1174/J

 

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Wabl, Haidlmayr, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft

betreffend Irreführung der Konsumentinnen und Existenzgefährdung der österreichischen Bauern

 

Im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt wurde von der österreichischen Politik, insbesondere vorn damaligen Landwirtschaftsminister Fischler, immer wieder betont, Österreich müsse der "Feinkostladen Europas" werden.  Besonders hervorgehoben wurde in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit einer konsequenten Kennzeichnung der österreichischen Produkte und die Bedeutung der Entwicklung regionaler Marken.

 

Die praktische Umsetzung sieht jedoch anders aus.  Es wurde das Austria-Herkunftszeichen geschaffen, das ein Betrieb führen darf, wenn die Wertschöpfung der verkauften Produkte zu mehr als 50% in Österreich stattgefunden hat.  Beispielsweise kann aber ein Lebensmittel, das zu 100% aus ausländischen Rohstoffen besteht, trotzdem dieses Herkunftszeichen tragen, wenn durch den anschließenden Verarbeitungs- und Veredelungsprozeß mehr als 50% der Wertschöpfung in Österreich stattfindet.  Demnach ist das Austria-Herkunftszeichen kein Garant dafür, daß das solcherart gekennzeichnete Lebensmittel auch tatsächlich aus Österreich stammt.

 

In der Praxis sieht das beispielsweise so aus: ausländische Schaf- oder Ziegenmilch wird nach Österreich importiert, mit inländischer Schaf- oder Ziegenmilch mengenmäßig gestreckt und als "Österreichischer Schaf- oder Ziegenkäse" an den Lebensmittelhandel und an die Konsumentlnnen verkauft.  Oder es werden Lebendlämmer importiert, mit dem Schlachtakt in Österreich zu "österreichischen Qualitätslämmern" gemacht und als "österreichische Qualitätsware" verkauft.

 

Um den österreichischen Ursprung eines Produktes zu garantieren, wurde zusätzlich das AMA-Gütezeichen geschaffen.  Allerdings kommen auch diese Produkte nicht zur Gänze aus Österreich.  So kann beispielsweise Brot, das einen österreichischen Rohstoffanteil von nur 75% hat, oder Wurst, die einen Rohstoffanteil von nur 75% inländischer Herkunft' hat, bereits mit dein AMA-Gütesiegel versehen werden.

 

Damit haben die KonsumentInnen keine Möglichkeit, sich für ein rein österreichisches Produkt entscheiden zu können und für die österreichischen Bauern bedeutet diese Vorgangsweise eine Gefährdung- ihrer Existenz.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1 .      Dein Obmann eines Schafzuchtverbandes konnte weder von der Gesundheitsministerin noch vorn Wirtschaftsminister die Frage beantwortet werden, ob es sich bei ausländischer Schaf- und Ziegenmilch, die nach Österreich importiert und im Inland verarbeitet wird, uni ein ausländisches oder um ein österreichisches Erzeugnis handle.  Können Sie als Landwirtschaftsminister diese für die Bäuerinnen und Bauern existentielle Frage beantworten?

 

2.       Ist es richtig, daß Lebendlämmer, die nach Österreich importiert werden, mit dem Schlachtakt in Österreich zu "österreichischen Qualitätslämmern" werden und als österreichische Qualitätsware verkauft werden können?  Wenn ja, welche Motivation soll ein/e KonsumentIn dann haben, zu "österreichischen Produkten" zu greifen?

 

3.       Beispielsweise wird Teebutter der Marke Schärdinger als österreichische Butter angeboten Lind ist mit dein Austria-Herkunftszeichen gekennzeichnet.  Wäre es möglich, daß die Milch, die zur Herstellung dieser Butter verwendet wird, aus dem Ausland kommt und nur die Verarbeitung in Österreich stattfindet?

 

4.       Zwar legt das EU-Recht fest, daß kein Produkt aufgrund seiner Herkunft diskriminiert werden darf.  Aber es verbietet auch nicht die Garantie der Herkunft aus einer bestimmten Region bzw. einem bestimmten Land.  Welche Maßnahmen werden Sie zur Absicherung- und der heimischen, regionalen Marken bzw. zum Schutz der bäuerlichen Produzenten ergreifen?

 

5.       Die AMA appellierte an die Konsumentlnnen wie folgt: "Jeder von Ihnen kann mit seinem Kaufverhalten dazu beitragen, uns zu helfen.  Kaufen Sie österreichische Qualität und verlangen Sie österreichische Produkte!" Allerdings kann beispielsweise Brot, das einen österreichischen Rohstoffanteil von nur 75% hat, oder Wurst, die einen Rohstoffanteil von 75% inländischer Herkunft hat, bereits mit dem AMA-Gütesiegel versehen werden.  Warum werden hier nicht - wie es den Konsumentinnen suggeriert wird - ausschließlich österreichische Rohstoffe verwendet?

 

6.       Es wurde immer wieder betont, daß das AMA-Gütezeichen - im Unterschied zum Austria-Herkunftszeichen - ein Garant dafür sei, daß die gekennzeichneten Lebensmittel auch tatsächlich aus Österreich stammen.  Weiche Sicherheit bietet das AMA-Gütezeichen den Konsumentinnen, sich für ein ausschließlich österreichisches Produkt entscheiden zu können?

 

7.  Wieviel Geld, finanziert von den Marketingbeiträgen der österreichischen Bäuerinnen und Bauern, wurde bisher für das AMA-Gütesiegel aufgebracht?  Welche Marktanteile konnten seit dem EU-Beitritt wo erobert werden?  Wieviel an Marktanteilen im Lebensmittelbereich wurde im Inland seit dein EU-Beitritt eingebüßt?

 

8.  Unter dem Slogan "Österreichische Produkte erobern Deutschland" lief eine Marketingkampagne der AMA.  Wieviele österreichischen Lebensmittel-Produkte konnten in deutschen Handelsketten dauergelistet werden?

 

9.    Medienberichten zufolge schaffte die AMA einen Verkaufswagen um 1,5 Mio.  S für eine Marketing--Tour in Deutschland an. Was war das Ergebnis dieser Marketing-Tour? Wie lange war dieses Fahrzeug, im Einsatz?

          Wo befindet es sich jetzt?

          Ist es richtig, daß dieses Fahrzeug zum Verkauf angeboten wird?  Wenn ja, zu welchem

          Preis soll es verkauft werden bzw. wurde es verkauft?

 

10.     Viele Konsumentinnen wollen sich bewußt für ein tierschonendes Produkt entscheiden.  Die AMA wirbt für Frischfleisch "100% österreichischer Herkunft des Tieres sowie Test auf rückstandsfreie Produktion und Einhaltung von Tierschutzbestimmungen".

-        Heißt "rückstandsfreie Produktion", daß keine Leistungsförderer eingesetzt werden bzw. was hat dieser Hinweis zu bedeuten?

-        Welche Tierschutzbestimmungen oder Standards werden eingehalten?  Nach welchen Qualitätskritierien wird kontrolliert?  Wie oft wird kontrolliert?

 

11.     Es wurde eine Broschüre mit Qualitätsrichtlinien für das AMA-Gütesiegel Frischfleisch herausgegeben.  Auf der letzten Seite heißt es allerdings: "...kann auch dann das Gütezeichen vergeben werden, wenn einzelne Kriterien nicht so streng ausgelegt sind, aber andere Maßnahmen es gewährleisten, daß das Endprodukt den Qualiätsansprüchen der Konsumenten gerecht wird".  Mit diesem Satz wird ein 27­seitiges Anforderungsprofil komplett wieder aufgehoben.  An welche Qualitätskriterien und Richtlinien ist das AMA-Qualitätsfleischprogramm zwingend gebunden?

 

12.     Wieviele Handelsketten führen das AMA-Gütesiegel?

 

13.     Was werden Sie unternehmen, damit die heimischen KonsumentInnen den Ursprung und die Herkunft von Lebensmitteln besser nachvollziehen können?

 

14.     Gelegentlich erscheinen im Handel Produkte, die sowohl mit dem Austria- als auch

          mit dein AMA-Gütesiegel gekennzeichnet sind, wie z.B. die beiliegende Kopie von

          milfina" Vollmilch.  Worauf bezieht sich diese Kennzeichnung dann?

 

15.     Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, damit die Hindernisse für den Ab-Hofverkauf bzw. die bäuerliche Direktvermarktung, beseitigt werden?