977 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP
Bericht
des Verfassungsausschusses
über den Antrag 641/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird
Die Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Genossen haben den gegenständlichen Selbständigen Antrag am 14. November 1997 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Es ist ein Recht junger Menschen, daß sie die für die Berufsausübung erforderliche Ausbildung erhalten. Das in Österreich bestehende, überaus bewährte System der dualen Berufsausbildung setzt voraus, daß Jugendliche als Lehrlinge auch in Unternehmen ausgebildet werden. Grundsätzlich nützt es nicht nur dem Jugendlichen, sondern der gesamten Volkswirtschaft, auch wenn mitunter Unternehmen – ungeachtet aller Vorteile, die sie aus der Lehrlingsbeschäftigung ziehen, und der hiefür bestehenden öffentlichen Begünstigungen – dadurch zusätzlich belastet werden. Insgesamt besteht derzeit ein Lehrstellenmangel, dessen Behebung ein nationales Anliegen ist, wie auch aus dem Beschluß der Bundesregierung vom 9./10. Juni 1997 hervorgeht.
Mit dem vorliegenden Gesetzesantrag soll das Bundesvergabegesetz so geändert werden, daß jene Unternehmen bei der Vergabe berücksichtigt werden, die Lehrlinge ausbilden. Damit dies in europarechtskonformer Weise geschieht, kann dabei nicht auf den Begriff ,Lehrling‘ und auf die österreichische Lehrlingsausbildung abgestellt werden, weil diese nur für österreichische Unternehmen gilt und dieses Kriterium daher von ausländischen Unternehmen nicht erfüllt werden könnte. Entsprechend dem Bericht der Kommission über das öffentliche Auftragswesen, regionale und soziale Aspekte, KOM (89) 400 endg., Amtsblatt 89/C 311/07, RZ 56, wird daher in nichtdiskriminierender Weise auf die Beschäftigung von Personen, die das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, vorwiegend zu Ausbildungszwecken, abgestellt. Dieses Kriterium können sowohl inländische als auch ausländische Unternehmen erfüllen.
Da für Vergaben über dem Schwellenwertbereich das Vergaberecht der Europäischen Union die Vergabekriterien taxativ aufzählt, schlägt der vorliegende Gesetzesantrag den Weg ein, die Beschäftigung von auszubildenden Jugendlichen in die Verdingungsbedingungen aufzunehmen. In Zukunft soll ein Inhalt des mit dem Unternehmen abzuschließenden Leistungsvertrages (§ 37 Bundesvergabegesetz) die Verpflichtung des Unternehmens sein, bei der Vertragserfüllung im Inland bzw. bei deren Vorbereitung eine nach Art und Umfang des Unternehmens bzw. der Leistung angemessene Anzahl von Arbeitnehmern, die das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, vorwiegend zu Ausbildungszwecken zu beschäftigen.
Wie hoch die angemessene Anzahl ist, hängt einerseits von Art und Umfang des Unternehmens ab, wobei dieses Kriterium naheliegender Weise auf Grund eines Branchenvergleiches beurteilt werden kann. Andererseits ist als Beurteilungskriterium auch die Leistung heranzuziehen, die vom Bund vergeben wird, wobei hier nach der Art der Aufträge zu differenzieren sein wird.
Die Wendung ,Vertragserfüllung im Inland bzw. bei deren Vorbereitung‘ ist weit zu verstehen. Soweit es sich um Lieferaufträge handelt, ist beispielsweise unter Vorbereitung die gesamte Produktion zu verstehen, bei Bauaufträgen die Durchführung des Auftrages.
Die Verpflichtung, die Beschäftigung einer in diesem Sinne angemessenen Anzahl von Jugendlichen zu Ausbildungszwecken in den Leistungsvertrag aufzunehmen, soll im Rahmen des persönlichen Geltungsbereiches des Bundesvergabegesetzes (§ 11) für sämtliche Vergaben des Bundes gelten, und zwar ober- und unterhalb der Schwellenwerte sowie auch für den Sektorenbereich.“
Der Verfassungsausschuß hat den gegenständlichen Antrag in seiner Sitzung am 27. November 1997 in Verhandlung genommen.
Als Berichterstatter im Ausschuß fungierte der Ausschußobmann Dr. Peter Kostelka. An der sich an seine Ausführungen anschließenden Debatte beteiligten sich die Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Mag. Walter Posch, Dr. Volker Kier, Karl Donabauer, Dr. Irmtraut Karlsson und Dr. Michael Krüger.
Die Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Dr. Andreas Khol brachten einen Abänderungsantrag ein, der darauf abzielte, die Ziffern 1 bis 4 des im Antrag 641/A enthaltenen Gesetzesvorschlages durch zwei neue Ziffern 1 und 2 zu ersetzen.
Weiters brachten die Abgeordneten Dr. Peter Kostelka und Dr. Andreas Khol einen Entschließungsantrag betreffend Bedachtnahme auf die Beschäftigung von jugendlichen Arbeitnehmern zu Ausbildungszwecken durch die jeweiligen Auftragnehmer bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch aus der Bundesverwaltung ausgegliederte Rechtsträger sowie Länder und Gemeinden ein. Diesem Entschließungsantrag war die nachstehende Begründung beigegeben:
„Die Bundesregierung hat am 25. November 1997 beschlossen, ,daß bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen die Bundesministerien und deren nachgeordnete Dienststellen verpflichtet sind, in die Bekanntmachungen bzw. in die Ausschreibungsunterlagen die Bedingung aufzunehmen, daß bei der Vertragserfüllung im Inland bzw. bei deren Vorbereitung eine nach Art und Umfang des Unternehmens bzw. der Leistung angemessene Anzahl von Arbeitnehmern, die das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, vorwiegend zu Ausbildungszwecken zu beschäftigen sind.‘
Dieser Beschluß war wie folgt begründet: ,Es ist ein Recht junger Menschen, daß sie die für die Berufsausübung erforderliche Ausbildung erhalten. Das in Österreich bestehende, überaus bewährte System der dualen Berufsausbildung setzt voraus, daß Jugendliche als Lehrlinge auch in Unternehmen ausgebildet werden. Grundsätzlich nützt es nicht nur dem Jugendlichen, sondern der gesamten Volkswirtschaft, auch wenn mitunter Unternehmen – ungeachtet aller Vorteile, die sie aus der Lehrlingsbeschäftigung ziehen, und der hiefür bestehenden öffentlichen Begünstigungen – dadurch zusätzlich belastet werden. Insgesamt besteht derzeit ein Lehrstellenmangel, dessen Behebung ein nationales Anliegen ist, wie auch aus dem Beschluß der Bundesregierung vom 9./10. Juni 1997 hervorgeht.‘
Der Gesetzesantrag, zu dem dieser Entschließungsantrag gestellt wird, verfolgte das gleiche Anliegen. Allerdings sollen möglichst auch ausgegliederte Rechtsträger sowie Länder und Gemeinden bei Ausschreibungen in gleicher Weise vorgehen.“
Bei der Abstimmung wurde der im Antrag 641/A enthaltene Gesetzesvorschlag in der Fassung des erwähnten Abänderungsantrages einstimmig angenommen. Auch der eingebrachte Entschließungsantrag fand die einhellige Zustimmung des Ausschusses.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle
1. dem angeschlossenen Gesetzentwurf (Anlage 1) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;
2. die beigedruckte Entschließung (Anlage 2) annehmen.
Wien, 1997 11 27
Dr. Irmtraut Karlsson Dr. Peter Kostelka
Berichterstatterin Obmann
Anlage 1
Bundesgesetz, mit dem das Bundesvergabegesetz 1997 geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundesvergabegesetz 1997, BGBl. I Nr. 56/1997, wird wie folgt geändert:
1. In § 16 lautet Abs. 7:
„(7) Im Vergabeverfahren ist auf die Umweltgerechtheit der Leistung sowie auf die Beschäftigung von Personen im Ausbildungsverhältnis Bedacht zu nehmen.“
2. § 128 wird folgender Abs. 4 angefügt:
„(4) § 16 Abs. 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/1997 tritt mit 1. Jänner 1998 in Kraft.“
Anlage 2
Entschließung
Die Bundesregierung wird ersucht, auf ausgegliederte Rechtsträger sowie Länder und Gemeinden dahin gehend einzuwirken, daß sie bei Ausschreibungen in die Bekanntmachungen bzw. in die Ausschreibungsunterlagen die Bedingung aufnehmen, daß bei der Vertragserfüllung im Inland bzw. bei deren Vorbereitung eine nach Art und Umfang des Unternehmens bzw. der Leistung angemessene Anzahl von Arbeitnehmern, die das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, vorwiegend zu Ausbildungszwecken zu beschäftigen sind.