974 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht und Antrag

des Verfassungsausschusses


über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes über Ermächtigungen des Österreichi­schen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes

Im Zuge seiner Beratungen über die Regierungsvorlage 578 der Beilagen betreffend ein Bundesver­fassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes und die Genehmigung einer Vereinbarung – die Verhandlung über diese Regierungsvorlage ist nach Erschöpfung der Rednerliste vertagt worden – hat der Verfassungsausschuß in seiner Sitzung am 27. November 1997 auf Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Dr. Andreas Khol mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 des Geschäftsordnungsgesetzes einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der ein Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichi­schen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes zum Gegenstand hat.

An der diesbezüglichen Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Dr. Heinz Fischer, Mag. Johann Ewald Stadler, Dr. Volker Kier und Mag. Terezija Stoisits.

In den Beratungen des Ausschusses über den Antrag gemäß § 27 GOG wurden vor allem auch die verfassungsrechtlichen Auswirkungen des Art. 2 des vorgeschlagenen Antrages erörtert. Es bestand dabei Einigkeit bei allen Fraktionen, daß dessen Abs. 1 lediglich die für Gliedstaatsvereinbarungen nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 10.292/1984) geltenden Grenzen für diesen Sondertyp von Vereinbarung erweitern und die Genehmigung mit einfacher Mehrheit in den Landtagen ermöglichen soll; im übrigen sollen die für Gliedstaatsverträge nach Art. 15a Abs. 1 B-VG geltenden Regeln anwendbar sein. Dies bedeutet, wie die Debatte zeigte, unter anderem, daß die Vereinbarungen gemäß Art. 50 der Genehmigung des National- bzw. Bundesrates bedürfen und diese Genehmigung der Zweidrittelmehrheit des Nationalrates bedarf, soweit durch die Vereinbarungen Verfassungsrecht geändert oder ergänzt wird. Weiters sind Bundesregierung und beteiligte Landesregierungen gemäß Art. 138a Abs. 1 antragslegitimiert, für den Österreichischen Gemeindebund und den Österreichischen Städtebund wird in Art. 2 Abs. 2 die Antragslegitimation geschaffen; die in Art. 2 Abs. 2 mitangeordnete Anwendung des Art. 138a Abs. 1 auf diese Vereinbarung bedeutet, daß der Verfassungsgerichtshof zu prüfen hat, ob eine Vereinbarung im Sinne dieses Bundesverfassungsgesetzes vorliegt und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen (mit Ausnahme vermögensrechtlicher Ansprüche) erfüllt worden sind.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 1997 11 27

                            Dr. Günther Kräuter                                                          Dr. Peter Kostelka

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann

Anlage

Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

(1) Bund, Länder und Gemeinden, diese vertreten durch den Österreichischen Gemeindebund und den Österreichischen Städtebund, sind ermächtigt, miteinander Vereinbarungen über einen Konsultations­mechanismus und einen Stabilitätspakt abzuschließen.

(2) Die Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus regelt die wechselseitige Information der Gebietskörperschaften über rechtsetzende Maßnahmen einschließlich der Gelegenheit zur Stellungnahme, die Einrichtung von Konsultationsgremien zur Beratung über die Kosten solcher rechtsetzender Maß­nahmen sowie die Kostentragung selbst.

(3) Der Stabilitätspakt regelt Verpflichtungen der Gebietskörperschaften zur nachhaltigen Einhaltung der Kriterien gemäß Art. 104c EG-Vertrag durch die öffentlichen Haushalte der Republik Österreich (Bund, Länder, Gemeinden und Träger der Sozialversicherung gemäß den Regeln des europäischen Systems der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung), insbesondere im Hinblick auf die Regeln des Sekundärrechts über die Haushaltsdisziplin; diese Vereinbarung hat auch die Schaffung einer Regelung über die Aufteilung der Lasten auf Bund, Länder und Gemeinden zu enthalten, die aus allfälligen Sanktionen gegen Österreich im Sinne des Art. 104c Abs. 9 bis 11 EG-Vertrag resultieren.

Artikel 2

(1) Auf die Vereinbarungen gemäß Art. 1 sind die für Vereinbarungen gemäß Art. 15a Abs. 1 B-VG geltenden bundes- und landesrechtlichen Vorschriften mit folgenden Abweichungen anzuwenden:

           1. In den Vereinbarungen können Organe vorgesehen werden, die sich aus Vertretern von Organen des Bundes, der Länder, des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städte­bundes zusammensetzen und die ihre Beschlüsse einvernehmlich fassen.

           2. Die Vereinbarungen können von § 2 Finanz-Verfassungsgesetz abweichende Regeln über die Tragung des Aufwandes der Gebietskörperschaften vorsehen.

           3. Die Genehmigung der Vereinbarungen kann in den Landtagen mit einfacher Mehrheit erfolgen.

(2) Der Österreichische Gemeindebund und der Österreichische Städtebund sind berechtigt, Anträge gemäß Art. 138a Abs. 1 B-VG zu stellen.

Artikel 3

Den Gemeinden aus Vereinbarungen gemäß Art. 1 zustehende vermögensrechtliche Ansprüche können von diesen sowie in ihrem Namen vom Österreichischen Gemeindebund oder vom Österrei­chischen Städtebund nach Art. 137 B-VG geltend gemacht werden.

Artikel 4

Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt gleichzeitig mit den in Art. 1 genannten Vereinbarungen außer Kraft. Dieses Bundesverfassungsgesetz tritt weiters außer Kraft, wenn die Vereinbarungen gemäß Art. 1 bis zum Ende dieser Gesetzgebungsperiode nicht zustande kommen.

Artikel 5

Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut.