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ANFRAGE

der Abgeordneten Öllinger, Mag.  Terezija Stoisits Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Arbeit und Soziales

betreffend Vermittlung von Langzeitarbeitslosen

 

Die von uns seit ihrer ersten Ankündigung äußerst skeptisch betrachtete Aktion zur 'Reintegration' von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt, scheint bereits in ihrer Anlaufphase von uns geäußerte Befürchtungen zu bestätigen.  Unter anderen insbesondere jene, daß die betroffenen Personen nicht ihrer Qualifikation entsprechend vermittelt werden.  Es entsteht durch verschiedenste an uns herangetragene Fälle der Eindruck, daß nicht nur die betroffenen Lanzeitarbeitslosen, sondern auch die betroffenen Arbeitsmarktservice-mitarbeiterInnen bei einzelnen Fällen stark unter Druck gesetzt werden und daß nicht immer das echte Bemühen einer sinnvollen Jobvermittlung der Hintergrund der gesetzten Maßnahmen ist.  Einer der an uns herangetragenen Fälle ist Grundlage für die folgende Anfrage.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.       Laut Aussage von Herrn Gritsch und Frau Fink, von der Landesgeschäftsstelle Wien, sollen 13.000 Langzeiterwerbslose verbindlich vorgeladen und einer speziellen Betreuung unterzogen werden.

          Entspricht diese Aussage den Tatsachen?

 

a) Wird aktuell gegen einige wenige Personen abseits des 'offenen

Kundenempfanges' in den zuständigen regionalen Geschäftsstellen, eine

Sonderbehandlung mit dem ausdrücklichen Schwerpunkt der Vermittlung nach § 10

AIVG in der Stabsabteilung I der LGS Wien durchgeführt, also "Vermitteln um jeden

Preis'?

Wieviele Personen sind davon betroffen?

Handelt es sich dabei um einen Akt der Disziplinierung und Bestrafung unliebsamer

Kritikerinnen der AMV/des AMS?

 

b)           Warum wurde das 'vertrauensfördernde Recht auf Dateneinsicht', das heißt der Blick auf den Computerbildschirm und die in der EDV gespeicherten 'Kommentare" der jeweiligen 'Beratungen' abgeschafft?

Sollen die 'Ratsuchenden' vor ihren eigenen Daten geschätzt werden?  Wenn ja, warum?  Wenn nein, warum ist die Dateneinsicht auf dem Bildschirm nicht jederzeit möglich, bzw. sind z.B. die 'Betreuungspläne' des AMS geheim?

 

c) Auf welcher gesetzlichen Grundlage (bzw.  Geschäftseinteilung) innerhalb der

Kompetenz des AMS/BMAS könnte eine derartige 'Sonderbehandlung' in der

Stabsabteilung 1 oder anderen Abteilungen der Landesgeschäftsstelle basieren?

Ist es möglich, mittels 'Ministergeschäftsstück' Anweisungen an den

Landesgeschäftsführer Wien zu erteilen ?

Wurde mittels eines ehemaligen 'Ministergeschäftsstücks' eine Anweisung zur

'Sonderbehandlung' erteilt bzw. welchen Wortlaut hatte diese

'Ministergeschäftsstück'?

 

2.       Liegt es in der gesetzlichen Kompetenz des Landesgeschäftsführers oder des Stabes, Personen tägliche Kontrollmeldetermine gern. § 49 ALVG in der LGS, Stab 1, vorzuschreiben?

          Halten Sie es für möglich, daß eine derart 'betreute' Person dieser Schikane und diesem            Unterdrucksetzen nicht standhält und sich 'freiwillig' aus dem Bezug der   Versicherungsleistung abmeldet.  Wenn ja, ist dies Ihrerseits oder von Seiten des AMS          beabsichtigt und warum?

 

b)           Wird eine derartige Sonderbehandlung notfalls auch mit Hilfe eines Polizeieinsatzes erzwungen?

Wenn ja, halten Sie das für gerechtfertigt?  Wenn nein, warum wurde die Polizei in zumindest einem Fall verständigt, als diese Frau von ihrem Recht auf Begleitung durch Vertrauenspersonen Gebrauch machen wollte?

 

3.    Wieviele Personen - und darunter wieviele Frauen - sind aktuell von einer derartigen Behandlung in der LGS betroffen und warum?

 

4.    Ist es richtig, daß diesen Personen keine Förderung, Beratung oder sonstige Maßnahme seitens des AMS zukommt (Aussage Herr Gritsch, Stab 1, siehe Punkt 1.a), sondern nur mehr mittels §§ 9 und 10 ALVG in Prekärjobs als 'Chance zum Wiedereinstieg’ - unabhängig von der Qualifikation dieser Menschen - eingewiesen wird und bei 'Vereitelung und Verweigerung' die Sperre des Bezuges verhängt wird, obwohl Ihre Aussagen in der Öffentlichkeit ganz entgegengesetzt lauten und Sie langzeiterwerbslosen Menschen 'helfen' wollen?

 

a)  Entspricht es den Tatsachen, daß in der Reinigungsbranche alleine im Bundesland Wien mindestens 1000 Personen, In- und Ausländerlnnen, arbeitslos gemeldet sind und wohin werden diese Erwerbslosen vermittelt, wenn Akademikerinnen und Sozialarbeiterinnen in diese Branche vermittelt werden?

 

5.       Arbeitet das AMS in diesem Zusammenhang mit bestimmten Firmen, z.B. der Firma Fach, Gebäudereinigung und Schädlingsbekämpfung, Wien 16., (siehe Punkt 4.) und 4.)a zusammen?  Wenn ja, warum? - Und dient diese Zusammenarbeit der Überprüfung der Arbeitswilligkeit der zugewiesenen Personen?  Wenn ja, halten Sie diese Form der Überprüfung für effizient?

 

6.       Wurde der Firma Fach für die Anstellung einer derartig eingewiesenen Arbeitskraft (siehe Punkt 5.) eine mindestens 20prozentige Lohnkostenförderung seitens des AMS in Aussicht gestellt?  Wenn ja, mit welcher Begründung bzw. halten Sie die Förderung von prekären Arbeitsplätzen für korrekt, bzw. handelt es sich hier um ein Programm zur 'Arbeitsplatzbeschaffung' speziell für langzeiterwerbslose Frauen?

 

7.       Wie sind verhängte Bezugssperren (z.B. gern. §§ 9, 10, 49 ALVG) formal bzw. dem Gesetz entsprechend zu verhängen?  Ist dazu in jedem Falle eine Niederschrift zu veranlassen?  Wird die betroffene Person über die verhängte Bezugssperre schriftlich, mittels Bescheid, informiert.  Wenn nein, warum nicht?

 

8.       ) Wenn einer gesperrten Person kein Bescheid durch das AMS zugeht, wie kann diese Person von ihrem Recht der Berufung Gebrauch machen - oder sind Arbeitslosengeld­und Notstandshilfeempfängerlnnen in dieser Angelegenheit rechtlos?

 

a)            Ist eine Bezugssperre ohne Niederschrift und Bescheid sozusagen eine "selbstverschuldete Sperre' und entspricht diese Sperre somit einer Aussteuerung der betroffenen Person aus dem Arbeitslosen- oder Notstandshilfebezug?

 

9.    Sind die von einer Bezugssperre Betroffenen und deren Anghörige während der Sperre krankenversichert?

 

10.     Ist eine gleichzeitige Sperre z.B. nach § 10 und § 49 gesetzlich möglich?

 

a)            Ist es gesetzlich korrekt, einen Bescheid über eine verhängte Bezugssperre vorzuenthalten, weil eine diesbezügliche Niederschrift von der Betroffenen nicht unterfertigt wurde?  Hat die Niederschrift nicht trotzdem Rechtswirksamkeit, und hat die Stabsabteilung 1 der LGS die gesetzliche Kompetenz, die vom Bezug mittels Sperre ausgeschlossene Person dazu zu zwingen, nochmals in der LGS, Stab 1, zu erscheinen, um die Unterschrift auf der Niederschrift zu leisten?

 

11.     Haben Personen, die im Sinne der Frage 7.) gesperrt wurden, Anspruch auf Sozialhilfe?  Wenn nicht, warum nicht, bzw. wie sollen sie ihren Lebensunterhalt unter diesen Bedingungen bestreiten?

 

12.     Müssen Dienstaufsichtsbeschwerden an das AMS schriftlich behandelt und beantwortet werden?  Wenn nicht, halten Sie eine Nichtbehandlung für demokratiepolitisch bedenklich?

 

13.     Entspricht es den Tatsachen, daß Arbeitslose/Langzeitarbeitslose zur Zeit einer 'Anamnese', also der Auskunft über ganz persönliche und private Umstände, unterzogen werden und können Sie beantworten, wie diese Anamnesen aussehen bzw. was Sinn und Zweck dieser Erhebungen ist?

            Hat eine davon betroffene Person die gesetzliche Möglichkeit, diese Anamnese zu       verweigern?  Wenn nein, warum nicht?

 

14.     Wo werden diese personenbezogenen Erhebungen im AMS verarbeitet, wie lange und wo werden sie gespeichert, bzw. hat die/der BezugsempfängerIn Recht auf Akten­oder Dateneinsicht im Sinne des Datenschutzgesetzes?  Wenn nein, warum nicht?

 

a)            Einer Frau, die in der Landesgeschäftsstelle Wien einer Sonderbehandlung unter Sanktionsandrohung gemäß § 49 unterzogen wurde, wurde vorgehalten, daß ein umfangreicher Akt mit Publikationen, die das AMS in der Öffentlichkeit beschmutzen, die diese Person angeblich verfaßt haben soll, vorhanden ist.  Wo befindet sich dieser Akt?

Gibt es weiter ähnliche Akten über andere Personen?

Wer kann Einsicht in diese Akten nehmen?

Wie erfahren Personen, über die derartige Akten angelegt werden, davon und können sie gegebenenfalls Einsicht und Stellung nehmen?

 

b)           Warum wird einer Person, die aufgrund der Vorkommnisse in der Stabsabteilung 1 bereits mehrmals und schriftlich beim AMS deponiert hat, daß sie sich einer nochmaligen derartigen Behandlung nicht mehr unterziehen wird, nach Neuantrag wiederum ein Kontrolltermin in der LGS, Stab I, Frau Fink, vorgeschrieben, obwohl zudem ein Berufungsverfahren gegen die Bezugssperre läuft und zentraler Inhalt dieser Berufung ebendiese menschen-unwürdige Behandlung ist?

 

15.     Abschließend ersuchen wir Sie im Zusammenhang mit unseren Fragen um Auskunft, ob und wie die Artikel 1., 2., 3.2., 3.4., 5., 6., 12.3., 13.2., 15., 18. 19. und 25. der Erklärung der Grundrechte und Grundfreiheiten (Europäisches Parlament,

12.     April 1989, veröffentlicht im Dokument der Kommission der Europäischen

Gemeinschaften:  Die Europäische Gemeinschaft und die Menschenrechte) in Österreich und hier besonders im Arbeitsmarktservice gewährleistet sind.

 

16.     In der Beilage befindet sich ein Fragebogen zur 'Integration von Langzeit-NHBeziehern und Bezieherinnen', der uns in den letzten Wochen zugekommen ist.  Ist dieser Fragebogen tatsächlich Grundlage für eine Erhebung von 'Problemlagen' von Langzeitarbeitslosen?

 

17.     Wie werden die Daten aus dieser Erhebung verarbeitet?

 

18.     Erhalten die Betroffenen/Befragten ein Einsichtrecht?

 

19.     Wer nimmt die im Fragebogen angeführten Einschätzungen bei den Punkten 1, J, K, L, M und N vor?