Entwicklungs- und Reformländer ihrem Anteil am Kapital der Weltbank vergleichbar beteiligen, wurde in 100 000 Anteilen im Wert von je 10 000 Sonder­ziehungsrechten aufgeteilt. Dieses Kapital wird jedoch erst erreicht, wenn alle potentiellen Beitrittsstaaten beigetreten sind.

2.4.   Die Stimmrechtsstruktur folgt im Prinzip dem sogenannten „Bretton Woods-Modell“, das unter anderem auch für die Weltbank und den IWF gilt. Jeder Mitgliedstaat erhält 177 Basisstimmrechte und ein Stimmrecht für jeden gezeichneten Anteil. Die Republik Österreich würde über etwa 0,66% der Stimmen verfügen.

3.      Kosten

3.1.   Als Mitglied verpflichtet sich die Republik Österreich 775 Kapitalanteile im Wert von 7,75 Millionen Sonderziehungsrechten zum Festkurs von 1,082 US-Dollar zu zeichnen. 10% des gezeichneten Kapitals sind innerhalb von 90 Tagen nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde in bar zu zahlen; weitere 10% wären innerhalb derselben Frist in unverzinslichen Bundesschatz­scheinen zu hinterlegen (im Bundesgesetz über die Ausgabe von Bundesschatzscheinen, BGBl. Nr. 172/1991, in dem die internationalen Finanzinstitutionen, für die Bundesschatzscheine begeben werden dürfen, taxativ aufgezählt sind, ist die MIGA nicht angeführt, weshalb die gesamten 20% des einzuzahlenden österreichischen Kapitalanteils in bar zu zahlen sind – zirka 17 Millionen Schilling; daraus ergibt sich in diesem Fall aber kein budgetärer Nachteil, da wegen  des späten österreichischen Beitritts auch ein erlegter Schatzschein kurzfristig – noch  1997 – eingelöst worden wäre. Die Budgetmittel in Höhe von zirka 17 Millionen Schilling für  die österreichische Kapitalzeichnung sind für 1997 durch eine Rücklagenentnahme  bei Kapitel 54, Ansatz 1/54052, gegeben). Hinsichtlich der restlichen 80% erfolgt die Übernahme einer Gewährleistung in Form von abrufbarem Kapital.

4.      Legistik

4.1.   Das Übereinkommen über die Errichtung der MIGA hat gesetzändernden bzw. -ergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung des Nationalrates.

4.2.   Das Übereinkommen zur Errichtung der MIGA fällt nicht unter die Bestimmung des Artikels 42 Abs. 5 B-VG und bedarf daher der Mitwirkung des Bundesrates.

4.3.   Das Übereinkommen bedarf zu seiner Vollziehung nicht der Erlassung eines besonderen Durch­führungsgesetzes.

Der Finanzausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 4. Juni 1997 in Verhandlung gezogen. Nach Wortmeldungen des Abgeordneten Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch und des Bundes­ministers für Finanzen Rudolf Edlinger wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmi­gung des Abschlusses des gegenständlichen Staatsvertrages zu empfehlen.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem Abschluß des Staatsvertrages: Übereinkommen zur Errichtung der Multilateralen Investitions-Garantie Agentur (MIGA) samt Anlagen (649 der Beilagen) die Genehmigung erteilen.

Wien, 1997 06 04

                    Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch                                                  Dr. Ewald Nowotny

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann