818 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Finanzausschusses


über die Regierungsvorlage (736 der Beilagen): Bundesgesetz über die Veräußerung von Bundesvermögen (Privatisierungsgesetz)


Anläßlich des Verkaufs der im Eigentum des Bundes stehenden Aktien der Creditanstalt-Bankverein wurde am 12. Jänner 1997 zwischen den Regierungsparteien vereinbart, daß von der Bundesregierung der Entwurf für ein Bundesgesetz über die Veräußerung von Bundesvermögen vorgelegt werden soll, das eine Neuregelung für die Privatisierung von direkt oder indirekt im Eigentum des Bundes stehenden Beteiligungen an Unternehmen bringen und das auch bisher bestehende gesetzliche Ermächtigungen zur Privatisierung erfassen soll.

Nach dem Verständnis dieser Koalitionsvereinbarung sollte sich das in dem neuen Privatisierungsgesetz zu regelnde Veräußerungsverfahren an der Vorgangsweise orientieren, wie sie in der ÖIAG-Gesetz­novelle 1993 für den Bereich der verstaatlichten Industrie festgelegt wurde und wie sie sich bei der Privatisierung der ehemals verstaatlichten Unternehmen durch die ÖIAG bewährt hat; demnach wird der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem für die Verwaltung der Anteilsrechte zustän­digen Bundesminister für jede zu privatisierende Beteiligung ein Privatisierungskonzept vorbereiten müssen, das insbesondere Art und Ausmaß sowie Termin der geplanten Privatisierung zu enthalten hat und das der Bundesregierung zur Genehmigung vorzulegen ist.

Zum Unterschied von der ÖIAG-Gesetznovelle 1993 wird außerdem vor Erteilung des Zuschlages noch einmal die Zustimmung der Bundesregierung einzuholen sein, es sei denn, daß die Veräußerung über die Börse erfolgt. Außerdem wird die Bundesregierung dem Hauptausschuß des Nationalrates über die erfolgte Veräußerung zu berichten haben.

Da auch alle bisherigen Ermächtigungen zur Privatisierung von den neuen Regelungen erfaßt werden sollen, werden durch das Privatisierungsgesetz auch das ÖIAG-Gesetz und das Poststrukturgesetz 1996 entsprechend novelliert. Ferner wird das Staatsdruckereigesetz 1996 dahingehend geändert und ergänzt, daß die im Staatsdruckereigesetz bereits vorgesehene Übertragung der Anteilsrechte an der Öster­reichischen Staatsdruckerei AG durch den Bundesminister für Finanzen in das Eigentum der ÖIAG zum Zweck der Privatisierung nun gesetzlich geregelt wird; in diesem Zusammenhang ist auch eine Novelle des Bundesgesetzes, mit dem finanzielle Beziehungen zwischen dem Bund und der ÖIAG geregelt werden, erforderlich, da für die Verwendung des Erlöses aus der Privatisierung der Österreichischen Staatsdruckerei AG und allfällige Dividendeneinnahmen aus dieser Gesellschaft dieselbe Regelung gelten soll, wie bei der Austria Tabakwerke AG, vormals: Österreichische Tabakregie, und der Öster­reichischen Salinen AG.

Der Finanzausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 2. Juli 1997 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Peter Rosenstingl, Mag. Reinhard Firlinger, Hans Helmut Moser und Mag. Herbert Kaufmann sowie der Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger.

Die Abgeordneten Dr. Ewald Nowotny und Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll brachten einen Abände­rungsantrag ein, der wie folgt begründet war:

Durch die geänderte Regelung soll eine zügige Abwicklung weiterer Privatisierungsvorhaben der ÖIAG und der PTBG sichergestellt werden.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichti­gung des erwähnten Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.


Wien, 1997 07 02

                    Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch                                                  Dr. Ewald Nowotny

                                   Berichterstatter                                                                          Obmann

Anlage

Bundesgesetz über die Veräußerung von Bundesvermögen (Privatisierungsgesetz)


Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

§ 1. Dieses Bundesgesetz gilt für Verfügungen über Beteiligungen des Bundes an Unternehmungen, soweit dafür die Zustimmung des Nationalrates gemäß § 63 Abs. 7 Bundeshaushaltsgesetz erforderlich ist.

§ 2. (1) Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem für die Verwaltung der Anteilsrechte des Bundes zuständigen Bundesminister jeweils ein Privatisierungskonzept für jede einzelne zu privatisierende Beteiligung vorzubereiten. Dieses Privatisierungskonzept hat insbesondere die Art und das Ausmaß sowie den Termin der geplanten Privatisierung zu enthalten.

(2) Jedes Privatisierungskonzept ist der Bundesregierung zur Genehmigung vorzulegen.

§ 3. (1) Jeder Bewerber ist vertraglich dazu zu verpflichten, Informationen, welche die zu privatisierende Beteiligung betreffen und die ihm während des Privatisierungsprozesses offengelegt werden, vertraulich zu behandeln und ausschließlich für die Teilnahme am Privatisierungsverfahren zu verwenden.

(2) Die jeweils zuständigen Organe der Unternehmungen gemäß § 1 sind verpflichtet, die für die Privatisierung erforderlichen Informationen zu erteilen, soweit dadurch keine wesentlichen Interessen des eigenen Unternehmens gefährdet werden.

§ 4. Der Zuschlag bedarf der Zustimmung der Bundesregierung, wenn die Privatisierung nicht über die Börse erfolgt.

§ 5. Über die erfolgte Veräußerung hat die Bundesregierung dem Hauptausschuß des Nationalrates zu berichten.

Artikel II

Das Bundesgesetz vom 4. April 1986 über die Österreichische Industrieholding Aktiengesellschaft und über eine Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes sowie des ÖIAG-Anleihegesetzes, BGBl. Nr. 204/1986, in der Fassung der Gesetze BGBl. Nr. 298/1987, 973/1993 und 426/1996 wird wie folgt geändert:

1. In § 1 werden neue Abs. 5 bis 8 eingefügt, die folgenden Wortlaut haben:

„(5) Jeder Bewerber ist vertraglich dazu zu verpflichten, Informationen, welche die zu privatisierende Beteiligung betreffen und die ihm während des Privatisierungsprozesses offengelegt werden, vertraulich zu behandeln und ausschließlich für die Teilnahme am Privatisierungsverfahren zu verwenden.

(6) Die Vorstände der Gesellschaften, an denen zu privatisierende Beteiligungen bestehen, sind verpflichtet, die für die Privatisierung erforderlichen Informationen zu erteilen, soweit dadurch keine wesentlichen Interessen des eigenen Unternehmens gefährdet werden.

(7) Der Zuschlag bedarf der Zustimmung der Hauptversammlung, wenn die Privatisierung nicht über die Börse erfolgt. Die Republik Österreich wird bei der Beschlußfassung über diese Angelegenheit durch den Bundesminister für Finanzen und den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vertreten.

(8) Der Vorstand hat dem Bundesminister für Finanzen über die erfolgte Veräußerung zu berichten; der Bundesminister für Finanzen hat diesen Bericht der Bundesregierung zur Kenntnis zu bringen und darüber dem Hauptausschuß des Nationalrates zu berichten.“

2. In § 2 wird ein neuer Abs. 4 angefügt, der folgenden Wortlaut hat:

„(4) Wird ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft in Aufsichtsräte von mehreren Aktiengesell­schaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an denen die Gesellschaft direkt oder indirekt eine Beteiligung hält, gewählt, so werden diese Sitze nur als ein Sitz gerechnet. Diese Bestimmung darf aber nicht dazu führen, daß jemand mehr als 20 Aufsichtsratssitze inne hat.“

3. § 3 Abs. 3 lautet wie folgt:

„(3) Der Bundesminister für Finanzen hat vor einem Beschluß der Hauptversammlung über ein Privatisierungskonzept die Zustimmung der Bundesregierung zu dem Privatisierungskonzept einzu­holen.“

4. § 3 Abs. 4 entfällt ersatzlos.

Artikel III

Das Bundesgesetz über die Einrichtung und Aufgaben der Post und Telekom Austria Aktien­gesellschaft (Poststrukturgesetz – PTSG), BGBl. Nr. 201/1996, in der Fassung der Gesetze BGBl. Nr. 742/1996 und 797/1996 wird wie folgt geändert:

1. In § 11 wird ein neuer Abs. 7 eingefügt, der folgenden Wortlaut hat:

„(7) Wird ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft in Aufsichtsräte von mehreren Aktiengesell­schaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an denen die Gesellschaft direkt oder indirekt eine Beteiligung hält, gewählt, so werden diese Sitze nur als ein Sitz gerechnet. Diese Bestimmung darf aber nicht dazu führen, daß jemand mehr als 20 Aufsichtsratssitze inne hat.“

2. Nach § 11 werden die neuen §§ 11a und 11b eingefügt, die folgenden Wortlaut haben:

§ 11a. (1) Der Vorstand hat nach Befassung des Aufsichtsrates der Generalversammlung Privati­sierungskonzepte vorzulegen. Diese Privatisierungskonzepte haben insbesondere die Art und das Ausmaß sowie die Termine der geplanten Privatisierungen zu enthalten.

(2) Der Bundesminister für Finanzen hat vor einem Beschluß der Generalversammlung über ein Privatisierungskonzept die Zustimmung der Bundesregierung zu diesem Privatisierungskonzept einzu­holen.

§ 11b. (1) Jeder Bewerber ist vertraglich dazu zu verpflichten, Informationen, welche die zu privatisierende Beteiligung betreffen und die ihm während des Privatisierungsprozesses offengelegt werden, vertraulich zu behandeln und ausschließlich für die Teilnahme am Privatisierungsverfahren zu verwenden.

(2) Die Vorstände der Gesellschaften, an denen zu privatisierende Beteiligungen bestehen, sind verpflichtet, die für die Privatisierung erforderlichen Informationen zu erteilen, soweit dadurch keine wesentlichen Interessen des eigenen Unternehmens gefährdet werden.

(3) Der Zuschlag bedarf der Zustimmung der Generalversammlung, wenn die Privatisierung nicht über die Börse erfolgt. Die Republik Österreich wird bei der Beschlußfassung über diese Angelegenheit durch den Bundesminister für Finanzen und den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten vertreten.

(4) Der Vorstand hat dem Bundesminister für Finanzen über die erfolgte Veräußerung zu berichten; der Bundesminister für Finanzen hat diesen Bericht der Bundesregierung zur Kenntnis zu bringen und darüber dem Hauptausschuß des Nationalrates zu berichten.“

Artikel IV

Das Bundesgesetz zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Staatsdruckerei (Staatsdruckereigesetz 1996), BGBl. I Nr. 1/1997, wird wie folgt geändert:

1. § 1 Abs. 6 und 7 lauten:

„(6) Nach der Abspaltung gemäß Abs. 4 obliegt die Verwaltung der Anteilsrechte des Bundes an der Wiener Zeitung GmbH dem Bundeskanzler.

(7) Die Anteilsrechte des Bundes an der Österreichischen Staatsdruckerei AG gehen mit dem Tag der Eintragung der Abspaltung in das Firmenbuch zum Zweck der Privatisierung in das Eigentum der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft (ÖIAG) über. Im übrigen sind die Bestimmungen des ÖIAG-Gesetzes, BGBl. Nr. 204/1986 in der jeweils geltenden Fassung, über die Privatisierung der der ÖIAG unmittelbar gehörenden Beteiligungen an industriellen Unternehmungen auf diese Anteils­rechte anzuwenden.“


2. In § 1 wird ein neuer Abs. 8 eingefügt, der folgenden Wortlaut hat:

„(8) Als Anschaffungskosten der übertragenen Aktien gilt der Nennbetrag des Grundkapitals; in gleicher Höhe ist eine nichtgebundene Kapitalrücklage zu bilden.“

Artikel V

Art. II § 2 Abs. 5 des Bundesgesetzes, mit dem finanzielle Beziehungen zwischen dem Bund und der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft geregelt werden, BGBl. Nr. 421/1991, in der Fassung des BGBl. Nr. 426/1996, lautet wie folgt:

„(5) Die von der Austria Tabakwerke Aktiengesellschaft, vormals Österreichische Tabakregie, der Österreichischen Salinen Aktiengesellschaft und von der Österreichischen Staatsdruckerei Aktien­gesellschaft ausgeschütteten Dividenden und die Erlöse aus der Veräußerung der Anteilsrechte an diesen Gesellschaften sowie die aus der bestmöglichen Zwischenveranlagung solcher Erlöse stammenden Erträge verringern nach Maßgabe ihres Zufließens die Refundierungsverpflichtung des Bundes nach Abs. 2. Von den ausgeschütteten Dividenden und Erlösen aus der Privatisierung sind die mit der Vorbereitung und mit der Durchführung der Veräußerung verbundenen Aufwendungen sowie die all­fälligen Steuern und Abgaben abzuziehen. Die ÖIAG ist verpflichtet, auf die Erzielung von Veräuße­rungserlösen nach Maßgabe des von der Hauptversammlung beschlossenen Privatisierungskonzeptes hinzuwirken.“

Artikel VI

Das Postsparkassengesetz 1969, BGBl. Nr. 458/1969, zuletzt geändert mit BGBl. Nr. 742/1996, wird wie folgt geändert:

§ 4 Abs. 2 entfällt.

Artikel VII

Vollziehung

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut:

                a) der Bundeskanzler hinsichtlich des Artikel IV Z 1;

               b) der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem jeweils für die Verwaltung der Anteilsrechte des Bundes zuständigen Bundesminister hinsichtlich des Artikel I § 2;

                c) die Bundesregierung hinsichtlich des Artikel I § 5;

               d) der Bundesminister für Finanzen und die Bundesregierung, jeweils im Rahmen ihres Wir­kungsbereiches, hinsichtlich der Artikel I § 4, II Z 1 (§ 1 Abs. 7 ÖIAG-Gesetz), Artikel II Z 3 (§ 3 Abs. 3 ÖIAG-Gesetz) und Artikel III Z 2 (§§ 11a Abs. 2 und 11b Abs. 3 Poststruk­turgesetz);

                e) der Bundesminister für Justiz hinsichtlich des Artikel II Z 2 und des Artikel III Z 1;

                f) der Bundesminister für Finanzen hinsichtlich der übrigen Bestimmungen.