Beratungen des Hauptausschusses

in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 

Freitag, 13. Juni 1997


Tagesordnung

 

1. Regierungskonferenz

RAT SN 600/97 (C101) Konsolidierter Vertragsentwurf (27173/EU XX. GP)

RAT SN 543/97 C44 Engere Zusammenarbeit – Flexibilität (26497/EU XX. GP)

RAT SN 542/97 C43 Organe der Union (26496/EU XX. GP)

RAT SN 541/97 C42 Effiziente und kohärente Außenpolitik (26495/EU XX. GP)

RAT SN 540/97 C41 Die Union und die Bürger (26494/EU XX. GP)

RAT SN 539/97 C40 Freiheit, Sicherheit und Recht (26493/EU XX. GP)

2. EU-Verkehrsministerkonferenz

Abkommen mit der Schweiz, Wegekostenrichtlinie – Verkehrsabkommen/Verhandlungen mit der Schweiz (26818/EU XX. GP)

Sitzung Gruppe Verkehrsfragen (Land- und Luftverkehr) am 21. Mai 1997 (26834/EU XX. GP)

Luftverkehrsabkommen MOEL – RAT 10101/96 Luftverkehrsabkommen mit Zentral- und Osteuropäischen Staaten (13643/EU XX. GP)

3. Geschäftsbericht für das Jahr 1996 des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus (Vorlage 82 HA)

4. UNFICYP (United Nations Peace-keeping Force in Cyprus); Vorübergehende Aufstockung des österreichischen Kontingents (Vorlage 84 HA)

Beginn der Sitzung: 10.03 Uhr

 

Obmann Dr. Heinz Fischer begrüßt die Anwesenden, allen voran Herrn Bundeskanzler Mag. Klima, sehr herzlich und eröffnet die Sitzung des Hauptausschusses.

Einvernehmlich wird in die Tagesordnung als 4. Punkt die Vorlage 84 HA betreffend die österreichischen Soldaten im Rahmen des UNFICYP-Kontingentes in Zypern aufgenommen.

 

1. Punkt

Regierungskonferenz (27173/EU, 26497/EU, 26496/EU, 26495/EU, 26494/EU, 26493/EU XX. GP)

 

Obmann Dr. Heinz Fischer berichtet, daß sich die Fraktionen darauf geeinigt hätten, für die Beratung des ersten Tagesordnungspunktes ungefähr zwei Stunden vorzusehen.

Es wurde vorgeschlagen, folgenden Vermerk ins Amtliche Protokoll aufzunehmen: „Die Fraktionsvorsitzenden werden ersucht, dem Präsidenten bekanntzugeben, wo sie während der Regierungskonferenz am 16. und 17. Juni 1997 telefonisch zu erreichen sind, um eine Entscheidung über eine mögliche Einberufung des Hauptausschusses zur Abänderung einer Stellungnahme zu gewährleisten.“

An Bundeskanzler Mag. Klima ergeht die Einladung, eine Darstellung der jüngsten Entwicklung in den Vorbereitungen der Regierungskonferenz zu geben.

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima berichtet, daß ihm letzte Nacht von der niederländischen EU-Präsidentschaft der neueste Entwurf des Amsterdamer Vertrages übermittelt worden sei. Auf dieser Grundlage würden die Beratungen des Europäischen Rates am kommenden Montag und Dienstag stattfinden. Der Entwurf sei bereits an die Parlamentsdirektion weitergeleitet worden.

Erfreulich sei, daß dieser Entwurf über weite Strecken früheren Fassungen folge und daß sich darin weitgehend die österreichischen Grundsatzpositionen widerspiegelten. Allerdings weise er auch Positionen auf, die für Österreich nicht akzeptabel seien.

Der ursprüngliche Plan, die Frage der Institutionen vor den Abschlußverhandlungen in Amsterdam zu regeln, sei nicht eingehalten worden. Dem jüngsten Entwurf der niederländischen Präsidentschaft zufolge bleibe es zwar weiterhin dabei, daß jedes Mitgliedsland einen Kommissar stellt und der föderativen Struktur damit Rechnung getragen wird, aber es werde eine Umgewichtung der Stimmen im Rat der EU für den Fall angeregt, daß die Europäische Union um mehr als drei Staaten erweitert werde. Das sei für Österreich unannehmbar.

Bei dem Treffen von Noordwijk habe der deutsche Bundeskanzler Kohl den Kompromißvorschlag gemacht, bis zu einer Erweiterung die institutionellen Regelungen unverändert zu lassen. Der nunmehr vorliegende niederländische Vorschlag jedoch werde von Österreich in dieser Form nicht akzeptiert werden.

Daß in dem Vertrag nunmehr ein Beschäftigungskapitel vorgesehen ist, sei ein Erfolg der österreichischen Bemühungen um eine Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt. Doch müsse Österreich weiterhin dafür kämpfen, die Vollbeschäftigung ausdrücklich als Zielformulierung im Vertrag zu verankern. Das derzeit genannte Ziel, nämlich ein hohes Beschäftigungsniveau, sei nicht ausreichend.

Österreich habe das Verhältnis zwischen Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitik in der EU positiv beeinflußt, weil es ältere Textstellen über eine Unterordnung der Beschäftigungspolitik unter die Wirtschaftspolitik aus dem Entwurf habe entfernen können. Anzustreben sei ein stärkeres Zusammenwirken im Sinne einer wechselseitigen Übereinstimmung zwischen Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitik.

Was den Umweltbereich betreffe, sei es Österreich gelungen, die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung und einer Verpflichtung zu horizontaler Berücksichtigung des Umweltschutzes im Rahmen der Gemeinschaftspolitik zu erreichen. Klargestellt sei, daß Österreich seine bestehenden Umweltstandards beibehalten könne, wodurch der Beitrittsvertrag sehr gute Unterstützung finde. Ebenso sei laut Vertrag auch die Einführung höherer nationaler Standards im Umweltbereich möglich. Allerdings sehe der neueste Entwurf einen sehr komplizierten, mit einer Reihe von Verfahrensbedingungen verknüpften Zustimmungsmechanismus vor.

Im Bereich des Grundrechtsschutzes sei die Union einem Anliegen, das der Nationalrat in seiner Stellungnahme vom 3. Dezember 1996 vorgetragen hat, nachgekommen. Allerdings seien weitere österreichische Forderungen, wie zum Beispiel der Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention, auf fundamentalen Widerstand einiger Mitgliedstaaten gestoßen. In der Frage der Bekämpfung von Diskriminierung und Ungleichbehandlung von Frauen und Männern folge der Entwurf weitgehend dem österreichischen Vorschlag. Die Berücksichtigung der Anliegen von Behinderten sei Gegenstand einer eigenen Erklärung im Vertragsentwurf, womit einer Entschließung des Hauptausschusses entsprochen werde.

Österreichische Impulse hätten auch die horizontale Berücksichtigung des Konsumenten- und Gesundheitsschutzes sowie die vorgesehene Verankerung des Tierschutzes vorangebracht.

Fortschritte habe Österreich weiters in den Bereichen Inneres und Justiz bewirkt, zum Beispiel die Vergemeinschaftung der Regelungen über freien Personenverkehr, Asyl und Migration. Kritisch sei im Zusammenhang mit der notwendigen Einstimmigkeit die Frage nach einem geordneten Zugang zum Arbeitsmarkt im Sinne der österreichischen und deutschen Position.

Aus Sicht von Bundeskanzler Mag. Klima wäre es wichtig, die Bestimmungen des Schengener Übereinkommens in den Vertrag zu übernehmen und zum Gemeinschaftsrecht zu machen. Dagegen gebe es noch Widerstände.

Für Österreich nicht akzeptabel sei es, die Punkte Raumordnung, Wahl der Energieträger und Nutzung der Wasserreserven aus dem Bereich einstimmiger Entscheidungen auszugliedern. Doch habe diese Ablehnung nichts mit immer wieder irrational unterstellten Konsequenzen zu tun.

Es werde großer Anstrengungen bedürfen, in den schwierigen Fragen des Amsterdamer Vertrages zu gemeinsamen Lösungen zu finden. Insgesamt berücksichtige der Vertrag sehr weitgehend die österreichischen Positionen in den Bereichen der Umwelt, der inneren Sicherheit und der Beschäftigungspolitik, und daran erweise sich auch ein Erfolg der österreichischen Verhandler.

Obmann Dr. Heinz Fischer bestätigt, daß der in der vergangenen Nacht aus den Niederlanden eingetroffene Vertragsentwurf am Morgen in der Parlamentsdirektion eingelaufen sei und derzeit zur Verteilung gelange.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) stellt die Frage, welche der zwei Arten der Einbindung der Regierung für das Parlament die klügere sei: entweder im vorhinein mit Stellungnahmen den Rahmen sehr genau abzustecken und der Regierung klarzumachen, unter welchen Bedingungen auf jeden Fall zugestimmt werde, oder keine bindende Stellungnahme abzugeben, insbesondere in den Bereichen, in denen mit der Regierung offensichtlich Übereinstimmung bestehe, jedoch in Fällen, in denen die Regierung zu weit oder zu wenig weit gehe, Bedingungen an die Ratifizierung zu knüpfen.

Notwendig sei es jedenfalls, die Forderungen des Parlaments sehr klar auszusprechen. Das sei auch in diesem Fall geschehen. Die Regierung habe die Leitlinien vorgelegt, und die Abgeordneten hätten ihre Zustimmung geäußert. In der nunmehr aufgetauchten Frage der Änderung der Abstimmungsquoren im Rat komme als Kompromiß allenfalls die Koppelung der Stimmenanzahl an die Bevölkerungsmehrheit in Frage. Eine Veränderung des Prozentsatzes allein genüge nicht.

Mit Nachdruck sei für konsequente und weitgehende Ausdehnung der Anwendungsbereiche qualifizierter Mehrheitsentscheidungen und des Mitentscheidungsverfahrens im EU-Vertrag einzutreten. Was die Angelegenheiten gemäß Artikel 130s Abs. 2 betreffe, sei jedoch für die Beibehaltung der Einstimmigkeit zu plädieren.

Die Einführung der Flexibilität in der Ersten Säule sei abzulehnen; dies ergebe sich auch aus der Stellungnahme der Arbeiterkammer zu diesen Entwürfen. Denn entweder sei das System der Flexibilität begrifflich ausgeschlossen, da es ohnehin um Belange des Binnenmarktes geht, oder es sei – hinsichtlich freiwilliger Maßnahmen – sinnlos. Übriggeblieben seien nur Bereiche, in denen Flexibilität sich als hemmend für die Kompromißfindung oder schädlich erweise, da sie zu Standortnachteilen oder Dumping führe. Diesbezüglich sei eine Klarstellung erforderlich.

In den Fragen Asyl, Fremdenrecht und Einwanderung sei die parlamentarische Mitwirkung zu gewährleisten. Dies dürfe kein Streitpunkt zwischen nationalen Parlamenten und Europäischem Parlament werden. Bei Verbleib in der Dritten Säule seien die nationalen Parlamente zuständig; wenn es zur Übertragung in die Erste Säule komme, sei das Europäische Parlament einzubinden. Wichtig sei jedenfalls, daß der Amsterdamer Vertrag nicht zu einer Verringerung des Ausmaßes parlamentarischer Mitentscheidung führen dürfe. Die Verhandlungsposition der österreichischen Regierung finde die Unterstützung des Parlaments.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) hält es insbesondere angesichts der Tatsache, daß der Bundeskanzler im Besitz eines neuen Vertragsentwurfes ist, für unannehmbar, daß die Oppositionsparteien den ihnen vorliegenden älteren Entwurf erst am Vortag ausgehändigt bekommen hätten, obwohl dieser in anderen Ländern bereits vor Tagen über Internet abrufbar gewesen sei. Eine Vertagung dieser Sitzung sei angebracht, damit die Oppositionsparteien den neuen Entwurf zur Kenntnis nehmen könnten.

Was die Beschäftigungspolitik betreffe, strebe die Europäische Union gemäß Artikel 2 der Grundsätze ein hohes Beschäftigungsniveau an. Zweifellos sei das Beschäftigungskapitel im Vertrag eine große Errungenschaft. Die Frage sei, welchen Unterschied es in dieser Hinsicht zwischen dem jetzigen und dem künftigen Inhalt des Vertrages geben werde, und wie viele Arbeitslose aufgrund dessen Arbeit finden würden. Jüngst habe Kommissionspräsident Santer gesagt, daß mehr Geld dafür nicht zur Verfügung stehen werde, und die Mitgliedstaaten würden ihre Beiträge nicht zugunsten des Beschäftigungskapitels erhöhen. Deshalb werde der Bundeskanzler gefragt, aus welchen finanziellen Quellen zukünftige Beschäftigungsprogramme gespeist werden würden. Österreich habe erreicht, daß das Europäische Parlament in allen Bereichen des EU-Haushaltes mitbestimmen könne.

An Vizekanzler Dr. Schüssel richtet Abgeordnete Dr. Gredler die Frage, was für Österreich wertvoller sei: die Ernennung eines eigenen Kommissars oder eine günstigere Stimmgewichtung im Rat; und ob er sich eine Regelung derart vorstellen könne, daß es neben fünf bis sieben amtsführenden Kommissaren beziehungsweise Kommissions-Managern auch Kommissare ohne Geschäftsbereich gibt.

Hinsichtlich der Transparenz sei zu fragen, ob der Rat der EU dazu gebracht werden könne, alle Beschlüsse zu veröffentlichen, Protokolle über Sitzungen vorzulegen und den Bürgern ein Recht darauf einzuräumen, von einer unabhängigen Instanz zu erfahren, aus welchen Gründen manche Dokumente geheim bleiben.

Zu den Bereichen Inneres und Justiz ergehe an den Bundeskanzler die Frage, ob Drittstaatsangehörigen Niederlassungsfreiheit und Beschäftigungsmöglichkeit zu gewähren seien, wenn sie in einem Mitgliedstaat die Kriterien erfüllen, ob im Bereich der Asylpolitik die Europäische Menschenrechtskonvention, die Flüchtlingskonvention und Kriterien des UNHCR strikt beachtet würden, ob bei Verletzung von Grundsätzen der Union der Vorschlag eines Mitgliedstaates – und nicht eines Drittels der Mitgliedstaaten – ausreichen würde, um Aktivitäten in Gang zu setzen, und ob Verstöße nicht besser mit qualifizierter Mehrheit festgestellt werden sollten.

Weiters sei zu fragen, ob die Europäische Union der Europäischen Menschenrechtskonvention beitreten werde. Ursprünglich sei dies ein bedeutendes Anliegen Österreichs gewesen.

Eine Frage sei auch, ob der Europäische Gerichtshof generelle Zuständigkeit in der Ersten Säule bekommen werde. Den Liberalen sei dies ein großes Anliegen.

Weitere Frage: Wird das Europäische Parlament Mitentscheidung, Zustimmung und Anhörung ohne Ausnahmen eingeräumt bekommen, wenn es um Änderungen der Unionsverträge geht?

Anzuregen sei, die Einbindung der „Petersberger Aufgaben“ der WEU in den Rahmen der EU ausdrücklich als ersten Schritt zu werten. Denn die österreichische Sicherheitspolitik habe Verwirrung in der Öffentlichkeit mit sich gebracht, sodaß dem Liberalen Forum nicht klar sei, was Österreich bezüglich der Integration der WEU in die EU an der bevorstehenden Regierungskonferenz anstreben werde.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) stellt wegen der soeben berichteten weitreichenden Umänderungen in dem neuesten Entwurf, insbesondere betreffend Artikel 130s und das Asyl- und Einwanderungsrecht, den Antrag, diese Sitzung bis kommenden Montag zu unterbrechen.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) stellt dem entgegen, daß die Tagesordnungspunkte bekannt und Unterlagen vorhanden seien. Wenn diese Beratung des Hauptausschusses wie vorgesehen am 2. Juni stattgefunden hätte, wäre der neueste Entwurf noch nicht vorgelegen. Dieser Termin zu Monatsbeginn sei nicht wahrgenommen worden, weil er in die sogenannte Boykottzeit gefallen wäre, in der die Oppositionsparteien nicht an den die Ausschußberatungen teilnahmen, und die Regierungsparteien ihnen entgegenkommen wollten. Nur wegen der Verzögerung sei es nun zu diesen geänderten Voraussetzungen der Beratung gekommen, und es sei nicht fair, nunmehr eine Verschiebung zu beantragen. Denn es sei trotzdem möglich, zum Inhalt die gewünschten Fragen zu stellen.

Obmann Dr. Heinz Fischer erläutert, daß ein Antrag auf Sitzungsunterbrechung nach der Geschäftsordnung nicht möglich sei, da Sitzungsunterbrechungen in die Befugnis des Vorsitzenden fielen. Möglich sei ein Antrag auf Vertagung, und über diesen sei abzustimmen, nachdem die Rednerliste erschöpft sei.

Möglich sei nach der Geschäftsordnung des Nationalrates auch eine Vertagung auf Vorschlag des Präsidenten mit Zweidrittelmehrheit. Zu einem solchen Vorschlag sieht Obmann Dr. Fischer sich aufgrund der vorliegenden sechs Dokumente, die im Zusammenhang mit der Regierungskonferenz stünden und von allen fünf Fraktionen einvernehmlich akzeptiert worden seien, nicht in der Lage.

Daß letzte Nacht ein neuer Entwurf übermittelt worden sei, enthebe den Hauptausschuß nicht der Verpflichtung, über die vorliegenden Punkte zu diskutieren. Der Obmann habe nicht das Recht, Mitgliedern des Hauptausschusses, die über die Tagesordnungspunkte diskutieren wollen, diese Möglichkeit im Hinblick auf ein kurzfristig eingelangte Dokument zu nehmen.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) verweist darauf, daß dem Wortlaut des 1. Tagesordnungspunktes zufolge über den „konsolidierten Vertragsentwurf“ zu diskutieren sei, dieser jedoch nicht bekannt sei.

Obmann Dr. Heinz Fischer stellt klar, daß das vorliegende Dokument 27173/EU XX.GP den Titel „Konsolidierter Vertragsentwurf“ trägt.

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Höchtl (ÖVP) hebt hervor, daß der heutige Termin die einzige Chance des Hauptausschusses sei, noch vor Beginn der Tagung in Amsterdam darüber zu beraten. Deshalb sei eine Vertagung nicht sinnvoll. Überdies habe Bundeskanzler Mag. Klima in seiner einleitenden Stellungnahme die Änderungen im Entwurf in wesentlichen Punkten erläutert.

Die ÖVP sehe keinen Gegensatz zwischen dem Stabilitätspakt mit dem Ziel einer harten Währung und einer auf EU-Ebene forcierten Beschäftigungspolitik, sondern sei davon überzeugt, daß beides zugleich anzustreben sei.

Es sei ein großer Erfolg, daß weiterhin vorgesehen ist, jedem Staat die Ernennung eines Kommissärs zuzugestehen. Jedoch könne Österreich dem Vorschlag für eine Veränderung der Stimmgewichtung im Rat der EU nicht zustimmen, weil dies eine langfristige Festlegung bedeutete, die etliche Probleme nach sich zöge. Dagegen sei dezidiert Stellung zu beziehen.

Bei aller Befürwortung aktiver Beschäftigungspolitik dürfe man nicht in eine Politik des Deficit spending zurückfallen. Dies habe sich in der Vergangenheit als großer Irrtum erweisen. Dem Zwischenruf des Abgeordneten Dr. Nowotny, daß der Irrtum so groß nicht gewesen sei, hält Abgeordneter Dr. Höchtl entgegen, daß die großen Defizite nicht nur die Problematik hoher Schulden und deren Rückzahlung nach sich gezogen hätten, sondern auch die bekannt hohen Arbeitslosenzahlen.

„Vollbeschäftigung“ sei als Zielformulierung im Vertrag anzustreben, da „hohes Beschäftigungsniveau“ ein etwas vager Begriff sei.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) sieht in der späten Zustellung der neuesten Unterlagen eine Erschwernis der Beratungsvorbereitungen und hält diese Verzögerung den Befürwortern des Beitritts zur Europäischen Union als Beispiel für mangelhaftes Interesse der Union an der Mitbestimmung der Parlamente an entscheidenden Vertragswerken vor Augen. Die Frage sei, wie Abgeordnete bei so knapp bemessenen Zeiträumen noch Einfluß nehmen könnten.

Es sei zweifelhaft, daß die Angelegenheiten bis zum Abschluß der Regierungskonferenz am 17. Juni geregelt werden könnten, nachdem es in letzter Zeit zu einschneidenden Veränderungen gekommen sei, etwa infolge der Wahlen in Großbritannien und Frankreich sowie wegen der seltsamen Verrenkungen in den Versuchen des deutschen Finanzminsters, seine Budgetnöte zu kaschieren und den deutschen Staatshaushalt mit den Konvergenzkriterien in Einklang zu bringen. Zu fragen sei, welche Haltung die österreichische Bundesregierung nach der jüngsten Entwicklung vertrete.

In dieser Lage genüge ein Referat des Bundeskanzlers über die angeblichen Errungenschaften in der neuesten Überarbeitung des Maastrichter Vertrages nicht. Die Frage sei, warum Österreich nicht intensiv die Bemühungen der französischen Regierung unterstütze, die klargemacht habe, daß es im Stabilitätspakt um rein monetäre Aspekte gehe und die Sozialpolitik völlig ausgeblendet werde.

Der Stabilitätspakt sei Unsinn, ein Unding, das der deutsche Finanzminister allen anderen Mitgliedstaaten aufgezwungen habe. Er sei nicht notwendig, da der EU-Vertrag bereits jetzt entsprechende Maßnahmen vorsehe, die es nur zu nutzen gelte. Schon heute könne zum Beispiel das Protokoll über die Defizitüberschreitung genützt werden. Es müsse in das Vertragswerk nicht ein Stabilitätspakt hineingedrückt werden, der weder hohes Beschäftigungsniveau noch Vollbeschäftigung zulasse.

Das Problem der Regierung bestehe darin, daß sie in vielen Bereichen die Dinge nicht als das erkenne, was sie wirklich seien. Sie versuche, den Stabilitätspakt oder die Wirtschafts- und Währungsunion als Teile eines Paktes über sozialen Frieden in Europa zu verkaufen, obwohl sie in Wirklichkeit ausschließlich monetären Zwecken und Zielen dienten. – Ebenso werde irrigerweise versucht, die NATO-Militärpakt als Friedenspakt zu verkaufen.

An einem Erfolg der Regierungskonferenz bis 17. Juni sei auch deshalb zu zweifeln, weil deren Verhandlungsergebnisse sich als unzureichend im Hinblick auf Euro sowie Wirtschafts- und Währungsunion erweisen könnten. Eine Einigung über eine Institutionenreform lediglich für die 15 Mitgliedstaaten sei völlig ungenügend für eine Osterweiterung, sie werde sich aber auch für die heutigen Mitgliedstaaten als unzureichend erweisen, sofern es zur Wirtschafts- und Währungsunion und zur Einführung des Euro komme.

Hinweise auf Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments in den weniger wichtigen Bereichen seien nur als Vertröstungen zu werten. Zwar gebe es geringfügige Verbesserungen, doch gingen diese mit Einschränkungen der Mitwirkung des Europäischen Parlaments an den zentralen integrationspolitischen Anliegen einher. Wenn es um die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Inneres, Justiz, die Wirtschafts- und Währungsunion oder den Stabilitätspakt gehe, werde das Europäische Parlament ausgeblendet und ausgeschaltet.

Von einigen Mitgliedstaaten gebe es den Vorschlag, das Gipfeltreffen von Amsterdam zu unterbrechen und zu vertagen. Dies sei besser, als komische Kunstgriffe wie die Festlegung von „Vorgipfel“ und „Nachgipfel“ sowie zwei oder fünf Wochen später erfolgende Nachjustierungen – zum Beispiel in den Artikeln 102 und 103, wofür Kommissionspräsident Santer sich habe Vollmacht geben lassen – zu versuchen.

Dabei gehe es um entscheidende Fragen. Was sich zuletzt in Europa verändert habe, sei nicht zufällig geschehen, sondern infolge des Mißmutes der Bevölkerung über Regierungen, die ihr Interesse immer nur auf den monetären Aspekt gerichtet hätten. Der Bundeskanzler sei insbesondere als sozialdemokratischer Politiker zu fragen, was er nunmehr plane: Wenn es ihm um Vollbeschäftigung gehe, dann habe er Grund genug, für eine Unterbrechung der Regierungskonferenz einzutreten, damit die Entscheidungen ausreichend diskutiert werden könnten.

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche) hält es vor allem deshalb für einen Nachteil, den neuesten Vertragsentwurf nicht zu kennen, weil die Analyse der Unterschiede zum Vorentwurf Aufschlüsse über die Richtung hätte geben können, in welche die Verhandlungen in Amsterdam führen würden. Deshalb sei es besser, die Verhandlungen zu unterbrechen und sowohl seitens der Regierung als auch seitens der Oppositionsparteien erst nach Kenntnis der Abänderungstendenz über Bindungen zu entscheiden.

Die Übermittlung von Akten, die aufgrund der verfassungsmäßigen Bestimmungen im Inland dem Parlament zustünden, sei nach Ansicht der Freiheitlichen immer noch unbefriedigend geregelt und mit hohen Zeitverlusten verbunden. Die Regierung müsse in der Lage sein, die österreichische Vertretung in Brüssel hinreichend rechtskundig zu organisieren, sodaß sofort dem Parlament zu übermittelnde Unterlagen auch direkt dem Parlament übermittelt würden und nicht den Umweg über die Bundesregierung und die entsprechenden Ministerien nähmen.

Die Freiheitlichen träten dafür ein, die Vollbeschäftigung in der Europäischen Union als Ziel ausdrücklich im Vertrag festzuschreiben. Daher stellten sie an den Bundeskanzler die Forderung, sich noch stärker darum zu bemühen. Das Ziel der Beschäftigungspolitik in der Union müsse die Vollbeschäftigung sein, nicht irgendwelche dubiosen hohen Beschäftigungs- und Sozialstandards, die schon im darauffolgenden Artikel vom Rat und von der Kommission mit der Festlegung von Mindeststandards relativiert werden könnten.

Die Einschätzung des Bundeskanzlers, daß die Beschäftigungspolitik im Vertragsentwurf vom 30. Mai 1997 nicht mehr als nachrangig einzustufen sei, erscheine beispielsweise im Hinblick auf die in Artikel 4 dieses Vertragsentwurfs angesprochene Rücksichtnahme auf Artikel 103 Abs. 2 nicht nachvollziehbar. Deshalb sei Bundeskanzler Mag. Klima zu fragen, auf welche Gesetzestexte und Artikel er seine Meinung stütze, daß die Nachrangigkeit der Beschäftigungspolitik und vor allem die von den Freiheitlichen befürchtete Nachrangigkeit der Sozial- und Gesundheitsstandards für die Beschäftigten in der EU nunmehr weggefallen sei.

Gegen die Auslegung des Bundeskanzlers spreche auch die ausdrückliche Koppelung der sozialpolitischen Maßnahmen in Artikel 118 Abs. 3 an das Einstimmigkeitsprinzip, wenn man sich die restriktive Haltung einzelner Regierungen gegenüber Sozial- und Gesundheitsstandards vor Augen halte.

Auch die „Erklärung zu Artikel 118 Absatz 2 für die Schlußakte“ mit dem darin angesprochenen Gemeinschaftsschutz von Sicherheit und Gesundheit lasse eher auf die Nachrangigkeit der Beschäftigungspolitik gegenüber der an monetären Aspekten orientierten Wirtschaftspolitik schließen, und es sei daraus weniger die Gleichrangigkeit oder gar eine Bevorzugung der wichtigen sozialen Güter abzulesen.

Deshalb möge Bundeskanzler Mag. Klima die entsprechenden Bestimmungen im neuesten Vertragsentwurf darlegen, insofern sie seine anderslautende Rechtsansicht bestätigen könnten.

Die Freiheitlichen hätten zum Beschäftigungskapitel einen Antrag auf Stellungnahme eingebracht, der darauf abziele, die Beschäftigungsprogramme und die Beschäftigungssituation in der EU zu verbessern. Dies solle dadurch geschehen, daß für alle Rechtsetzungsakte und Beschlüsse verbindlich zu gelten hätte, daß dadurch zumindest keine Verschlechterung der Beschäftigungssituation eintreten dürfe. Für den Fall, daß es dazu komme, sei deren Aussetzung nach einem Überprüfungszeitraum zwingend vorzusehen.

Bundeskanzler Mag. Viktor Klima hebt hervor, daß die verfügbaren Unterlagen unverzüglich weitergeleitet worden seien.

Die Frage von Abgeordnetem Schieder hinsichtlich der Flexibilität in der Ersten Säule sei damit zu beantworten, daß diese Flexibilität zwar vorgesehen sei, jedoch laut Artikel 5a davon alles, was Gemeinschaftspolitik beeinflusse, und somit nahezu alles im Bereich der Ersten Säule ausgenommen sei.

Gemäß Vertragsentwurf würde im Falle einer Erweiterung der EU im Ausmaß von bis zu drei Mitgliedstaaten die Anzahl der Kommissare in entsprechendem Ausmaß erhöht werden. Würden mehr Staaten hinzukommen, so würden die größeren Mitgliedstaaten auf den ihnen jeweils zustehenden zweiten Kommissar verzichten, sodaß der Rahmen auf insgesamt fünf Erweiterungen ausgedehnt werden könnte. Für diesen Fall sei eine Neugewichtung der Stimmen im Rat derart vorgesehen, daß für große Staaten die Formel „mal 2,5“ und für kleine Staaten die Formel „mal 2“ gelte. Erst bei mehr als fünf neuen Mitgliedstaaten käme es zu einer Gesamtrevision. Eine Stimmenumgewichtung dieser Art sei für Österreich nicht akzeptabel.

Die Frage von Abgeordneter Dr. Gredler zum Asyl sei damit zu beantworten, daß eine Generalklausel vorgesehen sei, Verfahren in jedem EU-Staat zuzulassen. Eine Vermutung, daß ein Asylantrag unbegründet sei, ersetze nicht das Ermittlungsverfahren, in dessen Verlauf eine Widerlegung möglich sei.

Hinsichtlich des Beitritts der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention habe Österreich sein Ziel noch nicht erreicht. Es sei unwahrscheinlich, dafür eine Mehrheit zu finden. Es gebe aber im Vertragsentwurf eine wesentlich stärkere Bezugnahme auf den Grundrechtsschutz.

Für Drittstaatsangehörige gebe es kein direktes Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt, jedoch sei vorgesehen, die Erlassung notwendiger Maßnahmen zu ermöglichen. Erweiterungen der Niederlassungsfreiheit und des Zugangs zum Arbeitsmarkt bedürften der Einstimmigkeit. In dem Entwurf sei vorgesehen, daß dieses Entscheidungsverfahren nach fünf Jahren mit Einstimmigkeit auf allfällige Mehrstimmigkeit geändert werden könne. Gegenwärtig bestehe somit ein Schutzmechanismus derart, daß für Änderungen zweimal Einstimmigkeit notwendig sei.

Österreich unterstütze den Wunsch des Europäischen Parlaments nach mehr Mitentscheidung. Es scheine möglich, das gleiche Statut für die Angehörigen des Europäischen Parlaments zu verankern, jedoch bedürfe dies der Einstimmigkeit.

Abgeordnete Mag. Kammerlander habe recht damit, daß die Institutionenfrage hinsichtlich der Osterweiterung nicht ausreichend gelöst sei, jedoch wäre es unlauter, den mittel- und osteuropäischen Staaten in Aussicht zu stellen, daß eine Erweiterung der Europäischen Union um mehr als fünf Mitgliedstaaten innerhalb weniger Jahren absehbar sei. Wichtig sei vielmehr, sich klar dazu zu verpflichten, daß die Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten wie vereinbart sechs Monate nach Abschluß der Regierungskonferenz auf der Basis eines objektiven Avis beginnen würden. Jedoch sei es aufgrund des unterschiedlichen Grades der Harmonisierung im Rechts-, Sozial- und Wirtschaftssystem sowie der erforderlichen Reformen innerhalb der Europäischen Union unseriös, würde den Beitrittskandidaten im östlichen Europa ein Beitritt bereits für das Jahr 2000 in Aussicht gestellt werden.

Österreich werde die Verhandlungen nicht verzögern, aber deutlich auf Beachtung der sensiblen Bereiche dringen, zum Beispiel der Freiheit des Arbeitnehmerverkehrs und der entsprechenden Übergangsperioden.

Der Vorschlag von Noordwijk, das bestehende System der Kommissare und Stimmgewichtungen beizubehalten, sei ein vernünftiger Kompromißvorschlag, verbunden mit der Verpflichtung, eine generelle, nicht vordeterminierte Revision vorzunehmen, sobald die Anzahl der Beitritte ein bestimmtes Maß übersteige.

Eine Stärkung der Rolle des Kommissionspräsidenten lasse eine gesteigerte Effizienz der Kommission und der Arbeit der einzelnen Mitglieder erwarten.

Was die Beschäftigungspolitik betreffe, seien die Veränderungen in Europa geeignet, eine leichtere Umsetzung der von Österreich von Anfang an vertretenen Position erwarten zu lassen. Jedoch seien bereits in Dublin die Eckpunkte des Stabilitäts- und Wachstumspaktes politisch vereinbart worden, daher entspreche dessen Einhaltung auch der französischen Position. Überdies sei dieser Pakt in seiner rechtlichen Textierung nichts anderes als eine Ausformulierung der Ziele der Stabilität und Konvergenz, die bereits im Vertrag von Maastricht festgelegt seien.

In welchem Ausmaß die Konvergenz bereits erreicht worden sei, zeige der letzte Bericht der Kommission. Griechenland ausgenommen, betrage die Inflation in den Mitgliedstaaten weniger als 2 Prozent. Ein solches Ausmaß an Stabilität sei noch vor wenigen Jahren unmöglich erschienen.

Klarzustellen sei, daß der Stabilitätspakt in seinem rechtlichen Rahmen die politische Entscheidung des Rates nicht beeinträchtige, sondern offenlasse. Damit werde der österreichischen Position entsprochen.

Dem Einwurf von Abgeordneter Mag. Kammerlander, daß es zu Einschränkungen kommen werde, sobald Sanktionen zwingend vorgesehen seien, hält Bundeskanzler Mag. Klima entgegen, daß Sanktionen nicht zwingend vorgesehen, sondern von einer politischen Entscheidung des Rates abhängig seien. Falls es darüber eine Entschließung geben werde, so sei dies eine politische Erklärung ohne völkerrechtlich verbindliche Wirkung, derzufolge die Mitgliedstaaten in der Regel in Aussicht stellten, im Falle eines Rückganges des BIP von 0,75 Prozent oder darüber entsprechend zu handeln.

Österreich werde die Bemühungen unterstützen, in einer ähnlichen Entschließung auf die Bedeutung der Beschäftigungspolitik und der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen hinzuweisen.

Bundeskanzler Mag. Klima stimmt mit Abgeordentem Mag. Haupt darin überein, daß es nicht ganz verständlich sei, daß die Europäische Union zwar im Weltfreihandelsabkommen daran mitgewirkt habe, in der Präambel das Ziel der Vollbeschäftigung zu verankern, jedoch im Beschäftigungskapitel dieses Ziel nicht festgeschrieben habe. Österreich werde weiterhin am Ziel der Vollbeschäftigung festhalten. Die Bemühungen, dieses Ziel auch im Unionsvertrag zu verankern, würden fortgesetzt werden, doch könne nicht versprochen werden, daß die dafür nötige Mehrheit zu finden sein werde.

Die in Artikel 4 des Beschäftigungskapitels angesprochene Übereinstimmung zwischen beschäftigungspolitischen Leitlinien und den Grundzügen der Wirtschaftspolitik stelle klar, daß von einer Unterordnung der Beschäftigungspolitik unter die Wirtschaftspolitik nun nicht mehr gesprochen werden könne.

Österreich solle nicht mit der Absicht in die bevorstehenden Verhandlungen eintreten, auf eine Unterbrechung oder Verschiebung der Regierungskonferenz hinzuwirken.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) kritisiert, daß der verteilte Vertragsentwurf teilweise in nicht lesbarer Form vorliege, und regt eine umfassende Darstellung der Unterschiede zwischen neuestem Entwurf und früheren Entwürfen durch Vizekanzler Dr. Schüssel an.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel will kein umfassendes Referat im Detail halten, sondern sieht als Chefverhandler seine Aufgabe darin, mit einer umfassenden Sicht in die Verhandlungen einzutreten. Es entspreche der Tagesordnung, eine Diskussion darüber zu führen, mit welcher Position Österreich in Amsterdam die Verhandlungen führen werde, und es gehe nicht darum, was seitens der niederländischen Präsidentschaft beispielsweise in Artikel 130s hineingeschrieben worden sei.

Die Lage sei für Österreich schwieriger geworden, und es gebe aus Sicht des Außenministers Grund zur Skepsis, und zwar zunächst deshalb, weil es im Bereich Inneres und Justiz große Widerstände seitens Großbritanniens in der Frage der Übernahme in die Erste Säule gebe. In dieser Hinsicht bedeute der niederländische Entwurf einen Schritt vorwärts, und es seien von Großbritannien, Irland und Dänemark Versuche zu erwarten, diesen Regelungsentwurf abzuschwächen.

Eine zusätzliche Belastung der Regierungskonferenz könne aus dem Thema Stabilitätspakt erwachsen, wenn dieser in Amsterdam zum Diskussionsthema werde, obwohl dies nicht vorgesehen sei.

Die Aufwertung der Beschäftigungspolitik sei nicht erst mit dem Erscheinen des französischen Ministerpräsidenten Jospin auf der europäischen Bühne zu einem Anliegen geworden, sondern auch von Österreich von Anfang an angestrebt worden.

Ein Rückschritt gegenüber dem Ergebnis im Außenministerrat vor wenigen Tagen sei in dem niederländischen Entwurf hinsichtlich der Umweltstandards zu erkennen. Die Einführung neuer Standards wäre diesem Entwurf zufolge an die Zustimmung der Kommission geknüpft und würde, wenn innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung getroffen werde, als abgelehnt gelten. Dies stehe den Interessen Österreichs entgegen.

Dem neuesten Entwurf zufolge sehe es danach aus, daß die niederländische Präsidentschaft nicht für eine Negativliste über Punkte, in denen es auf keinen Fall Flexibilität in der Ersten Säule geben solle, optiere, sondern für eine allgemeine Positivformel darüber, unter welchen Bedingungen Flexibilität möglich sein solle. Dies erscheine für Österreich akzeptabel, doch seien auch darüber in Amsterdam heftige Diskussionen zu erwarten.

Was die Stimmgewichtung im Rat betreffe, sei die Einführung der Bevölkerungsmehrheit als zweite Mehrheit eine für Österreich annehmbare Kompromißlösung. Die niederländische Präsidentschaft hätte nunmehr zu dem wenig fairen Trick gegriffen, in den Entwurf hineinzuschreiben, daß die überwältigende Mehrheit der Variante einer Umgewichtung der Stimmen das Wort geredet hätte, doch sei diese Behauptung nicht wahr. Vielmehr wäre eine Mehrheit von acht oder neun Mitgliedsländern für die Variante der zweiten Mehrheit eingetreten, und nur drei Länder hätten sich explizit für die Neugewichtung ausgesprochen. Der deutsche Außenminister Kinkel hätte in seiner jüngsten Erklärung im Bundestag kein Wort darüber gesagt, wohl aber auf die Bevölkerungsanzahl als zweite Mehrheit hingewiesen. Jedenfalls seien harte Verhandlungen darüber zu erwarten, und Österreich werde gegen eine Stimmenumgewichtung bis zuletzt Widerstand leisten.

Den Artikel 130s zum Gegenstand qualifizierter Mehrheitsentscheidungen zu machen, entspreche nicht der österreichischen Position. Hingegen habe sich im neuesten Entwurf die österreichische Position durchgesetzt, zwar für politische Aktionen wie beispielsweise das Aussenden von Missionen auch im Falle konstruktiver Stimmenthaltung mitzubezahlen, nicht jedoch für militärische Operationen.

Abgeordneter Dr. Franz Löschnak (SPÖ) stellt fest, daß zwar der konsolidierte Vertragsentwurf vom 30. Mai 1997 kein Wort über die Stellung des Sports im Rahmen der Freizeitgestaltung enthalten habe, jedoch in der Unterlage vom 12. Juni dem Sport nunmehr ein eigener Artikel gewidmet werde. Er dankt der Bundesregierung für ihre Bemühungen und ersucht sie zugleich, darauf hinzuwirken, daß es bei der Regelung gemäß neuestem Entwurfes bleibt. Denn es sei unterträglich, den Amateursport, insbesondere den nichtstaatlichen Bereich des Sportes, weiterhin in völliger Abhängigkeit von wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu halten.

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche) stellt fest, daß mit dem Begriff „Beschäftigung“ nichts darüber ausgesagt werde, ob es sich um bezahlte Arbeit handle.

Er fragt Vizekanzler Dr. Schüssel, welche Instrumente in der Europäischen Union vorhanden wären, um Vollbeschäftigung herbeizuführen. Auch möchte er wissen, wie die Beschäftigungsfrage im Zusammenhang mit der Osterweiterung zu sehen sei, und erinnert daran, daß es dadurch zu extremer Belastung für den österreichischen Arbeitsmarkt kommen werde. Weiters fragt er, was unter den in Kapitel 3 genannten beschäftigungsfördernden Maßnahmen zu verstehen sei und ob dazu insbesondere infrastrukturelle Erneuerungen und Entlastungen der Lohnkosten zählten.

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP) sieht die Chance gegeben, einen Großteil der österreichischen Standpunkte im Vertrag zu verankern.

Die Abgeordneten hätten im Hauptausschuß das Recht, ihre Meinung zu sagen, jedoch keinen Anspruch darauf, daß diese auch übernommen werde. Dies gelte beispielsweise für die Meinung von Abgeordneter Mag. Kammerlander, daß es keinen Stabilitätspakt geben dürfe. Die ÖVP trete zwar für das Beschäftigungskapitel ein, halte aber auch am Stabilitätspakt fest, weil dieser die Voraussetzung einer stabilen Währung sei.

Auch die Forderung nach Niederlassungsfreiheit und Arbeitsgenehmigungen für Angehörige von Drittstaaten, wie Abgeordnete Dr. Gredler sie vertreten habe, sei kein Anliegen der ÖVP, und eine diesbezügliche Gleichstellung mit Unionsbürgern sei nicht anzustreben.

Was das Beschäftigungskapitel betreffe, solle man nicht mit gezinkten Karten spielen. Die EU könne Rahmenbedingungen festlegen und Initialzündungen geben, doch könne sie nicht Maßnahmen finanzieren, die in den Mitgliedstaaten unterblieben wären.

Die Übersicht über die Bereiche, auf die das Mitentscheidungsverfahren ausgedehnt werden solle, sei eine respektable Liste von neuen Kompetenzen für das Europäische Parlament. Es sei ein Fortschritt, daß damit weitgehend für die Bereiche, die vorher dem Zustimmungs- und Anhörungsverfahren unterworfen gewesen seien, das Mitentscheidungsverfahren zur Regel werde.

Das Gesetzesinitiativrecht sei in der mit großer Mehrheit angenommenen Entschließung des Europäische Parlaments bewußt nicht enthalten und finde auch im Parlament keine Mehrheit.

Abgeordneter DDr. König fragt Vizekanzler Dr. Schüssel, ob für die Verfügung über die Wasserreserven weiterhin das Einstimmigkeitsprinzip gelten werde und ob das Recht auf die eigene Sprache, sofern verlangt, kodifiziert werden würde. Letzteres sei abzulehnen, weil mit zunehmender Erweiterung die Kosten, der Zeitaufwand sowie die Personal- und Raumprobleme progressiv steigen würden.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) verweist darauf, daß Bundeskanzler Mag. Klima den Stabilitätspakt als bloße Absichtserklärung bezeichnet habe. Wäre er tatsächlich nicht mehr, sei zu fragen, warum die Aufregung darüber in Frankreich so groß gewesen sei und warum die Franzosen daran nicht unmaßgebliche Kritik geübt hätten. Die Frage sei auch, welchen Zweck dann zwei Erklärungen hätten, an denen derzeit gearbeitet werde, wenn sie keine rechtliche Verpflichtung vorsähen und in der Praxis nichts Neues bringen würden, weil diese Angelegenheit bereits heute im EU-Vertrag geregelt sei.Offenbar verstehe sich die EU am besten darauf, Erklärungen auszuarbeiten, die das Papier nicht wert seien, auf denen sie geschrieben stehen.

Eine Vertagung der Regierungskonferenz sei keineswegs nur für die Grünen denkbar, sondern auch beispielsweise für die dem Vizekanzler irgendwie nahestehende Zeitung „Die Presse“. Darin sei über einen Außenministerrat am Vorabend und ein zweites Gipfeltreffen eine Woche nach der Konferenz in Amsterdam spekuliert worden. Deshalb werde Außenminister Dr. Schüssel um Präzisierung seiner Äußerungen über die Teilnahme der österreichischen Verhandler ersucht sowie um Erläuterung seines Hinweises, daß im Falle eines zweiten Gipfeltreffens gleich dieses besucht werden könne.

Die Grünen hätten einen Antrag auf Stellungnahme eingebracht, der darauf abziele, den Stabilitätspakt um eine rechtsverbindliche beschäftigungspolitische Vorgabe zu ergänzen. Für letztere solle mindestens ebensoviel Zeit und geistige Energie aufgewandt werden wie für die Ausarbeitung der monetären Aspekte im Rahmen des Stabilitätspaktes. Beschäftigungspolitische Vorgaben sollten im selben Maße verpflichtend sein wie die Konvergenzkriterien und nicht in reine Absichtserklärungen münden.

In dem vorliegenden gemeinsamen Antrag auf Stellungnahme von SPÖ und ÖVP würden Wortkonstruktionen wie „möglichst substantielle Regelungen“ verwendet, statt daß substantielle Regelungen gefordert werden. Dies zeige, daß von vornherein nicht mit der Möglichkeit gerechnet werde, Beschäftigungspolitik rechtsverbindlich zu verankern und dafür einen Sanktionsmechanismus einzuführen, wie er für die Geld- und Währungspolitik gelte. Es würden nur Papiere zur Beruhigung des Gewissens produziert werden, die überhaupt keinen Wert hätten. Die Forderung nach Ergänzung des Vertrages um rechtsverbindliche beschäftigungspolitische Vorgaben und Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Hinblick auf die Beschäftigungspolitik sei für die Grünen ein prioritäres Ziel.

Ein zweiter Antrag von Abgeordneter Mag. Kammerlander intendiere die Mitbestimmung des Europäischen Parlaments sowie die Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof bei der Überführung des Schengener Übereinkommens in die Erste Säule des EU-Vertrages. Dies sei erforderlich, weil die Mitwirkung des Europäischen Parlaments in den zentralen integrationspolitischen Maßnahmen im Vertragsentwurf eingeschränkt werde und damit ein Rückschritt erfolge. Auch der deutsche Finanzminister Waigel sei dafür eingetreten, die Entscheidungen, die in Amsterdam anstünden, mit den Entscheidungen über den Euro und die Wirtschafts- und Währungsunion zusammenzulegen.

Würde die Institutionenreform so unzulänglich zum Abschluß gebracht werden, wie dies für das Gipfeltreffen in Amsterdam derzeit absehbar sei, so werde eine tragfähige Grundlage für weitere integrationspolitische Schritte fehlen.

Es sei bedauerlich, daß die Beschäftigung mit so entscheidenden Fragen auf parlamentarischer Ebene immer nur in völlig ungenügendem Ausmaß möglich sei.

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ) erläutert den von ihm und Abgeordnetem Dr. Stummvoll eingebrachten Antrag auf Stellungnahme des Hauptausschusses betreffend die Aufnahme des Beschäftigungskapitels in den EU-Vertrag. Damit solle die Position der Bundesregierung gestärkt werden. Für das Beschäftigungskapitel sollten damit speziellere Verfahren entwickelt werden, insbesondere ein Koordinations- und Überwachungsmechanismus.

Der zweite Teil des Antrages betreffe mit Währungsunion und Stabilitätspakt den wichtigeren Bereich. Nunmehr stünden Schicksalstage für Europa bevor, und es gehe darum, die rechtzeitige Einführung der Währungsunion zu sichern sowie sie in einer Form zustandekommen zu lassen, die mit beschäftigungspolitischen Zielen kompatibel zu sein habe. Daran habe Österreich zentrales Interesse.

Der Stabilitätspakt sei langfristig sinnvoll, doch dürften dabei nicht Wunsch und Wirklichkeit verwechselt werden. Da die Normalverschuldung nirgends – wie im Stabilitätspakt theoretisch vorausgesetzt – null betrage, sei darauf zu achten, einen entsprechenden Flexibilitätsrahmen für die jeweils konkrete Situation zu wahren.

Diesem Antrag auf Stellungnahme zufolge solle die Klassifizierung eines schwerwiegenden Wirtschaftsrückganges flexibel interpretiert werden. An die Seite des Verfahrens zur Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite solle gleichwertig die Berücksichtigung beschäftigungspolitischer Ziele treten.

Diese Punkte würden letztlich darüber entscheiden, ob die Währungsunion sozial verträglich sein werde oder nicht. Man dürfe sich nicht der Illusion hingeben, daß Preisstabilität allein für soziale Verträglichkeit ausreiche. Vielmehr sei auf die Hoffnung der Menschen in Europa auf eine positive Wirtschaftsentwicklung Bedacht zu nehmen. Die Oppositionsparteien seien daher herzlich eingeladen, sich diesem Antrag anzuschließen.

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum) moniert die ausständige Antwort auf ihre Frage, was die Verankerung eines Beschäftigungskapitels im EU-Vertrag für künftige budgetäre Prioritäten bedeute und ob obligatorische Ausgaben fortan im Verfahren der nicht obligatorischen Ausgaben behandelt würden, sodaß das Europäische Parlament die Möglichkeit der Mitbestimmung in allen Bereichen hätte.

Zu fragen sei auch, ob zur Finanzierung der Maßnahmen des Beschäftigungskapitels die Mitgliedstaaten nicht zusätzliche Mittel aufbringen müßten.

Weiters sei nach dem österreichischen Standpunkt zu einem Vorschlag des Europäischen Parlaments für ein künftig einheitliches Verfahren zur Abwicklung von Europawahlen zu fragen.

Die nächste Frage beziehe sich darauf, ob unter dem Ansatz, Gefahrenquellen für die menschliche Gesundheit zu vermeiden, auch der Ausstieg der Europäischen Union aus der Kernenergie zu verstehen sei.

Eine weitere Frage sei, ob die Forderung der Bürger nach Verständlichkeit und Transparenz in den Institutionen zu öffentlichen Sitzungen des Rates, zur Veröffentlichung der Protokolle von Ratssitzungen und zur Begründung der Geheimhaltung hinsichtlich bestimmter Dokumente führen werde. (Obmannstellvertreter Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

In bezug auf den Antrag der Abgeordneten Dr. Nowotny und Dr. Stummvoll sei darauf hinzuweisen, daß die Forderung nach „Berücksichtigung des Beschäftigungszieles bei allen Aktivitäten und Maßnahmen der Gemeinschaft“ einen Vorwand dafür liefern könne, Kernkraftwerke nicht zu schließen, um Arbeitnehmer vor Verlust ihrer Beschäftigung zu schützen. – Überdies seien weitere Erläuterungen zu diesem Antrag erwünscht, insbesondere zu dessen zweitem Bereich.

An Vizekanzler Dr. Schüssel sei die Frage gerichtet, ob er dafür eintrete, einzelne Kommissare durch ein Mißtrauensvotum im Europäischen Parlament ihres Amtes entheben zu können, wenn sie den Vertragsgrundsätzen entgegenhandelten, oder ob das Mißtrauen weiterhin nur gegebenenfalls der gesamten Kommission ausgedrückt werden solle.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel antwortet Abgeordnetem Dr. Löschnak, daß es Österreich gelungen sei, im „Final Act“ eine Deklaration über den Sport zu verankern, welche die Bedeutung des Sports für Identität und Völkerverständigung zum Ausdruck bringe.

Die Bedeutung der Bildung in der Präambel des Vertrages hervorzuheben, sei auch im Hinblick darauf wichtig gewesen, daß ein hohes Bildungsniveau eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg der Europäischen Union im internationalen Wettbewerb sei.

Weiters bestehe Grund zu der Annahme, daß eine Kirchensicherungsklausel aufgenommen und die Akzeptanz der Religionsgemeinschaften zum Ausdruck gebracht werden würde.

Es sei gelungen, in der Antidiskriminierungsklausel die Behinderten zu berücksichtigen und Diskriminierungen jeder Art hintanzustellen.

Das Subsidiaritätsprotokoll sei zwar nicht perfekt, stelle aber einen wichtigen Schritt vorwärts dar.

Erstmals sei eine Einbindung des Tierschutzes auf europäischer Ebene gelungen. In dem Vertrag scheine nunmehr sogar der Begriff der „Tiere als fühlende Wesen“ auf. Dies sei besonders längerfristig von Bedeutung, weil sich dieser Ansatz letztlich in der Politik der Union niederschlagen werde.

Was die Beschäftigungspolitik betreffe, würden alle anderen Mitgliedstaaten ein „high level of employment“ anstreben, wogegen Österreich für „full employment“ eintrete. Es sei Bundeskanzler Mag. Klima zuzustimmen, daß es nicht verständlich sei, daß die Europäische Union im WTO-Vertrag „full employment“ akzeptiert habe, sich aber gegen die Aufnahme dieses Begriffs in den EU-Vertrag sträube.

Niemand solle versprechen oder erwarten, daß ein Paragraph im Vertrag auch nur einen Arbeitsplatz schaffe. Diese eher kindliche Argumentation sollte in der Diskussion überwunden sein. Dennoch sei es wichtig, daß Vollbeschäftigung beziehungsweise ein hohes Beschäftigungsniveau als Umsetzungsprinzip festgehalten werde, weil dies konkrete Anknüpfungspunkte in der täglichen politischen Auseinandersetzung auf europäischer Ebene geben werde.

Die Osterweiterung werde in Amsterdam kein Verhandlungsthema sein. Jedoch werde in den Beitrittsverhandlungen die Frage der Arbeitsmarktabfederung durch Übergangsregelungen und eine Aufschiebung des Zuganges zum Arbeitsmarkt ein wichtiger Themenblock sein.

Der einzige wirklich noch offene Punkt betreffe die in Kapitel 3 Artikel 5 angesprochenen beschäftigungsfördernden Maßnahmen. Deutschland wehre sich gegen die in der Außenministerkonferenz angestrebte Formulierung, weil es befürchte, daß damit der Weg für alle möglichen Beschäftigungsprogramme freigegeben werden könne, die von den Nettozahlern finanziert werden müßten. Dies stehe genauso wenig in österreichischem Interesse. Möge dies auch undiplomatisch sein, so gelte es doch klarzumachen, daß Österreich als Nettozahler kein Interesse daran habe, möglicherweise Milliardenbeträge dafür aufzuwenden, daß in Finnland die Arbeitslosigkeit besser bekämpft werde. Die Arbeitsplatzlage sei primär Gegenstand nationaler Kompetenz. Die nationalen Regierungen dürften sich nicht aus der Verantwortung ziehen.

Vizekanzler Dr. Schüssel verweist darauf, daß er selbst es war, der vorschlug, in Artikel 5 „Incentive measures“ aufzunehmen. Die Präsidentschaft sei diesem Vorschlag inzwischen gefolgt. Dabei gehe es vor allem um den Austausch von Informationen über erfolgreiche Beschäftigungsmaßnahmen sowie um innovative Ansätze in Form von Pilotprojekten. Daran erweise sich, daß es nicht um eine Finanzierungs-Gießkanne für alles und jedes gehe, sondern um spezifische Versuche, die der Rat nach Anhörung der Sozialpartner und des Komitees der Regionen zu beschließen habe.

Zusätzlich werde in einem Entwurf für eine Deklaration präzisiert, daß alle Beschlüsse sich auf gründliche Analysen zu stützen hätten, auf maximal fünf Jahre befristet sein müßten sowie von Anfang an eine Finanzierungsobergrenze fixiert werden müsse. Die Finanzierung habe aus den bestehenden Haushaltstöpfen zu erfolgen. Eingeführt werden könne diese Regelung mit qualifizierter Mehrheit.

Österreich habe primär seine nationalen Interessen abzusichern. Daher dürfe bei allem Einsatz für die Rechte des Europäische Parlaments nicht übersehen werden, daß manche Bereiche an erster Stelle nationales Interesse zu bleiben hätten. Vizekanzler Dr. Schüssel ist nicht daran gelegen, das Europäische Parlament zum Beispiel im Bereich der Agrarpolitik zu involvieren. Die Interessen Österreichs seien andere, und es wäre nicht besonders klug, künftig eine Vielzahl von Rechtsakten dem Europäischen Parlament vorzulegen.

Wohl aber sei das Europäische Parlament in anderen Bereichen gefordert. Beispielsweise werde nunmehr in der Frage der Integration der Dritten Säule ins Gemeinschaftsrecht das normale Verfahren angewendet, und dies bringe eine Verbesserung mit sich. In der Frage der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sei ein interinstitutioneller Vertrag in Vorbereitung, der dem Europäischen Parlament zufriedenstellende Mitwirkungsmöglichkeiten bieten werde.

Österreich trete für ein einheitliches, eher proportionales Wahlrecht ein. Seitens der neuen britischen Regierung lasse sich eine Tendenz beobachten, dem zuzustimmen, doch wollten die Briten dies jetzt noch nicht jetzt entscheiden.

Die Verfügung über die Wasserreserven sei derzeit für Österreich ungünstig geregelt. Für Entscheidungen gemäß Artikel 130s sei im neuesten Entwurf die qualifizierte Mehrheit vorgesehen. Dies sei weder für Österreich noch für vier oder fünf andere Mitgliedstaaten akzeptabel. Deshalb sei als sicher anzunehmen, daß eine Änderung erfolgen werde.

Bestimmungen über die Sprachen seien heikel, weil es dabei um eine Frage nationaler Identität gehe. Eher solle die Arbeitsweise vereinfacht und beschleunigt werden sowie eine Konzentration auf einige Hauptsprachen erfolgen, als daß das Recht darauf, in der eigenen Sprache zu sprechen und Dokumente in eigener Sprache lesen zu können, in Zweifel gezogen werde. In dieser Hinsicht werde es weitere Diskussionen geben müssen.

Was den Stabilitätspakt betreffe, habe Abgeordnete Mag. Kammerlander den Bundeskanzler offenbar mißverstanden. Dieser Pakt sei zweifellos rechtlich verbindlich, doch gebe es innerhalb des rechtlich verbindlichen Rahmens Bandbreiten für politische Entscheidungen. Eine solche Bandbreite sei durch eine – rechtlich nicht verbindliche – Entschließung gewissermaßen vorweggenommen worden, und zwar hinsichtlich der Definition eines schweren Wirtschaftseinbruchs oder einer Rezession. Die rechtliche Verbindlichkeit des Stabilitätspaktes sei zu begrüßen, weil in den wichtigsten Fragen, etwa jener der Währung, völlig klare und rechtlich einwandfreie Bedingungen bestehen sollten.

Mutmaßungen über einen Außenministerrat am Vorabend des Gipfeltreffens seien unzutreffend. Der Vorschlag der niederländischen Präsidentschaft müsse als der Vorschlag, der er sei, und nicht als ausverhandelter Text behandelt werden. Er stelle die Basis für die Verhandlungen in Amsterdam dar und sei in keinerlei Hinsicht verbindlich. Nach Abschluß der Verhandlungen würden mit Sicherheit zahlreiche substantielle Veränderungen darin vorzufinden sein.

Hinsichtlich des Beschäftigungskapitels liege ein gegenüber der Einschätzung des Vertragsentwurfes umgekehrter Trugschluß vor. Die auf die Beschäftigung bezogenen Elemente des Vertrages seien keineswegs rechtlich unverbindlich, sondern genauso verbindlich wie der Stabilitätspakt. Das Beschäftigungskapitel, die stärkere Vernetzung von Wirtschaftspolitik und Beschäftigungspolitik und die Umkehrung der Ziele gehörten zum Primärrecht und seien daher rechtlich verbindlich.

Wie Abgeordneter Dr. Nowotny richtigerweise festgestellt habe, sei das rechtzeitige Inkrafttreten der Währungsunion von überragender wirtschaftspolitischer Bedeutung. Derzeit sei ein Anspringen der österreichischen und deutschen Konjunktur zu vermerken, die Prognosen verbesserten sich von Quartal zu Quartal. Diese günstige Entwicklung rühre weniger von der Binnenmarktseite als vom Export her. Alle, die Euro und Währungsunion kritisch gegenüberstünden, müßten wissen, daß deren Infragestellung diese beginnende Konjunktur gefährde. Käme es nun zu einer substantiellen Diskussion über eine Verschiebung, so entstünde großer Druck auf die Hartwährungsländer. Es seien Umschichtungen und Aufwertungstendenzen zu erwarten, und das Konjunkturpflänzchen würde innerhalb von acht Monaten zertreten werden.

Ein Ausstieg der Europäischen Union aus der Kernenergie sei nicht vorgesehen, entsprechende Interpretationen beruhten auf Mißverständnissen.

Entscheidungen über Öffentlichkeit und Transparenz von Sitzungen des Rates würden vom Rat beziehungsweise vom Europäischen Parlament getroffen werden.

Die Variante, den Kommissären einzeln das Mißtrauen aussprechen zu können, werde von Österreich abgelehnt.

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche) stellt ein Mißverhältnis zwischen den angesprochenen bevorstehenden „Schicksalstagen“ für die Europäische Union und der schleppenden Art der Übermittlung von Unterlagen durch deren Institutionen im Vorfeld dieser Tage fest. Jedoch bringe dies die Problematik der gegenwärtigen institutionellen Gliederung zum Ausdruck.

Ratspräsident Kok habe kürzlich vor europäischen Parlamentariern bestätigt, daß es dazu kommen könne, daß nach der Vorbereitungszeit Änderungen ohne eingehende Diskussion und mangels besseren Wissens eingebracht würden und auch in solchen Fällen meistens durchgingen.

Vizekanzler Dr. Schüssel möge darlegen, wo für ihn die Grenze sei, die er in der Frage der Stimmenumgewichtung nicht überschreiten werde.

Das Beschäftigungskapitel sei in Wirklichkeit ein Alibipapier. Ratspräsident Kok habe anläßlich der COSAC-Konferenz gesagt: Arbeitsplätze würden durch Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern geschaffen werden, und es gebe für diesen Zweck in Brüssel keinen Zauberstab. Anscheinend habe also der Ratspräsident dazu eine andere Meinung als die meisten Regierungen, oder seine Meinung unterscheide sich von jener Meinung, die von den Regierungen der Bevölkerung gegenüber zum Ausdruck gebracht werde.

Bundeskanzler Mag. Klima habe zugegeben, daß geplant sei, die Fragen der Wasserressourcen und der Raumordnung aus dem Bereich einstimmiger Entscheidungen herauszunehmen. Österreich müsse dies ablehnen, da Eingriffe in die Ursprungsbereiche der Wasserläufe an erster Stelle die Alpenländer betreffen würden. Es gelte insbesondere, gegenüber kurzfristigen oder in letzter Minute vorgenommenen Änderungen wachsam zu sein. An Vizekanzler Dr. Schüssel ergehe die Frage, welcher Formulierung er in den entsprechenden Vertragsbestimmungen zustimmen könne und ob er grundsätzlich keiner Aufweichung zustimmen werde.

Hinsichtlich der Osterweiterung ergebe sich die Frage nach den Kriterien, die für die Aufnahme von Verhandlungen mit mittel- und osteuropäischen Ländern unbedingt erforderlich seien.

Nach der Fixierung des Stabilitätspaktes in Dublin und dem inzwischen erfolgten Ausscheren Frankreichs sei die Frage zu stellen, welche Kriterien Frankreich nunmehr für den Stabilitätspakt einbringe, und weiters die Frage, welche Kriterien österreichische Unterstützung finden würden.

Dem Antrag der Abgeordneten Dr. Nowotny und Dr. Stummvoll würden die Freiheitlichen als einer Mindestforderung ihre Zustimmung geben.

Die Vorgangsweise der Union bestätige die Befürchtung der Freiheitlichen über Einschränkungen für die nationalen Parlamente. Es scheine, als komme es dadurch zu einem demokratischen Rückschritt. Deshalb brächten Abgeordneter Mag. Schweitzer und Kollegen folgenden Antrag ein:

Der Hauptausschuß wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, daß im neuen EU-Vertrag ein Verfahren festgelegt wird, in dem sichergestellt wird, daß der Rat vor der Annahme eines verbindlichen europäischen Rechtsaktes im Sinne der Gewaltenteilung die Zustimmung der nationalen Parlamente benötigt.

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen oder auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der Angelegenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.“

Abgeordneter zum Europäischen Parlament Dr. Hannes Swoboda (SPÖ) fragt Vizekanzler Dr. Schüssel, ob Österreich Einwände gegen das Procedere im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik habe oder diesem in der vorgesehenen Form die Zustimmung geben werde.

Österreich solle mit Nachdruck darauf beharren, daß es für ein Land möglichst einfach sein müsse, höhere Umweltstandards beizubehalten oder einzuführen. Insbesondere dann, wenn höhere Umweltstandards nicht dem Gemeinsamen Markt widersprächen, sei keine Notwendigkeit gegeben, daß die Europäische Union einem Land einen niedrigeren Standard aufzwingen oder höhere Standards verhindern könne. Ein Einspruchsrecht sei nur zur Verhinderung von Marktverzerrungen vorzusehen.

Zum Kapitel 2 über den gemeinsamen Raum von Freiheit, Sicherheit und Recht gebe es widersprüchliche Interpretationen. Österreich solle klar fordern, daß das Europäische Parlament mitzubestimmen habe, wenn im Falle von Übertragungen aus dem innerstaatlichen in den europäischen Rechtsbereich nationale Parlamente nicht mehr mitbestimmen könnten. Laut Artikel G, auf den in dieser Frage häufig verwiesen werde, sei in den meisten Fällen nur ein Anhörungsrecht des Parlaments vorgesehen. Dieses Element könne letztlich zu einer Entdemokratisierung führen.

Es sei den Österreichern gegenüber nicht vertretbar, daß der Vertrag von Amsterdam in einigen Bereichen weniger demokratische Elemente enthalte, als der EU-Vertrag vorher enthalten habe. Der begrüßenswerte Prozeß der Vergemeinschaftung solle durch einen parlamentarischen Mitentscheidungsmechanismus begleitet sein.

Abgeordneter zum Europäischen Parlament Dr. Klaus Lukas (Freiheitliche) regt an, daß die Europäische Union in ihrer Ausgabenpolitik insgesamt auf die Beschäftigungspolitik Rücksicht nehmen solle. Derzeit sei ihre Ausgabenpolitik vom Prinzip der Kohäsion und vom Gießkannenprinzip beherrscht. Österreich solle auf eine gezielte Budgetpolitik in Richtung Arbeitsplatzschaffung hinwirken.

Wichtige Themen wie zum Beispiel Forschung würden unterbewertet, weniger wichtige Themen jedoch stark hervorgehoben werden. Der Tourismus fehle im Vertrag von Maastricht völlig, doch könnten gerade in dieser Branche Arbeitsplätze geschaffen werden. Es sei erstaunlich und ein Fehler, daß in den Tagungen der Tourismusminister die österreichische Regierung bisher gegen die Aufnahme des Fremdenverkehrs in den EU-Vertrag eingetreten ist.

Es erscheine blauäugig, Beschäftigungspolitik, Stabilitätspakt und Einhaltung des Zeitplanes der Wirtschafts- und Währungsunion ohne weiteres für kompatibel zu halten. Manche Währungsexperten in den Ausschüssen des Europäischen Parlaments hätten bereits erkannt, daß ein Aufschub der Währungsunion nicht mehr zu umgehen sei.

Die Wirtschafts- und Währungsunion müsse ein Segen für Europa werden, keinesfalls dürfe damit ein Dauerproblem geschaffen werden.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) stellt hinsichtlich der Asyl- und Einwanderungsgesetze fest, daß Österreich aufgrund der Bestimmungen in den Absätzen 3a und 4 von Artikel C des ersten Kapitels des Vertragsentwurfes „overruled“ werden könne. Damit bereite die Europäische Union Österreich und anderen Ländern mit höheren sozialen Standards Probleme, da eine aufgrund unterschiedlicher Sozialleistungen zu erwartende Wanderungsbewegung von Staatsangehörigen dritter Länder ein enormes Gefahrenpotential für den Arbeitsmarkt und die sozialen Strukturen bedeute.

An Vizekanzler Dr. Schüssel ergehe die Frage nach seiner Position in der Behandlung der genannten Stellen des Vertragsentwurfes. Ein Antrag der Freiheitlichen auf Stellungnahme, diese Bestimmungen nicht in den Vertrag aufzunehmen, liege vor.

Ein weiterer Antrag auf Stellungnahme beziehe sich auf Zustimmung beziehungsweise Mißtrauensantrag gegenüber einzelnen Mitgliedern der Kommission. Zuletzt habe sich am Beispiel der BSE-Debatte gezeigt, daß die derzeit gültige Bestimmung eher hinderlich sei, um verantwortliche Kommissionsmitglieder zur Verantwortung zu ziehen.

Der dritte Antrag auf Stellungnahme beziehe sich auf Stimmengewichtung beziehungsweise Einstimmigkeit im Rat und ziele darauf ab, das Einstimmigkeitsprinzip beispielsweise für Entscheidungen gemäß Artikel 130s über die Wasserreserven zu erhalten. Die Stimmengewichtung im Rat dürfe nicht zuungunsten kleinerer Länder wie Österreich verändert werden und müsse zumindest in der gegenwärtigen Form erhalten bleiben.

Für Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche) ist die Form, in der das Beschäftigungskapitel derzeit im Vertragsentwurf aufscheine, eine sehr verwaschene, da dieses Kapitel keine restriktiven Maßnahmen enthalte, die auf dem europäischen Arbeitsmarkt nennenswerte Auswirkungen hervorrufen könnten. Daher sei es gleichgültig, ob von einem hohen Beschäftigungsniveau oder von Vollbeschäftigung die Rede sei. Denn laut Ratspräsident Kok verbleibe die Verantwortung für die Beschäftigungspolitik primär in nationalem Recht.

Vizekanzler Dr. Schüssel möge die Frage beantworten, ob die Vergabe von Förderungen auch davon abhängig gemacht werden solle, ob sie in den Mitgliedstaaten zur Arbeitsplatzsicherung oder Arbeitsplatzbeschaffung dienten.

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche) fordert in seinem Antrag auf Stellungnahme verschärfte Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung und zur Bekämpfung des Mißbrauchs von Subventionsmitteln. Er tritt für einen einheitlichen EU-Tatbestand zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft ein. Bei nachgewiesenem Mißbrauch seien Fördermittel von jenem Mitgliedstaat zurückzufordern, in dessen Hoheitsbereich der Mißbrauch stattgefunden habe.

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ) erläutert seinen Antrag ergänzend mit der Information, daß es in Punkt b) um die Entschließung des Europäischen Rates über den Stabilitäts- und Wachstumspakt gehe.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel wiederholt, daß Österreich in der Frage der Stimmgewichtung als Kompromiß allenfalls die zweite Mehrheit akzeptieren würde, daß über die Wasserreserven mit Einstimmigkeit verfügt werden müsse und daß die Frage der Osterweiterung derzeit nicht auf dem Plan stehe. Die neue französische Position zum Stabilitätspakt sei offiziell noch nicht bekannt.

Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik werde von Österreich unterstützt. Wichtig sei vor allem, eine Planungszelle geschaffen zu haben, weil dadurch die Qualität der Entscheidungsvorbereitungen deutlich verbessert werde. Die Kontinuität solle durch Konzentration der Zuständigkeit bei einem Vizepräsidenten, der Teil der Troika sei, sowie durch einen Generalsekretär, der ebenfalls der Troika angehöre, gewährleistet werden. Für Österreich sei wichtig, daß es sich der Stimme enthalten könne und für militärische Operationen nicht automatisch mitbezahlen müsse.

Im übrigen scheine es ein einigermaßen schwachsinniges Ergebnis zu sein, daß zuerst einstimmig über die Grundsätze und anschließend mehrheitlich über die Anwendung zu beschließen sei. Hingegen sei die konstruktive Enthaltung positiv zu bewerten. Insgesamt sei das Kapitel in Ordnung. Die Streitfrage WEU/EU werde auf der Tagesordnung bleiben.

In der Umweltfrage werde es wahrscheinlich ein hartes Match geben.

In der Frage Inneres/Justiz sei vorläufig ein Kompromiß gewählt worden, der nicht so schlecht sei. De facto sei eine fünfjährige Zwischenphase eingeschaltet worden, weil die Vergemeinschaftung auf europäischer Ebene in diesem Bereich gegenwärtig anders nicht zu erreichen sei. Deshalb habe das Europäische Parlament vorläufig nicht die Möglichkeit der Mitentscheidung, sondern sei nur zur Anhörung berechtigt. In fünf Jahren werde es voraussichtlich einen automatischen Übergang zum normalen Verfahren der Mitentscheidung geben.

Für absurd und aberwitzig hält Vizekanzler Dr. Schüssel die These von Abgeordnetem Dr. Lukas, daß der Aufschub der Euro-Einführung hilfreich sein könne für den Export von Gütern oder Dienstleistungen und somit auch für den Tourismus. Käme es zum Aufschub, so würde dies vielmehr die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Tourismuswirtschaft massiv unterminieren. Jeder, der sich dafür ausspreche, habe dafür die Verantwortung zu übernehmen. Vor einer solchen Diskussion könne nur gewarnt werden, da keines der Probleme zu einem späteren Termin einfacher zu lösen sein werde, der Euro jedoch politisch viel schwieriger durchzusetzen wäre und die Reaktion der Finanzmärkte größte Schwierigkeiten bereiten würde. Wer Interesse an einer florierenden Wirtschaft habe, dürfe nicht daran mitwirken, dieses überragend wichtige Projekt zu Tode zu reden. Deshalb ersucht Vizekanzler Dr. Schüssel um entsprechende Disziplin im Interesse der österreichischen Arbeitsplätze.

Zu der Frage von Abgeordnetem Mag. Schweitzer, ob Österreich unter Anwendung von Kapitel 1 Artikel C des Vertragsentwurfes „overruled“ werden könne, sei auf die erforderliche Einstimmigkeit zu verweisen, sodaß eine solche Interpretation nicht zutreffe. Vizekanzler Dr. Schüssel verweist darauf, daß er selbst diese Diskussion vorangetrieben und maßgeblich daran mitgewirkt habe, daß die Einstimmigkeit in dieser Frage als Grundprinzip verankert worden sei.

Was das „verwaschene“ Beschäftigungskapitel betreffe, sei zu fragen, wie nach Ansicht der Freiheitlichen ein „nicht verwaschenes“ Beschäftigungskapitel aussähe, ohne daß Österreich als Nettozahler daran mitzuwirken hätte, die Beschäftigungsprobleme in 90 Prozent der anderen Mitgliedstaaten zu bekämpfen. Letzteres könne nicht österreichisches nationales Interesse sein. Wenn Österreich Geld zur Beschäftigungsförderung aufwende, dann habe dies für einheimische Arbeitsplätze zu geschehen, nicht aber für Griechen, Holländer, Finnen oder sonst jemanden.

Ebenfalls in nationaler Verantwortung stehe es, die Förderungen abhängig von Beschäftigungsmaßnahmen zu machen. Irgendwelche zentralen Behörden in Brüssel hätten sich in die Verwendung etwa der Mittel aus dem Sozialfonds oder der Subventionen für Förderungsprojekte im ländlichen Raum nicht einzumischen.

In der Frage der Betrugsbekämpfung sei in der letzten Entwurfsfassung mit dem Zusatz zum Artikel 209a eine befriedigende Lösung gefunden worden.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser erklärt die Debatte zum 1. Tagesordnungspunkt für beendet und gelangt zur Abstimmung über die Anträge auf Stellungnahme. Diese werde nach Themenblöcken geordnet erfolgen.

Der Antrag der Abgeordneten Mag. Haupt, Dolinschek und Madl auf Stellungnahme betreffend verstärktes Eintreten Österreichs für eine wirksame Verankerung der Beschäftigungspolitik im Rahmen der Regierungskonferenz bleibt in der Minderheit und ist damit abgelehnt.

Der Antrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander auf Stellungnahme betreffend Regierungskonferenz/Beschäftigung/Stabilitätspakt findet keine Mehrheit und ist somit abgelehnt.

Der Antrag der Abgeordneten Dr. Nowotny und Dr. Stummvoll auf Stellungnahme betreffend die Aufnahme des Beschäftigungskapitels in den EU-Vertrag wird mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Freiheitlichen mehrheitlich angenommen.

Der Antrag der Abgeordneten Dr. Gredler auf Stellungnahme betreffend EU-Regierungskonferenz – Grundrechte, Justiz und Inneres – bleibt in der Minderheit und ist damit abgelehnt.

Der Antrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander auf Stellungnahme betreffend EU-Regierungskonferenz – Justiz und Inneres – findet keine Mehrheit und ist somit abgelehnt.

Der Antrag der Abgeordneten Dr. Gredler auf Stellungnahme betreffend EU-Regierungskonferenz – Institutionen – bleibt in der Minderheit und ist damit abgelehnt.

Der Antrag des Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer auf Stellungnahme betreffend Regierungskonferenz – Konsolidierter Vertragsentwurf, einzelstaatliche Parlamente – findet keine Mehrheit und ist somit abgelehnt.

Der Antrag des Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer auf Stellungnahme betreffend Regierungskonferenz – Konsolidierter Vertragsentwurf, Zustimmung zu und Mißtrauensantrag gegen einzelne Mitglieder der Kommission – bleibt in der Minderheit und ist damit abgelehnt.

Der Antrag des Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer auf Stellungnahme betreffend Regierungskonferenz – Konsolidierter Vertragsentwurf, Stimmengewichtung beziehungsweise Einstimmigkeit im Rat – findet keine Mehrheit und ist somit abgelehnt.

Der Antrag der Abgeordneten Dr. Gredler auf Stellungnahme betreffend EU-Regierungskonferenz – Transparenz – bleibt in der Minderheit und ist damit abgelehnt.

Der Antrag der Abgeordneten Dr. Gredler auf Stellungnahme betreffend EU-Regierungskonferenz – GASP – bleibt in der Minderheit und ist somit abgelehnt.

Der Antrag des Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer auf Stellungnahme betreffend Regierungskonferenz – Konsolidierter Vertragsentwurf, verstärktes Eintreten Österreichs für eine restriktive Handhabung der Zuwanderungspolitik und der Aufnahme von Drittstaatsbürgern im Rahmen der Regierungskonferenz – bleibt in der Minderheit und ist damit abgelehnt.

Der Antrag des Abgeordneten Lafer auf Stellungnahme betreffend Regierungskonferenz – Konsolidierter Vertragsentwurf, Betrugsbekämpfung – findet keine Mehrheit und ist somit abgelehnt.

Nachdem Obmannstellvertreter Dr. Neisser neuerlich den bereits eingangs von Obmann Dr. Fischer verlesenen Vermerk über die Erreichbarkeit der Fraktionsvorsitzenden am 16. und 17. Juni vorgetragen hat, wendet Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche) dagegen ein, daß zur Befassung mit dieser Frage ein Unterausschuß unter Vorsitz der Freiheitlichen einzusetzen sei.

 

2. Punkt

EU-Verkehrsministerkonferenz (26818/EU, 26834/EU, 13643/EU XX. GP)

 

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem verzichtet darauf, einleitende Bemerkungen abzugeben, und weist statt dessen auf Terminprobleme hin, die ihm die Verzögerung in diesen Beratungen bereite.

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) repliziert, daß die Verzögerung durch längere Stellungnahmen von Regierungsmitgliedern bedingt sei.

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP) hebt hervor, daß die Schweiz auf mühsame Einzelverhandlungen angewiesen sei, da sie nicht Mitglied der Europäischen Union ist.

Die ÖVP habe großes Interesse daran, daß es zu einem Vertragsabschluß mit der Schweiz komme. Jedoch dürfe es der Schweiz insbesondere im Interesse der westlichen österreichischen Bundesländer nicht gelingen, in der Frage des Alpentransits eine Ausnahmeposition zu erreichen. An Bundesminister Dr. Einem ergehe der Appell, einem Abkommen über den Alpentransit zwischen der Europäischen Union und der Schweiz nur als Teil einer Gesamtvereinbarung zuzustimmen, in der die österreichischen Transitverkehrsinteressen hinreichend berücksichtigt würden.

Aus Tiroler Sicht sei auf das Problem aufmerksam zu machen, daß ungefähr ein Drittel des Transitverkehrs nicht der kürzesten Route durch die Schweiz folge, sondern als Umwegtransit die Verkehrsbelastung in Österreich steigere. Um für dieses Problem Abhilfe zu schaffen, seien mit der Schweiz Rahmenbedingungen, die den österreichischen entsprechen, zu vereinbaren, beispielsweise in bezug auf die Maut – auf die Differenzierung der Mautsätze nach Tageszeiten oder die flexible Aufteilung auf einzelne Teilstrecken – und die Finanzierungsmöglichkeiten für Infrastrukturinvestitionen im Bahnbereich. Erst unter solchen Voraussetzungen könne Österreich mit echten Verlagerungen und Entlastungen rechnen.

Insbesondere sei auf die 40-Tonnen-Regelung für LKW hinzuweisen. Mit den derzeit in Rede stehenden Mautsätzen werde nicht das Auslangen gefunden werden können, wenn die Schweizer Verhandlungsseite nicht von Anfang an ein entsprechend großes Kontingent an 40-Tonnen-Euro-LKW zugestehe.

Das Abkommen mit der Schweiz müsse so gestaltet werden, daß die von Minister Ditz in Ausführung eines Beschlusses des Tiroler Landtages erlassene Mautdifferenzierung zumindest hinsichtlich ihrer Wirkungen auf den Brenner-Transit auf jeden Fall erhalten bleibe.

Österreich solle von der Schweiz fordern, daß sie den auf sie entfallenden gerechten Anteil am europäischen Transitverkehr zu übernehmen habe, und werde in Verfolgung dieses Zieles in Frankreich einen Partner finden, der ähnliche Interessen vertrete.

Im Sinne des Antrags auf Stellungnahme der Abgeordneten Dr. Lukesch, Parnigoni, DDr. Niederwieser und Horngacher werde um zielgerichtete Verhandlungsführung und Berücksichtigung der österreichischen Interessen ersucht.

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ) fragt Bundesminister Dr. Einem nach dem aktuellen Stand der Verhandlungen über das Landverkehrsabkommen mit der Schweiz und nach den Vorkehrungen gegen eine Verschärfung des Umwegverkehrs über den Brenner, falls es in der Schweiz zur Einführung einer leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe und einer Alpentransit-Abgabe für 40-Tonnen-LKW käme.

Weiters möge Bundesminister Dr. Einem die Frage nach den Maßnahmen im Rahmen des EU-Aktionsprogramms zur Verkehrssicherheit beantworten und den Standpunkt Österreichs demgegenüber skizzieren.

Was die europäischen Eisenbahngüter-Freeways betreffe, erhebe sich die Frage nach den Vorteilen dieses Konzepts für die Verkehrspolitik und die Bahnen, konkret für die ÖBB.

Abgeordneter Peter Rosenstingl (Freiheitliche) betont, daß es in den Verhandlungen über ein Verkehrsabkommen mit der Schweiz die Interessen Österreichs umso mehr wahrzunehmen gelte, als in den Beitrittsverhandlungen Österreichs mit der Europäischen Union vieles nicht durchgebracht worden sei.

Eine Frage an Bundesminister Dr. Einem betreffe den jüngsten Stand der Verhandlungen über die Vertragsverletzungen.

An dem Antrag der Regierungskoalition auf Stellungnahme sei verwunderlich, daß die österreichischen Interessen nicht stärker in den Vordergrund gerückt worden seien. Bedenklich sei es, für das Abkommen mit der Schweiz ein Kontingent für 40-Tonnen-LKW zu fordern, weil dies den Verhandlern auf EU-Seite Anlaß geben könne, von Österreich das gleiche zu fordern.

Bundesminister Dr. Einem möge seine Einschätzung der Aussichten für den Brenner-Basistunnel darlegen, nachdem kürzlich von seiten der deutschen Schwesterpartei der Sozialdemokraten dieses Tunnelprojekt für „klinisch tot“ erklärt worden sei. Auch andere deutsche Abgeordnete hätten dazu keine positiven Stellungnahmen abgegeben, vielmehr sei Österreich aufgefordert worden, den Tunnel selbst zu finanzieren.

Um Österreich auch vor dem Transitverkehr aus dem Osten Europas zu schützen, hätten die Freiheitlichen einen Antrag auf Stellungnahme mit dem Inhalt eingebracht, den Bereich der „sensiblen Zonen“ auf ganz Österreich auszudehnen.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) lotet die Möglichkeit aus, sich mit ihrem Antrag dem Antrag der Regierungskoalition anzuschließen. Zwar seien dafür ein paar Änderungen erforderlich, doch könnten in der behandelten Materie die Meinungen im Hauptausschuß weitgehend übereinstimmen, da es ein gemeinsames Anliegen sei, das Transitaufkommen möglichst zurückzudrängen und in der Kostenanalyse auch Folgekosten sowie externe Kosten zu berücksichtigen.

Einige Forderungen in dem Antrag der Regierungskoalition seien zu weich formuliert, und die Erwähnung der 40-Tonnen-Grenze sei ungünstig, weil Österreich dadurch den Eindruck erwecke, es sei grundsätzlich mit diesem Limit einverstanden. Im Gegensatz dazu solle Österreich vielmehr den Schwerverkehr auf der Straße durch die Alpenländer überhaupt zu vermeiden trachten.

Weiters sei es in diesem Antrag nicht ausreichend, als Ergebnis der Verhandlungen ein Fortbestehen der derzeit auf der Brenner Autobahn gültigen Mautsätze zu verlangen. Dies sei für die Grünen zwar eine der Voraussetzungen, jedoch müßten überdies die deutlichen Kostensenkungen, zu denen es im Zuge des EU-Beitrittes gekommen sei, rückgängig gemacht werden. Denn der Transitverkehr auf der Straße müsse mit den tatsächlichen Kosten belastet werden.

Vor Österreichs Beitritt zur Europäischen Union hätten die 38-Tonnen-LKW beispielsweise für die Strecke Kufstein — Brenner über 900 S als Straßenverkehrsbeitrag zu den Kosten beitragen müssen. Hingegen werde derzeit nur eine Straßenbenützungsgebühr von 80 S eingehoben. Angesichts dieser Relation solle Österreich auf einen für die Schweiz möglichst günstigen Vertragsabschluß dringen, um in den Folgeverhandlungen selbst entsprechende Anpassungen vornehmen zu können. Denn Österreich dürfe nicht schlechter als ein Drittstaat gestellt sein.

Der Umwegverkehr über Österreich dürfe keinesfalls billiger kommen als die Transitfahrt durch die Schweiz.

Abgeordnete Mag. Kammerlander betont, daß die Grünen in der Gestaltung der Mautgebühren für die vollständige Berücksichtigung der externen Kosten des LKW-Schwerverkehrs einträten. In diesem Sinne seien auch die Verhandlungen mit der Schweiz zu führen. Weiters solle danach getrachtet werden, die Verkehrsverlagerung auf das niedrigerrangige Straßennetz zu unterbinden. Das Problem des Ausweichens auf die Bundesstraßen solle bereits in den Verhandlungen berücksichtigt werden.

An die Regierungsfraktionen ergehe die Frage, ob ihnen das Anliegen wichtig genug für eine gemeinsame Stellungnahme sei.

Abgeordneter zum Europäischen Parlament Dr. Hannes Swoboda (SPÖ) hebt hervor, daß Vereinbarungen mit der Schweiz nur im Rahmen eines Gesamtpaketes getroffen werden dürften.

Im Europäischen Parlament gebe es derzeit keine einheitliche Meinung hinsichtlich der Behandlung „sensibler Zonen“ sowie der externen Kosten, vielmehr gebe es gegen beides großen Widerstand. Österreich solle darauf dringen, in den Verhandlungen mit der Schweiz ein Ergebnis zu erreichen, das diesen beiden Faktoren Rechnung trägt, damit sie im Rahmen der Festsetzung von Mautgebühren berücksichtigt werden könnten.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum) fragt Bundesminister Dr. Einem nach dem tatsächlichen Stand der Verhandlungen der Europäischen Union mit der Schweiz, nach den aus österreichischer Sicht heiklen Punkten und nach den verbliebenen Möglichkeiten, die Verhandlungen in eine für Österreich günstige Richtung zu lenken.

Aus liberaler Sicht seien alle Mautregelungen problematisch, weil deren Festsetzung willkürlich erfolge und Änderungen sich häufig nach Budgetbedarf, nicht aber nach Umweltschutzgründen richteten.

Zum Grünbuch betreffend die fairen und effizienten Preise im Verkehr erhebe sich die Frage, welche Position die anderen EU-Länder hinsichtlich der grundsätzlichen Frage der emissions- und kilometerbezogenen Abgabe einnähmen.

Zu fragen sei auch, ob es in den Verhandlungen über die Wegekostenrichtlinie zu einer Änderung des derzeit dort festgeschriebene Tonnenlimits kommen und welches Ausmaß diese gegebenenfalls haben werde.

Der Antrag von Abgeordneter Mag. Kammerlander sei vom grundsätzlichen Ansinnen her zu unterstützen, weise jedoch mit seiner Bezugnahme auf die vollständige Berücksichtigung der externen Kosten das Problem auf, daß es keine einheitliche Auffassung über die externen Kosten gebe. Daher bestehe die Gefahr, daß ein entsprechender Auftrag an den Bundesminister nicht umsetzbar wäre.

Der Antrag von Abgeordentem Rosenstingl greife geographisch zu weit. Die Forderung, ganz Österreich zu einer „sensiblen Zone“ zu erheben, bedeute auch eine Überstrapazierung des Begriffs an sich.

An Bundesminister Dr. Einem ergehe die Frage, mit welcher der in dem Antrag auf Stellungnahme der Abgeordneten Dr. Lukesch und Parnigoni genannten Positionen er nicht einer Meinung sei, und ob es überhaupt notwendig sei, den Minister dazu zu verhalten, gegebenenfalls eine entsprechende Position einzunehmen.

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP) verweist darauf, daß erst auf intensives Betreiben Österreichs der Gedanke einer höheren Maut in „sensiblen Zonen“ für die Europäische Union denkmöglich geworden und keineswegs unbestritten sei.

Es sei ein Mißverständnis von Abgeordneter Mag. Kammerlander, in der Erwähnung der 40-Tonnen-LKW im Antrag der Regierungsparteien einen Nachteil zu erblicken. Wenn mit der Schweiz ein Verhandlungsergebnis erzielt werden könne, dann betreffe dieses zum einen den Mautbetrag, welcher der Schweiz für die „sensible Zone“ zugestanden werde, und zum anderen die Aufhebung der in der Schweiz gültigen Obergrenze von 28 Tonnen. Eine Regelung mit unterschiedlichen Tonnenlimits in Österreich und der Schweiz sei nicht annehmbar. Für Österreich ändere sich nichts, da für Mitgliedstaaten der Europäischen Union die 40-Tonnen-Grenze gelte, wohl aber sei dies entscheidend für die Abgleichung mit den Bedingungen in der Schweiz.

Was den Antrag von Abgeordnetem Rosenstingl betreffe, sei es völlig unrealistisch, ganz Österreich zur „sensiblen Zone“ zu erklären. Die Lösung könne nur darin bestehen, die zukünftigen Partner im Osten zu zwingen, Schritt für Schritt die österreichischen Umweltstandards anzunehmen, und mit allem Nachdruck die Schienenwege auszubauen, damit es nicht zur Verlagerung des Güterverkehrs auf die Straße komme.

Hinsichtlich der Frage von Abgeordnetem Mag. Barmüller, inwieweit Bundesminister Dr. Einem mit dem Antrag der Regierungsparteien übereinstimme, sei darauf hinzuweisen, daß es um eine Rückenstärkung für den Bundesminister gehe, da die Gestaltung des Ergebnisses der Verhandlungen mit der Schweiz in der Europäischen Union noch nicht ausgestanden und auf einen möglichst gemeinsam vertretenen Standpunkt im österreichischen Parlament aufmerksam zu machen sei.

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche) hebt hervor, daß die Wegekostenrichtlinie für Österreich kein schlechteres Ergebnis bringen dürfe als der bilaterale Vertrag der Europäischen Union mit der Schweiz. Ohne diese Grundvoraussetzung dürfe es mit der Schweiz kein solches Abkommen geben.

Wer von Dornbirn in die umliegenden Gebiete fahren müsse, benötige für die Straßenbenützung mehrere Aufkleber. Die Freiheitlichen seien gegen solche Pickerl. An Bundesminister Dr. Einem ergehe die Anregung, dafür zu sorgen, daß für die Straßenbenützung in den Mitgliedstaaten der EU ein einziger Aufkleber ausreiche.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum) ergänzt seine Frage, indem er von Bundesminister Dr. Einem wissen möchte, welches Ausmaß ein „ausreichendes Transitkontingent“ der Schweiz im Sinne des Antrags der Regierungsparteien haben müsse.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem stimmt den Ausführungen von Abgeordnetem Dr. Lukesch in vollem Umfang zu und stellt klar, daß seine bisher im Verkehrsministerrat vertretene Linie voll mit dem von ÖVP und SPÖ eingebrachten Antrag übereinstimme.

Zur Frage von Abgeordnetem Parnigoni, wie eine erhöhte Verkehrsbelastung auf der Strecke über den Brenner hintangehalten werden könne, sei auf das Erfordernis einer Gesamtlösung zu verweisen, welche die Elemente einer Paketlösung mit der Schweiz und die Wegekostenrichtlinie der Europäischen Union einbeziehe. Eine dadurch geschaffene günstige Verhandlungsposition sei derzeit nicht in Sicht. Infolge der zeitlichen Trennung der Behandlung der Wegekostenrichtlinie und des Verkehrsabkommens mit der Schweiz im Verkehrsministerrat sei die österreichische Position schwieriger geworden. Österreich stoße mit seinem Anliegen, hinsichtlich der Wegekostenrichtlinie eine Schutzklausel eingeräumt zu bekommen, bei den EU-Partnern auf wenig Verständnis.

Zur Steigerung der Verkehrssicherheit habe die EU ein umfangreiches Konzept entwickelt. Dessen wesentliche Maßnahmen seien ein Alkohollimit von 0,5 Promille, eine insbesondere zugunsten bestimmter Risikogruppen intensivierte Öffentlichkeitsarbeit, technische Vorkehrungen wie flexible Geschwindigkeitsregler, die auf die Relation zwischen Geschwindigkeit und Fahrzeugabstand Bedacht nehmen, ein Pilotversuch „Licht am Tag“ und öffentliche Kampagnen zur verstärkten Verwendung von Rückhaltesystemen für Kinder, zum Tragen von Fahrradhelmen und zur Einführung der Gurtenpflicht. Eine Veranstaltung zur Vorstellung dieser Initiativen werde am 20. Juni 1997 stattfinden.

Bei den Eisenbahngüter-Freeways gehe es – zunächst im Rahmen eines Pilotprojektes – darum, die Eisenbahninfrastruktur im Rahmen der EU grenzüberschreitend für die Nutzung durch unterschiedliche Eisenbahnen zu öffnen. Nur mit einem Maximum an Flexibilität und Wettbewerb werde der Eisenbahnverkehr in eine günstigere Position gegenüber dem Straßenverkehr gelangen. Würden hingegen nationale Monopolbahnen miteinander streiten wie Hühner im Hühnerstall, so drohe in Gestalt des LKW-Verkehrs der Fuchs zu kommen und die streitenden Hühner zu fressen. Die Politik müsse sicherstellen, daß die Bahn flexibler auf Kundenbedürfnisse reagieren und die Infrastruktur generell genutzt werden könne.

Auf die Frage von Abgeordnetem Rosenstingl nach dem Vertragsverletzungsverfahren sei zu antworten, daß zuletzt durch das Bundeskanzleramt und das Außenministerium sowie materiell durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten eine Stellungnahme ergangen sei. Dieses Verfahren werde nicht vom Bundesministeriumg für Verkehr federführend betreut.

Die Forderung eines 40-Tonnen-Limits in dem Antrag der Regierungsfraktionen betrachtet Bundesminister Dr. Einem als nicht so gefährlich wie behauptet. Österreich habe im Rahmen der Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union de facto der 40-Tonnen-Regelung zugestimmt, auch wenn sie anders genannt werde, nämlich: 38 Tonnen plus 5 Prozent plus unmathematische Rundung. Damit seien die Österreicher ihrem Ruf, ein besonderes Volk zu sein, gerecht geworden. Die Schweiz werde auch von Österreich die Durchfuhr mit 40 Tonnen verlangen, und gelegentlich werde diese Forderung jetzt schon erhoben.

Der Brenner-Basistunnel sei nicht „klinisch tot“, jedoch sei sicher, daß die Deutschen ihn nicht mitbezahlen würden. Es bedürfe einer nachhaltigen Überarbeitung des Planes, um ihn finanzierbar zu machen. Eine Bahnhofsschleife im Berg zum Beispiel sei sicherlich zu teuer.

Österreich bringe seine Grundpositionen für die Verhandlungen mit der Schweiz zwar im Europäischen Rat ein, jedoch führe nicht der Rat, sondern die Kommission die Verhandlungen. Deshalb könne der österreichische Vertreter in den Verhandlungen direkt nichts beitragen. Dem verhandelnden Kommissar Kinnock seien die österreichischen Standpunkte vertraut, und sie würden auch berücksichtigt werden. Das österreichische Ziel bestehe darin, gleichwertige Regeln für Frankreich, die Schweiz und Österreich zur Geltung zu bringen sowie dabei das Prinzip zu realisieren, daß jeweils der kürzeste Weg zwischen Ausgangs- und Zielort zu wählen sei und dies nicht durch Barrieren irgendwelcher Art behindert werde.

Österreich sei nicht an besonders niedrigen Gebühren für die Fahrt durch die Schweiz gelegen, sondern an gleichwertigen Gebühren und einem möglichst großen 40-Tonnen-Kontingent, um eine Rückverlagerung in die Schweiz zu erreichen. In realistischer Einschätzung sei ein Anfangskontingent von 100 000 zu erwarten, sodaß Österreich im ersten Schritt mit einer Rückverlagerung in Höhe von 40 000 rechnen könne.

Österreich werde nicht davon abrücken, im Ergebnis der Verhandlungen mit der Schweiz eine Paketlösung zu verlangen.

Im Rahmen der Wegekostenrichtlinie sei keine Änderung des Tonnenlimits geplant. Es werde eine Differenzierung nach der Umweltbelastung geben. Ob sich an der Wegekostenrichtlinie überhaupt etwas ändern werde, sei nicht vorhersehbar. Aufgrund verschiedener Forderungen seien die Voraussetzungen für eine Lösung derzeit nicht günstig.

In bilateralen Verhandlungen zwischen Österreich und Ländern des östlichen Europa würden derzeit verkehrsträgerübergreifende Abkommen geschlossen, in denen auch Umweltstandards vereinbart würden, die den österreichischen oder den EU-Standards entsprächen.

Die Wegekostenrichtlinie werde für Österreich keine schlechteren Bedingungen als der bilaterale Vertrag mit der Schweiz bringen. Fraglich sei, ob Österreich Bestimmungen eingeräumt bekommen werde, die denen gleichwertig sind, welche die Schweiz zu einem anderen Zeitpunkt ausverhandelt. Wie gesagt, bestehe die Schwierigkeit darin, jetzt eine Klausel durchzusetzen, die ein Mindestausmaß sowie eine allfällige verbessernde Angleichung an die Bestimmungen, die für die Schweiz gelten, festlegen würde.

Einem gemeinsamen Pickerl sei die Einführung eines elektronischen Systems vorzuziehen, wie es mit dem Road-Pricing auch außerhalb Österreichs angestrebt werde.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) erklärt sich bereit, ihren Antrag zurückzuziehen, falls die Regierungsparteien in ihrem Antrag zwei Änderungen vornähmen. Zum einen sei die Forderung nach einem „ausreichenden Transitkontingent für 40-Tonnen-LKW“ aus dem Antrag zu streichen, weil eine solche Festschreibung mit den umweltpolitischen Zielen der Grünen nicht vereinbar sei, zum anderen sei in den Punkt über die Mautsätze für die Brennerautobahn die Forderung nach der Rückkehr zum Preisniveau vor dem EU-Beitritt einzufügen.

Den Ausführungen von Abgeordnetem Mag. Barmüller über die mangelhafte Bestimmtheit externer Kosten sei zuzustimmen.

Abgeordneter Dipl.-Vw. Dr. Dieter Lukesch (ÖVP) macht deutlich, daß er eine Änderung in seinem Antrag aus sachlichen Gründen nicht vornehmen könne. In verkehrsökonomischer und betriebswirtschaftlicher Betrachtung sei die Erwähnung der 40-Tonnen-LKW ein Schlüsselfaktor für eine Gleichstellung Österreichs mit der Schweiz. Nur eine – rein hypothetische – Reduktion auf ein 28-Tonnen-Limit in der EU könne dem abhelfen. Auf dem Passus über die 40 Tonnen müsse auch bestanden werden, damit die Schweiz ein ausreichend großes Kontingent zur Verfügung stelle, über dessen Ausmaß in den Verhandlungen entschieden werden solle.

Es gehe hier um die Anliegen der österreichischen Bevölkerung, nicht aber um die Befindlichkeit der grünen Fraktion im Berner Parlament.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) bemängelt die letzten Äußerungen als unangebrachte Reaktion auf einen Versuch ihrerseits, mit Offenheit eine Verhandlungsposition festzulegen.

Die Festlegung auf die 40-Tonnen-Grenze bringe eine Haltung Österreichs zum Ausdruck, die nicht auf eine Verringerung des Transitaufkommens abziele, sondern einer breitflächigen Verteilung der Belastung das Wort rede, auf daß die Wählerinnen und Wähler den Politikern nicht allzu lästig fielen.

Es gehe nicht um persönliche Befindlichkeit, sondern um politische Ziele, und den lässigen Umgang mit ihren Äußerungen und ihrem Kompromißangebot wird sich Abgeordnete Mag. Kammerlander für künftige Wahlkämpfe merken.

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche) macht auf das Problem kurvenreicher Straßen in den Alpenländern aufmerksam. Die Infrastruktur stehe einem höheren Gewichtslimit entgegen, und dies sei auch ein Grund für das von der Schweiz geforderte 28-Tonnen-Limit.

Abgeordnete Katharina Horngacher (ÖVP) weist darauf hin, daß die Schweiz mit ihrem 28-Tonnen-Limit den Umwegtransit über Österreich veranlaßt habe. Wie aktiv die Frächter beim Ausweichen seien, habe sich während des Nachtfahrverbotes in Tirol erwiesen, als deutlich mehr LKW den Umweg über Frankreich fuhren.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser leitet über zum Thema des Luftverkehrsabkommens mit zentral- und osteuropäischen Staaten.

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP) fragt, ob es angesichts der mehr als 35 verschiedenen Flugsicherungssysteme in Europa die Chance gebe, diese Systeme zu harmonisieren und zusammenzulegen, um den Aufwand für die Flugsicherung zu reduzieren und die Verspätungen der Flugzeuge zu verringern.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche) weist darauf hin, daß der Flugverkehr zwischen Österreich und den osteuropäischen Staaten aus historischen Gründen sehr ausgeprägt und intensiv sei. Er bilde sogar das Rückgrat der wirtschaftlichen Beziehungen zu vielen osteuropäischen Staaten.

Für den Fall einer Liberalisierung sei damit zu rechnen, daß der Eintritt weiterer Fluglinien in den Luftverkehrswettbewerb zu wirtschaftlichen Nachteilen für Österreich führen könne. Dabei gehe es nicht primär um die Interessen österreichischer Fluglinien, sondern um negative Auswirkungen auf nationale wirtschaftliche Interessen infolge eines an Österreich vorbeigehenden Luftverkehrs.

Im Zuge einer Liberalisierung des Flugverkehrs stünden starke Wettbewerbsverzerrungen zu befürchten, da die technischen Standards und die Sicherheitsstandards, aber auch die Standards im Arbeits- und Sozialrecht in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich seien. Dies könne vor allem im Falle der partiellen Auslagerung von Luftfahrtunternehmungen in osteuropäische Staaten zum Tragen kommen.

Darauf nehme der Antrag der Freiheitlichen auf Stellungnahme zu einem Verhandlungsmandat für die EU-Kommission hinsichtlich der mittel- und osteuropäischen Staaten Bezug. Dieser Antrag ziele auf die Herstellung einheitlicher Standards und annähernd gleicher Wettbewerbsbedingungen ab.

An Bundesminister Dr. Einem ergehe die Frage, ob er die ungleichen Wettbewerbsvoraussetzungen ebenfalls gegeben sehe und darauf dringen werde, das Verhandlungsmandat für die EU-Kommission nur im Falle der Sicherstellung gleicher Bedingungen zu erteilen.

Abgeordneter zum Europäischen Parlament Dr. Klaus Lukas (Freiheitliche) verweist auf eine Fact-Finding-Mission der EU-Kommission in den mittel- und osteuropäischen Ländern. Sie werde am 17. und 18. Juni im Verkehrsministerrat um ein Verhandlungsmandat ansuchen, um für die Mitgliedstaaten tätig zu werden.

Dagegen sei grundsätzlich nichts einzuwenden, doch sei der Kommission an der Aushandlung sehr kurzer Übergangsfristen gelegen. Aus freiheitlicher Sicht sei das ungünstig, weil die österreichische Fluglinie in den osteuropäischen Ländern etabliert sei und wettbewerbsverzerrendem Sozial- und Sicherheitsdumping zum Opfer zu fallen drohe.

Österreich solle darauf dringen, vor Erteilung des Verhandlungsmandats für lange Übergangsfristen zu sorgen, um die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen zu gewährleisten, bevor die Liberalisierung greife.

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ) verweist darauf, daß die EU-Kommission bereits ein Verhandlungsmandat habe und es nicht darum gehe, sie neuerlich mit einem Mandat auszustatten.

Was den Abschluß der Verhandlungen betreffe, sei in Betracht zu ziehen, daß die Harmonisierung der technischen und sozialen Standards innerhalb der Europäischen Union ungefähr zehn Jahre gedauert habe.

Bundesminister Dr. Einem möge Auskunft über den aktuellen Stand der Verhandlungen sowie darüber geben, ob Verhandlungen mit den Ländern einzeln oder blockweise geführt würden.

Weiters gelte es nach den Auswirkungen zu fragen, die das Abkommen aus heutiger Sicht nach sich ziehen werde.

Eine weitere Frage betreffe Stellungnahmen osteuropäischer Staaten, die auf eventuelle ungünstige Auswirkungen solcher Abkommen auf die heimischen Fluglinien dieser Länder Bezug nähmen.

Überdies sei nach der Einbeziehung von Sicherheits- und Umweltstandards in die Verhandlungen zu fragen.

Auch darüber, ob fünf Jahre als Übergangsfrist und Harmonisierungszeitraum vorstellbar wären, möge Bundesminister Dr. Einem Auskunft geben.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem verweist auf intensive Bemühungen zur Vereinheitlichung der Flugsicherung, die sich zunächst auf die 15 Mitgliedstaaten erstreckten. Das Eurocontrol-Abkommen werde in der nächsten Tagung des Verkehrsministerrats zur Diskussion stehen. Darüber hinaus werde es nötig sein, ein zweites Abkommen für den mittel- und osteuropäischen Raum zu schließen oder eine Ausdehnung des gemeinsamen EU-Instrumentariums herbeizuführen. Der tatsächlich gewählte Weg sei heute noch nicht absehbar.

Mit den Ausführungen der Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann und Dr. Lukas über das Risiko der Wettbewerbsverzerrung stimmt Bundesminister Dr. Einem weitgehend überein. Das Verhandlungsmandat sei bereits erteilt, und im bevorstehenden Verkehrsministerrat seien keine Beschlüsse zu diesem Thema zu erwarten. Im Kern gehe es darum, sicherzustellen, daß die hohen westeuropäischen Sicherheits- und Umweltstandards auch für das Luftverkehrsabkommen gälten, und darauf werde Österreich dringen.

Derzeit befänden sich die Verhandlungen noch in einem sehr frühen Stadium. Was die Auswirkungen betreffe, sei für den Fall einer raschen Umsetzung zu befürchten, daß Fluglinien mit hohen Standards wie die österreichischen benachteiligt wären. Österreich sei an hohen einheitlichen Standards und an langen Übergangsfristen interessiert. Mit einem Abschluß der Verhandlungen sei frühestens unter österreichischer Präsidentschaft zu rechnen. Als Übergangsfrist seien sieben oder acht Jahre vorstellbar.

Für Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche) ist die Frage des Verhandlungsmandates nach wie vor zu klären, da es um dessen Erweiterung auf den Bereich der Verkehrsrechte gehe. Diese Frage stelle sich auch gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Freiheitlichen hätten ihre Bedenken darüber angemeldet, und ihrer Ansicht nach sei der Bereich, in dem die Wettbewerbsverzerrungen zum Tragen kommen könnten, vom derzeit gültigen Mandat nicht berührt.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem stimmt dieser Auffassung nicht zu und verweist darauf, daß bei der bevorstehenden Tagung des Verkehrsministerrates keine entsprechenden Beschlüsse gefaßt würden.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser schließt die Diskussion und gelangt zur Abstimmung.

Der Antrag der Abgeordneten Dr. Lukesch, Parnigoni, DDr. Niederwieser und Horngacher auf Stellungnahme betreffend Verhandlungen der Europäischen Union mit der Schweiz im Bereich Landverkehr, Wegekostenrichtlinie wird mit Mehrheit angenommen.

Der Antrag des Abgeordneten Rosenstingl auf Stellungnahme betreffend Wegekostenrichtlinie bleibt in der Minderheit und ist somit abgelehnt.

Für den Antrag der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander auf Stellungnahme betreffend Wegekostenrichtlinie stimmt lediglich die Antragstellerin, sodaß der Antrag in der Minderheit bleibt und damit abgelehnt ist.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne) macht Obmannstellvertreter Dr. Neisser aufmerksam, daß die Bemerkung, „lediglich die Antragstellerin“ habe dafür gestimmt, sie störe.

Obmannstellvertreter Dr. Heinrich Neisser verspricht, die Worte „lediglich“ und „nur“ nicht mehr so zu verwenden.

Der Antrag des Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann auf Stellungnahme betreffend Liberalisierung des Flugverkehrs mit Mittel- und Osteuropa bleibt mit den Stimmen der Freiheitlichen und Grünen in der Minderheit und ist somit abgelehnt.

Damit ist der 2. Tagesordnungspunkt abgeschlossen.

(Es folgen die Beratungen zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4.)

 

Schluß der Beratungen zu den Tagesordnungspunkten 1 und 2: 13.56 Uhr