992 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP

Bericht

des Finanzausschusses


über die Regierungsvorlage (899 der Beilagen): Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Mitgliedstaaten über die Finanzierung und Verwaltung der Hilfen der Gemeinschaft im Rahmen des zweiten Finanzprotokolls des vierten AKP-EG-Abkommens samt Erklärungen


Der Europäische Entwicklungsfonds (EEF) wurde im Jahr 1958 zum Zweck der Finanzierung der Entwicklungspolitik der EG geschaffen. Zunächst waren 18 afrikanische Staaten und Madagaskar die Begünstigten. Im Jahr 1963 wurde das erste Jaunde-Abkommen geschlossen, 1969 das zweite. In den Jahren 1975, 1979, 1984 und 1989 folgten die vier nach der Hauptstadt Togos benannten Lomé-Abkommen. Im Rahmen dieser Abkommen arbeiten die heute 15 EU-Mitgliedstaaten mit mittlerweile 71 Staaten in Afrika, im karibischen und pazifischen Raum (AKP-Länder) im Bereich Handels- und Entwicklungspolitik zusammen.

Grundlage der Zusammenarbeit zwischen der EU und zwanzig Überseeischen Ländern und Gebieten (ÜLG; dies sind Länder, die auf Grund besonderer historischer Bindungen bzw. ihrer geographischen Nähe besondere Beziehungen zur Union unterhalten) sind parallel zu den Lomé-Abkommen vom Ministerrat erlassene Assoziierungsbeschlüsse.

Neben den Lomé-Abkommen gibt es aus dem EU-Budget finanzierte Entwicklungsprogramme für Regionen außerhalb der Gemeinschaft (zB für Mittel- und Osteuropa, die Mittelmeeranrainerstaaten, Asien, Lateinamerika).

Das IV. Abkommen von Lomé wurde am 15. Dezember 1989 für eine Laufzeit von zehn Jahren abgeschlossen, wobei eine Halbzeitüberprüfung vorgesehen wurde. Die Revisionsverhandlungen begannen im Mai 1994 in M’babane (Swasiland) und endeten im Juni 1995 in Brüssel. Das revidierte Abkommen wurde am 4. November 1995 in Mauritius (Mauritius-Abkommen) unterzeichnet.

Auf Grund des EU-Beitritts zum 1. Jänner 1995 wandte Österreich gemäß Art. 76 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 77 der Beitrittsakte seit diesem Zeitpunkt die Bestimmungen des vierten Abkommens von Lomé (vor der finanziellen Beteiligung ist das Abkommen vor allem im Bereich des Handels mit den AKP-Staaten relevant) an.

Gemäß Art. 358 dieses vierten AKP-EWG Abkommens, laut welchem für den völkerrechtlichen Beitritt Österreichs sowie Finnlands und Schwedens der Abschluß eines Beitrittsprotokolls erforderlich ist, unterzeichnete Österreich am 4. November 1995 in Mauritius das Beitrittsprotokoll für Österreich, Schweden und Finnland sowie die Revision zu Lomé IV. Diese Verträge wurden von Nationalrat und Bundesrat genehmigt und am 15. November 1996 in Brüssel hinterlegt.

Das IV. Lomé-Abkommen gilt von 1991 bis 2000. Das dem revidierten IV. Lomé-Abkommen angeschlossene 2. Finanzprotokoll (im folgenden kurz 8. EEF genannt) enthält die Beträge, die im Rahmen der zweiten Fünfjahrestranche (beginnend mit 1. März 1995) zu zahlen sein werden.

Der Gesamtbetrag der Finanzhilfe der Gemeinschaft im Rahmen des 2. Finanzprotokolls beträgt 14 625 Millionen ECU (MECU). Dieser Gesamtbetrag setzt sich zusammen aus

           a) 12 967 MECU in Form von Zuschüssen aus dem Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) und

          b) 1 658 MECU in Form von Darlehen der Europäischen Entwicklungsbank (EIB).

               Die EU-Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, für Darlehen aus Eigenmitteln der

               Europäischen Investitionsbank eine Bürgschaft zu übernehmen.

Von den für die ÜLG bestimmten 200 MECU kommen 165 MECU aus dem EEF und 35 MECU aus eigenen Mitteln der Bank.

Die Aufteilung der Mittel erfolgt hauptsächlich auf die Bereiche

–   Zuschüsse für langfristige Entwicklungshilfeprojekte und Strukturanpassungsmaßnahmen,

–   Risikokapital, STABEX (Stabilisierungssystem für Exporterlösschwankungen), SYSMIN (Fazilität für Bergbauprodukte) sowie EIB-Darlehen,

–   Sonderrückstellungen für Soforthilfe, Flüchtlings-, Rücksiedlungs- und Vertriebenenhilfe,

–   regionale Vorhaben, Haushalt des Zentrums für industrielle Entwicklung,

–   dezentralisierte Entwicklung und Verwaltungsreform,

wobei zwischen programmierbarer Hilfe und nichtprogrammierbarer Hilfe unterschieden wird. Die programmierbare Hilfe umfaßt die Gesamtsumme der Mittel, die den einzelnen AKP-Staaten oder Regionen auf Basis des zwischen der Gemeinschaft und dem jeweiligen AKP-Staat vereinbarten Richt­programms zur Verfügung steht, während die nichtprogrammierbare Hilfe alle von anderen Faktoren abhängige Hilfe umfaßt, zB STABEX, SYSMIN, Sofort- und Flüchtlingshilfe, Zinsvergütungen, Risikokapital.

Der Europäische Entwicklungsfonds ist ein von den Mitgliedstaaten getragener Fonds, der als Sonderhaushalt ein Finanzierungsinstrument des Lomé-Abkommens, verwaltet durch die Kommission und somit nicht Teil des EU-Haushalts, ist. Der EEF – die Beträge der einzelnen Fonds werden für jeweils fünf Jahre ausgehandelt – ist das wichtigste Finanzinstrument des Abkommens von Lomé.

Über lange Zeit war für die Durchführung der einzelnen, ebenfalls mit einer fünfjährigen Laufzeit ausgestatteten, Jaunde- und Lomé-Abkommen jeweils ein gesonderter EEF vorgesehen. Bei Lomé IV wurde erstmals eine Zehnjahresperiode festgelegt, allerdings mit der Möglichkeit von Vertragsanpassungen nach fünf Jahren sowie einer weiterhin fünfjährigen Periode des 7. EEF. Im Juni 1995 wurde in Cannes der 8. EEF beschlossen.

Für die Durchführung der Lomé-Abkommen werden in den einzelnen AKP-Staaten jeweils für fünf Jahre nationale Indikativprogramme (NIP) erstellt, in deren Mittelpunkt vor allem prioritäre Bereiche wie Ausbildung, Nahrungsmitteleigenversorgung, Infrastruktur und Industrieinvestitionen stehen. Die Abwicklungszeit der einzelnen EEF übersteigt bei weitem den Fünfjahreszeitraum des entsprechenden Abkommens, sodaß die Kommission gleichzeitig mehrere Fonds verwaltet, die unterschiedliche Abwicklungsgrade erreicht haben.

Das Interne Abkommen („Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten über die Finanzierung und Verwaltung der Hilfen der Gemeinschaft im Rahmen des zweiten Finanzprotokolls des vierten AKP-EG-Abkommens“), unterzeichnet von den österreichischen Bevollmächtigten am 20. Dezember 1995 in Brüssel, regelt die EU-interne Abwicklung des 2. Finanzprotokolls (8. EEF) zu Lomé IV. Der 8. EEF ist der erste Europäische Entwicklungsfonds, in den Österreich miteinzahlt. Er ist mit einem Gesamtbetrag von 13 132 MECU (12 967 MECU für die AKP-Staaten plus 165 MECU für die Überseeischen Länder und Gebiete) ausgestattet, wovon 12 840 MECU von den EU-Mitgliedstaaten einzuzahlen sind. Österreichs Anteil beträgt 340 Millionen ECU – 2,65% des Gesamtbetrags. Dies sind bei dem derzeitigen Devisenmittelkurs des ECU (Stand 10. Oktober 1997) von 13,805 S 4,6937 Milliarden Schilling. Da die Mittel des 7. EEF noch nicht ausgeschöpft sind, wird mit dem Beginn der Einzahlung des österreichischen Beitrags erst im Jahr 2000 gerechnet. Vorgezogene Zahlungen beginnend mit 1998 könnten unter dem Titel STABEX anfallen. Österreichische Firmen können sich schon jetzt an im Rahmen des 8. EEF ausgeschriebenen Projekten – unabhängig von deren Finanzierung – beteiligen. Erinnert wird daran, daß die EU-Entwicklungshilfe (EU-EH) im Rahmen des EEF nur einen Teil der gesamten EU-Entwicklungshilfe ausmacht und die österreichischen Firmen schon seit dem Beitritt im Jahr 1995 an den diversen, aus dem allgemeinen Haushalt der EU finanzierten, EU-EH-Projekten teilnehmen können.

Der Ausschuß für den Europäischen Entwicklungsfonds setzt sich aus den Delegationen der Mitglied­staaten zusammen und tagt unter dem Vorsitz eines Vertreters der Kommission, wobei ein Vertreter der EIB an den Arbeiten des Ausschusses beteiligt ist und ein Vetreter des Generalsekretariates des Rates als Beobachter an den Sitzungen des Ausschusses teilnimmt.

Beim IV. Lomé-Abkommen handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag zwischen den AKP-Staaten, den EU-Mitgliedstaaten und der EU. Das interne Finanzabkommen ist als Rechtsakt der im Rat vereinigten Vertreter der Mitgliedstaaten zu qualifizieren.

Da es sich beim Internen Finanzabkommen um einen Staatsvertrag zwischen den Mitgliedstaaten handelt, bedarf es gemäß Art. 50 B-VG der parlamentarischen Genehmigung.

Es hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter, enthält allerdings keine verfassungs­ändernden Bestimmungen. Eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich, da das Interne Abkommen keine Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungsbereiches der Länder berührt.


Es kann von einer speziellen Transformation im Sinne des Art. 50 Abs. 2 B-VG abgesehen werden, da die einzelnen Bestimmungen des Internen Abkommens so gefaßt sind, daß eine unmittelbare Anwendung möglich ist.

Der Finanzausschuß hat die Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 2. Dezember 1997 in Verhandlung genommen.

Nach einer Debatte, an der sich die Abgeordneten Ing. Mag. Erich L. Schreiner sowie der Staatssekretär Dr. Wolfgang Ruttenstorfer beteiligten, beschloß der Ausschuß mit Stimmenmehrheit, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses des gegenständlichen Staatsvertrages zu empfehlen.

Weiters beschloß der Ausschuß einstimmig dem Nationalrat vorzuschlagen, anläßlich der Genehmigung des Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, daß die dänische, englische, finnische, französische, griechische, italienische, niederländische, portugiesische, schwedische und spanische Sprachfassung dadurch kundgemacht wird, daß diese zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundes­ministerium für Finanzen während der Amtsstunden aufliegen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuß somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

           1. Der Abschluß des Staatsvertrages: Internes Abkommen zwischen den im Rat vereinigten Vertretern der Mitgliedstaaten über die Finanzierung und Verwaltung der Hilfen der Gemeinschaft im Rahmen des zweiten Finanzprotokolls des vierten AKP-EG-Abkommens samt Erklärungen (899 der Beilagen) wird genehmigt.

           2. Gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG hat die Kundmachung  der dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassungen dadurch zu erfolgen, daß diese zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für Finanzen während der Amtsstunden aufliegen.

Wien, 1997 12 02

                     Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch                                                   Dr. Ewald Nowotny

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann